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E N T S C H E I D U N G S D A T U M G E S C H Ä F T S Z A H L W /8E I M N A M E N D E R R E P U B L I K!

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Academic year: 2022

Aktie "E N T S C H E I D U N G S D A T U M G E S C H Ä F T S Z A H L W /8E I M N A M E N D E R R E P U B L I K!"

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1030 Wien Tel: +43 1 601 49 – 0 Fax: +43 1 711 23/889 15 41 E-Mail: einlaufstelle@bvwg.gv.at www.bvwg.gv.at

E N T S C H E I D U N G S D A T U M 2 7 . 0 1 . 2 0 2 1

G E S C H Ä F T S Z A H L W 2 6 5 2 2 2 8 3 5 5 - 3 / 8 E

I M N A M E N D E R R E P U B L I K !

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von Ing.

XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 18.08.2020, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 30.10.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung

„Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist seit 08.10.2019 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v. H.

Mit am 26.11.2019 eingelangtem Schreiben stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) bzw. Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.

Er führte dazu im Wesentlichen aus, nach seinem Prostatakarzinom und der Bestrahlung liege seine Blasenkapazität zwischen 200 und meist nur 150 ml. Daher sei es ihm nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, da er dann ein WC nicht rechtzeitig erreiche. Freie Parkplätze benutzen zu dürfen wäre für ihn wichtig, da er zwei bis drei Mal stehen bleiben müsse, wenn er in die Stadt fahre oder sonst unterwegs sei. Mittlerweile habe er auch aufgrund der Prostata-Bestrahlungen Darmblutungen und er müsse sich demnächst deshalb operieren lassen. Dem Antrag legte er eine OP-Reservierung bei.

Mit am 14.01.2020 eingelangten Schreiben übermittelte der Beschwerdeführer das von der belangten Behörde zur Verfügung gestellte und von ihm ausgefüllte Antragsformular. Dem Schreiben legte er einen medizinischen Befund bei.

Die belangte Behörde gab in der Folge zunächst ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.

In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.03.2020 basierenden allgemeinmedizinischen Gutachten vom selben Tag wurde Folgendes – hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben – ausgeführt:

„Anamnese:

Letzte hierortige Einstufung aktenmäßig 10/2019 mit 50% (Prostatakarzinom) TE, AE

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2017/5 ED Prostatakarzinom mit Radiatio im Juli August 2017, keine Chemotherapie, regelmäßige ambulante Kontrollen in Abständen von 3 Monaten, bisher kein Hinweis auf Rezidiv oder Metastasen. Letzte PSA Wert bei 0,47 im Feb. 2020

2019-121 Verschorfung wegen Blut im Stuhl, Seither Fissur und weiterhin Blutungen Derzeitige Beschwerden:

Der Antragswerber klagt „über geringe Harnkapazität und daß er ihn überraschenderweise dann nicht halten könne. Inkontan helfe ihm, daß er nicht mehr so häufig auf die Toilette müsse. Wegen der Fissur könne er nicht sitzen.

Auch schon Gedächtnisstörungen und Depressionen wegen seinem Zustand“

Keine spezifizierte Allergie bekannt

Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert.

Lt. eigenen Angaben Benutzung der öffentlichen VM „nicht möglich, weil er sich anmache“

Behandlung(en)/Medikamente/Hilfsmittel:

Inkontan,

Sozialanamnese:

seit ca. 7 Jahren in Pension als Betriebsleiter in einer Maschinenfabrik, verheiratet seit ca. 55 Jahren, Gattin auch in Pension, 1 erw. Tochter, 1 Enkel

wohnt in EFH mit 4 Ebenen Kein Pflegegeld

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

2020-2 mitgebrachter Befund Dr. XXXX : N.prostatae, Zustand nach externe Radiatio, kleinkapazitäre OAB WET hypersensitive Blase mit Kap. Zw. 130-200 ml, 23 Miktionen in 24 Stunden

2020-2 mitgebrachter Befund, Wiener Privatklinik, handgeschriebener Kurzbrief:

Lumboischialgie bei multisegmentaler Diskopatthie, periphere Polyneuropathie, Analfissur, selbstreponierende Inguinalhernie links links

2019-12 XXXX GmbH, Chirurgie: Strahlenproktitis nach N-prostatae 2017 - Endoskopische Argonplasmaverschorfung am 10.12.2019

Haematochezie

Noduli haemorrhoidales Grad II Sigmadivertikel

Strahlenproktitis Venöse Insuffizienz Reflux

PNP Füße beidseits Gonarthrose rechts Coxarthrose rechts St. p. N. prostatae

St. p. Radiatio bei N. prostatae 2017 Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

77 jähriger AW in gutem AZ kommt alleine ins Untersuchungszimmer

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Rechtshänder, Ernährungszustand:

gut

Größe: 175,00 cm Gewicht: 73,00 kg Blutdruck: 120/80 Klinischer Status - Fachstatus:

Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder

zentrale Zyanose

Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute: unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal

PR unauffällig, Rachen: bland, Gebiß: saniert,

Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig

Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflußstauung, keine Stenosegeräusche Thorax: symmetrisch,

Cor: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min

Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer

Abdomen: Bauchdecken im Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent, blande NVH nach AE, keine

Inkontinenzvorlagen, keine Verschmutzung der Unterhose, Leistenbruch links NL bds. frei

Extremitäten:

OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig.

Nacken und Schürzengriff gut möglich, in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Faustschluß beidseits unauffällig, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben

Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.

UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. In den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität, keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal. Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme PSR: seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg.

Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose und leichte Abflachung der physiologischen Lendenlordose, FBA: 10 cm, Aufrichten frei, kein Klopfschmerz, Schober:, Ott: unauffällig, altersentsprechend freie Beweglichkeit der WS, Kinn-Brustabstand: 1 cm, Hartspann der paravertebralen Muskulatur, Gesamtmobilität – Gangbild:

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kommt mit Halbschuhen frei gehend unauffällig, Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits gut möglich. Die tiefe Hocke wird ohne Anhalten zu ½ durchgeführt.

Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen Status Psychicus:

Bewußtsein klar.

gut kontaktfähig, Allseits orientiert, Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen, Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten; keine produktive oder psychotische Symptomatik,

Antrieb unauffällig, Affekt: dysthym

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten

Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1 Prostatakarzinom ED 5/2017 im 3. Jahr nach Strahlentherapie rezidivfrei mit kleinkapazitärer Blase und Analfissur nach Radiatio

2 Degenerative Gelenks- und Wirbelsäulenveränderungen ohne maßgeblichen

Funktionseinschränkungen bei rezidivierender Lumboischialgie und ohne radikuläre Ausfälle 3 periphere Polyneuropathie ohne motorischen Ausfälle

4 reponible Inguinalhernie links

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Dauerzustand

Nachuntersuchung -

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es liegt kein maßgeblich herabgesetzter Allgemein- und Ernährungszustand, keine maßgebliche Einschränkung der Mobilität, körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit vor, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren würde. Darüber hinaus ist, unter Berücksichtigung der angeführten Harndrangsymptomatik, eine hochgradige, nicht beherrschbare Harninkontinenz, welche den Transport in öffentlichen Verkehrsmittel erheblich erschweren müßte, durch diesbezügliche Untersuchungsbefunde nicht belegt

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein“

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Mit Schreiben vom 19.03.2020 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Sachverständigengutachten als Ergebnis der Beweisaufnahme in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.

Mit Schreiben vom 16.04.2020, eingelangt am 20.04.2020, erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, in der im Wesentlichen ausführte, bei der Untersuchung sei er nach den Gründen seines Antrags überhaupt nicht gefragt und nicht auf seine Probleme eingegangen worden. Die Strahlenbehandlung gegen seinen Prostatakrebs habe seine Blase und den Harnschließmuskel dauerhaft so beschädigt, dass seine Harnblase meist nur 150 ccm fasse. Er benötige daher in kurzen Abständen eine Toilette und könne manchmal überraschend den Harn nicht halten, was öffentlich zu Problemen führe. Er habe einige Male die Schnellbahn und Straßenbahn nicht rechtzeitig verlassen können. Dies sei eine entwürdigende und peinliche Situation. Er traue sich daher nicht mehr in ein öffentliches Verkehrsmittel und könne keines mehr benützen. Seine Probleme, die kleine Harnblasenkapazität und der unkontrollierte Harndrang und Harnverlust seien im Gutachten mit drei Zeilen abgetan und nicht berücksichtigt worden und sollen angeblich nicht belegt sein. Dabei habe er dazu Untersuchungsbefunde vorgelegt. Er verstehe nicht, welche Befunde fehlen würden. Sein Problem sei sehr demütigend und minder seine Lebensqualität stark, da er dadurch schwer außer Haus komme. Dieser unwürdige Zustand habe bei ihm auch zu einer Depression geführt und er sei nun auch diesbezüglich in Behandlung. Mit der Stellungnahme legte der Beschwerdeführer medizinische Befunde vor.

Der befasste Arzt für Allgemeinmedizin nahm in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2020 zu den erhobenen Einwendungen Stellung und führte aus wie folgt:

„Antwort(en):

Der Antragswerber gab im Rahmen des Parteiengehörs vom 20.04.2020 an, daß er mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden sei, da insbesondere die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel“ nicht berücksichtigt wurde

Beigelegt wurde ein bereits bei der Untersuchung vorgelegener Ärztlicher Befundbericht von Dr. XXXX , Fachärztin für Urologie vom 26.02.2020, der ein N.prostatae, Zustand nach externe Radiatio, kleinkapazitäre OAB WET hypersensitive Blase mit Kap.

Zw. 130-200 ml, 23 Miktionen in 24 Stunden beschreibt. Und Inkontan Ftbl. empfiehlt Ein handgeschriebenes Blasentagebuch eines Montags und Dienstags

Ein Rezept für Tramadol und Escitalopram

Ein weiterer Befund wurde bis jetzt noch nicht vorgelegt - insbesondere werden die, darüber hinausgehend geltend gemachten Beschwerden, nicht durch entsprechende aktuelle fachärztliche Befunde untermauert.

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Die vom Antragsteller beim Antrag und bei der Untersuchung vorgebrachten Leiden wurden von allgemeinmedizinischer Seite unter Beachtung der vom Antragsteller zur Verfügung gestellten Befunde zur Kenntnis genommen und einer Einschätzung gemäß der EVO unterzogen.

Insgesamt beinhalten die nachgereichten Einwendungen daher keine ausreichend relevanten Sachverhalte, welche eine Änderung des Gutachtens bewirken würden, sodaß daran festgehalten wird. , insbesondere konnte auch in der hierortigen Begutachtung eine derartige Einschränkung der Gehfähigkeit, körperlichen Leistungsfähigkeit oder hochgradige Harninkontinenz, welche eine erhebliche Erschwernis der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bewirken könnte, gerade eben nicht objektiviert werden – und ist auch den vorhandenen Befundberichten nicht zu entnehmen.“

Mit Schreiben vom 11.05.2020, eingelangt am 14.05.2020, erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, in der er im Wesentlichen ausführte, dass er, wie im Gutachten festgestellt, an einem Leistenbruch links leide, der sich mittlerweile sehr verschlechtert habe und bei der Bewegung sehr schmerzhaft gewesen sei. Diesen habe er am 29.04. operieren lassen. Bei den Voruntersuchungen zur OP habe sich herausgestellt, dass neben dem Leistenbruch links auch ein Leistenbruch rechts und ein Nabelbruch bestünden. Bei der OP habe sich wieder gezeigt, dass das Gewebe durch die Radatio bei der Krebsbehandlung sehr beschädigt sei. Die gleiche Auswirkung habe auch die Blase und den Harnschließmuskel beschädigt und mache die Harnkontrolle und das Harnhalten fallweise nicht möglich. Dies gehe auch aus dem OP-Bericht hervor. Zugleich seien auch die im Gutachten genannte Analfissur, Darmblutungen und Stuhlschwierigkeiten nach der Radatio untersucht und eine Behandlung vorgeschlagen worden, um eine weitere OP zumindest einstweilen zu verschieben. Hinsichtlich seines plötzlichen Harndrangs habe er einen Urologen konsultiert.

Leider habe auch dieser keinen direkten Verbesserungsvorschlag machen können. Auch dieser habe das Sachverständigengutachten als „sehr sonderbar“ empfunden. Derzeit gebe es für ihn keine bessere Behandlungsmöglichkeit und auch die Behandlung mit Inkontan gebe nach anfänglich empfundener Besserung kein positives Ergebnis. Mit der Stellungnahme legte der Beschwerdeführer medizinische Befunde vor.

Mit Schreiben vom 12.06.2020, eingelangt am 16.06.2020, urgierte der Beschwerdeführer die Erledigung seines Antrages.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein weiteres Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.

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In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 24.06.2020 basierenden internistischen Gutachten vom 21.07.2020 wurde Folgendes – hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben – ausgeführt:

„Anamnese:

Aktengutachten vom 15.10.2019: GdB 50vH wegen Prostata Ca befristet bis 09/2022

Gutachten vom 2.3.2020: Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel"

Stellungnahme vom 20.4.2020: durch Strahlenbehandlung wurde der Harnschließmuskel beschädigt, kann Harn nicht halten

Derzeitige Beschwerden:

"Hatte Prostata Karzinom mit Bestrahlung, derzeit kein Hinweis auf Rezidiv. Aber durch die Bestrahlung wurde der Schließmuskel und die Blase beschädigt. Ich kann den Harn nicht halten, das Gewebe ist beschädigt. Bei einer Rektoskopie wurde eine kleine Wunde verschorft, habe weiterhin Blutungen, nehme Abführmittel damit der Stuhl weich wird. Am

16.6.20 hatte ich eine OP der Analfissur. Eine Einlage für den Harn verwende ich nicht."

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Cerebrokan, Dutotiv, Cal D Vita, Sucralan, Mg, Molaxole, Oleovit, Spermidine, Resvega, Xylocain, Novalgin, Mexalen, Inkontan

Sozialanamnese:

verheiratet, 1 Tochter

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Befund Dr. XXXX Chirurgie vom 11.5.2020: chron. Analfissur, Strahlenproktitis

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

normal

Größe: 176,00 cm Gewicht: 73,00 kg Blutdruck: 130/70 Klinischer Status – Fachstatus:

HNAP frei, keine Lippenzyanose

Hals: keine Struma, keine pathologischen Lymphknoten palpabel Thorax: symmetrisch Pulmo: VA, SKS

Herztöne: rein, rhythmisch, normofrequent

Abdomen: Leber und Milz nicht palpabel, keine Druckpunkte, keine Resistenzen, Darmgeräusche lebhaft

UE: keine Ödeme, Fußpulse palpabel

Faustschluss: möglich, NSG: möglich, FBA: 20cm ZFS: möglich Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbständiges An- und Ausziehen Gesamtmobilität – Gangbild:

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unauffällig, keine Hilfsmittel Status Psychicus:

allseits orientiert, Ductus kohärent

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1 Prostata Karzinom

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Keine.

Dauerzustand

Nachuntersuchung -

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

Gutachterliche Stellungnahme:

Keine. Im Rahmen der klinischen Untersuchung stellen sich ein guter Allgemein- und Ernährungszustand dar. Im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten lassen sich keine erheblichen funktionellen Einschränkungen objektivieren. Das Gangbild stellt sich ohne Verwendung von Hilfsmitteln flüssig und sicher dar. Erhebliche funktionelle Einschränkungen der Gelenke der oberen Extremitäten liegen nicht vor. Greif- und Haltefunktion ist beidseits insgesamt gegeben. Bei Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen der Wirbelsäule lassen sich keine maßgeblichen motorischen Defizite und Lähmungen objektivieren.

Erhebliche kardiopulmonale Störungen lassen sich im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht erheben und sind befundmäßig nicht dokumentiert. Eine periphere arterielle Verschlusserkrankung der unteren Extremitäten mit erheblicher Limitierung der Gehstrecke liegt nicht vor. Ein psychisches Leiden, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert, liegt nicht vor. Es besteht ein Zustand nach Prostatakarzinom mit Bestrahlung, nach den vorliegenden Befunden dadurch bedingt eine hypersensitive, kleinkapazitäre Harnblase, unfreiwillige Harnabgänge oder vermehrter Gebrauch von Inkontinenzeinlagen sind jedoch nicht belegt. Ebenso ist die angeführte Analfissur mit Abführmittelgebrauch kein Kriterium nach der EVo, welches eine erhebliche Erschwernis bei der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel begründen könnte. Zusammenfassend ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechung möglich; das Überwinden von Niveauunterschieden, das

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Be- und Entsteigen und damit die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind nicht auf erhebliche Weise erschwert. Die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung

„Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ liegen daher nicht vor.“

Mit Schreiben vom 21.07.2020 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Sachverständigengutachten als Ergebnis der Beweisaufnahme in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.

Der Beschwerdeführer erstattete innerhalb der ihm gesetzten Frist keine Stellungnahme.

Mit angefochtenem Bescheid vom 18.08.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab. Im Ermittlungsverfahren sei ein Gutachten eingeholt worden. Nach diesem Gutachten lägen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vor. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Dessen Ergebnisse seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grund gelegt worden. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die ärztlichen Gutachten übermittelt.

Mit Schreiben vom 12.08.2020, eingelangt am 19.08.2020, erstattete der Beschwerdeführer verspätet eine Stellungnahme, in der er im Wesentlichen ausführte, dass bei der neuerlichen Untersuchung wieder sein Problem und der Grund seines Antrages nicht berücksichtigt worden seien. Wie im Gutachten festgestellt, sei nach dem Prostatakrebs durch die Bestrahlung und die dadurch verursachte dauerhafte Beschädigung der Harnblase die Kapazität dieser auf 100 bis 200 ccm begrenzt und der Schließmuskel beschädigt und nicht immer kontrollierbar. Darüber habe er Befunde seiner Urologin vorgelegt. Diese würden unverständlicherweise weggewischt und nicht berücksichtigt. Wenn er in der Schnellbahn oder U-Bahn sei, gebe es keine WC und nach ca. zehn bis 15 Minuten sei dann der Harndrang da und dann könne er nicht rechtzeitig die Verkehrsmittel verlassen. Dieses Problem werde von den Ärzten ignoriert. Es sei ihm so nicht möglich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt zu kommen. Er sei noch beruflich und gesellschaftlich aktiv und habe auf den Wegstrecken ein Netz von Cafés und Gasthäusern, wo er die Toilette aufsuchen könne. Das Problem sei das Stehenbleiben und Parken. Letztens habe er über eine Ecke geparkt und eine

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Strafe bekommen. Da sich diesbezüglich sein Zustand verschlechtert habe, sei er von seiner Urologin zu einer weiteren Untersuchung überwiesen worden, die jedoch erst im Oktober stattfinde. Das Problem könne nicht von einem praktischen Arzt oder einer Internistin beurteilt werden, hier müsse ein Urologe klar sagen was zu befunden sei und fehle. Nach der Operation der Analfissur habe sich auch der Zustand hinsichtlich des Darmschließmuskels sehr verschlechtert, sodass er auch hier oft dringend ein WC benötige, wenn er den Stuhl nicht halten könne. Dies sei laut dem Operateur auch eine Folge der Bestrahlung. Die Probleme würden ihn auch psychisch belasten und sein Leben sehr beeinträchtigen. Mit der Stellungnahme legte der Beschwerdeführer einen medizinischen Befund vor.

Mit Schreiben vom 21.09.2020, eingelangt am 25.09.2020, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wiederholte er zunächst sein Vorbringen in der Stellungnahme vom 12.08.2020 und führte dann ergänzend im Wesentlichen aus, die Vorgangsweise der untersuchenden Ärzte sei unverständlich. Der allgemeinmedizinische Sachverständige schreibe in seinem Gutachten, dass die hochgradige, nicht beherrschbare Harninkontinenz durch die beigelegten Befunde nicht belegt sei. Trotz wiederholten Nachfragens sei ihm nicht mitgeteilt worden, welche Befunde bzw. Untersuchungen er nachbringen solle. Auch die internistische Sachverständige habe ihm diese Frage nicht beantworten können. Auf die Harndrangsymptomatik sei auch in diesem Gutachten nicht eingegangen worden. Er wisse nicht, wie er unfreiwillige Harnabgänge belegen solle.

Mittlerweile habe sich die Situation weiter verschlechtert, sodass er nun gezwungen sei, Einlagen zu verwenden. Mit der Beschwerde legte er medizinische Befunde vor.

Die befasste Fachärztin für Innere Medizin nahm in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 05.10.2020 zu den erhobenen Einwendungen Stellung und führte aus wie folgt:

„Antwort(en):

Der Antragsteller erklärt sich mit dem Ergebnis der Begutachtung vom 24.6.2020 nicht einverstanden und bringt in der Stellungnahme vom 19.8./21.9.2020 vor, dass die Inkontinenz nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Gefordert wird die Zusatzeintragung

"Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel." Nachgereicht wird eine Überweisung zur Urodynamik vom 26.2.2020 sowie eine Rechnung Tena level 1 (= leichter Tröpfchenverlust) vom 24.9.2020.

Befunde, die neue Tatsachen, noch nicht ausreichend berücksichtigte Leiden oder eine maßgebliche Verschlimmerung belegen könnten, wurden nicht vorgelegt.

Daher ist eine maßgebliche Harninkontinenz bei bestehenden Therapieoptionen weiterhin nicht objektivierbar und daher die beantragte Zusatzeintragung nicht begründbar.“

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Mit Schreiben vom 06.10.2020 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Stellungnahme als Ergebnis der Beweisaufnahme in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.

Mit Schreiben vom 12.10.2020, eingelangt am 16.10.2020, brachte der Beschwerdeführer vor, dass sich der Zustand nach der Operation der Analfissur hinsichtlich des Darmschließmuskels leider weiter verschlechtere, sodass er diesbezüglich bei seinem Internisten in Behandlung sei.

Dem Schreiben legte er einen medizinischen Befund bei.

Mit Schreiben vom 19.10.2020, eingelangt am 21.10.2020, erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, in der er im Wesentlichen ausführte, mittlerweile habe sich ergeben, dass die Einlage Tena level 1 nicht optimal und nicht ausreichend sei. Nun habe er auf INK Tena Pants Plus M SCA B umgestellt. Dies sei auch notwendig geworden, da nach der OP der Analfissur eine Stuhlinkontinenz aufgetreten sei. Diesbezüglich sei er bei einem Internisten in Behandlung. Das Problem sei aber, dass er eine kleine Harnkapazität habe (ca. 150 bis 200 ccm) und dann spontan vom Harndrang überrascht werde und den Harn nicht halten könne.

Daher könne er kein öffentliches Verkehrsmittel benutzen, da er dieses nicht rechtzeitig verlassen könne. Er habe seine maßgebliche Harninkontinenz mit Befunden seiner Urologin belegt. Sollten diese nicht ausreichen, solle ihm gesagt werden, welche Untersuchungen noch zu machen seien. Wenn er in der Stadt beruflich unterwegs sei, könne er immer rasch ein WC in einem Kaffeehaus oder einer Gaststätte aufsuchen, um dies zu erledigen. Die Windel sei dann zur Sicherheit. Dies auch aus hygienischen Gründen, man könne doch nicht mit einer vollen Windel in eine Besprechung in einem geschlossenen Raum gehen. Mit der Stellungnahme legte der Beschwerdeführer medizinische Befunde vor.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein weiteres Sachverständigengutachten der befassten Fachärztin für Innere Medizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.

In dem auf der Aktenlage basierenden internistischen Gutachten vom 21.10.2020 wurde Folgendes – hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben – ausgeführt:

„Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Aktengutachten vom 15.10.2019: GdB 50vH wegen Prostata Ca befristet bis 09/2022

Gutachten vom 2.3.2020: Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel"

Stellungnahme vom 20.4.2020: durch Strahlenbehandlung wurde der Harnschließmuskel beschädigt, kann Harn nicht halten

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Gutachten vom 24.6.2020: Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel"

Stellungnahme vom 19.8.2020: Harninkontinenz nicht ausreichend berücksichtigt Stellungnahme vom 12.10.2020: Darmschließmuskel verschlechtert sich

Befund Dr. XXXX FA Innere Medizin vom 8.10.2020: Stuhlinkontinenz und hypersensitive Harnblase

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Aktengutachten

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1 Prostata Karzinom

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Keine.

 Dauerzustand

 Nachuntersuchung 09/2022 - weil NU bei Prostata Ca

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

Gutachterliche Stellungnahme:

Nach den vorliegenden Befunden ist eine maßgebliche Stuhl- oder Harninkontinenz mit den entsprechenden Untersuchungen oder medikamentösen beziehungsweis physikalischen Behandlungen an einem Spezialzentrum weiterhin nicht objektivierbar, sodass nach neuerlicher Durchsicht der Unterlagen die geforderte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel“ nicht begründbar ist.“

Mit Schreiben vom 21.10.2020, eingelangt am 29.10.2020, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er, da sich seine Beschwerden hinsichtlich Harninkontinenz weiter verschlechtert hätten, zur Kontrolluntersuchung bei seiner Urologin gewesen sei. Nach

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der Untersuchung sei eine Behandlungsumstellung auf neue Medikamente erforderliche gewesen, und zwar Visicare 10 mg und Betmiga 50 mg. Dem Schreiben legte er einen medizinischen Befund bei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.10.2020 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.08.2020 ab. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung würden nicht vorliegen. Die aufgrund der fristgerechten Beschwerde durchgeführte ärztliche Begutachtung habe ergeben, dass die Voraussetzungen für Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen würden. Die wesentlichen Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die Ergebnisse seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden. Mit der Beschwerdevorentscheidung wurden dem Beschwerdeführer die ärztlichen Sachverständigengutachten übermittelt.

Mit Schreiben vom 26.11.2020, eingelangt am 01.12.2020, stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass bei den Untersuchungen wieder sein Problem und der Grund seines Antrages nicht berücksichtigt worden seien. Wie im Gutachten festgestellt, sei nach dem Prostatakrebs durch die Bestrahlung und die dadurch verursachte dauerhafte Beschädigung der Harnblase die Kapazität dieser auf 100 bis 200 ccm begrenzt und der Schließmuskel beschädigt und nicht immer kontrollierbar. Darüber habe er Befunde seiner Urologin vorgelegt. Diese würden unverständlicherweise weggewischt und nicht berücksichtigt. Wenn er in der Schnellbahn oder U-Bahn sei, gebe es keine WC und nach ca. zehn bis 15 Minuten sei dann der Harndrang da und dann könne er nicht rechtzeitig die Verkehrsmittel verlassen. Dieses Problem werde von den Ärzten ignoriert. Es sei ihm so nicht möglich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt zu kommen. Er sei noch beruflich und gesellschaftlich aktiv und habe auf den Wegstrecken ein Netz von Cafés und Gasthäusern, wo er die Toilette aufsuchen könne. Das Problem sei das Stehenbleiben und Parken. Letztens habe er über eine Ecke geparkt und eine Strafe bekommen. Wenn er mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahre, mache er sich auf alle Fälle an und es sei ihm dann nicht möglich, auch mit einer Windel, dann beruflich in einer Verhandlung zu sitzen, das gehe physisch, psychisch und hygienisch nicht, abgesehen von der eventuellen Geruchsbelästigung. Da sich diesbezüglich sein Zustand verschlechtert habe, sei er von seiner Urologin zu einer weiteren Untersuchung überwiesen worden. Das Problem könne

(15)

nicht von einem praktischen Arzt oder einer Internistin beurteilt werden, hier müsse ein Urologe klar sagen was zu befunden sei und fehle. Seine Urologen würden keine weiteren Untersuchungsmethoden kennen. Nach der Operation der Analfissur habe sich auch der Zustand hinsichtlich des Darmschließmuskels sehr verschlechtert, sodass er auch hier oft dringend ein WC benötige. Dies sei laut dem Operateur auch eine Folge der Bestrahlung.

Die Probleme würden ihn auch psychisch belasten und sein Leben sehr beeinträchtigen.

Mit dem Vorlageantrag legte der Beschwerdeführer medizinische Befunde vor.

Mit Schreiben vom 04.12.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde, den Vorlageantrag und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo diese am selben Tag einlangten.

Mit Schreiben vom 14.12.2020 informierte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer über die gemäß § 46 BBG im Beschwerdeverfahren geltende Neuerungsbeschränkung.

Mit Schreiben vom 17.12.2020, eingelangt am 18.12.2020, übermittelte die belangte Behörde vom Beschwerdeführer nachgerechte medizinische Befunde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v. H.

Er stellte am 26.11.2019 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

- Prostatakarzinom nach Strahlentherapie rezidivfrei mit kleinkapazitärer Blase und Analfissur nach Radiatio

- Degenerative Gelenks- und Wirbelsäulenveränderungen ohne maßgeblichen Funktionseinschränkungen bei rezidivierender Lumboischialgie und ohne radikuläre Ausfälle

(16)

- Periphere Polyneuropathie ohne motorische Ausfälle - Reponible Inguinalhernie links

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer trotz dieser Funktionseinschränkungen möglich und zumutbar. Die Leidenszustände des Beschwerdeführers stellen zweifellos eine Beeinträchtigung seines Alltagslebens dar, schränken jedoch den Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erheblich ein.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, der wechselseitigen Leidensbeeinflussung und insbesondere der Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen der oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten vom 02.03.2020, 21.07.2020 und 21.10.2020 sowie ergänzenden ärztlichen Stellungnahmen vom 23.04.2020 und 05.10.2020 zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass und zur Antragsstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ führt, gründet sich auf die von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 02.03.2020 und einer Fachärztin für Innere Medizin vom 21.07.2020, basierend auf persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers am 02.03.2020 bzw.

24.06.2020, das auf der Aktenlage beruhende weitere Gutachten der Fachärztin für Innere Medizin vom 21.10.2020 sowie die ergänzenden Stellungnahmen der Sachverständigen vom 23.04.2020 und 05.10.2020. Dabei berücksichtigten die Sachverständigen die vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten medizinischen Beweismittel. Die Gutachten sind schlüssig und nachvollziehbar, sie weisen keine Widersprüche auf.

Trotz der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen erreichen die Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten und der körperlichen Belastbarkeit kein Ausmaß, das eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bedingen würde.

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Die Einschätzung der Sachverständigen, dass beim Beschwerdeführer keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, der körperlichen Belastbarkeit, psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen oder schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorliegt, wurde von diesem nicht bestritten. Er gab selbst ausdrücklich an, dass das Überwinden einer Wegstrecke von 300 bis 400 Metern und das Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel für ihn kein Problem sei, dies sei „natürlich klar und richtig“ (vgl. AS 85, 112). Die Einwendungen des Beschwerdeführers in seinen Stellungnahmen, der Beschwerde und im Vorlageantrag beziehen sich in erster Linie auf seine Harn- und Stuhlinkontinenz, die ihm aufgrund der in öffentlichen Verkehrsmitteln häufig nicht vorhandenen Toiletten deren Benützung verunmögliche. Die medizinischen Sachverständigen hielten diesbezüglich wiederholt fest, dass diese Beschwerden beim Beschwerdeführer nicht in jenem Ausmaß objektiviert sind, das zu einer Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führen würde, und sind damit im Ergebnis im Recht:

Der Beschwerdeführer führt zu seinen Beschwerden zusammengefasst aus, dass die Strahlenbehandlung aufgrund eines Prostatakarzinoms seine Blase und den Harnschließmuskel dauerhaft so beschädigt habe, dass die Blase nur 100 bis 200 ccm fasse. Er benötige daher in kurzen Abständen eine Toilette, die Harnkontrolle und das Harnhalten seien fallweise nicht möglich. Auch sein Darmschließmuskel sei beschädigt, sodass er auch hier oft dringend ein WC benötige, wenn er den Stuhl nicht halten könne. Aus diesem Vorbringen in Verbindung mit den vorgelegten medizinischen Befunden lässt sich jedoch nach den für die beantragte Zusatzeintragung maßgeblichen Kriterien (siehe dazu noch in der rechtlichen Beurteilung) noch keine Unzumutbarkeit ableiten, auch wenn die damit verbundene Beeinträchtigung der Lebensqualität des Beschwerdeführers nicht verkannt wird.

Aus den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 (nunmehr

§ 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016), geht hervor, dass nach der Absicht des Verordnungsgebers bei Inkontinenz grundsätzlich keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel besteht, „da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar“.

Ein solcher Ausnahmefall, etwa betreffend die Art und Häufigkeit der Inkontinenz, ist auf Grundlage der objektivierten Beschwerden gegenständlich nicht erkennbar. Zum einen ist den

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Angaben des Beschwerdeführers und vorgelegten Befunden nicht konkret zu entnehmen, in welchem Ausmaß es bei ihm zu unwillkürlichen Harn- oder Stuhlabgängen kommt, denen er auch nicht durch rechtzeitiges Aufsuchen einer Toilette begegnen könne. Die Angaben des Beschwerdeführers, er könne „manchmal“ überraschend den Harn nicht halten (vgl. AS 51) bzw. dass Harnkontrolle und Harnhalten „fallweise“ (vgl. AS 60) und das Stuhlhalten „nicht immer“ (vgl. AS 84) möglich seien, sprechen für eine eher untergeordnete Rolle dieser Fälle.

Im Vordergrund steht vielmehr der gesteigerte und häufigere Harndrang aufgrund der verringerten Blasenkapazität, der aber meist nicht mit einem unwillkürlichen Harnabgang verbunden ist. So führte der Beschwerdeführer aus, dass er, wenn er mit dem Auto unterwegs sei, ein Netz von Cafés und Gasthäusern habe, wo er die Toilette aufsuchen könne (vgl. AS 85).

Auch wenn er in der Stadt beruflich unterwegs sei, könne er „immer rasch“ ein WC in einer Gaststätte aufsuchen (vgl. AS 95). Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer in solchen Fällen nicht auch ein öffentliches Verkehrsmittel bei der nächsten Haltestelle verlassen und eine Toilette aufsuchen könnte.

Zum anderen ist aber auch nicht ersichtlich, inwiefern es dem Beschwerdeführer nicht möglich oder zumutbar sein sollte, den Fällen unwillkürlicher Abgänge durch Verwendung von Inkontinenzprodukten wie insbesondere Einlagen vorzubeugen, oder inwiefern diese nicht ausreichend sein sollten, um der Problematik bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu begegnen. Der Beschwerdeführer gab selbst an, nunmehr Einlagen zu verwenden (vgl. AS 95), und erwähnte diesbezüglich keinerlei maßgebliche Komplikationen oder Probleme. Zwar brachte er vor, es sei ihm nicht möglich, mit einer (vollen) Einlage an einem beruflichen Termin teilzunehmen, das gehe physisch, psychisch und hygienisch nicht, abgesehen von der eventuellen Geruchsbelästigung (vgl. AS 112). Es ist aber nicht zu sehen, weshalb es dem Beschwerdeführer in einem solchen Fall nicht möglich sein sollte, die Einlage selbstständig zu wechseln, relevante körperliche Einschränkungen liegen bei ihm nicht vor, das selbstständige An- und Ausziehen ist möglich.

Betreffend die Harninkontinenz ist überdies darauf hinzuweisen, dass selbst bei einer permanenten und schweren Harninkontinenz die Verwendung entsprechender Inkontinenzprodukte, die in der Lage sind, die unerwünschten Auswirkungen (Nässe, Geruch) ausreichend zu kompensieren, eine zumutbare Kompensationsmöglichkeit im Sinne des § 1 Abs. 5 letzter Satz der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 263/2016, darstellt. Die Stuhlinkontinenz tritt auch nach den Angaben des Beschwerdeführers nicht mit einer Häufigkeit und Schwere auf, bei der Inkontinenzprodukte (Einlagen) unerwünschte Auswirkungen nicht mehr ausreichend kompensieren könnten. Bezüglich des Verwendens von Hygieneprodukten für die Inkontinenz

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ist daher festzuhalten, dass die Verwendung dieser Produkte im Fall des Beschwerdeführers die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ermöglicht.

Die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Befunde und in der Beschwerde sowie den Stellungnahmen erhobenen Einwendungen wurden von den Sachverständigen in ihren Gutachten berücksichtigt und flossen in die Beurteilungen ein, waren jedoch nicht geeignet, eine andere Einschätzung hinsichtlich der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel herbeizuführen. Im Vorlageantrag wiederholte der Beschwerdeführer weitgehend sein im Rahmen der Beschwerde erhobenes Vorbringen. Die mit dem Vorlageantrag vorgelegten neuen Befunde, ein Arztbrief vom 20.11.2020 zur Nachkontrolle einer Operation und Protokolle einer urologischen Untersuchung vom 24.11.2020, enthalten keine neuen Diagnosen.

Damit ist der Beschwerdeführer den vorliegenden Sachverständigengutachten im Lichte obiger Ausführungen insgesamt nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Betreffend die Anträge auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Urologie wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit der Sachverständigengutachten vom 02.03.2020, 21.07.2020 und 21.10.2020 sowie ergänzenden ärztlichen Stellungnahmen vom 23.04.2020 und 05.10.2020. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

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§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idgF BGBl II Nr. 263/2016 lautet – soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:

„§ 1 ….

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. …….

2. ……

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung

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nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)……“

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem – soweit im gegenständlichen Fall relevant – Folgendes ausgeführt:

„Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen - hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie - COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

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- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten, - schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten

Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),

- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

- Kleinwuchs,

- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

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- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“

…“

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel insbesondere dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

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Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242;

VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300–400 Metern ausgeht (vgl. u. a.

Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014).

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich bereits wiederholt mit der Frage zu beschäftigen, ob die Inkontinenz zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führt und eine entsprechende Zusatzeintragung in den Behindertenpass rechtfertigt (Hinweis E vom 17.06.2013, 2010/11/0021, und jenes vom 23.02.2011, 2007/11/0142). In beiden Erkenntnissen hielt der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der Behörden, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch den Betroffenen sei zumutbar, im Hinblick auf Art und Ausmaß der Inkontinenz für nicht nachvollziehbar. Dem steht § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, und die dort – demonstrative („insbesondere“) – Aufzählung solcher Fälle, in denen die Feststellung der genannten Unzumutbarkeit gerechtfertigt erscheint, nicht entgegen (vgl.

vielmehr § 1 Abs. 3 leg. cit. zur gebotenen individuellen (ganzheitlichen) Beurteilung auf Basis eines ärztlichen Sachverständigengutachtens). Die Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 dieser Verordnung führen aus, dass „bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes“

in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar sei (vgl. VwGH 21.04.2016, Ra 2016/11/0018).

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt – auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen –, liegt im Fall des Beschwerdeführers jedoch kein diesen Erkenntnissen im Hinblick auf Art und Ausmaß der Inkontinenz vergleichbarer Sachverhalt vor.

In den seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 02.03.2020 und einer Fachärztin für Innere Medizin vom 21.07.2020 und 21.10.2020 wurde jeweils nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers – trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsschädigungen – die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer

(25)

Behinderung“ in den Behindertenpass vorliegen. Beim Beschwerdeführer sind ausgehend von diesen Sachverständigengutachten aktuell insbesondere auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, der Funktionen der unteren Extremitäten, psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert.

Auch unter Berücksichtigung der beim Beschwerdeführer bestehenden dauerhaften Einschränkungen und der damit verbundenen Beeinträchtigungen im Alltag, vermag der Beschwerdeführer noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.

Die dazu seitens des Gesetzgebers festgehaltenen Erläuterungen wurden im gegenständlichen Fall berücksichtigt und diese bestärken die Einschätzung, dass dem Beschwerdeführer die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel trotz seiner zweifelsohne vorhandenen und festgestellten Gesundheitsschädigungen zumutbar ist.

Der Beschwerdeführer legte keine Befunde vor, die geeignet wären, die durch die medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung ihres Zustandes zu belegen.

Hinsichtlich der mit Schreiben der belangten Behörde vom 17.12.2020 nachgereichten Befunde ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 46 BBG in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, gegenständlich somit ab Einlagen des Vorlageantrages beim Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2020, neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen und diese daher bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt werden können.

Da der Sachverhalt feststeht und die Sache daher entscheidungsreif ist, war dem in der Beschwerde und im Vorlageantrag gestellten Antrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Urologie nicht Folge zu geben, zumal bereits drei medizinische Sachverständigengutachten eingeholt wurden und der Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Der Beschwerdeführer legte nicht näher dar, weshalb ein weiteres Gutachten erforderlich wäre oder zu welchem Beweisthema dieses beantragt würde. Lediglich der Vollständigkeit halber ist auch darauf hinzuweisen, dass kein Rechtsanspruch auf die

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Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht (vgl. VwGH 24.06.1997, 96/08/0114).

Die für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass insbesondere erforderlichen erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, der Funktionen der unteren Extremitäten, psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sind somit nicht gegeben. Auch die übrigen Einschränkungen des Beschwerdeführers, insbesondere seine Inkontinenz, erreichen wie ausgeführt kein Ausmaß, welches die Benützung der Verkehrsmittel unzumutbar erscheinen lässt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf

(27)

Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.

6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr.

210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde iSd § 24 Abs. 1 VwGVG weder beantragt, noch hält Bundesverwaltungsgericht eine solche für erforderlich.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(28)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

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