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Archiv "Unklare Konzentrationsangaben der Hersteller: Potentiell toxische Schwermetalle als Therapeutikum in der Homöopathie" (13.09.1996)

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D

ie Anwendung von potentiell giftigen Schwermetallen zu therapeutischen Zwecken hat in der Homöopathie eine alte Tradition. Vorhaltungen der To- xikologie wurden dabei immer mit dem Hinweis auf die „Verdünnun- gen“ abgetan, in denen diese Metalle zur Anwendung kommen. Zugegebe- nermaßen ist das auch richtig; selten wird ein Metall zum Beispiel parente- ral zu Injektionen empfohlen, das stärker als D6 bis D8 konzentriert ist.

Zumeist handelt es sich um Verdün- nungen von D10 bis D20.

Man darf sich fragen, woher dann die Aufregung bei den „Allopathen“

kommt, die sich mit der speziellen Therapierichtung der Homöopathie von Zeit zu Zeit befassen?

Aktuelle Angaben nicht korrekt

Ich fürchte, daß hier schlicht die Unkenntnis der Sachverhalte maß- geblich ist. Dafür haben aber die homöopathischen Ärzte selbst ein gerütteltes Maß an Verantwortung.

Selbst ein soweit informierter Arzt, der weiß, daß das „D“ für die Dezi- malverdünnung steht, das heißt Ver- dünnung in Zehnerschritten, kommt über die Feststellung nicht hinaus, daß D6 eben eine Konzentration von eins zu einer Million und dementspre- chend 1 zu 100 Millionen (D8) bedeu- tet, also extrem verdünnt ist.

Nur, wer kennt eigentlich die Konzentration der legendären Ur- tinktur, aus der dann die Verdünnung hergestellt wurde?

Dementsprechend ist man auch soweit nicht in der Lage auszurech- nen, wieviel eines potentiell giftigen Schwermetalls in einer Injektionslö- sung oder auch in einer Tablette vor- handen ist.

Zumeist wird die Verdünnung, besser gesagt die Verschüttelung, nach Maßgabe der

homöopathischen Arzneibücher her- gestellt und gleich zu Beginn zumeist mit Ethanol (etwa 40 Prozent) auf D2, das heißt 100fach verdünnt.

Mit dieser Urtinktur wird dann die weitere Verdünnung, bes-

ser eben Verschüttelung, vorgenom- men. Unsere jahrelangen Bemühun- gen, die Homöopathen oder die Her- steller ihrer Arzneimittel zu dem Zu- geständnis zu bewegen, eine metri- sche Inhaltsangabe in Gramm pro Vo- lumen in den Beipackzetteln oder als Aufdruck auf den einzelnen Arznei- mittelpackungen anzubringen, waren bislang vergeblich. Die Leser dieser Zeilen sollen sich doch bitte einmal der Mühe unterziehen, beispielsweise den Inhalt von Arsen, Blei oder Quecksilber in den entsprechenden homöopathischen Arzneimitteln auf- grund der Angaben der homöopathi- schen Arzneibücher wenigstens über- schlagsweise zu berechnen. Sie wer- den schnell die Finger davon lassen, weil einem nicht nur das homöopathi- sche Arzneibuch zur Verfügung ste- hen muß, sondern die mittlerweile

nach meiner Rechnung immerhin vier Ergänzungsbände.

Selbst dann wird sich ein erfahre- ner Arzt schwertun, beispielsweise die Endkonzentration im Arzneistoff von Mercurius cyantus nachzuvollziehen.

Das ist deshalb nicht leicht, weil die Ur- tinktur gar nicht im homöopathischen Arzneibuch aufgeführt ist und auch in den mir vorliegenden Ergän- zungsbänden nicht ge- funden werden kann.

Ich wurde erst fündig in einem homöopa- thischen Repetitorium (Anonymus, 1977), bin aber selbst mit diesen Angaben nicht zu Ran- de gekommen, die Endkonzentration im Arzneistoff wenigstens überschlags- weise zu berechnen.

Wir sollten hier allerdings fest- halten, daß einige Hersteller homöo- pathischer Arzneistoffe die Injekti- onslösungen nur in Konzentrationen abgeben, die nach menschlichem Er- messen weit unterhalb einer gefährli- chen Konzentration sind. Diese sind nämlich nach den Arzneimittelher- stellungsverfahren der Homöopathen erstellt und enthalten Konzentratio- nen von D6 bis D8 der Urtinktur.

Mögliche Orientierung

Woran soll nun aber die Gefähr- lichkeit einer Metallkonzentration abgeschätzt werden? Dort schlage ich die Orientierung an der Trinkwasser- gesetzgebung vor.

A-2318 (54) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 37, 13. September 1996

M E D I Z I N KOMMENTAR

Unklare Konzentrationsangaben der Hersteller

Potentiell toxische Schwermetalle als Therapeutikum in der Homöopathie

Wolfgang Forth

Die Homöopathie sollte sich dazu entschließen, die Inhaltsan- gabe der therapeutisch genutzten Prinzipien auf den Präpara- ten zu deklarieren. Dann würde sich die Diskussion darüber, ob manche Präparate gesundheitliche Schäden mit sich bringen können, schnell erledigen. Die in der Homöopathie beispiels-

weise angewendeten Schwermetalle wie Blei, Quecksilber oder auch das Metalloid Arsen klingen zwar gefährlich, sind aber in der Regel, hält man sich an die empfohlene Dosierung, mit keiner größeren Belastung verbunden als derjenigen, die man mit dem Gebrauch von Trinkwasser auf sich nehmen muß.

Grenzkonzentationen einiger toxischer Elemente im Trink- wasser in g/m3 (entspricht mg/l)

Arsen 0,040*)

Blei 0,040

Quecksilber 0,0010

*) soll in der EU auf 0,010 abgesenkt werden

(2)

A-2319

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 37, 13. September 1996 (55) Der tägliche Wasserverbrauch ei-

nes Erwachsenen wird auf etwa zwei Liter geschätzt. Die in der Trinkwas- serverordnung festgeschriebenen Grenzkonzentrationen für gefährli- che Metalle (Textkasten)sind an die- sem Wasserverbrauch orientiert. So lassen sich die ungefährlichen Tages- dosen überschlagen. An diesen Anga- ben muß sich dann die Tagesdosis ei- nes Metalls, das im Bereich der Homöopathie therapeutisch verwen- det wird, messen lassen. Oder soll sich der Verfasser so verschätzt haben, daß unsere homöopathischen Kollegen auch mit „toxischen“ Dosen operie- ren? Für diesen Fall muß sich die Homöopathie dann der Toxokologie unterwerfen, die mit guten Gründen eine Reihe von metallhaltigen Phar- maka schon vor Jahrzehnten aus dem Arzneischatz der Allopathen entfernt hat. Ganz zum Schluß soll noch der Hinweis auf MeditonsinR H erfolgen, das Mercurius cyanatus D8 enthält.

Dabei muß man wissen, daß in dieser Verdünnung von 1 : 100 Millionen 40 g in 100 g Fertigarznei MeditonsinRH enthalten ist: wahrhaftig selbst bei Unkenntnis der Konzentration der Urtinktur kein Anlaß zur Aufregung.

Ich würde dieses Arzneimittel aber auch nicht täglich jahraus, jahrein ein- nehmen wollen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1996; 93: A-2318–2319 [Heft 37]

Literatur

1.Anonymus: Homöopathisches Repetitori- um Deutsche Homöopathie-Union; Dort- mund. 1977

2. Anonymus: Homöopathisches Arzneibuch, 1. Ausgabe mit den Nachträgen 1-4. Deut- scher Apotheker Verlag, Stuttgart und Govi, Frankfurt/Main, 1978

3.Anonymus: Trinkwasserverordnung der FRG (1986). Grenzwerte aus: Grenzwerte und Richtwerte für die Umweltmedien Luft, Wasser und Boden. Landesanstalt für Um- weltschutz; Karlsruhe, 1989

4. Anonymus: Proposal for a council directive concerning the quality of water intended for human consumption (Com 94, 612 final - 95/0010, SYN) En, 30.05.1959 NO C 131/5

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Wolfgang Forth Vorstand des Walther-Straub-Instituts für Pharmakologie und Toxikologie Ludwig-Maximilians-Universität Nußbaumstraße 26

80336 München

KOMMENTAR/BERICHTIGUNG

Die in dem Artikel „Der Verbrennungsunfall“ in Heft 27/96 von Dr. med. Hans Lempke et al. übermittelte Karte war unvollständig. Sie zeigte den nicht mehr aktuellen Stand der Verteilung von Betten für Schwerbrandverletzte in den alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland.

Wir bitten dieses Versehen zu entschuldigen. Der aktuelle Betten- stand (Januar 1996) kann aus der hier abgebildeten Grafik entnommen

werden. MWR

Lübeck Hamburg

4 2

3 2

Hannover

Hamm 4 Gelsenkirchen 4

Mainz 2 Essen 2

Kassel 2 Aachen 6

Koblenz 2

Riesa 2 Erfurt 2

Stuttgart 2

Nürnberg 8 Offenbach

9 Dortmund 4 Bochum 8 3 Duisburg 6

Mannheim 2

Tübingen 4 - 5 Ludwigshafen 8

Freiburg

2 Murnau

4 München 8 8 Halle

2 5 Leipzig 4 2

Berlin 4 2

Dresden 2 2 Gera

1 1 Köln 10 4

5 2

Erwachsenenbetten Kinderbetten

Stand: Januar 1996

Der Verbrennungsunfall

Eine andere Form des Polytraumas?

Referenzen

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