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DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
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Nr. 12/2012 2. April 2012
DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Erbschaften stärker besteuern!
Europas Staaten haben sich mit dem Fiskalpakt zum
„Sparen bis in alle Ewigkeit“ verpflichtet. Auf Spar- zwang folgen Lohn-, Renten- und Sozialkürzungen wie aktuell in den Krisenländern Südeuropas. Statt mit Zu- kunftsinvestitionen für Wachstum zu sorgen und die Menschen in Lohn und Brot zu bringen, soll die breite Bevölkerung die Zeche für eine Krise zahlen, die die Finanzjongleure verursacht haben.
Und auch hierzulande soll der Fiskalpakt den Staat auf Diät setzen. Aber es ist nicht einzusehen, dass die Hälf- te der Bevölkerung, die Null Vermögen besitzt und die 20 %, die von der Hand in den Mund leben, die Kosten für die Bankenrettungen übernehmen müssen, während der stetig wachsende Reichtum der oberen 10 % wei- terhin unangetastet bleibt.
Statt mit dem Fiskalpakt den Abbau von Sozialleistun- gen und öffentlichen Aufgaben zu erzwingen, muss die Politik ihre Aufmerksamkeit endlich dem explodieren- den Reichtum widmen. Das Bundesfinanzministerium beziffert das private Nettovermögen aktuell auf
8.600 Mrd. €. Die besagte 10 % Reichen besitzen allein 5.160 Mrd. € an Netto-Geld- und Immobilienvermögen.
Anders als die Reichenlobby behauptet, wurde ein Großteil ihres Reichtums nicht durch eigene Arbeit ge- schaffen. Im Gegenteil: Ihr Vermögen fußt in der Regel auf hohen Erbschaften, die kaum besteuert werden.
Zwar kochen bei der Erbschaftsteuer die Emotionen besonders hoch. Schnell ist von Enteignung die Rede.
Viele fürchten, dass im Erbfall von Omas Häuschen nicht viel übrig bleiben würde. Bewusst werden dabei die großzügigen Freibeträge (500.000 € für Partner, 400.000 € für jedes Kind) unterschlagen. Und welches Einfamilienhaus kommt überhaupt in die Nähe dieser Freibetragsgrenzen? Letztlich kommen die Villen und
Jachten der Reichen und Schönen auf solche Werte.
Selbst diese werden aber nur geringfügig besteuert. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass kaum Menschen von der Erbschaftsteuer betroffen sind. 2009 mussten nur 177.000 Deutsche Erbschaftsteuer zahlen. 470 Fälle erbrachten allein 25,7 % der festgesetzten Steuer.
Der freiwillige Verzicht des Staates auf nennenswerte Einnahmen aus der Erbschaftsteuer ist angesichts ange- stauter öffentlicher Investitionen und der klammen Haushaltslage kaum nach vollziehbar. Werden die Erb- schaften auch zukünftig fast unversteuert an die nächs- te Generation weitervererbt, so ist der Schaden für die Staatskasse angesichts der Erbmasse der nächsten Jahre (siehe Grafik) erheblich. Jedes Jahr werden ca.
200 Mrd. € vererbt, während sich die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer im Bagatellbereich bewegen:
4,246 Mrd. € in 2011. Die letzte „Reform“ von 2008 bewirkte Mindereinnahmen von rund 1 Mrd. €. Die Kfz- Steuer bringt etwa das Doppelte ein.
Höhere Erbschaftsteuern zu fordern, hat nichts mit Neid zu tun. Es ist gerecht, wenn leistungslos ererbtes Ver- mögen angemessen besteuert wird – und ökonomisch vernünftig. Denn es wird tendenziell gehortet statt investiert. Das muss sich ändern.
Nettoverm ögen nach Altersklassen - in Milliarden Euro -
63
294
1.134
1.423
1.353
1.113
769
17-25 26-35 36-45 46-55 56-65 66-75 >75
pote nzie lle Erbma s s e in nä chs te n 20 Jahre n: 1,9 Billione n Euro
Que lle : Eige ne Be re chnunge n a uf Da te nbas is de s DIW Be rlin und Statis tis che m Bunde s a mte s