M E D I Z I N
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A1516 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 2231. Mai 2002
Indikation ist entscheidend
Für die genannten offenen operativen Verfahren, insbesondere zum Ver- gleich mikrochirurgischer und kon- ventionell operativer Maßnahmen, sind nur schwer adäquate valide pro- spektiv randomisierte Studien durch- führbar, wenn es sich wie gefordert um den gleichen Chirurgen handeln soll.
Wenn man die Vorteile eines mikro- chirurgischen Zugangs insbesondere für den Patienten schätzen gelernt hat, ist es ethisch nicht vertretbar für Stu- dienzwecke zum Beispiel einen weite- ren Zugang zu wählen. Entscheidend für den Operationserfolg beim lumba- len Wurzelkompressionssyndrom ist weniger das gewählte Verfahren, als vielmehr die Indikation und Patien- tenauswahl. Liegen keine gravieren- den neurologischen Symptome vor und ist der Leidensdruck eher mäßig, sollte man auch bei eindeutigem Befund im bildgebenden Verfahren alle konser- vativen Möglichkeiten einschließlich der wirbelsäulennahen Injektionen aus- schöpfen und nicht operieren, denn wer nicht an der Bandscheibe operiert (diskotomiert) wird, bekommt auch kein Postdiskotomiesyndrom.
Manuskript eingereicht: 11. 6. 2001 revidierte Fassung angenommen: 9. 1. 2002
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2002; 99: A 1510–1516 [Heft 22]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Jürgen Krämer
Orthopädische Universitätsklinik im St. Josef-Hospital Gudrunstraße 56
44791 Bochum
E-Mail: juergen.kraemer@ruhr-uni-bochum.de
Das respiratory syncytial virus (RSV) ist eine wichtige Ursache für untere Atem- wegsinfektionen bei Kindern und älteren Menschen; seine Wirkung in anderen Al- tersgruppen ist nicht ausreichend er- forscht. Das Virus kann eine grippeähnli- che Erkrankung im Winter bei allen Pa- tientenaltersgruppen verursachen. Um die Prävalenz des RSV in den Gemein- den zu evaluieren haben Allgemeinme- diziner in England und Wales bei Pati- enten, die sich mit grippeähnlichen Symptomen in Arztpraxen vorgestellt hatten, einen nasopharyngealen Hals- abstrich durchgeführt. Die prospektive Untersuchung fand in drei aufeinan- der folgenden Wintern (1995 bis 96, 1996 bis 97, und 1997 bis 98) statt. Insge- samt wurden 2 226 Abstriche mit dem Kulturverfahren für Influenzavirus und mit PCR für Influenza und RSV analy- siert. 709 (31,8 Prozent) der Abstriche waren positiv für Influenza und 480 (21,5 Prozent) positiv für RSV. Jedes Jahr lagen verschiedene Subtypen von RSV vor. In den zwei von drei Jahren verursachte RSV im Vergleich zu Influ-
enza mehr grippeähnliche Erkrankun- gen bei Kindern unter fünf Jahren. Die Autoren interpretieren ihre Ergebnisse dahin gehend, dass bei Patienten mit grippeähnlichen Symptomen auch RSV als eine wichtige Ursache in Be- tracht kommt. Sie fordern weitere Un- tersuchungen zur Klärung des Anteils der beiden Viren bei grippeähnlichen Krankheiten, um eine optimale Be- handlungsstrategie entwickeln zu kön- nen. Die Ergebnisse dieser Studie könnten Auswirkungen auf den Einsatz von in Deutschland vor kurzem einge- führten Neuraminidasehemmern zur Behandlung von Infektionen mit Influ- enzaviren, den Erregern der Virusgrip- pe, haben. Eine genaue Diagnosesiche- rung vor deren Anwendung wäre emp-
fehlenswert. koc
Zambon, MC et al.: Contribution of influenza and respira- tory syncytial virus to community cases of influenza-like illness: an observational study. 2001; 358: 1410–6.
Dr. M. C. Zambon Virus Reference Division, PHLS Central Public Health Laboratory, 61 Colindale Avenue, London NW9 5 HT, Großbritannien
Nicht nur das Influenzavirus ist für die Grippe verantwortlich
Bei der gastroösophagealen Reflux- krankheit handelt es sich um ein chroni- sches Leiden, das in 75 bis 90 Prozent ei- ner medikamentösen Langzeittherapie bedarf.Alternativ wird deshalb häufig ei- ne Antirefluxoperation (offene oder la- paroskopische Fundoplicatio) diskutiert.
Die Autoren berichten über eine ver- gleichende Studie mit 154 Patienten, die randomisiert einer Langzeittherapie mit 20 beziehungsweise 40 mg Omeprazol unterzogen wurden, während bei 144 Pa- tienten eine offene Antirefluxoperation durchgeführt wurde. Im Falle eines Re- zidivs wurde den konservativ Therapier- ten eine Antirefluxoperation angeboten, den bereits Operierten eine Reoperation oder eine Behandlung mit Omeprazol.
Nach fünf Jahren wurde eine Kosten- Nutzen-Analyse durchgeführt.
Während in Dänemark, Norwegen und Schweden die medikamentöse The- rapie deutlich kostengünstiger war, er- wies sich in Finnland das Operationsver- fahren als die günstigere Variante. Wur- den allerdings die indirekten Kosten we- gen Krankschreibung berücksichtigt, stiegen die Kosten der Antirefluxoperati- on signifikant an, sodass in allen vier skandinavischen Ländern die medika- mentöse Langzeittherapie günstiger ab-
schnitt. w
Myrvold HE, Lundell L, Miettinen P et al.: The cost of long term therapy for gastro-esophageal reflux disease: a rando- mized trial comparing omeprazole and open antireflux sur- gery. Gut 2001; 49: 488–494.
Prof. H. E. Myrvold, Department of Surgery, Regions- ykhuset in Trondheim, N-7006 Trondheim, Norwegen, helge.myrvold@medisin.ntu.no
Referiert
Kostenanalyse der
gastroösophagealen Refluxkrankheit
Referiert