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derStandard.at | Wissenschaft | Zeit | Geschichte im Jubiläumsjahr

Was bisher geschah ...

Kommentar der anderen: Kleine Zwischenbilanz zu den Jubelfeiern der Republik von Heidemarie Uhl

... und was Sie sich an diesem Wochenende unbedingt noch vornehmen sollten - unter besonderer Berücksichtigung des Jüdischen Museums.

Das "Gedankenjahr" 2005 sollte nicht zum Feiern, sondern zur kritischen Selbstreflexion genutzt werden - dieser Appell von Anton Pelinka zu Beginn des Jubiläumsjahres ist weit gehend ohne Resonanz geblieben. Vielmehr:

Eine vorläufige Zwischenbilanz - die Mehrzahl der "Mega-Events" ist ja bereits absolviert - bestätigt alle Befürchtungen:

2005 wurde zur Bühne für die Inszenierung patriotischer Jubelfeiern, zum performativen Rahmen für die Reinszenierung der österreichischen

Erfolgsstory, dem Nachkriegsmythos schlechthin.

Dieser Mythos kann auf eine lange Tradition verweisen, wurde doch seit 1955 jeder "runde" Jahrestag zum Anlass genommen, die Erinnerung an den Freiheitskampf eines kleinen Volkes gegen übermächtige Gegner zu feiern - damit ist allerdings nicht der Nationalsozialismus gemeint, sondern jene Mächte, die gegen ihn gekämpft haben.

Regel ...

Überraschend ist somit weniger, dass das Staatsvertragsjubiläum seitens der Bundesregierung zur politischen Imagebildung genutzt wird - diese Gelegenheit hätte sich kaum eine Regierung entgehen lassen -,

überraschend ist vielmehr, dass sich dieser Nachkriegsmythos 2005 weit gehend bruchlos reaktiviert werden konnte.

Die Erfolgsstory der Zweiten Republik lässt sich offenkundig auch heute noch so erzählen, als habe es keine Waldheim-Debatte und kein

Gedenkjahr 1938/88 gegeben. Und während in den Konflikten um die Kriegsvergangenheit Kurt Waldheims der Mythos Österreichs vom

unschuldigen "ersten Opfer" des NS-Regimes weit gehend zerbrochen ist - ungeachtet fallweiser Reaktivierungsversuche durch ÖVP-Politiker -, haben sich die mit dem Staatsvertrag verbundenen Nachkriegsmythen erstaunlich resistent erwiesen.

Und dies, obwohl dieses Geschichtsbild ebenso, wenn nicht stärker als die Opferthese die Verdrängung der Mitverantwortung für die Verbrechen des NS-Regimes bewirkt hat: Wer von Österreich als "erstem Opfer"

Hitlerdeutschlands sprach, musste immerhin auch vom Nationalsozialismus 01. Juli 2005

20:24 MESZ

Heidemarie Uhl ist Historikerin in der Kommission für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien.

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und seinen Gräueln sprechen.

Dies mag auch der Grund dafür sein, warum die offizielle Opferthese nie jene Popularität erlangt hat, die sich mit ihrer populistischen Gegenthese verband: Auch darin wird Österreich zum Opfer, allerdings zum Opfer des Kampfes gegen den Nationalsozialismus - damit konnten sich gerade auch die ehemaligen Nationalsozialisten identifizieren. Und es ist gerade der Gedächtnisort Staatsvertrag, symbolisiert durch Leopold Figls "Österreich ist frei", der diese Variante der österreichischen Opfererzählung produziert und immer wieder reproduziert.

... und Ausnahme

Es gibt allerdings auch Orte der kritischen Selbstreflexion über die Geschichte der Zweiten Republik: Die Ausstellung "Jetzt ist er bös, der Tennenbaum. Die Zweite Republik und ihre Juden" im Jüdischen Museum ist der wohl gelungenste Versuch, die Ausblendung der NS-Vergangenheit bzw. der Mittäterschaft der österreichischen Gesellschaft am Holocaust, unterbliebene bzw. unangemessene Wiedergutmachung und das

Weiterwirkungen von Antisemitismus bis in die Gegenwart zu beleuchten.

Die Qualität dieser Ausstellung liegt aber nicht allein darin, was sie erzählt, sondern vor allem auch, wie sie die Schattenseiten der Zweiten Republik beleuchtet: präzise und subtil, ironisch und unaufgeregt, aber gerade deswegen umso wirksamer.

Verzichtet wird auf die Darstellung von offensichtlich antisemitisch motivierten Attacken - der Schändung jüdischer Friedhöfe, der

Diffamierung Simon Wiesenthals, des nach wie vor virulenten Rassismus, mit dem die jewish community konfrontiert ist -, vielmehr geht es darum, jene subkutan wirkenden antisemitischen Tiefendimensionen aufzuzeigen, die sich hinter der scheinbaren Normalität im Umgang Österreichs mit seinen Juden verbergen können. Und die museale Umsetzung dieses Konzepts - hervorgehoben seien etwa das "Karriere-Glücksrad", oder eine

"Österreich-Ralley", die zeigt, wie man sich als Kriegsverbrecher optimal vor Bestrafung schützen konnte etc. - ist schlichtweg sensationell.

Dem Jüdischen Museum ist eine faszinierende Ausstellung zu einem zentralen Thema der Geschichte der Zweiten Republik gelungen. Einziger Wermutstropfen: "Jetzt ist er bös, der Tennenbaum" ist nur noch bis 4. Juli zu sehen.

(Sonntag 10-20, Montag 10-16 Uhr) (DER STANDARD, Print, 2./3.7.2005)

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