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Kinder schützen, fördern, beteiligen Kinderrechtsbasierter Kinderschutz in Kita und Kindertagespflege

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Academic year: 2022

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(1)

Kinder schützen, fördern, beteiligen

Kinderrechtsbasierter Kinderschutz in Kita und Kindertagespflege

Prof. Dr. Jörg Maywald, Fachtag Kinderschutz und Kinderrechte, 4.12.2020

(2)

Das Gebäude der Kinderrechte

_______________________________________________

Artikel 1

Geltung für Kinder;

Begriffsbestimmung

Artikel 4

Verwirklichung der Kinderrechte

Artikel 42

Verpflichtung zur Bekanntmachung

Schutzrechte Artikel

2, 8, 9, 16, 17, 19, 22, 30, 32, 33, 34, 35, 36,

37, 38

Förderrechte Artikel

6, 10, 15, 17, 18, 23, 24, 27, 28, 30, 31, 39

Beteiligungsrechte Artikel

12, 13, 17

Artikel 3

Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, (…), ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.

Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes

vom 20.11.1989

(3)

Kinderschutz: unterschiedliche Reichweiten

________________________________________________

Intervenierender Kinderschutz: Kindeswohlgefährdung

(enges Verständnis)

Präventiver Kinderschutz: u.a. Frühe Hilfen

(erweitertes Verständnis)

Verwirklichung sämtlicher Kinderschutzrechte:

u.a. Diskriminierungsschutz, Gewaltschutz, Medienschutz, Gesundheitsschutz, Schutz der Privatsphäre

(weites Verständnis)

Kinderrechtsschutz: Umsetzung sämtlicher Kinderrechte Schutzrechte – Förderrechte – Beteiligungsrechte

(sehr weites Verständnis)

(4)

Gewaltschutz: Gefahren

durch unterschiedliche Personengruppen

________________________________________________

Eltern sowie Personen im familiären Umfeld

(Eingriffsschwelle: Kindeswohlgefährdung; § 1666 BGB, § 8a SGB VIII)

Pädagogische Fachkräfte

(Meldepflicht: Kindeswohlbeeinträchtigung; § 47 SGB VIII;

je nach Einzelfall möglicherweise arbeits- und/oder strafrechtliche Folgen)

Übergriffe unter Kindern

(Meldepflicht: Kindeswohlbeeinträchtigung; § 47 SGB VIII;

je nach Einzelfall möglicherweise arbeits- und/oder strafrechtliche Folgen)

Fremde Personen

(Anzeige bei Polizei/Staatsanwaltschaft: Strafrecht)

(5)

Kind

pädagogische Fachkräfte

andere Kinder Eltern

(familiäres Umfeld) Fremde

Strafrecht

§ 8a SGB VIII

§ 47 SGB VIII

Gewaltschutz: Gefahren

durch unterschiedliche Personengruppen

______________________________________________

(6)

Kinderschutz:

rechtliche Rahmenbedingungen

________________________________________________

Elternrecht, Kindeswohl und Wächteramt

(Artikel 6 Abs. 2 Grundgesetz)

starkes Elternrecht, bisher keine Kinderrechte im Grundgesetz

Elternrecht an Wohl des Kindes gebunden

(treuhänderisches, fremdnütziges Recht)

Wächteramt durch staatliche Gemeinschaft

Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung

(§ 1631 Abs. 2 BGB)

Schutzpflicht bei Gefährdung des Kindeswohls

keine allgemeine Melde- oder Anzeigepflicht

(§ 8a SGB VIII: spezielle Meldepflicht unter bestimmten Bedingungen)

aber: (strafbewehrte) Pflicht zur Hilfeleistung

(§ 171 StGB Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht)

Zivilrechtliche Maßnahmen (§§ 1666, 1666a BGB)

(bei Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls;

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Vorrang öffentlicher Hilfen)

Schutzauftrag der Jugendhilfe

(§ 1 Abs. 3 SGB VIII: Jugendhilfe soll Kinder vor Gefahren für ihr Wohl schützen;

§ 8a SGB VIII: Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung, § 8b SGB VIII: Fachliche Beratung und Begleitung zum Kinderschutz, § 42: Inobhutnahme)

(7)

Gefährdung: Definition

______________________________________________

Gefährdung ist zu verstehen als

„eine gegenwärtig in einem solchen Maße vorhandene Gefahr,

dass sich bei einer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt“.

BGH FamRZ 1956, S. 350 = NJW 1956, S. 1434

(8)

Fallbeispiel:

Der wackelt dann so blöd!

______________________________________________

Lana ist vier und vor zwei Jahren mit ihrer Mutter aus Kroatien nach Deutschland gekommen. Seit ihrem dritten Lebensjahr geht sie auf Empfehlung einer

Sozialarbeiterin in die Kita, vor allem um auf diese Weise ihre Sprachfähigkeiten zu verbessern. Bereits im Aufnahmegespräch berichtet die Mutter, dass sie mit einem deutschen Mann verheiratet ist, der einen 14jährigen Sohn in die Ehe eingebracht hat.

Zu Beginn ist Lana in der Kita sehr zurückhaltend. Dann aber macht sie schnell große Fortschritte. Vor allem sprachlich, aber auch im Zusammenspiel mit anderen Kindern blüht sie regelrecht auf. Seit einigen Wochen jedoch klagt sie oft über Kopf- und Bauchschmerzen, ohne dass sich dafür eine Erklärung anbietet.

In einer ruhigen Situation beim Vorlesen wendet sie sich an ihre Erzieherin: Wenn die Mutter und ihr Stiefvater abends weggingen, dann halte ihr großer Stiefbruder Nils sie manchmal ganz fest und zwinge sie, sich auf seinen Schoß zu setzen.

„Der wackelt dann so blöd. Das mag ich nicht!“, erzählt sie, sich dabei eng an die Erzieherin haltend.

(9)

Kindeswille und Kindeswohl

______________________________________________

Die angemessene Berücksichtigung des kindlichen Willens ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Kindeswohls.

Je nach Situation und Einzelfall geht es um

Selbstbestimmung

Partizipation

Wahrnehmung erwachsener Verantwortung

für die Verwirklichung der Kinderrechte

(10)

Kinderrechte im Alltag:

Gesundes Essen

______________________________________________

Fallbeispiel: Emre isst gerne Rosinen

In der Kindertagespflegestelle von Emre (knapp 3 Jahre) wird großer Wert auf gesunde Ernährung gelegt. Entsprechend den Empfehlungen der Initiative

„5 am Tag“ sind vor allem Obst und Gemüse reichlich vorhanden.

Zum Nachtisch gibt es häufig Obstsalat. Als sich Emre wieder einmal gezielt die wenigen Rosinen zwischen dem Obst herauspickt, fordert ihn die Tagespflegeperson auf, das Obst doch „wenigstens mal zu kosten“.

Darauf Emre entschlossen: „Will nicht kosten. Emre nur Rosinen“.

(11)

Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung

______________________________________________

(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist.

Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn (…)

3. zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung

sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung finden.

§ 45 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz)

(12)

Meldepflichten

______________________________________________

Der Träger einer erlaubnispflichtigen Einrichtung hat der zuständigen Behörde unverzüglich

(…)

2. Ereignisse oder Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu beeinträchtigen,

(…)

anzuzeigen.

§ 47 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz)

(13)

Fehlverhalten durch Fachkräfte: Formen

_______________________________________________

Beschämung und Entwürdigung

Anschreien

Ständiges Vergleichen mit Anderen

Bevorzugung von Lieblingskindern

Diskriminierung

Zwang zum Essen

Rigide Schlafenszeiten

Kontrolle des Toilettengangs

Zerren und Schubsen

Körperliche Bestrafung

Fixieren

Vernachlässigung der Aufsichtspflicht

Mangelnde gesundheitliche Fürsorge

Ungenügende Nähe-Distanz-Regulation

Ignorieren von Übergriffen unter Kinder

Sexuell übergriffiges Verhalten

Sexueller Missbrauch

(…)

(14)

Gewalt durch pädagogische Fachkräfte: Ursachen

______________________________________________

Individuelles Versagen vor dem Hintergrund belastender biografischer Erfahrungen

Zugehörigkeit zu einer Sekte oder einer extremistischen Gruppierung

Ausbildungsdefizite und mangelnde professionelle Kenntnisse

Strukturelle Mängel wie z.B. schlechte räumliche und personelle Ausstattung

Mangelnde Unterstützung im Team oder durch die Leitung bzw. den Träger

Fehlendes oder wenig bekanntes Schutzkonzept in der Einrichtung

Situative Überforderung in einer Krisensituation

(15)

Gewalt durch pädagogische Fachkräfte: Folgen

______________________________________________

Körperliche und/oder seelische Verletzungen sowie Auffälligkeiten im Verhalten des Kindes

Verschlechterung des Gruppenklimas

Beschädigung des Vertrauensverhältnisses der Eltern des betroffenen Kindes zur Kita

Verunsicherung, Angst und Misstrauen in der Elternschaft

Verunsicherung und Angst im Team

Überforderung und Beschädigung der Autorität der Leitung

Imageschaden für die Einrichtung und den Träger

(16)

Institutioneller Kinderschutz in der Kita:

Prävention

______________________________________________

Angebote für die Kinder zur Stärkung der kindlichen Persönlichkeit und zur Prävention von Gewalt

(z.B. Faustlos, Kindergarten plus, Papilio)

(Weiter-)Entwicklung der pädagogischen Fachkräfte

(u.a. Selbstreflexion, Fort- und Weiterbildungen, Supervision)

Förderung der Zusammenarbeit im Team

(u.a. Reflexionsräume, Fallgespräche, Erörterung

pädagogischer Schlüsselsituation, partizipativer Führungsstil)

Weiterentwicklung der Kita als Organisation

(u.a. Leitbild- und Konzeptentwicklung, kinderrechtsbasiertes Schutzkonzept, Ethik pädagogischer Beziehungen)

(17)

Institutioneller Kinderschutz in der Kita:

Intervention

______________________________________________

Kollegiales Gespräch

Beratung im Team

Gespräch mit der Leitung

Fachberatung

Information des Trägers

Meldung an das Landesjugendamt

gemäß § 47 SGB VIII

Arbeitsrechtliche Konsequenzen

(u.a. Dienstanweisung, Ermahnung, Abmahnung, Kündigung)

Strafanzeige

(18)

Schutzkonzepte in Einrichtungen:

zentrale Elemente

______________________________________________

Verankerung des institutionellen Kinderschutzes im Konzept der Einrichtung

Risikoanalyse und Festlegung pädagogischer Standards in Schlüsselsituationen (Verhaltenskodex)

Erarbeitung einer Selbstverpflichtungserklärung

Einrichtung von Beschwerdeverfahren für Kinder, Eltern und pädagogische Fachkräfte

Präventionsangebote zum Schutz der Kinder vor Gewalt

Notfallplan zum Vorgehen bei Gewalt durch Fachkräfte

Kooperation mit einer Fachberatungsstelle

(19)

Kita und Kindertagespflege als sichere Orte für Kinder: fachpolitische Forderungen

______________________________________________

Gesetzliche Verpflichtung zur Entwicklung, Anwendung und Überprüfung institutioneller Schutzkonzepte

Einführung unabhängiger Ombuds- und Beschwerdestellen

Proaktiver Schutzauftrag der Aufsichtsbehörden (Landesjugendämter)

Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz

Referenzen

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