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Gute Presse ist ein Grundrecht

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Gute Presse ist ein GrundrechtEin Almanach zum Journalismus der Zukunft

Gute Presse ist ein

Grundrecht

Ein Almanach zum

Journalismus der Zukunft

Mit Beiträgen von Jeff Bezos

Mathias Döpfner Anett Dowideit David Ehl Tobias Gostomzyk Carsten Knop John McCain Miriam Meier Andreas Möller Daniel Moßbrucker Wolf-Dieter Rühl Alexander Sängerlaub Klaus Max Smolka Frank-Walter Steinmeier Donald Trump

Maren Urner Bettina Weiguny Mark Zuckerberg

Deutsche Gesellschaft Qualitätsjournalismus Internationaler Club

Frankfurter Wirtschaftsjournalisten

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Gute Presse ist ein Grundrecht Ein Almanach zum Journalismus der Zukunft

Wirtschaft erleben, wo sie passiert.

Der berühmte Handelssaal der Frankfurter Börse ist einer der letzten seiner Art in Europa und eine Ikone der Finanzwelt. Von hier berichten täglich nationale und internationale Medien und Fernsehanstalten.

Mehr als 100 Mal gehen ihre Bilder jeden Tag um die Welt. Nutzen auch Sie diese beeindruckende Kulisse für Ihre Berichterstattung!

Neu in der Frankfurter Börse:

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Internationaler Club

Frankfurter Wirtschaftsjournalisten

Deutsche Gesellschaft Qualitätsjournalismus

Gute Presse ist ein

Grundrecht

Ein Almanach zum

Journalismus der Zukunft

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Die Charta des Qualitätsjournalismus

» Qualitätsjournalismus ist »systemrelevant« – als Regulativ für Demokratie und soziale Marktwirtschaft.

» Medien sind mächtig. Macht bedeutet Verantwortung – gegenüber dem Einzelnen und gegenüber der Allgemeinheit.

» Gute Presse ist ein Grundrecht. Gut heißt: unabhängig, kompetent, kritisch – und fair.

» Qualitätsjournalismus kennt weder Freund noch Feind.

» Qualitätsjournalismus hat seinen Preis. Ist aber nicht käuflich.

» Qualitätsjournalismus heißt: Fakten statt Fiktion.

Recherche statt Raterei. Präzision statt Propaganda.

» Qualitätsjournalismus korrigiert seine Fehler.

» Journalisten haben mehr Fragen als Antworten.

» Journalismus ist Beruf und Berufung.

Handwerk und Haltung gehören dabei zusammen.

» Journalismus lebt von seiner Glaubwürdigkeit und Akzeptanz.

» Journalismus beginnt im Kopf. Und nicht bei der Kohle.

» Journalismus geht alle an: Es ist Zeit für einen öffentlichen Dialog über Journalismus und Medien.

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3

Editorial

Sagen, was ist

W

ir leben in einer buchstäblich verrückten Zeit.

Noch vor Kurzem hatte alles seinen Platz und seine Ordnung: hier die Politik, da die Wirtschaft, dort die Gesellschaft – und irgendwo mittendrin und manchmal auch von oben herab: die Medien. Alle spielten ihre Rolle. Alle hielten sich an die ungeschriebenen Regeln von Toleranz und Respekt.

Tempi passati. Seitdem Donald Trump, der Brexit, die

»Flüchtlingskrise« und Bernd Höcke die Schlagzeilen bestimmen, ist nichts mehr wie früher. Der Konsens der Humanität scheint aufgekündigt. Der Wert der Demokratie wird angezweifelt. Die Würde des Menschen ist antastbar geworden.

Immer öfter schlägt das »Lügenpresse«-Gegeifere in offene Gewalt um. Weil die Sprache verroht, kommen die Extremisten aus ihren Löchern gekrochen.

Der Journalismus allein wird die Welt nicht retten können.

Aber er ist besonders gefordert: genau hinzuschauen, sauber zu analysieren, präzise einzuordnen und mutig zu sagen, was ist.

Journalismus ist heute wichtiger denn je – damit uns die verrückte Welt nicht irre macht.

In diesem Sinne danken wir herzlich: unseren Autoren für ihre Mitarbeit und unseren Inserenten für ihre Unterstützung.

Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünschen wir mit dem Almanach »Gute Presse ist ein Grundrecht« eine erkenntnisreiche und anregende Lektüre!

Meike Schreiber Christian Preiser Michael Rasch

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6 Demokratie braucht Journalismus

Von Frank-Walter Steinmeier

10 Genau 2× »Journalismus«

12 Digitaler Overkill

Von Carsten Knop

18 This is not a philanthropic endeavor

Von Jeff Bezos

20 Fairness auf beiden Seiten

Von Anette Dowideit

28 »Wenn Sie das schreiben, verklage ich Sie!«

Von Tobias Gostomzyk und Daniel Moßbrucker

34 Die Unsitte der Autorisierung

Von Klaus Max Smolka

38 Schreib! Leser wirst du immer finden.

Von Bettina Weiguny Inhaltsverzeichnis

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44 Mr. President, stop attacking the press!

Von John McCain

48 Die Karriere der Fake News

Von Alexander Sängerlaub, Miriam Meier und Wolf-Dieter Rühl

52 Die andere Seite des Schreibtischs

Von Andreas Möller

58 Journalisten sind Wecker, die sich nicht abschalten lassen

Von Mathias Döpfner

62 Wie geht es weiter?

Von Maren Urner und David Ehl

65 »Not you.«

Von Donald Trump

66 The Informed Community

Von Mark Zuckerberg

Editorial 3 Nachweise 71 Impressum 72

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Demokratie braucht Journalismus

Von Frank-Walter Steinmeier

D

er Journalismus durchlebt grundstürzende Verände- rungen; sie fordern uns und sie überfordern uns mitunter auch: Alles, was geschieht oder als gesche- hen behauptet wird, erreicht uns als Leser, Hörer und Zuschauer nicht selten von jetzt auf gleich. Es bewegt uns, begeistert uns, verstört oder verängstigt uns, vor allem aber überwältigt es uns. Wer wirklich zur Kenntnis nehmen wollte, was ihm an tat- säch lichen und vorgeblichen Nachrichten über zahllose Kanäle, auf Plattformen und über digitale Netzwerke angeboten wird, und wer noch dazu prüfen wollte, ob es sich um eine vertrauens- würdige Quelle und eine wahrheitsgemäße Darstellung handelt, müsste kapitulieren.

Der nie endende, nie versiegende Fluss an Informationsfetzen ist ein Nachrichtenkonfetti, das niemand mehr allein bewältigen kann. Doch bevor Algorithmen nicht nur über die Auswahl dessen entscheiden, was wir als Nachrichten angeboten bekommen, son- dern auch deren Analyse und Aufbereitung übernehmen, würde ich gern dazwischenrufen: Noch ist es der Zauberer, der den Besen bewegt! Auch wenn wir Entwicklungen nicht aufhalten werden, so können wir sie doch beeinflussen.

(…) Das Nachrichtengeschäft ist noch hektischer geworden.

Und wir haben keine adäquate Antwort auf die Frage gefunden, wie Qualität und Erfahrung, wie Sorgfalt und Anspruch angemessen

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7 entlohnt werden können, wenn nur einen Mausklick weit entfernt der digitale Grabbeltisch mit kostenlosen Angeboten lockt. Wir werden weiter nach einer Antwort suchen müssen.

Denn die Demokratie braucht den Journalismus. Nicht irgend- einen Journalismus, auch keinen, der Geschichten erfindet oder manipuliert, sondern einen, der recherchiert, prüft und analysiert, bevor er publiziert. Sie ist im Dauerfeuer der News und Fake News mehr denn je auf verlässliche Quellen angewiesen, auf eine Gewichtung und Einordnung von Nachrichten. Dafür braucht die Demokratie Journalisten, auch erfahrene Agenturjournalisten und Korrespondenten, sie braucht Blattmacher, Online- und Print- redakteure. Die Demokratie braucht Auslandskorrespondenten und Reporter, die Lesern, Hörern und Zuschauern ein Bild der realen Welt vermitteln.

Es mag sein, dass die Demokratie auch Influencer braucht. Tat- sächlich sind sie ja längst Teil der neuen Öffentlichkeit. Ich vermu- te, dass sie das tun, was früher einfach Kommentar und Meinung hieß. Wer einer pointierten Meinung zuhört, sollte wissen, was auch früher schon galt: In der kommentierten Welt lässt sich der Klima- wandel sofort stoppen, die Krise per Knopfdruck beenden und der Frieden im Handumdrehen wiederherstellen. In der Realität leider nicht. Denn die Politik braucht nicht nur den Willen, sondern auch Zeit für Lösungen. Die Vernunft kennt kein anderes Mittel als das Argument. Und kämpft häufig genug mit Interessen, denen das Vernünftige kein Anliegen ist.

Die Anforderungen an den seriösen Journalismus sind ja in Wahrheit nicht geringer: Ein Journalist, der überzeugen will, muss zunächst informieren. Er muss, was er selbst beobachtet und gehört hat, mit seiner Erfahrung abgleichen, es wahrheitsgemäß aufbereiten und weitergeben und den Lesern, Hörern oder Zu- schauern so ermöglichen, sich ein Bild machen zu können. Denn

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wer urteilt – und das wollen die Leser –, sollte idealerweise auch verstehen können. Denn der politischen Willensbildung geht die Meinungsbildung voraus.

Demokratie und Medien brauchen einander. Gemeinsam funktionieren können sie aber nur, wenn sie die professionelle Distanz zueinander wahren. Berichterstattung und Politik müssen je eigene Sphären bleiben – mit unterschiedlichen Spielregeln.

Journalisten sollten keine Politiker sein wollen und umgekehrt.

Nur so bewahrt der Journalismus seine Unabhängigkeit und die Demokratie profi tiert von einer kritischen Öffentlichkeit.

(…) Wir brauchen demokratische Politik ebenso wie den kriti- schen Journalismus und seine mündigen, informierten und kriti- schen Leser. Wir brauchen Leser, die fragen und etwas erfahren wollen, bevor sie einen Like senden oder einen Link teilen, die das Netz und die digitalen Medien für einen zivilisierten Austausch, für Debatten nutzen und nicht als Plattform für Aufrufe zu Demü- tigung, Herabwürdigung und Hass.

(…) Objektivität und Unabhängigkeit – dieser hehre Anspruch ist nicht von gestern. Im Gegenteil: In der Dauererregung ist er notwendiger denn je. Ich glaube, sie ist möglich, die digitale Mo- derne mit Vernunft, Mündigkeit und Demokratie. Und wer in dieser Moderne leben will, der braucht einen guten, anspruchsvol- len Journalismus und der muss ihn sich etwas kosten lassen.

Frank-Walter Steinmeier ist Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.

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Think. Create. Do.

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Genau

»Journalismus« 2×

Auf den 221 Seiten, die das »freiwillige öffentliche Übernahmeangebot« der US-Beteiligungsgesellschaft KKR an die Aktionäre des Axel-Springer-Verlags umfasste, kam das Wort »Journalismus« genau zwei Mal vor.

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Digitaler Overkill

Von Carsten Knop

O

hne Kontext hat das, was man sagt, keine Bedeutung.

Das hat der amerikanische Internet-Vordenker Jaron Lanier in seinem Buch mit dem Titel »Zehn Gründe, warum Du Deine Social-Media-Accounts sofort löschen musst«

geschrieben. Denn genau das ist passiert: Die meisten Menschen nehmen Nachrichten inzwischen außerhalb des Kontexts wahr.

27-mal in der Stunde wechseln Zwanzigjährige heute das Medium, checken Hunderte Male Mails und andere Nachrichten. Das haben amerikanische Forscher herausgefunden. So ist heute Wirklich- keit, was der kanadische Medientheoretiker Marshall McLuhan in einem prophetischen Aphorismus schon im Jahr 1964 aufge- schrieben hat: Wir sind »von den Nerven der gesamten Menschheit umgeben. Sie sind nach außen gewandert und bilden eine elektri- sche Umwelt.«

Alles, was geschieht, was das Nervenkostüm anderer Menschen an irgendeinem Ort der Welt erreicht, was sie bewegt, verstört, ängstigt, vermag auch uns zu erreichen und zu verstören. Darauf weist der deutsche Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen in seinem Buch »Die große Gereiztheit – Wege aus der kollektiven Erregung« hin. »Es ist eine Zeit der Empörungskybernetik, in der miteinander verschlungene, sich wechselseitig befeuernde Impulse einen Zustand der Dauerirritation und der großen Gereizt- heit erzeugen«, schreibt Pörksen: »Und es vergeht kein Tag ohne

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13 Verstörung, keine Stunde ohne Push-Nachrichten, kein Augenblick ohne Aufreger. Man könnte, selbst wenn man wollte, den digitalen Fieberschüben nicht entkommen.«

Daran ist viel Wahres. Und doch beschreibt Pörksen die Reali- tät nur zu einem Teil. Denn es gibt durchaus noch Qualitätsmedien, die Hunderte Redakteure genau zu diesem Zweck beschäftigen:

den Kontext herzustellen, die Nachricht einzuordnen, alsbald auch zu kommentieren – und dabei zwar ein Auge auf den aktuellen Ereignissen des Tages zu haben, zugleich aber ein anderes darauf, was denn nun wirklich wichtig und wahr ist. Und so sehr auch die Redaktion der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« Social-Media- Kanäle nutzt und nutzen muss, um die Reichweite ihrer Art des Journalismus zu erhöhen, so sehr ist das, was die Redaktion tut, auch ein Gegenentwurf zu dem, was Autoren wie Lanier beklagen.

Auf den Social-Media- und vielen anderen Onlinekanälen haben die Leser kaum oder gar nicht die Möglichkeit, den Kontext zu erkennen oder zu beeinflussen, in dem die Äußerungen ver- standen werden. »Das Problem ist inzwischen so allgegenwärtig, dass es beinahe unsichtbar geworden ist – wie die Luft, die wir atmen. Wir haben keinen Einfluss mehr auf den Kontext. Social Media schreddert Bedeutung. Was immer du sagst, gewinnt seine Bedeutung durch die Art und Weise, wie Algorithmen, Gruppen von Menschen und Gruppen von Fake People – die ebenfalls Algo- rithmen sind – sie kontextualisieren und mit dem vermengen, was andere Leute sagen«, schreibt Lanier. Dadurch verändere sich, was ausgedrückt werden könne. Denn man müsse extrem werden, wenn man etwas sagen wolle, das in einem unvorhersehbaren Kontext auch nur kurz überleben könne.

Natürlich hängen auch im Newsroom von faz.net diverse Bild- schirme, die anzeigen, für welche Themen sich wie viele Leser wie lange interessieren. Das aber geschieht aus einem einzigen Grund:

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Es gilt, das Interesse an genau dem Journalismus zu steigern. Das übrigens ist es auch, was Lanier der Gesellschaft der Leser emp- fiehlt, um den kurzatmigen Aufregungszyklen zu entkommen:

»Hoffentlich werden die Menschen direkte Beziehungen zu Anbie- tern von Nachrichten und anderen Inhalten knüpfen, und noch wünschenswerter wäre, dass sie Abos abschließen«, schreibt er.

All das verändert die Art, wie Journalisten arbeiten – auch wenn sie den alten Qualitätsmaßstäben verpflichtet bleiben müssen.

Journalisten verabschieden sich auf diesem Weg von der Idee der asymmetrischen Belehrung, wonach es Informierte (Journalisten) und Nicht-Informierte (Leser, Zuschauer, Zuhörer) gibt. Stattdessen geschieht nun genau das, was Pörksen in seinem Buch fordert:

Der Leser hat heute nicht mehr die Rolle des passiven Rezipienten, der versucht, »im Modus einer natürlich erscheinenden Duldungs- starre« (Pörksen) nachzuvollziehen, was Journalisten meinen, wenn sie von einer ihm unbekannten, fremden Welt berichten.

Digital bedeutet nicht, eine Geschichte ins Netz zu stellen.

Nahbarkeit und Berührbarkeit, echtes, nicht bloß strategisch oder geschäftlich motiviertes Interesse und wirkliches Zuhören, die Bereitschaft zum Perspektivwechsel: Onlinejournalismus kann man anders schon lange nicht mehr betreiben. »Die professionelle Expertise des organisierten Journalismus verdankt sich damit nicht mehr allein einem Informations- und Wissensvorsprung, sondern der Kunstfertigkeit, mit der man Kommunikationsprozesse initi- iert und schöpferische Dialoge moderiert und kuratiert«, schreibt Pörksen. Lanier wiederum macht eine wichtige Einschränkung:

»Feedback ist eine gute Sache, doch wenn Feedback in einer künst- lich eingeschränkten Online-Umgebung überbetont wird, führt das zu lächerlichen Ergebnissen.«

Einer ordentlichen Redaktion geht es genau darum: die Balance zu wahren, auch im Dialog, um den Lesern den klaren Blick auf

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die Ereignisse des Tages zu ermöglichen. Das war vor Jahrzehn- ten nicht anders als heute – nur die Mittel, die dafür zur Verfügung stehen, und die Kanäle, über die die Texte, Videos und Podcasts ausgesendet werden, sind andere geworden. Erreicht wird aber dasselbe: Mit guten Texten kann man mitreden, unaufgeregter, informierter und fundierter als andere.

Carsten Knop ist Chefredakteur Digitale Produkte der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«.

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This is not a philanthropic endeavor

Von Jeff Bezos

I

bought the »Washington Post« fundamentally because I think it’s an important institution. I wasn’t seeking to buy a newspaper. It was not in my mind back in 2013.

I didn’t know anything about the newspaper-business. Today I take it as a very serious responsibility. For me this is not a phil- anthropic endeavor. I am very missionary about it. I care about it. I care about the independence of the newsroom. It’s super- exciting. (…) And stop shrinking. You can’t shrink your way into relevance. At the »Washington Post« we have grown our way into profitability.

Jeff Bezos ist Gründer, President, Chairman und CEO des Onlineversandhändlers Amazon.

Im Sommer 2013 kaufte Bezos die Tageszeitung

»The Washington Post« für 250 Millionen US-Dollar.

Seit 2017 erscheint die Zeitung mit dem

Slogan im Titelkopf »Democracy dies in Darkness«.

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MEETS

SIE MÖCHTEN TEIL UNSERER CISION MEETS VERANSTALTUNGEN SEIN?

Schreiben Sie uns und erhalten Sie Ihre persönliche Einladung zum nächsten Event:

INFO.DE@CISION.DE MICHAEL MAISCH

Stellv. Chefredakteur Finance HANDELSBLATT 2011 | 2013 | 2017

TIM BARTZ Korrespondent MANAGER MAGAZIN

2015 SEBASTIAN MATTHES

Stellv. Chefredakteur Head of Digital HANDELSBLATT

2014 | 2018

MARC BEISE Leiter Wirtschaftsressort SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

2013 | 2016

ARNE STORN Korrespondent Wirtschaft

DIE ZEIT 2015 CLAUS DÖRING

Chefredakteur BÖRSEN-ZEITUNG

2012

Interview hier herunterladen

ZULETZT

MIT... JAN STROZYK (NDR)

Investigativer Autor

& Rechercheur

Cision Meets im April 2019 in Hamburg zum Thema

»Big Data im Journalismus«

BISHERIGE EVENTS

MIT RENOMMIERTEN

JOURNALISTEN

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Fairness auf beiden Seiten

Von Anette Dowideit

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as Handy klingelt, das Display zeigt eine fremde Mobilfunknummer an. Ich nehme ab. Am anderen Ende ist der Chef einer Restaurantkette, über die ich seit ein paar Wochen Informationen sammele: Vapiano.

Anlass für die Recherche waren Hinweise, dass im Unternehmen einiges schieflaufe: Die Kette wachse zu schnell, finde dadurch nur schwer fähiges Personal, in den Läden gehe es teils drunter und drüber.

Wie wir Journalisten es häufig tun – wir lernen dies auf Jour- nalistenschulen oder in unseren Volontariaten –, sprach ich damals, vor rund vier Jahren, zunächst mit Mitarbeitern: mit Pastaköchen an den Stationen, Restaurantleitern, außerdem mit Kunden und Branchenexperten. Wenn Redaktionen auf diese Weise recherchie- ren, erscheint dies den betroffenen Unternehmen zuweilen als unfaire Methode. Wir Journalisten sehen es aber so: Erst wenn wir uns einen Überblick darüber verschafft haben, was wir die Manager einer Firma überhaupt fragen sollten und können, gehen wir auf die Unternehmen zu und bitten sie um ihre Sicht der Dinge.

Im Fall Vapiano hatte der Firmenchef von meiner Recherche erfahren – wohl durch einen loyalen Restaurantmanager, den ich um seine Einschätzung zur Geschäftsentwicklung gebeten hatte.

Er besorgte sich meine Handynummer und rief mich an. »Ich wollte mal hören, was das für eine wilde Geschichte ist, die Sie da

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21 planen«, sagte er im Plauderton. Ich antwortete, geplant sei ein Firmenporträt für den Wirtschaftsteil der »Welt am Sonntag«, und sagte ihm zu, mich in den nächsten Tagen mit einer offiziellen Interviewanfrage ans Unternehmen zu wenden. Das Gespräch kann nicht länger als drei Minuten gedauert haben, doch schnell verlegte er sich aufs Drohen: »Dann passen Sie mal gut auf, dass Sie sich mit Ihrer Recherche nicht angreifbar machen«, sagte er, bevor er auflegte.

Ein paar Tage später erhielt unser Verlag Post von einer von Vapiano beauftragten Anwaltskanzlei. Der Brief war an unsere Rechtsabteilung adressiert. Darin stand, man habe von der geplan- ten Geschichte erfahren und wolle vorsichtshalber daran erinnern, dass die Regeln sauberer Recherche einzuhalten seien – eine nur wenig verklausulierte Drohung, dass uns bei einer unliebsamen Veröffentlichung ein Rechtsstreit mit dem Unternehmen drohen dürfte.

Vapiano ist nur ein Fall von vielen, in denen die Recherchen von Journalisten von der anderen Seite »begleitet« werden: den Unternehmen, Politikern, Vereinen oder Prominenten, über die wir schreiben. Für uns in den Redaktionen wirkt es, als rüsteten die Objekte unserer Berichterstattung auf. Häufig reichen ihnen nicht mehr ihre eigenen Pressestellen, um sich mit uns auseinanderzu- setzen. Viele beauftragen zusätzlich externe Krisen-PR-Agenturen,

»Spin-Doktoren« oder Presseanwälte, um uns ebenso kritisch ins Visier zu nehmen wie wir sie.

Sie tun dies auf zweierlei Weise: zum einen, indem sie nach der Veröffentlichung gegen einen Beitrag vorgehen. Studien belegen, dass mittlerweile immer schneller Presseanwälte beauftragt werden.

»Früher haben Personen, die Berichterstattung beanstandet haben, die Redaktion direkt kontaktiert und auf diesem Weg eine Lösung gefunden. Heute gehen viele gleich zum Anwalt«, sagte etwa der

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renommierte Hamburger Medienrechtler Oliver Stegmann kürzlich in einem Interview mit der »Magdeburger Volksstimme«. Die Zeitung bestätigte, immer häufiger von den Firmen oder Personen, über die ihre Redakteure schreiben, presserechtlich angegangen zu werden.

Ein Phänomen, das sich derzeit auszubreiten scheint, sind dabei die zuletzt in Mode gekommenen »presserechtlichen Infor- mationsschreiben«. Sie sollen Redaktionen davon abhalten, die Berichterstattung von Kollegen in anderen Redaktionen zu über- nehmen.

Zum anderen versuchen Unternehmen seit ein paar Jahren zunehmend häufiger, schon vor dem Erscheinen eines Zeitungs- artikels oder der Ausstrahlung eines Beitrags auf uns einzuwir- ken – etwa indem sie, wie Vapiano, schon während der Recherche durchblicken lassen, dass bei einer Veröffentlichung rechtlicher Ärger drohe.

Wenn Firmen oder andere Objekte unserer Berichterstattung zu konfrontativ agieren, kann ihnen das jedoch mehr schaden als nutzen. Auch das zeigt das Beispiel Vapiano. Kurz nachdem der Firmenchef und seine Anwälte angekündigt hatten, unsere Recherche kritisch zu begleiten – und ich ihn zu einem Interview getroffen hatte –, erschien der besagte Text in der »Welt am Sonn- tag«. Die Veröffentlichung zog weitere Kreise: Es meldeten sich nun ehemalige Restaurantleiter, die sagten, Vapiano betrüge seine Restaurantangestellten um Lohn. Die Betriebsleiter würden regelmäßig die elektronisch erfassten Stempelzeiten kontrollieren und den Pastaköchen nachträglich Arbeitsstunden streichen.

Ich recherchierte also weiter, ob dieser Vorwurf stimmte. Er- neut »begleitete« Vapiano die Recherche. Diesmal allerdings ohne Anwälte, sondern indem interne Warnungen in Whatsapp-Gruppen ausgesprochen wurden. Ein Regionalleiter schickte Fotos von mir,

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70 Jahre Grundgesetz – 70 Jahre Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland.

Dies hat sich bewährt und darf nicht eingeschränkt werden.

Der Verband der Auslandsbanken vertritt über 200 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern.

www.vab.de

Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus

allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.

Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.

Eine Zensur fi ndet nicht statt.

»

«

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die aus dem Internet gezogen worden waren, an Mitarbeiter und versah sie mit der Notiz: »Wenn diese Frau in die Filiale kommt – auf keinen Fall mit ihr reden!« Eine Reihe von Mitarbeitern ignorierte die Warnungen aber und leitete mir sogar Screenshots davon weiter.

Aus meiner Sicht warf das Vorgehen die Frage auf: Hat das Unternehmen etwas zu verbergen, wenn es erst Presserechtsanwälte schickt und dann so vehement davor warnt, mit einer Reporterin zu sprechen? Wir veröffentlichten die Screenshots deshalb gemein- sam mit der Recherche.

Für Vapiano entwickelte sich das Vorgehen zum PR-Desaster.

Im Mediendienst Meedia sagte der Chef der von Vapiano beauf- tragten Kommunikationsagentur Achtung, die Warnung per Foto sei »ein Fehler« gewesen – das Werk eines übereifrigen Bezirks- managers und der Geschäftsleitung nicht bekannt.

Ohne Fairness auf beiden Seiten kann keine gute Geschichte im Sinne des Lesers entstehen. Wir Journalisten müssen denjeni- gen, über die wir berichten, die Chance geben, ihre Perspektive in ausreichender Weise im Text darzustellen. Nicht nur weil das Presserecht uns vorschreibt, die angegriffene Seite vor einer Ver- öffentlichung anzuhören. Sondern auch, weil wir keinen Kam- pagnenjournalismus betreiben und jede Geschichte besser wird, wenn man sich aufrichtig darum bemüht, die Perspektive aller Betroffenen einzufangen.

Für uns Journalisten ist es schwer nachvollziehbar, warum viele Unternehmen diese Chance nicht ergreifen. Zum Beispiel Maredo:

Im Herbst 2018 recherchierte ich zu der Frage, warum die Um- sätze der Kette seit Jahren stark zurückgingen und ob Management- fehler dafür verantwortlich waren. Schon Wochen vor dem geplan- ten Erscheinungstermin des Artikels versuchte ich, Kontakt zum Unternehmen aufzunehmen. Dazu stellte ich ein halbes Dutzend

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Interviewanfragen per E-Mail, Telefon und Post an Maredos Firmenzentrale und die beauftragte PR-Agentur. Reaktion: null.

Es blieb mir nichts anderes übrig, als schließlich einen schriftlichen Fragenkatalog einzureichen. Auch Maredo entschied sich für den teuren Gang zum Presseanwalt, der uns anstatt einer Antwort auf die gestellten Fragen ein langes Drohschreiben schickte. Aus unserer Sicht war das Ergebnis, dass unsere Bericht- erstattung deutlich einseitiger zugunsten der Maredo-Kritiker aus- fallen musste, als es nötig gewesen wäre.

Wie könnte es besser gehen? Erfährt ein Unternehmen schon vor der offiziellen Kontaktaufnahme davon, dass ein Journalist über die Firma recherchiert, erscheint uns das folgende Vorgehen am Sinnvollsten: Die Pressestelle dieses Unternehmens geht freundlich und offen auf den Journalisten zu, bietet ihm etwa ein Interview an und erklärt möglichst transparent die Hintergründe aus seiner Sicht. So signalisiert ein Unternehmen, dass es die Vorwürfe unse- rer Informanten ernst nimmt, die wir nachrecherchieren.

Kommt man auf diese Weise ins Gespräch, profitieren davon alle Beteiligten: das Unternehmen, das dem Journalisten seine Sicht der Dinge nahebringen kann, der Journalist, der eine weitere Perspektive gewinnt – und der Leser, dem wir auf diese Weise eine runde, ausgewogene Geschichte bieten können.

Anette Dowideit ist Chefreporterin im Investigativteam der Welt-Gruppe.

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»Wenn Sie das schreiben, verklage ich Sie!«

Von Tobias Gostomzyk und Daniel Moßbrucker

D

as deutsche Presserecht ist ziemlich eindeutig: Gegen eine Berichterstattung kann mit Rechtsmitteln grund- sätzlich erst nach Erscheinen vorgegangen werden.

Im Vorhinein lässt sich eine Veröffentlichung schwer bis gar nicht verhindern. Das Prozedere ist also vorgegeben: Zunächst recher- chieren Journalisten und publizieren ihre Ergebnisse. Wer eine Veröffentlichung über sich oder sein Unternehmen dann für unzu- lässig hält, kann Rechtsansprüche, etwa auf Unterlassung, anschlie- ßend geltend machen.

Seit einigen Jahren greifen Anwälte* jedoch immer häufiger zu präventiven Instrumenten. Ihr Ziel: entweder eine Berichterstattung ganz zu verhindern oder deren öffentliche Wahrnehmung zu beein- flussen. Grund hierfür dürfte auch der sich vollziehende Medien- wandel sein. Gerade online breiten sich Nachrichten rasch aus und lassen sich kaum noch »einfangen«.

Bei den präventiven Anwaltsstrategien lassen sich zwei »Typen«

unterscheiden: die eher »drohenden« Maßnahmen, die Journalisten abschrecken sollen, und die kommunikativ-kooperativen Maßnah- men, die inhaltlich beeinflussen sollen.

Das bekannteste Instrument für konfrontative Maßnahmen ist das sogenannte presserechtliche Informationsschreiben. Das sind

»Warnschreiben«, in denen Medien vor einer Erstveröffentlichung rechtliche Konsequenzen angedroht werden oder die ihnen unter-

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29 sagen, über eine Erstveröffentlichung der Konkurrenz zu berich- ten – der implizite Tenor lautet: »Wenn Sie das schreiben, verklage ich Sie!«

Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sind solche »Informationsschreiben« nicht grundsätzlich rechtswidrig (Urteil des VI. Zivilsenats des BGH vom 15. Januar 2019; Aktenzeichen VI ZR 506/17): »Die Übermittlung eines presserechtlichen Informationsschreibens greift in der Regel nicht rechtswidrig in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Ge- werbebetrieb eines Presseunternehmens ein«, heißt es aus Karls- ruhe: »Derartige Schreiben zielen auf einen effektiven – möglichst bereits vor einer Verletzung wirksam werdenden – Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Sie dienen dazu, dem von einer befürchteten Rechtsverletzung Betroffenen bereits im Vorfeld Gehör zu gewähren und dadurch persönlichkeitsrechtsverletzende Rechtsverstöße von vorneherein zu verhindern oder jedenfalls ihre Weiterverbreitung einzuschränken. (…) Hinter diesen schutz- würdigen Interessen hat das Interesse eines Presseunternehmens, presserechtliche Informationsschreiben nicht zu erhalten, in der Regel zurückzutreten. (…) Eine andere Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn das übersandte Informationsschreiben von vorneherein ungeeignet ist, präventiven Rechtsschutz zu bewirken.

Hiervon ist auszugehen, wenn es keine Informationen enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlich- keitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt werden.«

Seit Jahren wird intensiv über diese Art von Schreiben debat- tiert. Der Umgang mit Anwälten gehört für viele Journalisten längst zum Berufsalltag. Redaktionen haben etablierte Routinen gefunden, um sich gegen eine mögliche Beeinflussung zu schützen. Wenn mit dem »Informationsschreiben« ganz offensichtlich nur das Ziel verfolgt wird, eine legitime und legale Berichterstattung zu verhin-

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dern, wirkt die Anwaltspost bisweilen sogar kontraproduktiv:

Denn sie macht die Journalisten auf ein Thema erst aufmerksam und kann zur Recherche motivieren.

Dass »presserechtliche Informationsschreiben« eine Bericht- erstattung verhindern, ist eher selten. Neben dem journalistischen Ethos sprechen auch ökonomische Überlegungen dagegen. Gerade intensiv recherchierte Berichte sind zu teuer, um sie lediglich

»aus Angst« fallen zu lassen. Untersuchungen belegen das: Allein aus Furcht vor Prozesskosten lassen sich weder Verlage noch Journalisten davon abbringen, brisante Themen zu recherchieren und das Ergebnis ihrer Recherche zu veröffentlichen. Eine Aus- nahme bildet der Boulevardjournalismus, bei dem häufig weniger tief recherchiert wird, Medien eher voneinander abschreiben und gerade bei der Berichterstattung über Prominente die Grenze zum Persönlichkeitsrecht schnell erreicht sein kann. Hier unter- lassen es Medien tatsächlich eher, Themen von der Konkurrenz zu übernehmen, wenn sie gewarnt werden, dass dann rechtlicher Ärger droht.

Bleiben also noch die kommunikativ-kooperativen Maßnah- men: Medienanwälte nutzen oft eine Fülle von Möglichkeiten, um auf die Berichterstattung präventiv Einfluss zu nehmen. Unter anderem streuen Kanzleien Storys über ihre Mandanten mit einem eigenen Spin in anderen Medien, um die eigentliche Geschichte damit unattraktiv zu machen. Auch wird versucht, »Deals« mit Redaktionen auszuhandeln, eine Gegenöffentlichkeit im Social Web aufzubauen oder strategisch mithilfe von Kommunikations- agenturen ein Informationsangebot im Internet zu erstellen, das als alternative Deutung (»Gegennarrativ«) zur journalistisch recher- chierten Story fungieren soll.

Im Fazit: Für Redaktionen gehört es längst zum Alltag, mit Medienanwälten in Kontakt zu kommen. Die meisten Journalisten

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Unter Partnerschaftlichkeit verstehen wir,

dass man jede Mission gemeinsam zum Erfolg führt.

Kennen Sie Michael Collins? Die wenigsten tun das. Er hat als Pilot der Apollo-11-Kapsel Buzz Aldrin und Neil Armstrong 1969 zur ersten Mondlandung geflogen – und wieder zurück. Für uns ist Collins eine Inspiration. Denn als Spitzeninstitut der rund 850 Genossenschaftsbanken in Deutschland glauben wir an den Erfolg von Partnerschaften, bei denen jeder sich in den Dienst einer großen Sache stellt, damit das gemeinsame Ziel sicher erreicht wird. Mehr über Partnerschaftlichkeit erfahren Sie unter:

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sehen darin eine legitime Rechtsausübung durch Betroffene. Sie wünschen sich jedoch, dass Betroffene verstärkt das Gespräch suchten und über inhaltlich Strittiges diskutierten, anstatt un- mittelbar mit rechtlichen Mitteln zu drohen. Kommt eine solche Diskussion in Gang, sind Journalisten oft bereit, in begründeten Fällen inhaltliche Änderungen an einer geplanten Berichterstattung vorzunehmen. Dies zeigt: Kommunikativ-kooperative Maßnahmen steigern gerade im investigativen Journalismus die Chancen für Anwälte, die Interessen ihres Mandanten gegenüber den Medien präventiv zu vertreten.

Prof. Dr. Tobias Gostomzyk ist Professor für Medienrecht am Institut für Journalistik an der TU Dortmund.

Daniel Moßbrucker ist Doktorand und freier Journalist.

* Genderhinweis: Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger

beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.

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Die Unsitte der Autorisierung

Von Klaus Max Smolka

I

n Deutschland hat sich eine schlechte Praxis eingeschli- chen: Vereinbaren Politiker oder Unternehmensmanager ein Gespräch mit einem Print- und / oder Digitalmedium, fordern sie oder ihre Kommunikationsleute oft Autorisierung.

Die Aussagen sollen ihnen vom Journalisten vor der Veröffentli- chung noch einmal vorgelegt werden. Das kann nützlich sein – etwa, um die Fakten zu prüfen. Spricht ein Vorstand versehentlich von einem Werk in Slowenien statt der Slowakei, wird kein ver- nünftiger Journalist auf dem gesprochenen Wort bestehen. Außer- dem lassen sich so Missverständnisse vermeiden, auch Hörfehler.

Zählt ein Vorstand die momentanen Risiken für sein Geschäft auf, macht es einen Unterschied, ob er »Weltpolitik« oder »Geldpolitik«

sagt. Gerade börsennotierte Unternehmen müssen sich darauf verlassen können, korrekt wiedergegeben zu werden. Am Kapital- markt kommt es auf Nuancen an.

Jeder Konzernsprecher beteuert, es gehe ausschließlich um sachliche Korrektheit. Auf keinen Fall werde man Aussagen abschwächen oder Inhalt zurückziehen. Doch diese Zusage wird ständig gebrochen, dauernd bügeln Sprecher Aussagen ihrer Chefs glatt. Manche Sprecher wollen sogar nicht gestellte Fragen und erfundene Antworten ins Blatt bringen.

Es herrscht ein Kontrollwahn. Großunternehmen unterhalten Scharen von internen und externen PR-Leuten, die ihre Vorstände

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35 rigoros nach außen abschotten. Normalen Mitarbeitern wird ein- gebläut, nie mit der Presse zu sprechen. Wer es doch tut, hat seine eigene Meinung auszuschalten – denn er steht unter dem Diktat eines Einheitssprechs, das euphemistisch als »One Voice Policy«

verbrämt wird.

Da ist es nur folgerichtig, auch bei Interviews mit Managern übergriffig zu werden. Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht hier nicht um Hintergrundtreffen, in denen einer vertraulich spricht – er also nicht öffentlich zitiert werden möchte. Es geht um Interviews mit laufendem Band, im Wortsinn »on the record«.

Auch weil der Kontrollwahn immer ausgreifender wird, sollte darüber öffentlich debattiert werden. Inzwischen kommt es vor, dass Veranstalter sogar von Pressekonferenzen Zitate sehen wollen.

Wenn PR-Leute Zitate manipulieren, wirft das ein schlechtes Licht auf den betreffenden Manager. Ein Dax-Vorstand etwa ist in aller Regel ohnehin durch spezielle Medientrainings gegangen.

Was ist von einer Spitzenkraft mit Millionenvergütung zu halten, die sich im Gespräch nicht ausreichend konzentriert? Die einen Aufpasser braucht, der notfalls das Gesagte zurückdreht?

Natürlich ist die Presse keine kollektive Engelsschar. PR-Profis klagen über roher werdende Sitten, und in der Tat gibt es Journalis- ten, die alles tun, um den Vorstand – oder Politiker – schlecht aussehen zu lassen. Nur: Zitat-Zensur hilft dann auch nicht, denn ein Journalist mit bösem Willen wird ohnehin jegliche Aussage passend zu seiner These einflechten.

Das Thema »Autorisierung« ist nicht nur branchenintern relevant: Es geht auch um das Ansehen der Presse. Aufmerksame Leser spüren, wenn sie nicht mehr das Gesagte zu lesen bekom- men, sondern glattgebügelt Geschöntes. Der Satiriker Martin Sonne- born sprach einmal für die »heute-show« mit einem führenden Pharmalobbyisten, der aus Versehen vor der Kamera eingestand,

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dass asiatische Billigkopien so sicher seien wie deutsche Produkte.

Es folgte Streit darüber, ob das gesendet werden durfte. Und im Netz gab es Seitenhiebe auf seriöse Medien: Es sei »schon traurig«, dass man so etwas nur in »Witznachrichten« zu sehen bekomme, urteilte ein Kommentator.

Unternehmen und Parteien hoffen, dass Journalisten Angst vor Interview-Entzug haben. Aber wäre das so schlimm? Die Presse darf ruhig etwas selbstbewusster sein. Warum heißt es zum Beispiel stets: »Vorstandsvorsitzender X gab der Zeitung Y ein Interview«?

Man könnte das auch umgekehrt formulieren: Der Manager erhält eine Plattform. Die Wahrheit liegt in der Mitte. Dialog hat zwei Parteien.

Die Regel für Interviews ist doch einfach: Wer etwas sagen will, soll es sagen. Wer es nicht sagen will, soll es nicht sagen.

Klaus Max Smolka ist Redakteur im Wirtschaftsressort der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«.

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Schreib! Leser wirst du immer finden.

Von Bettina Weiguny

U

nser Sohn träumt davon, Schriftsteller zu werden.

Eine Karriere irgendwo zwischen Joanne K. Rowling, Stephen King und Shakespeare schwebt ihm vor, er ist da offen. Erste Entwürfe für Romane liegen bereits vor, der Junge zitiert eifrig daraus, an Talent und Hingabe mangelt es seiner Meinung nicht. Allein eines treibt ihn um. »Mama, kannst Du mir garantieren«, so fragte er neulich, »dass es noch genug Leser gibt, wenn ich groß bin?«

Tja, was soll man einem Dreizehnjährigen darauf antworten?

Er muss ja nur mal bei seinen Kumpels in die Zimmer schauen, wo Playstation und PC die Bücherregale verdrängt haben. Eine Laufbahn als E-Sportler verspricht eine weitaus höhere Rendite auf das eingesetzte Humankapital als die Schriftstellerei, könnte ich dozieren. Mach was Sinnvolles, sprich Profitables, könnte ich ihm raten. Oder: Du wirst der Letzte deiner Art sein und deine Bücher nicht nur selbst schreiben, sondern auch selbst verlegen und kaufen, lesen und verreißen müssen. Weil das sonst keiner machen wird. Also lass es!

Unser Sohn und ich, wir haben dasselbe Problem: Die Leser sterben aus, behauptet die Statistik. Schon jetzt ist es so, dass bald mehr Menschen Bücher schreiben als lesen, behaupten Läster- mäuler. Auf absehbare Dauer eine Entwicklung, die kein gutes Ende nimmt.

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»Digital Natives« lesen nicht, das wissen wir aus eigener Erfah- rung im familiären Umfeld; keine statistisch haltbare Größe, aber leider repräsentativ. Dabei herrscht in unserem Haus wahrlich kein Mangel an Druckerzeugnissen. Aus pädagogischer Sicht haben wir uns als »role models« nichts vorwerfen: »Frankfurter Allge- meine Zeitung« und »Süddeutsche Zeitung« liegen griffbereit, dazwischen womöglich noch das »Handelsblatt«, sonntags neben der wunderschönen »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«

selbstverständlich auch die Konkurrenz. Außerdem im Zeitungs- korb: »Der Spiegel«, »Stern«, »Die Zeit« – alles da, selbstverständ- lich wird alles im Fernsehen noch mal gegengecheckt.

Und nicht nur das: Wir Eltern gehen mit bestem Beispiel voran, als »heavy user«, wie Digitalmenschen sagen würden. Wir sind süchtig nach Printprodukten. Wir lesen beim Frühstück, am Abend, wann immer sich Zeit bietet. Das muss doch irgend- wann abfärben, stand das nicht so in den Erziehungsratgebern:

Was man Kindern vorlebt, übernehmen die irgendwann?

Wir geben jedenfalls nicht auf, reißen jede Geschichte raus, die den Nachwuchs interessieren könnte: Interviews mit gold- kettenbehangenen Deutsch-Rappern, Porträts über blondbezopfte Influencer-Mädels oder die neueste Krachergeschichte über den FC Bayern München. Allgemeinbildung halt. Obendrein zitieren wir am Frühstückstisch hin und wieder, in didaktisch homöo- pathischen Dosen, Hirnforscher oder Psychologen, die vor den Folgen des frühkindlichen Digital-Konsum warnen.

Das hilft alles aber nur bedingt. Abgesehen von kurzen Hard- core-Lesephasen, in denen stapelweise Katzenkrimis oder sonstiger in Buchdeckeln gepresster Teenie-Stoff verschlungen wird, sind unsere Kinder keine Stütze für die Druckindustrie. Schon gar nicht für Erzeugnisse des Zeitungs- und Zeitschriftengewerbes. Die Netflix-Aktie hätten wir gleich zur Börsenpremiere kaufen sollen,

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dafür waren unsere Kinderzimmer die perfekten Frühindikato- ren. Auch Spotify, Apple Music oder DAZN steht eine blendende Zukunft bevor.

Nun ist es nicht so, dass unsere Kinder über das tägliche Ge- schehen nicht informiert wären. Nein, im Zweifel wissen sie vor uns, ihren Eltern, die mit Journalismus ihr täglich Brot verdie- nen, ob ein Flugzeug gecrasht ist oder eine Regierung gestürzt wurde. Die Teenager beziehen ihre Infos irgendwo aus den Tiefen des Netzes, Artikel, die ihnen von »sozialen Freunden« empfoh- len werden. Einen Überblick über die Quellen? Haben sie nicht.

Die Gefahr, Fake News aufzusitzen? Riesig. Unser Sohn war kürzlich nicht von der These abzubringen, dass die amerikanische Regierung höchstselbst die Flieger ins World Trade Center ge- lenkt habe, um …, ja, warum eigentlich? Das wusste er nicht, aber die Tatsache an sich war für ihn unstrittig: »Kannst Du googeln, Mama.«

Hoffnungslos verloren ist die Sache freilich nicht: Alles, was wir als Journalisten tun, findet heute so viel Publikum wie nie zuvor. Die Darreichungsform ändert sich halt. Mit Papier wollen unsere Kinder nichts zu tun haben, aber Hörstücke, die aus dem geliebten Handy kommen, werden gern genommen. Digital Natives, so staunen wir, lassen sich die ganze Welt erklären, wenn man ihnen dies nur als Podcast serviert. So gibt es einen »Sag mal, Du als Physiker …«-Podcast. Der ist ein Renner, obwohl nur die wenigsten Physiker zum Entertainer taugen. Und der »Einspruch«- Podcast der F.A.Z. ist gar Pflicht für die juristisch interessierte Tochter. Da findet sie es plötzlich unsagbar spannend, wenn zwei Kollegen über so etwas Unhandliches wie die PSDII-Richtlinie zum Onlinebanking reden.

Hörstücke sind der Hit. Unser Sohn hört gerade »Die Blech- trommel«, gelesen von Günter Grass höchstpersönlich. Er läuft mit

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„DER TRAUM VOM FLIEGEN

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einer scheppernden Box durchs Haus, hört im Bett, beim Zähne- putzen, beim Radfahren und behauptet: »Grass ist fast so gut wie die ›Drei Fragezeichen‹.« Deren Kriminalfälle wurden einst auch in Büchern verabreicht, heute laufen sie als Hörspiel oder auf den größten Bühnen der Republik, allesamt ausverkauft.

Wir hatten keine Chance, eine Karte zu ergattern und sind sicher:

Damit verdienen die Schreiber sagenhaft Geld. Es braucht nur den richtigen Kanal, um die Digitals zu erreichen. Neugier und die Lust an Unterhaltung sterben nicht aus – und damit auch nicht unser Beruf. Als Journalistin werde ich unserem Sohn also raten:

»Schreib! Leser wirst Du immer finden, auch wenn sie Deine Bücher hören, gucken oder tanzen.«

Bettina Weiguny ist freie Journalistin und Buchautorin.

Seit 2001 schreibt sie für den Wirtschaftsteil der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«. Dort erscheint auch ihre wöchentliche Familienkolumne »Der Balance-Akt«.

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Mr. President, stop attacking the press!

Von John McCain

P

resident Trump has threatened to continue his attempt to discredit the free press by bestowing »fake news awards« upon reporters and news outlets whose coverage he disagrees with. Whether Trump knows it or not, these efforts are being closely watched by foreign leaders who are already using his words as cover as they silence and shutter one of the key pillars of democracy.

Ultimately, freedom of information is critical for a democracy to succeed. We become better, stronger and more effective societies by having an informed and engaged public that pushes policy- makers to best represent not only our interests but also our values.

Journalists play a major role in the promotion and protection of democracy and our unalienable rights, and they must be able to do their jobs freely. Only truth and transparency can guarantee freedom.

John McCain (1936–2018) war ein amerikanischer Politiker und saß von 1987 bis zu seinem Tod für die Republikanische Partei im US-Senat.

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F

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»Journalismus

schwierigste,

aufregendste,

Sache von der

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ist für uns die schrecklichste herrlichste

Welt.«

Leitartikel der Erstausgabe der

»Frankfurter Allgemeinen Zeitung«

vom Dienstag, 1. November 1949

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Die Karriere der Fake News

Von Alexander Sängerlaub, Miriam Meier und Wolf-Dieter Rühl

H

inter der rasanten Karriere des Begriffs »Fake News«

im öffentlichen Diskurs steht insbesondere der technologisch bedingte radikale Wandel von privater und öffentlicher Kommunikation, der beide Sphären zunehmend miteinander verschmelzen lässt.

Die sozialen Netzwerke, wie Facebook und Twitter, stehen sym- bolisch für diesen Wandel. Mit ihrem Bedeutungszuwachs schwin- det auch der Einfluss alter Gatekeeper, allen voran der Einfluss der Journalisten, da Informationen Menschen heute ohne ihre Auf- bereitung erreichen.

Die Digitalisierung der täglichen Information hat den Journa- lismus zudem in eine ungeklärte Finanzierungskrise gestürzt, die Räume für sich verbreitende Desinformation bietet. Wenn es um das Lancieren und Verbreiten von Fake News geht, kommt auch und gerade den sozialen Netzwerken eine zentrale Rolle zu.

Zu Anfang der öffentlichen Diskussion kam es immer wieder zur Vermischung von Fake News und anderen Phänomenen wie Social Bots (Programme, die in sozialen Netzwerken menschliche Verhaltensmuster simulieren und als »Account« auftauchen), Dark Ads (Anzeigen, die nur für bestimmte Nutzer sichtbar sind, für andere nicht) oder Hate-Speech. Auch werden in der Debatte die Linien zwischen Fehlern, die im Journalismus versehent- lich vorkommen, sogenannten Falschmeldungen, und den im

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49 Gegensatz dazu bewusst gestreuten Falschinformationen nicht klar genug gezogen. Wir definieren Fake News, ähnlich dem Duden, als Desinformation: Fake News sind gezielt verbreitete falsche oder irreführende Informationen, die jemandem (Person, Gruppe oder Organisation) Schaden zufügen sollen.

Die sozialen Netzwerke sind die bestmöglichen Kanäle, die

»eigene Wahrheit« völlig ungefiltert in die Welt hinaus an eine große Zahl von Followern zu pusten. Durch die Mühlen eines gut gemachten Journalismus schaffen es die falschen Aussagen, Fake News und Desinformationen hingegen in aller Regel nicht.

Wer sich nun in diesen Netzwerken bewegt und sie auch aktiv als Informationsmedium nutzt, braucht dabei mehr journalisti- sche Kompetenzen als früher: Wann ist eine Quelle seriös? Welche Fakten sind richtig und welche falsch? Wie kann ich unstimmige Informationen gegenrecherchieren?

Denn die Aufbereitung und Darstellung der Inhalte verwischen die Grenzen zwischen Privat und Öffentlich genauso wie zwischen Nachrichten, Gerüchten, Unterhaltung, Werbung, Propaganda, Information und Desinformation. Bei Facebook sieht der Werbe- post einer Unternehmensseite, der man folgt, im Zweifelsfall genauso aus wie der Propaganda-Post eines politischen Kandidaten, die Nachricht einer Newsseite oder das verbreitete Gerücht eines Bekannten.

Während andere Informationskanäle und Medien – wie das Fernsehen – von der (politischen) Werbung bis zum Grundauftrag, der die Inhalte definiert, streng reguliert sind, bleibt unverständ- lich, wieso die Plattformen mit ihrer heutigen Bedeutung für die öffentliche Kommunikation, gerade in der Frage der politischen Werbung, fast Narrenfreiheit genießen.

Die Nutzer der sozialen Netzwerke sind mit großen Strömen ungefilterter Kommunikation konfrontiert und davon zuweilen

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überfordert. Die Menge an Werbung, Propaganda und Desinfor- mation, die getarnt als Public Relations, Content-Marketing oder

»News« die Leser erreicht, bedarf eigentlich der kritischen Auf- bereitung und Einordnung durch kompetente, journalistische Gatekeeper. Deren Bedeutung erscheint wichtiger als jemals zuvor.

Für den Journalismus gilt daher das alte Credo »Be first, but first be right!«, will man das Vertrauen der Bürger in die eigene Institution nicht verspielen.

Alexander Sängerlaub ist Journalist, Publizist und Kommu- nikationswissenschaftler. Bei der »Stiftung Neue Verantwortung«

leitete er das Projekt »Measuring Fake News«.

Wolf-Dieter Rühl war Forschungsleiter in diesem Projekt.

Miriam Meier hat es als studentische Mitarbeiterin unterstützt.

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Die andere Seite des Schreibtischs

Von Andreas Möller

W

enn eine Mail aufpoppt oder das Telefon klingelt, versichern PR-Leute gern, muss es rasend schnell gehen. Dass die Public Relations (PR) dem Jour- nalismus zu Diensten seien, wird niemand bestreiten. Karriere wege verlaufen deshalb wie beim Verhältnis von Politik und Lobby is- mus zumeist in eine Richtung: vom Journalismus in die PR. Man könnte auch sagen: vom höheren Maß an Unabhängigkeit und symbolischem Kapital (mancher meint auch: Wahrheit) hin zum geringeren.

Es mag unserem Unternehmen oder auch unserer Branche, dem Maschinenbau, geschuldet sein, aber ich empfinde den Umgang mit Journalisten nicht als Getriebener. Es gibt Firmen, in denen man nachts womöglich nicht in den Schlaf findet als PR-Verantwortlicher. Doch nicht nur die Taktung, sondern auch die kommunikative Freiheit ist bei einem inhabergeführten Mittelständler wie Trumpf eine andere als bei einem Dax- Konzern.

Die nervtötenden Impulse gehen bei uns selten von Journa- listen aus – dafür zumeist von anderen PR-Leuten, Agenturen, Beratern oder ehemaligen Mandatsträgern, die mit viel Selbst- bewusstsein und Penetranz für ihre Initiativen werben oder einem etwas verkaufen wollen. Und sei es notfalls mit der subtilen Dro- hung, die Firmenleitung gut zu kennen.

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53 Zerfereien mit Journalisten entstehen aus anderen Gründen.

Dass ein Zitat, für das man das Vorstandsbüro verrückt gemacht hat, gar nicht oder unter »ferner liefen« mitgeht, was dann im Vorstandsbüro wiederum für Kopfschütteln sorgt: geschenkt. Es ist das klassische Dilemma aus Nah- und Fernhorizont: Für einen selbst tut sich der Himmel auf, wenn man binnen zwei Stunden aus der Chefetage einen Satz zur Lage der Nation besorgt hat. Für das journalistische Gegenüber auf der anderen Seite des Schreibtisches ist der O-Ton von ganz oben nur einer von vielen.

Journalisten fehlt nicht selten das Verständnis für die Abläufe in Unternehmen, was Prozesse, interne Recherchen und Freigaben angeht. Im Kalender eines CEO finden sich zwischen Vorstands- arbeit, Aufsichtsratsmandaten und sonstigen Gremien nur wenige freie Slots – Journalisten haben oft keine Vorstellung davon, wie der Alltag im Top-Management aussieht. Oder sie glauben, alles müsse stehen und liegen bleiben, sobald sie anrufen. Dass wirt- schaftliche oder technische Zusammenhänge falsch oder zumindest verkürzt dargestellt werden, kommt ebenfalls vor.

Was mich abseits der Unternehmensberichterstattung beun- ruhigt, ist das Vordringen des viel beklagten Meinungsjournalismus.

Die Liste der kampagnengeeigneten Themen wird immer länger:

Sie reicht mittlerweile von der Vermögens- und Erbschaftssteuer über die Energie- und Klimapolitik bis hin zur Mobilität und Landwirtschaft. Vielleicht wird man selbst ein sonderbarer Kauz, wenn man zu viel Zeit auf der anderen Seite des Schreibtisches verbringt. Aber ich bleibe oft sprachlos zurück, wenn ich, zumeist im Fernsehen, einen Kommentar mit Bezug zur Wirtschaftspolitik höre. Von der Unverblümtheit der Haltung mal abgesehen, fehlt mitunter die journalistische Empathie für jene Realität, wie sie sich für Unternehmen zwischen Weltmarkt und Gesellschaft darstellt.

Das ist bedauerlich.

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Es ist wahr: Journalisten müssen berichten, was ist. Ihre Sicht auf die Dinge muss die Perspektive der Allgemeinheit widerspie- geln, wenngleich die gesellschaftliche Mitte nicht nur politisch heute so fragil ist wie selten zuvor. PR-Leute müssen hingegen vertreten, was ihrem Unternehmen nutzt. Und doch gibt es ein implizites Abhängigkeitsverhältnis. So kann die wirtschaftliche Situation vieler Verlage die PRler nicht kalt lassen – sondern muss sie ängstigen. Denn der Stellenabbau in den Redaktionen wirkt sich über kurz oder lang negativ auf die Qualität der Berichterstat- tung aus.

Doch nicht nur das Verhältnis zwischen Journalismus und PR hat sich verändert, sondern auch die digitale Welt um diese beiden ehemals exklusiven Antipoden herum. Wenn Mathias Döpfner von einem »Prinzip Zeitung« spricht, das nicht »social« sei, meint er damit: Im Journalismus entscheidet nicht eine anonyme soziale Konstellation darüber, was wie oft geteilt und als »wahr« empfun- den werden soll, sondern ein klar identifizierbarer Absender:

ein Verlag. Eine Redaktion. Ein Redakteur oder eine Redakteurin.

Dieses Prinzip gilt auch in der Unternehmenskommunikation.

Ja, man könnte angesichts der vielen vergifteten Pfeile aus dem digitalen Raum sogar eine Parallele zum Journalismus ziehen und sagen: Es gibt nicht nur die Geburt des Prinzips Zeitung aus dem Geiste des Internets und der Kampagnen-Industrie, sondern auch das »Prinzip PR«, das den Grundsatz der Autorenschaft und Faktentreue, vor allem aber den der sprachlichen Verhältnismä- ßigkeit niemals verlassen darf.

Mir scheint deshalb, dass diejenigen, die über Wirtschaft schreiben, und diejenigen, die in den Pressestellen sitzen, eine doppelte Basis haben: Beide Berufsgruppen kreisen nicht nur um denselben Gegenstand, sondern gehören auch zu jenen arkanen Gattungen, die sich nicht nur einander, sondern zuneh-

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mend auch vielen parajournalistischen Stimmen im Netz gegen- übersehen.

So betrachtet, ist es bei aller notwendigen Distanz in einem höheren kulturellen Sinne vielleicht angezeigt, sich als die zwei Teile einer gemeinsamen Geistes- und Arbeitshaltung zu betrach- ten, die von Fakten, Autorisierungen und Urheberrechten lebt.

Von Absendern mit realen Namen und ebensolchen Adressen.

Von Maß und Mitte statt Radikalismen in Inhalt und Sprache.

Ande renfalls hätten das Prinzip Zeitung und das Prinzip PR viel zu verlieren.

Dr. Andreas Möller leitet die Unternehmens- kommunikation beim schwäbischen Maschinenbau- unternehmen Trumpf. Der promovierte Historiker schreibt auch Bücher zum Verhältnis von Wirtschaft und Gesellschaft.

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Journalisten sind Wecker,

die sich nicht abschalten lassen

Von Mathias Döpfner

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ie Suche nach der Wahrheit und die Wahrheitsfin- dung sind Grundlagen für die politische Urteilsbildung jener Bürger, die unsere Leser und Nutzer sind. Wenn in einer Gesellschaft Wahrheit relativiert und durch propagan- distische Manipulation von allen Seiten quasi zur Ansichtssache erklärt wird, dann wackelt das Fundament. Dann ist demokratische Meinungsbildung, Diskurs und am Ende Demokratie nicht mehr möglich.

Es ist an uns Verlagen, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die Journalisten ermutigen und eine kritische, unabhängige Arbeits- weise ermöglichen. Die einen Investigativreporter mit den Achseln zucken lassen, wenn er von Rechtsanwälten eingeschüchtert wird.

Die eine Nachrichtenjournalistin so absichern, dass sie nur müde lächelt, wenn ihr von Pressesprechern subtil gedroht wird.

Während Journalisten nach der Wahrheit suchen, glauben andere, sie gepachtet zu haben. In den sozialen Netzwerken weiß immer jemand, dass »es wieder ein Ausländer war«. Oder, umge- kehrt, dass jeder, der Migration und Kriminalität in einem Satz erwähnt, »ein Nazi ist«. Was auf Facebook und Twitter, oft auch auf Snapchat und Instagram, als Wahrheit daherkommt, ist in vielen Fällen nichts als dumpfe Hetze.

Das Prinzip Zeitung ist nicht denkbar ohne Verantwortung, die der klar erkennbare Absender übernimmt. Das spiegelt sich

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59 konkret in den Autorenzeilen unter oder über den Artikeln und natürlich auch im Impressum wider, wo Journalisten, aber auch Verleger mit ihrem Namen für ihre Suche nach Wahrheit einstehen.

Das bedeutet übrigens nicht, dass in professionellen Redaktionen keine Fehler gemacht werden – aber sehr wohl, dass wir Verlage uns dafür entschuldigen, die Ursachen des Fehlers aufklären, gegebe- nenfalls sogar rechtlich begründeten Schadensersatz zahlen – kurz:

die Verantwortung übernehmen.

Es entscheidet also keine anonyme sogenannte Netzgemeinde über die Relevanz einer Nachricht. Die Informationen von Presse- oder Regierungssprechern stehen nicht gleichrangig neben der Einschätzung unabhängiger Journalisten. Es ist auch nur schwer möglich, sich auf einer Nachrichtenseite oder im gedruckten Blatt über die Welt zu informieren und dabei ausschließlich eine Weltsicht, oder, noch radikaler, nur ein Thema zu konsumieren.

Zeitungsjournalismus ist horizonterweiternd. Er interessiert seine Leser für Themen, von denen sie noch gar nicht ahnten, dass sie sie je interessieren könnten. Es gibt kein »unfollow« wie auf Twitter, kein »snooze this person for 30 days« wie auf Facebook.

Journalisten sind Wecker, die sich nicht abschalten lassen. Das Prinzip Zeitung ist – wenn es verantwortungsvoll und professionell gelebt wird – das wirksamste Mittel gegen die Filterblasen dieser Welt: Denn es lässt sie platzen.

Deshalb besorgt es mich, wenn streitbare Redakteure, die auch mal gegen die Blattlinie schreiben, unter dem Druck der Leser von den eigenen Chefs kritisiert werden. Da ist der Literaturkriti- ker, der für ein nicht genehmes Buch stimmte – und deshalb Ärger bekommt. Da gibt es die Autorin, die zur Seenotrettung von Flüchtlingen eine andere Meinung beschreibt, als sie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen haben, – und die darauf wie eine Aussät- zige behandelt und eingeschüchtert wird.

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