„Unterricht in Zeiten von Corona“
Eine Schüler*innenumfrage
der Kreisschülervertretung Bergstraße
01. Mai – 03. Mai 2020
Inhaltsverzeichnis
a) Einführung
b) die Schüler*innenbefragung
1. Über die teilnehmenden Schüler*innen 1.1 Schulform
1.2 Schulen
1.3 Jahrgangsstufen 2. Homeschooling
2.1 Fand Homeschooling bei allen Schüer*innen statt?
2.2 Kommunikationsmittel 2.3 Aufgabenpensum
2.4 Probleme
3. Schulöffnungen und Präsenzunterricht 3.1 Schulöffnungen
3.2 Angst vor Infektion 3.3 Schulweg
3.4 Wichtige Voraussetzungen 3.5 Abstandsregeln
3.6 Händewasche 3.7 Unterrichtsform 3.8 Probleme
3.9 Vor und nach der Schule
c) Fazit
a) Einführung
Liebe*r Lesen*in,
die Kreisschülervertretung Bergstraße hat im Zeitraum vom 01. Mai 2020 bis zum 03. Mai 2020 eine umfassende Schüler*innenbefragung zum Thema „Unterricht in Zeiten von Corona“ online durchgeführt. Das Ziel der Umfrage ist es, zu ermitteln, wie gut Homeschooling und Präsenzunterricht momentan funktionieren. An der Befragung beteiligten sich 1268 Schüler*innen des Kreises Bergstraße. Im Folgenden werden alle wichtigen Aspekte der Umfrage dargestellt und grafisch unterlegt. Die Daten der Umfrage stellen eine Grundlage für die Kommunikation mit anderen Interessensverbänden und Institutionen dar.
Bensheim, den 04.05.2020
Moritz Bischof,
stellvertretender Kreisschulsprecher
b) die Schüler*innenbefragung
1. Über die teilnehmenden Schüler*innen
1.1 Schulform
Wir haben uns bei der Umfrage auf die weiterführenden Schulen konzentriert. Der überwiegende Teil der Rückmeldungen erreichte uns aus den Gymnasien (75,71%).
Realschüler*innen sind an der Umfrage mit 16,08% am zweitmeisten beteiligt. Die restlichen Schulformen sind mit je höchstens 30 Rückmeldungen beteiligt.
1.2 Schulen
Besonders an den Bensheimer Gymnasien konnten wir viele teilnehmende Schüler*innen begrüßen. Das Goethe-Gymnasium Bensheim ist die Schule mit den meisten Teilnehmenden (298). Dort wurde der Link über eine Gruppe auf Teams verbreitet, der alle Klassen- und Kurssprecher angehören. Das Anlegen eines solchen Teams ist gerade in Zeiten von Homeschooling hilfreich, um Informationen schnell weiterverbreiten zu können.
80,00%
70,00%
60,00%
50,00%
40,00%
30,00%
20,00%
10,00%
0,00%
Ergebnis
75,71%
16,08%
0,17% 0,09% 2,57% 0,26% 0,17% 2,57% 2,40% Ergebnis
1.3 Jahrgangsstufen
Die Teilnehmer*innen sind gemischt über die Jahrgänge verteilt. Die Umfrage wurde von Schüler*innen aller Stufen wahrgenommen. Zwar steigt der Anteil der Teilnehmenden bei fast jeder nächsthöheren Stufe, jedoch konnten wir in auch in der Sekundarstufe 1 bereits 484 Teilnehmer*innen akquirieren.
0,08% 0,08%
2,03%
4,39%
7,77%
10,56%
16,13% 16,22%
22,55%
19,26%
0,68% 0,17% 0,08%
0,00%
5,00%
10,00%
15,00%
20,00%
25,00%
Welche Stufe besuchst du?
Erge…
350 300 250 200 150 100
Welche Schule besuchst du?
298
248
167
86 62 81
50
0 1 23 37 60
2 1 2 2 1 23 10 10 1 7 24 10
2. Homeschooling
2.1 Fand Homeschooling bei allen Schüer*innen statt?
In der Umfrage gaben lediglich 6,41% der Befragten an, dass bei ihnen kein Homeschooling stattfand.
2.2 Kommunikationsmittel
Wir fragten die Teilnehmenden in der Umfrage nach der Art und Weise, wie Lehrer*innen mit Ihnen kommunizieren. Über 2/3 der Befragten gaben an, dass die Kommunikation sowohl schriftlich als auch über Telefon- und Videokonferenzen läuft.
Die mit großem Abstand am meisten genutzte Plattform ist Microsoft Teams. Sie wird von 82% der befragten benutzt. Genau die Hälfte der Befragten gab an, dass Emails zur
Kommunikation genutzt werden. Bemerkenswert ist, dass laut der Umfrage bei 18% der Teilnehmenden die Schüler-Lehrer-Kommunikation auch über WhatsApp abläuft. Das Kultusministerium rät Lehrer*innen von einer Kommunikation mit Schülern über WhatsApp deutlich ab.1
1 Hessisches Kultusministerium (2015). „Handreichung für Lehrkräfte zum Umgang mit Sozialen Netzwerken an hessischen Schulen“
Fand Homeschooling bei dir statt?
6,41%
Ja Nein
93,59%
2.3 Aufgabenpensum
In der Befragung sollten die Schüler*innen angeben, wie sie das Aufgabenpensum während des Homeschoolings im Vergleich zum „normalen“ Unterricht wahrnehmen. Das
Aufgabenpensum sollte auf einer Skala von 0 bis 10 bewertet werden, wobei 0 für ein sehr geringes Pensum und 10 für ein sehr hohes Pensum steht. Der Durchschnittswert ist 6,76.
Die Teilnehmenden empfinden das Aufgabenpensum des Homeschoolings höher, als die übliche Menge an Aufgaben.
In der zweiten Grafik sieht man den Durchschnitt des Aufgabenpensums an den
verschiedenen Schulen. Schulen mit sehr wenigen Befragten (<10) werden nicht beachtet, da der Durchschnitt des Pensums nicht annähernd für die ganze Schule sprechen kann. Bei der allgemeinen Betrachtung wurden selbstverständlich die Angaben aller Befragten
berücksichtigt.
Welche Kommunikationsmittel werden genutzt?
1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0
924
559
200
50 40 34 28
Teams Email Whatsapp Kurswahl online
Jitsi It´s learning Zoom
5,981132075 6,1
6,194444444 6,229166667
6,458333333 6,5
6,571428571 6,632508834 6,636363636
6,915178571 7,111111111 7,116883117 7,173913043
7,3375
0 1 2 3 4 5 6 7 8
Martin-BuberSchule Werner-von-Siemens-Schule Dietrich-Bonhoeffer-Schule Langenbergschule Starkenburg Gymnasium Liebfrauen-Schule Schillerschule Goethe-Gymnasium Alfred-Delp-Schule Karl-Kübel-Schule Martin-Luther Schule Altes Kurfürstliches Gymnasium Lessing-Gymnasium GeschwisterScholl-Schule
Aufgabenpensum im Homeschooling im Vergleich zum normalen Unterricht
(Skala: 0(=sehr gering) - 10(=sehr hoch))
Ergebnis
2.4 Probleme
Über 650 Schüler*innen teilten uns im Rahmen der Umfrage mit, welche Probleme es momentan mit dem Homeschooling ihrer Meinung nach gibt. Die Befragten wünschen sich neben einem festen Wochenplan vor allem weniger Druck während des Homeschooling.
Dieser sei einerseits durch die geltenden Einschränkungen des Alltages und die psychischen Ängste der Schüler*innen bedingt, Andererseits trüge das unverhältnismäßig hohe Maß an Aufgaben in den Nebenfächern einen erheblichen Anteil zum hohen Druck bei. Die Befragten bemängeln ebenfalls die teilweise unzureichende Kommunikation und die sehr verschiedene Vorgehensweise der Lehrer*innen. Diese müssten verbessert und angeglichen werden. Zwar gaben 65% an, dass sie schonmal eine Videokonferenz mitgemacht haben, jedoch fordern die Schüler*innen noch mehr Videokonferenzen. Dies trüge zu einer guten Kommunikation und effektiverem Lernen bei.
Meinungen zum Vorgehen bei den Schulöffnungen
70,00%
60,41%
60,00%
50,00%
40,00%
30,00% Ergebnis
20,00%
10,00%
0,00%
Die Schulen sind zu schnell Die Entscheidungen der Politik Man sollte die Schulöffnungen geöffnet worden sind genau richtig ausweiten
3. Schulöffnungen und Präsenzunterricht
3.1 Schulöffnungen
Die Teilnehmenden wurden zu ihrer Meinung über die Vorgehensweise der Politik bei den Schulöffnungen befragt. Mehr als die Hälfte ist der Meinung, die Schulen seien zu früh geöffnet worden. Ein Viertel ist mit den Entscheidungen der Politik zufrieden und nur circa 13% sind der Meinung, man solle die Schulöffnungen ausweiten.
26,14%
13,45%
3.2 Angst vor Infektion
Auf einer Skala von 0 bis 5 sollte in der Umfrage die Höhe der Angst angegeben werden, sich in der Schule mit Covid-19 zu infizieren. 0 steht dabei für „gar keine Angst“ und 5 für „große Angst“. Der Durchschnitt aller Angaben liegt bei 2,34. Das hießt, der Grad der Angst der Schüler*innen, sich in der Schule mit Covid-19 zu infizieren, ist stark gestreut. Lediglich knapp 16% haben gar keine Angst vor einer Infektion.
3.3 Schulweg
Für 60% der Befragten bleibt der Schulweg gleich. Die verkürzten Stundenpläne sorgen aber zumindest für alle Fahrer*innen des ÖPNV für andere Wartezeiten an den Haltestellen. Der Busverkehr hat seinen Schulbetrieb zwar wieder wie gewohnt aufgenommen, allerdings gibt es keine Sonderbusse für Schüler*innen, die aktuell um eher ungewöhnliche Zeiten
Schulschluss haben. So spüren über ein Viertel der Befragten eine negative Veränderung des Schulweges. Laut Erfahrungsberichten der Schüler*innen beläuft sich der Hin- und Rückweg nicht selten auf 2 Stunden.
In der Befragung interessierte es uns zusätzlich, ob genug Platz im ÖPNV vorhanden ist, um den Sicherheitsabstand einzuhalten. Diese Umfrage fiel sehr knapp aus. Ein ausreichender Sicherheitsabstand wurde von 54% bejaht und von 46% verneint. Diese Stichprobe von 135 Pendlern ist zwar nicht repräsentativ, trotzdem ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend.
Hast du Angst dich mit Covid-19 zu infizieren, wenn du in die Schule gehst?
(0(=gar keine Angst) - 5(=große Angst))
25,00%
21,04%
20,26%
20,00%
17,14%
15,84% 15,32%
15,00%
10,39%
10,00%
5,00%
0,00%
0 1 2 3 4 5
Ist in Bus/Bahn ausreichend Platz vorhanden, um den Mindestabstand einzuhalten?
56,00%
54,07%
54,00%
52,00%
50,00%
48,00%
Ergebnis 46,00%
44,00%
42,00%
40,00%
Ja Nein
45,93%
Wie hat sich mein Schulweg verändert?
80,00%
69,47%
70,00%
60,00%
50,00%
40,00%
30,00%
20,00% 14,01% 12,89%
10,00% 3,64%
0,00%
gar nicht Ich muss jetzt zur Schule gefahren werden, weil Bus/Bahn zur falschen Zeit
fahren
ich muss länger auf Bus/Bahn warten
mein Schulweg hat sich verkürzt
3.4 Wichtige Voraussetzungen
Die Befragten sollten aus fünf wichtigen Schutzmaßnahmen, diejenige angeben, welche ihnen momentan am wichtigsten ist, wenn Sie die Schule besuchen. „Abstand ist das oberste Gebot“ – Das sehen die Teilnehmenden der Umfrage genauso. Für über ein Drittel ist das Abstandhalten die wichtigste Sicherheitsmaßnahme. Nur 10% der Schüler*innen finden es am wichtigsten, dass jeder einen Mundschutz trägt.
Was ist dir in der Schule am wichtigsten?
Die Tische und Stühle sind ausreichend voneinander entfernt
19%
Mitschüler*innen halten Abstand
37%
Genug Desinfektionsmittel
15%
Jede*r trägt einen Mundschutz
10%
Ich kann mir immer die Hände waschen
19%
Wie oft achten Lehrer*innen auf die Abstandsregeln?
45,00%
40,21%
40,00% 38,12%
35,00%
30,00%
25,00%
20,00% Ergebnis
15,00%
10,00%
5,00%
0,00%
immer oft manchmal nein
3.5 Abstandsregeln
Die Abstandsregeln in der Schule werden laut der Umfrage sowohl von Lehrer*innen, als auch von Schüler*innen oft eingehalten. Die Lehrer*innen achten in den Augen der befragten Schüller*innen noch genauer auf deren Einhaltung.
18,80%
2,87%
Wie oft achten Schüler*innen auf die Abstandsregeln?
40,00% 37,24%
35,00% 33,59%
30,00%
25,00%
20,00%
Ergebnis 15,36%
15,00%
10,68%
10,00%
5,00% 3,13%
0,00%
gar nicht ein bisschen teils teils oft immer
3.6 Händewaschen
Laut dem Hygieneplan des Landes Hessen zählt das Händewaschen zu den „wichtigsten Maßnahmen“ und soll „z. B. […] vor und nach dem Essen, vor und nach dem Toilettengang und vor dem Aufsetzen und nach dem Abnehmen einer Schutzmaske“ vollzogen werden.2 In der Realität geben die Befragten im Durchschnitt an, sich in der Schule zwei Mal die Hände zu waschen. Leider geben auch über 13% an, sich in der Schule gar nicht die Hände zu waschen.
2 Hessisches Kultusministerium. „Hygieneplan Corona für die Schulen in Hessen vom 22.4.2020“
Wie oft waschen sich die Schüler*innen die Hände in der Schule?
30,00%
26,72%
25,00%
20,90%
20,00%
16,93%
15,00% 13,49% 13,76%
Ergebnis
10,00%
5,03%
5,00% 3,17%
0,00%
0 1 2 3 4 5 6
3.7 Unterrichtsform
Die Schulen unterscheiden sich in der Form des Unterrichtes vor Ort sehr. Knapp die Hälfte der Befragten geben an, dass eine Lehrkraft die, auf zwei Räume aufgeteilte, Klasse
gleichzeitig unterrichten muss. Bei mehr als 40% werden die Klassen ebenfalls aufgeteilt und dann in zwei Fächern parallel unterrichtet.
50,00%
45,00%
40,00%
35,00%
30,00%
25,00%
20,00%
15,00%
10,00%
5,00%
0,00%
In welcher Form findet der Unterricht an der Schule statt?
45,63%
41,44%
6,84%
6,08%
Ergebnis
ganz normal, wie immer
Klassen wurden aufgeteilt und ein*e
Lehrer*in muss 2 Klassenräume gleichzeitig betreuen
Klassen wurden aufgeteilt und werden
parallel in 2 Fächern unterrichtet
manche haben neue Lehrer*innen
bekommen
3.8 Probleme
Ähnlich wie beim Homeschooling gibt es auch beim Präsenzunterricht in Zeiten von Corona einige Kritikpunkte der Schüler*innen. Ein grundlegendes Problem stellt die erhöhte
Ansteckungsgefahr für jeden einzelnen dar. Diese wird auch dadurch erzeugt, da sich nicht alle an den Mindestabstand halten und laut den Befragten viele die ganze Situation nicht ernst nähmen. Der Unterricht wird als nicht effektiv und zu wenig bemängelt. Besonders problematisch sei die Situation an Schulen, mit einem System, bei dem ein*e Lehrer*in für zwei Räume verantwortlich ist.
Ein zusätzlicher negativer Punkt ist der lange Schulweg im Vergleich zu den wenigen Schulstunden am Tag. Der Schulweg rentiert sich also nicht.
3.9 vor und nach der Schule
Außerhalb der Schule, vor und nach dem Unterricht, sind die Schüler*innen meistens unbeaufsichtigt. So geben die Befragten an, dass knapp die Hälfte vor und nach der Schule keinen Mundschutz trägt. Ebenfalls eine Hälfe gab an, dass sich Gruppen bilden und 14%
gaben an, sich mit Handschlag zu verabschieden. Auch der Sicherheitsabstand wird nur teilweise eingehalten.
c) Fazit
Wir, die Kreisschülervertretung Bergstraße, bedanken uns, für die große Teilnehmer*innenzahl.
Mit über 1200 teilnehmenden Schüler*innen in drei Tagen haben wir nicht gerechnet. Natürlich können wir nicht für alle Schule im Kreis gleichermaßen sprechen, da die Situation an jeder Schule unterschiedlich gehandhabt wird und die Zahl der Befragten pro Schule sehr verschieden ist. Dennoch haben viele befragte Schüler*innen ähnliche Probleme und Sorgen in der aktuellen Situation.
Zusammenfassend sind folgende Ergebnisse der Umfrage besonders zu beachten:
Im Homeschooling gibt es beim Aufgabenpensum, bei der Kommunikation zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen und bei der Vereinheitlichung der Kommunikationswege dringenden Nachholbedarf.
Noch mehr kritische Punkte gibt es rund um das Thema Präsenzunterricht. Bemerkenswert ist, dass über 60 % die Schulöffnungen als zu schnell ansehen und eine gewisse Angst unter den Befragten herrscht, sich mit Covid-19 zu infizieren. Auch die Tatsache, dass nur in gut 50 % der Fälle der Sicherheitsabstand in Bus und Bahn eingehalten werden kann, ist für uns nicht hinnehmbar. Problematisch am Präsenzunterricht sehen die Befragten das mancherorts gewählte Unterrichtsmodell, bei dem eine Lehrkraft zwei Klassenräume gleichzeitig betreuen muss. Ein Modell, bei dem die Schüler*innen versetzt unterrichtet werden, ist nach Auswertung der Umfrage in jedem Fall vorzuziehen.
Im Namen der Kreisschülervertretung Bergstraße Moritz Bischof
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung, Sie erreichen uns per Mail unter ksv.kreis.bergstrasse@gmail.com sowie telefonisch unter +49 1577 4485295