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Retrospektive Untersuchung zum Vorkommen von Erkrankungen in einer Weißbüschelaffenkolonie unter besonderer Berücksichtigung des Wasting Marmoset Syndroms

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Academic year: 2022

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Aus der Abteilung Tiermedizin und Primatenhaltung des Deutschen Primatenzentrums Göttingen ______________________________________________

Retrospektive Untersuchung zum Vorkommen von Erkrankungen in einer Weißbüschelaffenkolonie unter besonderer Berücksichtigung des

Wasting Marmoset Syndroms

I N A U G U R A L - D I S S E R T A T I O N zur Erlangung des Grades einer

D O K T O R I N D E R V E T E R I N Ä R M E D I Z I N (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Andrea Quohs aus Rüsselsheim

Hannover 2003

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Wissenschaftliche Betreuung:

Univ. Prof. Dr. F.-J. Kaup

1. Gutachter: Univ. Prof. Dr. F.-J. Kaup 2. Gutachter: Apl. Prof. Dr. M. Böer

Tag der mündlichen Prüfung: 19. November 2003

(3)

Meinen Eltern zur Freude

in Dankbarkeit gewidmet

(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung ... 11

2 Literaturübersicht ... 13

2.1 Weißbüschelaffen... 13

2.1.1 Systematik ...14

2.1.2 Vorkommen und Lebensweise...15

2.1.3 Haltung in der Obhut des Menschen...16

2.1.4 Krankheiten bei Weißbüschelaffen ...18

2.2 Das Wasting Marmoset Syndrom (WMS)... 27

2.2.1 Klinische Veränderungen...28

2.2.2 Ätiologie ...33

2.2.3 Therapie ...35

2.2.4 Pathologie ...37

3 Material und Methoden... 41

3.1 Ausgangsdaten... 41

3.2 Datenaufnahme und Auswertung ... 42

3.2.1 Allgemeine Daten...42

3.2.2 Auswertung der pathomorphologischen Diagnosen...43

3.2.3 Eigene lichtmikroskopische Untersuchungen...44

3.2.3.1 Paraffineinbettung und Schnittherstellung...45

3.2.3.2 Färbungen für die histopathologische Untersuchung...45

3.3 Die Weißbüschelaffenkolonie am DPZ... 46

3.3.1 Die Haltung von Weißbüschelaffen am DPZ...46

3.3.2 Die Fütterung von Weißbüschelaffen am DPZ...48

4 Ergebnisse... 49

4.1 Allgemeine Analysen des Weißbüschelaffenbestandes ... 49

4.1.1 Entwicklung des Bestandes und der Sektionszahlen in der Zeit von 1977 bis 2000 ...49

4.1.2 Geschlechts- und Altersverteilung...51

4.1.3 Überblick zu den Sektionsbefunden ...52

4.2 Analyse der Sektionsbefunde bei Tieren mit WMS... 53

4.2.1 Vorkommen des WMS am Deutschen Primatenzentrum (DPZ) ...53

4.2.2 Allgemeine Angaben zu Weißbüschelaffen mit WMS ...56

(6)

4.2.2.1 Vorbericht ...56

4.2.2.2 Geschlechts- und Altersverteilung...57

4.2.2.3 Sektionsgewichte ...58

4.2.2.4 Verhältnis Alter und Sektionsgewicht...60

4.2.3 Sektionsbefunde an einzelnen Organsystemen bei Tieren mit WMS...61

4.2.3.1 Magen-Darmtrakt ...61

4.2.3.1.1 Makroskopische Befunde...63

4.2.3.1.2 Eigene histologische Untersuchungen...64

4.2.3.1.3 Ätiologische Untersuchungen am Magen-Darmtrakt...75

4.2.3.2 Leber und Gallenwege ...76

4.2.3.2.1 Makroskopische Befunde...77

4.2.3.2.2 Eigene histologische Untersuchung ...78

4.2.3.3 Sektionsbefunde an den übrigen Organsystemen...86

4.2.3.4 Ergebnisse der serologischen Untersuchung bei Tieren mit WMS ...92

4.3 Sektionsbefunde bei Tieren ohne WMS... 94

4.3.1 Sektionsprotokolle ohne Hauptbefunde an den Organsystemen...96

4.3.1.2 Euthanasie unter Tierschutzaspekten und aus haltungsbiologischen Gründen...96

4.3.1.2 Euthanasie aus wissenschaftlichen Gründen...96

4.3.1.3 Kannibalismus ...96

4.3.1.4 Sektionsprotokolle „ohne besonderen Befund“ und „ohne Angaben“...97

4.3.1.5 Sektionsfälle ohne klares Krankheitsbild ...97

4.3.2 Organveränderungen bei Tieren ohne WMS ...98

4.3.2.1 Respirationstrakt...99

4.3.2.2 Magen-Darmtrakt mit Leber und Pankreas... 100

4.3.2.3 Harn- und Geschlechtsapparat... 102

4.3.2.4 Herz-Kreislauf-System... 103

4.3.2.5 ZNS und Auge... 105

4.3.2.6 Bewegungsapparat... 106

4.3.2.7 Endokrines System ... 107

4.3.2.8 Lymphatisches System (Milz und Lymphknoten)... 108

4.3.2.9 Haut... 109

4.3.2.10 Neoplastische Erkrankungen bei Tieren ohne WMS ... 109

4.3.2.11 Generalisierte Infektionskrankheiten ... 111

5 Diskussion ... 112

(7)

5.1 Empfänglichkeit, Alters - und Geschlechtsdisposition bei WMS...113

5.2 Bedeutung der Veränderungen der einzelnen Organsysteme...116

5.3 Überlegungen zur Pathogenese des WMS...126

5.4 Resultierende Vorschläge für die Haltung von Callithrichiden...128

6 Zusammenfassung ... 129

7 Summary ... 131

8 Literaturverzeichnis ... 133

9 Anhang ... 147

9.1 Protokolle für die Histologie ...147

9.1.1 Fixierlösungen... 147

9.1.2 Färbungen... 148

9.2 Anhangstabellen der Analyse der Tiere mit WMS...154

9.3 Anhangstabellen der Analyse der Tiere ohne WMS ...165

9.4 Abbildungsverzeichnis...176

9.5 Tabellenverzeichnis ...177

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Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

AP Alkalische Phosphatase

AST Serumaspartat-Aminotransferase (= GOT)

BB Berliner-Blau-Reaktion

Ca Calcium

CCP Colitis cystica profunda CHV Callithrichid hepatitis virus

cm Zentimeter

CPK Kreatinphosphokinase

dl Deziliter

DPZ Deutsches Primatenzentrum E. coli Escherichia coli

EBV Epstein-Barr-Virus

Fa. Firma

g Gramm

GALT gut-associated lymphoid tissue (Darmschleimhautimmunsystem)

ggr. geringgradig

GGT Gammaglutamyltransferase G-Nr. G-Nummer (Sektionsnummer)

GOT siehe AST

H. & E. Haematoxilin- Eosin-Färbung

Hb Haemoglobin

hgr. hochgradig

HSV Herpesvirus simplex IE Internationale Einheit

Ig Immunglobulin

IUCN Union for Conservation of Nature

J. Jahr(e)

kg Kilogramm

LCMV Lymphozytäres Choriomeningitis Virus

Ln. Lymphonodus

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Abkürzungsverzeichnis

Lnn. Lymphonodii

m männlich; Meter

MCHC mean corpuscular haemoglobin concentration (mittlere Haemoglobinkonzentration eines Erythrozyten)

MDT Magen-Darmtrakt

mg Milligramm

mgr. mittelgradig Min. Minute (n)

ml Milliliter

mmol Millimol

n Anzahl

n. u. nicht untersucht

NNR Nebennierenrinde

o. b. B. ohne besonderen Befund

P Phosphor/Phosphat

PAS-Reaktion Periodic Acid Shift Reaktion ppm. Pars per million

qm Quadratmeter

SGK Serumglukosekonzentration

Sp. Spezies

Tab. Tabelle

Tiernr. Tiernummer

u (Geschlecht) unbekannt

u. a. unter anderem

U/l Units/Liter

v. a. vor allem

w weiblich

WMS Wasting Marmoset Syndrom ZNS Zentrales Nerven System

(10)
(11)

Einleitung 11

1 Einleitung

Die Heimat der zu der Familie der Krallenaffen zählenden Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus) (Abb. 1) ist der ostbrasilianische Regenwald. Hauptsächlich in den 70iger und anfänglichen 80iger Jahren wurde der Weißbüschelaffe, auch Marmoset genannt, u. a. wegen seiner kleinen Körpergröße, seiner leichten Haltung in Familienverbänden, seiner guten Reproduktionsrate und günstiger Haltungskosten als Modell für die biomedizinische Forschung entdeckt. Sowohl in Versuchstiereinrichtungen als auch in zoologischen Gärten tritt in hoher Prävalenz ein Krankheitsbild auf, das als Wasting Marmoset Syndrom (WMS) bezeichnet wird und das pathogenetisch völlig unklar ist. Seit der Erstbeschreibung durch KING (1976) im Zoo von Jersey liegen zahlreiche Beschreibungen dieses uneinheitlichen Krankheitsbildes vor, ohne daß es bisher gelungen ist, eine Ursache festzustellen. Das WMS ist dadurch charakterisiert, daß erkrankte Tiere bei guter Futteraufnahme stetig an Gewicht verlieren. Eine progressive klinische Verschlechterung des Allgemeinzustandes der betroffenen Tiere ist dabei die Regel, wobei eine Mortalität bis zu 60 % verzeichnet werden kann. Dem Anschein nach handelt es sich um eine multifaktorielle Krankheit. Da das WMS eine immer bedeutendere Rolle als Ursache für hohe Morbiditäts- und Mortalitätsraten in Krallenaffenkolonien spielt, ist es wichtig mehr über dieses Syndrom zu erfahren.

Am Deutschen Primatenzentrum Göttingen (DPZ) wurden von 1977 bis zum Jahr 2000 1342 Weißbüschelaffen seziert. Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher neben einer allgemeinen Analyse der Sektionsprotokolle eine detaillierte Untersuchung von 77 Fällen durchzuführen, die klinische Anzeichen eines WMS zeigten. Neben retrospektiver Auswertung der Sektionsprotokolle erfolgte eine lichtmikroskopische Untersuchung des Intestinaltraktes und der Leber, um einen Überblick des Krankheitsbildes, wie es sich am DPZ ze igt, zu erstellen und eventuell kausale Zusammenhänge darzulegen.

(12)

12 Einleitung

Abb. 1: Weißbüschelaffenpaar (links.: Horst, rechts.: Polka) aus der DPZ-Kolonie

(13)

Literaturübersicht 13

2 Literaturübersicht

2.1 Weißbüschelaffen

Bei den Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus) handelt es sich um baumbewohnende Primaten, deren Körperlänge im adulten Stadium nach RICHTER (1984) 21,2 cm beträgt.

ROWE (1996) dagegen beschreibt unterschiedliche geschlechterspezifische Körperlängen von 18,5 cm bei weiblichen Tieren und 18,8 cm bei männlichen Tieren. Neugeborene weisen dagegen eine Körperlänge von 7,7 cm (RICHTER, 1984) auf. Der Schwanz adulter Weißbüschelaffen hat nach RICHTER (1984) eine Länge von 27,9 cm. ROWE (1996) beschreibt auch hier Unterschiede zwischen den Geschlechtern, demnach beträgt die Länge des Schwanzes 27,4 cm bei weiblichen Tieren und 28 cm bei männlichen Tieren. Das Normalgewicht adulter Tiere liegt zwischen 300 g und 350 g und das Geburtsgewicht beträgt im Durchschnitt 36,4 g (RICHTER, 1984). Einen ausgeprägten Sexualdimorphismus in Körpergewicht, Körpergröße oder äußerem Erscheinungsbild gibt es nicht, obwohl nicht trächtige Weibchen in Gefangenschaft etwas schwerer sein können als die Männchen (RICHTER, 1984). Namengebend sind die weißen Ohrbüschel, die vom Kopf abstehen (WOLTERS und IMMELMANN, 1988). Ansonsten besteht die Fellfarbe aus einem Gemisch von rostgelb, schwarz, grau und weiß (WENDT, 2000), im Hals- und Kopfbereich ist die Fellfarbe dunkler, mit Ausnahme des Gesichts. Hier befindet sich ein weißer Stirnfleck (WENDT, 2000). Am Schwanz findet man eine Zeichnung von dunkleren, größeren Banden und blasseren, kleineren Banden im Wechsel (ROWE, 1996).

Nach der Entdeckung Amerikas fanden europäische Eroberer, Kolonisten und Forschungsreisende rasch Gefallen an den Krallenaffen. So wurden bereits zu dieser Zeit Krallenaffen, hauptsächlich Löwenäffchen (Leontideus rosalia) und Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus), nach Europa importiert (WENDT, 2000). Der Überbegriff Marmosetten, zu dem auch die Spezies Callithrix jacchus gehört, leitet sich von dem französischen Begriff

„marmouset“ ab, was ursprünglich die Bedeutung von Knirps oder Zwerg hatte (WOLTERS und IMMELMANN, 1988). Im Frankreich der Barockzeit war es regelrecht Mode, diese

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14 Literaturübersicht

kleinen Äffchen als besonderes Geschenk an z. B. Ehefrauen oder Mätressen zu verschenken (WENDT, 2000). Der zu dieser Zeit geprägte Name „marmouset“ liegt daher nahe, denn die Krallenäffchen erschienen den Menschen damals als winzige Karikaturen ihrer selbst (WENDT, 2000).

2.1.1 Systematik

Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus) gehören zur Familie der Krallenaffen (Callithrichidae) und sind der Gattung Callithrix zuzuordnen. Die Familie der Krallenaffen umfaßt insgesamt vier Gattungen: Callithrix, Cebulla, Leontopithecus und Saguinus, wobei die Gattungen Callithrix und Cebulla unter dem Namen Marmosetten, Saguinus und Leontopithecus unter dem Namen Tamarine zusammengefaßt werden. Den Marmosetten ist gemeinsam, daß die Schneidezähne im Unterkiefer ähnlich lang sind wie die Eckzähne. Bei den Tamarinen sind dagegen die Eckzähne des Unterkiefers deutlich länger als die Schneidezähne. Der Name der Krallenaffen ist auf die Ausbildung von Krallen an allen Fingern und Zehen mit Ausnahme der Großzehe zurückzuführen. Allein die Großzehe besitzt einen Nagel, der kennzeichnend für Primaten ist. Aus diesem Grunde sind die Krallenaffen zwar den echten Affen zugeordnet, nehmen dennoch eine Sonderstellung ein. Die Familie der Krallenaffen (Callithrichidae) bildet zusammen mit den Familien der Springtamarinen (Callimiconidae) und den Kapuzinerartigen (Cebidae) die Teilordnung der Neuweltaffen (Platyrrhini) (WOLTERS und IMMELMANN, 1988).

Die Gattung Callithrix wird insgesamt in sieben Arten gegliedert. Zwei dieser Arten, namentlich der Silberaffe (Callithrix argentata) und der Weißschulterseidenaffe (Callithrix humeralifer) sind in Zentralbrasilien beheimatet, der Silberaffe zudem noch in Ostbolivien.

Die übrigen fünf Vertreter, der Weißbüschelaffe (Callithrix jacchus), der Weißohrenseidenaffe (Callithrix aurita), der Gelbkopfbüschelaffe (Callithrix flaviceps), der Weißgesichtsseidenaffe (Callithrix geoffroyi) und der Schwarzpinselaffe (Callithrix penicillata) haben ihren natürlichen Lebensraum im südostbrasilianischen Küstenregenwald (WOLTERS und IMMELMANN, 1988)

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Literaturübersicht 15

2.1.2 Vorkommen und Lebensweise

Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus) sind im ostbrasilianischen Regenwald beheimatet.

Ursprünglich kamen sie nur im Nordosten Brasiliens vor. Durch den Menschen wurden sie allerdings auch im Südosten Brasiliens eingeführt, wo sie sich auch erfolgreich einlebten, so daß man sie heutzutage auch in parkähnlichen Randgebieten von Rio de Janeiro beobachten kann (WOLTERS und IMMELMANN, 1988). Krallenaffen sind so vollkommen an das Baumleben angepaßt, wie kaum ein anderes Herrentier, weswegen sie kaum oder nie den Erdboden betreten (WENDT, 2000). Natürliche Verbreitungsgrenzen, wie z. B. große Ströme oder Steppengebiete können aus diesem Grunde nicht überquert werden. So erklärt sich die Vielzahl von verschiedenen Krallenaffenarten im brasilianischen Regenwald. Man findet z. B.

eine bestimmte Art oder Unterart auf der einen Seite eines Stromufers, auf der gegenüberliegenden Seite jedoch eine ganz andere Art (WENDT, 2000). Das natürliche Nahrungsangebot von Weißbüschelaffen besteht aus Früchten, Beeren, Nüssen, Insekten, Baumfröschen und sogar Kleinvögeln (WENDT, 2000). Weißbüschelaffen ernähren sich auch von Baumsäften aus Gummi- bzw. Kautschukbäumen (ROWE, 1996; WOLTERS und IMMELMANN, 1988). Nach ROWE (1996) ernähren sich Weißbüschelaffen sogar mehr als alle anderen Marmosetten von Baumsäften. Der Anteil von Baumsäften, bezogen auf die Gesamtfutteraufnahme, liegt bei Weißbüschelaffen bei 15 % (ROWE, 1996). Baumsäfte liefern den Krallenaffen hochwertige Kohlenhydrate und wichtige Mineralstoffe (WOLTERS und IMMELMANN, 1988). Aus diesem Grunde scheint das Angebot an nutzbaren Bäumen einen erheblichen Einfluß auf die Größe des Lebensraumes einzelner Gruppen zu haben, der bis zu fünf Hektar groß sein kann (WOLTERS und IMMELMANN, 1988). Laut ROWE (1996) muß der Lebensraum einer Gruppe mindestens 50 baumsaftproduzierende Gummibäume beinhalten, um die Gruppe zu ernähren. Die Weißbüschelaffen leben in Gruppen, die im Durchschnitt 8,9 (3-15) Mitglieder zählen (ROWE, 1996). Nach WOLTERS und IMMELMANN (1988) sieht man aber auch häufiger größere Gruppen von bis zu 13 Tieren. Die Sozialstruktur der Weißbüschelaffen is t variabel. So findet man sowohl Gruppen, in denen nur ein Weibchen und mehrere Männchen vorkommen, als auch ein Männchen und mehrere Weibchen, so wie die Kombination mehrere Weibchen mit mehreren Männchen (ROWE, 1996). Das Sexualverhalten bzw. die Fortpflanzung der Weißbüschelaffen hat eine

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16 Literaturübersicht

Besonderheit. So hat nur das ranghöchste Weibchen der Gruppe einen regelmäßigen Zyklus, bei dem auch ein Eisprung stattfindet. Es ist somit das einzige Weibchen in der Gruppe, welches sich fortpflanzen kann. Die Zyklen der rangniederen Weibchen werden durch einen noch nicht bekannten Mechanismus unterdrückt. In einer Studie wurde festgestellt, daß bei Entfernen des ranghöchsten Weibchens, kurze Zeit später ein regelmäßiger Zyklus bei dem Weibchen der Gruppe einsetzt, daß auf dem zweiten Rangplatz steht (WOLTERS und IMMELMANN, 1988). Weißbüschelaffen bekommen nach einer Tragezeit von 148 Tagen in aller Regel Zwillinge, es kommen aber auch Einlings- sowie Drillingsgeburten vor (ROWE, 1996). Weibchen erreichen ihre Geschlechtsreife mit ca. 12 Monaten, Männchen etwas später mit ca. 16,7 Monaten, wobei im Bezug auf die Geschlechtsreife sehr variable Angaben zu finden sind. Das Intervall zwischen zwei Geburten liegt im Durchschnitt bei fünf Monaten.

Die durchschnittliche Lebenserwartung von Weißbüschelaffen liegt bei 11,7 Jahren (ROWE, 1996). Studien an Tieren in Gefangenschaft liefern zudem folgende Ergebnisse: Der Östruszyklus eines Weibchens dauert 16,4 Tage. Das Zwischengeburtsintervall liegt hier bei sechs Monaten und die Weibchen ziehen ihren Nachwuchs zwischen kürzestenfalls 31 Tage n bis längstenfalls 90 Tage n nach der Geburt auf. Die Weibchen haben keine Menstruation und sind während ihres gesamten Zyklus paarungsbereit. Es gibt keine sonderlich auffälligen äußeren oder verhaltenstypischen Veränderungen während des Östrus. Die Weibchen besitzen keinen Laktationsanöstrus, was bedeutet, daß sie bereits kurz nach der Geburt wieder aufnehmen können.

2.1.3 Haltung in der Obhut des Menschen

Lange bevor man die Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus) als Versuchstiere für die Forschung entdeckte, wurden sie sowohl in ihrem Herkunftsland als auch im Ausland bereits häufig in Zoos und auch als private Haustiere gehalten (POTKAY, 1992). Die Benutzung von Weißbüschelaffen als Modell für biomedizinische Forschungen entwickelte sich hauptsächlich in den 70iger und Anfang der 80iger Jahre (HEARN, 1983). Von allen Callithrixspezies ist der Weißbüschelaffe derjenige, der sich am besten an die Bedingungen in Gefangenschaft anpassen kann. Daher ist der Weißbüschelaffe der am meisten in der

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Literaturübersicht 17

Forschung benutze Vertreter seiner Familie (RICHTER, 1984). Im Bereich der Haltung liegen zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen und umfangreiche Basisinformationen zu dieser Spezies vor (RICHTER, 1984).

Die Studien an Weißbüschelaffen in Gefangenschaft sind aus mehreren Gründen wichtig.

Zum einen hat die International Union for Conservation of Nature (IUCN) zwar nicht die Weißbüschelaffen als bedrohte Art aufgelistet, aber zwei andere Spezies der Gattung Callithrix, namentlich der Callithrix aurita (Weißohrseidenäffchen) und der Callithrix flaviceps (Gelbkopfbüscheläffchen). Damit kann der Weißbüschelaffe durchaus ein brauchbares Model für die Reproduktions- und Managementforschungen für seine bedrohten Verwandten darstellen (HERNANDEZ und GARCIA, 2001). Zum anderen vermehren sich Weißbüschelaffen schneller als andere Primaten und sind wegen ihrer kleinen Körpergröße gut als Familienverbände in Gefangenschaft zu halten (HEARN, 1983). Weiterhin ist der Kostenfaktor bei der Haltung geringer als bei anderen Primaten (WOLFE et al., 1975). Trotz seiner großen Anpassungsfähigkeit ist der Weißbüschelaffe sehr empfindlich hinsichtlich des Zuchterfolges. Aus diesem Grunde ist ein gutes Management in Gefangenschaft notwendig, damit eine gute Reproduktion und tiergerechte Entwicklung gesichert ist (MONTALI und BUSH, 1999).

Verschiedene Callithrixarten sind sehr gut als biomedizinische Modelle in verschiedene n Forschungsbereichen zu verwenden. Daher ist ihre Biologie bereits sehr gut bekannt (HERNANDEZ und GARCIA, 2001). Sie sind empfänglich für onkogenetische Virusinfektionen, infektiöse Hepatitisformen und andere virale Erkrankungen. Ebenso spielen sie eine große Rolle in der immunologischen Forschung (HERNANDEZ und GARCIA, 2001). Nach RICHTER (1984) werden Callithrichidae hauptsächlich in der humanen Hepatitisforschung eingesetzt, wobei es sich hierbei in der Regel um Saguinus spp. handelt.

Die Spezies Callithrix jacchus wird nach RICHTER (1984) in folge nden Forschungsgebieten benutzt: Krebsforschung und virale Onkologie, Verhaltensforschung und Ethologie, Haematologie und Immunologie, Physiologie und Reproduktion, Infektionskrankheiten, Dental- und Peridontalerkrankungen, Ernährung, Toxikologie und Teratologie, Sprachforschung und Metabolismusforschung. Nach HEARN (1983) gibt es allerdings auch

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18 Literaturübersicht

Forschungsbereiche, in denen Weißbüschelaffen wegen ihrer kleinen Körpergröße nicht so geeignet sind, so z. B. im Bereich der Pharmakologie und Toxikologie. Ironischerweise wurde der Weißbüschelaffe ursprünglich für diese Forschungsgebiete vorgesehen. HEARN (1983) nennt die Forschung im Bereich der Immunologie, Krebsforschung, Teratologie, Zahnerkrankungen und Neuroendokrinologie als die häufigsten Forschungsgebiete, in denen der Weißbüschelaffe genutzt wird.

Bezüglich der Haltung von Weißbüschelaffen in Gefangenschaft sind ein paar grundsätzliche Bedingungen einzuhalten. So zeigen die Weißbüschelaffen ein ausgeprägtes Territorialverhalten, weswegen es nicht empfehlenswert ist gleichgeschlechtliche adulte Tiere in einem Käfig zu beherbergen (RICHTER, 1984). Nach HEARN (1983) ist es deswegen das Günstigste, die Tiere paarweise zu halten. Die Käfiggröße ist selbstverständlich abhängig von der Affenart und ist bei den Weißbüschelaffen mit mindestens 60x60x60 cm festgelegt.

Unabhängig von der Spezies und Käfiggröße sollte ein Käfig mindestens eine oder mehrere Stangen und eine Nestbox enthalten. Der Käfig ist fluchtsicher zu konstruieren, die Lokalisation der Futtertöpfe sollte im oberen Bereich der Käfige angebracht sein. Es ist bewiesen, daß Weißbüschelaffen häufiger essen, wenn das Futter hoch und außerhalb des Käfigs lokalisiert ist, so daß sie durch die Gitterstäbe greifen müssen, um an das Futter zu gelangen, als am Boden innerhalb des Käfigs (RICHTER, 1984). Nach HEARN (1983) sollte zudem die Raumtemperatur zwischen 20 °C und 25 °C betragen und die relative Luftfeuchtigkeit bei 50 – 70 % liegen.

2.1.4 Krankheiten bei Weißbüschelaffen

Nach GATESMAN (1997) ist die Reaktion von Callithrichiden auf Krankheiten sehr an das Leben in freier Wildbahn angepaßt, was darin zum Ausdruck kommt, daß sie Symptome einer Krankheit erst dann zeigen, wenn es unvermeidlich ist. Für die Erkennung und Diagnose von Krankheiten in der Obhut des Menschen hat dies eine wesentliche Bedeutung, da anfängliche oder latente Krankheitsstadien nur schwer zu erkennen sind. Viele Krankheiten können deswegen einen subklinischen Verlauf haben, der entweder zur Genesung der Tiere, zu

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Literaturübersicht 19

chronischen Erkrankungen oder aber auch zum Tod führen kann. Der Erfolg der Krankheitsbehandlung hängt von mehren Faktoren ab. So ist die Kondition des Tieres und seine Fähigkeit sich selbst zu heilen ein wichtiger Faktor. Natürlich sind auch tierärztliche Behandlungserfolge von großer Bedeutung. Hierfür ist es unerläßlich, daß die Pfleger der Tiere diese genau beobachten, um auch geringste Unterschiede im Verhalten zu erkennen, die oftmals auch den Unterschied zwischen Gesundheit und Krankheit wiederspiegeln. Je früher eine Krankheit erkannt und behandelt wird, desto größer sind die Chancen eines Behandlungserfolges. Ein gutes Management ist deshalb unentbehrlich.

Die Empfänglichkeit von Callitrichiden für virale Krankheitserreger wird über serologische Tests und Virusisolation sowohl bei Tieren in Menschenhand als auch bei wildlebenden Tieren diagnostiziert. Die wichtigsten viralen Infektionserreger bei Weißbüschelaffen sind jedoch Herpes-, Pocken-, Influenza- und Parainfluenzaviren (POTKAY, 1992).

Callithrichiden sind empfänglich für verschiedene Herpesviren, die von anderen Neuweltaffen, Altweltaffen und Menschen sowohl auf natürlichem Wege als auch experimentell übertragen werden können (POTKAY, 1992). Als Beispiel hierfür steht das Herpesvirus saimiri, welches als latente Infektion bei Totenkopfäffchen (Saimiri sciureus) auftritt und zu den Gammaherpesviren gehört (SHOPE et al., 1973; HUNT et al., 1978). Für Marmosetten stellt es eine große Gefahr dar, da es bei ihnen maligne Lymphome auslösen kann (WOLFE und DEINHARDT, 1978; RABIN, 1971). Auch das humane Herpesvirus 4, auch Epstein-Barr-Virus (EBV) genannt, kann bei Marmosetten maligne Lymphome mit tödlichem Verlauf innerhalb von ein bis zwei Monaten auslösen (FELTON et al., 1984;

NEUBAUER et al., 1978; SHOPE et al., 1973). Nach MONTALI und BUSH (1999) zählen zwei weitere Herpesvirusinfektionen zu den häufigsten viralen Infektionskrankheiten bei Marmosetten und Tamarinen. Die Infektion mit dem Herpesvirus tamarinus (Herpesvirus T oder Herpesvirus plathyrrhinae) und Herpesvirus simplex (HSV-1 und HSV-2). Beide gehören zu den Alphaherpesviren und können akute Krankheiten hervorrufen, die durch orale und kutane Ulzerationen, Lethargie und den Tod der Tiere in einigen Tagen charakterisiert sind. Das Reservoir für Herpesvirus T bildet Saimiri sciureus, bei welchen die Infektion asymptomatisch verläuft. Eine Infektion mit Herpesvirus simplex löst bei Callithrichiden

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20 Literaturübersicht

einen fatalen Krankheitsverlauf aus, der tödlich endet (BRUNO et al., 1997; MÄTZ- RENSING et al., 2003). Deshalb sollten Menschen, die durch eine Herpesvirusinfektion offene Stellen an Lippen und Mund haben, und dadurch infektiös sind, auf jeden Fall den Kontakt zu diesen Tieren unterlassen. Latente Gammaherpesvirusinfektionen, zu denen, wie oben bereits erwähnt, das Herpesvirus saimiri der Totenkopfäffchen, das Herpesvirus ateles der Klammeraffen und das Epstein-Barr Virus (humanes Herpesvirus 4) des Menschen gehören, können bei Callithrichiden, experimentell induzierte, schwerwiegende Neoplasien hervorrufen. Das Callithrichiden Herpesvirus 3 zählt zu den erst kürzlich entdeckten Herpesviren bei Callithrichiden. Es gehört zu den Gammaherpesviren und wurde bei 16 Tieren einer Weißbüschelaffenkolonie im „Wisconsin Primate Center“ diagnostiziert.

Klinische Symptome der betroffenen Tiere waren Gewichtsverlust, Inappetenz, Diarrhoe und Neutrophilie. Pathohistologisch konnte eine lymphoproliferative Erkrankung vom B-Zell- Typ festgestellt werden. Die neoplastischen Zellinfiltrate zeigten sich in erster Linie in der Darmschleimhaut sowie in den Mesenteriallymphknoten, welche auch stark vergrößert wirkten. Dieses neue Gammaherpesvirus, welches möglicherweise mit einer Tumorentwicklung vergesellschaftet ist, könnte eine wichtige Auswirkung auf das Management von in Gefangenschaft gehaltenen Callithrichiden zur Folge haben, indem man z. B. infizierte Tiere schnell identifiziert und isoliert (RAMER et al., 2000).

Das Lymphocytäre Choriomeningitis Virus (LCMV) ist das klassische Arenavirus der Callithrichiden, auch bekannt unter dem Namen Callitrichid Hepatitis Virus (CHV), welches auf natürlichem Wege bei Weißbüschelaffen auftritt. Es ruft klinische Symptome angefangen von Lethargie, Anorexie, Adipsie, Dyspnoe und erhöhte Leberenzymwerte bis hin zu Ikterus hervor (ASPER et al., 2001). Diese Erkrankung weist einen extrem schnellen Krankheitsverlauf auf, wobei die Mortalitätsrate sehr hoch ist (LUCKE und BENNETT, 1982; RAMSAY et al., 1989; POTKAY, 1992). Eine Infektion mit LCMV kann in direkten Zusammenhang mit der Fütterung von infizierten Mäusen gebracht werden, die als Überträger dieser Zoonose anzusehen sind. Ein Ausbruch der Krankheit, verursacht durch die Fütterung von neonatalen Mäusen in amerikanischen Zoos während der 80er und 90er Jahre, wird beschrieben. Aus diesem Grunde ist die Nagerbekämpfung in direkter Umgebung der Tiere wichtig (MONTALI und BUSH, 1999). In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, daß

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Literaturübersicht 21

Weißbüschelaffen experimentell empfänglich für eine Hepatitis A Virusinfektion des Menschen sind (POTKAY, 1992). Als weitere häufige bzw. wichtige Virusinfektionen bei Weißbüschelaffen sind Infektionen mit Coronaviren und unter den Retroviren Infektionen mit dem Rous Sarcoma Virus zu nennen (POTKAY, 1992).

Als Beispiel für das Vorkommen von Pockenvirusinfektionen steht eine Epidemie in einer Weißbüschelaffenkolonie von 80 Tieren, die allerdings als seltener Einzelfall zu bewerten ist.

Die Krankheit trat drei Wochen nach Import der Tiere aus Paraguay auf und hielt für sechs Monate an (GOUGH et al., 1982). 36% der Tiere entwickelten im Zuge dieser Pockeninfektion kutane erythematöse Knötchen, welche sich vorwiegend im Bereich des Schwanzes, Scrotum und Abdomen zeigten. Im weiteren Verlauf zeigten sich innerhalb von 10 Tagen größere Knötchen mit Verschorfungen und haemorrhagischen Geschwüren, sowie Nekrosen. Zu diesem Zeitpunkt traten auch Geschwüre an den Handflächen und Fußsohlen auf. Die Dauer der klinischen Symptome reichte von vier bis zu sechs Wochen. Auftretende Todesfälle waren aber in aller Regel durch Begleiterkrankungen ausgelöst, wie z. B. Anämien und chronische Pankreatitiden. Bei diesem Krankheitsausbruch wurden intrazytoplasmatische Einschlußkörperchen elektronenmikroskopisch beobachtet, die den Pockenviren zugeordnet werden konnten. Allerdings war eine genaue Spezifizierung des Pockenstammes nicht möglich (GOUGH et al., 1982).

Influenzaviren gehören zu den Orthomyxoviridae und lösen bei Tamarinen und Marmosetten häufig Bronchopneumonien mit respiratorischen Symptomen aus. Die zwei wichtigsten Influenzavirusarten in Zusammenhang mit Marmosetten sind die Influenzavirustypen A2 und B (POTKAY, 1992).

Bei der Parainfluenzainfektion haben in erster Linie zwei Virustypen, zugehörig zu den Paramyxoviridae, Bedeutung bei Weißbüschelaffen. Zum einen ist hier das Parainfluenzavirus Typ 1(Sendai) und zum anderen das Paramyxovirus saguinus zu nennen (POTKAY, 1992). Auch Infektionen mit dem Morbillivirus, ebenfalls zugehörig den Paramyxoviridae und Erreger der Masern beim Menschen, wurden laut POTKAY (1992) schon bei Weißbüschelaffen in Menschenhand festgestellt, wobei die Krankheit hoch kontagiös ist und mit einer hohen Mortalität einhergeht. Eine Infektion mit dem

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Parainfluenzavirus Typ 1 (Sendai) wurde bei einer Zuchtkolonie von Weißbüschelaffen festgestellt. Klinische Symptome der Krankheit waren Schnellatmigkeit, Dyspnoe, Anorexie, gestörtes Allgemeinbefinden, Augen- und Nasenausfluß, gesträubtes Fell und Niesanfälle. Die häufigsten Krankheitsfälle traten bei Tieren im Alter zwischen einem und neun Jahren auf und zeigten einen selbstlimitierenden Verlauf. Infektionen und Krankheitsverläufe bei Tieren, die jünger als ein Jahr waren, verliefen oft schwerwiegender und waren durch extensive Pneumonien charakterisiert (FLECKNELL et al., 1983). Ein weiterer Ausbruch einer Parainfluenza, verursacht durch das Sendaivirus, wurde im Jahr 1986 beobachtet. Die erkrankten Tiere zeigten ähnliche Symptome wie oben genannt, histologisch zeigte sich vorwiegend eine interstitielle Pneumonie (SUTHERLAND et al., 1986). Eine Infektion mit Paramyxovirus saguinus geht mit einer hohen Mortalität einher. Betroffene Tiere zeigen Anorexie, Diarrhoe, Dehydrierung und sterben in aller Regel innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten der ersten klinischen Symptome. Eine haemorrhagische Enterocolitis unterschiedlicher Schweregrade bestimmt das Krankheitsbild, vergesellschaftet mit einer Verdünnung der Mukosa des Gastrointestinaltraktes und einer Vergrößerung der Milz und Mesenteriallymphknoten (FRASER et al., 1978).

Bakterielle Infektionen sind bei Callitrichiden in Gefangenschaftshaltung häufig. Einige davon tragen wesentlich zu Krankheit und Tod dieser Tiere bei. Über das Auftreten von bakteriellen Infektionen bei freilebenden Tieren ist noch sehr wenig bekannt (DEINHARDT et al., 1967; POTKAY, 1992).

Häufig findet man Infektionen mit Bordetella bronchiseptica. In einer Zuchtkolonie von Callithrix jacchus waren plötzliche Todesfälle bei Tieren im Alter von bis zu einem Jahr einer Infektion mit Bordetella bronchiseptica zuzuordnen. Die klinischen Symptome waren minimal und bestanden in erster Linie aus mukopurulentem Nasenausfluß und Fieber (POTKAY, 1992). Als weitere wichtige bakterielle Krankheitserreger dieser Spezies sind außerdem Klebsiella (v. a. Klebsiella pneumoniae), Salmonella und Shigella zu nennen (HUNT et al., 1978). 30 % einer Weißbüschelaffenzuchtkolonie in Brasilien erkrankten an einer Klebsielleninfektion (POTKAY, 1992). Klinische Symptome waren Diarrhoe und Hypothermie. Jüngere Tiere erkrankten auffällig häufiger als adulte. Eine Vielzahl von

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Salmonella spp. können Salmonellose bei Weißbüschelaffen auslösen. Klinisch äußert sich die Salmonellose mit Enterocolitis, makroskopisch charakterisiert durch haemorrhagische Veränderungen und Ödeme der Mukosa. Mikroskopische Veränderungen beinhalten fokale Nekrosen des Intestinaltraktes, manchmal auch der Leber und Milz (HUNT et al., 1978;

POTKAY, 1992). Es wird berichtet, daß eine Infektion mit Salmonella spp. häufig in Zusammenhang mit einer Shigelleninfektion auftritt, ebenfalls ein sehr wichtiger bakterieller Krankheitserreger bei Callithrichiden. Ein schwerwiegender Shigelloseausbruch in einer Marmosettenlaborkolonie von 50 Tieren, darunter auch Weißbüschelaffen, wird von COOPER und NEEDHAM (1976) beschrieben. Der Verlauf der Krankheit war perakut bis akut und wurde durch gestörtes Allgemeinbefinden, Lethargie, Anorexie, blutige Diarrhoe, Hypothermie und blasse Schleimhäute kurz vor dem Tod charakterisiert (COOPER und NEEDHAM, 1976; POTKAY, 1992). Für den Erreger des Rotlaufs beim Schwein, Erysipelothrix insidiosa oder auch Erysipelothrix rhusiopathiae genannt, sind auch Weißbüschelaffen empfänglich. BRACK und Mitarbeiter (1999) beschrieben in vier Fällen eine bakteriologisch bewiesene Infektion bei Weißbüschelaffe n mit diesem Bakterium. Die dominanten pathologischen Veränderungen waren hier Haemorrhagien im Bereich des Gastrointestinaltraktes, Hepatitis und Myocarditis. Der Krankheitsverlauf stellte sich als perakut heraus. Ein Behandlungserfolg mit Antibiotika war langfristig nicht erfolgreich. Ein Ende der Erkrankungsserie wurde erst erreicht, als man die Tiere mit einem Erysipelothrix insidiosa Impfstoff für Schweine impfte. Als weitere wichtige bakterielle Erkrankungen bei Krallenaffen sind nach MONTALI und BUSH (1999) noch folgende zu nennen:

Streptococcus zooepidemicus Septikämie, häufig verursacht durch Fütterung von rohem Fleisch, Yersinia pseudotuberculosis und Yersinia enterocolitica. Das natürliche Reservoir dieser beiden letztgenannten Erreger bilden Nage r und Vögel. Eine Infektion kann bei Callithrichiden häufig spontane Todesfälle auslösen. Pasteurelleninfektionen verursachen bei Callithrichiden Pneumonie, Hepatitis, Infektionen der Zähne und generelle Septikämien. Als ein Vertreter ist hier u. a. Pasteurella multocida zu nennen. Auch Vertreter der Familie der Enterobacteriacae, wie z. B. Citrobacter spp. , Enterobacter spp. und Escherichia spp. (v. a.

E. coli) dürfen an dieser Stelle als bedeutende bakterielle Infektionen nicht vergessen werden (POTKAY, 1992).

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Unter den durch Pilzinfektionen verursachten Krankheiten bei Weißbüschelaffen hat die systemische Mykose durch Candida spp. eine hervorstehende Bedeutung. Im Zusammenhang mit einer Candida spp. Infektion wurden Glossitis und Oesophagitis in einer Weißbüschelaffenkolonie in Gefangenschaft festgestellt (CHALMERS et al., 1983).

Klinische Symptome der Candidamykose in dieser Kolonie wurden nicht beschrieben. In anderen Fällen allerdings sind Candidainfektionen immer mit Geschwüren im Mundbereich, Oesophagus und Gastrointestinaltrakt vergesellschaftet (HUNT et al., 1978).

Nach GATESMAN (1997) ist eine der wichtigsten parasitären Erkrankungen die Giardiose, verursacht durch Giardia lamblia (KNIGHT, 1978). Dieser Parasit kommt hauptsächlich in Gegenden wärmeren Klimas vor. Die Giardiose stellt eine Zoonose dar (ANON, 1979). Giardien können schwere Enteritiden bei Callithrichiden verursachen, welche sehr schnell auch zum Tode der Tiere führen können. Es gibt aber auch Tiere, die nur Träger von Giardia lamblia sind und keine Symptome der Krankheit bzw. nur eine kurze Zeit leichte Diarrhoe zeigen. Als weitere erwähnenswerte parasitäre Erkrankungen bei Krallenaffen durch Protozoen zä hlen MONTALI und BUSH (1999) Toxoplasma gondii und Trypanosoma cruzi.

Die Toxoplasmose tritt bei Krallenaffen spontan auf und kann entweder eine enterische Form oder eine pulmonale Form ausbilden. Auch generalisierte Formen werden beschrieben (POTKAY, 1992). Eine Infektion mit Toxoplasma gondii kann einerseits durch Futter- und Käfigkontaminationen mit Katzenfäces oder aber durch Verfütterung von infizierten Mäusen geschehen. Eine Infektion mit Trypanosoma cruzi tritt in der Regel nur in tropischen Regionen auf und verläuft häufig subklinisch (MONTALI und BUSH, 1999).

Unter den Nematoden, die von Wirten wie Schaben und Käfern beherbergt werden, spielen für Krallenaffen Pterygodermatites nycticebi, Trichospirura leptosoma und Gongylonema pulchrum eine Rolle. Während ersterer hauptsächlich intestinale Probleme hervorruft, hat eine Infektion mit Trichospirura leptosoma eher Auswirkungen auf das Pankreas. Es wird vermutet, daß hier auch ein Zusammenhang mit dem Wasting Marmoset Syndrom besteht.

Eine Infektion mit Gongylonema pulchrum dagegen verursacht hauptsächlich Veränderungen im oralen Bereich. Häufig ist hierbei die Zunge betroffen. BRACK (1996) beschreibt einen Fall von Gongylonematiasis bei Weißbüschelaffen. Die Infektion ging von einem infizierten

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Weißbüschelaffenweibchen aus, welches in eine andere Kolonie verbracht wurde. In dieser Kolonie wurden weitere Weißbüschelaffen infiziert, wobei dies über infizierte Schaben geschah. Unter der Familie der Ancanthocephala spielt Prosthenorchis elegans die wichtigste Rolle bei Krallenaffen. Auch dieser Parasit wird in der Regel durch Schaben übertragen. Bei Krallenaffen führt diese Infektion durch die Penetration der Parasiten im Magen zu Peritonitiden und letztendlich zum Tod, wenn eine Behandlung ausbleibt. Hieraus ist ersichtlich, daß eine Parasitenbekämpfung in näherer Umgebung der Tiere eine entscheidende Rolle für die Gesundheit und Prophylaxe spielt (MONTALI und BUSH, 1999).

Unter den neoplastischen Krankheiten bei Weißbüschelaffen werden in erster Linie Plattenepithelkarzinome und maligne Lymphome erwähnt. Auch Leukämieformen als Todesursache bei Weißbüschelaffen werden beschrieben (POTKAY, 1992).

Ernährungsbedingte Krankheiten bzw. auch dadurch bedingte Todesfälle sind bei Callithrichiden nicht zu unterschätzen. Die wichtigsten ernährungsbedingten Krankheiten sind: Hypoglycämie, Avitaminosen von Vitamin C, Vitamin D, Vitamin E und Folsäuredefizit (POTKAY, 1992). Auch das Wasting Marmoset Syndrom wird von POTKAY (1992) unter ernährungsbedingten Krankheiten aufgeführt. Bei in Gefangenschaft gehaltenen Callithrichiden wird häufig von Hypoglycämie berichtet. Ein dazu führender Faktor ist mitunter die hohe Stoffwechselrate der Callithrichiden (CICMANEC, 1977). Frühe Zeichen von Hypoglycämie sind Muskelzittern und eine instabile Körperhaltung. Diese Frühzeichen von Hypoglycämie können relativ schnell durch sofortiges Füttern von Früchten behoben werden (CICMANEC, 1977). Ein Defizit an Vitamin C bei Weißbüschelaffen geht mit Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Rückgang der Aktivität, Gelenkschwellungen, geschwollenen Augenlidern und Schmerzhaftigkeit der Muskulatur einher. Es zeigen sich zudem petechiale Blutungen der Haut im Bereich des Gesichts, Abdomen und der Extremitäten (DREIZEN et al., 1969; LEVY et al., 1972). Erste klinische Symptome treten nach DREIZEN und Mitarbeiter (1969) innerhalb von zwei bis vier Monaten nach einem experimentell induzierten Vitamin C Defizit auf. Der Verlauf ist progressiv. Die Tiere sterben innerhalb von 92 bis 167 Tagen nach Beginn der Vitamin C losen Diät (DREIZEN et al., 1969). Die täglich erforderliche Vitamin C Menge bei adulten Weißbüschelaffen liegt bei 15

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mg/kg Körpergewicht, wobei gesagt werden muß, daß äußere Streßfaktoren, wie z. B. erhöhte Geräuschpegel, die Vitamin C Anforderungen des Körpers durchaus steigern können (FLURER und ZUCKER, 1989). Neuweltaffen benötigen Vitamin D3, welches die Calciumabsorption besser unterstützend beeinflußt als Vitamin D2, zur Erhaltung des normalen Knochenstoffwechsels (HUNT et al., 1967). Ein Defizit an Vitamin D3 bei Tieren, die sich noch im Wachstum befinden, löst in den meisten Fällen Rachitis, bei adulten Tieren Osteomalazie aus. Rachitis und Osteomalazie werden recht häufig bei Callithrichiden beobachtet. Klinische Symptome sind Lethargie, Inappetenz, Gewichtsverlust, Skelettdeformationen, Knochenbrüche bei adulten Tieren und Paralysen der Hintergliedmaßen (POTKAY, 1992). Der Tod der Tiere ist aber in vielen Fällen eher eine direkte Folge von Sekundärinfektionen, die z. B. Pneumonien verursachen (POTKAY, 1992).

Nach SUDA und Mitarbeiter (1986) beträgt die täglich notwendige Ration an Vitamin D3 bei Weißbüschelaffen 110 IE/100 g Körpergewicht. Eine Studie berichtet, daß mit der Gabe von 1000 IE Vitamin D3/Tag (nach elf Wochen reduziert auf 700 IE/Tag und am Ende auf 500 IE/Tag) Osteomalazie bei Weißbüschelaffen geheilt werden kann (HAMPTON et al., 1966).

Auch ein Mangel an Vitamin D3 wird im Zusammenhang mit WMS ätiologisch diskutiert.

Ein Mangel an Vitamin E führt bei Weißbüschelaffen in erster Linie zu einer haemolytische n Anämie mit Auftreten von Heinz- „Bodies“ oder Heinz-Körpern und Haemosiderose (POTKAY, 1992). Bei Tamarinen induziert Vitamin E Mangel z. B. Gewichtsverluste, ungepflegtes Fell, Anämie, Lethargie und Paralysen der Hintergliedmaßen mit Atrophie der lumbosacral und Hintergliedmaßenmuskulatur (POTKAY, 1992). Ein Mangel an Folsäure verursacht bei Weißbüschelaffen Anorexie, Gewichtsverlust, Alopezie, Mattigkeit, Diarrhoe, Ulzerationen der oralen und intestinalen Mukosa, Anämie, Leukopenie und Granulozytopenie, was in der Regel innerhalb von 59 bis 136 Tagen zum Tod der Tiere führt (LEVY et al., 1972).

Unter den Krankheiten spezifischer Organsysteme sind bei Weißbüschelaffen zudem noch Zahnerkrankungen, Colitiden (CHALIFOUX und BRONSON, 1981; SAINSBURY et al., 1987), Thyreoiditiden (LEVY et al., 1972) und mesangiale Nephropathien (BRACK, 1988) zu nennen. Auch der Diabetes mellitus ist nach GATESMAN (1997) ein wichtiges Krankheitsbild bei dieser Spezies, wobeider Diabetes mellitus Typ II besonders häufig ist.

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Meist ist der Blutinsulinspiegel normal, der Blutglycogenspiegel hingegen extrem hoch.

Weiterhin werden Hyperlipidämie und Glucosurie festgestellt. Hypoinsulinämie wird nur bei Tieren beobachtet, die sich bereits im Endstadium der Krankheit befinden. Diabetes mellitus Typ II kann z. B. durch ein Überangebot an Kohlenhydraten und Fetten im Futter oder auch durch ein Defizit an Spurenelementen, z. B. Chrom, ausgelöst werden. Diarrhoe, Colitiden und das Wasting Marmoset Syndrom treten in diesem Zusammenhang ebenfalls auf.

Die Feststellung von Diarrhoe und Colitiden bei Krallenaffen ist ebenfalls häufig. Sie können dabei im Zusammenhang mit WMS stehen, aber auch unabhängig davon auftreten. In manchen Fällen ist die Diarrhoe diätabhä ngig und kann bei einem zu hohen Futtergehalt an Früchten und Gemüse in der Ration oder bei selektiver Fütterung auftreten. Auch sozialer und/oder psychologischer Streß der Tiere kann Diarrhoe induzieren. Häufig sind die Ursachen für Diarrhoe bei Callithrichiden aber spezifische Infektionen, z. B. mit Erregern der Salmomellose, Shigellose und Yersiniose. Eine Infektion mit Campylobacter jejuni ist ebenfalls nicht selten bei Callithrichiden, aber nicht notwendigerweise mit dem klinischen Bild der Diarrhoe vergesellschaftet. Offensichtlich besteht ein Zusammenhang zwischen der Infektion mit Campylobacter jejuni und der „Inflammatory Bowl Disease“ (IBD) (MONTALI und BUSH, 1999). E. coli Infektionen führen häufig zu enterohaemorrhagischen Colitiden. Zu den wichtigsten viralen Enteritiserregern gehören vor allem Corona- und Adenoviren.

Colitiden und das Wasting Marmoset Syndrom scheinen wesentlich häufiger in Kolonien aufzutreten, bei denen die Tiere nicht in Familiengruppen gehalten werden. Das Wasting Marmoset Syndrom spielt eine immer bedeutendere Rolle als Ursache für hohe Morbiditäts- und Mortalitätsraten in Krallenaffenkolonien (MONTALI und BUSH, 1999).

2.2 Das Wasting Marmoset Syndrom (WMS)

Das Wasting Marmoset Syndrom (WMS), auch Marmoset Wasting Syndrom/Disease genannt, ist eine Krankheit, die hauptsächlich bei in Gefangenschaft gehaltenen Krallena ffen, vorwiegend der Spezies Callithrix jacchus, vorkommt, und ein großes Problem darstellt.

WMS wurde allerdings auch schon bei Saimiri sciureus (Totenkopfäffchen), Macaca mulatta

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(Rhesusaffe), Macaca fascicularis (Javaneraffe), Macaca speciosa (syn.: Macaca arctoides Bärenmakak), Papio sp. (Paviane), Erythrocebus patas (Husarenaffe) und Cercopithecus aethiops (Grüne Meerkatze) beobachtet (TRIBE, 1978). Das Wasting Marmoset Syndrom ist gekennzeichnet durch eine progressive klinische Verschlechterung des Allgemeinzustandes der Tiere (KING, 1976) und geht mit einer bis zu 60 % hohen Mortalität einher (SHIMWELL et al., 1979; CHALIFOUX et al., 1982; RICHTER, 1984; BEGLINGER et al., 1988;

BARNARD et al., 1988; CROOK, 1989). Der Tod tritt in der Regel 3 bis 4 Wochen nach Auftreten der ersten Symptome auf (BRACK und ROTHE, 1980; KING, 1976). Es gibt allerdings auch Fälle, bei denen die Tiere die Krankheit überleben. Die Besserung tritt bei diesen Tieren nach einem ca. 10-wöchigen Krankheitsverlauf ein. Bei dieser Beobachtung handelte es sich allerdings nicht um Weißbüschelaffen, sondern um Schnurrbarttamarine (Saguinus mystax) (POLESHCHUK et al., 1988). Eine einheitliche Definition dieses Krankheitsbildes aufgrund der vorhandenen Literaturangaben ist schwierig, da kein uniformes Krankheitsbild beschrieben ist (POTKAY, 1992) und Angaben zur Ätiologie fehlen (TRIBE, 1978; KING, 1976). Im Folgenden werden bestimmte klinische Krankheitsbilder und pathologische Befunde aufgezählt, die alle in Zusammenhang mit WMS gebracht werden.

2.2.1 Klinische Veränderungen

Das Krankheitsbild des Wasting Marmoset Syndroms zeichnet sich in erster Linie durch starken Gewichtsverlust bei gleichbleibender, guter Futteraufnahme aus (TRIBE, 1978;

SHIMWELL et al., 1979; BRACK und ROTHE, 1980; MURGATROYD und CHALMERS, 1980; MORIN, 1983; RICHTER, 1984; BEGLINGER et al., 1988; CROOK, 1989; PFISTER et al., 1990; POTKAY, 1992; SAINSBURY et al., 1992; LOGAN und KHAN, 1996), wobei die Tiere bis zu 50 % ihres Körpergewichtes verlieren können (CHALIFOUX et al., 1982).

Nach BRACK und ROTHE (1980) sowie LOGAN und KHAN (1996) beginnt der Gewichtsverlust allmählich während der ersten 4 Wochen und steigert sich in den letzten 5-7 Tagen drastisch. Als Folge kann es zu einem fast vollständigen Schwund des subkutanen Fettgewebes kommen (POLESHCHUK et al., 1988). Eine einzelne Beobachtung weist darauf hin, daß der Gewichtsverlust nur Tiere betrifft, die das Alter von 4 Monaten überschreiten (TUCKER, 1984). Bei juvenilen Tieren bzw. bei Jungtieren, die sich in der Phase unmittelbar

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Literaturübersicht 29

nach dem Absetzen von den Elterntieren befinden, kann man anstelle des Gewichtsverlustes eher Wachstumsstörungen und schlechte Gewichtszunahmen dokumentieren (SHIMWELL et al., 1979; LEWIS et al., 1987; LOGAN und KHAN, 1996; KING et al., 1976). Bis auf einen Einzelfall (LEWIS et al., 1987) wird im Allgemeinen keine Anorexie beobachtet.

Ein weiterer klinischer Gesichtspunkt, der sehr häufig im Zusammenhang mit einem WMS genannt wird, ist die Atrophie der Muskulatur, vorwiegend der Skelettmuskulatur (TRIBE, 1978; MURGATROYD und CHALMERS, 1980; MORIN, 1983; RICHTER, 1984;

BARNARD et al., 1988; POTKAY, 1992; SAINSBURY et al., 1992; LOGAN und KHAN, 1996). Dies betrifft besonders den Bereich über dem Becken und an den Schenkeln (TRIBE, 1978). Bedingt dadurch zeigen die Tiere eine Dysfunktion v. a. im Bereich der Beinbeweglichkeit, wobei die Streckung der Gliedmaßen schwer fällt, insbesondere wenn längere Liegephasen vorausgehen (TRIBE, 1978). Eine genauere Untersuchung dieser Skelettmuskelatrophie ergab nach MURGATROYD und CHALMERS (1980), daß es sich hauptsächlich um Typ-II Skelettmuskelfasern handelt. Es wurden ebenfalls Skelettmuskelnekrosen und - fibrosen beobachtet (RICHTER, 1984). Die Bewegungsstörungen der betroffenen Tiere können sich bis zur vollständigen Paralyse entwickeln (BRACK und ROTHE, 1980; RICHTER, 1984; BEGLINGER et al., 1988;

POTKAY, 1992). Laut BRACK und ROTHE (1980) geschieht dies bereits 1 Woche nach Auftreten erster Symptome. Hierbei ist auffällig, daß in der Regel nur die Hintergliedmaßen betroffen sind (BRACK und ROTHE, 1980; RICHTER, 1984; BEGLINGER et al., 1988;

POTKAY, 1992), wobei das Schmerzempfinden der betroffenen Gliedmaße erhalten bleibt (BRACK und ROTHE, 1980), die Reflexe jedoch abnormal sind (SAINSBURY et al., 1992).

Die Tiere haben Koordinationsstörungen, sind schwach, wirken inaktiv und verbleiben die meiste Zeit auf dem Boden des Käfigs (KING, 1976; BEGLINGER et al., 1988).

Auch hinsichtlich der Knochenbeschaffenheit können bei Tieren mit Wasting Marmoset Syndrom Veränderungen auftreten. Die Knochen wirken weich und dünn, wobei diese Veränderung besonders an den Schädelknochen postmortal erkennbar sind (MURGATROYD und CHALMERS, 1980). Auch anhand radiologischer Untersuchungen können solche metabolischen Knochenveränderungen dokumentiert werden, wobei sich v. a.

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Cortikalisverdünnungen, Erosionen und grobe Trabekel zeigen (SAINSBURY et al., 1992).

Wahrscheinlich sind weit aus mehr Fälle mit metabolischen Knochenerkrankungen anzunehmen, denn nicht alle betroffenen Tiere werden radiologisch untersucht. Außerdem liegt ein eindeutiger radiologischer Befund erst dann vor, wenn ein Verlust von mindestens 40 % des Knochenmaterials vorliegt. Somit zeigen viele Tiere mit einer metabolischen Knochenerkrankung im Anfangsstadium keine oder nur leichte radiologische Veränderungen (SAINSBURY et al., 1992).

Fellveränderungen sind ebenfalls ein hä ufiger Befund bei Tieren mit WMS. Das Fell wirkt naß bzw. fettig (SHIMWELL et al., 1979; MORIN, 1983; POLESHCHUK et al., 1988;

POTKAY, 1992). Dadurch wirken die Tiere ungepflegt und kränklich (KING, 1976;

SAINSBURY et al., 1992; LOGAN und KHAN, 1996). Teilweise leiden sie unter Alopezie, welche einen weiteren Hauptbefund im Zusammenhang mit WMS darstellt (KING, 1976;

SHIMWELL et al., 1979; MURGATROYD und CHALMERS, 1980; MORIN, 1983;

RICHTER, 1984; POTKAY, 1992; LOGAN und KHAN, 1996). Besonders auffällig ist, daß die haarlosen Stellen in aller Regel am Schwanz und/oder an der Schwanzbasis der Tiere lokalisiert sind (KING, 1976). Nach POLESHCHUK (1988) finden sich haarlose Stellen zusätzlich am Kopf und im Nackenbereich. An diesen Stellen können sich im weiteren Verlauf trockene Ulzera bilden.

Im Zusammenhang mit dem WMS wird sehr häufig eine chronische (MORIN, 1983;

BARNARD et al., 1988; POTKAY, 1992; PRITZKER und KESSLER, 1998) oder intermittierende (TRIBE, 1978; POLESHCHUK et al., 1988; SAINSBURY et al., 1992) Diarrhoe festgestellt. Der Kot dieser Tiere ist in der Regel von gelber Farbe und schaumiger Konsistenz (BRACK und ROTHE, 1980). Laut KING (1976) wirkt der Kot teilweise fettig.

Diarrhoe wird häufig, aber nicht immer, bei Tieren mit WMS festgestellt. Einzelne Studien zeigen, daß das WMS auch ohne chronische Enteritis oder Diarrhoe auftreten kann (TUCKER, 1984).

Weitere klinische Anzeichen, die im Zusammenhang mit WMS genannt werden, sind z. B.

schwache Lautäußerung (RICHTER, 1984), hochgradig aufgeblähtes Abdomen bzw.

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abdominale Tympanie (SAINSBURY et al., 1992; LOGAN und KHAN, 1996) und Stagnation der Reproduktion (BARNARD et al., 1988). Laut BRACK und ROTHE (1980) handelt es sich nicht um eine Seuche. Es fällt allerdings auf, daß bevorzugt Alpha-Weibchen erkranken.

In den meisten Fällen zeigen die Tiere altersunabhängig anämische Erscheinungen in Form von blassen Schleimhäuten (LOGAN und KHAN, 1996), die sich haematologisch bestätigen lassen (BRACK und ROTHE, 1980; CHALIFOUX et al., 1982; MORIN, 1983;

BEGLINGER et al., 1988; POTKAY, 1992; JOHNSON et al., 1996). Nach PRITZKER und KESSLER (1998) handelt es sich dabei um eine haemolytische Anämie, die laut TRIBE (1978) mit einer Eisenspeicherung v. a. in der Milz einhergeht. In der Regel zeigen sich Anzeichen einer normochrom/normocytären oder normochrom/makrozytären Anämie (RICHTER, 1984; LOGAN und KHAN, 1996). Das Wasting Marmoset Syndrom kann aber auch ohne anämische Veränderungen auftreten (TUCKER, 1984; BARNARD et al., 1988).

Ein besonderer haematologischer Befund erkrankter Tiere ist die hohe Inzidenz von Einschlußkörperchen in den Erythrozyten, sogenannte Heinz- Bodies (SHIMWELL et al., 1979; MURGATROYD und CHALMERS, 1980; RICHTER, 1984; SAINSBURY et al., 1992; LOGAN und KHAN, 1996). Teilweise werden in diesem Zusammenhang auch morphologische Abnormitäten der Erythrozyten festgestellt (SAINSBURY et al., 1992).

Heinz-Bodies werden im finalen Stadium von oxidativer Denaturierung von Haemoglobin gebildet und sind somit ein Indikator für das Zugrundegehen von Erythrozyten, ausgelöst durch freie Radikale (SAINSBURY et al., 1992). Die Erniedrigung des Hb und der Erythrozytenzahl wird durch die haematologische Untersuchung bestätigt (BEGLINGER et al., 1988). Weitere haematologische Untersuchungen im Rahmen des Wasting Marmoset Syndroms ergeben, daß häufig eine Hypoproteinämie vorliegt, wobei es sich in erster Linie um eine Hypoalbuminämie handelt (RICHTER, 1984; POTKAY, 1992; LOGAN und KHAN, 1996). Eine Hypoalbuminämie wird laut POTKAY (1992) hauptsächlich bei juvenilen bzw.

gerade entwöhnten Tieren festgestellt, während SAINSBURY und Mitarbeiter (1992) eher einen Zusammenhang von Hypoalbuminämie und Tieren mit Hinterhandschwäche, ungeachtet des Alters, sehen. Die Hypoalbuminämie kann mit einer Proteinurie vergesellschaftet sein (SHIMWELL et al., 1979). Durch die Hypoalbuminämie werden in

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vielen Fällen Ödembildungen verursacht, die sich hauptsächlich auf den cervicalen und/oder thorakalen Bereich beschränken (RICHTER, 1984).

Weiterhin auffällig ist, daß bei Tieren mit einer WMS-Symptomatik sehr häufig eine Erhöhung der Serumaspartat-Aminotransferase (AST oder GOT) festgestellt werden kann (SHIMWELL et al., 1979; BEGLINGER et al., 1988; POTKAY, 1992; LOGAN und KHAN, 1996), wobei nach POTKAY (1992) diese Veränderung hauptsächlich nur bei juvenilen Tieren beobachtet wird. Befunde anderer zeigen auch eine Erhöhung der Alkalischen Phosphatase (AP) (BEGLINGER et al., 1988; SAINSBURY et al., 1992) im Zusammenhang mit einer WMS-Erkrankung. Genaue Probandenzahlen liegen dabei nicht vor, dennoch wird erwähnt, daß es sich um eine der häufigsten Blutveränderungen bei Tieren mit WMS handelt.

LOGAN und KHAN (1996) untersuchten zwei Tiere mit WMS, wobei bei beiden eine starke Erhöhung der AP festgestellt wird. Teilweise werden Perioden mit akuter Hypoglycämie (Blutglukose bei 40mg/dl) mit Hypothermie (Körpertemperatur unter 30°C) beobachtet, wobei die Tiere klinisch häufig durch Schocksymptomatik auffallen (RICHTER, 1984).

Vereinzelt wird im Zusammenhang mit einem WMS von einer Erhöhung des Harnstoffs, Thrombozytose, Erhöhung der Retikulozyten, Neutrophilie mit vielen unreifen Zellen, Lymphozytose und Erhöhung des Fibrinogens berichtet (BEGLINGER et al., 1988;

SAINSBURY et al., 1992; LOGAN und KHAN, 1996). Bei Tieren mit Hinterhandschwäche ist auch eine Hypocalcämie zu beobachten (SAINSBURY et al., 1992). LOGAN und KHAN (1996) berichten zudem noch über erythroide Hyperplasie, Nachweis von Howell- Jolli Körperchen, Polychromasie und Poikilozytose. Veränderungen im weißen Blutbild sind nicht zu verzeichnen.

Im Rahmen der WMS-Untersuchung werden in einzelnen Arbeiten ebenfalls Urinuntersuchungen durchgeführt. BEGLINGER und Mitarbeiter (1988) weisen bei 9,3 % der Tiere eine Glucosurie nach, bei 42 % werden Ketonkörper im Urin nachgewiesen und bei 56,9 % der Tiere zeigt sich eine Proteinurie. Bei 20 % der Tiere beobachten sie auch Blut im Urin.

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2.2.2 Ätiologie

Eine monokausale Ätiologie ist nicht beschrieben. Wahrscheinlich handelt es sich um eine multifaktorielle Erkrank ung (SAINSBURY et al., 1992).

Eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Entstehung von einem WMS scheint die Ernährung zu spielen. So wird vermutet, daß ein Proteindefizit Auslöser der Krankheit ist (BRACK und ROTHE, 1980; TUCKER, 1984; BARNARD et al., 1988; BEGLINGER et al., 1988; PRITZKER und KESSLER, 1998; SAINSBURY et al., 1992). Dementsprechend wird eine proteinreiche Diät zur Vorbeugung von einem WMS empfohlen (POTKAY, 1992;

SAINSBURY et al., 1992). Auch Mangelzustände von Vitamin E (PRITZKER und KESSLER, 1998), Vitamin B-Komplex (SHIMWELL et al., 1979), Vitamin C (KING, 1976) und essentielle Fettsäuren bzw. Fett-Malabsorption (KING, 1976) oder generelle Malnutrition/Malabsorption (LOGAN und KHAN, 1996) werden in diesem Zusammenhang diskutiert. Nic ht nur Mangelsituationen, sondern auch Hypervitaminosen, v. a. von D3 sollen nach KING (1976) ein Auslöser sein.

Parasitäre Darmbesiedlung beschreiben PFISTER und Mitarbeiter (1990), sowie BEGLINGER und Mitarbeiter (1988). Bei 52 % der untersuchten Tiere finden sie Nematodeneier im Kot, die dem Parasit Trichospirura leptosoma zugeordnet werden konnten.

Neben Infektionen mit Trichospirura leptosoma wird eine ursächliche Mitbeteiligung anderer Parasiten an der Entstehung des Wasting Marmoset Syndroms diskutiert (CHALIFOUX et al., 1982; BEGLINGER et al., 1988; POTKAY, 1992; SAINSBURY et al., 1992; LOGAN und KHAN, 1996; PRITZKER und KESSLER, 1998).

Eine ebenso wichtige Rolle scheinen äußere Faktoren, wie z. B. Traumata oder Streß als Auslöser der Krankheit zu spielen. So wird WMS häufig bei Alpha-Weibchen während der Trächtigkeit oder nach der Geburt festgestellt (POLESHCHUK et al., 1988). Auch Streß mit dem Käfigpartner oder durch „Mobbing“ ausgelöste selektive Nahrungsaufnahme werden als Auslöser diskutiert (TRIBE, 1978; POLESHCHUK et al., 1988). Nach TRIBE (1978) soll auch der haltungsbedingte Bewegungsmangel oder der Mangel an Spielgelegenheiten einen

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34 Literaturübersicht

der auslösenden Faktoren darstellen.

Im Zusammenhang mit dem Auftreten von Diarrhoe wurde auch die fäkale Mikroflora untersucht. Das aerobe Keimspektrum ist bei Tieren mit und ohne einem WMS annähernd gleich. Im Gegensatz dazu findet man große Veränderungen und Unterschiede, wenn man die anaerobe Mikroflora von erkrankten und gesunden Tieren vergleicht. Hier fä llt vor allen Dingen der drastische Abfall von Lactobacillen in der fäkalen Mikroflora bei Tieren auf, die an einem WMS erkrankten (LEWIS et al., 1987; POTKAY, 1992). Ebenso auffällig ist der starke Anstieg an Fäulnis-Organismen, wie z. B. Clostridien und Bacteroides fusobacteria, und an nicht Lactose fermentierenden Enterobakterien, wie z. B Proteus, Pseudomonas aeruginosa und Alcaligenes faecalis (LEWIS et al., 1987; POTKAY, 1992). LEWIS und Mitarbeiter (1987) zeige n eine bestimmte Reihenfolge der Keimbesiedelung. So ist als erstes eine Vermehrung von Bacteroides und ein gleichzeitiger Abfall von Lactobacillen ca. 2-3 Wochen nach Auftreten erster Symptome zu verzeichnen. Bei Tieren, die eine Besserung des allgemeinen Gesundheitszustandes zeigen, kann ein Abfall von Bacteroides verzeichnet werden. Nach einem Monat nehmen Fusobacterien und Clostridien wieder ab und der Lactobacillengehalt normalisiert sich (LEWIS et al., 1987). Die Veränderungen der fäkalen bzw. intestinalen Mikroflora können nach BEGLINGER und Mitarbeiter (1988) und LOGAN und KHAN (1996) mit ein Grund zur Entstehung von dem WMS sein, wobei nicht sicher ist, ob es sich nicht um ein sekundäres Geschehen ha ndelt (SAINSBURY et al., 1992).

Bei Tieren mit einem Lymphosarkom werden von SAINSBURY und Mitarbeiter (1992) postmortal regelmäßig Infektionen mit Klebsiella pneumoniae nachgewiesen.

Auch bei der häufig diagnostizierten chronischen Colitis, zum Teil vergesellschaftet mit gastrointestinalen Läsionen, bleibt die Frage, ob es sich hierbei um das Primärgeschehen handelt, welches nachfolgende Krankheitssymptome wie Mangelsituationen und Malabsoprtion auslöst (CHALIFOUX et al., 1982; SAINSBURY et al., 1992; LOGAN und KHAN, 1996) oder ob es sich hierbei um ein sekundäres Geschehen handelt. Ähnlich stellt sich auch die Frage bei Pankreasdysfunktionen, Diabetes (KING, 1976), chronischen tubulointerstitiellen Nephritiden (SAINSBURY et al., 1992) und chronischer Thyreoiditis

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Literaturübersicht 35

vom Hashimoto-Typ (LEVY et al., 1972).

Einige Autoren bringen das Wasting Marmoset Syndrom bzw. bestimmte pathologische Veränderungen im Rahmen dieser Erkrankung mit speziellen Infektionen in Verbindung. So sind laut CHALIFOUX und Mitarbeiter (1982) fokale Colonnekrosen im Zusammenhang mit einer Amöbeninfektion zu sehen. Bei einem Teil der Tiere, die an einem WMS erkrankten, war eine Infektion mit Paramyxoviren nachgewiesen worden (CHALIFOUX et al., 1982).

Auch Acanthocephalideninfektionen (Postenorchis elegans) oder durch Klebsiella pneumoniae verursachte Septikämien werden diskutiert (CHALIFOUX et al., 1982). Im Zusammenhang mit Läsionen im Bereich des Mundes und im Hautbereich der Beine ist vereinzelt Candida albicans nachgewiesen worden (TRIBE, 1978).

Auch scheint eine genetische Disposition von erheblicher Bedeutung zu sein (KING, 1976;

TRIBE, 1978).

2.2.3 Therapie

Da bei dem Wasting Marmoset Syndrom keine monokausale Ätiologie bekannt ist, ist es auch nicht möglich eine einheitliche Therapie für dieses Krankheitssyndrom zu erstellen. Vielmehr steht hier die symptomatische Beha ndlung des Krankheitsbildes neben einer Stärkung der Kondition der betroffenen Tiere im Vordergrund. In einigen Fällen ist zumindest die Mitbeteiligung auslösender Faktoren zu erkennen, gegen die behandelt werden kann. Auch gibt es im Zusammenhang mit einem WMS in vielen Fällen ein relativ einheitliches Bild der pathologischen Veränderungen, die Grundlage einer Therapie sein können. Im Folgenden werden mögliche Therapiemaßnahmen dargelegt, die anhand unterschiedlicher Versuche zur Heilung dieses Krankheitskomplexes dokumentiert wurden.

In einer Studie wurde davon ausgegangen, daß der Proteinanteil im Futter ein wesentlicher pathogenetischer Faktor des WMS ist. Daher wurde der Proteinanteil im Futter auf 25-30 % erhöht (BRACK und ROTHE, 1980). Bestätigend für die „Proteinthese“ ist auch ein Bericht

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36 Literaturübersicht

darüber, dass eine Proteinerhöhung im Futter und eine Verfütterung von Hüttenkäse das klinische Bild des Wasting Marmoset Syndroms in einer Kolonie von Saguinus mystax zwar nicht heilte, aber wesentlich verbesserte (POLESHCHUK et al., 1988). RICHTER (1984) berichtet, daß das Wasting Marmoset Syndrom durch Verabreichung von Nahrungsergänzungsmitteln, die hauptsächlich Vitamin E, Selen, Zink und Kupfer enthalten, verhindert werden kann. Bei einer Studie über einer Gruppe von Saguinus mystax, die zwar nicht am Vollbild eines WMS erkrankt waren, allerdings die typischen Alopeziestellen an der Schwanzbasis aufwiesen, wurde eine erfolgreiche Therapie mit der Gabe von Zink im Futter erreicht. Die Anteile an Zink im Futter wurden zunächst mit 20 ppm festgelegt, dann erhöht auf 40 ppm und letztendlich nochmals erhöht auf 80 ppm. . Diese Therapie führte dazu, daß sich das Fell an den besagten Stellen wieder neu bildete (CHADWICK et al., 1979).

In einer Kolonie von Lisztaffen (Saguinus oedipus) war das WMS vor allem durch das Auftreten chronischer Colitiden gekennzeichnet. In dieser Studie wurde die Symptomatik der Colitis dadurch therapiert, daß den Tieren eine Umgebung angeboten wurde, die dem natürlichen Habitat der Tiere entspricht (WOOD et al., 2000). Bei der Therapie des Wasting Marmoset Syndroms ist besonders die Aufmerksamkeit darauf zu richten, daß die Körpertemperatur der Tiere wiederhergestellt wird, und daß der Blutglucosespiegel, der bei diesen Tieren oft unter 40mg/dl liegt, seinen Normalwert wieder erreicht (RICHTER, 1984).

Nach SAINSBURY und Mitarbeiter (1992) ist eine Langzeitbehandlung des WMS meist nicht erfolgreich. Die symptomatische Behandlung brachte aber in einigen Fällen Besserung, auch wenn sie nicht dauerhaft anhielt. Im Einzelnen werden folgende Therapieansätze vorgeschlagen:

Wenn das Tier eine Neutrophilie, Linksverschiebung und/oder erhöhte Fibrinogenwerte im Blut aufweist, ist der Einsatz von Breitspektrumantibiotika hilfreich. Wird ein Wert an Heinz- Bodies über 20 % in den Erythrozyten festgestellt, bzw. liegen deformierte Erythrozyten vor, hilft die Zufütterung von Vitamin E und Selen. Orale Eisengaben sind dann induziert, wenn die mittlere Haemoglobinkonzentration des einzelnen Erythrozyten (MCHC) unter dem Normalwert liegt. Auch orale Calciumgaben und Vitamin D3 helfen im Falle einer erhöhten

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Literaturübersicht 37

Alkalischen Phosphatase (AP) und/oder Hypocalcämie, welche Zeichen von metabolischen Knochenveränderungen sein können. Bei niedrigen Gesamteiweißwerten ist, wie oben bereits erwähnt, eine Erhöhung der Proteine im Futter angezeigt. Zeigen die Tiere zudem noch Diarrhoe wird die Verabreichung von Kaolin, Elektrolyten, Charcoal und Loperamide empfohlen. Trotz Behandlung kehren die klinischen Symptome häufig zurück, wenn die Therapie eingestellt wird. Zu den Faktoren, die WMS auslösen sollen, wird auch ein Mangel an essentiellen Aminosäuren diskutiert. TRIBE (1978) schlägt daher eine Erhöhung von Lactobacillen im Futter vor, um den Anteil an essentiellen Aminosäuren zu erhöhen.

Im Deutschen Primatenzentrum wird die Therapie des WMS bei Krallenaffen (Callithrix jacchus) hauptsächlich symptomatisch durchgeführt (RENSING 2002, persönliche Mitteilung). Dazu gehört v. a. die Gabe von Antibiotika (Baytril ® bzw. Enrofloxacin oder Duphamox ® bzw. Amoxicillin: 2.5-5mg/kg). Hat das Tier Durchfall, so wird mit Kaolin, Paramunitätsinducern (z. B. Baypamun ®) alle 2 Tage, Amynin, Eisen oral, Vitamin E- und Selengaben therapiert. Zudem wird der Anteil des tierischen Eiweißes im Futter erhöht, wobei generell eine proteinreichere Fütterung durchgeführt wird. Versuche, die Tiere unter Langzeitneuroleptika bzw. Valium zu setzen, brachte ebenso wenig Erfolg wie die Gabe von Prednisolon. Der Säure-Base-Haushalt der Tiere wird kontrolliert und bei Bedarf ausgeglichen. Bei Vorliegen definierter bakterieller oder parasitärer Infektionen wird entsprechend behandelt. Der Calciumgehalt im Futter wird kontrolliert. Eine zusätzliche Rotlichttherapie der betroffenen Tiere unterstützt den Heilungsverlauf. Behandelt wird in der Regel, wenn die adulten Tiere ein Gewicht von weniger als 260g aufweisen.

2.2.4 Pathologie

Die makroskopischen Sektionsbefunde, die bei Tieren mit WMS erhoben werden, entsprechen zum größten Teil den klinischen Befunden. So steht die in der Sektion erkennbare reduzierte Muskelmasse und zum Teil massiver Schwund des Körperfettes in Relation mit dem Leitsymptom des drastischen Gewichtsverlust bei gleichbleibend guter Futteraufnahme (RICHTER, 1984; LO GAN und KHAN, 1996).

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38 Literaturübersicht

Ergebnisse der histologischen Untersuchung der Organe von an einem WMS erkrankten Tieren beschreiben ebenfalls sehr häufige Parallelen. Einer der histologischen Hauptbefunde ist die chronische Colitis (CHALIFOUX et al., 1982; TUCKER, 1984; RICHTER, 1984;

SAINSBURY et al., 1992; LOGAN und KHAN, 1996). Es werden Kryptenabszesse (CHALIFOUX et al., 1982; LOGAN und KHAN, 1996), Epithelzellatypien, Karyorrhexis, lymphoide Hyperplasie, mononukleäre und polymorphnukleäre Infiltrationen der Lamina propria, Ulzera mit Wandnekrosen und Untergang der Becherzellen in diesem Zusammenhang beschrieben. Laut SAINSBURY und Mitarbeiter (1992) tritt eine chronische Colitis oft im Zusammenhang mit Knochenerkrankungen oder dem klinischen Bild der Hinterhandschwäche oder Diarrhoe auf. In manchen Fällen ist die Entzündung nicht nur auf das Colon beschränkt, sondern betrifft den gesamten Darmtrakt (SAINSBURY et al., 1992).

Ein weiterer histologischer Hauptbefund ist die häufig festgestellte Nephritis (BRACK und ROTHE, 1980; TUCKER, 1984; SAINSBURY et al., 1992). Nach BRACK und ROTHE (1980) handelt es sich hierbei hauptsächlich um chronische Tubulonephritiden mit Interstitiumbeteiligung.

Pathologische Veränderungen des Pankreas werden ebenfalls bei Tieren mit WMS festgestellt. So wird von fortgeschrittenen Pankreatitiden, Pankreasfibrosen und Zymogengranulaverlust des sekretorischen Pankreas berichtet (BRACK und ROTHE, 1980).

Tiere, bei denen eine Infektion mit Trichospirura leptosoma nachgewiesen wird, zeigen eine akute bis chronische periduktale Entzündung mit parenchymalen Nekrosen des exokrinen Pankreas, chronische Pankreatitis mit Fibrosen, Parenchymatrophie und Gangproliferationen.

Adulte Würmer befanden sich dabei in den großen Gängen, Eier wurden eher in den kleinen Pankreasgängen gefunden (BEGLINGER et al., 1988).

Weitere histologische Veränderungen, die im Zusammenhang mit dem WMS beschrieben werden, reichen von Fettnekrosen (RICHTER, 1984), Skelettmuskeldegenerationen (MURGATROYD und CHALMERS, 1984) bis hin zu chronischen Thyreoiditiden, die bis zu 50 % der Tiere betreffen können (BRACK und ROTHE, 1980; TUCKER, 1984). Auch alimentäre Neoplasien, z. B. Lymphosarkome werden beobachtet, die sich häufig in Kombination mit Diarrhoe zeigen (SAINSBURY et al., 1992). Zu dem erwähnten

Referenzen

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