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Ausweisung wegen Erschleichens des Aufenthaltstitels

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VG München, Beschluss v. 05.07.2017 – M 12 S 17.2092 Titel:

Ausweisung wegen Erschleichens des Aufenthaltstitels Normenketten:

AufenthG § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 S. 1, § 54 Abs. 2 Nr. 9, § 58 Abs. 2 S.

2, § 84 Abs. 1, § 95 Abs. 2 Nr. 2 EMRK Art. 8 Abs. 1

Leitsatz:

Es liegt im dringenden öffentliche Interesse, das Erschleichen eines Aufenthaltstitels durch falsche Angaben mit dem Mittel der Ausweisung zu bekämpfen, um unmittelbar auf das Verhalten anderer Ausländer

einzuwirken und damit künftigen Delikten generalpräventiv vorzubeugen. (redaktioneller Leitsatz) Schlagworte:

Einstweiliger Rechtsschutz, Aufenthaltserlaubnis, Familiennachzug, eheliche Lebensgemeinschaft, falsche Angaben, Aufenthaltstitel, Ausweisung

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

2

Der am ... geborene Antragsteller ist guineischer Staatsangehöriger.

3

Am ... Mai 2013 heiratete der Antragsteller in Guinea eine deutsche Staatsangehörige (Bl. 28 d. BA).

4

Am 18. Oktober 2014 reiste der Antragsteller mit einem Visum zum Familiennachzug erstmals ins Bundesgebiet ein.

5

Am 31. Oktober 2014 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug und erhielt am selben Tag eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, gültig bis 18. Oktober 2016 (Bl. 5 ff. d. BA). Im Rahmen des Antrags erklärten der Antragsteller und seine Ehefrau, die eheliche Lebensgemeinschaft in der ...str. ... in München zu führen.

6

Am ... Februar 2015 meldete sich der Antragsteller im Männerwohnheim in der P. Straße 9 in München an.

7

Mit Schreiben vom 19. Februar 2015 teilte das Jobcenter München mit, dass der Antragsteller ab dem 1.

März 2015 SGB II-Leistungen in Anspruch nehmen werde (Bl. 65 f. d. BA). Als Adresse wurde die P. Straße in München mitgeteilt.

8

(2)

Am 11. März 2015 teilte die Ehefrau des Antragstellers per E-Mail mit, dass sie mit dem Antragsteller eine Paartherapie anstreben wolle, um ihrer Beziehung eine erneute Chance zu geben. Im Moment lebten sie nicht in einer gemeinsamen Unterkunft.

9

Mit E-Mail vom 31. März 2015 teilte die Ehefrau des Antragstellers mit, es gebe keinerlei Grundlagen mehr, die Ehe aufrechtzuerhalten (Bl. 77 d. BA). Sie sei gescheitert und beide seien total getrennt. Der

Antragsteller habe bereits eine Nachfolge für sie gefunden.

10

Mit E-Mail vom 26. Mai 2015 teilte die Ehefrau des Antragstellers mit, sie wolle der Ehe wirklich gerne doch noch eine Chance geben. Sie seien in Therapie.

11

Am 23. Juni 2015 meldete sich der Antragsteller wieder an der ehelichen Wohnung in der ...str. ... in München an und erklärte gemeinsam mit seiner Ehefrau, die eheliche Lebensgemeinschaft dort zu führen (Bl. 88 d. BA).

12

Mit Schreiben vom 5. August 2015 teilte das Jobcenter München mit, dass der Antragsteller seit dem 27.

Juli 2015 SGB II-Leistungen in Anspruch nehme (Bl. 89 f. d. BA). Als Adresse wurde die W...str. 65 in München mitgeteilt.

13

Am 27. Juli 2015 meldete der Antragsteller sich in der W...str. 65 in München an.

14

Am 26. August 2015 teilte die Ehefrau des Antragstellers mit, dass sie mit dem Antragsteller wieder in der ...str. ... in München zusammen wohne und sie sich in Paartherapie begeben hätten (Bl. 97 f. d. BA). Weiter wurde erklärt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft von 11. Februar 2015 bis 23. Juni 2015 und vom 27.

Juli 2015 bis 8. September 2015 nicht bestanden habe. Der Antragsteller sei bereits am 22. August 2015 wieder in die eheliche Wohnung eingezogen.

15

Am 8. September 2015 meldete der Antragsteller sich erneut in der ...str. ... an und erklärte gemeinsam mit seiner Ehefrau, die eheliche Lebensgemeinschaft dort zu führen (Bl. 106 d. BA).

16

Am 18. Oktober 2016 beantragte der Antragsteller die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug (Bl. 116 ff. d. BA). Der Antragsteller erhielt in der Folge Fiktionsbescheinigungen, zuletzt befristet bis 13. April 2017. Der Antragsteller und seine Ehefrau erklärten am selben Tag, die eheliche Lebensgemeinschaft in der ...str. ... in München zu führen. Der Antragsteller gab zusätzlich an, zwei bis drei Tage unter der Woche in der T...str. 75a in München bei Frau N... zu wohnen.

17

Am 7. November 2016 teilte die Ehefrau des Antragstellers telefonisch mit, dass der Antragsteller bereits seit 1. Juli 2016 nicht mehr in der ...str. ... wohnhaft sei (Bl. 136 d. BA). Bei der gemeinsamen Vorsprache am 18. Oktober 2016 hätte der Antragsteller seine Ehefrau genötigt, anzugeben, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft fortbestehe. Eine Wiederaufnahme sei ihrerseits nicht beabsichtigt. Es sei ihr nicht bekannt, wo sich der Antragsteller aufhalte.

18

Mit Schreiben vom 29. November 2016 wurden der Antragsteller und seine Ehefrau zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags vom 18. Oktober 2016 angehört.

19

Am ... Dezember 2016 meldete sich der Antragsteller erneut in der P. Straße 9 in München an.

20

(3)

Mit E-Mail vom 2. Januar 2017 teilte die Ehefrau des Antragstellers mit, dass ab Mai 2017 voraussichtlich die Scheidungsklage eingereicht werde. Eine Wiederaufnahme der Ehe sei nicht beabsichtigt (Bl. 157 ff. d.

BA). Sie habe den Antragsteller am 24. Juni 2016 gebeten, ihre Wohnung zu verlassen.

21

Mit Schreiben vom 7. April 2017 stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers einen Antrag auf

Ehescheidung. Eine eheliche Lebensgemeinschaft bestehe spätestens seit Juni 2016 nicht mehr (Bl. 157 ff.

d. BA).

22

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. April 2017 hat diese den Antragsteller ausgewiesen (Nr. 1), den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers vom 18. Oktober 2016 abgelehnt (Nr.

2), die Wiedereinreise für drei Jahre untersagt (Nr. 3), den Antragsteller verpflichtet, das Bundesgebiet zu verlassen, und andernfalls die Abschiebung nach Guinea oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht (Nr. 4). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller am 18.

Oktober 2016 gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht habe, mit seiner Ehefrau in ehelicher Lebensgemeinschaft zu leben. Er habe jedoch keine eheliche Gemeinschaft unterhalten. In diesem Verhalten liege ein Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8a AufenthG und § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG vor. Der Antragsteller habe unrichtige Angaben gemacht, um für sich einen Aufenthaltstitel zu erschleichen. Der Tatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG sei somit erfüllt. Ein Bleibeinteresse sei im Fall des Antragstellers nicht gegeben. Der Antragsteller habe aufgrund unrichtiger Angaben bezüglich des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erreicht. Die von seinem Verhalten ausgehende Gefahr sei zu bekämpfen. Durch wahrheitswidrige Angaben im

Aufenthaltsverfahren werde die Ordnungsfunktion des Ausländerrechts untergraben. Die

Sicherheitsbehörden seien zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf wahrheitsgemäße Angaben von Ausländern über deren Belange und günstige Umstände angewiesen. Aus Gründen der Verwaltungsökonomie sei es nicht möglich, in jedem Einzelfall den Wahrheitsgehalt solcher Angaben nachzuprüfen. Die Ausweisung des Antragstellers diene neben der Abwehr der Wiederholungsgefahr auch der Abschreckung. Sie bezwecke, andere Ausländer zu veranlassen, wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Der Antragsteller sei erst als Erwachsener im Oktober 2014 in das Bundesgebiet eingereist und besitze keine schützenswerten Bindungen. Die Scheidung sei eingereicht. Eine Rückkehr in sein Heimatland sei dem Antragsteller zuzumuten. Besondere schutzwürdige persönliche, wirtschaftliche oder sonstige Bindungen im Bundesgebiet seien nicht ersichtlich. Die sozialen und wirtschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet, insbesondere die Arbeitsstelle des Antragstellers und die familiären Beziehungen müssten hinter dem Ausweisungsinteresse zurückstehen. Sonstige Familienangehörige, die von den Folgen der Ausweisung betroffen sein könnten, seien nicht ersichtlich. Auch die Dauer des bisherigen Aufenthalts falle nicht entscheidend ins Gewicht. Das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes überwiege die persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib. Der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis werde abgelehnt, da die Voraussetzungen für einen Anspruch auf einen Aufenthaltstitel nicht vorlägen. Eine eheliche Lebensgemeinschaft bestehe nicht (mehr). Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG besitze der Antragsteller nicht. Eine besondere Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz und 2 AufenthG sei nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Auch sonstige

Erteilungsvoraussetzungen seien nicht erfüllte. Aufgrund vorstehender Ausführungen bestehe ein

Ausweisungsinteresse, so dass ein Aufenthaltstitel in der Regel nicht erteilt werde. Für die Beurteilung der Frage, ob ein von der Regelbewertung abweichender Gesetzesvollzug notwendig sei, könne nichts anderes gelten als für die Güter- und Interessenabwägung. Darüber hinaus stehe der Erteilung eines

Aufenthaltstitels der absolute Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde auf drei Jahre befristet. Diese Frist sei erforderlich, aber auch angemessen.

23

Mit bei Gericht am 11. Mai 2017 eingegangenem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten erhob der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (Az.: M 12 K 17.2090) und beantragte, die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Bescheids vom 11. April 2017 zu verpflichten, dem Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Gleichzeitig hat er beantragt,

(4)

24

Mit Schreiben vom 8. Juni 2017 hat die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

26

1. Der Antrag gegen die Aufforderung zur Ausreise und Androhung der Abschiebung (Nr. 4 des Bescheides) ist zulässig, da die Ausreisepflicht gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ist, da Widerspruch und Klage gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung haben.

27

2. Der zulässige Antrag ist unbegründet.

28

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene

Ermessensentscheidung, bei der es das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids abzuwägen hat.

Entscheidendes Indiz für eine Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des

Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

29

Nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt sich, dass die Klage des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Es überwiegt daher das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung.

30

Die Antragsgegnerin hat die Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu Recht abgelehnt. Die

Abschiebungsandrohung begegnet ebenso keinen rechtlichen Bedenken. Der angefochtene Bescheid erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).

31

Der Antragsteller hat bei summarischer Überprüfung keinen Anspruch auf die von ihm beantragte Erteilung der Aufenthaltserlaubnis (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Antragsteller erfüllt weder die Voraussetzungen des § 27 AufenthG noch die des § 31 AufenthG. Zudem stehen der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis sowohl

§ 11 Abs. 1 AufenthG aufgrund der rechtmäßigen Ausweisung als auch die fehlende

Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen, da aufgrund des Verhaltens des Antragstellers schwerwiegende Ausweisungsinteressen gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8a AufenthG und § 54 Abs.

2 Nr. 9 AufenthG bestehen.

32

Dem Antragsteller steht kein Aufenthaltsrecht nach §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Nr. 1, 30 Abs. 1 AufenthG zu.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ist dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen eine

Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat.

Dies setzt indes gemäß § 27 Abs. 1 AufenthG voraus, dass zwischen dem Antragsteller und seiner deutschen Ehefrau eine eheliche Lebensgemeinschaft besteht. Trotz des formellen Weiterbestehens einer Ehe ist die eheliche Lebensgemeinschaft beendet, wenn sich die Eheleute endgültig getrennt haben; die tatsächliche Trennung besteht in der Regel in der Aufgabe der häuslichen Gemeinschaft (vgl. BayVGH, B.v.

12.9.2007 - 24 CS 07.2053 - juris). Seit Juni 2016 besteht, wie die Prozessbevollmächtigte des

(5)

Antragstellers in ihrem Antrag auf Ehescheidung vom ... April 2017 an das Amtsgericht München ausführt, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr. Zudem hat sich der Antragsteller am ... Dezember 2016 aus der Wohnung seiner Ehefrau in der ...str. ... in München ab- und in der P. Straße 9 in München angemeldet.

Darüber hinaus hat die Ehefrau des Antragstellers mit Schreiben vom 2. Januar 2017 und 7. November 2016 bestätigt, nicht mehr mit dem Antragsteller zusammenzuleben.

33

Dem Antragsteller steht kein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG zu. Dies würde gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG voraussetzen, dass die Ehe mit seiner deutschen Ehefrau zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft mindestens drei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat. Dies ist hier nicht der Fall. Der Antragsteller heiratete am ... Mai 2013 im Ausland und reiste am 18. Oktober 2014 mit einem Visum zum Familiennachzug in das Bundesgebiet ein. Die eheliche Lebensgemeinschaft endete spätestens im Juni 2016. Die eheliche Lebensgemeinschaft der Partner hat daher höchstens ein Jahr und sieben Monate im Bundesgebiet bestanden. Zudem wurde die eheliche Lebensgemeinschaft mehrmals unterbrochen.

34

Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestands der ehelichen Lebensgemeinschaft kann nicht gemäß § 31 Abs. 2 AufenthG abgesehen werden. Nach § 31 Abs. 2 AufenthG ist von der

Voraussetzung eines dreijährigen rechtmäßigen Bestands der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem

Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Bei dem Begriff der besonderen Härte handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren, unbestimmten Rechtsbegriff (VG München, U.v. 21.2.2013 - M 12 K 12.4701 - juris Rn. 33). Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der

Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen

Lebensgemeinschaft unzumutbar ist. Der Härtebegriff des § 31 Abs. 2 AufenthG umfasst indes nur ehebedingte Nachteile, also Beeinträchtigungen, die mit der Ehe oder ihrer Auflösung in Zusammenhang stehen (BVerwG, U.v. 9.6.2009 - 1 C 11/08 - juris). Gesichtspunkte, die für eine besondere Härte sprechen, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

35

Der Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels steht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AufenthG auch die Sperrwirkung der in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten Ausweisung entgegen. Nach dieser Vorschrift wird einem Ausländer, der ausgewiesen worden ist, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz kein Aufenthaltstitel erteilt. Die Sperrwirkung der Ausweisung greift gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, wonach die Wirksamkeit der Ausweisung von Widerspruch und Klage unberührt bleibt, unabhängig davon ein, ob die

Ausweisungsverfügung sofort vollziehbar oder bestandskräftig ist (vgl. Hailbronner, AufenthG, 91.

Aktualisierung, September 2015, § 11 Rz. 18 f.). Eine Durchbrechung der Sperrwirkung ist aufgrund des sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Gebotes effektiven Rechtsschutzes jedoch dann erforderlich, wenn ein Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels unter Bezugnahme auf eine gleichzeitig erlassene Ausweisung abgelehnt wurde und sich die Ausweisung als rechtswidrig darstellt. In solchen Fällen ist im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Versagung des Titels inzident auch die Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen

Ausweisungsverfügung summarisch zu prüfen (vgl. BVerfG, Kammerb.v. 29.3.2007 - 2 BvR 1977/06 - NVwZ 2007, 948 ff.; HessVGH, B.v. 17.8.1995 - 13 TH 3304/94 - NVwZ-RR 1996, 112ff.; VG München, B.v.

25.11.2013 - M 25 S. 13.2682 - juris - Rn. 55).

36

Aufgrund dieser summarischen Prüfung ergeben sich keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisung, sodass die von ihr entfaltete Sperrwirkung der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegensteht.

37

Nach § 53 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles

(6)

vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

38

Vom Antragsteller geht nach summarischer Prüfung eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, § 53 Abs. 1 AufenthG. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlichen Überprüfung eine eigenständige Prognose hinsichtlich der Wiederholungsgefahr zu treffen, ohne dass sie an die Feststellungen der Strafgerichte rechtlich gebunden sind (vgl. zum Erfordernis etwa BVerwG, U.v. 26.2.2002 - 1 C 21/00 - juris Rn. 22). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung

vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Tat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen

Entscheidungszeitpunkt. Für die Feststellung der entscheidungserheblichen Wiederholungsgefahr gilt ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wonach an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 18). Der Rang des bedrohten Rechtsguts bestimmt dabei die mögliche Schadenshöhe, wobei jedoch keine zu geringen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden dürfen (BVerwG, U.v. 10.7.2012, a.a.O.).

39

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben geht das Gericht nach summarischer Prüfung davon aus, dass vom Antragsteller eine entsprechende Wiederholungsgefahr ausgeht. Das vergangene Verhalten des Antragstellers, aus dem hinsichtlich der Wiederholungsgefahr Rückschlüsse zu ziehen sind, legt eine hohe Rückfallgefahr nahe. Der Antragsteller machte am 18. Oktober 2016 falsche Angaben im Rahmen der Ehegattenerklärung, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Der Antragsteller erklärte am 18. Oktober 2016 im Rahmen seines Antrags auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis gemeinsam mit seiner Ehefrau, die eheliche Lebensgemeinschaft in der ...str. ... in München zu führen. Tatsächlich bestand die eheliche Lebensgemeinschaft, wie oben bereits dargestellt, seit Juni 2016 nicht mehr. Dies zeigt, dass der Antragsteller in der Vergangenheit bewusst und vorsätzlich falsche Angaben gegenüber der

Ausländerbehörde gemacht hat und eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass er auch in Zukunft falsche Angaben gegenüber der Ausländerbehörde machen wird. Die Behörde ist auf richtige Angaben der Ausländer angewiesen. Darüber hinaus ist der Antragsteller in der Vergangenheit mehrmals aus der ehelichen Wohnung ausgezogen, nachdem er bei der Behörde die Erklärung abgegeben hatte, dass er dort zusammen mit seiner Ehefrau eine eheliche Lebensgemeinschaft führt, ohne dies der Behörde zu melden.

40

Zudem bestehen generalpräventive Gründe für die Ausweisung. Der Gesetzgeber hat - in Anknüpfung an die seit § 10 AuslG 1965 ununterbrochen bestehenden Rechtslage - in der Gesetzesbegründung zur Neufassung des Ausweisungsrechts auch ausdrücklich die Maßgeblichkeit generalpräventiver Erwägungen unterstrichen (vgl. BT-Drs 18/4097, S. 49), soweit nicht die in § 53 Abs. 3 AufenthG genannten

Personengruppen, zu denen der Antragsteller nicht gehört (s.o.), betroffen sind. Angesichts dieses klar zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willens, an der Möglichkeit einer generalpräventiv begründeten Ausweisung entsprechend der bisherigen Rechtslage festzuhalten, besteht kein Anlass daran zu zweifeln, dass auch nach dem neuen Ausweisungsrecht eine generalpräventive Ausweisung rechtmäßig ist (vgl.

BayVGH, B.v. 3.3.2016 - 10 ZB 14.844 - juris Rn. 10, BayVGH, B.v. 19.9.2016 - 19 CS 15.1600 - juris Rn.

34). Dem Gedanken der Generalprävention liegt zugrunde, dass - über eine ggf. erfolgte strafrechtliche Sanktion hinaus - ein besonderes Bedürfnis besteht, durch die Ausweisung andere Ausländer von Taten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Erforderlich ist regelmäßig, dass eine Ausweisungspraxis, die an die Begehung ähnlicher Taten anknüpft, geeignet ist, auf potentielle weitere Täter abschreckend zu wirken. Das BVerfG hat entschieden, dass die Heranziehung generalpräventiver Gründe bei einer

Ausweisungsentscheidung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird (vgl. BVerfG, B.v. 21.3.1985 - 2 BvR 1642/83; B.v. 17.1.1979 - 1 BvR 241/77; B.v. 10.8.2007 - 2 BvR 535/06; B.v. 22.8.2000 - 2 BvR 1363/2000 - juris). Es liegt vorliegend im dringenden öffentlichen Interesse, das Erschleichen eines Aufenthaltstitels durch falsche Angaben neben den strafrechtlichen Sanktionen mit dem Mittel der Ausweisung zu bekämpfen, um auf diese Weise andere

(7)

Ausländer von der Nachahmung eines solchen Verhaltens abzuschrecken. Im Hinblick auf das Erschleichen eines Aufenthalts durch falsche Angaben gegenüber der Ausländerbehörde soll Ausländern vor Augen geführt werden, dass derartige Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz mit der sofortigen

Aufenthaltsbeendigung und mit einem damit einhergehenden Aufenthaltsverbot bedacht werden. Diesem Zweck wird durch eine einheitlich verlässliche Verwaltungspraxis der Ausländerbehörden Rechnung getragen. Die konsequente Ahndung der Erschleichung eines Aufenthaltstitels ist geeignet, unmittelbar auf das Verhalten anderer Ausländer einzuwirken und damit künftigen Delikten generalpräventiv vorzubeugen.

41

Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage i.S.d.

42

§ 53 Abs. 1 AufenthG zu treffende Abwägung ergibt, dass das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse des Antragstellers überwiegt.

43

§ 53 AufenthG gestaltet die Ausweisung als Ergebnis einer umfassenden, ergebnisoffenen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus. Sofern das öffentliche Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers am Verbleib im Bundesgebiet

überwiegt, ist die Ausweisung rechtmäßig. In die Abwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG sind die in §§ 54, 55 AufenthG vorgesehenen Ausweisungs- und Bleibeinteressen mit der im Gesetz vorgenommenen grundsätzlichen Gewichtung einzubeziehen. Neben den dort explizit aufgeführten Interessen sind aber noch weitere, nicht ausdrücklich benannte sonstige Bleibe- oder Ausweisungsinteressen denkbar. Die

Katalogisierung in den §§ 54, 55 AufenthG schließt die Berücksichtigung weiterer Umstände nicht aus (BT- Drs. 18/4097, S. 49). Nach § 53 Abs. 2 AufenthG sind bei der Abwägung nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat, die Folgen der Ausweisung für

Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen. Die Aufzählung der in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien ist aber nicht

abschließend (BT-Drs. 18/4097, S. 50). Es sind für die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung maßgeblich auch die Kriterien des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

heranzuziehen (vgl. nur EGMR, U.v. 18.10.2006 - Üner, Nr. 46410/99 - juris; EGMR, U.v. 2.8.2001 - Boultif, Nr. 54273/00 - InfAuslR 2001, 476-481). Hiernach sind vor allem die Art und die Schwere der vom

Ausländer begangenen Straftaten, die Dauer des Aufenthaltes in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll, die seit der Begehung der Straftat verstrichene Zeit und das seitherige Verhalten des Ausländers, die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen, die familiäre Situation des Ausländers, ob zu der Familie Kinder gehören und welches Alter diese haben, sowie die Ernsthaftigkeit der

Schwierigkeiten, welche die Familienangehörigen voraussichtlich in dem Staat ausgesetzt wären, in den der Ausländer ausgewiesen werden soll, die Belange und das Wohl der Kinder und die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland zu berücksichtigen (VG Oldenburg, U.v. 11.1.2016 - 11 A 892/15 - juris Rn. 24).

44

Es liegen beim Antragsteller schwerwiegende Ausweisungsinteressen nach § 54 Abs. 2 Nr. 8a AufenthG und § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG vor. Denn er hat am 18. Oktober 2016 falsche Angaben im Rahmen der Ehegattenerklärung gemacht, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Der Antragsteller erklärte am 18.

Oktober 2016 im Rahmen seines Antrags auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis gemeinsam mit seiner Ehefrau, die eheliche Lebensgemeinschaft in der ...str. ... in München zu führen. Tatsächlich bestand die eheliche Lebensgemeinschaft seit Juni 2016 nicht mehr. Darüber besteht ein schwerwiegendes

Ausweisungsinteresse i.S.d. § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Denn das Verhalten am 18. Oktober 2016 erfüllt den Straftatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Da der Wortlaut nicht an die Verurteilung oder sonstige Sanktionierung anknüpft, ist es nicht notwendig, dass der Verstoß tatsächlich geahndet worden ist.

45

Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht weder ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 AufenthG noch ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 AufenthG gegenüber. Denn der Antragsteller hat weder eine Aufenthaltsnoch eine Niederlassungserlaubnis noch treffen auf ihn die übrigen Tatbestände des § 55 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG zu.

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46

Die nach § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG durchzuführende Gesamtabwägung ergibt unter Berücksichtigung der §§ 54, 55 AufenthG und unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dass die Ausweisung des Antragstellers rechtmäßig ist, weil das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse überwiegt.

47

Im Rahmen einer umfassenden Gesamtabwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände kann festgestellt werden, ob das Interesse an der Ausweisung das Bleibeinteresse überwiegt (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 49). Vorliegend überwiegt das schwere Ausweisungsinteresse i.S.d. § 54 Abs. 2 Nr. 8a AufenthG und § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG die Interessen des Antragstellers an einem Verbleib in der BRD, insbesondere sprechen Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht gegen die Ausweisung des Antragstellers.

48

(1) Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Die Behörde darf nach Art. 8 Abs. 2 EMRK in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Da Art. 8 Abs. 2 EMRK eindeutig Ausnahmen von den in Art. 8 Abs. 1 EMRK

zugesicherten Rechten vorsieht, kann aus Art. 8 Abs. 1 EMRK kein absolutes Recht auf Nichtausweisung abgeleitet werden (Bauer in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, Vor §§ 53-56 Rn. 96 ff.). Vielmehr bedarf es einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung, in die sämtliche Aspekte des Einzelfalls einzustellen sind.

49

Nach der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG hat der Staat die Pflicht, die Familie zu schützen und zu fördern. Jedoch ergibt sich auch hieraus kein unmittelbarer Anspruch auf Aufenthalt (vgl. nur BVerfG, B.v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - juris Rn. 14). Vielmehr verpflichtet Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG die Ausländerbehörde wie auch die Gerichte, bei der Entscheidung über

aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Antragstellers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen bei der Entscheidung zu berücksichtigen (BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris - Rn. 16; BVerfG, B.v.

9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - juris Rn. 14). Insofern beanspruchen die oben zu Art. 8 EMRK genannten Kriterien auch Geltung für die Beantwortung der Frage, ob der vorliegende Eingriff verhältnismäßig im Sinne von Art. 6 GG, Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG ist.

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Der Antragsteller ist erst 2014 im Alter von 47 Jahren eingereist und ist daher kein faktischer Inländer. Er ist aufgrund der vergleichsweise kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet nicht derart irreversibel in die deutschen Lebensverhältnisse eingefügt, dass ihm ein Leben im Staat seiner Staatsangehörigkeit unzumutbar wäre. Das Gericht geht davon aus, dass der Antragsteller die Sprache seines Heimatlands beherrscht und dem Aufbau einer Existenz in Guinea daher auch keine unüberbrückbare sprachliche Barriere entgegensteht. Er kann die ggf. vorhandenen kulturellen Hürden mit einiger - zumutbarer - Anstrengung überwinden und sich in sein Heimatland integrieren. Darüber hinaus ist der Antragsteller als erwachsener Mann in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Daher wird sich der Antragsteller in seinem Heimatland eine neue Existenz aufbauen können. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet bestehen nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr. Auch wirtschaftlich ist der Antragsteller nicht in Deutschland integriert, sondern bezog in der jüngeren Vergangenheit mehrfach öffentliche Leistungen.

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Vor diesem Hintergrund fällt die nach § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG zu treffende Gesamtabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Das Ausweisungsinteresse überwiegt das Bleibeinteresse. Die Ausweisung steht auch mit Art. 8 EMRK im Einklang, da sie gesetzlich vorgesehen ist (§ 53 Abs. 1 AufenthG) und einen in dieser Bestimmung aufgeführten legitimen Zweck, nämlich die Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und die Verhinderung von Straftaten, verfolgt. Die Erschleichung von Aufenthaltstiteln betrifft einen Kernbereich des Aufenthaltsrechts und stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen ein öffentliches

(9)

Interesse dar, dem ausländerrechtlich erhebliches Gewicht zukommt. Die Ausweisung ist die geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um den beabsichtigten Zweck durchzusetzen. Durch ein anderes, milderes Mittel kann der mit ihr verfolgte Zweck vorliegend nicht erreicht werden. Im Ergebnis ist die Ausweisung des Antragstellers daher verhältnismäßig und rechtmäßig.

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Nachdem bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung damit nicht bestehen, entfaltet diese die Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG.

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Darüber hinaus bestehen beim Antragsteller wie oben bereits dargestellt Ausweisungsinteressen gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8a AufenthG und § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG, welches gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegensteht. Ausreichende Gründe, welche das Verhalten des Antragstellers als atypischen Sonderfall erscheinen lassen, wurden nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich.

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Damit ist davon auszugehen, dass die Ablehnung der Erteilung bzw. Verlängerung des Aufenthaltstitels zu Recht erfolgte und die Klage insoweit erfolglos bleiben wird.

55

Die in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Abschiebungsandrohung erweist sich bei summarischer Prüfung ebenfalls als rechtmäßig. Der Erlass einer Abschiebungsandrohung setzt voraus, dass der Ausländer zur Ausreise verpflichtet ist. Vorliegend ergibt sich die Ausreisepflicht des Antragstellers bereits aus dem Umstand, dass er keinen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel (mehr) besitzt. Der am 8. Februar 2011 gestellte Antrag auf Erteilung bzw. Verlängerung eines

Aufenthaltstitels wurde in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids abgelehnt. Im Übrigen entspricht die Abschiebungsandrohung den gesetzlichen Anforderungen. Die gesetzte Ausreisefrist hält sich im Rahmen des § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, besondere Umstände des Einzelfalls im Sinne des § 59 Abs. 1 Satz 4 AufenthG, die eine längere Ausreisefrist erfordern würden, liegen nicht vor. Nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zu bezeichnende Staaten, in die eine Abschiebung nicht erfolgen darf, sind nicht ersichtlich.

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Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 30.5./1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen.

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