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Lektorat: Catharina Norsegaard. teach-audio Verlag 2020/2021

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(1)

GUTACHTENSTIL

(2)

Autor: Tony Möller

Lektorat: Catharina Norsegaard

Layout: Anita Schmidt

teach-audio® Verlag 2020/2021

(3)

GUTACHTENSTIL IN ZWEI TEILEN TEIL 1- D

ER

P

LAN

(4)

Der Gutachtenstil ist scheinbar das Problem in juristischen Klausuren.

Das ist er aber nicht.

Es handelt sich nur um eine schriftliche Darstellung der juristischen Lösung. Die Sichtweise dazu ist zunächst so:

Der Sachverhalt ist danach der Ausgangspunkt und am Ende soll ein fertiges Gutachten stehen.

Es scheint so, als ob bei dieser Transformation die Formulierung schwierig sei. Das ist der erste große Irrtum. Denn das eigentliche Problem ist die juristische Lösung. Erst danach stellt sich die Frage, wie die Lösung formuliert werden soll.

Es ist daher zu empfehlen, einen Zwischenschritt einzufügen: Die Lösungsskizze.

(5)

Ich möchte drei Möglichkeiten unterscheiden:

1. Wenn gar keine Lösungsskizze existiert, dann muss bei der Formulierung des Gutachtens gleichzeitig, und zwar vollständig (!), auch die Lösung entworfen werden. Das ist nur mit jahrelanger Erfahrung möglich. Einsteigern gelingt das regelmäßig nicht.

2. Wurde die Lösungskizze nur ungefähr entworfen, müssen jedenfalls die Feinheiten während der Formulierung eingefügt werden. Das ist schon etwas einfacher, aber immer noch schwierig.

3. Ist die Lösungsskizze perfekt, dann beschränkt sich die Formulierung auf die reine Übertragung der Lösung. Dann ist es ganz leicht.

Die erste Möglichkeit wird von erfahrenen Dozenten erklärt. Dozenten haben damit keine Probleme, weil sie im Kopf bereits über eine perfekte Lösungsskizze verfügen. Es ist also nicht so, dass hier die direkte verbale Erstellung des Gutachtens auf eine Lösungsskizze verzichtet. Sie wird nur nicht ausdrücklich gezeigt.

Für die Studierenden besteht aber die Schwierigkeit, dass sie zwar solchen Erläuterungen folgen können.

Es ist ihnen aber nicht möglich, den Gutachtenstil in der gleichen Weise aufzuschreiben, weil sie - in der Klausur auf sich selbst gestellt - eben keine perfekte Lösungsskizze im Kopf mit sich führen.

Der entscheidende Irrtum besteht in der Annahme, auf eine Lösungsskizze verzichten zu können, weil der Vortrag der Dozenten auch ohne eine detaillierte Skizze

auskam, oder - im Lehrbuch - die schriftliche Falllösung eben in einem ausformulierten Gutachten bestand.

Das ist der entscheidende strategische Fehler. Wer sich keinen Plan zurechtlegt, was genau geschrieben werden soll, ist darauf angewiesen, dass der Plan beim Schreiben entsteht. Das ist die erste, aber wenig erfolgversprechende Möglichkeit.

Wir wählen lieber direkt den einfachsten Weg und setzen für die Formulierung eine sichtbare und vollständige Lösungsskizze voraus. Wie diese entsteht, wird an anderer Stelle erklärt. Wir gehen hier davon aus, dass die Lösungsskizze bereits vorliegt. So sieht die erste Version für eine perfekte Lösungskizze aus, etwa für die Sachbeschädigung:

(6)

Die Lösungskizze besteht in ihrem Grundgerüst aus einem allgemeingültigen Aufbauschema. Ob es gelingt, sich in der Klausur an alle Voraussetzungen des Tatbestandes zu erinnern oder sie aus dem Gesetzestext herauszulesen ist die erste Herausforderung. Und zwar lange bevor es darum geht, das Gutachten zu schreiben. Wer hier etwas vergisst, hat einen Fehler in der Phase I des juristischen Workflows gemacht: Die gesetzlichen Vorgaben werden nicht beachtet. Oder sie werden nicht so beachtet, wie es nach den Ergänzungen durch Rechtsprechung und Literatur notwendig wäre.

Wie kann das Problem gelöst werden? Leider nur durch Lernen. Mit dem Gutachtenstil hat das nichts zu tun.

Anschließend wird dieser Rohentwurf mit Ampelfarben gefärbt, wie es der Vorstellung von einer juristischen Lösung für den jeweiligen Sachverhalt entspricht.

Die Färbungen zeigen,

• auf welche Voraussetzungen es für den konkreten Sachverhalt ankommen soll und

• welche Wertungen getroffen werden.

In der Lösungsskizze auf der Seite links wird zwar der objektive Tatbestand mit seinen Voraussetzungen bejaht. Aber weil der Vorsatz verneint wird, soll eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung abgelehnt werden. So wird mit der Färbung aus dem Aufbauschema eine konkrete juristische Lösungsskizze für den Sachverhalt. Eine solche Abbildung nenne ich die juristische Fotografie. Denn die gefärbte Lösung zeigt den Moment der individuellen Wertung des speziellen Sachverhaltes, wie eine Fotografie eine bestimmte Situation und eine bestimmte Perspektive abbildet (siehe Katzenbild S.14).

Eine andere Lösung, die den Vorsatz bejaht, aber die Strafbarkeit wegen Schuldausschließungsgründen ver- neint, sähe als juristische Fotografie z.B. so aus:

Während es vorher auf die Färbung von Rechtswid- rigkeit und Schuld gar nicht ankam, weil die Lösung mit der Verneinung des Vorsatzes bereits abgeschlossen war, kommt die Verneinung hier erst zustande, weil Schuldausschließungsgründe gesehen werden. Andere Wertungen führen eben zu anderen Lösungen. Die gefärbten Lösungsskizzen zeigen das vollständig an.

(7)

Aber was hat die Färbung mit dem Gutachtenstil zu tun?

Erst einmal gar nichts. Außer: Die Färbung verwandelt ein TakeLaw-Aufbauschema zu einer juristischen Fotografie der Lösung. Die Färbungen zeigen die Subsumtionsleistungen. Das bedeutet, es wird deutlich, welche Angaben des Sachverhaltes zu einer Bejahung bzw. zu einer Verneinung der Tatbestandsmerkmale führen. Kann das durch fleißiges Auswendiglernen befördern werden?

Ausdrücklich: Nein.

Für Wertungen ist Urteilsvermögen gefragt und dies kann nur trainiert, aber eben nicht auswendig gelernt werden. Jeder Sachverhalt stellt andere Anforderungen.

Dabei soll auf ein mögliches Missverständnis hinge- wiesen werden: Es brauchen nur die Endpunkte der Strukturen direkt bewertet, also gefärbt zu werden.

Die jeweiligen Oberpunkte erhalten ihre Färbung aus Schlussfolgerungen. Mit TakeLaw als Online- Unterstützung erfolgt das zeitsparend automatisch.

Mit der Färbung ist Phase II des juristischen Workflows abgeschlossen.

Die Lösung ist nun sichtbar.

Die juristische Fotografie der Lösung liegt damit vor.

Erst auf dieser Grundlage - der fertigen Lösung - kommt der juristische Gutachtenstil zur Anwendung. Es geht darum, in einer Klausur die juristische Fotografie der Lösungsskizze fehlerfrei in einen Text umzuwandeln.

Dabei hat jeder Satz eine Bedeutung. Kein Satz steht zufällig in der Klausur. Kein Satz führt dazu, dass die zuvor richtige juristische Lösung durch unglückliche Formulierungen fehlerhaft wird. Darum ist die juristische Fotografie der Lösung die entscheidende juristische Leistung. Daraus abgeleitet wird die Formulierung ganz einfach: Denn alle erforderlichen Begründungen, die im Gutachten formuliert werden müssen, sind in der Fotografie bereits fixiert.

Zusammenfassung:

Das juristische Gutachten enthält keine zusätzlichen rechtlichen Überlegungen. Alle juristischen Informationen sind bereits in der juristischen Fotografie sichtbar. Das vereinfacht das Schreiben des Gutachtens, weil es nur darum geht, die juristische Fotografie 1:1 zu übertragen.

Es gilt:

1. Alle blauen Zeilen sind im Gutachten nur Über- schriften und brauchen nicht ausformuliert zu werden.

2. Alle Zeilen, die keine Färbung tragen, brauchen nicht erwähnt zu werden, denn sie werden in der Lösungsskizze zur Begründung des Ergbnisses nicht verwendet.

Dabei müssen die negativen Tatbestandsmerkmale in der Lösungsskizze eindeutig erkennbar sein, denn ihre Bejahung führt zu einer Verneinung der Voraussetzung.

Umgkehrt ist es notwendig, sie zu verneinen, wenn das Tatbestandsmerkmal vorliegen soll. Diese logische Umkehrung wird durch dieses Symbol dargestellt:

Daran wird deutlich, dass die Negation des Tatbestands- merkmals (hier: „es sei denn, es liegen Schuldausschlie- ßungsgründe vor“ ) zu einer Umkehrung der Färbung führt. Normalerweise folgt aus einer positive Wertung des Begriffs auch eine positive logischen Folge.

Deshalb muss zwischen Affirmation (keine Umkehrung der Färbung) und Negation (Umkehrung) schon in der Lösungsskizze sichtbar unterschieden werden können.

Außerdem muss deutlich werden, welche logischen Folgen aus den Wertungen entstehen. Denn die Schlussfolgerungen stellen nicht auf die Wertungen der Begriffe ab, sondern auf deren logische Folgen.

(8)

Alle Sätze, die jetzt geschrieben werden, lassen sich lediglich drei unterschiedlichen Satzkategorien zuordnen. Die einzige intellektuelle Anforderung besteht darin, in der juristischen Fotografie zu erkennen, welche Zeile zu welcher der drei Kategorien gehört. Wie simpel das ist, wird sogleich deutlich werden:

Zu jeder Kategorie existiert im Gutachten eine Satzrei- henfolge mit festen Formulierungen. Das läßt sich in einer einfachen Tabelle abbilden. Die Tabelle gibt Auskunft darüber, wie die jeweils 4 Schritte der Formulierung erfolgen. Das ist ebenfalls banal und wird ebenfalls gleich erklärt.

Auf diese Weise wird die juristische Fotografie von oben nach unten bearbeitet und entsprechend der Tabelle formuliert. Das ist so einfach, dass die Formulierung des Gutachtens nur noch Schreibarbeit darstellt.

Anspruchsvolles Nachdenken ist nicht erforderlich.

Vor allem aber ergibt sich dadurch Sicherheit beim Schreiben. Die ganze intellektuelle Kraft kann darauf gerichtet werden, die juristische Fotografie zu erstellen.

Beim Schreiben braucht deshalb nur noch darauf geachtet werden, die Handschrift so schreiben, dass die Prüferinnen und Prüfer nicht verärgert werden. Die Regeln der Rechtsschreibung einzuhalten, wäre beim Schreiben ebenfalls der Achtsamkeit zu empfehlen.

Damit ist die Vorbereitung für den juristischen Gut- achtenstil umschrieben. Die Einfachkeit beruht mit der TakeLaw-Methode auf der präzisen Vorbereitung der juristischen Lösung als juristische Fotografie. Diese Investion in die Lösungsskizze ist lohnenswert. Denn nicht nur die Formulierung in der Klausur wird dadurch stark vereinfacht. Vor allem kann in der Prüfungssi- tuation die Konzentration darauf gerichtet werden, in Ruhe die Lösung zu durchdenken und dabei ggf.

verschiedene Varianten zu prüfen. Die zeitkritische Phase der Niederschrift zum Ende der Klausur kommt dagegen nahezu ohne Intellekt aus.

Im nächsten Teil erkläre ich die angekündigten drei Satzkategorien und anschließend die konkrete Formulierung des Gutachtens anhand einer Tabelle mit den Formulierungen.

Die erste juristische Fotografie sah so aus:

(... vom Katzenbild zur juristischen Fotografie)

(9)

GUTACHTENSTIL IN ZWEI TEILEN TEIL 2 - D

IE

D

URCHFÜHRUNG

(10)

Für jede gefärbte Zeile soll eigentlich in 4 getrennten Schritten formuliert werden.

1. Obersatz 2. Definition 3. Subsumtion 4. Ergebnis

Daran halten sich die Juristen aber nicht. Sie arbeiten mit Verkürzungen, die Anfängern die Haare zu Berge stehen lassen, weil völlig unklar ist, wann was wie geschrieben werden darf. Dabei lässt sich das mit einer juristischen Fotografie ganz einfach erklären:

Es existieren Zeilen, die eine Art von Durchgangs- stationen zu Unterebenen sind. C steht für Conclusio.

Die Formulierung dieser Tatbestandsvoraussetzungen gehört zur Kategorie der C-Sätze. Die Besonderheit: Ihre Färbungen werden nicht direkt getroffen, sondern sind das Ergebnis einer Schlussfolgerung aus der jeweiligen Unterebene.

Andere Zeilen weisen keine Unterstrukturen auf. Sie sind gewissermaßen Endstationen der Begründung.

Ihre Formulierung gehört zur Kategorie der E-Sätze.

Aber nicht deshalb, weil sie Endstationen der Begründung sind, sondern weil ihre Wertung evident getroffen wurde. Das bedeutet, die der Lösung zugrundeliegende rechtliche Entscheidung geht davon aus, dass keine komplizierte Abwägung von Pro- und Contraargumenten erfolgen muss. Vielmehr soll der kurze Hinweis auf die Umstände des Sachverhaltes ausreichen, um die Wertung zu begründen.

Damit wurden zwei Satzkategorien eingeführt: C-Sätze und E-Sätze.

Die dritte Satzkategorie ist an Problempunkten erkennbar. Ein Problempunkt sieht in der juristischen Fotografie so aus: .

Die Lösungsskizze zeigt nämlich auch die juristische Entscheidung darüber, welche Voraussetzungen einer intensiven Abwägung von Argumenten bedürfen.

Hier wurde die Fremdheit der Sache als problematisch aufgefasst. Das ist der Hinweis darauf, dass im Gutachten an dieser Stelle Argumente genannt und abgewogen werden müssen. Es ist zwar auch möglich, die Argumente bereits in die juristische Fotografie mit aufzunehmen, aber das wird an anderer Stelle erklärt werden.

Diejenigen Tatbestandsmerkmale, die mit einen Problempunkt gekennzeichnet sind, gehören zur Kategorie der P-Sätze.

Ihre Formulierung richtet sich nach den Formulierungs- vorgaben für P-Sätze.

Das war´s. Zu 95% sind die Formulierungen des juristischen Gutachtens damit schon festgelegt. Wir brauchen jetzt nur noch die Tabelle, um die richtigen Formulierungen daraus zu übernehmen.

(11)

Folgt man den üblichen Anleitungen zum Gutachtenstil, dann erfolgen alle Formulierungen in 4 Schritten:

• Obersatz

• Definition

• Subsumtion

• Ergebnis

Die erste Verwirrung tritt ein, weil alle Studierenden danach zur Auffassung kommen müssten, es seien grundsätzlich immer Definitionen für den Gutachtenstil notwendig. Das gilt jedoch nur für den sog. 4-stufigen Aufbau des Gutachtens. Aber immer dann, wenn keine Definition zur Verfügung steht, kommt der 3-stufige Aufbau zur Anwendung.

Deshalb ist in der Tabelle mit den Stufen I – III bezeichnet, was in jedem Fall und eigentlich immer genannt werden muss:

I. Obersatz, II. Subsumtion, III. Ergebnis.

Nur wenn eine Definition verfügbar ist, dann kann der 4-stufige Aufbau überhaupt in Betracht kommen. In diesen Fällen wird der notwendige 3-stufige Aufbau also um die Definition erweitert und mündet so in einen optionalen 4-stufigen Aufbau.

Das ist der Grund, warum die Definition in der Tabelle die zusätzliche römische Ziffer IV erhält.

C-SATZ-KATEGORIE

Mit diesem Vorwissen ausgerüstet, schauen wir auf die Kategorie der C-Sätze. Sie werden danach unterschieden, ob die Tatbestandsmerkmale unbedingt vorliegen müssen oder nach Bedarf ausgewählt werden können (UND bzw. ODER-Kombination).

Damit kommen wir zu einer Unterscheidung, die in den üblichen Erläuterungen zum Gutachtenstil oft fehlt:

Ob die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen müssen (notwendige Vrs.) oder vorliegen können (hinreichende Vrs.), ist allein durch die juristische Logik vorgeben. Sie wird aber erstaunlicherweise von den meisten Dozenten und von den meisten Anleitungen überhaupt nicht erwähnt.

In der juristischen Fotografie ist der Unterschied jedoch deutlich: Wenn die vertikale Linie vor der jeweiligen Zeile eine einfache Linie ist, dann handelt es sich um eine notwendige Voraussetzung. Logisch handelt es sich um eine UND-Verbindung der Voraussetzungen.

Eine Doppellinie steht dagegen für ein ODER, diese Zeilen sind dann hinreichende Voraussetzungen.

Im Beispiel ist „Tatbestand“ notwendige Voraussetzung für die Sachbeschädigung (= C-Satz Typ UND). Deshalb ist in der Tabelle auch die linke Spalte zu wählen.

A B C D Die Logik der nachstehenden Struktur lautet in mathema- tischer Schreibweise:

A und B und ( C oder D ) Stufen

Obersatz

Definition

Subsumtion

Ergebnis I

IV

II

III

Dann/Weiter muss [TbVrs]

ggf. Def.

Unterstruktur prüfen

Damit ist [TbVrs] gegeben

In Betracht kommt [TbVrs]...

ggf. Def.

Unterstruktur prüfen

Damit ist [TbVrs] gegeben Normalfall

C-Satzkategorie (Conclusio) Färbung aus Schlussfolgerung

C DC

C-Satz UND C-Satz ODER

(12)

Das Gutachten ist an dieser Stelle deshalb eigentlich so zu formulieren:

T könnte sich wegen Sachbeschädigung gem. § 303 I StGB strafbar gemacht haben.

Tatbestand (Obersatz:)

Dann muss der Tatbestand des § 303 I StGB erfüllt sein.

(ggf. Defi nition:)

Der Tatbestand erfordert das Vorliegen sowohl des obj. als auch des sub. Tatbestandes.

(Subsumtion:)

Prüfung der Unterstruktur von obj. Tatbestand und subj.

Tatbestand würde einzufügen sein.

(Ergebnis:)

Damit ist der Tatbestand des § 303 I StGB nicht erfüllt.

Damit ist T nicht wegen Sachbeschädigung gem. § 303 I StGB zu bestrafen.

Weil das Gutachten gar nicht mehr auf Rechtswidrigkeit und Schuld zu sprechen kommt, entfällt die Bezifferung zur Überschrift „Tatbestand“. Denn eine Bezifferung ist nur dann statthaft, wenn zumindest eine weitere Überschrift auf gleicher Ebene folgt nach dem Motto:

„Wer A sagt, muss auch B sagen.“

Der C-Satz nennt also nicht sofort das Ergebnis, obwohl dies in der juristische Fotografie durch die Färbung bereits bekannt ist. Im Gutachten folgt die Nennung der Antwort immer erst im Anschluss an die Prüfung der Unterstruktur. Wer dagegen verstößt, schreibt im Urteilsstil und erfüllt die Anforderungen in der Klausur nicht. Es gehört zu den unumstößliche Regeln des Gutachtenstils, dass

„... zur guten Note rennt,

- auch wenn man das Ergebnis schon vorher kennt - wer das Ergebnis erst zum Schluss nennt!“

Deshalb lautet das eigentliche Gutachten zunächst nur:

T könnte sich wegen Sachbeschädigung gem. § 303 I StGB strafbar gemacht haben.

Tatbestand

Dann muss der Tatbestand des § 303 I StGB erfüllt sein.

Weil die Nennung einer Definition nicht zwingend notwendig ist, könnte das Gutachten bis dahin also auch nur in der Nennung des Obersatzes lauten. Das hört sich erfreulich an. Es wäre auch ein bisschen merkwürdig, wenn die Formulierung der Lösung so viel umständlicher erfolgen soll, als die Abbildung der juristischen Fotografie sie zeigt.

Aber der Sinn einer Definition besteht darin, die Leser auf die nächste Ebene an Untervoraussetzungen gewissermaßen vorzubereiten.

Für diejenigen, die über eine juristische Fotografie verfügen, ist die Definiton für den Aufbau verzichtbar.

(13)

Auch für die Prüfer ist diese vorbereitende Formulierung der Definition eigentlich verzichtbar, denn sie kennen den richtigen Aufbau und wissen auch, welche Untervor- aussetzungen als nächstes erwartet werden müssen.

Die Definition dient deshalb nur dazu, den Prüfern Pralinen anzubieten. Wer also Definitionen gelernt hat, darf sie gerne nennen. Wer sie nicht parat hat, verzichtet einfach darauf. Darum werden die Definitionen hier nur grau angezeigt: Sie sind optional.

Es ist zwar nicht nett, Prüfern die erwarteten Pralinen vorzuenthalten. Aber bevor die Pralinen unbekömmlich sind, weil die Qualität nicht stimmt, ist es strategisch günstiger, sie gar nicht erst anzubieten. Wenn allerdings im nächsten Schritt die Elemente der (ungenannten) Definition angesprochen werden, dann sind die Prüfer trotzdem nicht enttäuscht. Sie erhalten die Pralinen dann in einer anderen Darreichungsform: Nicht mehr auf dem Silbertablett, sondern direkt aus der Schachtel.

Die eigentliche Praline ist die präzise Darstellung, aus welchen Untervoraussetzungen eine Schlussfolgerung auf das rechtliche Ergebnis gezogen wird.

Im Beispiel weist der objektive Tatbestand eine Unterstruktur von Voraussetzungen auf. Deshalb wird die Formulierung des objektiven Tatbestandes ebenfalls nach der C-Satz-Kategorie vorgenommen. Eingefügt an die bisherige Formulierung ist zu schreiben:

Tatbestand (Obersatz:)

Dann muss der Tatbestand des § 303 I StGB erfüllt sein.

(ggf. Defi nition:)

Der Tatbestand erfordert das Vorliegen sowohl des obj. als auch des sub. Tatbestandes.

a) obj. Tatbestand (Obersatz:)

Dann muss der obj. Tatbestand erfüllt sein.

(ggf. Defi nition:)

Der obj. Tatbestand des § 303 I StGB ist erfüllt, wenn eine fremde Sache beschädigt oder zerstört wird.

(Subsumtion:)

.

.. Prüfung der Unterstruktur ...

(Ergebnis:)

Damit ist der obj. Tatbestand gegeben.

b) subj. Tatbestand ...

E-SATZ-KATEGORIE

Wie sieht die Prüfung der Unterstruktur zum objektiven Tatbestand aus? In der juristischen Fotografie wird sichtbar: Die erste Untervoraussetzung „Sache“ weist keine Unterstruktur auf.

Weil die Voraussetzung der „Sache“ auch keinen Problempunkt zeigt (anders als das Tatbestands- merkmal „Fremdheit“), ist die Formulierung den Sätzen der E-Satz-Kategorie zu entnehmen.

Jetzt kommt wieder die Tabelle ins Spiel.

(14)

3er-Satz-Formulierung

Die umständlichste Art der Formulierung ist die 3er-Satz Formulierung. Falls den Prüfern sogar eine auswendig gelernte Definition angeboten werden soll, ist auch eine 4er-Satz-Formulierung möglich. Das ist zwar sinnlos, weil Definitionen nur auf Untervoraussetzungen vorbereiten, die bei E-Sätzen nicht vorkommen. Aber als Praline für Prüfer werden Definitionen immer gerne genommen.

Den Fall der 3er- bzw. 4er-Satzkategorie behandelt die linke von drei Spalten der Tabelle zur E-Satz- Kategorie. Danach lautet die Formulierung für eine Sachbeschädigung des T am Auto des E:

(Obersatz:)

Dann muss eine Sache betroffen sein.

(ggf. Defi nition:)

Sachen sind gem. § 90 BGB nur körperliche Gegenstände.

(Subsumtion:)

Das Auto des E ist ein körperlicher Gegenstand.

(Ergebnis:)

Mit dem Auto ist deshalb eine Sache betroffen.

Verkürzter Gutachtenstil

In den E-Satz-Kategorien sind aber auch deutliche Verkürzungen statthaft. So kann nicht nur auf die Definition, sondern auch auf den Obersatz verzichtet werden. Die Aufgabe des Obersatzes, die Frage zu stellen und damit festzulegen, welche Voraussetzung geprüft werden soll, kann in der Antwort zu einer einzigen 1-Satz-Formulierung zusammengefasst werden.

Diesen Fall behandelt die mittlere Spalte der Tabelle.

Damit erfolgt die gesamte Formulierung zum Tatbestandsmerkmal in nur einem Satz:

(Subsumtion + Ergebnis:) Mit dem Auto liegt eine Sache vor.

Es geht aber noch kürzer:

Die obige 1-Satz-Formulierung enthält als Ersatz für eine Subsumtion immerhin noch den Hinweis auf den Umstand des Sachverhaltes, der zu dem Ergebnis führt (hier: „mit dem Auto“).

Ergebnis Obersatz/Frage

Subsumtion Stufen

Obersatz

Definition

Subsumtion

Ergebnis I

IV

II

III

Dann/Weiter muss [TbVrs]

ggf. Def.

(Darlegung aus SV)

Damit ist [TbVrs] gegeben

ggf. Def.

Mit...(SV)...

...liegt [TbVrs] vor Normalfall

3er E-Satz 1er E-Satz liebevoll

E-Satzkategorie (Evident) Färbung qua Behauptung

ggf. Def.

...liegt [TbVrs] vor 1er E-Satz lieblos

(15)

Weil dieser Hinweis gegeben wird, bezeichne ich diese obige Variante als liebevolle Variante. Es ist allerdings zu beachten, dass dabei nicht ungewollt vom Gutachtenstil in den Urteilsstil gewechselt wird. Der Urteilsstil würde nämlich erst das Ergebnis und danach die Begründung nennen. Aber wenn der Hinweis genannt wird, bevor das Ergebnis bekannt gegeben wird, kann der Satz noch als dem Gutachtenstil zugehörig betrachtet werden.

Daher gibt es einen Ratschlag für Einsteiger: Wenn der Satz das Wort „Mit...“ voranstellt, dann werden unbeabsichtigte Fehler vermieden. Es sind alternativ dazu verschiedene Formulierungsvarianten vorstellbar.

Wichtig ist nur, dass dieser Relativsatz vorangestellt wird und nicht nachfolgt. Falsch wäre deshalb: „Eine Sache liegt vor, weil es sich um ein Auto handelt.“ Diese grammatikalisch statthafte Umkehrung lässt juristisch einen Satz im (verbotenen) Urteilsstil entstehen.

Mitunter ist aber auch eine noch stärkere Verkürzung wünschenswert. Dann allerdings ist der Wechsel in den Urteilsstil nicht mehr vermeidbar, weil nur noch das Ergebnis in verobjektivierter Abstraktion genannt wird.

Diese komplizierte Wortschöpfung meint:

Anstelle jedweder Begründung tritt die pure Behauptung.

Diesen Fall beschreibt die dritte Spalte der Tabelle:

(Obersatz/Ergebnis:) Eine Sache ist gegeben.

Dazu existiert auch eine luxuriöse Variante der Formulierung:

(Obersatz/Ergebnis:)

Das Tatbestandsmerkmal Sache ist gegeben.

Nochmals: Hier fehlt jeder Hinweis auf die Gründe der Entscheidung. Weil es den Lesern bzw. den Prüfern überlassen bleibt, sich dazu eigene Gedanken zu machen, bezeichne ich diese Variante im Rahmen der E-Sätze als lieblose Formulierung.

Sie ist nützlich, wenn Kritik hinsichtlich der vorgenommenen Wertung ausgeschlossen scheint oder in der Klausur bereits massive Zeitnot herrscht.

Immerhin reduziert sich der Schreibumfang und damit die Schreibdauer dramatisch.

Obersatz/Frage

Ergebnis

Solche Verkürzungen sind im juristischen Gutachten deshalb nicht nur erlaubt, sondern teilweise sogar notwendig, um die Klausur innerhalb der Bearbei- tungszeit zu bewältigen. Soweit also völlig klare Feststellungen getroffen werden können, ist dies durch die Wahl der geeigneten Formulierung auch auszudrücken.

Gleichzeitig liegt in der extremen Verkürzung auch eine Gefahr. Prüfer lassen sich ungern als Gehilfen in den Begründungsprozess einspannen. Immerhin ist die extreme Verkürzung auch eine Möglichkeit, um über Unsicherheiten, welche konkreten Angaben des Sachverhaltes herangezogen werden sollen, hinwegzu- täuschen. Die Botschaft an den Prüfer lautet eigentlich:

„... Du weißt schon, was ich meine.“

In der Tat wissen Prüferinnen und Prüfer zwar, was erwartet wird, aber sie möchten die Lösung gerne in der Klausur niedergeschrieben sehen und sie sich nicht dazudenken sollen. Die extreme Verkürzung ist also nur in Ausnahmefällen anzuwenden, wenn es schon eher anfängerhaft anmutet, den Bezug zum Sachverhalt ausführlich zu nennen. Ein Ausnahmefall ist Zeitnot in der der Klausur. Es ist günstiger, eine Kritik wegen des verkürzten Gutachtenstils hinnehmen zu müssen, als nicht innerhalb der Schreibzeit fertig zu werden.

Üblicherweise ist die sog. liebevolle Variante der 1er-Satz-Formulierung deshalb die empfehlenswerte Wahl. Die umständlichere 3er-Satz-Konstruktion ist den Fällen vorbehalten, in denen die Formulierung in einem Satz zu schwierig wird. Das ist bei negativen Tatbestandsvoraussetzungen zu erwarten.

In vielen Klausuren wird ständig die sog. 3er-Satz- Konstruktion verwendet. Das ist eher ungünstig, denn damit wird eine Unterscheidung zwischen der Darstellung der evidenten Wertung und der Wertung aufgrund komplizierterer Begründung verwischt.

Gerade der extreme Unterschied zwischen knapper Formulierung (bei evidenten Wertungen) und ausführlicher Begründung (bei schwierigen Fragen) zeichnet die guten Klausuren aus.

Nochmals: Definitionen sind im E-Satz eigentlich nicht notwendig, weil nach der zugrundegelegten Lösungsskizze keine Untertatbestandsvoraussetzungen existieren, die über eine Definition angekündigt werden könnten. Dennoch kann auch hier die Definition sinnvoll sein. Dann liegt oft ein besonderer Trick in der juristischen Formulierung vor, der Erklärung verdient:

Ich bezeichne diesen Trick/ Vorgehensweise als „Cutten“

(16)

ggf. Def.

Mit...(SV)...

...liegt [TbVrs] vor 1er E-Satz liebevoll Färbung qua Behauptung

ggf. Def.

...liegt [TbVrs] vor 1er E-Satz lieblos .

Cutten

Cutten bedeuten Abschneiden. Damit ist auf der Grundlage der juristischen Fotografie gemeint, dass Unterstrukturen ignoriert werden: Obwohl Unterstrukturen vorhanden sind, werden sie also bewusst nicht für die Begründung herangezogen.

So besteht mit der Definition einer Sache in § 90 BGB eigentlich die Vorgabe für eine Unterstruktur. Sie lautet:

„Sachen im Sinne dieses Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände “. Damit würde die juristische Fotografie eigentlich so wie rechts abgebildet aussehen:

Es ist aber durchaus möglich, für die Begründung einer juristischen Lösung auf die Nutzung von Unterstrukturen zu verzichten. Das „Cutten“ repräsentiert diesen Ent- schluss. Damit werden keine direkten Wertungen in der Unterstruktur getroffen. Die Untermerkmale bleiben deshalb ungefärbt. Vielmehr wird direkt die höhere Ebene, hier das Tatbestandsmerkmal „Sache“, bewertet.

In dieser juristischen Lösung wird also darauf verzichtet, die Unterstruktur zu nutzen. Sie wird in dieser Lösung gleichsam „abgeschnitten“.

Ohne das „Cutten“ wäre die Formulierung zum Tatbestandsmerkmal „Sache“ eigentlich der C-Satz- Kategorie zuzuordnen, eben weil eine Unterstruktur existiert und die Wertung daraus abgeleitet wird.

Die juristische Lösung kann aber mit dem Cutten eine Veränderung vornehmen, die Unterstruktur ignorieren und aus dem übergeordneten Element „Sache“ mit Hilfe einer direkten Wertung an dieser Stelle nunmehr einen Endpunkt in der Begründung setzen. Dann wurde die Zeile trotz bestehender Unterstruktur in eine Endstation-Zeile verwandelt. Deshalb ist dann auch die Formulierung entsprechend der E-Satz-Kategorie vorzunehmen. Ist die Wertung jedoch nicht evident möglich, dann dürfte die Unterstruktur auch nicht ignoriert werden. Die Entscheidung über das Cutten ist damit auch eine juristische Entscheidung über Notwendigkeit von Unterbegründungen.

Aber diesen konsequenten Weg beschreiten Juristen nicht. Sie nehmen in die Formulierung mitunter trotzdem durchaus die Definition auf (hier für „Sache“), wenden sie aber nicht an, prüfen also die Untervoraus- setzungen der Definition überhaupt nicht.

Die Definition hat dann einen anderen Erklärungswert.

Es geht nicht mehr um die Ankündigung, welche Unter- punkte geprüft werden, weil ja die Unterstruktur abge- schnitten, also auf ihre Prüfung verzichtet wurde. Die Definition hat dann eher die Botschaft zum Inhalt, dass die Definition dem Verfasser des Gutachtens zwar bekannt ist, aber bewusst auf ihre Anwendung verzichtet wird. Es soll also nur deutlich werden, dass das Gutachten zwar die Unterstuktur formulieren könnte, wenn es wollte. Aber es will eben nicht.

(17)

In der Tabelle wird diese Merkwürdigkeit aufgenommen.

Daraus folgt für das „Cutten“:

Eine Definition darf immer genannt werden, auch wenn damit nur gezeigt werden soll, sie zu kennen.

• Es ist also nicht nur möglich, frei zwischen dem 3-stufigen und dem 4-stufigen Aufbau der Formulierung zu wählen.

• Es ist sogar im verkürzten Gutachtenstil möglich, Definitionen in die Formulierung einzubringen, auch wenn auf sie in der Begründung tatsächlich gar nicht mehr eingegangen wird.

Das ist der Grund, warum Definitionen in der Kategorie der E-Sätze überhaupt eine Rolle spielen. Das bedeutet pragmatisch:

Wenn die Prüfer über das Einbringen von Definitionen in den Gutachtentext beeindruckt werden sollen, dann kann dieser Versuch nicht nur in den Formulierungen der C-Satz-Kategorien, sondern auch in den Formulierungen der E-Satz-Kategorien unternommen werden. Das ist zwar eigentlich nicht sinnvoll, aber seltsamerweise dennoch üblich.

Der Blick in die Tabelle im Gesamtüberblick zeigt noch einmal, an welcher Position in der Satzfolge die Definition ggf. zu nennen ist.

Es wäre also unter Einbeziehung von Definitionen drei Formulierungen infolge des „Cuttens“ möglich:

1. 3er-Satz (hier 4er-Satz, Definition kann auch weggelassen werden)

I. Dann muss eine Sache gegeben sein / Dann muss es sich um eine Sache handeln.

IV. Gem. § 90 BGB sind Sachen körperliche Gegenstände.

II. Mit dem Auto des X handelt es sich um einen körperlichen Gegenstand.

III. Damit ist die Voraussetzung Sache gegeben.

2. 1-er Satz liebevoll (mit Definition, kann auch weggelassen werden)

IV. Gem. § 90 BGB sind Sachen körperliche Gegenstände.

II. / III. Mit dem Auto ist Voraussetzung Sache gegeben.

3. 1-er Satz lieblos (mit Definition, kann auch weggelassen werden)

IV. Gem. § 90 BGB sind Sachen körperliche Gegenstände.

III. Ein Sache liegt vor / ist gegeben.

Stufen Obersatz

Definition

Subsumtion

Ergebnis I

IV

II

III

Dann/Weiter muss [TbVrs]

ggf. Def.

(Darlegung aus SV)

Damit ist [TbVrs] gegeben

ggf. Def.

Mit...(SV)...

...liegt [TbVrs] vor Normalfall

3er E-Satz 1er E-Satz liebevoll

E-Satzkategorie (Evident) Färbung qua Behauptung

ggf. Def.

...liegt [TbVrs] vor 1er E-Satz lieblos

(18)

P-SATZ-KATEGORIE

Die letzte Kategorie ist eine Mischung zwischen C-Satz- und E-Satz-Kategorie.

Hier geht es um Tatbestandsmerkmale, deren Wertung einer besonderen Begründung bedürfen. Sie benötigen für die Wertung das Abwägen von Pro- und Contra- Argumenten. Es bedarf also wie bei C-Sätzen einer Art von Unterstruktur. Der Unterschied besteht nur darin, dass hier die Unterstruktur aus Argumenten und nicht aus Tatbestandsmerkmalen besteht. Argumente tragen dieses Symbol: .

Die E-Satz-Kategorie ist deshalb ähnlich, weil Tatbe- standsmerkmale mit Problempunkt ebenfalls keine Untertatbestandsmerkmalen aufweisen. In dieser Hin- sicht sind sie ebenfalls Endpunkte der Begründung.

Aber ihre Wertung ist nicht evident, sondern entspricht genau dem Gegenteil: Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass über die Wertung Konsens erzielt wird.

Vielmehr repäsentieren Pro- und Contra-Argumente höchst unterschiedliche Auffassungen zur Wertung.

Etwa:

(Pro-Argument)

Das Auto steht im Eigentum des E und ist für T

„fremd“.

(Contra-Argument)

T hat einen Miteigentumsanteil erworben.

(Contra-Argument zum Contra-Argument)

Miteigentum wurde noch nicht wirksam erworben.

In diesem Beispiel wird das Contra-Argument durch ein Contra-Contra-Argument ausgehebelt, so dass am Ende nur das Pro-Argument die Wertung für das problematische Tatbestandsmerkmal „Fremdheit“

bestimmt.

Die Formulierung ist am Beispiel des Merkmals Fremdheit anhand der Tabelle erneut höchst einfach:

(Obersatz)

„Fraglich ist, ob ... Fremdheit ... vorliegt“.

(ggf. Defi nition)

Eine Sache ist fremd, wenn sie im Allein- Mit- oder Gesamthandeigentum von einem anderem als dem Täter steht.

(Argumentation anstelle von Subsumtion)

Dafür spricht, daß ... . Dagegen könnte jedoch eingewendet werden, dass ... Zu beachten ist auch ... . Obwohl ... . Schließlich ... .

(Ergebnis)

Aus alledem folgt, dass Fremdheit zu bejahen ist.

Stufen Obersatz

Definition

Subsumtion

Ergebnis I

IV

II

III

Fraglich ist, ob [TbVrs] ...

ggf. Def.

Dafür spricht... Dagegen...

Aus alledem folgt, dass [TbVrs] ...

Normalfall

P-Satz

P-Satz Kategorie (Problem): Färbung aus Arg.

(19)

Die Ausführungen in einer Rechtsklausur, die der Kategorie der P-Sätze zuzuordnen sind, können sich als wahre Katapulte für die Bewertung erweisen. Trifft die Entscheidung in der juristischen Fotografie, den Schwerpunkt der Klausur auf diese Tatbestandsvoraus- setzung zu setzen, die Erwartung der Prüfer, ist das erste Schloss für eine erfreuliche Benotung geöffnet.

Endgültig wird das Tor zu einer guten Benotung aber erst dann aufgestoßen, wenn die Abwägung von Argumenten nachvollziehbar, ideenreich und möglichst umfassend gelingt. Aber auch diese Anforderungen sind Anforderungen an die Lösungsskizze, da die juristische Fotografie auch die Argumentationsstruktur vollständig abbildet.

In der Übertragung der Lösung in den Gutachtenstil stellen sich keine besonderen Schwierigkeiten, die über die Formulierung einer Erörterung von Argumenten hinausgingen. Allenfalls ist vor dem Anfängerfehler zu warnen, lediglich Pro-Argumente zu nennen und die Abwägung mangels Contra-Argumenten entfallen zu lassen.

ZUSAMMENFASSUNG

Insgesamt ist die Erstellung des juristischen Gutachtens einfach, obwohl die Varianten des 3-stufigen Aufbaus (ohne Verwendung von Definitionen) und des 4-stufigen Aufbaus (mit Definitionen) von Merkmal zu Merkmal oder von Zeile zu Zeile der juristischen Fotografie wechseln können. Sie ist einfach, weil die Zuordnung jeder Zeile der Lösungsskizze zu einer der drei möglich Kategorien der C-, E- oder P-Satze direkt aus der TakeLaw-Struktur als Lösungsskizze abgeleitet werden kann. Ist die entsprechende Definition bekannt, kann sie genannt werden (4-stufiger Aufbau), ansonsten ist auf sie zu verzichten (3-stufiger Aufbau).

Dem Wunsch nach sprachlicher Vielfalt oder sogar nach sprachlicher Schönheit sollte erst dann entsprochen werden, wenn die Grundkonstruktion des juristischen Gutachtens verstanden und eingeübt wurde. Es bedarf allerdings nach bisheriger Erfahrung dazu keiner besonderen Unterweisung der Studierenden. Sie kön- nen einfach auf der Grundlage des Verständnisses zum Gutachtenstil ihre bereits vorhanden sprachlichen Fähigkeiten zur Geltung zu bringen. Es bedarf aber einer sprachlichen Disziplin, vor dem Beginn einer blumigen Ausdrucksweise zunächst sicherzustellen, dass die Eindeutigkeit der Ausführungen insgesamt

garantiert ist. Dazu gehört, dass alle einzelnen im Gutachten formulierten Sätze eine festgelegte Bedeutung haben, die beim Schreiben auch bekannt ist.

Für Anfänger ist es deshalb einfacher, den Wunsch nach sprachlicher Vielfalt zunächst zurückzustellen und eine variantenarme, aber richtige Formulierung als primäres Ziel anzustreben. Erst auf dieser Grundlage ist dann anschließend die Optimierung der Ausdrucksweise als der zweite sinnvolle Schritt.

Fraglich ist, ob [TbVrs] ...

ggf. Def.

Dafür spricht... Dagegen...

Aus alledem folgt, dass [TbVrs] ...

P-Satz

P-Satzkategorie (Problem) Färung aus Arg.

Obersatz

Definition

Subsumtion

Ergebnis I

IV

II

III

Dann/Weiter muss [TbVrs]

ggf. Def.

Unterstruktur prüfen

Damit ist [TbVrs] gegeben

In Betracht kommt [TbVrs]...

ggf. Def.

Unterstruktur prüfen

Damit ist [TbVrs] gegeben Normalfall

C-Satz UND C-Satz ODER

C-Satzkategorie (Conclusio) Färbung aus Schlussfolgerung

Dann/Weiter muss [TbVrs]

ggf. Def.

(Darlegung aus SV)

Damit ist [TbVrs] gegeben

ggf. Def.

Mit...(SV)...

...liegt [TbVrs] vor

3er E-Satz 1er E-Satz liebevoll

E-Satzkategorie (Evident) Färbung qua Behauptung

ggf. Def.

...liegt [TbVrs] vor 1er E-Satz lieblos Stufen

(20)

AUSNAHME: WWWW-SATZ

Eine Besonderheit stellt der sog. WWWW-Satz dar.

Es handelt sich um den ersten Satz des Gutachtens und damit regelmäßig um die erste Zeile in der Lösungsskizze. Der WWWW-Satz benennt im Zivilrecht vier Variablen: Wer gegen Wen, Was Woraus. Oder anders: Wer verlangt gegen Wen, Was Woraus.

Der WWWW-Satz steht immer am Beginn des Gutachtens.

Er ist als indirekter Frage zu formulieren. Es ist deshalb darauf zu achten, dass vier Angaben enthalten sind und der Ausdruck „könnte“ darin enthalten ist (damit wird die indirekte Frage ausgedrückt).

Beispiel:

A könnte gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 I BGB haben.

Im Strafrecht ist die Variable W bereits festgelegt. Es handelt sich um den Staat (WER) mit dem Anspruch auf Bestrafung wegen Delikt (WAS) des Täters (gegen WEN) auf der Grundlage einer Strafvorschrift (Woraus).

Auch hier ist der WWWW-Satz als indirekte Frage zu formulieren. Lediglich die Variable Wer wird regelmäßig nicht genannt, weil es sich immer um den Staat handelt.

Dafür wird eine Variable Womit eingeführt, die die Tathandlung beschreibt. Darum heißt der Eingangssatz für ein strafrechtliches Gutachten stets:

T (gegen Wen) könnte sich durch den Schlag auf den Kopf des X (Tathandlung= Womit) wegen Totschlages (WAS) gem. § 212 StGB (Woraus) strafbar gemacht haben.

Da in der C-Satz-Kategorie jede eröffnete Frage nach der Prüfung der Unterstrukturen auch beantwortet werden muss, sind auch die WWWW-Fragestellung mit dem letzten Satz des Gutachtens zu beantworten. Hier sind idealerweise alle vier Variablen erneut zu nennen und mit einer abschließenden Antwort zu versehen.

Zivilrecht:

Somit hat A gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 I BGB.

Strafrecht:

Somit hat sich T durch den Schlag auf den Kopf des X wegen Totschlages gem. § 212 StGB strafbar gemacht.

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