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Archiv "Körperbilder: Lovis Corinth (1858–1925) – Gottgesandter Wahnsinn" (08.11.2013)

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[56] Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 45

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8. November 2013

KÖRPERBILDER: LOVIS CORINTH (1858–1925)

Gottgesandter Wahnsinn

S

ilenen und Mänaden bildeten laut antiker Sage die Gefolgschaft des Dionysos, des Gottes des Weins und der Fruchtbarkeit. Bei seinen Kultfesten sollten sie die Menschen zu Ausgelassenheit und Sin- nenfreude anregen und ihnen dabei helfen, die Grenzen von Körper und Bewusstsein zu erweitern. Den aus Ostpreußen stammenden Maler Lovis Corinth, mit Al- koholexzessen wohl vertraut, faszinierte dieser Stoff wie so viele Künstler seit der Antike. In den 1890er Jahren beschäftigte er sich mehrfach mit dem Mythos der Bacchanalien. Glückselige Utopien dionysischer Ausschweifungen sucht man in seiner Malerei dennoch vergebens. Stattdessen betonte Corinth, so auch in dem Bild von 1898, schonungslos die komischen, bizarren und düsteren Aspekte der Ekstase. Seine heimkehren- den Bacchanten entfachen Amüsement, aber keine Sinnlichkeit, so realistisch stellte er die übernächtigten Körper und so desillusionierend die Folgen des Ze- chens dar.

Das reizvolle Werk aus der Sammlung des Von der Heydt-Museums Wuppertal ist jetzt in Hamburg und anschließend in Dresden zu sehen. Dort widmet sich ei- ne umfassende Ausstellung der künstlerischen Aus - einandersetzung mit dem Dionysos-Thema von der An-

tike bis zum 20. Jahrhundert. „Dionysos zu folgen, trägt zugleich begeisternde wie gefährliche, herrscherliche wie subversive Elemente in sich – eine Ambivalenz, die in der ambivalenten Figur des Dionysos angelegt ist“, schreibt Kurator Michael Philipp im informativen Ka- talog. Ambivalenzen, die sich auch in Corinths Bild wiederfinden: Gegen die bürgerlichen Normen seiner Zeit feierte er den Akt der Subversion, die orgiastische Freiheit als Gegenmodell zu rigider Moral. Und entzau- berte zugleich diese utopische Gegenwelt, zeigte sie eher grobschlächtig als schön, eher lächerlich als ideal und kurz davor, in Katzenjammer umzukippen.

Dass der Gott Dionysos in einer solchen Szene nicht persönlich auftritt, liegt auf der Hand – und war ohne- hin nicht erforderlich. Die laut Platon für den Men- schen wertvollen „Wirkungen des gottgesandten Wahn- sinns“ des Dionysischen, zitiert Philipp den grie- chischen Philosophen, entfalten sich bereits durch den Rausch der Silenen und Mänaden. Sabine Schuchart

Lovis Corinth: „Heimkehrende Bacchanten“, 1898, Öl auf Leinwand, 60,5 × 90,5 cm: Eine Schar nackter, völlig erledigter Zecher zieht im Morgengrauen heimwärts – tristes Ende eines Bacchantenzugs zu Ehren des Gottes Dionysos. Zwei berauschte Frauen stützen den alten Silenos, der einen Efeukranz wie einen Rettungsring um den Wanst trägt. Rechts im Bild fällt ein Cymbalist, der die Becken schlägt, fast auf den Rücken. Sein Saufkumpan hält sich an der Mähne eines Esels fest.

Foto: Von der Heydt-Museum Wuppertal

LITERATUR

Michael Philipp: „Dionysos. Rausch und Ekstase“, Katalog zur Ausstel- lung, 247 Seiten, Hirmer, München 2013; 39,90 Euro

AUSSTELLUNG:

„Dionysos. Rausch und Ekstase“

Bucerius Kunst Forum, Rathausmarkt 2, Hamburg www.bucerius-kunst- forum.de;

tgl. 11–19, Do. 11–21 Uhr;

bis 12. Januar 2014 Staatliche Kunst- sammlungen Dresden:

6. Februar bis 10. Juni 2014

S C H L U S S P U N K T

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