zur
Erlangung der Doktorwürde
der
NaturwissenschaftlichMathematischen
Gesamtfakultät
der
RuprechtKarlsUniversität
Heidelberg
vorgelegt von
Dipl.-Phys. Kurt Sätzler
aus Schwaigern/Württ.
Tagder mündlichen Prüfung: 27.07.2000
elektronenmikroskopischen
Serienschnitten
Gutachter: Prof. Dr. B. Sakmann
Prof. Dr. Dr. C. Cremer
ImGegensatzzurLichtmikroskopie,beidermanmitHilfederMethodedersog.opti-
schenSchnittediedreidimensionaleGestaltbiologischerObjekteerfassenundauswer-
tenkann,istinelektronenmikroskopischen,physikalischenSchnittserienkeineOrien-
tierungderSchnittbilderzueinandergegeben,wasdieseAufnahmemethodefürhoch-
auösende,dreidimensionaleUntersuchungenzunächstungeeigneterscheinenläÿt.Die
vorliegendeArbeitzeichnetjedocheinenneuenWegvor,derdiedreidimensionaleVer-
arbeitungauchgroÿerelektronenmikroskopischerSchnittserienzuläÿt.Hierzuwerden
derVerlustderOrientierungunddiebeimUltradünnschneidenauftretendenStauchun-
genmathematischdurchallgemeine,lineareTransformationenmodelliert. Ineinemei-
gensfürdieseProblemstellungentwickeltenProgramm(CAR)dienendiekorrigierten,
digitaliserten Querschnittsdatender Objekteals AusgangspunktfürdieRekonstruk-
tion. Dem Rekonstruktionsalgorithmusist dersog. Delaunaygraph zugrunde gelegt,
der eineZerlegungdes ObjektesinTetraederermöglicht. DurchEinführungsog. in-
terpolierender PunkteindieRekonstruktionistesmöglich, auchBifurkationen und
hierarchischgeschachtelteKonturentopologischrichtigzurepräsentieren. Dieindie-
serArbeitentwickeltenTechnikenwurdenamBeispieldersog.CalyxvonHeld,einer
Riesensynapse im Hirnstamm der Ratte (Durchmesserca. 20m)angewandt. Die
Calyx wurde in270 Ultradünnschnitte der Schnittdicke70nmgeschnitten und mit
einer Pixelauösung von etwa 3nm elektronenmikroskopisch erfaÿt unddigitalisert.
NebenVolumenund Oberäche der amTerminal beteiligten prä-und postsynapti-
schen Zellen wurdedie Gröÿe des synaptischen Spaltes, die Anzahl, mittlere Gröÿe
und Verteilungder sog. aktiven Zonen bestimmt, diefür denVorgang der synapti-
schenÜbertragung sehrwichtigsind. DaherwerdendieseDatengemeinsammitden
EckdatenderphysiologischenMessungenalsAusgangspunktfürReaktionsDiusions
SimulationenderTransmittermoleküleimsynaptischenSpaltdienen,welchezueinem
besserenVerständnisdersynaptischenÜbertragungbeitragenwerden.
3D reconstructionfromelectron microscopicalserialsections
Thisthesisdemonstratesthefeasibility of3D reconstructionsinhighresolutionelec-
tronmicroscopy.Incontrasttolightmicroscopy,wherea3Ddatasetofthespecimen
isobtainedbymeansofopticalsections,theorientationofultrathinsectionsofbiolo-
gicalstructureshastobereconstructedinelectronmicroscopy. Thesectioningprocess
ismathematicallymodelledbylineartransformations,whichalsocompensatesfordis-
tortions introduced by thesectioning process. Thecorrections and the furtherdata
processingisdonebymeansofaspecialsoftwareprogram(CAR),whichwas develo-
pedforthispurpose. Afterapplyingthelineartransformationstothedigitizedobject
slices,theseserveasabasisfortheimplemented3Dreconstructionalgorithm. Inthe
presented algorithm,objectspaceis dividedintosocalled Delaunay tetrahedra. By
introducing additional interpolating pointsinto the reconstruction,hierarchical con-
tours and bifurcations can be handledand the contour data can be converted to a
topologicallycorrectsurfaceandvolumerepresentationoftheobject. Thisapproach
wasusedforthereconstructionofthesocalled CalyxofHeld,agiantsynapseinthe
medialnucleusofthetrapezoidbodyoftheratbrainstem(diameterofabout20m).
The Calyx was dissectedin 270consecutive serial sections of70nmthickness, pho-
tographedunderanelectronmicroscope andlater digitizedwith alateralresolution
of about3nm. Besides measuringvolume andsurface of thepre- and postsynaptic
cellsforming theterminal,cleftvolume,number,average sizeanddistributionofthe
socalled active zones wereestimated, whichare important for synaptic transmissi-
on. Therefore,thisdatawill beusedtogetherwiththeresultsofelectrophysiological
measurementsinsimulation calculationsof transmitterdiusionand reaction inthe
synapticcleft,whichwillleadtoabetterunderstandingofsynaptictransmission.
Abkürzungen iii
Ein einführender Ausblick iv
Einleitung 1
Kapitel 1. VonPräparation zur Rekonstruktion - ein Überblick 4
1.1. Die Elektronenmikroskopie 4
1.2. Präparieren und Schneiden 8
1.3. Der Digitalisierungsprozeÿ 14
1.4. Lösungsansätze zur Behebung der Fehler 19
Kapitel 2. Computer Aided Reconstruction mitCAR 24
2.1. Das Projekt 26
2.2. Das Alignment 28
2.3. Das Pattering 29
2.4. Das Squeezing 31
2.5. Das Contouring 32
2.6. Die Rekonstruktion 33
2.7. Eine Kurzeinführung inCAR 35
Kapitel 3. 3DRekonstruktion von Konturdaten 44
3.1. Das Rekonstruktionsproblem 45
3.2. Grundlagen zum 3D Rekonstruktionsalgorithmus 48
3.3. 3D Beschreibung des Boissonat'schen Ansatzes 61
3.4. Interpolation vonZwischenschichten 70
3.5. Vorverarbeitungder Konturdaten 76
3.6. Möglichkeitender Delaunayrekonstruktion 79
Kapitel 4. Anwendung amBeispiel der Calyx von Held 81
4.1. Die Präparation der Calyx 81
4.2. Aufnahme und Digitalisierungdes Bildmaterials 82
4.3. Die Datenerfassung 89
Kapitel 5. Die Rekonstruktion der Calyx von Held 98
5.1. Die synaptische Übertragung 98
5.2. Volumenund Oberäche 102
5.3. Kontaktäche 103
5.4. Synaptischer Spalt 104
5.5. Spezialisierte Kontaktäche 105
Zusammenfassung 111
Die Datenerfassung 111
Der Rekonstruktionsprozeÿ 112
Die Auswertung 114
Ausblick 115
Literaturverzeichnis 119
Lebenslauf 125
Publikationen 127
Danksagung 129
Anhang A. Die OpenInventorBibliothek 132
Die Inventor Datenbank 132
Nodekits 134
Manipulatoren 134
Komponenten 134
Anhang B. Schnelle Rendertechniken 136
Anhang C. Die Datenstruktur der Voronoibibliothek 140
8 für alle
N Menge der natürlichen Zahlen
R Menge der reellen Zahlen
kk euklidische Norm, Betrag von
x Konstante, Vektorkomponente
x; X Vektor, Matrix
bzw. beziehungsweise
CAR Contour AlignmentReconstruction
CCD charge coupleddevice
D Dimensionen, dimensional
DBV digitaleBildverarbeitung
EMBL European MolecularBiology Laboratory
etc. etcetera
EM Elektronenmikroskop, Elektronenmikroskopie
GIF GraphicsInterchange Format
IAB Institute Albert Bonniot
IWR Interdisziplinäres Zentrum für wissenschaftliches Rechnen
i.a. imallgemeinen
JPEG JointPhotographic Experts Group
LGS linearesGleichungssystem
LVD Linienvoronoidiagramm
m.a.W. mitanderen Worten
MPI MaxPlanckInstitut
NGG Numerische Geometrie Gruppe
PPM portablepixmap format
PVD Punktvoronoidiagramm
TEM Transmissionselektronenmikroskop
TIFF Tagged-Image File Format
sog. sogenannte
STEM Scanning Transmissionselektronenmikroskop
u.U. unter Umständen
vgl. vergleiche
z.B. zum Beispiel
Mit Sicherheitwird es vor allem ineiner wissenschaftlichen Ab-
handlung zunächst als ungewöhnlich anmuten, den einleitenden
Worten, die in die Thematik der vorgestellten Arbeit einführen sol-
len, einen Ausblick auf das Kommende, noch in den Sternen stehende
voranzustellen.
SoungewöhnlichdieseVorgehensweise auch erscheinenmag, um so
verständlicher wird sie, wirft man einen kurzen Blick auf dieSeele ei-
nes Wissenschaftlers und Forschers: Nurder Blick aufdieZukunft, die
Wahrnehmung des noch nicht Wahrnehmbaren, die Einschätzung des
Kommendenund diePrognosen, deren Richtigkeiterst nocheiner Be-
stätigung bedürfen, sind die Triebfederund der Motor seines Denkens
und Schaens.
Meist sind es nicht die groÿen Visionen, diespäter von den Histo-
rikern alssolche geadelt werden,sondern kleinereSchritte, dieman zu
nehmen, und Hürden, die man zu überwinden gedenkt, die einem das
zielstrebige Voranschreiten ermöglichen. Erst später, bei einem Blick
indieVergangenheit,könnensichdanndievielenkleinenSchrittezuei-
nem einzigen,groÿenSchrittzusammenfügenundsomitalseineVision
interpretierenlassen.
In der Schaenszeit selbstistjedochdas richtige Augenmaÿfürdie
nächsten geplanten Schritte ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Ist
das Zielzu weitgesteckt, verliertmanesleichtausden Augen,sinddie
Zielezukleinbemessen,gebensieeinemkeineRichtung. Umdasrechte
Maÿ zu nden, bedarfes einerständigen Kontrolle und Neubewertung
der gesteckten Ziele und somit einer Anpassung des eingeschlagenen
Weges.
SowarauchzuBeginndieserArbeitdieZielsetzungklarundinkur-
zen Wortenformulierbar: UmdieNatur derÜbertragungvonSignalen
im Gehirn besser verstehen zu können, schien es sinnvoll, neben den
aus elektrophysiologischen Experimenten gewinnbaren Eigenschaften
und Parametern dersynaptischer Kontakte, nun aucheine Möglichkeit
zuschaen, diemorphologischrelevantscheinendenGröÿenebendieser
Kontakte zu erfassen, damit diese als sinnvolle Randbedingungen für
Simulations-und Modellrechnungen einieÿen können.
Die Erfassung und Auswertung der morphologischen Daten, wel-
ches in kurzen Zügen das Thema dieser Arbeit umreiÿt und nur ein
Mosaiksteinchen inder oben formuliertenZielsetzungmarkiert, erwies
sich als schwieriger und aufwendiger, als zunächst vermutet. So muÿ-
ten dieSchritteoftmalsverkleinertundvielZeit inkleinste,unsichtbar
scheinende Detailarbeiten investiert werden, so daÿ man fast das Ge-
fühlbekam,aufderStellezutreten. OhnedieseFeinarbeitenaberwäre
die Vollendung dieser Arbeit nicht möglich gewesen.
So sind durch diese Arbeit noch nicht alle zur Vollendung der an-
gestrebten Zielsetzung zu schürzenden Knoten gefunden, noch gelöst,
jedoch bietet sie ein gutes Fundament und einen fruchtbaren Nähr-
boden für weitere Projekte, die die vorgestellte Zielsetzung weiter ins
Visier nehmen. Insofern isteineinführender Ausblick nicht nurVision
und Motivation für den experimentierenden Wissenschaftler, sondern
auch einKompaÿ und Wegweiser zum Verständnis dieser Arbeit.
Spätestens seit der Entdeckung von Thomas Schwann 1839, daÿ
auch tierisches Leben auf dem Zusammenspiel kleinster lebensfähiger
Einheiten, den sog. Zellen beruht, ist der Forscher an einem tieferen
EinblickindiesekleinstenBausteinedesLebensinteressiert. DieTatsa-
che, daÿ ZellenfunktionelleEinheiten wieGewebe undOrganeformen
können, macht sienur noch faszinierender. Krönung des funktionellen
Zusammenschlusses und wichtigstes Organ allen intelligenten Lebens
formt das Gehirn. Hauptbestandteile dieses wundersamen Gebildes
bilden Neuronen, die untereinander Informationen und Signale über
sog. synaptische Kontakteaustauschen. DieserSchaltplanistGrundla-
geunseres Wissensund Seins,dieFlexibilitätdieserZellen,über einen
bestimmten Zeitraum die Ezienz der synaptischen Übertragung zu
verändern, könntedabei Ausdruck unserer Fähigkeit sein, zu lernen.
WillmannuneinenBlickaufdiedreidimensionale,morphologische
Struktur dieser Zellen und ihrer Synapsen werfen, muÿman sichbild-
gebender Methoden wie der Lichtmikroskopie bedienen. Dabei galt
lange Zeit die von Ernst Abbe Ende des 18.ten Jahrhunderts formu-
lierte Auösungsgrenze von d =
nsin'
als Schallmauer der Mikrosko-
pie. Die Gröÿe nsin' bezeichnet hierbei die numerische Apertur des
Objektives, welche sich für die beugungsbegrenzte Auösung des Mi-
kroskops inderFokusebeneverantwortlichzeichnet 1
. Bewegtman nun
die Fokusebene des Mikroskops durch das Objekt, kann man dessen
dreidimensionale Struktur erfassen. Diese Methode wird als Optical
Sectioning bezeichnet (siehe [Wil90]). Gröÿter Flaschenhals dieser
Methode stellt dabei das ungleiche Auösungsverhältnis in der Foku-
sebene zu der Auösung in Aufnahmerichtung dar, das bis zu einem
Faktor7schlechter ist.
Erst durch die Einführung von uoreszierenden Farbstoen, mit
denen man bestimmte Gewebe- oder Zellregionen anfärben kann, ge-
lang dieEntkoppelungdes Beleuchtungs-und Detektionsprozesses, die
in diesen Experimenten als statistisch unabhängig betrachtet werden
können. DurchdieEntwicklungdeskonfokalenMikroskops,beidemim
Aufnahme-, wie auch im Detektionsstrahlengang eine kleine Önung,
das sog. Pinhole eingeführt wird, gelingt es, ungewünschtes Licht au-
ÿerhalb des Fokusses herauszultern und somit das Miÿverhältnisvon
lateralerzuaxialerAuösungaufeinenFaktor2zureduzieren([CC78]
1
'bezeichnetdenhalbenÖnungswinkeldesObjektives
und [Bra79]). Erreicht werden mitderartigen Mikroskopen Auösun-
gen von ca. 250x500nm.
Gerade im Hinblick auf morphologische Untersuchung in biologi-
schen Präparaten stellte dieser Fortschritt einen groÿen Gewinn dar
und erlaubte nun dreidimensionaleUntersuchungenmitdeutlich höhe-
rer PräzisionalsimkonventionellenFluoreszenzmikroskop([EBS +
95 ],
[EDB +
96] und [3]). Weiterentwicklungen des konfokalen Prinzips
wie die Axialtomographie ([BHS +
96], [11] und [12]) und die Theta
Mikroskopie ([LSH95 ] und [LCS96 ]) zeigen dabei Wege auf, die es
ermöglichen,dieaxiale Auösung derart zu verbessern, daÿ das bishe-
rige Auösungsverhältnis von 1 : 2 fast in einen isotropen Wert über-
führt werden kann. Ist es jedoch erforderlich, höhere Auösungen zu
erzielen, als mit diesen Mikroskopen bisher zu erzielen war, hat man
nach der Abbeschen Auösungsgrenze lediglichdie Wahl, dienumeri-
sche Apertur zu vergröÿern (siehe 4Mikroskopie [HSLC94]), oder
die Beobachtungswellenlänge zu verkleinern.
2
Dies führt uns sogleich zu den Elektronenmikroskopen, die uns
durchdieextremkurzeWellenlängehochenergetischerElektronentheo-
retischinden Ångstrøm-Bereichvorstoÿenlassen. InbiologischenPrä-
paraten, diespeziellfürdieseMikroskopietechnikeingebettetundmög-
lichst dünn geschnitten werden, erzielenwir immer noch Auösungen
von wenigen Nanometern, was ein deutliches Plus im Vergleich zur
Lichtmikroskopiedarstellt. DiesesbildgebendeVerfahrenbildetgleich-
zeitig die Grundlage der vorliegenden Arbeit, bei der eine 3D Rekon-
struktionsmethode vorgestellt werden soll, die trotz der präparativen
Nachteile, die die Elektronenmikroskopie im Bezug auf die Untersu-
chung biologischer Objekte mit sich bringt, eine hochauösende Re-
konstruktion und detaillierte Auswertung der biologischen Strukturen
erlaubt.
Im erstenKapitelwerdendieProblemediesesAufnahmeverfahrens
herausgearbeitet,dieeinderartiger3DRekonstruktionsalgorithmusbe-
rücksichtigen muÿ, um eine repräsentative Rekonstruktion des unter-
suchten Objektes zu erlauben. Im Gegensatz zu bisher publizierten
Untersuchungen ([LMM +
99], [SH98], [HS95] and [SS97 ]), die sich
verschiedenster Software bedienen, um die einzelnen Schritte von der
Datenerfassung über das Registrieren der Bilder bis hin zu Auswer-
tung zu bewerkstelligen, werden in der vorgestellten Arbeit alle Ar-
beitsschritte mit Hilfe eines speziell entwickelten Programms sozusa-
gen untereinem Dach erfaÿt. Diesbietetden entscheidenden Vorteil,
daÿ diebeimRekonstruktionsprozeÿ vorgenommenen Korrekturen sy-
stematisch erfaÿbar und unmittelbarauswertbar sind.
2
Es soll hier nicht verschwiegen werden, daÿ jüngste Errungenschaften der
Lichtmikroskopie, wie die Multiphotondetektion ([DSW90] und [HSH95]) oder
diegeradevonHelletal.entwickelteSTEDMikroskopie(StimulatedEmissionDe-
Im zweiten Kapitel wird die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte
Software und Methodik vorgestellt, wobei im dritten Kapitelausführ-
lichaufden für quantitative Auswertungen entscheidenden Schritt der
3DRekonstruktion von zweidimensionalen Konturdaten eingegangen
wird.
Abschlieÿend wird dievorgestellte Methode am Beispielder Calyx
von Held demonstriert. DieCalyx isteine Riesensynapse,dieimHirn-
stamm der Ratte 3
angesiedelt und maÿgeblich am Prozeÿ der Ortung
von akustischen Signalen beteiligt ist. Eine Besonderheit der Calyx
von Held ist, daÿ der Vorgang der synaptischen Transmission direkt
amTerminalder beidenbeteiligtenNeuronen durch PatchElektroden
gemessen unduntersuchtwerdenkann. DieseSynapsebildetauÿerdem
die einzigste Kontaktstelle zwischen beiden Neuronen. Aufgrund die-
ser Tatsache kann dieCalyxvon Held alsMustersynapse imHinblick
auf Simulationsrechnungen zur synaptischen Transmission bezeichnet
werden.
Neben den ausführlichen elektrophysiologischen Untersuchungen
der letzten Jahre an der Calyx von Held (siehe [BHS95], [BS96 ],
[HBS97], [BS98], [BHBS98],[BS99] und[WWB +
99]),fehlennoch
morphologischeDaten,dieindieSimulationsrechnungeneinieÿenkön-
nen. Da zur Anatomie der Calyx nur wenige Studien bekannt sind
(siehe z.B. [LR66] und [CF88]), wurden diese Daten mit Hilfe der
hier entwickelten Methoden zum ersten Mal auf der elektronenmikro-
skopischen Auösungsstufe bestimmt (siehe Kapitel 4 und 5). Somit
ist die Grundlage für weiterführende Simulationsrechnungen, die ein
tiefergehendes Verständnis der Vorgänge bei synaptischer Transmissi-
on erhoen lassen,geschaen worden.
3
Von Präparation zur Rekonstruktion - ein
Überblick
Um dem Ziel einer möglichst detailgenauen Rekonstruktion der
MorphologiebiologischerStrukturen 1
nahezukommen,muÿmanschon
beiderPräparationundBildaufnahmeaufmöglichstpräziseundhoch-
auösendeTechnikenzurückgreifen. WollenwirinderLagesein,Struk-
turen inder Gröÿe von wenigenNanometern aufzulösen, wie z.B.Zell-
membranen, so steht einem nachmomentanemStand der Technik nur
die Elektronenmikroskopie (kurz EM)zur Verfügung.
In den nächsten Abschnitten sollen die physikalischen Grundlagen
zur EMaufgeführt und vor allemim Hinblick aufdieerzielbare Auö-
sung in biologischen Präparaten diskutiert werden. Weiterhin werden
die speziellen Präparationsmethoden, die zur Aufbereitung der Zel-
len für die Aufnahme unter dem EM notwendig sind, skizziert. Ab-
schlieÿend wird diskutiert, in wie weit das gewählte Zellmaterial, die
Präparations-undAufnahmetechnikaufdieWeiterverarbeitungdesdi-
gitalisiertenBildmaterialsEinuÿhat,undwieweitdiemöglicherweise
auftretenden Fehlerkorrigierbar sind.
1.1. Die Elektronenmikroskopie
DievonErnst AbbeEndedes18.tenJahrhunderts angegebeneFor-
mel, diedieAuösungeinesLichtmikroskopsinBezugzur Wellenlänge
desverwendetenLichtessetzt,istdurchdenWelleTeilchenDualismus
auchaufElektronen, und somitaufElektronenmikroskopeanwendbar.
Dabei gibt die DeBroglieWellenlänge der Elektronen eine Abschät-
zung fürdiedurchein Elektronenmikroskop(kurz EM)erzielbareAuf-
lösung. ImfolgendensollnuninkurzenZügendieFunktionsweiseeines
EM beschrieben und in Bezug auf die auftretenden Aberrationen dis-
kutiert werden. Für eine vertiefende Studie sei das Buch [Rei97] von
L. Reimer empfohlen.
1.1.1. Grundlagen zur Elektronenmikroskopie. Elektronen-
mikroskope sind in ihrem Aufbau den Lichtmikroskopen sehr ähnlich.
Als LichtquellebenutzensieFeldemissionskathoden,anstellevonGlas-
linsen benutzen sie magnetische Linsen und das Okular wird durch
einen Leuchtschirm ersetzt.
1
imvorliegendenFallistesdiesog. Calyx vonHeld
Elementarladung e
0
=1:60219210 19
C
Ruhemasse m
0
=9:1095610 31
kg
Ruheenergie E
0
=m
0 c
2
=511keV
Relativistische Masse m=
m
0
p
1 v 2
=c 2
Kinetische Energie W
k
=m
0 c
2
1
p
1 v 2
=c 2
Massenverhältnis Proton/Elektron
m
p
m
e
=1836:1
Elektronenvolt eV =e
0
1V =1:602W s
Lichtgeschwindigkeit inVakuum c=2:99792510 8m
s
PlanckKonstante h=6:625610 34
Nms
Tabelle 1. Physikalische Konstanten des Elektrons.
Auf einElektron imelektrischen Feldwirktdie Kraft
F=e
0 E (1.1.1)
wobei e
0
die Elementarladung (siehe Tabelle 1) des Elektrons und E
die Feldstärke des elektrischen Feldes angibt. Wird das Elektron im
elektrischen Feld beschleunigt, erhält esdiekinetische Energie
W
k
=e
0
Z
B
A Eds
Handeltessichumeinhomogeneselektrisches Feld,z.B.ineinemPlat-
tenkondensator,andemdieSpannungU =kEk=l anliegt,erhaltenwir
in klassischer Rechnung eine Geschwindigkeitv des Elektrons,die sich
wie folgtbestimmt
v = r
2 e
0 U
m
Bei den am EM eingesetzten Beschleunigungsspannungen von über
80kV muÿrelativistischgerechnet werden. Dies führtuns zu
mc 2
=m
0 c
2
+e
0 U
und nach Umformungen zu
v =c v
u
u
t
1
1
1+ e0U
m
0 c
2
!
2
Bei 80kV Beschleunigungsspannung erhalten wir Geschwindigkeiten
von v =1;2110 8m
s
. Dies entspricht einer DeBroglieWellenlänge
= h
kpk
= h
m v r
1 v
2
c 2 (1.1.2)
von=4:210 3
nm. NachdervonErnstAbbeformuliertenAuösung
eines Lichtmikroskops von
d=
nsin#
(1.1.3)
mit der Numerischen Apertur A = n sin# kann man demnach bei
EM um Gröÿenordnungen höhereAuösungenerzielenalsbeimLicht-
mikroskop. Aufgrund der noch zu besprechenden Aberrationen sind
jedochbeiEMkeine AperturenimBereichvonA=1:3möglich. Diese
liegen in der Praxisin Bereichen vonA10 2
.
Vergleichen wir die theoretisch erzielbare Auösungen von einem
EM bei U = 80kV und einer Apertur von A
EM
= 10 2
mit einem
Lichtmikroskop, daÿ beieiner sichtbarenWellenlänge von =400nm
undeinemObjektivdernumerischenAperturvonA
Licht
=1:0arbeitet,
erhalten wir einentheoretischen Auösungsunterschied von400nmzu
0:4nm,also einen Unterschied von 3Gröÿenordnungen!
1.1.2. Auftretende Aberrationen. Wie auch bei der Lichtmi-
kroskopie treten bei der EM verschiedene Formen von Aberrationen
auf, die mit dem Aufnahmesystem zusammenhängen. Betrachten wir
also zunächst die Funktionsweise einer magnetischen Linse.
Ein Elektron erfährt ineinem Magnetfeld dieLorentzKraft
F
L
= e
0
vB (1.1.4)
Bei Eintritt des Elektrons in ein homogenes Magnetfeld führtdie Ge-
schwindigkeitskomponente v
?
dazu, daÿ das Elektron senkrecht zur
Feldrichtung eine Kreisbewegung durchführt. Lorentzkraft und Zen-
tripetalkrafthalten sich das Gleichgewicht, was uns zu der Gleichung
e
0
vB = mv
2
r
; v =kvkundB=kBk
und anschlieÿend zur der Umlaurequenz
f
Z
= v
2r
= e
0 B
2m
; (1.1.5)
dieauchalsZyklotronfrequenzbekanntist,führt. InderZeitt
z
=1=f
Z
legt nun das Elektrondie Strecke
z =v
k t
Z
=v t
Z
cos
zurück, wobei den Winkel zwischen der Magnetfeldrichtung B und
der Einugrichtung v des Elektrons bildet. Schreiben wir obige Glei-
chung mitHilfe der CosinusReiheum, soerhalten wir
z =
2mv
1 1
2
+O(
4
):
1.1.2.1. SphärischeAberration. BetrachtenwirnundasMagnetfeld
unsererLinse. SeidieAbweichungvonunseremidealenStrahlengang.
So erhalten wir einen Gangunterschied
4z /C
S
2
;
der dieAbweichung vomidealen Gauÿfokus der Magnetlinse darstellt.
MitderVergröÿerungM derMagnetlinseergibtsichnunimGauÿfokus
eine aufgeweitete AiryScheibe des Objektpunktes von der Gröÿe
4r
S
=M tanC
S
2
M C
S
3
(1.1.6)
für kleine Winkel . Dies liefert eine Abschätzung der sphärischen
Aberration. Da Magnetlinsen starke sphärische Aberrationen aufwei-
sen, wird den Linsen eine Lochblende vorgeschaltet, die Bereiche, in
denen starkesphärische Aberrationauftritt,aus dem Elektronenstrahl
ausblendet.
1.1.2.2. Chromatische Aberration. Durch Schwankungen in der
Beschleunigungsspannung und in der Linsenstromstärke entstehen
Schwankungen inderBrennweite der magnetischen Linse. Diese Aber-
ration läÿtsich durch die Gleichung
4r
C
=C
C
s
4U
U
2
+
24I
I
2
(1.1.7)
beschreiben (siehe [Lic79]). So tritt diese Aberrationschon durch die
Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilunginder Feldemissionselektrode
auf und kann durch Unstabilitäten in der Spannungsversorgung der
Elektrode und der Linse verstärkt werden. Auch Wechselwirkungen
mit dem mikroskopierten Objekt kann, wie wir später sehen werden,
zu erheblichen chromatischen Aberrationen führen. Da energiearme
Elektronen im Magnetfeld stärker abgelenktwerden als schnelle Elek-
tronen, verhält sich die chromatische Aberration in der EM gerade
umgekehrt wie in der Lichtmikroskopie, wo kurzwelliges Licht stärker
gebrochen wird als langwelliges.
1.1.2.3. Axialer Astigmatismus. Der Vollständigkeit wegen soll
auch der Eekt des axialen Astigmatismus nicht unerwähnt bleiben,
der durchdieAbweichung vonderRotationssymetriedesMagnetfeldes
in der Linse herrührt. So haben verschiedene Bereiche der Linse ver-
schiedene Brennweiten. Durch den Einsatzvon sog. Stigmatorenkann
jedoch der axiale Astigmatismus einer Magnetlinse sehr gut ausgegli-
chen werden.
1.1.2.4. Wahlder optimalen Apertur. Interessanterweise kannman
in der EM eine sog. optimaleApertur bestimmen, beider die Aberra-
tionen minimal werden. Dies ist dadurch bedingt, daÿ die beugungs-
begrenzte Auösung, wie sie nach der Abbeschen Formel beschreiben
wird (1.1.3) sich umgekehrt proportional zur Apertur verhält wie die
alsonicht einemöglichsthohe Apertur füreine guteAuösungverant-
wortlich. Auÿerdem ist es gerade die sphärische Apertur, die für den
Bildkontrast in EMBildern sorgt: In elektronendichten Bereichen des
Präparats werdendieElektronenstärkervonihrerIdealugbahnabge-
lenktundkönnendaherdurchdiegeringeAperturnichtmehrdetektiert
werden. EineErhöhungderBeschleunigungsspannungjedochsenktdie
Wahrscheinlichkeit der Interaktion und der Bildkontrast sinkt. Auch
hier muÿeine Wahl zwischen optimalemKontrast und optimalerAuf-
lösung getroen werden.
1.1.3. Auösung in biologischen Präparaten. Durchiegen
nun dieElektronen einbiologisches Präparat, nden sog. Streuprozes-
se statt. Man unterscheidet zwei Prozesse: die inelastische Streuung,
wie siedurchInteraktionderElektronen mitden Hüllenelektronender
Atome im Präparatvorkommen. Diese istvor allemin kleine Winkel-
bereichen dominierend (<10 3
). Zum anderen nden vor allem in
gröÿeren Winkelbereichen elastische Streuprozesse statt, die durch
die Interaktion der Strahlelektronen mit den Atomkernen hervorgeru-
fen wird.
Beiden inelastischenStreuvorgängen verlierendieStrahlelektronen
ankinetischer Energie. DerEnergieverlust beträgtbeieinemStreuvor-
gang ungefähr20eV. JedickereinPräparatist,je höheristdie Wahr-
scheinlichkeit, daÿ ein derartiger Streuvorgang stattndet, bzw. auch
mehrere Malestattndet. Nachder Formel 1.1.7 und einem typischen
Wert C
C
2mm, einer Apertur von = 10 2
und einer Beschleuni-
gungsspannungvon80keV einesElektronserhaltenwir einenWert für
die chromatische Aberration von 4r
C
5nm, was erheblich von der
theoretisch erzielbaren Auösung bei 80kV abweicht. In biologischen
PräparatenistalsoabhängigvonderSchnittdickeeineschlechtereAuf-
lösung zu erwarten. In [Lic79]ist folgende Faustformelangegeben:
d
obj
= D
10
wobeiD dieObjektdickedes Präparats beschreibt.
1.1.4. MöglicheFehlerquellen. Wiewir gesehenhaben,istauf-
grund der auftretenden Aberrationen vorallem in biologischenPräpa-
raten miteinereingeschränkten Auösung, dieweitvonder optimalen
Auösungentferntist,zurechnen. Hinzukommtnoch,daÿSpannungs-
schwankungenzuAberrationenundVergröÿerungsfehlerführenkönnen
(siehe [Rei97]). Auch muÿ darauf geachtet werden, daÿ dieStrahlen-
dosis für das Präparat einen kritischen Grenzwert nicht überschreitet,
damit dieses nicht strukturellen Veränderungen unterliegt.
1.2. Präparieren und Schneiden
Da durch das Hochvakuum und die hohe Strahlendosis im EM an
sichbeimuntersuchten Gewebeum totesZellmaterialhandeln. Daau-
ÿerdem die Objektdicke das mögliche Auösungsvermögen bestimmt,
muÿdasZellgewebeinausreichenddünneScheibengeschnittenwerden.
Umwiederum durchden Schneidevorgangnichtzu starke mechanische
Deformationen einzuführen, muÿ das Gewebe in ein geeignetes Mate-
rial eingebettet werden. Auÿerdem muÿes gelingen,elektronendichtes
Materialanden Zellmembranenanzulagern,damitmanunter demEM
ausreichend kontrastreiche Aufnahmen machen kann. Die hier vorge-
stellten Methoden und Daten sind zum gröÿten Teil aus [Rei67] und
[Lic79] entnommen.
1.2.1. Fixation und Einbettung. Die Methoden zur Fixation
und Einbettungunterscheiden sichleicht für prokaryotische und euka-
ryotischenZellen. WirwerdenhiernurdasVorgehen füreukaryotische
Zellen skizzieren. Grundsätzlichgilt,daÿ beider Einlagerung der Fix-
anz und vor der Entwässerung zügig und gründlich gearbeitet werden
muÿ, damit die Fixanz gut und gleichmäÿig in die Zellen eindringen
kann; hier ist dieGefahr der Erzeugung von Artefakten am höchsten.
WährendundnachderEntwässerunghingegenbestehteherdieGefahr,
daÿdieerzeugtenGewebeblöckenichtgutzuschneidensind;dieGefahr
von Artefakten istbeidiesen Arbeitsschrittenfast vernachlässigbar.
Da die Fixanz in Zellregionen tiefer als 500m von der Gewebe-
oberächeentferntschlechteindringenkann,müssendieGewebestücke
ausreichend klein geschnitten sein, bevor diese xiert werden. Sollten
dennochetwasgröÿereGewebefragmenteverwendet werden,soisteine
erhöhteKonzentration der Fixanzzu verwenden oder aufdieMethode
der sog. Perfusionsxierung zurückzugreifen. Im weiteren werden wir
kurz das Vorgehen bei einer Standardpräparationsmethode in der EM
von Zellgewebe,diesog. Doppelxierung,beschreiben.
IneinemerstenSchrittwirddasGewebematerialin2-4%igemGlut-
araldehyd eingelegt. Dies führt zu einer verstärkten Vernetzung der
Proteinstrukturen, wobeidasGlutaraldehydselbst mitindieZelleein-
gebautwird. DadurcherhältdasGewebematerialzusätzlichStabilität.
Danach muÿ das Gewebe gründlich in einer Puerlösung gewaschen
werden.
NunkommteszumzweitenFixierungsschritt: Das Gewebewird in
Osmiumtetroxid eingelegt, was zu einer Fixierung der Phospholipide
führt. Dadurch wird die Struktur des Gewebematerials abermals ver-
festigt und durch die Einlagerung des Osmiums als elektronenoptisch
dichtes Material zusätzlichkontrastiert. Nachdiesem Schritt wird das
Gewebe erneut gründlichausgewaschen.
In einem dritten Schritt, der auch alsdritter Fixierungsschritt an-
gesehen werden kann, wird das Gewebe in eine wäÿrige Uranylacetat-
lösung eingelegt. In diesem wäÿrigen Milieu erfährt die Zellstruktur
kaum noch Veränderungen. Das Uranylacetat stabilisiert vor allem
dieweitereEinlagerungeinesSchwermetalls. Uranylacetatkannebenso
wieBleicitratzurNachkontrastierungderUltradünnschnitteverwendet
werden.
Nunwird dasGewebematerialineiner aufsteigendenAlkohol-oder
Acetonreihe langsamentwässert, dabeider späteren Aufnahme einge-
lagertesWasserzur ZerstörungdesGewebesführenkönnte. Auÿerdem
dientdasEthanoloderAcetonzurLösungdesEinbettungsmittels,daÿ
im nächsten Präparationsschritt zur Anwendung kommt.
BeidiesemletztenSchritt, demEinbettungsschritt,wirddasGewe-
beineiner stufenweise ansteigenden Epoxidlösunggebadet. Hierdurch
wird das Lösungsmittel nach und nach gegen das Einbettungsmittel
ausgetauscht. Anschlieÿend wird der Gewebeblock bei Temperaturen
um die60 Æ
über1-2 Tage ausgehärtet. Somit erhalten wir einenpoly-
merisiertenGewebeblock 2
,deralsGrundlagefürdieUltradünnschnitte
dient.
1.2.2. Ultradünnschnitte. Istdas Zellmaterialgenügend ausge-
härtet, kann es an die Vorbereitungen für die Anfertigung der Ultra-
dünnschnitte (auch Dünnstschnitte genannt) gehen. Zuerst wird der
im vorigen Schritt angefertigte Gewebeblock auf einen Kunstharzzap-
fen(sieheAbbildung(1.2.1))aufgebrachtundmitdiesemverschmolzen
(aufpolymerisiert). DieserKunstharzzapfenwirdbenötigt,umdenGe-
webeblock imUltramikrotomeinspannen und befestigen zu können.
NunwirddieRegion of Interest miteinerscharfenRasierklingeun-
ter einem Stereomikroskop herausgetrimmt. Der Anschnitt wird im
allgemeinenpyramidenförmiggewählt, wobeidieGrundäche einetra-
pezoidale Form einnimmt (siehe Abb. (1.2.1)d und (1.2.2)b). Durch
diese Trimmtechnik ist gewährleistet, daÿ die Schnittreihenfolge und
die Orientierungder Schnitte imnachhineinnoch bestimmbar ist: Die
Serienschnitte nehmen eine immer gröÿere Fläche ein, wobei eine be-
stimmte Seite der trapezoidalen Grundäche in Schneiderichtung des
Ultramiktrotoms orientiert wird.
Für dieSchneiden ineinemUltramikrotomwählt man speziellvor-
bereitete, glatte und extrem scharfe Glasbruchkanten oder Diamant.
DerVorschub desMessers istentweder mechanischoderthermischrea-
lisiert, wobei die mechanische Realisierung als genauer gilt. Mit den
üblichen Ultramikrotomenkönnen Schnitte der Dicken 10 bis 200 nm
hergestellt werden,wobei Schnittdicken < 50nm schon eine hervorra-
gende Einbettungvoraussetzen.
IstderBlockimUltramikrotomeingespannt,kannmitdemSchnei-
den begonnen werden. Es wird nun die gewünschte Schnittdicke ein-
gestellt, die von der tatsächlich erzielten Schnittdicke abweichen kann
(s.u.). Hinter der Schneide bendet sich ein Wasserbad, in dem die
2
CCCCC CCCCC CCCCC
C C C C C C C C C CCC CCC CCC CCC CCC CCC CCC CCC CCCCCC CCCCCC CCCCCC CCCCCC CCCCCC
CCCCCC CCCCCC CCCCCC CCCCCC CCCCCC
CC CC CC CC
CCCCCC CCCCCC CCCCCC CCCCCC CCCCCC
CCC CCC CCC
!!! !!!
!!!
a
b
c
d
Abbildung 1.2.1. Das Präparat(a)wird zunächst mit
einem Vibratom in dickere Scheiben geschnitten. Diese
Gewebeproben werdenanschlieÿendineinemEpoxidbad
in Kunstharz eingebettet. Somit entstehen folienartige
Gewebescheiben (b), die auf einen Kunstharzzapfen (c)
aufpolymerisiertwerden. Dieserwirdschlieÿlichzu einer
Pyramide angespitzt (d).
Schnitte aufgefangen werden. I.a. bildendie Schnitte sog. Schnittbän-
der, diedann mitHilfe einesHaarpinselsoder einemadäquaten Werk-
zeug auf die kurz vorher mit einer Folie belmten Netze (engl. grids)
aufziehenkann(sieheAbbildung(1.2.2)). InbestimmtenFällenkönnen
die präpariertenSchnitte auf dem Netz nachkontrastiert werden.
Um die tatsächlich erzielte Schnittdicke der Ultradünnschnitte zu
bestimmen, gibt es verschiedene Verfahren. Bei diesen Messungen ist
jedoch zu beachten, daÿ es 3 verschiedene Arten von zu messenden
Schnittdicken geben kann:
1. dietatsächlich vom Gewebeblock abgeschnittene Schnittdicke
2. die nach dem Schneiden und Aufbringen der Schnitte auf die
Trägernetzemeÿbare Schnittdicke
3. dienachElektronenbeschuÿder ProbeverbleibendeSchnittdicke
Die unter Punkt 1 angegebene Schnittdicke, ist diejenige, die für eine
3DRekonstruktiondesbeobachtetenObjektesvonBedeutungist. Lei-
der erfahren dieSchnitte beimSchneidevorgang gröÿere Stauchungen,
CC CC CC CC CC ??
?? ??
??
> >
> >
> >
>
CC CC CC CC CC CC CC CC CC CC CC CC CC CC
*********
*********
*********
*********
*********
*********
*********
*********
*********
C C C C CC CC CC CC CC CCC CCC CCC CCC CCC
C C C CC CC CC CC CC CC
a b c d f
e g
Abbildung1.2.2. AblaufdesDünnstschneidevorgangs:
Mit der Diamant- oder Glasschneide des Ultramikro-
toms (a) werden vom zuvor in Kunstharz eingebette-
tenund getrimmtenGewebsblock(b) Dünnstschnitteer-
zeugt. Diese bilden i.a. Schnittbänder (c), die in einem
Wasserbad (d) aufgefangen werden. Diese Schnittbän-
der werden anschlieÿend mit einem Haarpinsel (e) auf
die Folie(g) aufgezogen, mit der das Lochgrid (f) zuvor
manuellüberzogen wurde.
Eine Nachbehandlungder SchnittemitChloroform-oder Xylol-Dampf
kannzu einererneutenStreckung dergestauchten Schnitteführen, wo-
durchder Stauchungsfehlerkompensiert,evtl. aberauchüberkompen-
siert wird. Eine Schnittdickenbestimmung nach Bestrahlung wird auf
jeden Falleinenzu kleinen Wert liefern, daeingewisser Massenverlust
des Präparats unter Elektronenbeschuÿ auftritt(siehe [Rei67]).
Bei der genauesten Methode, die Schnittdicke zu bestimmen, wer-
den dieSerienschnitte aufGlasobjektträger aufgebracht und miteiner
lichtundurchlässigen Silberschicht bedampft. Mittels der Vielstrahlin-
terferenz nach Tolansky wird danach die Schnittdicke bestimmt. Man
erzielt dabei eine Genauigkeit von 1nm. Durch Ablösen der Sil-
berschicht mittels Salpetersäure können die Serienschnitte nach der
Schnittdickenbestimmung problemlos unter dem EM weiteruntersucht
werden.
Eine andere, sehr genaue Methode zur Bestimmung der Schnitt-
dickestelltdiesog. Zweistrahlinterferenzmethodedar,wie sievonCos-
selettundZelander1960vorgestelltwurde(siehe[Cos60 ]und[ZE60 ]).
Mitdieser Methode sindGenauigkeitenvon2 5nmerzielbar. Vorteil
dieser Methode ist es auÿerdem, daÿ sie direkt auf den Trägernetzen
ausführbar ist.
Weitere Methoden sind die Schrägbeschattung, bei der sich die
Schnittdicke aus der Schattenlängeder Schnittkanteergibt. Diese Me-
thode kann jedoch bei keilförmigauslaufenden Schnittkanten sehr un-
bestimmen, besteht darin, bei Stereobildern, die man durch das Kip-
pen des Präparats im EM erhält (30 Æ
),die Parallaxe zu bestimmen.
Diese von Williams und Kallmann vorgestellte Methode in [WK55]
liefert jedoch gerade für dünne Schnitte groÿe Ungenauigkeiten. Wei-
terer Nachteil ist, daÿ hier nur die Schnittdicke nach Bestrahlung des
Präparats meÿbarwird.
Die beliebteste undimLaboramhäugstenangewandteMethode 3
zur Bestimmung der Schnittdicke ist,diese Anhandder Interferenzfar-
ben, diesich beimBeobachten der Schnitte imWasserbad ergeben, zu
beurteilen. EinevonBachmannund Sitte(siehe[BS58]) durchgeführ-
te Untersuchung ergab folgende Wertetabelle (imVergleichzu Werten
von Peachey in[Pea58]) 4
:
Bachmann und Sitte Peachey (Werte innm)
grau 45 60
silber 45-80 60-90
gold 80-130 90-150
kupfer 130-160
purpur 150-190
violett 160-200
blau 200-230 190-240
grün 240-280
gelb 280-320
Diese Werte sind für senkrechten Lichteinfall bestimmt. Bei einer
Änderung des Einfallswinkelsum denWinkelund einemBrechungs-
index ndesObjektes,muÿderinTabelle1.2.2ermittelteWertD
measure
nach der Formel:
D
real
=D
measure r
1 sin
2
n 2
korrigiertwerden,umdietatsächlicheSchnittdickeD
real
zubestimmen.
1.2.3. Mögliche Fehlerquellen. Hauptfehlerquelle im vorge-
stellten Verfahren istder Schritt der Fixation. Bei diesemSchritt sind
esvorallem dieersten Arbeitsschritte, beidenendas Zellgewebemeist
noch relativ unstabil ist, wo Fixationsartefakte erzeugt werden kön-
nen. Die hier auftretenden Fehler und Schrumpfungsartefakte sind al-
lerdingsschwererfaÿbarundquantizierbar. Einenächsteund imHin-
blick auf eine 3DRekonstruktion wichtige Fehlerquelle entsteht beim
Ultradünnschneiden: Hierkönnen dieSchnitte stark verformt werden,
womit sichauch dieeingebettete Objektgeometrie ändert.
3
nichtdie genaueste,aberdiepraktikabelsteMethode
4
1.3. Der Digitalisierungsprozeÿ
Damit die Bilder im Computer weiterverarbeitet werden können,
müssen die Aufnahmen der Serienschnitte zuerst digitalisert werden.
Es gibt hierbeizwei mögliche Wege, diebeschritten werden können:
dieDigitalisierungperCCDKamera,dieamEMangebrachtist
die Digitalisierung der Negative oder Abzüge der EM-
Aufnahmen.
Beide Wege bieten verschiedene Vor-und Nachteile, welche imfolgen-
den diskutiert werden sollen. Zunächst muÿ jedoch eine Abschätzung
desauftretendenDatenaufkommensanhandderAuösungdesEMund
der Auösung der diskutierten Aufnahmemethoden gemacht werden.
Wiewir ausAbschnitt 1.1gelernthaben,istbeider Aufnahmevon
biologischen Objekten die Auösung durch die Objektdicke begrenzt.
Bei einer Schnittdicke vonca. 60nm erwartet man alsomaximal eine
Auösung vonca. 6nmin den Aufnahmen selbst (siehe [Lic79]). Bei
Berücksichtigung des Abtasttheorems der digitalen Bildverarbeitung,
dürfen die Bilder eine maximale Pixelgröÿe von 3nm aufweisen. Dies
ist ausreichend, um bei nicht spezisch gefärbten Gewebsproben die
Membranen sichtbar zu machen und aufzulösen.
Sind diese Randwerte einmal bestimmt, so hängt das auftretende
Datenaufkommen lediglich von der Gröÿe des Beobachtungsgebietes
ab. Esläÿt sichnach der einfachen Formel
m
mem
= o
x o
y
r 2
obj (1.3.1)
die Anzahl der aufgenommenen Pixel, oder auch das Speicheraufkom-
men in bytes bestimmen, wenn man pro Pixel eine Grauwerttiefe von
8 bit annimmt. o
x
und o
y
bezeichnen hierbei die Gröÿe des Beobach-
tungsfeldes, wobei r
obj
die isotrope Pixelauösung in Objektkoordina-
ten beschreiben soll.
Ob nun eines der oben angegebenen Aufnahmeverfahren für ein
bestimmtes Projekt geeignet erscheint, hängt im wesentlichen von der
Anzahl der aufzunehmendenBilderab. Diese hängtwiederumvonder
Rastergröÿe des elektronenmikroskopisch aufgenommenen Bildesab.
Bei der CCDKamera ist diese Gröÿe durch die Dichte der CCD
Elemente auf dem CCDChip bestimmt. So verfügen gröÿere CCD
Kameras übereinen CCDChip mitbiszu 20482048 Bildelementen.
Zusammen mit der einstellbaren Vergröÿerung des Mikroskops s
mag ,
ergibt sich eine Objektauösung imPräparatnach der Formel:
r
obj
= r
i
x i
y
m
cam s
1
mag
mitm
cam
=p
x p
y (1.3.2)
wobei p
x
und p
y
die Anzahl der Pixel in x bzw. yRichtung imBild
(also hier dem CCDChip) beschreiben. i
x
und i
y
bezeichnen dabei
die Abmessungen des Bildes. Die Gröÿe d
cam
= q
ixiy
p p
gibt somit
die Aufnahmegröÿe eines einzelnen CCDElementes wieder, isotrope
Abmessungen der CCDElemente vorausgesetzt.
Bei Aufnahmen auf Negativlm ist zunächst abzuschätzen, mit
welcher Dichte die Oberäche der Negative abgescannt werden kann.
Mit heutigen hochauösenden Flachbettscannern wie dem SCAI von
Zeiss 5
,können Pixelgröÿenvond
neg
=7merzieltwerden 6
. DieKör-
nung der eingesetzten, harten Negative in der EM ist jedoch so fein,
daÿ siemitdieser Pixelgröÿe nichtaufgelöst werden kann.
Um beide Aufnahmemethoden direkt miteinander vergleichen zu
können,nehmen wiran, daÿ dieAufnahmeareale diegleiche Grundä-
che einnehmen. Daraus ergibt sich, daÿ sich das Verhältnisder Pixel-
gröÿen von Kameraund Negativindirekt proportionalzum Verhältnis
der Anzahl der Pixel verhalten, also gilt d
cam
=d
neg / p
neg
=p
cam . Bei
einer Aufnahmegröÿe des Negativs von 7cm und einer Pixelscanä-
che d
neg
= 7m, beträgt die Anzahl der Pixel für einen Negativlm
p
neg
= 10000, während auch ein sehr groÿer CCDChip nur ungefähr
p
cam
=2048 Pixelaufzubieten hat. Diesbedeutet, daÿ diePixelgröÿen
eines CCDElementes unddieeinesgescannten PixelsaufeinemNega-
tivmindestensumeinenFaktor5auseinanderliegen,waszurFolgehat,
daÿ die zu wählende Vergröÿerung bei gleichbleibender Auösung im
Präparatebenfallsum diesenFaktorerhöhtwerdenmuÿ. Dieshateine
erhöhte Strahlendosis, deren das Präparat ausgesetzt wird, zur Folge,
wasleichter zu einer Beschädigung desselben führen kann.
Betrachten wir dieAnzahl deraufzunehmenden Bilder,diebeivor-
gegebenerAuösung imPräparatmitbeidenTechniken aufgenommen
werden müÿten, wird der Unterschied noch dramatischer. So geht bei
der in Formel 1.3.1 angegebenen Anzahl der Pixelelemente m
mem die
Pixelauösung r
obj
, und somit indirekt auch die Pixelgröÿe d
cam oder
d
neg
(sieheFormel1.3.2)quadratischein. EineumdenFaktor5schlech-
tere Pixelauösung bedeutet nun gleich,daÿ ungefähr 5 2
=25 mal so
viele Aufnahmen zu machen sind, damit das gleiche Objektareal mit
vorgegebener Aufnahmegenauigkeitaufgenommen werden kann.
IstdaszuuntersuchendeObjektalsohinreichendklein,kommtman
selbst bei der Aufnahmemethode mit CCDKamera bei der geforder-
tenAbtastgenauigkeitimPräparatmiteinerAufnahmeproEbeneaus.
Dann ist das Auösungsverhältnis vernachlässigbar. Umfaÿt das Be-
obachtungsfeld jedoch wie bei der Studie der Calyx von Held
ca.3030m 2
,sohabenwiresmiteinerDatenmengenvonca.100Mb
pro Schnitt zu tun. Dies bedeutet, daÿ wir beioptimalwählbarerVer-
gröÿerung von 2000 für das Scannen der Negative mit einer Aufnah-
me pro Schnitt auskommen würden, während man bei der Aufnahme
5
Scanner,derinderAbteilungBiophysikdesMPI'sfürmedizinischeForschung
in Heidelberg zu nden ist, und mit welchem die vorgestellten Daten gescannt
wurden.
6
mit CCDKamera auf ca. 25 Bilder pro Schnitt kommt. Diese müs-
sen anschlieÿend noch mühsam zu einem groÿen Gesamtbild der Ebe-
ne zusammengefügt (gepatcht)werden; einnicht zuvernachlässigender
Mehraufwand in der Weiterverarbeitung(siehe Abschnitt 2).
Weiterhin wird klar, daÿ man bei der Durchführung eines Projek-
tesdieserGröÿenordnungnachgeeignetenKompressionsverfahrenAus-
schau haltenmuÿ, um dieentstehenden Datenmengen gut verarbeiten
zu können. Auf diese Verfahren sollim folgendenUnterabschnitt kurz
eingegangen werden.
1.3.1. Bildkompression und Filterung. In der digitalen Bild-
verarbeitung kann man die bekannten Kompressionsverfahren grob in
zwei Klassen einteilen:
dieverlustfreien Kompressionsverfahren (z.B.GIF, TIFF)
die verlustbehafteten Kompressionsverfahren (z.B. JPEG, Wa-
velet)
Die in Klammern angegeben Formate sind die bekanntesten, die die-
sen Verfahren zuordenbar sind. Da die Bilddaten, wie sie beim Scan-
ner oder auch von der CCDKamera aufgenommen werden, ein recht
hohes weiÿes Rauschen aufweisen, greifen die verlustfreien Kompressi-
onsverfahren wie GIF oder TIFF bei den nicht vorgelterten Bildern
z.T. überhaupt nicht. In Extremfällen ist die komprimierte Bildda-
tei gröÿeralsdieunkomprimiertabgespeicherteOriginaldatei(z.B. im
PPMFormat).
SomitistbeiderleiBildmaterialeinFilterschritt,derder Kompres-
sion vorgeschalten wird, zwingend erforderlich. Die Anwendung eines
33 Medianlters kann bei dieser Form des Rauschens gute Dienste
leisten, ohne daÿ die Bilder zu au wirken, wie dies beim Gauÿlter
beigröÿerenMasken sehr schnellder Fallist. Manerzieltmitanschlie-
ÿenderGIFKompression,welchespeziellfürGrauwertbilderoptimiert
wurde, eine maximale Kompressionsrate von einem Faktor 0:35 7
. Die
Kompressionsrate wird hierbei als Quotient des Speicheraufkommens
des BildesmitKompression und dem Originalbilddeniert:
k
comp
= m
comp
m
org : (1.3.3)
Da indiesemFallden verlustfreienKompressionsverfahreneinver-
lustbehafteterFilterschrittvorausgeht,solltemanebenfallseinenBlick
auf dieverlustbehafteten Kompressionsverfahren werfen. Das momen-
tan gängigsteVerfahrenisthierdas JPEGVerfahren,wobeisichneue-
re Verfahren, wie die WaveletKompression, die im neuen Standard
JPEG2000 Einzughalten sollen,langsam abersicher etablieren. Diese
neuartigenVerfahrenliefernvorallemfürsehrhoheKompressionsraten
7
dies sindErfahrungswerte,die beiderAuswertung des bestehenden Bildma-
erstaunlichgute Ergebnisse und sinddaher vorallemzur Bildarchivie-
rung gröÿerer Datenmengen geeignet (siehe die Artikel [BBJ99] und
[BBSS99] für weitere Informationen).
BeimJPEGVerfahrenwirddas Bildin8x8groÿe Subbilderunter-
gliedert. In diesen Subbildern werden dann Aufgrund der Frequenz-
information und der gewünschten Kompressionsrate feine Strukturen,
d.h. hohe Frequenzanteile gemindert oder unterdrückt. Daher ist ei-
ne Rausch- und Bandpaÿlterung in das JPEGVerfahren schon inte-
griert, was dieses Verfahren in Kombination mit der oben erwähnten
Tatsache,daÿdieseBildereinhohesPeakrauschenaufweisen,fürdiesen
Anwendungszweck sehr interessant gemachthat.
Im folgenden soll in Kürze das konventionelle JPEGVerfahren 8
vorgestellt und die erzielbaren Kompressionsraten im Vergleich zur
Bildqualität gezeigt werden. Diese Kompressionsraten stellen wir nur
zurIllustrationdenmediangeltertenBildernundabschlieÿenderKom-
pression miteinem verlustfreien Verfahrengegenüber.
Um die Qualität des komprimierten Bildes im Vergleich zum Ori-
ginalbild betrachten und darüber nicht nur subjektiv 9
, sondern auch
durchnumerische Werte belegbare objektive Aussagenmachenzu kön-
nen, muÿesgelingen,einen MaÿstabfürdieBildqualitätzudenieren.
Die Tauglichkeit eines solchen Maÿstabes hängt natürlich hauptsäch-
lichvomAnwendungsschwerpunkt ab, woraufbei der Auswertung der
Qualität des Alignmentsspäter nocheinmal eingegangenwerden soll.
In dieser Abhandlung sollen zwei zueinander verwandte, einfache
und pixelorientierteQualitätsmaÿeeingeführt werden. Bezeichnen wir
f(x) als Ausgangsbild oder Originalbild und e
f(x) als komprimier-
tes oder modiziertes Bild. So denieren wir die Dierenzfunktion
g(x) :=
f(x) e
f(x)
, die den Abstand zwischen den beiden zu
vergleichendenBildernbeschreibt. Soformendiefolgendenbeidensta-
tistischen Gröÿen ein mögliches Qualitätsmaÿ, für die Bewertung der
Ähnlichkeit von Bildern:
MDS := g(x) (1.3.4)
PSNR := 10log F
2
peak
g(x) 2
mitF
peak
:=max(f(x)) (1.3.5)
MDS gibt hierbei den Mittelwert der Dierenzfunktion an(Mean Dif-
ference Signal), während die PSNR das Verhältnis vom Peaksignal
vonOriginalbildzurStandardabweichung der Dierenzfunktionangibt
8
bekanntauchdurchdasWorldWideWeb(kurzWWW)
9
eine der immer noch vor allem für den Bildauswerter zuverlässigsten
(Peak Signal to Noise Ratio) 10
. Ein niedriger MDS (hoher PSNR)
Wert bedeutet eine groÿe Übereinstimmung zwischen den untersuch-
ten Bildern, wobei MDS ! 0 und PSNR ! 1 im Grenzfall kon-
vergiert. Bei schlechter Übereinstimmung konvergiert MDS ! 2 8
,
während PSNR ! 0 konvergiert 11
. Auf diese Werte werden wir noch
im Kapitel4 zurückkommen.
Um etwas Gefühl für die absoluten Werte für MDS und PSNR zu
bekommen, haben wir eine Studie durchgeführt, bei der Bilder vom
gleichen Präparat aber von völlig unterschiedlichen Regionen des Ge-
webes aufgenommen und miteinander verglichen wurden. Dies soll in
unseren Versuchen einen Richtwert für die Ähnlichkeit des Bildmate-
rials im generellen geben; oder anders ausgedrückt: eine Richtgröÿe
für die schlecht möglichste Übereinstimmung zweier Bilder. Bei dieser
Studie haben wir die folgendenWerte ermittelt:
MDS
high
= 45:066:67 (1.3.6)
PSNR
low
= 16:131:47 (1.3.7)
Wie wir denDiagrammeninAbbildung(1.3.1)und (1.3.2)entneh-
men können, verhalten sich MDS und PSNR monoton mit dem Qua-
litätsparameter (auch Quality), dem freien Parameter bei der JPEG
Kompression. DerabsoluteWertdes QualitätsparametersistvonSoft-
warezu Software verschieden. DerqualitativeVerlaufdes untenaufge-
zeigtenVerhaltensbleibt jedochbestehen. Beider vorliegendenArbeit
wurde auf die Bildkonvertierungssoftware Image Alchemy von Hand-
madeSoftwareInc. zurückgegrien 12
,mitdernatürlichauchdieseStu-
die durchgeführt wurde. In Abbildung (1.3.2) ist schön zu erkennen,
daÿ die Bildqualität mit der Kompressionsrate ein lineares Verhalten
aufweist.
Erstaunlich ist vor allem die Tatsache, daÿ schon ein mit einer
3x3 Maske mediangeltertes Grauwertbild mit anschlieÿender GIF
Kompressionnichtnurinder Kompressionsrate deutlichschlechter ist,
als die inder vorliegenden Arbeitverwendete JPEGKompression bei
einem Qualitätsparametervon 40 und einer Kompressionsrate von im
Schnitt 0:2, sondern daÿ dieser für Peakrauschen gemeinhin als gut
geeignet geltende Medianlter schon deutlich schlechtere MDS und
PSNRWerte(4:350:87bzw.34:011:50)liefertalsdievergleichbare
JPEGKompression(3:480:54bzw.38:050:96). DiesenUnterschied
10
Die PSNR wurde bei dem imArtikel[BBSS99] ausgeschriebenen Wettbe-
werbfür verlustbehafteteKompressionsalgorithmenalsobjektivesBewertungskri-
terium gewählt.
11
2 8
bei8bitTiefenGrauwertbildern
12
Mit diesem resourcenschonenden und sehr ezient programmierten, kom-
mandozeilenorientierten Softwaretool, konnten in der vorliegenden Arbeit etliche
hundertevonGbüberNachtkonvertiertworden,waseinenichtzuunterschätzende
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0
5 10 15 20 25 30 35 40 45
MDS PSNR
Quality
Abbildung 1.3.1. Diese Abbildungzeigt dieabsoluten
Werte fürMDS undPSNR füreine Reihevonausgewer-
tetenBildern,diezu diskretenSchrittendesQualitätspa-
rameters derBildkonvertierungssoftware Image Alchemy
von Handmade Software Inc. ausgewertet wurden. Das
Verhalten sollte bei Verwendung von anderer Software
(wie z.B. xv oder gimp) qualitativ die gleiche Aussage
liefern, auch wenn die absoluten Werte für den Quali-
tätsparameter unterschiedlich sein werden.
kann man selbst anhand der Gegenüberstellung in Abbildung (1.3.3)
visuell nachvollziehen.
1.3.2. Mögliche Fehlerquellen. Die in diesem Abschnitt be-
sprochenenDigitalisierungsverfahrenlieferneinePräzision,dieweithö-
her ist, alsdie der vorangegangenen Schritte. Das bedeutet auch, daÿ
die Genauigkeitder hier vorgestellten Geräte und Methoden das End-
ergebnis der Rekonstruktion nahezu unbeeinträchtigtlassenunddaher
vernachlässigt werden können. Evtl. auftretende Ungenauigkeiten in
der Grauwertwiedergabeder Geräte sind dabeifür dieRekonstruktion
von elektronenmikroskopischen Serienschnitten, wie wir sie untersucht
haben, nichtvon Bedeutung.
1.4. Lösungsansätze zur Behebung der Fehler
Bevor wir nur zur Diskussion der möglichen Fehler einer Rekon-
struktion von biologischen Objekten aus seriellenelektronenmikrosko-
pischen Schnitten kommen,istes notwendig kurz auf diebisher inder
Literatur vorgestellten Verfahren und deren Anwendungsgebiete ein-
0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4 0,45 0
5 10 15 20 25 30 35 40 45
MDS PSNR
Kompressionsrate
Abbildung 1.3.2. In dieser Abbildung ist die gleiche
Meÿreihe wie in Abbildung (1.3.1) verwendet worden.
Als Abszisse wurde hier jedoch die erzielte Kompressi-
onsrate aufgetragen (siehe 1.3.3).
Arbeitangestrebten RekonstruktionvonNervenzellen (hierimspeziel-
len dieCalyx von Held) Anwendung nden könnten.
1.4.1. Ein historischer Überblick. Schon bald, nach dem man
dieEMfürbiologischeFragestellungenentdeckthat, unddiedazunot-
wendigen Präparations- und Schneidetechniken verfeinert hatte, hat
man sich für die 3D Morphologie von Zellen im allgemeinen interes-
siert. So entstanden schon 1958 durch Sjöstrand und später durch
Berger (siehe [Sjö58 ] und[Ber73])graphische Darstellungen oder gar
ModellnachbildungenderbeobachtetenZellenausBalsaholzoderähnli-
chenMaterialien. HierbeiwurdendieeinzelnenQuerschnittederZellen
maÿstabsgetreu aufgezeichnet, ausgesägt und durch Übereinandersta-
peln und Kleben der einzelnen Schichten 3D Modelle gefertigt. Das
Übereinanderlegen(dassog. Alignment) der Schnitte erfolgtedemnach
noch per Augenmaÿ anhand der extrahierten Objektkonturen (einen
schönenÜberblick liefert das Buch [GG78] von Gaunt &Gaunt).
Erst langsam hielten in den 80er Jahren die Computerprogramme
im Bereich der 3DRekonstruktion von Serienschnitten Einzug. Sie
warenz.T.abernochdurchdieeingeschränktenSpeicher-undRechen-
kapazitätenaufkleinereRekonstruktionenbegrenzt([PG82],[YF87 ]).
Erst Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre gab es erste Ansätze,
mit computergestützten Programmen nicht nur dreidimensionale Ab-
Abbildung 1.3.3. Dasjeweilsobere BildstelltdasOri-
ginalbild dar. In der Mitte ist das mit einem 3x3 Me-
dianltergelterte Bildabgebildet,währendinderunte-
renBildreihedasjeweilsJPEGkomprimierteBilddarge-
stellt wird. DasJPEGBildkommtvisuelldemOriginal
mitseinenverrauschtenStrukturennäher. Inderrechten
SpalteisteinGewebeausschnittinhöhererVergröÿerung
dargestellt.
DatenanhandderdigitalisiertenKonturenderZellenzuerheben(Über-
blick in [Rus90]). Sowerden vonMoss in[Mos92 ] erste Ansätze von
computergestütztem und automatisiertem Alignment vorgestellt, mit
Schnittbilder zueinander korrigiert werden. Allerdingswird hier schon
auf die Schwierigkeit hingewiesen, diese Schritte des Alignments und
der Rekonstruktion auf komplizierte Strukturen anzuwenden. Moss
erwähntauch,daÿ dasAlignmentperAugenmaÿ meist einzufrieden-
stellendes Ergebnisliefert. Weiterhinwird daraufhingewiesen,daÿ die
Verformungender Schnitte, diedurch das Dünnstschneiden entstehen,
zu gröÿeren Störungen der Rekonstruktion führen können.
Um diese Fehler zu kompensieren, wird in [ML92 ] vorgeschlagen,
gröÿere Schnittdicken beim Untersuchen des Zellmaterials zu verwen-
den. Dieser Verlust von Auösung soll dann durch die Verwendung
vongekipptenAufnahmen durch dieVerwendung stereoskopischer Be-
trachtungsmethoden beim Digitalisierungsprozeÿ, d.h. beim Erfassen
der Konturen, berücksichtigtwerden.
In [BG92b ] wird ein Verfahren vorgeschlagen, bei dem es gelingt,
LandmarkenderartimPräparatzuplazieren,daÿ diesefürdieKorrek-
tur der Alignmentparameter,dieindiesem FallauchdieVerzerrungen
und Stauchungen beinhalten, herangezogen werden können. Gearbei-
tetwirdbeidieserMethodeinzweiverschiedenenVergröÿerungsstufen:
FürdiekleinereVergröÿerung,durchdiedieVisibilitätderLandmarken
gewährleistet ist,wird einUV-Laser benutzt, der inden polymerisier-
ten Block vor dem Schneiden Löcher der Gröÿe 2m brennt. In der
zweiten, höheren Auösungsstufe wird das STEM dazu benutzt, klei-
nere Landmarken in dem nun begrenzteren Gesichtsfeld zu plazieren,
deren Lokalisation in Bezug auf die laserinduzierten Löcher bestimmt
werdenkann.
Diese Art der Methode erlaubt ein sehr genaues und zuverlässi-
ges Alignment. Sie bringt jedoch den ganz groÿen Nachteil mit sich,
daÿ man schon vor der Aufnahme wissen muÿ, wo sich das Objekt
der Begierde im Zellblock bendet. Eine Zerstörung desselben durch
den Laserstrahl würde zurunweigerlichen Neudurchführungdes Expe-
rimentes führen. Leider können durch die begrenzten Gesichtsfelder
bei den verschiedenen Vergröÿerungen die Landmarken nicht beliebig
weit auÿen plaziert werden, da zumindest auf der Vergröÿerungsstufe
eines Schnittes alleLandmarken zu erkennen sein müssen.
1.4.2. Fehlerkorrekturen im vorgestellten Rekonstrukti-
onsprozeÿ. DadiebisdatovorgestelltenMethodenentwederdurchei-
ne maximaleBildgröÿedererfaÿbarenDatenmengeeingeschränktsind,
die Stauchungen von EM-Schnitten unberücksichtigt lassen, oder ver-
suchen, diese durch aufwendige Methoden zu bestimmen, sollmit CAR
ein Programm geschaen werden, welches die Datengewinnung unter
einer einheitlichen Benutzeroberäche ermöglicht und die Korrektur
möglichst vieler potentieller Fehlerquellen erlaubt,sei es manuelloder
semiautomatisch. EbenfallssollindasProgrammeinRekonstruktions-
algorithmusintegriertsein, der eine Oberächendarstellung des unter-
folgendensolllediglichnochmalskurzaufgelistetwerden,welche mögli-
chen Fehlerquellen imRekonstruktionsprozeÿ Berücksichtigung nden
und welche unberücksichtigt bleiben.
Wie wir imAbschnitt 1.1gesehen haben, weist alsodas EM leich-
te Vergröÿerungsschwankungen beider Aufnahme auf. Schwerer wiegt
jedoch dieTatsache, daÿ sich das biologische Präparat unter dem EM
erhitzen kann, wodurch ebenfalls ein scheinbarer Vergröÿerungseekt
eingeführt wird. Dieser Art von Fehler kann durch Einführung eines
VergröÿerungsfaktorsS
mag
indasRekonstruktionsmodellRechnungge-
tragen werden.
Der bei der Präparation auftretende Fehler, der alsSchrumpfungs-
artefakt bezeichnet wird, kann ebenfalls durch die Einführung eines
globalenVergröÿerungsfaktorsS
shrink
berücksichtigtwerden. Allerdings
istdieBestimmung dieserGröÿebishernochnichtgelungenund hängt
starkvonExperiment zuExperiment,alsovonZellmaterialzu Zellma-
terial und Einbettungzu Einbettung ab. Dieser Fehler wird daherbei
der imKapitel4 vorgestellten Auswertung nicht berücksichtigt.
Der beimDünnstschneiden auftretende Fehler der Verformung der
Schnitte (siehe Abschnitt 1.4.1) kann in begrenztem Maÿe im Modell
berücksichtigt werden, indem wir beim Übergang von einem Schnitt
zum nächsten eine allgemeine lineare Transformation, eine sog. allge-
meine Skalierung (Non-uniform Scale) S
nuscale
einführen (siehe auch
[BG92b]). Dieser Ansatz erlaubt es, zwei Bilder derart aufeinander
anzupassen, daÿ lineare Veränderungen zwischen den beiden Bildern
(Vergröÿerung,Verzerrung) berücksichtigt werden können.
Sollten starke Nichtlinearitäten auftreten, bei denen die Approxi-
mation nullter Ordnung nichtausreichen sollte, müÿtendie Ebenen in
Unterregionenunterteiltwerden, aufdenendiesenunstückweise linea-
ren und stetigenTransformationenangewendet werden. DieserAnsatz
bleibt jedochin dieser Arbeitunberücksichtigt.
WiesichbeiderAuswertungimKapitel4zeigenwird,istderlineare
Ansatz zur Bestimmung der globalen morphologischen Parameter der
CalyxvonHeld notwendig,aberauchvollaufausreichend. Möchteman
jedoch in kleinen Regionen des synaptischen Spaltes Simulationsrech-
nungendurchführen,müÿtezuerstgeprüftwerden,obmandielinearen
Transformationen optimieren kann, oder ob man lokal lineare Trans-
formationeneinführen muÿ.
Eine genaue Implementation dieser Korrekturterme und die pro-
grammtechnische undmathematischeUmsetzung werdenimfolgenden
Kapitel ausführlich erläutert und aufgelistet.
Computer Aided Reconstruction mit CAR
Nachdem wir im Kapitel 1 die der Rekonstruktion vorangehenden
Schritte kennengelernt und die dabei auftretenden Fehler diskutiert
haben, soll in diesem Kapitel anhand des im Rahmen dieser Arbeit
entwickelten SoftwarepakteszurRekonstruktionseriellerSchnitte(CAR
- Contour AlignmentReconstruction) dieVorgehensweise zurErfassung
derParameter,diefüreineerfolgreiche3DRekonstruktionerforderlich
sind, illustriert werden (füreinen Überblick siehe Abbildung(2.0.1)).
ZielisteshierbeieinProgrammzu entwickeln, daÿ keinen Gröÿen-
restriktionen 1
unterliegt und die Datenerfassung der zur Rekonstruk-
tion notwendigen Korrekturen und Transformationen unter einer ein-
heitlichen und leicht bedienbaren Oberäche ermöglicht. Diese Daten,
sowie die digitalisierten Konturdaten sollen leicht manipulier- und in
einer zentralen Datei abspeicherbar sein. Diese Datei sollte in einem
plattformübergreifenden und austauschbaren Format geschrieben wer-
den. Auch die berechneten Geometrien und Objektdarstellungen sol-
len plattformübergreifend austauschbar und somit auf verschiedenen
Systemen darstellbar und weiterverwertbar sein.
Als ersteswollenwir denRekonstruktionsprozeÿ,wie erinCARrea-
lisiert wurde, schematisch vorstellen, bevor wir in den nächsten Ab-
schnitten auf die Funktionen und Parameter im einzelnen eingehen
werden. Der Rekonstruktionsprozeÿ selbst wird dann im Kapitel 3
vorgestelltwerden.
Abbildung(2.0.1)zeigtdenprinzipiellenAufbauvonCAR.DerAuf-
bau von CAR gibt auch gleichzeitig die einzelnen Arbeitsschritte beim
Rekonstruktionsprozeÿ vor:
1. Im ersten Arbeitsschritt wird das Projekt festgelegt. In diesem
werdendiewichtigstenParameter,wiedieVergröÿerungoderdie
mittlereSchnittdicke eingestellt.
2. Im nächsten Arbeitsschritt, werden dieeinzelnen Schnittebenen
erzeugt. Auÿerdem ist es möglich, in diesem Schritt das Ali-
gnmentohne Stauchungen durchzuführen.
3. Sollte man durch die gewählte Vergröÿerung bedingt mehrere
Aufnahmenpro Schnittdurchführenmüssen,sokönnendieseim
1
auÿerdiederFestplattenunddesHauptspeichers
CAR AR CAR CAR AR CAR AR CAR CAR CAR
Alignment Modul Projekt Modul
Pattern Modul Contouring Modul
Rekonstruktions Modul
Squeezing Modul 1
2
3
4 5
6
Abbildung 2.0.1. Der modulare Aufbau von CAR im
Überblick: Die einzelnen Module arbeiten unabhängig
voneinander,werdenaberimLaufedesRekonstruktions-
prozesses inPfeilrichtung abgearbeitet (1-6).
sog. Pattern-Modus eingefügt werden. Hierbeiwird berücksich-
tigt, daÿ die scheinbare Vergröÿerung des Mikroskops zwischen
den Aufnahmenvariieren kann.
4. Indiesem Schritt können nun auchdie Stauchungen, die vor al-
lembeimDünnstschneiden auftreten, korrigiert werden (Squee-
zing).
5. ImContour-ModuskönnendieKonturdatenmanuellerfaÿt wer-
den. Bei nichtspezisch gefärbtemZellmaterialistnurbegrenzt
aneine semiautomatische Datenerfassung denkbar.
6. Im letzten Arbeitsschritt wird aus den gewonnenen, planaren
Konturdaten ein virtuelles Modell des Objektes erzeugt. Auf
diesenPunkt wird ausführlich imKapitel3 eingegangen.
In den folgenden Abschnitten sollen die einzelnen Arbeitsschritte und
die jeweils steuerbaren und bestimmbaren Parameter dargestellt wer-
den. So wird anhandeiner baumartigenDarstellung 2
, der Aufbau des
jeweiligen Parameterfeldes schematisch dargestellt. Die einzelnen Pa-
rameterknotenstellen i.a.lineareTransformationendar, dieje nach
Arbeitsschritt zur Korrektur eines bestimmten Fehlers, der im vo-
rigen Kapiteldiskutiert wurde (siehe Seite 19), dient. Diese linearen
Transformationen wollen wir, wie in der Computergraphik üblich, in
sog. homogenisierten Koordinaten darstellen 3
.
2
wieimAnhangin KaptielAnähererläutertwird
3
Top
P 1 P
2 P
n
S p Ebenen Objekte
... ....
... ... ... .... ....
... ...
...
Abbildung 2.1.1. Unterhalbdes Top-Knotens,können
mehrere Projekte P
1 bisP
n
verwaltet werden. Für jedes
einzelne ProjektwerdeninS
p
dieProjektparameter,wie
Vergröÿerungund zSchnittdicke abgelegt.
Wir betrachten hierzu speziell die linearen Transformationen der
Rotationinder Ebene, der Skalierungundder Translation. Diesewer-
den imweiteren wie folgtabgekürzt:
R :=
8
>
>
<
>
>
:
cos sin 0 0
sin cos 0 0
0 0 1 0
0 0 0 1
9
>
>
=
>
>
; (2.0.1)
S :=
8
>
>
<
>
>
: s
x
0 0 0
0 s
y 0 0
0 0 1 0
0 0 0 1
9
>
>
=
>
>
; (2.0.2)
T :=
8
>
>
<
>
>
:
1 0 0 t
x
0 1 0 t
y
0 0 1 t
z
0 0 0 1 9
>
>
=
>
>
; (2.0.3)
2.1. Das Projekt
Im Hauptmodus des Programms, dem sog. Projekt-Modus, werden
die für einProjekt wichtigen Parameter eingestellt und in der Daten-
struktur abgelegt, wie es in Abbildung (2.1.1) angegeben ist. Eine
Erläuterung der einzelnen Knotensymbolendet der Leser in Anhang
A. Die Parameter sind imeinzelnen:
1. DerProjektname
2. DerProjektpfad
3. DieVergröÿerung
4. DiezSchnittdicke