SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 13/00 289 PETERRUSTERHOLZ UNDALFREDHUSISTEIN,
EIDGENÖSSISCHEFORSCHUNGSANSTALTWÄDENSWIL
D
ie unbehaarten Minikiwis gehören zu den Actini- diaceae, einer grossen, über Ostasien (China, Ja- pan, Korea) verteilten Pflanzenfamilie. Viele der un- behaarten Minikiwi-Sorten werden den Arten Actini- dia arguta und Actinidia kolomikta zugeteilt. Sie sind nahe verwandt mit der bekannten behaarten Ki- wi, der Actinidia deliciosa.Robuste Schlingpflanze
Minikiwis gedeihen gut in gemässigtem Klima, sie sind damit weniger anspruchsvoll als die gewöhnli- che Kiwi. Ungünstig sind Südlagen oder Böden mit hohem pH (Chlorose). Im Sommer benötigen Mini- kiwis viel Wasser, sie sind aber empfindlich gegen- über Staunässe. Minikiwis sind deutlich robuster gegenüber Winterkälte als die gewöhnlichen Kiwis.
OBSTBAU – BESONDERE ARTEN
Gemäss Literatur über- stehen sie Temperatu- ren bis –30 °C schadlos.
Im Frühjahr können allerdings Spätfröste zu Schäden führen.
Die Minikiwis haben einen schlingenden Wuchs, ähnlich wie die gewöhnlichen Kiwis.
Sie wachsen allerdings schwächer und ihre Triebe sind feiner und verzweigen häufiger.
Wie bei den behaarten Kiwis kann Wind auch bei Minikiwis zu Reib- schäden und Trieb- bruch führen. Weil die Blätter der Minikiwis aber kleiner und die Triebe weniger zer- brechlich sind, ist das Problem bei Minikiwis geringer.
Minikiwis – Aroma in Grün
Sie schmecken herrlich, die kleinen, unbehaarten Minikiwis. Sie sind frosthärter als die be- kannten, behaarten Kiwis, sie können direkt ab Pflanze gegessen werden und müssen dazu nicht geschält werden. Im Anbau bieten sie aber einige Herausforderungen: Die Pflanzen neigen zu Alternanz und die Ernte der kleinen Früchte ist aufwändig. In der Schweiz wird an der Eidgenössischen Forschungsanstalt Wädenswil und in einigen privaten Anlagen mit der neuen Obstart experimentiert.
Abb. 2: Die meisten Sorten haben zwittrig erscheinende Blüten, sind aber selbstunfrucht- bar und auf männliche Befruchtersorten angewiesen.
Abb. 1: Einzelfruchternte ist extrem arbeitsaufwändig, es wird deshalb oft ästchenweise geerntet.
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Im Herkunftsgebiet gibt es einige Krankheiten und Schädlinge. In der Schweiz war bis anhin kein Pflan- zenschutz notwendig. Minikiwis können vermehrt werden über Stecklinge, Mikrovermehrung, Vered- lung und natürlich auch über Samen, dann sind sie allerdings nicht mehr sortenecht.
Anbau und Erziehung
Es sind verschiedene Erziehungssysteme möglich, auf jeden Fall ist die Schlingpflanze auf ein Traggerüst an- gewiesen. Meistens werden Minikiwis an einem T-Bal- kengerüst erzogen (Abb. 3: Minikiwi-T-Balken-Ge- rüst). Das Traggerüst für die Schlingpflanze soll stark konstruiert sein. Wie die gewöhnlichen Kiwis sind auch Minikiwis ungeeignet für den Anbau an einer Hauswand als Spalier. Minikiwis können gut dazu ver- wendet werden, die Gartenpergola zu überwachsen.
In den T-Balken-Anlagen werden Pflanzdistanzen von 5 ҂2,5–3 m gewählt. Die Pflanzung erfolgt mit Topf- pflanzen ab Mai bis August. Der Boden um die Pflan- ze wird unbegrünt gehalten, um Nährstoffkonkur- renz zu vermeiden und die Mäuse besser unter Kon- trolle zu halten.
Nach der Pflanzung eines Minikiwi erfolgt die Auf- bauphase: Im 1. Jahr soll sich ein kräftiges Stämm- chen bilden. Wenn das Stämmchen im ersten Jahr die T-Balkenhöhe nicht erreicht, wird es nochmals zu- rückgeschnitten, damit es sich im nächsten Jahr kräf- tiger entwickelt. Damit verzögert sich der Aufbau um ein Jahr. Im 2. Jahr wachsen aus dem Stämmchen kräftige Langtriebe. Diese Triebe werden während der Vegetation sternförmig über das T-Balken-Gerüst oder die Pergola verteilt. Vier dieser Langtriebe wer- den fixiert und vor dem Austrieb im 3. Jahr auf 1–1,5 m Länge eingekürzt. In diesem dritten Jahr sind die ersten Früchte zu erwarten. Die Früchte ent- wickeln sich entweder an den ersten 20 cm eines OBSTBAU – BESONDERE ARTEN
Frucht- und Ertragseigenschaften von Minikiwi-Sorten am Standort Wädenswil
Sorte Fruchtgewicht, Aussehen Geschmack Ertrag
Kiwino 10 –18 g, flachzylindrisch, süss-aromatisch, gut
regelmässig hellgrün, attraktivste mit leichter Säure der geprüften Minikiwis
Ambrosia 10 –14 g, flachzylindrisch, süss-aromatisch, gut
regelmässig, hellgrün mit leichter Säure,
z.T. etwas säuerliche Haut
Weiki 4 –10 g, länglich-kugelig, hellgrün, süss-aromatisch, mit Säure sehr gut
meist mit braunroter Deckfarbe
Polygama 5 – 9 g, z.T. etwas ungleich in Grösse, süss-aromatisch mit leicht gut
flachkugelig, grün-hellgrün, säuerlicher Haut, z.T. mit rötlichbrauner Deckfarbe z.T. etwas ungleich in Reife
A. arguta 74–55 4,5 –7,5 g, flachkugelig, gegen Kelch süss-aromatisch mittel
verjüngt, grün-hellgrün, mit etwas etwas säuerliche Haut,
rötlichbrauner Deckfarbe nicht sehr saftig
Geneva verte 4 – 6 g, kugelig bis länglichkugelig, süss-aromatisch, mit merklich sehr gut
gegen Kelch verjüngt, hellgrün, säuerlicher Haut mit etwas rötlichbrauner Deckfarbe
Kiwai rouge 4 – 5 g, länglichkugelig, rostbraun-rot mässig aromatisch, saure Haut, mittel Fleisch rötlich und weisslich,
mässige Qualität
Issai 2,5 – 4,5 g, ungleich in Grösse, mässig aromatisch, z.T. etwas mittel
gedrückt kugelig, grün mit feinen saure Haut und wenig saftig weissen Punkten
Abb. 3: Minikiwi: Sternförmige Verteilung der Langtriebe über das T-Balken-Gerüst.
Abb. 4: Verjüngung der Minikiwi-Pflanze nach Ertrag.
Zeichnungen:
Fritz Fankhauser, FAW
SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 13/00 291 wachsenden Langtriebes oder am Ende von Kurztrie-
ben. Nur Triebe, die aus letztjährigem Holz wachsen, können Früchte tragen; Triebe, die direkt aus älterem Holz wachsen, sind im ersten Jahr unfruchtbar.
In den Folgejahren wird die Pflanze regelmässig verjüngt (Abb. 4). Wichtig dabei sind die einjährigen Langtriebe, denn beim Schnitt werden nur solche ein- jährigen Langtriebe belassen. Sie werden jährlich auf etwa einen Meter eingekürzt. Überzähliges Holz wird so nah wie möglich beim Stamm weggeschnitten, aber ausserhalb des sternförmigen Ansatzes. Es dür- fen nicht zu viele Langtriebe belassen werden, weil die Pflanze sonst zu dicht und der Fruchtansatz zu gross werden kann. Dies würde die Qualität vermin- dern und die Alternanz verstärken.
Ab dem fünften bis sechsten Jahr ist ein Vollertrag zu erwarten. Geschnitten wird jeweils im Frühjahr, vor dem Austrieb.
Sorten und Befruchter
Zwischen den in Wädenswil geprüften Sorten von unbehaarten Minikiwis zeigten sich bei den Früchten beachtliche Unterschiede in Grösse, Form und Farbe (Tabelle). Die grössten Früchte brachte die Sorte Ki- wino mit 10 bis 18 g Gewicht. Kleinfruchtige Sorten wie Geneva verte, Kiwai rouge und Issai dürften für die Ernte zu aufwändig sein. Die Fruchtformen der Sorten variieren von kugelig über eiförmig, ellipsoid bis zylindrisch. Bezüglich Farben wird grob unter- schieden zwischen grünen und roten Sorten. Bei den so genannt «roten» Sorten handelt es sich allerdings eher um Sorten mit mehr oder weniger rotbrauner bis rostbrauner Deckfarbe auf grüner Grundfarbe. Al- lein anhand der Fruchtgrösse wird das Sortiment in den nächsten Jahren stark gelichtet werden.
Aufgeschnitten sehen die Minikiwis ähnlich aus wie ihre grossen, behaarten Verwandten: Meist grü- nes, weiches, saftiges Fruchtfleisch mit zahlreichen, kleinen, dunklen Kernen. Das Fleisch ist ausgespro- chen aromatisch, süss und mehr oder weniger säuer- lich. Minikiwis sind reich an Vitaminen und Mineral- stoffen. Sie wirken verdauungsfördernd.
Die meisten Sorten haben zwittrig erscheinende Blüten, sind aber selbstunfruchtbar und auf männli- che Befruchtersorten angewiesen. Eine männliche Befruchterpflanze zum Beispiel der Sorte Nostino ge- nügt bei geschickter Anordnung für acht weibliche Pflanzen. Für eine gute Befruchtung ist die Anwesen- heit von Bienen und/oder Hummeln notwendig.
Ernte und Ertrag
In Wädenswil reifen die Minikiwis, je nach Jahr und Sorte, zwischen Mitte September und Mitte Oktober.
Die Früchte reifen etwas folgeartig, aber sie vermö- gen nach der Ernte in nützlicher Frist nachzureifen.
Je nach Sorte kann der Ertrag pro Pflanze 10 bis 30 kg Früchte erreichen. Das entspricht Erträgen von 1 bis 3 kg pro Quadratmeter. Wegen der ausgeprägten Alternanzneigung der Minikiwis vor allem in jungen Jahren, folgen auf Jahre mit hohen Erträgen oft voll- ständige Ausfalljahre, was die Durchschnittserträge
entsprechend reduziert. Wie die Alternanz gebro- chen werden kann, wird zur Zeit geprüft.
Früchte müssen mit der Schere von der Pflanze ge- schnitten werden, einzeln oder ästchenweise. Bei Einzelfruchternte verletzen sich die weichen Früchte in der Schale gegenseitig leicht an den holzigen Stie- len. Einzelfruchternte ist zudem extrem handarbeits- aufwändig. Es wird deshalb vermehrt ästchenweise geerntet. Minikiwis werden (auch ästchenweise) in kleinen Schalen verkauft (250 g). Der Preis sollte et- wa im Bereich von Himbeeren liegen können.
Verwendung und Lagerung
Die grünen oder rotbraunen Minikiwis sehen wohl nicht so attraktiv aus wie ihre grossen behaarten Ver- wandten; wer die kleinen, glattschaligen Früchte aber einmal gekostet hat, lernt sie leicht schätzen. Mi- nikiwis können wie Erdbeeren frisch und ungeschält direkt ab Pflanze gegessen werden. Minikiwis wer- den zu Müesli oder Desserts beigegeben, aber auch Verarbeitung ist möglich, beispielsweise zu Konfitüre oder Kompott. Minikiwis wurden schon getrocknet, in Deutschland wurde auch ein akzeptabler Wein her- stellt. Im Gegensatz zu behaarten Kiwis geben Mini- kiwis fruchttypische Brände. Reif geerntet sind die Früchte im Kühlschrank während zwei Wochen halt- bar; knapp reif geerntet können die Früchte bei 0 °C während knapp zwei Monaten gelagert werden.
Anbaueignung
Minikiwi, die Schlingpflanze mit der aromatischen Frucht, eignet sich für Liebhaber im Hausgarten und für Direktvermarkter in kleinem Rahmen zur Ange- botserweiterung.
OBSTBAU – BESONDERE ARTEN
Abb. 5: Grösse, Form und Farben der Früchte variieren stark, je nach Sorte.
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Literatur
Stoll K. und Gremminger K.: Besondere Obstarten. Ulmer Verlag, Stuttgart, 1986.
Tellenbach André: Le Kiwai. Persönliche Notizen, Rolle, 1991.
Tellenbach André: Actinidia Report 1996, Rolle, 1996.
OBSTBAU – BESONDERE ARTEN
Les minikiwis – un arôme à vous rendre verts d’envie
Les minikiwis à la peau lisse ont un goût délicieux. Ils résistent mieux au gel que les kiwis velus déjà connus et on peut les pico- rer directement de la plante, sans les peler. Mais leur culture pré- sente quelques défis: les plantes tendent à alterner et la récolte des petits fruits est laborieuse. En Suisse, la nouvelle variété de fruits fait l’objet de cultures expérimentales à la Station fédérale de re- cherches à Wädenswil (FAW) et dans quelques installations pri- vées.
Concernant la grosseur des fruits, c’est le kiwino, un minikiwi cultivé à la FAW, qui est sorti vainqueur de la comparaison des va- riétés. La plante grimpante avec les fruits aromatiques convient pour la culture dans les jardins de particuliers et, dans un cadre restreint, pour les exploitants professionnels vendant directement au consommateur, à titre d’élargissement de l’assortiment. Les pieds de kiwino sont disponibles en quantités encore limitées à l’adresse suivante: Rhein-Baumschulen, Churerstrase, 9470 Buchs.
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ÉSUMÉKiwino – die Minikiwi-Sorte der FAW
Herkunft
Sämling der Minikiwi-ArtActinidia arguta.Zirka 1980 an der Eidge- nössischen Forschungsanstalt Wädenswil (FAW) durch Obergärtner Max Steck ausgesät.
Frucht
10 bis 18 g. Langzylindrische Fruchtform (3–4 cm lang), im Quer- schnitt flachrund. Grüne, glatte, unbehaarte Haut, kann deshalb un- geschält gegessen werden. Das Fruchtfleisch ist grün, saftig, mit an- genehmem Kiwiaroma. Mit dunklen Samen und hellem Zentral- zylinder. Stiel 2 bis 3 cm lang, verholzend.
Reife und Lagerung
Reift Ende September bis Anfang Oktober, etwas folgeartig. Knapp reif geerntete Früchte reifen nach. Früchte sind ab Pflanze essbar.
Im Kühlschrank zwei bis drei Wochen haltbar, knapp reif geerntet, bei 0 °C und hoher relativer Feuchtigkeit, knapp zwei Monate la- gerbar.
Verwendung
Die Früchte werden wie Erdbeeren frisch und ungeschält genossen oder beigegeben zu Müesli und Desserts. Auch Verarbeitung ist mög- lich, beispielsweise zu Konfitüre und Kompott.
Gesundheitlicher Wert
Reich an Vitaminen und Mineralstoffen, verdauungsfördernd.
Pflanze
Wächst mittelstark, schlingend. Ist auf ein Traggerüst angewiesen, auch zur Begrünung von Gartenpergolas geeignet. Pflanz- distanz im Hausgarten beträgt 2,5 bis 3 m. Geschnitten wird im Frühjahr, vor dem Austrieb. Benötigt männliche Befruchter- pflanze. Robust gegenüber Winterfrost; es besteht eine gewisse Spätfrostgefahr. Bis anhin keine Krankheiten und Schädlinge.
Anbaueignung
Schlingpflanze mit aromatischer Frucht, für Liebhaber im Hausgarten und für Direktvermarkter in kleinem Rahmen zur An- gebotserweiterung.
Pflanzen von Kiwinosind, vorerst in begrenzter Menge, erhältlich bei Rhein-Baumschulen, Churerstrasse 42, 9470 Buchs.
Kiwino ging in der Minikiwi-Prüfung der FAW als grösste und attraktivste Sorte hervor.