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Uber die sogenannten aseptischen renalen Pyurien.

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Aus der chirurgischen Klinik der Universit/it Bonn. (Direktor:

Geheimrat Prof. Dr. G a r r ~.)

Uber die sogenannten aseptischen renalen Pyurien.

Von Priv.-Doz. Dr. W. Peters, Assistcnzarzt der Klinik.

Die sogenannten abakteriellen .oder aseptischen renalen Py- urien, d. h. s.olche Krankheitsbilder, in denen Eiter im Nieren- harn angetmffen wird, ohne dab irgendwelche Bakterien im Urin nachgewiesen werden k.onnten, haben verh/iltnism/i/3ig wenig Be- achtung in der Literatur gefunden. Das gilt b,es.o.nders v,on der deutschen Literatur, Mihrend die n orctischen Chirurgen, wi.e R o v s i n g , R u n e b e r g , S 6 , d e r l a n d u. a., sich des 6ft,eren damit befal3t haben. Es ist 1/ingst bekannt, dab gew~sse reizende chemische St.o.ffe, wie Cantharidin, Terpentin, Serif61, die Ursache v.on abakteriellen Pyel, onephritiden geben k6nn.en; ich selbst habe mich hiervon im Tierexperiment mehrfach iib,erzeugt, ebenso wie durch Schwermetalle, wie Silb,er, Jo.dsilber, Bismut usw. Nieren- sch/idigungen insbesondere ein desquamativer Katarrh verursacht wer,den kann.

Aber .die Eiterbildung war nach meinen Versuchen nut eine geringe, hielt auch nicht so. lange an, kurzum es ist kein aus- gesprochenes Krankheits b i l d , sondern gewissermagen nur ein voriibergehendes Krankheits s y m p t,o m. Ebenso wissen wir be- felts seit den Untersuchungen A 1 b a r r a n s, dab der Urin beim Vorhandensein v,on Nierensteinen Eiter enthalten kann, eben- falls ohne d a b Bakterien nachgewiesen werden k6nnen, also ohne dab eine Infekfion, bedingt durch' den Stein, stattgefurMen haben muB. Aber auch hier ist die Eiterung meist eine geringe, wech- selnde und das mikroskopische Bild diirfte immer reichlich Gry- throcyten, bei und nach dem Anfall sicher sogar in dominierender Anzahl zeigen.

Man hat nun solche F~ille ~on aseptischen Eiterungen auf

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Ober die sogenannten aseptischen renalen Pyurien. 343 verschiedene Weise zu erkl/iren versucht. Bereits im Jahre 188o wies R o v s i n g auf den h/iufigen Zusammenhang der scheinbar abakteriellen Pyurie mit der Tuber'kulose hin u n d e r will in solchen E/illen bei der Einseitigkeit des Leidens .operativ immer v,orgehen, auch ,,wenn trotz aller Miihen und Anwendung der besten Metho- den Tub.erkelbazillen nicht nachgewiesen werden konnten".

R a f i n ./iugerte sich im Jahre I912 5Jmlich und S u t e r glaub,t sich zu der Behauptung berechtigt, dab es keine Affektion gibt, die den gleichen Befund geb.en k6nnte auger der Tuberkulose.

Ist dieser Satz in seiner Allgemeinheit giiltig ? Diese Frage hat eine ganz entschied.en praktische Bedeutung; denn halten wir eine solche renale Pyurie fiir Tub,erkul,ose, so zwingt uns die Dia- gnose zur Nephrektomie, wenn die Begleitumst/inde, insbesondere der Zustand der zweiten Niere es erlaube.n; stimmt der Satz aber nicht , und wit handeln trotzdem dartach in der Annahme seiner Richtigkeit, dann diirfte 6fret, als es ohne weit,eres scheinen mSchte, ein Patient einer versttimmelnden Operation unterworfen worden sein .ohne direkt zwingenden Grund. Alle diese Erw/igun- gen sind Grund genug, bei vorhandenem Material der Sache in klinischem und experimentelle,m Studium nachzugehen.

Was zun/ichst den Nachweis von Tuberkelbazillen im Urin angeht, s.o schwanken die StatistJken darin recht erhe]~lich. Und das ist klar; ein VergIeich ist in dem Punkte zwecklos. Denn das Vorhandensein, selbst bei manifester Genitaltuberkulose, ist yon s.o viel Zuf/illigkeiten und einer Reihe yon ander.en Umst/inden abhS_ngig.

In den letzten 62 F/illen, yon denen in unserer Klinik auf Grund der klinischen Diagnose von Nierentuberkulose eine Exstir- pation einer Niere vorgen,ommen wur.de, konnte in 29 Fiillen Tuberkelbazillen im Ges.amturin, II mal im gesondert aufgefan- genen Urin nachgewiesen werden. In dem Rest der F~ille wurde die Diagnose dann durch den autoptischen Befund an der exstir- pierten Niere vollauf b,est~itigt.

Nun aber kamen in den letzten Jahren noch 15 F/ille zur Be.obachtung, w,o die A6ologie und der Charakter der renalen Pyurie nicht klar gestellt werden k.onnte, F/ille, in denen mit Sicherheit eine renale Pyurie, eine Pyelitis bzw. Pyelon.ephritis vorlag, aber weder gewShnliche Bakterien noch Tuberkelba.zillen

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nachgewiesen werden konnten und auch das kliniscbe Bild keine sichere Entscheidung zuli.eB.

Von diesen F./illen wurden ro k,onservativ behandelt, in 5 F~illen waren beide Nierenbecken erkrankt, in 5 F/illen nur e i n e Seite. In einem Falle handelte es sich wohl um eine post- gonorrhoische Erkrank'ung. In 2 F/illen wurde der Tierversuch gemacht, beide Male mit negativem Resultat, trotzdem in beiden FS.llen die Ureterenzystoskopie mit Sicherheit ergeben hatte, dab beide Nieren funkti,onierten. Damit ist zweifellos dem Tierversuch eine erh6hte Bedeutung zuzusprechen und eine wichtige Fehler- quelle ausgeschaltet. Aber all diese FS.11e sind, da sie nicht zur Operation kamen, trotzdem unsicherer Natur, und ich will sie auger besonderer Beachtung lassen, um reich nicht in unbegriindete Hypothesen einzulassen. Ich will hier nur nebenbei bemerken, dab ich 4 Patienten nach 2, 3, 5 und 6 Jahren untersuchert konnte, die im wesentlichen beschwerdefrei waren, jedenfalls aber k e i n e Zeichen einer Urogenitaltuberkulose aufwiesen. Die schriftlichen Mitteilungen von 4 anderen - - e i n Patient ist mit- lerweile gestorben - - sind zu ungenau, um daraus Schliisse ziehen zu k6nnen.

Ich wende mfch damit den 5 F/illen zu, in denen man nach dem klinischen Befund an eine Tuberkulose denken m u g t e und in dieser Annahme auch, da die E r k r a n k u n g im wesentlichen einseitig war, eine Nephrekt,omie gemacht worden ist !

ZunS.chst 2 F/ill< die ich selbst in ihrer ganzen Entwick- hmg beobachten k.onntel

Krankengeschichten im Auszuge:

F a l l I. H. P., 36J., aufg.en, am 26. Xl. 192o. In der Familie keine besonderen Krankheiten. Pat. selbst I9IO Ischias, I916 Brust- quetschung. Anfang Juli Influenza mit anschliel3ender Nierenentziin- dung. Jetzige Beschw,erden: Schmerzen in der r. Flanke, besonders abends, in die Blasengegend ausstrahlend.

B e f u n d : Die r. Fl.anke ist st}irker ausgefiillt als 1., bei bi- manueller Palpation deutliche Vergr613erung und Druckempfindlichkeit.

Urin: sau,er, gelb, trtibe. Spez. Gewicht IO2O. Alb. "- S a c c h . - Urobilin - - Gatlenfarbstoff --. Sediment: massenhaft Leukocyten, ganz vereinzelt Erythrocyten. k e i n e Bakterien, k ei n e Tuberkel- bazillen. Pirquet: schwach positiv. Leukocyten im Blute ~o 8oo.

R6nt~enbild: Keine Konkrementbildung. Zystoskopie: Kapazit~it be-

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~ber die sogenaunten aseptischen renalen Pyurien. 345 M i t t e i 1 u n g vom 15. IV. i922 : Vollkommenes Wohlbefinden und volle Erwerbsf,~ihigkeit, keinerlei Beschwerdeu beim Urinieren!

B e v o r ich diese 5 F~ille einer kritischen Studie unterziehe, m u g ich auf jene Krankh,eJtsb,ilder kurz eingehen, bei d.enen E i t e r o h n e B a k t e r i e n bisher einwandfrei festgestellt wurde, o h n e da~

T u b e r k u l o s e als U r s a c h e in F r a g e kam.

Nicht ganz selten sind d a in erster Linie jene F~ille zu nennen, die als P y e 1 i t i s f o. 11 i c u 1 a r i s b e s c h r i e b e n w o r d e n sind b,zw. g r a n u 1 o s a. K r e t s c h m e r freilich ist der Ansicht, d a b diese beiden B e z e i c h n u n g e n mit U n r e c h t als S y n o n y m a an- g e w a n d t werden. E b e n s o will P a s c h k i die Pyelitis g r a n u l o s a von F r i s c h mit d e m ihr z u g e h 6 r i g e n K r a n k h e i t s b i l d (Blutungen [) von tier Pyelitis f,ollicularis g e t r e n n t wissen, die sich ,oft als Neben- b e f u n d blol~ mikr, osbopisch bei v e r s c h i e d e n e n Krankheitsp.rozessen der Niere finde. R u n e b e r g h~ilt jedo.ch diese T r e n n u n g ffir un- richtig, d a sich in seinen K r a n k h e i t s b i l d e r n alle tJberg~inge von d e n dichten, r u n d e n A n h / i u f u n g e n y o n kleinen L y m p h , o c y t e n bis zu d e n typischen Follikeln finden, ur~d es ja a u c h scbon v.on patho- Iogischer Seite y o n P r z e w s k i a n g e d e u t e t w o r d e n ist. I m C~egen- satz zu B a e t z n e r u n d K r e t s c h m e r h~ilt R u n e b e r g das K r a n k h e i t s b i l d d e r P. follicularis fiir eine h/iufige E r s c h e i n u n g . D e m g e g e n i i b e r steht j e d o c h die T a t s a c h e , d a b zwar Z i e g l e r und O r t h , nicht aber A s c h o f f , R i b b e r t und H e r x h e i - m e r diese E r k r a n k u n g in ihren L e h r b f i c h e r n erw./ihnen, u n d wit k 6 n n e n y o n u n s e r e n F,/ill.en h6chstens d e n Fall 3 als in diese Kate- gorie geh6rig a n s p r e c h e n . D u n k e l bleibt a b e t i m m e r n o c h ,die Atiologie dieses Befundes. P r z e w s k i glaubt aucli bier an T u b e r - kulose, B a e t z n e r gar an T y p h u s , R u n e b e r g g l a u b t a n ver- schiedene Err.eger, die das gle,iche K r a n k h e i t s b i l d b e w i r k e n k6nn- t e n ; nicht die Art des Infektionsstoffes sei es, die .die langwierige g e r i n g e T e n d e n z zur Ausheilung aufweisende P'yurie b e d i n g e n , s o n d e r n die individuelle Anlage.

In diese Kateg;orie wiirde a m e h e s t e n unser Fall 3 passen, wenn nicht d o c h der hist.ologische B e f u n d m e h r fiir eine einfache Pyelitis c.atarrhalis s p r e c h e n sollte. Dieses Stadium. h a t aber ge- w i s s e r m a g e n als V.orstadium zu gelten, das sich im iibrigen charak- terisiert d u t c h 0 d e m , h o c h g r a d i g erweiterte GefiifSe, in d e n e n

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Massen von Leukocyten angetr,offen werden, zahlreiche oft a.us- gebreitete Blutungen und eine Reihe anderer Erscheinungen auch in der Submucosa bei v611ig erhaltenem Epithel und erst in den F/illen, wo die patbologischen Prozesse glter w/iren, erregten dann erst .die follikel/ihnlichen Bildungen die Aufmerksamkeit. Im Vordergrunde stand ja sich:er die Cystitis, die auch nach der Operation schwer zu bessern war. Davon sp,/iter mehr.

Weiterhin sind Nierenerweiterungen beschrieben bei asep- tischer Steinni.ere (A 1 b a r r a n , S t,o e c k e 1 u. a.), eine asep- tische Pyurie bei Urinstase, vielleicht auch T a l m a s Pyurie dutch Leukocymse. B e c k e r hat eine ganze Epidemie v.on Pyurien ohne nachweisbare Bakterien be~chrieben, die durch schwere Symptome der Harnwege charakterisiert waren. Aul3er- dem befanden sich unter den zahllosen Beschreibungen fiber .die Kriegsnephritiden nicht wenig F/ille von aseptischer Pyurie.

Zusammenfassend mul3 aber tr,otzdem gesagt werden, dab das vorliegende Krankheitsbild nicht als eine Krankheit sui generis, sondern vielmehr als ganz sporadisch auftretende F.~ille - - zum Teil v611ig unklarer Natur - - b,eschrieben wurden; anders die nordischen Autoren R u n e b e r g und S 6 d e r 1 u n d , die dieses Krankheitsbild als selbstS.ndige, h~tufige Erscheinung fest grup- pieren w,ollen und .~itiologisch, pathologisch usw. lest zu skizzieren versuchten.

R u n e b e r g konnte dabei pathologisch-arLatomiseh folgende Befunde erheben :

I. Kongenitale Anomalien: Hypoplasie und f6tale Lappung, Dyst,opie, gevierteiltes Becken, fiberz/ihlige Arterie, kongenitale bindegewebige Sklerose einiger P a p i l l e n mit Atr, ophie des dazu- geh6rigen Kanalsystems, einzelne oder multiple Markfibrome.

In .der Tat ist ja bei unserem Falle 3 auch ausdrficklich be"

merkt, dab eine fiberz.~ihlige Arterie zum unteren Pole fiihrt. Frei- lich ist die heute herrschende Ansicht ja die, dab die Bedeutung der anormalen Nierengefiil3e als pr~idisp,onierendes Moment zu Erkrankungen sicher iibersch/itzt worden ist.

DaB natfirlich bei gr613eren Defekten die Bedeutung dieser auf morphologischen K,onstitutionsano.malien beruhenden Disposi- tion zu Erkrankungen als biologisch minderwertiges Organ gr613er ist, leuchtet ein, wie ja schon A d r i a n und L i c h t e n b e r g

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13ber die sogenannten aseptischen renalen Pyurien. 347 in tibersichtlicher Weise alles, was man bisher v o n d e r klinischen Bedcutung der Mil3bildungen in den Nieren, Nierenbecken und Ureteren well3, zusammengestellt und auf ihre Bedeutung hin- gewiesen haben.

Es erhebt sich nach der Zusammenstellung dieser patho- logisch-anatomisch erhobenen Befunde die Frage, ob! diese ge- niigen, um auch nur einigermal3en in die Path,ogenese und A_ti,ol,ogie des besprochenen Krankheitskomplexes einzudringen. Es ist an und fiir sich schwer, w.o es sich um ein Organ handelt, wie die Niere mit verwickehem histologischem Bau und seiner doch n,och in manchen Punk{en r/itselhaften Physi,ologie, sich aus den Befunden, die doc.h meist erst im Sp~itstad.iu'm des Lei- dens erhoben wurden, eine Vorstellung zu machen iiber die

~iul3eren Entstehungsbedingungen usw., ganz abgesehen v,on den physiologischen VerNiltnissen, auf die ich weiter unten noch n~iher einge.hen will.

Was zun/ichst die Atiologie betrifft, so l~il3t das herdfSrmige Auftreten im Charakter der Ver.~inderungen auf eine mykotische Aktion sc.hliegen; die die Diskussion beherrschende Frage ist aber die nac.h dem V i r u s. Man hat zuniichst an eine a t y p i s c h e T u b e r k u 1 o s e gedacht. R u n e b e r g will diese Annahme nun damit abtun, dab alle seine Versuc.he, in seinen F/illen in Schnitten Tuberkelbazillen, Muchsche Granula usw. rLachzuweisen, votlk.om- men fehlgeschlagen sind, ebens,o liel3 das Fehlen yon Riesen- zellen, nekrotischem Zerfall und tuberkul6sem Granulati.onsgewebe aus histol,ogisc'hen Grtinden diese Annahme abweisen. Noch n.ach- driicklicher aber spr./iche das Resultat der Nachuntersuchungen gegen die Annah'me einer Tuberkulose, er habe bei keinem seiner

Io Patienten sp~iter tuberkul6se OrganverS.nderungen feststellen k6nnen. Diesen Erw./igungen gegentiber habe ich schwere Be- denken. Zun/ichst ist es doch schwer, mit Sic'h.erheit festzustellen, ob nicht doch an irgendeiner Stelle der Niere tub,erkulSse Herde, wenn auch ev. mikrosk, opisch kleine, vorhanden waren und dann ist zu bedenken, da~ sic.h' unter dem Einflusse der Urinsekretion, insbesondere bei Hydr,o- und Pyon.ep,hrosenbildung d~c'h erheb- liche Anderungen im makr,oskopischen wie histologischen Bilde ergeben k6nnen. Ganz b,es,on,ders aber sp.rech~en unsere F/ille gegen den SchluB v,on R u n e b e r g aus der klinischen Nachunter-

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suchung; denn v.on unsern 5 F./illen machten sic'h bei 2 inner- halb von 2 Jahren die Symp~0ome einer schweren Urogenitaltuber- kulose bemerkbar mit massm~l~q.ftem Ausscheiden won Tuberkel- bazillen und es ist sogar wahrscheinlich, dab auch ein dritter Pa- tient an einer Tuberkulose erkrankt ist, wenn auch die Ermitt- lungen zu ungenau sind, dab ic'h' einen sicheren Schlul3 ziehen m6chte. Er schreibt n/imlich unter a n d e r m : ,,Es sc'heint auc'h .die rechte Niere erkrankt zu sein; ich bin IOO Pr.oz. kriegsbeschgdigt, babe Nierenbluten und Ei.weiBverlust, Sc'hmerzen in der r. Seite, manchmal a-nit Brechreiz, habe 1/ingere Zeit ,deswegen im Kr.anken- haus gelegen und bin dauernd in/irztlicher B e h a n d l u n g . . . "

In allen 3 F,/illen war won pathologischer Seite eine Tuber- kulose der exstirpierten Niere abgelehnt worden und 2, vielleicht sogar 3 Patienten sind heute wegen Nieren- und Blasenmber- kul,ose, der eine soga.r auc'h wegen Hodentuberk'ulose in klinischer Behandlung, noch nicht 2 Jahre nach der Operation. Dieses Resultat gibt :d,oc'h zweifell,os zu denken.

Die beiden restierenden F~ille won uns zwingen ebenfalls zu einer gewissen Skepsis: Der eine Patient h a t t e im Mai 19I 3 eine G,onorrh, oe mit nachfolgender Epididymitis und im Juli des glei- chen Jahres bereits Krankenhausbel~andlung wegen Cystitis und ,,Nierenleiden", bei d e m anderen Patienten begann ebenfalls alas Leiden im Februar I912 mit Brenngeffihl beim Urinieren, eitrigem AusfluB. Behandlung mit Injektionen urid i,m Juli des gleichen Jahres Schmerzen unter d e m 1. Rippenbogen mit Schiittelfrost!

Beide Patienten wurden dann mehrere Monate sp~iter aufgenom- men 'und der eingangs erwiihnte ngher beschriebene Befund er- hoben.

Ich glaube .doch, dab man in diesen F.~illen unbedingt .an eine gonorrhoische Atiologie denken mul3, die Infektion b,raucht j a nicht asz.endierend, sondern kann auf dem Blutweg erf, olgt sein, und dab nach dieser Zeit keine Gonokok'ken im Eiter mehr nachgewiesen wet~den konnten, ist ja bekanntlich nichts B e s o n - deres. Vielleicht ll/itte man die Art des Eiters bzw. die F,orm der Leukocyten noch' n/iher untersuchen k6nnen. Denn gerade bei gonorrhoischen Infekti.onen kann eine bedeutende Leuk,ocyten- degeneration hervortreten, wie sie ja auch bei .der Tuberkulose

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0"ber die sogenannten aseptischen renalen Pyurien. 349 beschrieben w.orden sind ( C o l o m b i n o , A d r i a n , G o l d - b e r g , R u n e b e r g ) .

Damit finclen m. E. unsere 5 F.~ille yon ab.akterieller Pyurie eine gewisse, zum gr6Bten Tell sogar sichere Erkl/irung. Ich bin nun dieser Frage aber auch experimentell nachgegangen, und zwar haben mich die folgenden Erw~igungen dazu gefiihrt:

Es ist immer wieder darauf hingewiesen worden, d a b in einer grofSen Anzahl v.on F/illen der sogenannten Kriegsnephritiden Bakterien nicht nachgewiesen werden konnten, obwohl doch sicher die meisten bakterieller Natur gewesen sind; ob Staphylokokken die Ursache waren, was das Wahrscheinlichste ist, oder andere Bakterien, insbesondere solche, die mit den gew6hnlichen Mitteln im Urin nicht nachgewiesen werden k6nnen, was das Unwahr- scheinlichere ist, soil dahingestellt bleiben. Sicher ist die Tat- sache, .dais die meisten F~ille erst in einem gewissen Sp~itstadium in klinische Behandlung kamen bzw. mehr o.der minder lang mit Urotropin, F,ol. uv. urs. u. dgl. vorb.e,handelt. Und letzteres scheint mir doch nicht yon geringer Bedeutung zu sein. Ob, diese so- genannten Harnantiseptica iiberhaupt einen besonderen EinfluB auf ;diese Nierenerkrankungen haben, ist nicht mit Sicherheit zu bejahen; insbesondere ob sie die: Vermehrung der Bakterien im Urin erschweren, diese Entscheidung ist auch deswegen schwer, weil wir eben frisc'he F/ille von Cystitis bzw. Cystopyelitis sehr selten aus den oben erwiihnten Grtinden zu seh.en bek.ommen, und bei :diesen F~ill.en - - 3 habe ich ganz besonders daraufhin be,ob- achtet - - konnte ich einen a u f f a 11 e n d e n Einfluf5 der Ham- antiseptica auf die Bakterien nicht feststellen. Andere Autoren gIauben besseren Einflug gesehen zu haben, wie S t e r n , S a c h s, R e c h e u. a., wobei allerdings nie vergessen werden darf, dab die Medikamentwirkung dutch die anderen Magnahmen, wie Bettruhe, heil3e Packungen, Di/it usw. unterstiitzt worden ist. Die Versuche im Reagenzglas haben zweifellos mehr theoretischen Weft. Jeden- falls k6nnen bei d,er c h r o n i s c h e n Cystitis die lokalen MafS- nahmen nicht entbehrt werden. Und besonders ist noch darauf hinzuweisen, dab die jahrelange Gew6hnung an die Bakterien- toxine des infizierten Harnes eine gewisse Immunit~it gibt, die sogar einen Sdhutz bietet gegeniiber den p.ost.op,erativen Gefahren der Wundinfektion (V i k t o r B 1 um).

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ES ist nun eine des 6fteren konstatierte Tatsache, d,al3 Nieren~

prozesse - - und so dtirfte es auch wohl in einer gr6geren Anzahl der sogenannten Kri,egsnephritiden der Fall gew,esen sein - - , d u r c h Staphyl,okokken verursacht werden, vielleicht auch durch andere Bakterien, 'die nur in d.er ersten Zeit im Urin nachgewiesen wer- den konnten, also ein deutlicher allm/ihlicher Obergang einer bak- teriellen Pyurie zur ab,akteriellen. Ich habe :dies auf folgende Weise nachgepriift :

Ich habe durch die Injektion yon Staphyl,okokkeneiter in das Nierenbecken bzw. ,die Niere zun/ichst eine Pyelonephritis beim Hur~d erzeugt. In .den ersten Tagen bestand eine deutliche starke Ausscheidung yon Staphylokokken, (Urn technische Fehlerquellen auszuschliegen, wurde nach Verschl'uB der Harnr6hre der Urin dutch Blasenpunktion entnommen!) Die Bakterienanzahl nahm aber sehr schnell ab, allerdings auch zugleich damit die Zahl der Formelelemente und nach einer Reihe yon Wochen waren zwar n.och eine Menge ,con Leuk,ocyten im Urin, aber keine Bakte/ien mehr. Dagegen ergab die dann ausgefiihrte Nephrektomie, dab im Schnittpr/iparat noch eine Reihe von K.okken zu finden waren und auch kulturell k.onnten Staphylokokken aus der Niere ge-

ztichtet werden.

Ob allerdings d i e klinischeTatsache mit der experimentellen tibereinstimmt, dab die klinische Heilung rnit dem Verschwinden der Bakterien parallel geht, m6chte ich als Norm bezweifeln. Woher es mit anderen Worten kommt, dag in diesen F/illen ohne Bak- terien manc'hmal massenhaft Eiter entleert wird, wird durch das Vorhandensein der Bakt.erien in der Niere .eine gewisse Erkl/irung erfahren. Es kommt auger der verschiedenen Virulenz des Virus aber sicher auch die allgemeine und lokale Disp.osition usw. in Frage. Damit sind sicher eine Reihe yon Krankheitsbildern der sogenannten abakteriellen Pyurie erkl/irt.

Ich halte abet noch folgende physiologische Tats.ache fiir bedeutungsvoll: DaB man durch rein chemische Reagenzen eine Pyurie oh'ne bakteriellen Einflul3 erzeugen kann, habe ich eingangs bereits erw/ihnt. Ich m6chte auf folgende M6glichkeiten hin- weisen: Wir k.onnten im Felde auc'h Nephritiden nach starken DarmschS.digungen d u t c h Diarrh6en beobachten; es ist natiir-

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~ber die sogenannten aseptischen renalen Pyurien. 351 lich - - und das ist auch verschiedentlich erw/ihnt worden - - denkbar, dab die durc'h die starke Entziindung gesch/idigte Darm- wand leichter Bakterien resorbiert und dem a.llgemeinen Kreislauf zufiihrt, die dann natiirlich auch die Nieren angreifen werden, abet ich weise hier vor allem .dar.auf hin, dab auch der mangel- hafte Abbau der Eiweil3pr.o.dukte ebenfalls schwere Reizerschei- nungen, wie auf die versc'hiedensten Organe vor allem die paren- chymat6sen, so auch auf die Nieren .ausiiben kann.

Ich brauche z. B. nur hinzuweisen auf die Gewebsreizungen in den versc'hiedenen Organen, insbesondere auch der Niere bei mangelhaftem Eiweil3abbau. Werden Proteine bis zu Peptonen gespalten, so erh/ilt man Pr,odukte mit t.oxischer Wirkung. Auch Peptone. die im K6rper selbst entstehen, k6nnen giftige Wirkun- gen enthalten. So werden die Intoxikationserscheinungen bei Ge- websverletzungen (Verbrennungen!) auf Peptone zurfickgefiihrt, die aus zerst6rten Zellen frei werden. Auch der anaphylaktische Chok und vielleicht /iberhaupt jeder Entzfindungsv.organg sollen auf die Wirkung von Pept, onen beruhen, die im K6rper frei wer- den. Die Wirkung dieser Peptone besteht neben den klinischen Erscheinungen im Gewebszerfall, der sich in einer Vermehrng des Gesamtstickstoffs, des Kreatins und des Ph,osph.ors im H a m zu erkennen gibt. Nicht abgebautes Eiweil3 ruff ~ihnliche Erschei- nungen hervor. Es s,oll dies nur ein Hinweis auf eine weitere Intoxikationsm6glichkeit sein, die zur Nierenreizung und Ausschei- dung yon Eiweil3 und Leukocyten ftihren kann. Einzelheiten ge- h6ren in das Gebiet der Physiologie.

Zusammenfassend komme ich somit unter Berficksichtigung der niiher beschriebenen Literatur, unserer klinischen Beobach- tungen und meiner experimentellen Versuche zu d e m Resultat, dab die abakteriellen Pyurien als Krankheitsbild sui generis nicht an- erkannt werden k6nnen. Der Krankheiten, die dieses Symptom aufweisen k6nnen, sei es im Anfangsstadium, sei es als End- stadium, gibt es verschiedene; ein Teil geh6rt unter allen Um- st~.nden, wenn auch unsere bisherigen Untersuchungsmethoden uns im Stich liel3en, der Tuberkulose an, ein anderer Teil ist postgon,orrhoisch, der gr6Bere Teil abet wird das chronische Sta- dium einer bakteriellen Pyelonephritis sein, als deren Erreger am

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352 PETERS

hSmfigsten wohl die S t a p h y l o k o k k e n in F r a g e k o m m e n . E s sei weiter d a r a u f h i n g e w i e s e n , d a b s o w o h l d u t c h c h e m i s c h e Stoffe.

wie d u r c h a b n o r m e E i w e i l 3 z e r s e t z u n g e n bei D a r m s t 6 r u n g e n Nieren- s c ' h t i d i g u n g e n h e r v o r g e r u f e n w e r d e n k 6 n n e n , die ein tihnliches k l i n i s c h e s Bild b i e t e n k 6 n n e n .

Z u m Schlul3 n o c h einige W orte fiber die B e h a n d l u n g d i e s e r K r a n k h e i t s b i l d e r . A u c h in d e n j e n i g e n Ftillen, w o m a n eine T u b e r - kul.ose a u s s c h l i e g e n k a n n , h a t eine k o n s e r v a t i v e T h e r a p i e zuweilen i h r e G r e n z e n . I n u n s e r e n Ftillen, in d e n e n o p e r i e r t w u r d e , ob- g l e i c h ein n i c h t t u b e r k u l 6 s e s L e i d e n sich h e r a u s s t e l l t e , w a r d e r E i n g r i f f u n b e d i n g t b e g r t i n d e t . D e n n dort, w o b e i s t r e n g ein- s e i t i g e m L e i d e n d e r P a t i e n t ftir J a h r e a n das K r a n k e n h a u s ge- fesselt o d e r g a r z u m I n v a l i d e n g e m a c h t wird, ist die N e p h r e k t o m i e r i c h t i g ( R u n e b e r g ) u n d d i e K e n n t n i s , d a b wit es in d i e s e n F/illen h~iufig m i t e i n e m k o n g e n i t a l m i n d e r w e r t i g e n O r g a n zu t u n h a b e n k 6 n n e n , e r l e i c h t e r t uns e n t s c h i e d e n d e n E n t s c h l u l 3 zur O p e r a t i o n .

Literaturverzeichnis.

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