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Inbetriebnahme verfahrenstechnischer

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Academic year: 2022

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VDI-Buch

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Klaus H. Weber

Inbetriebnahme verfahrens- technischer Anlagen

Praxishandbuch mit

Checklisten und Beispielen

4., vollständig bearbeitete und aktualisierte Aufl age

(4)

Klaus H. Weber Dresden, Deutschland

VDI-Buch

ISBN 978-3-662-48161-5 ISBN 978-3-662-48162-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-48162-2

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Meiner lieben Frau gewidmet

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Vorwort zur 4. Auflage

Die 4. Auflage ist eine vollständige Überarbeitung, Aktualisierung und wesentli- che Erweiterung der vorherigen Auflage, ohne die bewährte Grundstruktur und den Anspruch einer praktischen Handlungsanleitung aufzugeben.

Wegen der zunehmenden Bedeutung von Gesundheit-Sicherheit-Umweltschutz (GSU) wurde ein eigenes Kapitel 3 zum Thema „Planen von Sicherheit sowie Ge- sundheits- und Umweltschutz für die Inbetriebnahme“ neu aufgenommen. Neben den Inhalten zur GSU-Arbeit in Vorbereitung und Durchführung der Inbetrieb- nahme werden in diesen Kapitel die wichtigsten inbetriebnahmerelevanten Rechts- vorschriften der EU und BRD zusammenfassend erläutert.

Weitere Erweiterungen in der vorliegenden Auflage betreffen u.a.:

die umfassende Einordnung der Inbetriebnahme in das Phasenmodell der Anla- gen-Projektabwicklung,

inbetriebnahmespezifische Leistungen in Pharmaprojekten,

vertiefte Ausführungen zu Gewährleistung und Garantie im Anlagenvertrag, neue Aspekte der Inbetriebnahmeorganisation, inkl. zu Inbetriebnahmeplanung und -controlling,

die Ausbildungsmaßnahmen sowie die neuartigen Sicherheitsprüfungen vor In- betriebnahme,

die durchgängige Beachtung von Qualitätssicherungsmaßnahmen vor und wäh- rend der Inbetriebnahme, inkl. Qualitätskontrollen, Funktionsprüfungen und spezieller Audits,

die Vorbereitung ausgewählter Komponenten u.a. Maßnahmen während der Kalt-Inbetriebnahme,

die erweiterte Beachtung der Dokumentationsaspekte,

neue Checklisten und Templates zu unterschiedlichen Anforderungen.

Ein wesentliches Anliegen der 4. Auflage war es, die Aussagen durch noch mehr Beispiele und Bilder aus der Praxis zu belegen und deren Umsetzung durch zusätzliche Checklisten und Dokumentenbeispiele zu unterstützen. Insgesamt wurde die Anzahl an Abbildungen, Tabellen und Beispielen nahezu verdoppelt.

Allen Fachkollegen, die ich „vor Ort“ bzw. auf Fortbildungsseminaren kennen lernen konnte, möchte ich für die anregenden Gespräche und Hinweise danken.

Besonderer Dank gilt meiner Ehefrau, Dipl.-Ing. Brigitte Weber für die Gestal- tung zahlreicher Abbildungen und für die Durchsicht des Manuskripts.

Dem Springer-Verlag sei für die angenehme Zusammenarbeit gedankt.

Dresden, Juni 2015 Klaus H. Weber

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Vorwort zur 1. Auflage

Die Inbetriebnahme einer Anlage beinhaltet allgemein ihre Überführung aus dem Ruhezustand in den Dauerbetriebszustand. In Abhängigkeit von ihrer zeitlichen Einordnung in den Lebenszyklus der Anlage wird zwischen der Erstinbetrieb- nahme nach dem Montageende bis zur Anlagenübergabe/-nahme und der Wieder- inbetriebnahme während des Betriebszeitraumes unterschieden.

Das vorliegende Buch betrachtet schwerpunktmäßig die Erstinbetriebnahme in Verbindung mit der vorausgegangenen Anlagenplanung und -montage. Dabei wird vereinbarungsgemäß der Begriff Inbetriebnahme auch dann benutzt, wenn streng genommen eine Erstinbetriebnahme gemeint ist.

Obwohl der Inbetriebnahmezeitraum im „Leben“ einer verfahrenstechnischen Anlage nur 1bis3 Prozent ausmacht, so kommt ihm doch eine Schlüsselrolle zu.

Mit der Inbetriebnahme beginnt die „Stunde der Wahrheit“ für alle Beteiligten.

Sie müssen insgesamt und speziell während des Garantieversuches nachweisen, dass die in den Vorphasen erbrachten Leistungen solide und erfolgreich waren.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

Die Inbetriebnahme ist zugleich die letzte Phase der Projektabwicklung, wie auch die erste Phase des Betreibens der Anlage. Sie ist eben die Über- gangsphase vom stationären Zustand nach dem Montageende in den stati- onären Zustand des Dauerbetriebes.

Genau darin liegt ihre Spezifik und Schwierigkeit.

Die Kosten für die Inbetriebnahme neu errichteter verfahrenstechnischer Anla- gen betragen 5 bis 20 Prozent der Gesamtinvestitionskosten.

Nicht wenige Führungskräfte und Spezialisten, die mit der Vorbereitung und Abwicklung von Anlageninvestitionen nicht unmittelbar befasst sind, überrascht dieser hohe Anteil. Aber auch dem beteiligten Projektingenieur sind die erhebli- chen Inbetriebnahmekosten mitunter nicht voll bewusst.

Im Vergleich zur Anlagenplanung und -montage, bei denen die Fragen der Kostenminimierung, z. B. durch Anwendung komplizierter mathematischer Mo- delle und Rechenprogramme bzw. durch Nutzung effizienter Montagetechnolo- gien, im Mittelpunkt stehen, werden die Probleme und Kosten bei der Anlagenin- betriebnahme häufig unterschätzt. Nicht selten werden somit Finanzmittel, die während der Planung und Montage mühsam gespart wurden, durch Störungen o- der Verzögerungen bei der Inbetriebnahme wieder aufgebraucht.

Obwohl nahezu jede verfahrenstechnische Anlage ein Unikat darstellt und so- mit verfahrens- und anlagentechnische Merkmale aufweist, sind ein Großteil der Aufgaben und Erfahrungen bei der Inbetriebnahme allgemein gültig. In dieser Be- ziehung unterscheidet sich die Inbetriebnahme nicht grundsätzlich von der Pla-

(8)

X Vorwort

nung oder Montage, die im Unterschied zur Inbetriebnahme aber wesentlich um- fassender in der Fachliteratur abgehandelt wurden. Das vorliegende Buch will hel- fen, diese Lücke zu schließen.

Ein Hauptanliegen dieses Buches ist es, die wiederkehrenden Tätigkeiten in Vorbereitung und Durchführung von Inbetriebnahmen methodisch und inhaltlich zu systematisieren und zu diskutieren. Dabei wird die Inbetriebnahme nicht losge- löst sondern eingebettet in den Gesamtprozess der Anlagenplanung und

-realisierung verstanden. Im Einzelnen soll nachgewiesen werden, dass der Schlüssel für eine erfolgreiche Inbetriebnahme bereits in ihrer Beachtung bzw.

Vorbereitung während der Entwicklung, Planung und Montage liegt.

Mit Hilfe zahlreicher Checklisten und Praxisbeispielen werden Erfahrungen vermittelt und praktische Hinweise gegeben. Dem Verfasser geht es dabei stets um die beispielhafte Erläuterung seiner Aussagen. Ein Anspruch auf Allgemeingül- tigkeit und Vollständigkeit kann und soll nicht erhoben werden.

Nicht zuletzt werden mit dem vorliegenden Buch auch Anregungen zur An- wendung moderner Arbeitsmittel, beispielsweise von Experten- bzw. Beratungs- systemen, in Verbindung mit Inbetriebnahmen gegeben. Dies trifft gleichfalls auf die gezielte Nutzung der Inbetriebnahme für den Know-how-Gewinn zu.

Die beigeführten Begriffsdefinitionen sollen mithelfen, das noch anzutreffende uneinheitliche Begriffsverständnis auf dem behandelten Fachgebiet einzugrenzen und somit das Sprachverständnis zwischen den beteiligten Fachleuten zu verbes- sern.

Das Manuskript dieses Buches ist aus meinen Vorträgen im Seminar „Inbe- triebnahme verfahrenstechnischer Anlagen“ des VDI-Bildungswerkes sowie in meiner Vorlesung „Montage und Inbetriebnahme von Anlagen“ an der Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg entstanden. Für die zahlreichen Anregungen bin ich den Fachkollegen, insbesondere Herrn Dr.-Ing. B. Drechsel, aber auch den Studenten dankbar.

Mein Dank gilt gleichfalls Fräulein Dipl.-Ing. K. Kohnke, Frau Dipl.-Ing.

S. Hüttich, Herrn Dipl.-Ing. J. Butzkies und Herrn Dipl.-Ing. F. Schatz für die Un- terstützung bei der redaktionellen Fertigstellung sowie meinem langjährigen Kol- legen Herrn Dipl.-Ing. W.-D. Stockmann für die kritische Durchsicht des Manu- skriptes.

Beim Verlag bedanke ich mich für die angenehme Zusammenarbeit.

Bad Dürrenberg, Januar 1996 Klaus H. Weber

(9)

Inhalt

1 Aufgaben, Schnittstellen und Spezifik der Inbetriebnahme . . . 1

1.1 Begriffsdefinitionen zur Inbetriebnahme . . . 1

1.2 Aufgaben und Zielstellungen der Inbetriebnahme . . . 8

1.3 Einordnung der Inbetriebnahme in den Lebenszyklus der Anlage . . . 12

1.4 Abschnitte, Meilensteine und Schnittstellen der Inbetriebnahme . . . 13

1.4.1 Abschnitte und Meilensteine . . . 15

1.4.2 Charakterisierung wesentlicher Schnittstellen . . . 19

1.4.3 Besonderheiten bei Investitionen in bestehenden Anlagen . . . 26

1.4.4 Zusätzliche inbetriebnahmespezifische Leistungen in Pharmaprojekten . . . 30

1.4.4.1 Vorbemerkungen und Anforderungen . . . 30

1.4.4.2 Maßnahmen der Qualifizierung und Validierung. . . 32

1.4.4.3 Zusätzliche Anforderungen an die Dokumentation . . . 37

1.5 Spezifika der Inbetriebnahme .. . . 39

Literatur . . . 43

2 Beachtung der Inbetriebnahme bei der Entwicklung und Planung . 45

2.1 Phasenmodell der Anlagen-Projektabwicklung . . . 45

2.2 Beachtung der Inbetriebnahme bei der Entwicklung . . . 52

2.3 Beachtung der Inbetriebnahme beim Engineering . . . 59

2.3.1 Beachtung standort- und kundenspezifischer Bedingungen . . . 60

2.3.2 Erarbeiten einer effizienten Inbetriebnahmetechnologie . . . 65

2.3.3 Beachtung besonderer Fahrweisen vor und während der Inbetriebnahme bei der Auslegung und Konstruktion . . . 68

2.3.4 Berücksichtigung besonderer Inbetriebnahmeeinheiten sowie zusätzlicher Stoffe und Energien . . . 76

2.3.5 Bedienungs- und instandhaltungsgerechte Anlagengestaltung.. 79

2.3.6 Gewährleisten einer inbetriebnahmefreundlichen Prozessleittechnik (PLT) . . . 84

2.4 Dokumentation und Inbetriebnahmedokumente . . . 90

2.4.1 Lebenszyklus und Begriffsdefinitionen zur Dokumentation . . . 91

2.4.2 Wichtige inbetriebnahmerelevante Phasendokumentationen . . 94

(10)

XII Inhalt

2.4.3 Inbetriebnahmedokumentation und AS BUILT-Dokumentation 102

2.4.3.1 Anlagendokumentation inkl. Herstellerdokumente . . . 103

2.4.3.2 Betriebsdokumentation . . . 107

2.4.3.3 AS BUILT-Dokumentation . . . 114

Literatur . . . 114

3 Planen von Sicherheit sowie Gesundheits- und Umweltschutz für die Inbetriebnahme . . . 117

3.1 Vorbemerkungen und Begriffsdefinitionen . . . 117

3.2 Einbindung der Inbetriebnahme in die Projekt-Sicherheitsarbeit . . . 119

3.3 Inbetriebnahmerelevante Rechtsvorschriften der EU und der BRD . . . . 124

3.3.1 Relevante Rechtsvorschriften der EU . . . 124

3.3.1.1 Übersicht zum fachspezifischen Recht der EU . . . 124

3.3.1.2 EU-Rechtsvorschriften für Anlagenkomponenten bzw. Stoffe . 125 3.3.1.3 EU-Rechtsvorschriften für verfahrenstechnische Anlagen . . . . 144

3.3.2 Relevante Gesetze und Verordnungen der BRD . . . 150

3.3.2.1 Übersicht zum Recht der BRD . . . 150

3.3.2.2 Genehmigungsrecht und Umweltrecht . . . 153

3.3.2.3 Produktsicherheitsrecht und Anlagensicherheitsrecht . . . 162

3.3.2.4 Arbeitssicherheitsrecht und Gesundheitsschutzrecht . . . 169

3.4 Beachtung der Inbetriebnahme bei Genehmigung und Umweltschutz . . 175

3.4.1 Übersicht zu Genehmigungsverfahren für verfahrens- technische Anlagen in der BRD . . . 177

3.4.2 Umweltverträglichkeitsprüfung . . . 179

3.4.3 Beachtung der Inbetriebnahme im Genehmigungsverfahren nach BImSchG . . . 182

3.4.4 Umweltschutz in Vorbereitung und Durchführung der Inbetriebnahme . . . 191

3.5 Gewährleisten von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Inbetriebnahme . . . 194

3.5.1 Grundsätze für sicherheitsgerechtes Verhalten . . . 196

3.5.2 Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz . . . 198

3.5.2.1 Risikobeurteilung vor Inverkehrbringen . . . 198

3.5.2.2 Betriebsanleitungen und Inbetriebnahmeanleitung . . . 203

3.5.2.3 Konformitätserklärungen vor Inverkehrbringen . . . 206

3.5.2.4 Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen inkl. Inbetriebnahmeanweisungen . . . 210

3.5.3 Arbeitsfreigabe während der Inbetriebnahme . . . 220

Literatur . . . 225

(11)

Inhalt XIII

4 Inbetriebnahmemanagement . . . 231

4.1 Grundlagen und Erfahrungen zum Projektmanagement . . . 231

4.1.1 Schritte des Projektmanagements . . . 233

4.1.2 Erfahrungen aus Projektabwicklungen . . . 236

4.2 Inbetriebnahmekosten und Einsparpotenziale . . . 240

4.2.1 Analyse der Inbetriebnahmekosten . . . 240

4.2.2 Verringerung der Inbetriebnahmekosten . . . 245

4.3 Vertragsgestaltung zur Inbetriebnahme . . . 255

4.3.1 Rechtsformen von Verträgen nach Bürgerlichen Gesetzbuch . . 257

4.3.1.1 Werkvertrag (BGB, §§ 631 – 651) . . . 258

4.3.1.2 Kaufvertrag (BGB, §§ 433 – 479) . . . 261

4.3.1.3 Dienstvertrag (BGB, §§ 611 – 630) . . . 263

4.3.2 Vertragsarten im Anlagenbau . . . 264

4.3.2.1 Generalvertrag . . . 264

4.3.2.2 Ingenieurvertrag .. . . 275

4.3.2.3 Montage- und/oder Inbetriebnahmevertrag . . . 278

4.3.2.4 Beratervertrag . . . 279

4.3.3 Gewährleistung und Garantie im Anlagenvertrag . . . 281

4.3.3.1 Ausführungen zu Gewährleistung . . . 281

4.3.3.2 Ausführungen zu Garantie . . . 285

4.4 Inbetriebnahmeorganisation und -sicherheit . . . 287

4.4.1 Arbeitsorganisation im Inbetriebnahmeteam . . . 291

4.4.1.1 Verantwortung und Befugnisse . . . 292

4.4.1.2 Pflichten und Zuständigkeiten . . . 294

4.4.1.3 Übertragung von Pflichten und Verantwortung . . . 294

4.4.1.4 Konsequenzen bei pflichtwidrigen Verhalten . . . 299

4.4.1.5 Besprechungen während der Inbetriebnahme . . . 305

4.4.1.6 Formblätter für die Inbetriebnahme . . . 306

4.4.2 Inbetriebnahmeleiter . . . 307

4.4.2.1 Verantwortung und Befugnisse des Inbetriebnahmeleiters . . . . 308

4.4.2.2 Anforderungen an den Inbetriebnahmeleiter . . . 309

4.4.3 Inbetriebnahmeteam . . . 311

4.4.3.1 Aufbau und Organisationsstruktur . . . 311

4.4.3.2 Stellenbeschreibungen und Kommunikation . . . 318

4.4.4 Inbetriebnahmehandbuch . . . 319

4.5 Inbetriebnahmeplanung . . . 323

4.6 Inbetriebnahmecontrolling .. . . 334

4.6.1 Hauptaufgaben des Inbetriebnahmecontrolling . . . 335

4.6.2 Maßnahmen bei Abweichungen (Troubleshooting) . . . 339

4.7 Versicherungen zur Inbetriebnahme . . . 342

4.7.1 Technische Versicherungen . . . 342

(12)

XIV Inhalt

4.7.2 Weitere Versicherungen bei der Inbetriebnahme . . . 347

Literatur . . . 349

5 Vorbereitung der Inbetriebnahme . . . 353

5.1 Qualitätssicherung inkl. Montagekontrollen . . . 353

5.1.1 Qualitätssicherung bei der Beschaffung . . . 356

5.1.2 Montagekontrollen u.a. Vor-Ort-Qualitätskontrollen . . . 359

5.2 Ausbildung und Unterweisung des Bedienungs- und Instandhaltungs- personals . . . 369

5.2.1 Systematik und Schwerpunkte der Ausbildung . . . 372

5.2.2 Durchführen der Ausbildung . . . 375

5.2.3 Unterweisungen . . . 382

5.3 Reinigen der Anlage . . . 386

5.3.1 Mechanische Reinigung von Anlagenkomponenten . . . 388

5.3.2 Ausblasen der Anlage . . . 389

5.3.3 Ausspülen der Anlage. . . 395

5.3.4 Sondermaßnahmen . . . 399

5.4 Inbetriebnahme der Infrastruktur, Mediensysteme, Nebenanlagen . . . 401

5.4.1 Inbetriebnahme der Infrastruktur . . . 402

5.4.2 Inbetriebnahme der Mediensysteme und Nebenanlagen . . . 405

5.5 Sicherheits-, Funktions- und Abnahmeprüfungen . . . 415

5.5.1 Sicherheitsprüfungen . . . 415

5.5.2 Funktionsprüfungen . . . 423

5.5.2.1 Funktionsprüfungen der Maschinen . . . 426

5.5.2.2 Funktionsprüfungen der Elektrotechnik . . . 430

5.5.2.3 Funktionsprüfungen des Prozessleitsystems (PLS) und der Mess-Steuer-Regeltechnik (MSR) . . . 433

5.5.2.4 Funktionsprüfungen sonstiger Komponenten/Einrichtungen . . 443

5.5.2.5 Komplexe Funktionsprüfungen . . . 448

5.5.3 Abnahmepüfungen . . . 450

5.6 Verschließen und Dichtheitsprüfung der Anlage . . . 455

5.7 Auditieren der Inbetriebnahmevoraussetzungen . . . 458

5.8 Schnittstellengestaltung zwischen Montage und Inbetriebnahme . . . 467

5.8.1 Definition MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG . . . 469

5.8.2 Prozedur MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG . . . 471

Literatur . . . 477

(13)

Inhalt XV

6 Durchführung der Inbetriebnahme . . . 479

6.1 Ablauf der Inbetriebnahme . . . 479

6.2 Herstellung der Betriebsbereitschaft bzw. Kalt-Inbetriebnahme . . . 483

6.2.1 Erproben und Festigen der Inbetriebnahmeorganisation . . . 484

6.2.2 Erledigung restlicher Montagearbeiten, Reinigungs- maßnahmen und Prüfungen . . . 485

6.2.3 Fortsetzen komplexer Funktionsprüfungen inkl. Wasserfahrt . . 487

6.2.4 Vorbereitung ausgewählter Komponenten . . . 489

6.2.4.1 Ausheizen der feuerfesten Ausmauerungen/Auskleidungen . . . 489

6.2.4.2 Einfüllen und Vorbehandeln von Katalysatoren und Adsorbentien . . . 493

6.2.5 Inertisieren . . . 496

6.2.6 Anfahrcheck und Anzeige der Betriebsbereitschaft . . . 498

6.3 Beginn der Heiß-Inbetriebnahme und Anfahren der Anlage . . . 507

6.3.1 Allgemeine Grundsätze . . . 507

6.3.2 Anfahren wesentlicher Anlagenkomponenten . . . 509

6.3.2.1 Antriebe . . . 510

6.3.2.2 Verdränger- und Kreiselpumpen . . . 512

6.3.2.3 Kolben- und Turboverdichter . . . 517

6.3.2.4 Turbinen mit Generatoren . . . 530

6.3.2.5 Industrieöfen und Dampferzeuger . . . 533

6.3.2.6 Reaktoren und Adsorber . . . 539

6.3.2.7 Kolonnen . . . 544

6.3.2.8 Prozessleittechnik und Elektrotechnik . . . 547

6.3.3 Anfahrbeispiel einer verfahrenstechnischen Anlage . . . 550

6.3.4 Besonderheiten bei Winterbedingungen . . . 556

6.4 Stabilisieren und Hochfahren der Anlage . . . 558

6.5 Einfahren der Anlage . . . 561

6.6 Abfahren bzw. Außerbetriebnahme der Anlage . . . 570

6.7 Instandsetzen und Wiederanfahren der Anlage . . . 573

6.8 Leistungsfahrt und Leistungsnachweis . . . 574

6.8.1 Vorbereiten der Leistungsfahrt . . . 576

6.8.2 Durchführung und Auswertung der Leistungsfahrt . . . 578

6.9 Abnahme der Anlage im Rechtssinn . . . 581

6.10 Fertigstellung, Prüfung, Abnahme der AS BUILT-Dokumentation . . . . 588

6.10.1 Regelungsbedarf zur AS BUILT-Dokumentation . . . 588

6.10.2 Fertigstellung und Lieferung der AS BUILT-Dokumentation . . 591

6.10.3 Prüfung der AS BUILT-Dokumentation . . . 594

6.10.4 Abnahme der AS BUILT-Dokumentation . . . 597

Literatur . . . 600

(14)

XVI Inhalt

7 Know-how-Gewinn während der Inbetriebnahme . . . 603

7.1 Prozess- und Anlagenanalyse während der Inbetriebnahme . . . 604

7.2 Inbetriebnahmeauswertung . . . 613

Literatur . . . 615

Glossar . . . 617

Sachwortverzeichnis . . . 633

(15)

1 Aufgaben, Schnittstellen und Spezifik der Inbetriebnahme

1.1 Begriffsdefinitionen zur Inbetriebnahme

Der Begriff Inbetriebnahme wird sowohl in der Fachliteratur als auch in der Pra- xis noch unterschiedlich gebraucht. Eine allgemein anerkannte und praktikable Begriffsdefinition setzt sich nur langsam durch, obwohl in den letzten Jahren, auch unter Mithilfe des vorliegenden Buches und der Vortragstätigkeiten des Au- tors, erkennbare Fortschritte erreicht wurden. Neben dem Begriff Inbetriebnahme werden mitunter andere Worte, wie Inbetriebsetzung, Ingangsetzen, Anfahren, Warmstart als Synonyme bzw. verwandte Begriffe genutzt.

Eine Ursache für diese vielfältige Wortwahl wird insbesondere darin gesehen, dass die Inbetriebnahmethematik vergleichsweise zu anderen Fachgebieten des Maschinen- und Anlagenbaues nur wenig wissenschaftlich betrachtet wurde.

Ferner sind die konkreten Aufgaben, die während der Inbetriebnahme erfolg- reich zu lösen sind, wesentlich vom in Betrieb zu nehmenden Gegenstand bzw.

System abhängig. Dementsprechend wurden auch die Begriffsdefinitionen mehr oder weniger spezifisch formuliert.

Nachfolgend dazu einige Beispiele.

a) In der Maschinenrichtlinie (MRL) [1] wird in Artikel 2 (Begriffsdefinitionen), Buchst. k) bezogen auf Maschinen definiert:

„Inbetriebnahme“ die erstmalige bestimmungsgemäße Verwendung einer von die- ser Richtlinie erfassten Maschine in der Gemeinschaft.

Dieser Inbetriebnahmebegriff charakterisiert somit einen Zeitpunkt, zu dem die Maschine erstmalig bestimmungsgemäß verwendet wird. Dieser Begriff wird im speziellen Fall anstelle „Inverkehrbringen“ dann genutzt, wenn z. B. ein Anlagenbetreiber für den sogenannten Eigengebrauch eine Maschine erstmalig bereitstellt und nutzt.

Im Unterschied zum angeführten Inbetriebnahmebegriff nach MRL wird in der DIN EN ISO 12100 [2] die Formulierung „In Betrieb nehmen“ gebraucht und wie folgt verstanden:

Das „In Betrieb nehmen“ von Maschinen und Anlagen dient der Überprüfung von Funktionen und Eigenschaften sowie der Erkennung und Beseitigung von Fehlern und entspricht der Endprüfungsphase einer Maschine oder Anlage.

K. H. Weber, Inbetriebnahme verfahrenstechnischer Anlagen,

DOI 10.1007/978-3-662-48162-2_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

(16)

2 1 Aufgaben, Schnittstellen und Spezifik der Inbetriebnahme

Diese Definition beschreibt somit einen Zeitraum, der u.a. von der Art der Ma- schinen und den notwendigen Arbeitsumfang bestimmt wird. Die Lebensphase bzw. der Zeitraum „In Betrieb nehmen“ liegt als Teil des Beschaffungsprozes- ses noch vor dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme, ohne dass die Maschine konform zur Maschinenrichtlinie sein muss.

b) Für die Kraftwerksbranche formuliert der Gesetzgeber im Zuteilungsgesetz (ZUG) [3] in § 3 (Begriffsbestimmungen), Abs. 2, Ziff. 7:

Inbetriebnahme: die erstmalige Aufnahme des Regelbetriebes nach Abschluss des Probebetriebs.

Unter der Formulierung „Aufnahme des Regelbetrieb“ kann sinngemäß der Ausdruck „erstmalige bestimmungsgemäße Verwendung“ aus der MRL ver- standen werden. Die Inbetriebnahmedefinition nach ZUG [3] beschreibt, analog zur MRL [1], einen Zeitpunkt.

Der Zeitraum bzw. die zugehörigen Tätigkeiten nach dem Montageende bis zum Inbetriebnahme-Zeitpunkt wird bzw. werden in der Kraftwerksbranche mitunter als Inbetriebsetzung bezeichnet.

c) In der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [4] wird in Verbindung mit einer überwachungsbedürftigen Anlage in § 15 von „Prüfung vor Inbetrieb- nahme“ gesprochen (s. Abschn. 3.3.2.3, Buchst. c)).

Diese beinhaltet insbesondere die Prüfung, ob die Anlage einschließlich der Anlagenteile entsprechend der BetrSichV errichtet wurde und in einem sicheren Zustand ist.

Die Prüfung geht zeitlich der erstmaligen Inbetriebnahme voraus bzw. die

„erstmalige Inbetriebnahme“ nach BetrSichV wird zeitlich am Ende der Maß- nahmen von Inverkehrbringen, Erproben, Prüfen usw. eingeordnet.

Für eine Kraftwerksanlage ist in Abb. 1.1 die detaillierte Strukturierung des gesamten Zeitraums von Ende der Montage bis zum Beginn des Dauerbetriebs (Synonym: Kommerzieller Betrieb, Regelbetrieb), wie sie unter konsequenter Anwendung der Betriebssicherheitsverordnung [4] im FDBR-Merkblatt [5]

vorgeschlagen wurde, dargestellt.

Zur Erläuterung der Übersichtsdarstellung in Abb. 1.1 sind nachfolgend einige Ausführungen aus dem FDBR-Merkblatt angeführt:

▪ Der 1. Abschnitt unter Verantwortung des Anlagenherstellers umfasst die Inbetriebsetzung gemäß folgender Definition:

Inbetriebsetzung ist die Überführung der Anlage durch den Anlagenhersteller aus dem Ruhezustand (nach Montageende) einschließlich der Systemerprobungen bis zum Inverkehrbringen der Anlage [5].

▪ Nach dem Inverkehrbringen (s. Abschn. 3.5.2.1) übernimmt lt. FDBR- Merkblatt i.d.R der Betreiber (oder eine Generalunternehmer) die Verantwor- tung für die Kraftwerksanlage. Er benutzt die Anlage gemäß der folgenden Definition in § 2 (Begriffsbestimmungen), Abs. 3:

(17)

1.1 Begriffsdefinitionen zur Inbetriebnahme 3

Abb. 1.1 Strukturierung und Begriffe für den Übergangszeitraum zwischen Montageende und Dauerbetrieb von Anlagen [5]

(3) Benutzung im Sinne dieser Verordnung (d. Verf.: BetrSichV) umfasst alle ein Arbeitsmittel betreffenden Maßnahmen wie Erprobung, Ingangsetzung, Stillsetzen, Gebrauch, Instandsetzung und Wartung, Prüfung, Sicherheitsmaßnahmen bei Be- triebsstörung, Um- und Abbau und Transport.

Die Benutzung beinhaltet somit auch die Erprobungen (z. B. Einstellungen, Testläufe) unter der Bezeichnung „Erprobung vor erstmaliger Inbetriebnahme“.

▪ Anschließend an die Benutzung beginnt nach BetrSichV der Betrieb einer überwachungsbedürftigen Anlage gemäß folgender Definition nach § 2 (Be- griffsbestimmungen), Abs. 4 der BetrSichV:

(4) Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 (d. Verf.: Auflistung der überwachungsbedürftigen Anlagen) umfasst die Prüfung durch zugelassene Überwachungsstellen oder befähigte Personen und die Benut- zung nach Absatz 3 ohne Erprobung vor erstmaliger Inbetriebnahme, Abbau und Transport.

▪ Der erste Schritt während des so definierten Betriebs der überwachungs- pflichtigen Anlage ist die „Prüfung vor erstmaliger Inbetriebnahme“ nach

§ 14, BetrSichV durch eine zugelassene Überwachungsstelle.

Sind die Prüfungen erfolgreich durchgeführt und die Ergebnisse nachvoll- ziehbar dokumentiert kann die „Erstmalige Inbetriebnahme“ beginnen.

Zusammenfassend zu den vorgenannten Beispielen a) bis c) wird eingeschätzt:

In allen drei Beispielen wird der Inbetriebnahme-Begriff unterschiedlich und inhaltlich eng begrenzt verwendet.

(18)

4 1 Aufgaben, Schnittstellen und Spezifik der Inbetriebnahme

Die in Abb. 1.1 vorgenommene Strukturierung vor dem Hintergrund der Betriebs- sicherheitsverordnung verwendet mehrere Begriffe, wie Inverkehrbringen, Inbe- triebsetzung, Benutzung, Erprobung, Betrieb und Erstmalige Inbetriebnahme, die in verfahrenstechnischen Anlagenprojekten mitunter in einem anderen Zusam- menhang und/oder Begriffsverständnis verwendet werden. Beispielsweise er- scheint es ungünstig, wenn der Begriff Betrieb und die zugehörigen Tätigkeiten zeitlich vor der Erstmaligen Inbetriebnahme eingeordnet werden.

Andererseits wird der in der Praxis häufig benutzte Begriff Anfahren (start-up) in den Rechtsvorschriften nicht gebraucht.

Ferner ist der in Abb. 1.1 dargestellte Gefahren- und Verantwortungsübergang (in [5] wird von „Überlassung der Anlage vom Anlagenhersteller auf den Kunden (Betreiber)“ formuliert) in vielen Projekten zu diesem Zeitpunkt nicht der Fall.

Diese wichtige Projekt-Schnittstelle (s. Abschn. 1.4.2) kann u. a. auch zum Zeit- punkt Mechanische Fertigstellung (MF) oder nach erbrachtem Leistungsnachweis bzw. nach werkvertraglicher Abnahme der Anlage zwischen den Vertragspartnern vereinbart sein.

Die angeführte Verwendung des Begriffs Inbetriebnahme für die zeitlich spät stattfindenden Tätigkeiten entspricht ebenfalls nicht der Praxis im verfahrenstech- nischen Anlagenbau. Die Inbetriebnahme beginnt i. Allg. entsprechend dem übli- chen Begriffsverständnis zeitlich viel früher.

Insgesamt erscheinen die Vorgaben bzw. Vorschläge aus Rechtsvorschrif- ten und/oder Normen, die zur Strukturierung des Übergangszeitraums von Montageende bis Beginn Dauerbetrieb gemacht werden, für verfahrens- technische Anlagenprojekte nicht geeignet. Auch in Kraftwerksprojekten wird häufig von der in Abb. 1.1 vorgeschlagenen Strukturierung nach [5]

abgewichen.

Der Autor hat aus diesem Grund im vorliegenden Buch diese Über- gangsphase anders strukturiert und für die einzelnen Schritte mitunter auch andere Begriffe und zugehörige Begriffsdefinitionen genutzt.

Zum großen Teil beruhen diese Vorschläge, die bereits in der 1. Auflage des vorliegenden Fachbuchs 1996 präsentiert wurden, auf praktischen Er- fahrungen. Sie haben sich seitdem in der Praxis zahlreich bewährt. Eine Korrektur war in den zurückliegenden Jahren nicht notwendig.

Im vorliegenden Buch wird der Begriff Inbetriebnahme stets auf verfahrenstech- nische Anlagen bezogen, wobei die wichtigen Begriffe wie folgt definiert werden:

Verfahren ist die Gesamtheit der physikalischen, chemischen, biologischen und nuklearen Wirkungsabläufe (Synonym: Prozess).

Die Wirkungsabläufe werden durch Grundoperationen (Unit Operation) charak- terisiert.

Die Grundoperation ist derjenige Einzelschritt bzw. -vorgang, der letztlich eine physikalische Stoffänderung bzw. eine chemische und/oder biologische und/oder nukleare Stoffwandlung realisiert. Die Grundoperation ist ein typischer, in vielen Verfahren wiederkehrender Basisvorgang.

Das Gesamtverfahren wird in Verfahrensstufen bzw. Prozessschritte unterteilt.

(19)

1.1 Begriffsdefinitionen zur Inbetriebnahme 5

Anlage ist die Gesamtheit der zur Durchführung eines Verfahrens (Prozes- ses) notwendigen Ausrüstungen und Einrichtungen in ihrer funktions- bedingten Kopplung und räumlichen Anordnung.

Verfahrenstechnische Anlagen sind Anlagen zur Durchführung von Stoffände- rungen und Stoffumwandlungen mit Hilfe zweckgerichteter physikalischer und/

oder chemischer und/oder biologischer und/oder nuklearer Wirkungsabläufe [6].

Die Wesensmerkmale der verfahrenstechnischen Anlagen, die zugleich die Inbe- triebnahme gravierend beeinflussen, sind insbesondere:

die Durchführung physikalischer Stoffänderungen und chemischer oder biolo- gischer Stoffumwandlungen in diesen Anlagen,

eine große Komplexität und Kompliziertheit der Anlagen; dies trifft sowohl die stoffliche und energetische Verflechtung und Kopplung als auch die konstruk- tive Gestaltung der einzelnen Komponenten,

der häufig anzutreffende unikate Charakter,

die Notwendigkeit zur Anwendung von verschiedenartigen, integrativen Fach- wissen während des Lebenszyklus der Anlagen,

das Vorhandensein eines umfangreichen Rohrleitungssystems zum Transport der Stoffe innerhalb der Anlagen sowie über die Anlagengrenzen hinweg, der große Umfang und die Ganzheitlichkeit der Informationsverarbeitung wäh- rend des Anlagenbetriebes; typisch ist die Anwendung einer hierarchisch auf- gebauten Leittechnik zur Gewährleistung eines effizienten Produktionsprozes- ses aus der Sicht des Unternehmens,

die Größenordnung derartiger Anlagen und ihrer Komponenten; zu nennen sind in diesem Zusammenhang u. a. die oftmals erheblichen territorialen Ausdeh- nungen sowie die Größe der Ausrüstungen,

die erheblichen Auswirkungen der verfahrenstechnischen Anlagen auf die Menschen, die Wirtschaft und die Umwelt, auch über Anlagengrenzen hinaus.

Ein Anliegen dieses Buches ist es, die Inbetriebnahme verfahrenstechnischer An- lagen möglichst eindeutig und in klarer Abgrenzung zu den anderen Projektphasen zu definieren. Dabei wird zugleich versucht, die Gegebenheiten und Erfahrungen der Praxis weitgehend zu berücksichtigen.

Ausgehend von dieser Zielstellung werden im vorliegenden Buch die folgenden Begriffsdefinitionen bezüglich der Inbetriebnahme verfahrenstechnischer Anlagen formuliert und benutzt:

Inbetriebnahme (Commissioning) ist die Überführung der Anlage aus dem Ruhe- zustand in den Dauerbetriebszustand.

Erstinbetriebnahme (First-time commissioning) ist die Überführung der Anlage aus dem Ruhezustand nach Mechanischer Fertigstellung (Mechanical Completion) in den Dauerbetriebszustand nach werkvertraglicher Abnahme bzw. nach schriftli- cher Bestätigung der erbrachten Vertragsleistung.

Wiederinbetriebnahme (Recommissioning) ist die Überführung der Anlage aus dem Ruhezustand nach Abstellung (Stillstand) in den Dauerbetriebszustand.

Die so definierte Inbetriebnahme beinhaltet somit

(20)

6 1 Aufgaben, Schnittstellen und Spezifik der Inbetriebnahme

x sowohl eine Phase (sog. Inbetriebnahmephase) bzw. einen Zeitraum innerhalb des Lebenszyklus der Anlage oder innerhalb der Anlagen-Projektabwicklung (s. Abschn. 1.3 bzw. 1.4)

x als auch die in diesem Zeitraum/Phase zu erbringenden Leistungen (sog. Inbe- triebnahmeleistungen/-arbeiten).

Dies bedeutet vereinfacht formuliert:

Alle Leistungen, die nach Protokollierung der Mechanischen Fertigstellung (bzw. nach Freigabe zur Wiederinbetriebnahme am Ende des Stillstandes) bis zum erbrachten Leistungsnachweis bzw. bis zur Protokollierung der werkvertraglichen Abnahme der Vertragsleistung erbracht werden, gehö- ren zur Inbetriebnahme.

Verantwortlich dafür ist der Inbetriebnahmeleiter.

Zugleich bedeutet dies, dass alle Maßnahmen, die im Hinblick der Inbetriebnahme vor der Mechanischen Fertigstellung stattfinden, nicht zur Inbetriebnahme gehö- ren. Sie werden per Definition der Inbetriebnahmevorbereitung zugeordnet.

Gemäß den vereinbarten Definitionen betreffs Inbetriebnahme ist sowohl ihr Beginn (als Schnittstelle zwischen Montage und Inbetriebnahme) als auch ihr En- de (als Schnittstelle zwischen Inbetriebnahme und Dauerbetrieb) eindeutig gere- gelt. Da diese beiden Schnittstellen (s. Abschn. 1.4.2) in den meisten Projekten i.d.R. fachlich, organisatorisch, vertraglich, sicherheitlich, wirtschaftlich usw. sehr wichtig sind, erscheint es zweckmäßig, wenn diese beiden Schnittstellen zugleich den Anfang und das Ende der Inbetriebnahme(-phase) ausmachen.

Diese klare Angrenzung und Schnittstellenregelung gegenüber anderen Pro- jektphasen erleichtert wesentlich die vertragliche, organisatorisch-administrative und inhaltliche Ausgestaltung sowie die rechtskonforme, sichere und effiziente Durchführung der Inbetriebnahme. Zahlreiche Praxisbeispiele haben dies nach- drücklich bewiesen.

Für die weiteren Ausführungen diese Buchs erscheinen, auch hinsichtlich der definierten drei unterschiedlichen Inbetriebnahmebegriffe, noch folgende Hinwei- se bedeutungsvoll.

Die allgemeine Definition der Inbetriebnahme in der o. g. Form ist für die kon- krete Problemlösung bei der Inbetriebnahmevorbereitung und -durchführung wenig hilfreich.

Im Zusammenhang mit einer Anlageninvestition geht es vorrangig um eine effiziente Erstinbetriebnahme, während beim Anlagenbetrieb eine reibungslose Wiederinbetriebnahme wichtig ist.

Für die weiteren Ausführungen dieses Buchs wird zur Vereinfachung (wie in der Praxis üblich) vereinbart:

Wenn im Text dieses Buchs der Begriff „Inbetriebnahme“ gebraucht wird, so ist vereinbarungsgemäß i. Allg. exakterweise die „Erstinbetriebnahme“

gemeint. Auf Ausnahmen wird separat hingewiesen.

(21)

1.1 Begriffsdefinitionen zur Inbetriebnahme 7

Die Erstinbetriebnahme einer verfahrenstechnischen Anlage ist im Allgemeinen wesentlich komplizierter als ihre Wiederinbetriebnahme. Sie schließt die letz- tere weitgehend mit ein und steht im Mittelpunkt dieses Buches.

Auf einige Besonderheiten der Wiederinbetriebnahme wird in Abschn. 6.7 ein- gegangen.

Als Gegenstand bzw. Objekt der Inbetriebnahme wird die verfahrenstechni- sche Anlage angesehen, wobei darunter im weitesten Sinne ein verfahrens- technisches System verstanden werden soll. Das heißt, die Inbetriebnahme der Anlage schließt das Verfahren mit ein.

Die gesamte Inbetriebnahme wird zweckmäßig in mehrere

Inbetriebnahmeabschnitte, z. B. Kalt- und Heiß-Inbetriebnahme oder Her- stellung der Betriebsbereitschaft, Probebetrieb und Leistungsfahrt (s. Ab- schn. 1.4) sowie in

Inbetriebnahmeschritte (z. B. Anfahren, Hochfahren, Einfahren, Optimie- ren) (s. Abschn. 6.1)

unterteilt.

Das Erreichen der vom Projekt (Planung) vorgesehenen Betriebszustände, z. B.

nach dem Anfahren oder beim Einfahren der Anlage, ist nur ein Zwischenzu- stand der Inbetriebnahme.

In der Praxis wird mitunter die Begriffe Inbetriebnahme und Anfahren unzuläs- sig vermengt bzw. teils als Synonyme benutzt. Dies ist nicht richtig!

In Abgrenzung zur Inbetriebnahme wird für das Anfahren folgende Definition gebraucht:

Anfahren ist die Überführung der Anlage aus dem Ruhezustand nach Herstellung der Betriebsbereitschaft (nach Kalt-Inbetriebnahme) in einen stationären Betriebs- zustand, bei dem alle Anlagenteile/Verfahrensstufen funktionsgerecht arbeiten.

Das Wort „funktionsgerecht“ bezieht sich dabei auf die notwendigen Funk- tionen im Dauerbetrieb.

Das Anfahren bezeichnet nach diesem Verständnis die Startphase (start-up) des Probebetriebs bzw. der Heiß-Inbetriebnahme. Sie kann beginnen, sobald die Kalt-Inbetriebnahme abgeschlossen und die Betriebsbereitschaft der Anlage protokollarisch angezeigt bzw. erklärt ist (s. Abschn. 1.4 und 6.2.6).

Mit dem Anfahren kommt i.d.R. erstmals Rohstoff/Einsatzprodukt in die Anlage. Nicht selten existieren ab diesen Zeitpunkt in der Anlage explosionsge- fährdete Bereiche.

Gleichzeitig wird mit der Begriffsdefinition Anfahren verdeutlicht, dass das Ziel des Anfahrens nicht das Erreichen der Nennlastbedingungen ist. Es geht vielmehr um die Einstellung einer stabilen Teillastfahrweise der Anlage, die ei- ne gewissenhafte Beobachtung und Prüfung aller Ausrüstungen gestattet sowie eine umfassende Auswertung aller Informationen zur Anlage im Hinblick der nächsten Inbetriebnahmehandlungen ermöglicht.

Zu den weiteren Inbetriebnahmeschritten, die sich im Allgemeinen an das Anfah- ren anschließen, wird in den Abschn. 6.4 ff Näheres gesagt. Zunächst sollen die Aufgaben der Inbetriebnahme konkreter analysiert werden.

(22)

8 1 Aufgaben, Schnittstellen und Spezifik der Inbetriebnahme

1.2 Aufgaben und Zielstellungen der Inbetriebnahme

Vereinbarungsgemäß wird im Weiteren vereinfachend der Begriff Inbetriebnah- me benutzt, obwohl streng genommen eine Erstinbetriebnahme gemeint ist.

Prinzipiell ist dem erfahrenen Inbetriebnahmeingenieur zuzustimmen, der vor langer Zeit prägnant formulierte [7]:

Das wirkliche Ziel eines Inbetriebnahmeteams besteht darin, das Geld so bald wie möglich wieder auf die Bank zu bekommen.

Die Investitionssummen sind bei verfahrenstechnischen Anlagen relativ hoch die Zinsen auf dem Kapitalmarkt u.U. auch und deshalb muss die Anlage durch eine schnelle und möglichst reibungslose Inbetriebnahme in einen stabilen Dauer- betrieb überführt werden. Nur so kann sie Produkte in hoher Qualität und Menge erzeugen, deren Verkauf letztlich zu dem kalkulierten Gewinn für den Investor führt.

Trotzdem reicht diese grundsätzliche Feststellung nicht aus, um die Frage nach den Aufgaben und Zielen der Inbetriebnahme konkret und erschöpfend zu beant- worten. In Abb. 1.2 wurde deshalb versucht, die allgemein gültigen Einzel- aufgaben und -ziele zusammenzufassen. Sicherlich ist deren Wirkung von Fall zu Fall unterschiedlich und u. U. können auch einzelne entfallen bzw. weitere hinzu- kommen.

Die angeführten Schwerpunkte resultieren aus langjährigen Inbetriebnahmeer- fahrungen und sollen an dieser Stelle nur kurz erläutert werden. Eine vertiefte Be- trachtung erfolgt in späteren Abschnitten.

Die Überführung der Anlage in einen vertragsmäßigen Dauerbetrieb ist die Hauptaufgabe der Inbetriebnahme. Dabei sind möglichst kurze Inbetriebnahmezei- ten verbunden mit geringen Kosten zu erreichen.

Die Inbetriebnahme ist für alle Beteiligten eine außerordentlich „lehrreiche“

Phase. Trotz umfangreicher Unterweisungen, Trainings an Simulatoren, Aufent- halten in ähnlichen Anlagen u. a. Maßnahmen in Vorbereitung der Inbetriebnahme stellt die „heiße“ Inbetriebnahme die intensivste und praktisch relevanteste Phase der Ausbildung und Einarbeitung des Betriebspersonals dar

.

Die Befähigung des Betreibers, die neue Anlage fachkundig und zielorientiert nutzen zu können, ist eine Hauptaufgabe der Inbetriebnahme. Diesen Sachverhalt sollten Auftraggeber (Käufer, Kunde) und Auftragnehmer (Verkäufer, Kontraktor) gleichermaßen in ih- rem eigenen Interesse beachten und ggf. vertraglich ausgestalten.

Verfahrenstechnische Anlagen beinhalten nicht selten ein erhebliches Gefähr- dungspotenzial für den Menschen und die Umwelt. Mit der Anlagenplanung (Engineering) und insbesondere im Genehmigungsverfahren ist nachzuweisen, dass in der vorgesehenen Anlage derartige Gefahren nicht bestehen bzw. durch geeignete technische, organisatorische u. a. Sicherheitsmaßnahmen zuverlässig vermieden bzw. beherrscht werden.

Während der Inbetriebnahme muss der Nachweis der Betriebssicherheit ge- genüber dem Kunden erbracht werden. Die außergewöhnlichen Bedingungen und Zustände bei der Inbetriebnahme, das notwendige Reagieren auf Störungen, die

(23)

1.2 Aufgaben und Zielstellungen der Inbetriebnahme 9

Nachweis der ver- traglich vereinbarten Leistungsparameter Nachweis der Verfügbarkeit und Funktionstüchtigkeit

Überführung der Anlage in einen vertragsmäßigen Dauerbetrieb

Nachweis der Betriebssicherheit

Optimierung des Verfahrens- und Anlagenregims

Beseitigung von Fehlern und Mängeln aus den Vorphasen

gezielter Know-how-Gewinn Ausbilden/Einarbeiten des Betriebs- und Servivepersonals kurze Inbetrieb-

nahmezeiten und geringe Kosten

Aufgaben und Zielstellungen der

Inbetriebnahme

Abb. 1.2 Aufgaben und Zielstellungen der Inbetriebnahme verfahrenstechnischer Anlagen hohe Beanspruchung der Ausrüstungen und der beteiligten Personen sind ein ech- ter Härtetest für die Betriebssicherheit.

Insbesondere sollte in verfahrenstechnischen Anlagen die Inbetriebnahme ge- zielt zur Testung der Betriebssicherheit, z. B. der Stabilität und Sensibilität der Anlage und einzelner Elemente außerhalb des Nennzustandes genutzt werden.

Ferner sind die Auswirkungen wichtiger Störgrößen auf den sicheren und ver- tragsgerechten Anlagenbetrieb nach Möglichkeit zu erproben. Dies schließt auch die Fragen der Qualitätssicherung ein. Nicht zuletzt müssen während der Inbe- triebnahme die Sicherheitssyteme, wie die Notabschalt-, Entspannungs- und Ent- leerungssysteme oder die Sicherheitssteuerungen, aktiv überprüft werden. Dies be- trifft auch das Testen bzw. Trainieren vorgesehener Schutz- und Bekämpfungs- maßnahmen.

Der Nachweis einer ausreichenden Verfügbarkeit der Anlage und ihrer Kom- ponenten, der in der Regel während der Leistungsfahrt zu erbringen ist, dient als indirekter Beleg für einen zu erwartenden zuverlässigen und störungsfreien Anla- genbetrieb. Dieser Nachweis ist eine von vielen Voraussetzungen, um die geplante Anlagenkapazität zu erreichen sowie später das vorgegebene Instandhaltungs- budget einzuhalten.

DieHerstellung der Funktionstüchtigkeit bezieht sich auf die funktionsgerechte Arbeitsweise der Anlage und ihrer Komponenten. Sie ist häufig in Verbindung mit einer Technischen Gewährleistung bzw. Funktionalen Garantie zu sehen und zu erbringen.

Störungen und Schäden während der Inbetriebnahme verfahrenstechnischer Anlagen liegen zu über 85 % in Fehlern und Mängeln aus den Vorphasen begrün-

(24)

10 1 Aufgaben, Schnittstellen und Spezifik der Inbetriebnahme

det. Die Ursachen sind verschieden und teils subjektiver, aber auch objektiver Art.

Einige Gedanken sollen dies verdeutlichen.

Bei der Planung und dem Bau einer verfahrenstechnischen Anlage muss ein Kompromiss zwischen dem Wunsch nach einer fehlerfreien „idealen Anlage“

und den zulässigen Kosten gefunden werden. Der Qualitäts- und Zuverlässig- keitsstandard, wie er bei der Raumfahrt oder der Kernenergietechnik anzutref- fen ist, würde die Investitionskosten vervielfachen und ist i. Allg. nicht reali- sierbar. Das heißt, der Anlagenplaner und -bauer muss wegen der Markt- und Wettbewerbssituation ein Risiko eingehen, dessen negative Auswirkungen sich häufig während der Inbetriebnahme zeigen.

Viele Trends im Anlagenbau, wie

▪ der zunehmende Wettbewerb und Kostendruck,

▪ die weltweite Arbeitsteilung und Kooperation,

▪ die Verkürzung der Planungs- und Realisierungszeiten,

▪ der vorrangige Bau von Einstranganlagen, d. h. die Verringerung von Re- dundanz in der Anlage,

▪ die zunehmende Komplexität und insbesondere die stofflichen und energeti- schen Rückkopplungen bei der Anlagengestaltung,

▪ der Einsatz sowie die Herstellung von Rohstoffen bzw. Produkten mit immer höheren Qualitätsanforderungen,

▪ der Verzicht bzw. zumindest die deutliche Reduzierung von „Puffervolumi- na“ zwischen einzelnen Verfahrensstufen bzw. Ausrüstungen, sodass sich Störungen unverzögert fortpflanzen können,

▪ der Trend zu stark automatisierten Anlagen (z. B. BoB – Betrieb ohne stän- dige Beaufsichtigung) oder zu fernbedienten Anlagen mit umfangreichen prozessgerichteten An- und Abfahrsteuerungen,

sind in vielen Fällen neue Ursachen für Fehler und Mängel.

Natürlich versuchen die Engineering-, Hersteller- und Montagefirmen durch ein ausgereiftes Projekt- und Qualitätsmanagement, durch vertiefte theoretische Durchdringung der Verfahren und Konstruktionen oder durch eine umfassende Qualifizierung der beteiligten Kräfte usw. derartige Fehler möglichst zu beseitigen

Trotzdem zwingt der wirtschaftlich begründete Fortschritt stets zu neuen Ent- wicklungen und damit auch zu neuen Risiken. Dass beispielsweise renommierte Firmen, nachdem sie viele Anlagen nach dem gleichen Verfahren erfolgreich rea- lisiert haben, plötzlich bei der Inbetriebnahme einer weiteren Anlage Probleme bekommen, belegt eine solche Einschätzung. Sie verdeutlicht auch, dass im Prin- zip jede verfahrenstechnische Anlage, trotz zahlreicher Referenzen, als Unikat zu betrachten ist. Nicht selten sind die projektspezifischen Standort- und Kundenbe- dingungen die Hautursachen für die neuen Risiken und unerwarteten Probleme.

Der Inbetriebnehmer muss sich auf diese Situation möglichst vorbeugend und planmäßig einstellen und gegebenenfalls damit leben. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Störungen nicht problematisch sind und bei einem guten Inbetrieb- nahmemanagement auf der Baustelle bzw. im Betrieb gelöst werden können.

Schwieriger ist es bei gravierenden Mängeln im Verfahren, wenn z. B.

(25)

1.2 Aufgaben und Zielstellungen der Inbetriebnahme 11

Nebenproduktbildungen übersehen wurden,

sich unerwartete Anreicherungen in Produkten und Kreislaufströmen einstellen, Ablagerungen/Verkrustungen an Behälterwänden, Rührkesseln, Wärmeüber- tragern auftreten,

Verunreinigungen u. ä. zu geringen Standzeiten der Katalysatoren bzw. Adsor- bentien führen,

oder auch bei Mängeln in der Funktion von Hauptausrüstungen, wenn durch falsche Werkstoffwahl erhebliche Korrosion auftritt oder

beim Probelauf von Maschinen unzulässig hohe Schwingungen beobachtet werden.

In solchen Fällen sind nicht selten lange Inbetriebnahmezeiten und überhöhte Kos- ten die Folge. Es sind auch Anlagen bekannt, die wegen derart gravierender Män- gel überhaupt nicht in Betrieb gingen.

Die Aufgabe derOptimierung des Verfahrens- und Anlagenregimes ist als eine Ermittlung und Einstellung vorteilhafter Betriebsbedingungen (Verfahrensfluss, Anlagenschaltung, Verfahrens- und Ausrüstungsparameter) im Sinne der vertrag- lichen Zusagen und nicht als mathematisch bestimmtes Optimum zu verstehen.

Diese Teilaufgabe ist insbesondere dann bedeutend, wenn der technologische und/oder technische Neuheitsgrad des Verfahrens und/oder der Anlage hoch sind.

Durch systematische Auswertung der Messwerte während des Probebetriebes sind z. B. Maßnahmen zur Erzielung hoher Produktqualitäten bzw. -ausbeuten, gerin- ger Material- und Energieverbräuche, stabiler Arbeitsweisen der Verdichter, Ko- lonnen u. a. abzuleiten.

Eng verbunden mit der Optimierung des Betriebsregimes ist der gezielte Know- how-Gewinn während der Inbetriebnahmezeit.

Natürlich muss die vertragsgemäße Inbetriebnahme im Mittelpunkt aller Akti- vitäten des Inbetriebnahmeteams stehen. Trotzdem gestatten die meisten Inbe- triebnahmen, bei Beachtung dieser Prämisse und ohne nennenswerte zusätzliche Kosten, viele Möglichkeiten für gezielte experimentelle Untersuchungen. Dies kann beispielsweise die verfahrenstechnische Funktion von Ausrüstungen im Anfangszustand oder die Messwerterfassung bei notwendigen Sonderfahrweisen betreffen. Man könnte sagen, die Inbetriebnahme ermöglicht de facto „Großversu- che“. Wichtig ist, dass derartige wissenschaftlich-technische Untersuchungen be- reits in der Planungsphase konzipiert und vorbereitet werden. Die angespannte und teils hektische Situation auf der Baustelle bzw. dem Betriebsplatz lässt später für die inhaltliche Vorbereitung und gedanklich vorausschauende Auswertung von Versuchen, Messfahrten u. ä. wenig Zeit und Raum.

Abschluss und Höhepunkt der Inbetriebnahme ist, insbesondere wenn der Auf- tragnehmer (Verkäufer) für die Inbetriebnahme verantwortlich ist, der rechtsver- bindliche Nachweis der vertraglich vereinbarten Leistungsparameter. Die Mehr- zahl der Leistungsparameter wird während einer Leistungsfahrt (Garantieversuch) vom Verkäufer „vorgefahren“ und bildet die Grundlage für die werkvertraglichen Abnahme der Anlage oder für die Protokollierung der Vertragserfüllung.

(26)

12 1 Aufgaben, Schnittstellen und Spezifik der Inbetriebnahme

Obwohl damit die definierten Aufgaben und Zielstellungen der Inbetriebnahme erbracht sind, wirken bei verfahrenstechnischen Anlagen im Allgemeinen noch bestimmte Gewährleistungen und/oder Garantien fort (s. auch Abschn. 4.3.3).

Das kann z. B. die Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit von Ausrüstungen für die Dauer von 24 Monate oder von Standzeitgarantien für Katalysatoren für 8000 Betriebsstunden nach werkvertraglicher Abnahme betreffen. Letztlich be- deutet dies, dass einige Garantieversprechen und somit vertraglich, juristische Verpflichtungen des Verkäufers auch nach der Inbetriebnahme fortbestehen.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass während der Inbetriebnahme- phase auch eine planmäßige Außerbetriebnahme der Anlage, ggf. auch in mehre- ren Varianten, vorgenommen und getestet werden muss. Dabei ist nachzuweisen, dass die Anlage gemäß den Vorgaben in der Inbetriebnahmeanleitung sowie den Herstellerangaben auf eine wirtschaftliche und „schonende“ Art und Weise außer Betrieb genommen werden kann.

1.3 Einordnung der Inbetriebnahme in den Lebenszyklus der Anlage

Der Lebenszyklus einer Anlage umfasst den Zeitraum von der Grundlagenermitt- lung bis zum Detail-Engineering, über die Beschaffung und Errichtung der Anlage bis zur Stilllegung, Demontage und Entsorgung derselben (s. Abb. 1.3).

Die Phase des Dauerbetriebes ist zweifellos für den Betreiber die ausschlagge- bende, da in diesem Zeitraum der Gewinn erzielt wird und die investierten Mittel zurückfließen. Trotzdem baut diese jedoch auf die vorangegangenen Etappen der Planung, Beschaffung, Bau, Montage und Inbetriebnahme auf.

Obwohl der Inbetriebnahmezeitraum im „Leben“ einer verfahrenstechnischen Anlage nur 1-3 % ausmacht, so kommt ihm doch eine Schlüsselrolle zu, denn hier müssen die Arbeitsergebnisse der Vorphasen umgesetzt werden in eine hohe Effektivität der Dauerbetriebsphase. Im Grunde stellt die Inbetriebnahme das Bin- deglied zwischen der Vorbereitung und Nutzung einer Anlage dar.

Einige wichtige Wechselwirkungen der Inbetriebnahme mit den anderen Pha- sen des Lebenszyklus einer Anlage sollen in der Tab. 1.1 verdeutlicht werden. Die tabellarischen Angaben sollen belegen, dass eine ganzheitliche Problemstellung und Problemlösung zum Gegenstand verfahrenstechnische Anlage erforderlich ist.

In der Praxis, wie in einem Großteil der Fachliteratur, ist dies leider oft nicht der Fall. Während man die Inbetriebnahme häufig unterschätzt, wird der Rückbau teilweise ganz vernachlässigt. Die Folgen sind dann erhöhte Kosten, die bei- spielsweise bezogen auf den Rückbau einzelner Großanlagen noch die nächsten Generationen belasten werden.

Der Begriff „Lebenszyklus“ einer Anlage erscheint in diesem Zusammenhang gut geeignet, die notwendige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes am Standort zu charakterisieren.

(27)

1.4 Abschnitte, Meilensteine und Schnittstellen der Inbetriebnahme 13

Idee

Invest- entscheidung Zeugung

Geburt

Grundlagenermittlung

Vorplanung/Entwurfsplanung/Geneh- migungsplanung/Kostenermittlung Ausführungsplanung

Errichtung: - Bau - Montage - Prüfungen

Anlagen- übergabe/

-übernahme Verantwortungs-/

Gefahrenübergang

Dauerbetrieb: - bestimmungsgemäßer Betrieb

- nichtbestimmungs- gemäßer Betrieb - Instandhaltung - Überwachung - Umbau - Ausbau

- Produkterneuerung Zeit

Rückbauplanung

Rückbau: - Außerbetriebnahme - Stilllegung - Demontage - Entsorgung Anlagen-

ende Lebens-

ende

Verjährung Haftung

Beschaffung: - Fertigung - Lieferung

Inbetriebnahme

Abb. 1.3 Lebenszyklus einer verfahrenstechnischen Anlage

1.4 Abschnitte, Meilensteine und Schnittstellen der Inbetriebnahme

Die nachfolgend beschriebene Strukturierung (inkl. der Begriffe und Schnittstel- len) der Baustellen- und Inbetriebnahmephase hat sich für unterschiedliche verfah- renstechnische Anlagenprojekte

in der Chemie- und Kunststoffindustrie, in der Pharmazie und Biotechnologie,

(28)

14 1 Aufgaben, Schnittstellen und Spezifik der Inbetriebnahme

(29)

1.4 Abschnitte, Meilensteine und Schnittstellen der Inbetriebnahme 15

in der Öl- und Raffinerieindustrie in der Gasindustrie inkl. Biogas

bewährt. Dies gilt unabhängig von der Art und Größe der speziellen verfahrens- technischen Anlage sowie im Wesentlichen auch für unterschiedliche Anlagen- standorte.

Gewisse Ausnahmen in der Begrifflichkeit bezüglich der Inbetriebnahmephase gibt es im Kraftwerksbereich. Auf diese wird in Abschn. 1.4.1, Buchst. b) hinge- wiesen.

Auf die zusätzlichen inbetriebnahmerelevanten Leistungen der Qualifizierung und Validierung, die in Pharmaprojekten gemäß den Good Manufacturing Practice(GMP)-Grundsätzen notwendig sind, wird in Abschn. 1.4.4 ausführlich eingegangen.

1.4.1 Abschnitte und Meilensteine

Die wichtigsten Abschnitte und Meilensteine während der Inbetriebnahmevorbe- reitung und Inbetriebnahmedurchführung der Gesamtanlage sind schematisch in Abb. 1.4 dargestellt. Die Darstellung unterteilt die Phasen 8 (Bau/Montage) und 9 (Inbetriebnahme) des in Abschn. 2.1 beschriebenen Phasenmodells der Anlagen- projektabwicklung in einzelne Abschnitte.

Ausgehend vom Lebenszyklusmodell der Anlage werden, fokussiert auf die in- betriebnahmespezifischen Aspekte, zunächst die Projektphasen Errichten (Bau/

Montage), Inbetriebnahme und Betrieb unterschieden.

a) Errichterphase (Synonym: Bau-und Montagephase bzw. Baustellenphase) Das Errichten der Anlage umfasst definitionsgemäß alle Arbeiten auf der Bau- stelle, die im Zeitraum von der Baustelleneröffnung bis zum Inbetriebnahmebe- ginn (Protokollierung Mechanische Fertigstellung) erbracht werden.

Die Baustellentätigkeiten beginnen nachdem die Baustelle eingerichtet ist. Sie finden in der Reihenfolge: Tiefbau (civil), Hochbau (structural) und Stahlbau (steel construction) statt. Zeitlich Überlappungen zwischen den Teildisziplinen sind üblich.

Sobald bauseits die Voraussetzungen gegeben sind, beginnen schrittweise und aufeinander abgestimmt die eigentlichen Montagetätigkeiten, wie z. B.

Grobmontage (Hauptausrüstungen), Rohrleitungsmontage,

Elektrotechnik-Montage (inkl. Stromversorgung der E-Verbraucher und der PLT-Stellen, Notstromversorgung, Beleuchtung, elektr. Begleitheizung, Blitz- schutz und Erdung, Brandmeldung),

PLT-Montage (inkl. MSR, PLS, Nachrichtentechnik, Prozessanalysentechnik), TGA-Montage (Heizung, Sanitär, Klima, Lüftung),

weitere Fachmontagen (z. B. Anstrich, Beschichten, Dämmen, Isolieren, Be- schildern).

(30)

16 1 Aufgaben, Schnittstellen und Spezifik der Inbetriebnahme

Abb. 1.4 Abschnitte und Meilensteine der Baustellen- und Inbetriebnahmephase

Die spezifischen Belange der Inbetriebnahme, die gemäß den Anforderungen an eine inbetriebnahmegerechte Planung (s. Abschn. 2.3) im Engineering umgesetzt wurden, sind während der Bau-/Montagephase strikt zu beachten.

Viele Tätigkeiten bis zum Zeitpunkt Mechanische Fertigstellung sind zugleich wichtiger Bestandteil einer systematischen Inbetriebnahmevorbereitung. In Ka- pitel 5 wird auf diese Arbeiten, die insbesondere begleitend zur Montage durchge- führt werden, ausführlich eingegangen.

Begleitend zur Montage sind gegen Ende zunehmend Sicherheits- und/oder Qualitätskontrollen betreffs der sach- und vorgabegerechten Fertigung, Montage und Installation ausgewählter Anlagenkomponenten durchzuführen.

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