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Personenbeförderungsrechtliche Unzuverlässigkeit wegen strafgerichtlicher Verurteilung

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VG Augsburg, Beschluss v. 30.11.2017 – Au 3 S 17.1561 Titel:

Personenbeförderungsrechtliche Unzuverlässigkeit wegen strafgerichtlicher Verurteilung Normenketten:

VwGO § 80 Abs. 5 PBefG § 25 Abs. 1 Satz 1 PBefG § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBZugV § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Leitsätze:

1. Die Unzuverlässigkeit eines rechtskräftig wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften verurteilten Unternehmers (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 PBZugV) beurteilt sich nicht allein nach dem verhängten Straßmaß, sondern auch nach der Art und Weise der Tatbegehung, den Tatumständen und den Tatfolgen.

Bei der Beurteilung ist insbesondere auch die gewerberechtliche Ausrichtung des Begriffs zu

berücksichtigen. Danach dient die Bewertung als schwerer strafrechtlicher Verstoß der Prognose, ob von dem Unternehmer zukünftig ein gesetzmäßiges Verhalten als Inhaber eines Taxi- und Mietwagenbetriebs zu erwarten ist, wobei die Nähe der Straftat zur Funktion als Inhaber des Gewerbebetriebs eine wichtige Rolle spielt. (Rn. 34 – 36) (redaktioneller Leitsatz)

2. Die Schwere des Verstoßes gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 PBZugV) kann sich auch aus einer Vielzahl kleinerer Gesetzesverletzungen ergeben, die für sich genommen noch keine ausreichende Grundlage für die Annahme einer Unzuverlässigkeit bieten würden, in ihrer Häufung bei der an der Gesamtpersönlichkeit des Unternehmers auszurichtenden Prognose aber einen schwerwiegenden Hang zur Nichtbeachtung gesetzlicher Vorschriften erkennen lassen. Trotz der Verwendung der Pluralform in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 PBZugV ("Verstöße") genügt auch eine einmalige Verurteilung. (Rn. 36)

(redaktioneller Leitsatz)

3. Bei dem Unzuverlässigkeitstatbestand des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 PBZugV kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Tatbegehung, sondern auf den Zeitpunkt der Verurteilung bzw. des Eintritts der Rechtskraft an. Dies hat zur Folge, dass die Verurteilung jedenfalls so lange bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Unternehmers zu berücksichtigen ist, solange die nach § 149 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 GewO und § 4 Abs. 1 BZRG erfolgten Eintragungen der Verurteilung in das Gewerbezentralregister und das Bundeszentralregister noch nicht gemäß § 153 Abs. 2 GewO getilgt sind bzw. nicht mehr gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 3 BZRG in ein

Führungszeugnis aufgenommen werden. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)

4. § 17 Abs. 5 S. 1 PBefG, wonach personenbeförderungsrechtliche Genehmigungsurkunden unverzüglich einzuziehen sind, wenn Genehmigungen anders als durch Fristablauf ungültig geworden sind, ist die gegenüber Art. 52 S. 1 BayVwVfG spezielle Rechtsgrundlage. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz) Schlagworte:

Vorläufiger Rechtsschutz, Widerruf von Genehmigungen für die Beförderung von Personen im Gelegenheitsverkehr, Unzuverlässigkeit, rechtskräftige Verurteilung wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften, Einziehung der Genehmigungsurkunden, Personenbeförderung, Veruntreuen von Arbeitsentgelt

Rechtsmittelinstanz:

VGH München, Beschluss vom 17.01.2018 – 11 CS 17.2555  

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 22.500,- € festgesetzt.

Gründe

(2)

I.

1

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Widerruf von Genehmigungen für die Beförderung von Personen im Gelegenheitsverkehr.

2

1. Dem Antragsteller wurden vom Landratsamt ... (zuletzt) 3

mit Bescheid vom 19. November 2014 die bis zum 18. November 2019 befristete Genehmigung zur Ausübung eines Taxiverkehrs nach § 47 PBefG mit insgesamt fünf Personenkraftwagen für Betriebssitz ..., 4

mit Bescheid vom 26. Januar 2017 die bis zum 25. Januar 2022 befristete Genehmigung zur Ausübung eines Taxiverkehrs nach § 47 PBefG mit einem Personenkraftwagen für den Betriebssitz ... und 5 5

mit weiterem Bescheid vom 26. Januar 2017 die ebenfalls bis zum 25. Januar 2022 befristete Genehmigung zur Ausübung eines Verkehrs mit Mietwagen nach § 49 PBefG mit einem Personenkraftwagen

6 erteilt.

7

Am 14. Februar 2017 verurteilte das Amtsgericht – Schöffengericht – ... den Antragsteller wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 36 tatmehrheitlichen Fällen jeweils tateinheitlich begangen hinsichtlich des Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 2 Monaten, wobei die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde (angewandte Strafvorschriften:

§ 266a Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 2, §§ 52, 53, 47 und 56 Abs. 1 und 2 StGB). Auf die Ausführungen in den Gründen des Urteils, das allen Beteiligten bekannt ist, wird verwiesen. Das Urteil ist seit 14. Februar 2017 rechtskräftig.

8

2. Mit Schreiben vom 26. Mai 2017 teilte das Landratsamt dem Antragsteller u.a. mit, dass beabsichtigt sei, ihm die Ausübung des Gewerbes „Fahrgastbeförderung, Taxiunternehmen“ wegen Unzuverlässigkeit zu untersagen und gab Gelegenheit zur Äußerung bis 14. Juni 2017.

9

Am 1. Juni 2017 sprachen der Antragsteller und seine Ehefrau beim Landratsamt vor. Ausweislich der vom Sachbearbeiter des Landratsamts gefertigten „Gesprächsnotiz“ vom 1. Juni 2017, die sich in Ablichtung in der beigezogenen Behördenakte findet, sei vom Antragsteller geäußert worden, dass die Eheleute ein behindertes Kind hätten, um das sich bisher die Ehefrau gekümmert habe. Für die Zukunft sei eventuell angedacht, dass sich der Antragsteller um das Kind kümmere und die Ehefrau die Geschäftsleitung übernehme. Diese habe eine Ausbildung zum Führen eines Gewerbebetriebes. Die Eheleute seien vom Sachbearbeiter darauf hingewiesen worden, dass mit einer „Gewerbeuntersagung“ zu rechnen sei. Die

„Wiederaufnahme des Gewerbes“ sei „entweder nach einem Jahr (§ 35 Abs. 6 GewO) oder nach fünf Jahren (§ 6 GmbHG) wieder möglich“. Die Eheleute hätten daraufhin um Kontaktaufnahme gebeten, sobald eine Entscheidung über die Gewerbeuntersagung gefallen sei.

10

Mit Bescheid vom 29. September 2017, dem Antragsteller mit Postzustellungsurkunde zugestellt am 30.

September 2017, widerrief das Landratsamt die mit Bescheiden vom 19. November 2014 und 26. Januar 2017 erteilten Genehmigungen zur Ausübung von Verkehr mit Taxen bzw. Verkehr mit Mietwagen (Nr. 1) und ordnete die Rückgabe der Genehmigungsurkunden sowie erteilter Auszüge aus

Genehmigungsurkunden innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zugang des Bescheids an (Nr. 2). Nr.

1 und 2 wurden für sofort vollziehbar erklärt (Nr. 4) und für den Fall der nicht rechtzeitigen Erfüllung der Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids (Urkundenrückgabe) ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,- € je Genehmigungsurkunde angedroht (Nr. 3). Auf die Ausführungen zur Begründung der getroffenen Verfügungen wird verwiesen.

(3)

11

Gegen den Bescheid vom 29. September 2017 ließ der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10. Oktober 2017, beim Landratsamt eingegangen am 12. Oktober 2017, Widerspruch einlegen, über den noch nicht entschieden ist.

12

3. Am 12. Oktober 2017 ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragen, 13

im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO festzustellen, dass dem Widerspruch vom 10. Oktober 2017 gegen den Bescheid des Landratsamts vom 19. (richtig: 29.) September 2017 aufschiebende Wirkung zukommt.

14

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass bei Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehbarkeit und der damit verbundenen Einstellung des Betriebs seines Unternehmens die wirtschaftliche Lebensgrundlage seiner Familie gefährdet sei und zwar auch dann, wenn der Bescheid im Widerspruchs- oder einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren aufgehoben würde. Ihm drohe der Ruin und der Verlust seines noch mit Schulden belasteten Eigenheims, da er keine anderen Einkommensmöglichkeiten habe und mit 52 Jahren auch schwerlich noch eine Beschäftigung werde finden können, zumal er wegen eines im Februar 2017 erlittenen Schlaganfalls nur eingeschränkt arbeitsfähig sei. Für seine angestellten Fahrer sei die Entlassung in die Arbeitslosigkeit, jedenfalls zunächst, unausweichlich. Darüber hinaus sei bei einer Betriebseinstellung auch die Versorgung der örtlichen Bevölkerung mit Taxi- und

Mietwagendienstleistungen, insbesondere an Wochenenden, nicht mehr gewährleistet. Dies gelte besonders für eine erhebliche Zahl an Dialysepatienten, die die Dienste des Antragstellers bisher in Anspruch genommen hätten (ca. 30 bis 40 Fahrten wöchentlich) und kurzfristig keine andere

Beförderungsmöglichkeit würden finden können. Die ansonsten vorhandenen Taxiunternehmen böten ihre Beförderungsleistungen oftmals nicht an Wochenenden an. Hinzu komme, dass bei einer sofortigen Einstellung des Betriebs die Kunden, die bisher regelmäßig mit seinen Taxis befördert worden seien, wohl für immer „verloren“ seien und zwar auch dann, wenn der Konzessionswiderruf im Widerspruchsverfahren oder einem anschließenden verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren aufgehoben würde.

15

Das Landratsamt habe dem Antragsteller und seiner Ehefrau weiter auch unzutreffende und

widersprüchliche Auskünfte über die Möglichkeiten einer Übertragung der Konzessionen auf die Ehefrau bzw. die Erteilung von Genehmigungen an die Ehefrau (anstelle des Antragstellers) erteilt. Bei einem Gespräch am Landratsamt sei vom dortigen Sachbearbeiter der Vorschlag gemacht worden, die

Konzessionen auf die Ehefrau zu übertragen. Die Frage, ob ein Übertragungsantrag zeitnah gestellt werden solle, sei vom Sachbearbeiter verneint worden. Es solle vielmehr zunächst ein Schreiben des

„Antragstellers“ abgewartet werden; es werde dazu noch einen Bescheid geben. Nach Erhalt des Bescheids habe die Ehefrau beim Landratsamt vorgesprochen. Dort sei ihr gesagt worden, dass die Zwei-Wochen- Frist nicht beachtet werden müsse – was implizit einen Verzicht auf den Sofortvollzugs darstelle – und sie doch einen Antrag auf Erteilung der Genehmigungen stellen könne. Von der Ehefrau seien nach Erlass des Widerrufsbescheids zwar Anträge auf Erteilung entsprechender Genehmigungen gestellt worden, doch sei nicht absehbar, wann Genehmigungen erteilt würden. Während der Zeit bis zur Erteilung der

Genehmigungen könne der Antragsteller jedoch seinen Betrieb nicht einstellen, da sonst sein Betrieb und die Existenz seiner Familie ruiniert wären. Das Interesse des Klägers, bis zur Erteilung der Genehmigungen an seine Ehefrau vom Sofortvollzug verschont zu bleiben, sei angesichts der massiven Grundrechtseingriffe höher zu bewerten als das Interesse des Antragsgegners an der Beachtung des Sofortvollzugs.

16

Darüber hinaus sei der Bescheid des Landratsamts auch in der Sache rechtswidrig. Die Gesetzesverstöße, mit denen das Landratsamt den Widerruf der Genehmigungen begründe, lägen schon Jahre zurück (2012 bis 2015); die Angelegenheit sei strafrechtlich abgeschlossen. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Antragsteller den entstandenen Schaden vollständig ausgeglichen habe und den Betrieb nunmehr ordnungsgemäß führe. Das Schöffengericht habe in dem Strafurteil auch eine günstige Sozialprognose bescheinigt. Die vom Landratsamt getroffene Zukunftsprognose sei deshalb nicht nachvollziehbar. Das Verhalten des Landratsamts sei auch insoweit widersprüchlich, als dem Antragsteller noch im Januar 2017

(4)

Genehmigungen zum Taxen- und Mietwagenverkehr für volle fünf Jahre erteilt worden seien, als die Behörde schon Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gehabt habe. Schließlich habe das Landratsamt auch nicht geprüft, welche weniger einschneidenden Maßnahmen (z.B. engmaschige Überwachungs- und Überprüfungsmaßnahmen) zur Erreichung des verfolgten Zwecks ausreichend gewesen wären.

17

Wegen der weiteren Ausführungen zur Begründung des Rechtsschutzantrags wird auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 12. Oktober 2017 und vom 21. November 2017 verwiesen.

18

4. Das Landratsamt beantragt mit Schreiben vom 19. Oktober 2017, 19

den Antrag abzulehnen.

20

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Widerrufsbescheid rechtmäßig sei. Dem Antragsteller seien die personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungen wegen dessen Verurteilung durch das Schöffengericht, die die Annahme der Unzuverlässigkeit stütze, widerrufen worden. Der Antragsteller habe sich dies wegen seines Fehlverhaltens selbst zuzuschreiben. Auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei gerechtfertigt und rechtens.

21

Ein Defizit in der Versorgung der örtlichen Bevölkerung mit Taxi- und Mietwagendienstleistungen sei durch die getroffene Entscheidung des Landratsamts einschließlich des Sofortvollzugs nicht zu befürchten. Es gebe noch ausreichend weitere Taxilizenzen an den genannten Standorten. Insbesondere könnten Krankentransporte, etwa zur Dialysebehandlung und zurück, von anderen Taxiunternehmen oder auch durch den Fahrdienst des Roten Kreuzes sichergestellt werden.

22

Nicht zutreffend sei, dass das Landratsamt die existenzbedrohende Situation der Familie des Antragstellers herbeigeführt habe. Es sei bei der Vorsprache des Klägers und seiner Ehefrau am 1. Juni 2017 zwar kommuniziert worden, dass die Ehefrau „die Lizenzen“ weiterführen könne, falls sie die Voraussetzungen erfülle, doch habe seinerzeit eine entsprechende Prüfung nicht durchgeführt werden können.

23

Unrichtig sei, dass das Landratsamt nach Bescheiderlass auf den Sofortvollzug verzichtet habe. Die Mitarbeiterin habe lediglich mit der Ehefrau des Klägers über die Abwicklungsfrist gesprochen; gegenüber der Ehefrau sei dann nachfolgend am gleichen Tag telefonisch eine Verlängerung dieser Frist abgelehnt und auf den Rechtsweg verwiesen worden.

24

Der Antragsteller könne sich auch nicht darauf berufen, dass das Landratsamt noch im Januar 2017, nachdem es bereits Kenntnis vom gegen den Antragsteller eingeleiteten Ermittlungsverfahren erlangt hatte, Genehmigungen erteilt hat, denn ein lediglich eingeleitetes Ermittlungsverfahren könne noch kein Grund für eine Versagung einer Genehmigung oder deren Befristung sein, da das Strafverfahren auch mit einem Freispruch enden könne. Das Landratsamt habe nach Bekanntwerden der Verurteilung dann unverzüglich das Widerrufsverfahren gegen den Antragsteller eingeleitet.

25

5. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

26

Nach dem erkennbaren Ziel des Rechtsschutzantrags begehrt der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 10. Oktober 2017 hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 29. September 2017 sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der nach Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohungen

(5)

in Nr. 3 des Bescheidstenors. In diesem Sinne legt das Verwaltungsgericht den Antrag, an dessen wörtliche Fassung es nicht gebunden ist, aus (§ 88 VwGO). Der Antrag auf Feststellung, dass dem Widerspruch aufschiebende Wirkung „zukommt“, wie beantragt, würde dem Antragsteller nicht weiterhelfen, denn ein solcher Antrag wäre ohne weitere Sachprüfung abzulehnen, weil das Landratsamt die gemäß § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich eintretende aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.

4 VwGO ausdrücklich durch Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgeschlossen hat und die

Zwangsgeldandrohung, wie dargelegt, kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist. Ein Fall des sog. „faktischen Vollzugs“, bei dem allenfalls die Feststellung der aufschiebenden Wirkung in Frage käme, liegt hier offensichtlich nicht vor (vgl. dazu z.B. BayVGH, B.v. 6.10.2005 – 8 CE 05.585 – juris).

27

Der so verstandene Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

28

1. Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung ausdrücklich angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO), d.h. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich bereits die behördliche Begründung der Anordnung der

sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO nicht ausreichend erweist; ist das der Fall, hat das Gericht nach der wohl überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur die

Vollziehungsanordnung ohne weitere Sachprüfung aufzuheben, nicht jedoch die aufschiebenden Wirkung wiederherzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – m.w.N. juris).

29

Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO ist sodann weiter zu prüfen, ob das Vollzugsinteresse so gewichtig ist, dass der Verwaltungsakt sofort vollzogen werden darf, oder ob das gegenläufige Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt. Das Gericht trifft insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Im Rahmen der dabei gebotenen Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs (hier: Widerspruch vom 10.10.2017) zu berücksichtigen. Erscheint nach summarischer Prüfung der Rechtsbehelf als offensichtlich Erfolg versprechend, so wird das Interesse des Antragstellers an einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung stärker zu gewichten sein als das gegenläufige Interesse des Antragsgegners. Umgekehrt wird eine Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich nicht in Frage kommen, wenn sich der Rechtsbehelf als offensichtlich aussichtslos darstellt. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht eindeutig zu beurteilen, sondern nur tendenziell abschätzbar, so darf dies bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen – dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers einerseits und dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners andererseits – nicht außer Acht gelassen werden. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, so hat das Gericht auf Grund einer reinen Interessenabwägung über den Aussetzungsantrag zu entscheiden (zu diesem „Stufensystem“ in der Prüfungsreihenfolge vgl. z.B.

BayVGH, B.v. 22.8.2007 – 19 CS 07.684 – m.w.N., Juris).

30

2. Das Landratsamt hat dem Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Rechnung getragen.

Es hat kurz aber ausreichend dargelegt, warum es die sofortige Vollziehung der Verfügung für geboten hält.

An den Umfang sowie den Detaillierungsgrad der Begründung sind keine hohen Anforderungen zu stellen;

dies gilt insbesondere dann, wenn, wie hier, eine sicherheitsrechtliche Maßnahme für sofort vollziehbar erklärt wird. Der Funktion des Begründungserfordernisses nach § 80 Abs. 3 VwGO, die vor allem darin besteht, der Behörde die besondere Ausnahmesituation bewusst zu machen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 84; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 42), wurde durch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Begründung jedenfalls Genüge getan. Sonstige Gründe, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die behördliche Begründung inhaltlich zutreffend ist, ist im Rahmen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unerheblich. Eine Aufhebung der Vollziehungsanordnung kommt daher nicht in Betracht.

31

(6)

3. Die im Bescheid vom 29. September 2017 in Nr. 1 bis 3 getroffenen Verfügungen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten; der Widerspruch vom 10. Oktober 2017 wird daher voraussichtlich erfolglos bleiben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO entspr.). Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes notwendigerweise nur summarischen

Rechtmäßigkeitskontrolle ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten

Behördenentscheidung abzustellen; da gegen den Bescheid Widerspruch erhoben wurde, über den noch nicht entschieden ist, kommt es im vorliegenden Verfahren auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über den Rechtsschutzantrag an (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, a.a.O, § 80, Rn. 83 f.).

32

3.1 Das Landratsamt hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 26. Mai 2017 die entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt, eine Untersagung des vom Antragsteller ausgeübten Gewerbes nach § 35 Abs. 1 GewO in Aussicht gestellt und Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Auch wenn es nicht konkret einen Widerruf der dem Antragsteller erteilten personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungen angekündigt und eine unzutreffende Rechtsgrundlage bezeichnet hat, hat es seiner Anhörungspflicht nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG Genüge getan. Denn für den Antragsteller war erkennbar, dass er im Ergebnis seinen Taxi- und Mietwagendienst möglicherweise nicht mehr werde weiterführen dürfen. Darüber hinaus wäre eine

eventuelle Verletzung der Anhörungspflicht nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG geheilt (vgl. z.B.

BayVGH, B.v. 26.10.2011 – 22 CS 11.1989 – und B.v. 26.1.2009 – 3 CS 09.46 – beide juris).

33

3.2 Wie das Landratsamt zutreffend ausführt, ist § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG die Rechtsgrundlage für den Widerruf sämtlicher dem Kläger erteilten Genehmigungen für die Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 46 Abs. 2 Nr. 1 und 3 PBefG).

Danach hat die Genehmigungsbehörde die Genehmigung zu widerrufen, wenn nicht mehr alle Genehmigungsvoraussetzungen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 PBefG vorliegen. Wie aus dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 PBefG hervorgeht („hat“), handelt es sich insoweit um eine gebundene und nicht um eine Ermessensentscheidung. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt, so muss als

zwingende Rechtsfolge die Genehmigung widerrufen werden, ohne dass der Behörde ein

Ermessensspielraum steht. Zwar ist das Landratsamt nach der Begründung des Bescheids (insbesondere unter Nr. II 1.3) von einer nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Entscheidung ausgegangen, dies führt jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des Widerrufs, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufs sind erfüllt.

34

Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG ist Genehmigungsvoraussetzung, dass keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Personen dartun. § 1 Abs. 1 Satz 1 der auf der Ermächtigungsnorm in § 57 Abs. 1 Nr. 4 PBefG beruhenden Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) bestimmt, dass ein Unternehmer als zuverlässig im Sinne des § 13 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 2 PBefG gilt, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bei der Führung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachtet oder die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens geschädigt oder gefährdet werden. Nach Satz 2 Nr. 1 der genannten Norm stellen rechtskräftige Verurteilungen wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des Unternehmers dar.

35

Bei dem Begriff des „schweren Verstoßes“ bzw. der „schweren Verstöße“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt.

36

Das Gewicht des strafrechtlichen Verstoßes beurteilt sich nicht allein nach dem verhängten Strafmaß, sondern auch nach der Art und Weise der Tatbegehung, den Tatumständen und den Tatfolgen. Weiterhin ist bei der Beurteilung die gewerberechtliche Ausrichtung des Begriffs zu berücksichtigen. Danach dient die Bewertung als schwerer strafrechtlicher Verstoß der Prognose, ob von dem Antragsteller zukünftig

gesetzesmäßiges Verhalten als Inhaber eines Taxi- und Mietwagenbetriebs zu erwarten ist. Dabei spielt auch die Nähe der Straftat zur Funktion als Inhaber des Gewerbebetriebs eine wichtige Rolle (vgl. OVG

(7)

Hamburg, B.v. 3.11.2011 – 3 Bs 182/11 – juris). Die Schwere des Verstoßes muss nicht zwingend aus einem einzigen Verstoß gegen strafbewehrte Vorschriften folgen. Sie kann sich auch aus einer Vielzahl auch kleinerer Gesetzesverletzungen ergeben, die – jeweils für sich genommen – noch keine ausreichende Grundlage für die Annahme einer Unzuverlässigkeit bieten würden, in ihrer Häufung bei der an der

Gesamtpersönlichkeit des Antragstellers auszurichtenden Prognose aber einen schwerwiegenden Hang zur Nichtbeachtung gesetzlicher Vorschriften erkennen lassen (vgl. z.B. OVG NW, B.v. 8.10.2013 – 13 B 576/13 – juris m.w.N.). Trotz Verwendung der Pluralform in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PBZugV genügt eine einmalige Verurteilung (vgl. Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Aufl. 2013, § 1 PBZugV Rn. 5 unter Hinweis auf Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 96/26/EG i.d.F.d. Richtlinie 98/76 EG).

37

Der Antragsteller wurde unstrittig am 14. Februar 2017 vom Amtsgericht – Schöffengericht – ... wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 36 tatmehrheitlichen Fällen jeweils tateinheitlich begangen hinsichtlich des Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Wie sich aus dem Rechtskraftvermerk auf dem Urteilsabdruck sowie auch aus der Auskunft aus dem Gewerbezentralregister vom 25. April 2017 und dem „Führungszeugnis nach § 31, § 32 Abs. 4 BZRG“ vom 26. April 2017, die sich im Original in den Behördenakten befinden, ergibt, ist die Entscheidung am Erlasstag rechtskräftig geworden.

38

Nach den Gründen des Urteils des Schöffengerichts hat der Antragsteller als Unternehmer seines Taxi- und Mietwagenbetriebs von Januar 2012 bis einschließlich April 2015 allmonatlich – mit Ausnahmen der Monate Januar 2013, Januar, Februar und Juli 2014 – jeweils die tatsächlichen monatlichen Beschäftigungszeiten der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer sowie die tatsächlich ausbezahlten Löhne nicht an die zuständige Stelle gemeldet und Sozialversicherungsbeiträge zu den Fälligkeitszeitpunkten pflichtwidrig nicht abgeführt.

Insgesamt entrichtete er im genannten Zeitraum zumindest bedingt vorsätzlich Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 52.965,44 € (Arbeitgeberanteile und Arbeitnehmeranteile) weniger, als er abzuführen

verpflichtet gewesen wäre. Dass es sich hierbei um einen schweren Verstoß bzw. mehrere Verstöße, die in ihrer Gesamtheit als „schwer“ im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBZugV zu qualifizieren sind, handelt, steht für das Verwaltungsgericht angesichts des langdauernden Zeitraums, in dem Sozialversicherungsbeiträge pflichtwidrig nicht abgeführt wurden, und der Höhe des den Sozialversicherungsträgern entstandenen Schadens zweifelsfrei fest. Dass es sich beim Straftatbestand des § 266 Abs. 1 und 2 StGB „nur“ um ein Vergehen und nicht um ein Verbrechen handelt (§ 12 StGB), steht dem nicht entgegen (vgl. OVG Hamburg, B.v. 3.11.2011 – 3 Bs 182/11 – juris). Die Schwere des strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens des

Antragstellers spiegelt sich auch in dem vom Schöffengericht verhängten Strafmaß von einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe wider (vgl. hierzu z.B. VG Düsseldorf, B.v. 6.11.2015 – 6 K 1610/15 – juris, wonach bereits ein verhängtes Strafmaß von 150 Tagessätzen für einen schweren Verstoß gegen

strafrechtliche Vorschriften i.S.v. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 PBZugV spricht; VG Hamburg, U.v. 28.5.2015 – 5 K 859/15 – juris, wonach Verurteilungen zu Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen nicht von vornherein als so geringfügig angesehen werden, dass sie nicht als Verurteilungen wegen schwerer Verstöße i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PBZugV qualifiziert werden können).

39

Damit steht fest, dass beim Antragsteller hinreichende Anhaltspunkte für seine Unzuverlässigkeit als Unternehmer vorliegen.

40

Dass die der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Taten das Antragstellers im Zeitraum Januar 2012 bis einschließlich April 2015 begangen wurden und damit bereits mehrere Jahre zurückliegen, ist ohne Bedeutung, weil es beim Unzuverlässigkeitstatbestand nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PBZugV nicht auf den Zeitpunkt der Tatbegehung ankommt, sondern auf den der Verurteilung bzw. des Eintritts der Rechtskraft.

Dies hat zur Folge, dass die Verurteilung jedenfalls so lange bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Antragstellers zu berücksichtigen ist, solange die nach § 149 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GewO und § 4 Abs. 1 BZRG erfolgten Eintragungen der Verurteilung in das Gewerbezentralregister und das

Bundeszentralregister noch nicht gemäß § 153 Abs. 2 GewO getilgt sind bzw. nicht mehr gemäß § 34 Abs.

1 Nr. 3 BZRG in ein Führungszeugnis aufgenommen werden (vgl. OVG Hamburg, B.v. 2.3.2007 – 1 Bs 340/06 – juris). Dass der Antragsteller nach den Ausführungen in den Gründen des Strafurteils „bereits“ am 13. Januar 2017 und wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vor dem Schöffengericht insgesamt

(8)

53.000,- € (in zwei Teilbeträgen) auf eine von der Deutschen Rentenversicherung Schwaben mit Bescheid vom 23. November 2016 festgesetzte Nachforderung in Höhe von 79.332,04 € gezahlt und zwischenzeitlich wohl den gesamten Betrag beglichen hat, entlastet ihn nicht und stellt die Annahme seiner

Unzuverlässigkeit nicht in Frage. Denn zum einen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass

Sozialversicherungsbeiträge, die vorsätzlich nicht abgeführt wurden, nach Aufdeckung der Straftat in voller Höhe, ggf. einschließlich etwaiger Zuschläge, nachgezahlt werden, zum andern lässt ein unter dem Druck des Strafverfahrens und einer drohenden Verurteilung sowie eines eventuell zu erwartenden Widerrufs der Strafaussetzung zur Bewährung an den Tag gelegtes Wohlverhalten nicht den Schluss zu, dass sich der Antragsteller als Unternehmer künftig auch rechtskonform verhalten wird. Ebenso kann auch die vom Schöffengericht gestellte günstige Sozialprognose, die zur Strafaussetzung zur Bewährung führte, nicht dazu führen, dem Kläger die personenbeförderungsrechtliche Zuverlässigkeit zu bescheinigen (vgl.

BayVGH, B.v. 24.11.2016 – 22 ZB 16.1784 – juris). Alle diese Umstände, auf die sich der Antragsteller beruft, können allenfalls im Rahmen eines Neuerteilungsverfahrens nach Ablauf einer „Bewährungszeit“, die allerdings nach gewerbebzw. personenbeförderungsrechtlichen Kriterien und nicht nach strafrechtlichen Kriterien zu bemessen ist, Berücksichtigung finden.

41

Sind somit die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG erfüllt, musste das Landratsamt die Taxen- und Mietwagengenehmigungen widerrufen. Der Widerruf wegen Unzuverlässigkeit des

Unternehmers steht – wie oben bereits dargelegt – nicht im Ermessen der Behörde. Eine vorherige

schriftliche Abmahnung durch die Behörde war nicht erforderlich (vgl. BVerwG, B.v. 27.9.1979 – 7 B 56/79 – juris).

42

Der Widerruf ist im vorliegenden Fall auch nicht unverhältnismäßig. Er dient dem Schutz der Allgemeinheit, insbesondere der sozialversicherungsrechtlichen Solidargemeinschaft und steht mit dem

Verhältnismäßigkeitsprinzip und Art. 12 GG in Einklang. Allenfalls in extremen Ausnahmefällen kann der Widerruf einer personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung wegen Unzuverlässigkeit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Ob eine solche Ausnahmesituation vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 25.10.1996 – 11 B 53.96 – juris; BayVGH, B.v. 8.10.2009 – 11 CS 09.680 – juris). Vorliegend sind hierfür jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich. Ein solcher

Ausnahmefall wird nicht dadurch begründet, dass der Betroffene infolge der Untersagung seine

Existenzgrundlage verliert und ggf. auf öffentliche Transferleistungen angewiesen ist (vgl. BVerwG, B.v.

25.3.1991 – 1 B 10/91 – juris).

43

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen gegen den angefochtenen Widerruf der personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen und Mietwagen in Nr. 1 des Bescheidstenors keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Widerspruch des Antragstellers wird daher aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. Das besondere öffentliche Interesse an der

Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung überwiegt somit das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Daran vermag auch der Vortrag des Antragstellers, dass bei einer (sofortigen) Einstellung des Taxi- und Mietwagengeschäfts die Versorgung der örtlichen Bevölkerung mit Personenbeförderungsleistungen gefährdet wäre, nichts zu ändern. Denn eine solche gravierende, das öffentliche Interesse beeinträchtigende Unterversorgung ist – wie das Landratsamt dargelegt hat – nicht zu erwarten.

44

3.3 Der streitgegenständliche Bescheid ist weiter auch hinsichtlich der in Nr. 2 getroffenen Anordnung zur Rückgabe der Genehmigungsurkunden rechtmäßig.

45

Zwar benennt das Landratsamt hier mit Art. 52 Satz 1 BayVwVfG eine unzutreffende Rechtsgrundlage, die der Behörde einen Ermessenspielraum eröffnet, doch ändert dies nichts an der Rechtmäßigkeit der Anordnung. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 5 Satz 1 PBefG, der als spezielle Regelung der genannten allgemeinen Befugnisnorm vorgeht und keinen Ermessensspielraum eröffnet, sind erfüllt. Danach sind Genehmigungsurkunden unverzüglich einzuziehen, wenn Genehmigungen (u.a. für die Durchführung von Gelegenheitsverkehren) anders als durch Fristablauf ungültig geworden sind. Da die dem

(9)

Antragsteller erteilten Genehmigungen sofort vollziehbar widerrufen worden sind, sind die betreffenden Genehmigungsurkunden einzuziehen. Die insoweit gesetzte Frist zur Abgabe der Urkunden ist rechtens.

46

Somit bestehen auch keine Bedenken gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der in Nr. 2 des Bescheids vom 29. September 2017 angeordneten Rückgabe der Genehmigungsurkunden.

47

3.4 Die kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Androhungen eines Zwangsgelds in Nr. 3 des genannten Bescheids beruhen auf Art. 29, 31, und 36 VwZVG. Als das mildeste aller Zwangsmittel ist das angedrohte Zwangsgeld als solches jedenfalls an-gemessen im Sinne des Art. 29 Abs. 3 VwZVG. Gegen die Höhe des Zwangsgelds bestehen keine Bedenken (Art. 31 Abs. 2 VwZVG).

48

Nach alledem ist der Antrag ist mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

49

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG. Dabei legt die Kammer

entsprechend Nr. 47.4 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auch für den Widerruf einer Taxigenehmigung wie auch einer Genehmigung für den Mietwagenverkehr jeweils 15.000,- Euro zugrunde und bemisst den Streitwert des vorläufigen Rechtsschutzes mit der Hälfte dieses Betrages. Da Gegenstand der Widerrufsentscheidung drei Genehmigungen sind, ist der Streitwert auf 22.500,- € festzusetzen.

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