• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "DNA-Chips: Werkzeuge mit Multitalent" (01.03.2002)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "DNA-Chips: Werkzeuge mit Multitalent" (01.03.2002)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

D

ie Entschlüsselung des menschli- chen Genoms ist die Vorausset- zung für die molekulare Biochip- Technologie. Sie eröffnet neue Perspek- tiven in der medizinischen Anwendung.

Mit DNA-Chips lassen sich im Eilver- fahren Zellen auf genetischer Ebene miteinander vergleichen. Eine „diagno- stische Revolution“ scheint möglich.

Höchstens vier Quadratzentimeter groß ist die Fläche des Chips, auf der sich das gesamte Erbgut des Menschen unterbringen lässt – 35 000 bis 40 000 Gene. Die DNA jedes Gens ist auf dem Chip als winziger Tropfen aufgetragen, in Reih und Glied. Mit diesem DNA- Chip kann die Aktivität aller Gene von jeder Zelle des menschlichen Körpers gleichzeitig untersucht werden. Ein ge- waltiger Fortschritt im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren, der Poly- merase-Kettenreaktion (PCR), bei der einzelne Gene zunächst vervielfältigt und dann nach der Abfolge ihrer Ba- senpaare analysiert werden.

Aktivität der Gene wird verglichen

Gen-Chips könnten die medizinische Diagnostik revolutionieren. Anwen- dungsmöglichkeiten gibt es viele, wie beim Statusseminar Chiptechnologie zu erfahren war, zu dem die Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechno- logie e.V. (Dechema) nach Frankfurt am Main eingeladen hatte. Ein For- schungsschwerpunkt ist die Genex- pressions-Analyse, die zum Beispiel neue Wege in der Krebsdiagnostik er- öffnen könnte. Das Prinzip ist relativ einfach: Mithilfe der DNA-Chips wird die Aktivität der Gene von gesunden Zellen mit der von Krebszellen vergli- chen. So können Gene erkannt werden,

die bei Tumorzellen besonders aktiv sind. Dies könnte nicht nur für die Dia- gnostik genutzt werden, sondern auch zu gezielteren Krebstherapien führen.

Eine weitere Anwendung besteht in der Gentypisierung, bei der die DNA auf Variationen in einzelnen Bausteinen un- tersucht wird. Auch der Austausch von nur einem Baustein in einem Gen – auch als „single nucleotide polymorphisms“

(SNP) bezeichnet – lässt sich mit einem Biochip feststellen. Solche Polymorphis- men sind zum Beispiel in Enzymen rele- vant wie dem Cytochrom-P450-System,

über das viele Medikamente verstoff- wechselt werden. Ein Austausch eines einzigen Basenpaares kann dazu führen, dass Medikamente deutlich verlangsamt abgebaut werden und die Blutspiegel des Wirkstoffs deshalb zu hoch sind.

Der Wettbewerb zwischen den Her- stellern der DNA-Chips ist bereits voll im Gange: 14 Industrie-Aussteller nahmen an der Tagung in Frankfurt teil.

Sie bieten den Forschergruppen nicht nur DNA-Chips für ihre Kleinarbeit an, sondern inzwischen auch Protein-

Chips, die sich für spezifischere medizi- nische Untersuchungen eignen.

Zum Beispiel lässt sich mit ihrer Hil- fe bei Patienten mit rheumatoider Arthritis auf einen Streich feststellen, welche Rheumafaktoren vorliegen.

Auch die Verwirklichung des Fernziels, einmal mittels Chiptechnologie einfa- che diagnostische Bluttests herstellen zu können, ist nur mit Protein-Chips möglich, die nach dem Prinzip der Anti- gen-Antikörperbindung funktionieren.

Viele Forschungslabors stellen ihre Bio-Chips heute noch selbst her. Die DNA von jedem Gen, mit dem der Chip ausge- stattet werden soll, wird zunächst mit der Polyme- rase-Kettenreaktion ver- vielfältigt. Dann werden kleinste Tropfen der Lö- sung per Roboter auf den Chip aufgetragen – ein sehr zeitaufwendiges Ver- fahren. Für die Herstel- lung von 1 000 Chips, die das komplette mensch- liche Genom enthalten, wäre eine Person etwa vier Monate lang be- schäftigt, schätzt Dr. Jörg Hoheisel von der Abtei- lung Funktionelle Ge- nomanalyse am Deutschen Krebsfor- schungszentrum (DKFZ) in Heidel- berg.

Mit dem fertigen Chip können die Genmuster von Zellen miteinander verglichen werden. Dazu wird RNA von meist zwei Zellen – zum Beispiel ei- ner gesunden Zelle und einer Krebszel- le – auf den Biochip aufgetragen. Die RNA, die mit unterschiedlichen Flu- oreszenz-Markern ausgestattet ist, bin- det entsprechend ihrer Basenfolge ganz spezifisch an ihre komplementäre DNA P O L I T I K

A

A542 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 9½½½½1. März 2002

DNA-Chips

Werkzeuge mit Multitalent

Der Wettbewerb zwischen den Herstellern von speziellen Diagnose-Chips ist bereits voll entbrannt, weil die Methode eine „diagnostische Revolution“ erwarten lässt.

Medizinreport

Die Industrie arbeitet mit Hochtouren daran, DNA-Chips für die Routine-Diagnostik zu entwickeln. Foto: Hoffmann-La Roche AG

(2)

(cDNA). Aufgrund der Bindung ent- steht ein Fluoreszenzsignal. Je nach Stärke der Fluoreszenz lässt sich beur- teilen, inwieweit bestimmte Genab- schnitte in einer Zelle besonders aktiv sind und wie sehr sich Zellen in der Ak- tivität einzelner Gene unterscheiden.

Wie schnell den Grundlagenfor- schern der Durchbruch gelingt und Gen- Chips für die Routine-Diagnostik auf den Markt kommen, ist schwer einzu- schätzen. „Mit viel Glück wird es relativ schnell gehen, es kann aber auch noch etliche Jahre dauern“, sagt Hoheisel. Im DKFZ werden mit DNA-Chips Tumor- zellen unter anderem aus dem Kolon, der Zervix, dem Kopf-Hals-Bereich, der Brust und dem Pankreas im Hinblick auf ihre genetischen Charakteristika unter- sucht. Benutzt wird dazu ein DNA-Chip mit etwa 12 000 menschlichen Genen, die mit der Entstehung von Krebs in Verbindung gebracht werden.

Am weitesten fortgeschritten sind die Untersuchungen mit Krebszellen aus der Bauchspeicheldrüse. „Wir ha- ben 500 Gene identifiziert, die eine ver- änderte Aktivität haben können“, be- richtet Hoheisel. Allerdings gibt es bei den Messungen große Unterschiede von Zelle zu Zelle und auch von Patient zu Patient. Es geht jetzt darum, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu fin- den, nämlich die Gene ausfindig zu ma- chen, die bei Pankreas-Karzinomzellen immer verändert sind.

Dann würde mit den DNA-Chips ei- ne spezifische Diagnose des Pankreas- karzinoms möglich. Auch die Charak- terisierung verschiedener Patienten- gruppen, die sich in ihrer Prognose un- terscheiden und sehr unterschiedlich auf eine Therapie ansprechen, soll rea- lisiert werden. Schließlich ist auch das Screening auf Krebs mithilfe von Pro- tein-Chips eine realistische Zukunfts- perspektive, meint Hoheisel.

Sind die für eine Krebsart typischen Veränderungen der Genaktivität iden- tifiziert, könnten auch gezielter als bis- her wirkende und damit verträgliche- re Krebstherapien entwickelt werden.

Das Ziel sind Wirkstoffe, die gegen die überaktiven Genbereiche einer Krebs- zelle gerichtet sind, diese abtöten und gleichzeitig die gesunden Zellen weit- gehend schonen. Nicht nur für Krebs- forscher sind DNA-Chips ein universel-

les Werkzeug. Immer wenn es darum geht, Veränderungen von Zellen oder ganzen Organismen auf den Grund zu gehen, eröffnen die Chips neue Per- spektiven. Infektiologen etwa erhoffen sich durch die Gen-Untersuchungen neue Erkenntnisse, was einen pathoge- nen Mikroorganismus von einem apa- thogenen unterscheidet und was zum Beispiel bei der Resistenzentwicklung gegen Medikamente auf genetischer Ebene geschieht.

Am Fraunhofer-Institut für Grenz- flächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart, werden Virulenz- und Resi- stenzfaktoren des Pilzes Candida albi- cans untersucht. Er ist der häufigste Er- reger opportunistischer Pilzerkrankun- gen bei Menschen und löst lokale Infek- tionen der Schleimhäute, bei Patienten mit defektem Immunsystem mitunter auch lebensbedrohliche systemische Erkrankungen aus. Infektiös ist der Pilz aber nur in seinem Hyphe-Stadium, als Hefe dagegen ist der Erreger avirulent.

Mindestens zwei Signalgene sind an der Regulation des Dimorphismus be- teiligt, berichtete Dr. Nicole Hauser (Fraunhofer-Institut, Stuttgart). Der- zeit wird untersucht, inwieweit sich die Aktivität dieser Gene durch äußere Be- dingungen wie Temperatur und pH- Wert verändert.

Die Erwartungen an die Chip-Technologie sind hoch

Klinisch erprobt werden DNA-Chips zurzeit auch bereits zum Aufspüren von Variationen einzelner Bausteine in der DNA (SNP) als Ursache von Erkran- kungen. In einem europaweiten Projekt wird bei 8 000 Patienten mit malig- nem Lymphom eine SNP-Analyse vor- genommen, berichtete Hoheisel. Ge- screent werden die Patienten auf 100 bis 300 Veränderungen in der Abfolge ihrer DNA-Bausteine, um die Erkran- kung genetisch besser charakterisieren zu können.

Die Erwartungen an die Chiptechno- logie sind hoch. Erfüllen sie sich nur zum Teil, dann wird es zu einer diagno- stischen Revolution kommen, war das Urteil auf der Tagung in Frankfurt. Nur wann der Durchbruch gelingt, ist der- zeit noch völlig offen. Roland Fath

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 9½½½½1. März 2002 AA543

Haltungsschäden

Das Gewicht des Schulranzens ist nur selten die Ursache

Schädigungen der kindlichen Wirbel- säule durch den Schulranzen sind nicht bewiesen. „Aktuelle Zahlen über das tatsächliche Ranzengewicht liegen nicht vor, zudem ist nach Untersuchun- gen von 1979 die Einwirkungszeit der Ranzengewichte zu kurz, um tatsäch- lich eine chronische Schädigung zu pro- vozieren“, heißt es in einer aktuellen Presseerklärung des Sportärztebundes Nordrhein. Vordergründig müssten falsche Tragegewohnheiten abgestellt werden.

Dies sind aus sportmedizinischer Sicht: Einseitiges Tragen des Ranzens oder ungleich eingestellte Gurte, die ei- ne Schiefhaltung fördern; zu kurze Gur- te, die einen Rundrücken und zu lange Gurte, die einen Hohlrücken provozie- ren. Der Ranzen ist dicht am Körper zu tragen. Das Gewicht des Schulranzens sollte zehn Prozent des Körpergewich- tes nicht überschreiten. Der ideale Ran- zen hat ein geringes Grundgewicht von 1 000 bis 1 300 g mit einem Volumen von 20 Litern und darf die Schulter des Kindes nicht überragen

Die Wirbelsäule sei beim wachsen- den Skelett ohne Zweifel durch Fehlbe- lastungen besonders gefährdet, daher verbiete das Jugend-Arbeitsschutzge- setz Arbeiten, die mit Heben, Tragen oder Bewegen schwerer Lasten verbun- den sind. Eine gesunde kindliche Wir- belsäule werde die zeitlich begrenzte Gewichtsbelastung durch den Schul- ranzen ohne Schädigung tolerieren, so die Sportmediziner.

Allerdings beobachten die Sportme- diziner bei vielen Kindern einen durch Bewegungsmangel unzureichend trai- nierten Haltungs- und Bewegungsappa- rat – eine Folge fehlender Möglichkei- ten zu freiem Spiel und Sport sowie falschem Freizeitverhalten (exzessives Fernsehen und Computerspiele). Die Möglichkeit zum spielerischen Training durch Sport werde als Ersatz für diese Einschränkungen von den Eltern zu

selten genutzt. EB

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Als Ärztin oder Arzt sind Sie über Ihr berufsständisches Versorgungs- werk auch gegen das Risiko einer Berufsunfähigkeit abgesichert – in der Regel aber erst dann, wenn Sie zu 100

Alle unsere schutzisolierten Werkzeuge werden nach den VDE-Bestimmungen IEC 60900 / EN 60900 stückgeprüft und sind damit für Arbeiten unter einer Spannung von AC 1 000 V und DC

Je nach Stärke der Fluoreszenz lässt sich beur- teilen, inwieweit bestimmte Genab- schnitte in einer Zelle besonders aktiv sind und wie sehr sich Zellen in der Ak- tivität

Da jedoch, anders als für konkrete Gegen- standsbereiche, Kommunikation in weiten Teilen abstrakt ist und damit durch konzeptuelle Metaphern erschlossen werden muss, die ihrerseits

In einer späteren Fragerunde stellte ein Teilnehmender heraus, dass diese Darstellung von gezeichneten Ideen für die Privatgrund- stücke von den jeweils

ƒ Sie können dankbar dafür sein, dass Sie an guten Ergebnissen für Ihre Firma interessiert sind und gemerkt haben, dass die Verhandlung in eine falsche Richtung

Beck Professionell – Bremer – Gelassenheit gewinnt  – Herst.: Frau Razuvaieva Stand: 15.02.2016  Status: Druckdaten Seite 3.. Gelassenheit

Mit dem SMA wird ein Unternehmen aus dem Teilnehmerkreis des Swiss Manufacturing Survey ausgezeichnet, das im Jahr 2018 seine Produktion in der Schweiz besonders weiter-