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Witze sind auch ein ernstes Geschäft Witze sind auch ein ernstes Geschäft Witze sind auch ein ernstes Geschäft Witze sind auch ein ernstes Geschäft

Susanne Kurz Susanne KurzSusanne Kurz Susanne Kurz

Abstract Abstract Abstract Abstract

Der Aufsatz stellt anhand des Beispiels Homophilie Schwierigkeiten und Reichweite einer kul- turhistorischen Auswertung1 von Witzen und humoristischen Anekdoten in hochgradig „unori- ginellen“ überwiegend persischsprachigen Sammlungen vor. Mit „unoriginell“ ist hier zunächst die Herkunft der meistenteils aus älteren arabischen Werken übernommenen Einzeltexte ange- sprochen. Im Laufe der Argumentation soll jedoch deutlich werden, weshalb die solcherart „un- originellen“ Sammlungen doch wieder ausgesprochen „originell“ sind. Dabei steht außer Frage, daß Adab-Werke grundsätzlich wertvolle Quellen für bislang wenig beleuchtete Bereiche der Kulturgeschichte sein können. Schwierig wird erst die Aussagekraft von Informationen, wie sie die oben beschriebenen „unoriginellen“ Sammlungen enthalten, für ihr Umfeld zu ihrer Entste- hungszeit. Im Fokus stehen zwei Sammlungen aus dem 14. und 16. Jahrhundert: ÝObeyd-e ZÁkÁnÐs ResÁle-ye delgošÁ und FaÌr od-DÐn ÝAlÐ-ye ÑafÐs LaÔÁÞef oÔ-ÔavÁÞef. Der Akzent des Beitrags liegt auf dem Vergleich beider Sammlungen.

„Verachtet das Scherzen (hazl) nicht und betrachtet die Scherzenden (hazliyÁn) nicht mit Geringschätzung!“ sagt ÝObeyd-e ZÁkÁnÐ im „Ratschlag“ 99 seiner Ñad Pand.2 Unter diesem Motto, das der Verfasser eines der im folgenden vorzustellenden Werke geprägt hat, sollen zwei überwiegend persische Sammlungen humoristischer Kurzprosa, das heißt, von Witzen und humoristischen Anekdoten, näher in Augenschein genommen werden. Im folgenden werden einige Textbeispiele angeführt und kommentiert, die zur Demonstration des dargelegten Gedankenganges geeignet erscheinen. Trotz ihres humo- ristischen Charakters läßt sich allerdings nicht dafür garantieren, daß der geneigte Leser die Beispieltexte zum Lachen finden wird. Doch eine Diskussion des Humorbegriffes würde hier zu weit führen…3

1 Analog zu einem weit gefaßten Kulturbegriff, wie ich ihn in Anlehnung an NünningNünningNünningNünning, S. 6, vertrete, der also alle von Menschen erzeugten Vorstellungen, Empfindungsweisen, Denkformen, Werte und Bedeutungen sowie materiale Ausdrucksformen umfaßt, verstehe ich unter Kulturgeschichte ein entsprechend breit angelegtes Arbeitsfeld, wie es sich bei DanielDanielDanielDaniel skizziert findet.

2 ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub), S. 324.

3 Der Humorbegriff wird jedoch, ebenso wie zahlreiche weitere Aspekte des Themas, diskutiert in der voraussichtlich im September 2009 im Verlag für Orientkunde erscheinenden Monographie

„Verachtet das Scherzen nicht und betrachtet die Scherzenden nicht mit Geringschätzung!“: Die kulturhistorische Aussagekraft von Sammlungen humoristischer Kurzprosa in persischer Sprache.

Der vorliegende Aufsatz ist eine verkürzte und zugespitzte Version eines Analysekapitels der ge- nannten Arbeit, angereichert um einige Daten und Informationen aus der Einleitung und der aus- führlichen Besprechung der Quellen.

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1. Persische Sammlungen humoristischer Kurzprosa und „Originalität“

1. Persische Sammlungen humoristischer Kurzprosa und „Originalität“

1. Persische Sammlungen humoristischer Kurzprosa und „Originalität“

1. Persische Sammlungen humoristischer Kurzprosa und „Originalität“

Das Grundproblem, von dem ich ausgehen möchte, besteht im „reproduktiven“ Charak- ter der Sammlungen. Ulrich Marzolph hat bereits vor Jahren festgehalten, daß es in der Rezeption arabischer humoristischer Kurzprosa ins Persische eine schöpferische und ei- ne „reproduktive“ Phase gab.4 Die erste reicht bis ins 13. Jh. und ist gekennzeichnet von konstruktivem Umgang mit den aufgenommenen Stoffen, die vor allem in der mysti- schen Dichtung neu interpretiert wurden. In der zweiten im 13. und 14. Jh. einsetzenden Rezeptionsphase wurden die humoristischen Stoffe dagegen „reproduktiv“ aus früheren Werken entnommen und ohne Interpretation und Kommentierung in Prosa kompiliert.

Dieser zweiten Phase gehören die hier interessierenden Sammlungen an; sie sind also nach modernen Maßstäben „unoriginell“.5 Obwohl der Begriff der „Originalität“ mei- nem Eindruck nach mittlerweile nicht mehr unreflektiert auf vormoderne literarische Erzeugnisse in arabischer und persischer Sprache angewendet wird, ist er wohl nicht ganz aus dem modernen Forscher-Bewußtsein zu entfernen. Deshalb findet man nun

„Originalität“ einer „anderen Ordnung“ auf, wo früher „Kopie“ und „Epigonentum“ ge- sehen wurden. Zugleich drängt sich die Frage nach solcher „andersartigen Originalität“

bei der Betrachtung von Sammlungen humoristischer Kurzprosa schon deshalb auf, weil man sich angesichts der immer wieder anzutreffenden kulturhistorischen Beschäftigung mit Adab-Literatur6 die Frage stellt: Was können wir mit diesen Sammlungen über die Literaturgeschichte hinaus überhaupt anfangen? – Einen ersten Schritt wollen wir heute auf die Beantwortung dieser Frage zugehen, und zwar im Ausgang von einigen Überle- gungen zu Eigenarten und Profilen zweier bekannter Sammlungen.

2. Kurzvorstellung der Sammlungen 2. Kurzvorstellung der Sammlungen 2. Kurzvorstellung der Sammlungen 2. Kurzvorstellung der Sammlungen

Die chronologisch erste hier zu nennende Sammlung stammt von NeÛÁm od-DÐn ÝObeydollÁh-e ZÁkÁnÐ mit dem Dichternamen ÝObeyd-e ZÁkÁnÐ, der aus einer Familie

4 Marzolph 1992Marzolph 1992Marzolph 1992Marzolph 1992, Bd.1, S. 101; Marzolph 1987Marzolph 1987Marzolph 1987Marzolph 1987, S. 189 (Ausführungen zur Periodisierung der arabi- schen humoristischen Kurzprosa).

5 Im europäischen Zusammenhang versteht man unter „Originalität“ die Fähigkeit, „Originale“ zu erzeugen, also das „ursprünglich und selbständig Schöpferische, in einmaligem Schaffensprozeß Hervorgebrachte ... im Ggs. zur epigonenhaften Kopie oder Nachbildung“ (WilpertWilpertWilpertWilpert, S. 570, s.v.

„Original“).

6 S. z.B. die allgemeinen Überlegungen bei RosenthalRosenthalRosenthalRosenthal, S. 10, und GoiteinGoiteinGoiteinGoitein, S. 44, sowie die Verwen- dung von Adab-Literatur in Walther und den verschiedenen Beiträgen zum Sammelband von MMMMa-a-a-a- nuela Marín und Randi Deguilhem

nuela Marín und Randi Deguilhem nuela Marín und Randi Deguilhem

nuela Marín und Randi Deguilhem. Vgl. außerdem die Untersuchungen von Abduljabbar BegAbduljabbar BegAbduljabbar BegAbduljabbar Beg, Beaumont

Beaumont Beaumont

Beaumont und TillierTillierTillierTillier.

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auch mit gelehrten und literarisch höher gebildeten Lesern gerechnet und das Werk da- her auf einem mittleren Niveau mit Abweichungen nach oben abgefaßt.

3. Das Beispiel Homophilie 3. Das Beispiel Homophilie 3. Das Beispiel Homophilie 3. Das Beispiel Homophilie

Um vorzuführen, wie sich diese beiden Sammlungen voneinander unterscheiden und worin wesentliche Charakteristika ihres jeweiligen Profils bestehen, werden nun Texte zu einem Thema präsentiert, an dem sich das besonders gut zeigen läßt: zum Thema Homophilie. Dieses „Thema“ ist zum Zwecke der Bearbeitung als Oberbegriff gebildet worden, ist also keine Kategorie der Verfasser. Es ermöglicht jedoch die Wahrnehmung von Differenzen in den Sammlungen.

Markant ist der Unterschied zwischen den beiden Sammlungen schon auf der statisti- schen Ebene: In den beiden verwendeten Editionen der ResÁle-ye delgošÁ des ÝObeyd-e ZÁkÁnÐ sind Aspekte des Themas in 11 bzw. 13 Prozent der Texte belegt, während die Belege in ÑafÐs LaÔÁÞef oÔ-ÔavÁÞef nur ca. 1 Prozent der Sammlung ausmachen. Interes- santer als diese Zahlen ist aber die Art und Weise, wie die belegten Aspekte behandelt werden. Neben der Päderastie sind weitere Aspekte anzutreffen, von denen uns vor al- lem homoerotische Szenen zu interessieren haben, in denen die erotische Anziehung zwischen erwachsenen Männern oder zwischen Männern und Knaben eine Rolle spielt, ohne daß dabei ein sexueller Akt stattfände oder zur Sprache käme. Auffällig ist in die- sem Zusammenhang, daß bei ÝObeyd Päderastie der mit Abstand am häufigsten auftre- tende Aspekt ist, während Homoerotik praktisch nicht belegt ist. In ÑafÐs Sammlung da- gegen ist Homoerotik der Aspekt, der noch am häufigsten vorkommt.10

Sehen wir uns das einmal anhand einiger Textbeispiele zur Päderastie aus dem persi- schen Kapitel von ÝObeyd-e ZÁkÁnÐs ResÁle-ye delgošÁ an:

Sultan MaÎmÙd [sc. von Çazna] war bei einer Predigtversammlung anwesend. ÓalÌak kam hinter ihm her dorthin. Als er ankam, sagte der Mahnprediger: „Wenn jemand einen Jungen gefickt hat, dann setzt man diesem Päderasten den Jungen am Tag der Auferste- hung auf die Schultern, damit er ihn über die ÑirÁÔ-Brücke trägt.“ Der Sultan weinte.

10 In ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub) beläuft sich der Anteil der Texte zur Päderastie an der Gesamtzahl der Texte zum Thema Homophilie auf 60 Prozent, in ÝObeyd (Edition AtÁbakÐ)ÝObeyd (Edition AtÁbakÐ)ÝObeyd (Edition AtÁbakÐ)ÝObeyd (Edition AtÁbakÐ) sogar auf 74,5 Pro- zent, während Texte mit homoerotischen Szenen nur 8 bzw. 4,3 Prozent ausmachen. Bei ÑafÐÑafÐÑafÐÑafÐ liegt der Anteil der letztgenannten Texte dagegen bei 50 Prozent (4 von insgesamt 8), während es nur eine einzige Anspielung auf Päderastie gibt.

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Susanne Kurz 5

ÓalÌak sagte: „O Sultan, weine nicht und freu dich, denn auch du wirst an jenem Tag nicht zu Fuß gehen müssen!“11

Hier fallen gleich mehrere Punkte zusammen: Zunächst einmal gibt der Sultan durch seine Reaktion zu erkennen, daß er sich als aktiver Päderast betätigt hat – als fÁÝil. Der Hofnarr erlaubt sich dann eine Unverschämtheit gegen den Sultan, die sich gewaschen hat, wenn er ihn auch als ehemaligen mafÝÙl, also als Objekt eines päderastischen Aktes, hinstellt. In einem Kontext, in dem sich Männlichkeit danach bemißt, daß man andere

„penetriert“ und nicht selbst „penetriert“ wird, ist es eine veritable Beleidigung, wenn ein Mann als mafÝÙl bezeichnet oder an seine frühere passive Rolle erinnert wird. Zu- gleich weist die Anekdote auch auf das wohl relativ verbreitete Phänomen hin, daß ein fÁÝil von heute oft ein mafÝÙl von gestern war. Die religionsgesetzliche Auffassung an- dererseits, daß nämlich der päderastische oder allgemeiner der homosexuelle Akt grundsätzlich verboten sei, ist in dieser Anekdote in den angedrohten jenseitigen Kon- sequenzen ebenfalls präsent.

Deutlicher wird das vielleicht noch in einer weiteren, auch recht typischen Szene. Hier verschwimmt die Grenze zwischen fÁÝil und mafÝÙl auf charakteristische Weise:

Ein Päderast ging ins ÍammÁm. Dort war ein einäugiger Türkenjunge. Der Kerl kniff ei- nes seiner Augen zusammen und sagte dem Jungen: „Man hat mir gesagt: Wenn man ei- nen Schwanz in deinen Arsch steckt, wird dein Auge sehend. Jetzt ist das ÍammÁm leer.

Bei Gott, erhebe dich und ficke mich; mag sein, daß Gott [mir] durch deine Segenskraft mein Auge zurückgibt.“ Der Türke glaubte das. Er stand auf und fickte den Kerl. Der öff- nete sein Auge und sagte: „Lob sei Gott, ich kann sehen!“ Als der Junge das sah, sagte er:

„Ich habe dein Auge sehend gemacht; mach auch du mein Auge sehend!“ Der Päderast stand auf und machte sich an dem Jungen zu schaffen. Als er in ihn eindrang, rief der Türke: „He, du Bruder einer Hure, entferne dich, denn mein anderes Auge wird [auch noch] herausfallen!“12

Das Objekt der Begierde ist hier recht stereotyp ein hübscher – und in diesem Fall auch einfältiger – Türkenjunge. Der Päderast nimmt in dieser Geschichte kurzfristig die Rolle des mafÝÙl in Kauf, um zum erwünschten Verkehr zu kommen. Gegenseitiger Ge- schlechtsverkehr ist zwar im Prinzip untypisch für päderastische Verhältnisse, ist aber wohl vorgekommen und dient im hier geschilderten Falle nur als Mittel zum Zweck.

Dennoch begibt sich der Päderast damit seiner Würde als Mann und wird selbst zur ko-

11 ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub), S. 275, Nr. 1.

12 ÝObeyd (Edition MahjoubÝObeyd (Edition MahjoubÝObeyd (Edition MahjoubÝObeyd (Edition Mahjoub)))), S. 290, Nr. 95.

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mischen Figur, auch wenn er am Ende der Überlegene bleibt. Doch auch der reine fÁÝil, der nicht in die Rolle des mafÝÙl verfällt, wird in ÝObeyds Texten zuweilen diskreditiert, wie in diesem Beispiel:

Ein Lehrer warb um eine Frau, deren Sohn in seine Koranschule ging. Die Frau lehnte ab.

Da schlug der Lehrer das Kind heftig [und sagte]: „Warum hast du deiner Mutter gesagt:

»Der Penis des Lehrers ist groß«?!“ Der Junge beklagte sich bei seiner Mutter [darüber], und sie stimmte wegen eben dieser Klage der Ehe zu.13

Zwar bekommt auch hier der Päderast am Ende, was er haben will. Zunächst aber stellt er sich durch seine eigene Aussage, die der Junge seiner Mutter berichtet, doppelt bloß:

Er gibt selbst ausdrücklich zu, die ihm anvertrauten Jungen sexuell zu mißbrauchen,14 obwohl darüber üblicherweise zumindest nicht gesprochen wird. Und er bringt direkt sein eigenes Geschlechtsteil zur Sprache und gibt Informationen darüber preis, bricht also ein weiteres Tabu. Darüber hinaus heiratet die Frau letztlich nicht ihn, sondern sei- nen Penis, von dem sie sich offenbar Lustgewinn verspricht, denn ohne die einschlägige Information über dieses wichtige Körperteil hatte sie ja bereits abgelehnt. Die eigentli- che Diskreditierung des Päderasten ist hier jedoch vor allem darin zu sehen, daß er ein Lehrer ist. Lehrer haben in den Witzen aber kein besonders gutes Image: Sie gelten als dumm, genau wie viele Regionaltypen. Die Verknüpfung der Rolle des fÁÝil mit der Fi- gur des Lehrers läßt daher den Päderasten in keinem vorteilhaften Licht erscheinen, sondern verbindet ihn mit einem Negativtypus: der komischen Figur des dummen Leh- rers. Dem entspricht denn auch das Verhalten des Päderasten, der sich selbst aufgrund einer fehlerhaften Schlußfolgerung (nämlich daß die Frau ihn wegen der Größe seines Geschlechtsteils zurückgewiesen hätte) kompromittiert. Letztlich amüsiert man sich bei diesem Text über den Lehrer und aktiven Päderasten auf Freiersfüßen. Fällt in den Bei- spielen schon generell auf, daß Päderastie durchaus als problematisch und damit für die humoristische Darstellung lohnend erscheint, so gibt es in der Sammlung auch deutlich kritische Äußerungen, wie etwa in dieser Anekdote:

13 ÝObeyd (Edition AtÁbakÐ)ÝObeyd (Edition AtÁbakÐ)ÝObeyd (Edition AtÁbakÐ)ÝObeyd (Edition AtÁbakÐ), S. 304.

14 Weiter erstaunlich ist das im übrigen nicht, da eines der Klischees, die der Figur des Lehrers an- haften, eben das ist, daß er sich an den Knaben, die ihm von Berufs wegen ja leicht zugänglich sind, sexuell „bedient“.

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Susanne Kurz 9

zugrunde gelegten Auswahl- und Gestaltungskriterien ein relativ scharf umrissenes in- dividuelles – gewissermaßen „originelles“ – Profil aufweisen. – Was aber können uns die beiden Sammlungen über das Gesagte hinaus mitteilen?

Für ÝObeyd müssen wir dazu wenigstens einen kurzen Blick auf andere humoristische und klar satirische Prosawerke aus seiner Feder werfen. So überschlägt sich ÝObeyd in seinen oft ironischen „Ratschlägen“, den Ñad Pand, geradezu in wiederholten Empfeh- lungen, man solle sich eifrig aktiv als Päderast betätigen, sich aber auch jederzeit jedem bereitwillig hingeben. Daß es sich dabei um triefende Ironie handelt, wird spätestens an der Stelle klar, wo ÝObeyd aktive Päderastie parallel neben der Plünderung des Besitzes von Waisen „empfiehlt“.20 Die kritisch-satirische Absicht wird vollends eindeutig, wenn man die Äußerungen im Kapitel über die Keuschheit (Ýeffat) in seiner berühmtesten Sa- tireschrift, den AÌlÁq ol-ašrÁf, berücksichtigt, wo es mitunter fast wörtliche Entspre- chungen zu Aussagen der „Ratschläge“ gibt.21 Hier findet sich unter dem Abschnitt der nunmehr gängigen Lehrmeinung (ma¿hab-e moÌtÁr) unter anderem die Auffassung aus- gedrückt, daß kein Mann es auf irgendeinem Gebiet zu etwas bringen könne, wenn er sich nicht zum passiven Geschlechtsverkehr bereit finde.22 Doch auch der aktive Päde- rast, der fÁÝil, spielt, wie gezeigt wurde, in ÝObeyds Texten eine nicht unproblematische Rolle. So wird die Figur des fÁÝil auch mit bekannten Negativtypen wie dem Lehrer oder bestimmten Regionaltypen gekoppelt, die in der Regel als dumm gelten.23 Die oft scharf formulierten und überproportional häufig vertretenen Texte zur Päderastie in der Re- sÁle-ye delgošÁ, die auch in den „Ratschlägen“ enthaltene Motive variieren, verdanken sich also der zugrunde liegenden satirisch-gesellschaftskritischen Absicht. Dies und ähnliche Äußerungen, die sich in zeitgenössischen Quellen finden lassen,24 sagen uns zwar noch nichts über das genaue Ausmaß der tatsächlichen Verbreitung von Päderastie in der zeitgenössischen Gesellschaft, wohl aber, daß sie vorhanden und sichtbar war und von manchen Zeitgenossen in der gegebenen Form als kritikwürdig empfunden wurde.

20 S. dazu ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub), S. 320, Nr. 40.

21 S. dazu ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub), S. 239f; ZÁkÁnÐ 1995ZÁkÁnÐ 1995ZÁkÁnÐ 1995ZÁkÁnÐ 1995, S. 106f; ZÁkÁnÐ 1985ZÁkÁnÐ 1985ZÁkÁnÐ 1985, S. 38. ZÁkÁnÐ 1985

22 S. dazu ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub), S. 240; ZÁkÁnÐ 1995ZÁkÁnÐ 1995ZÁkÁnÐ 1995ZÁkÁnÐ 1995, S. 111f.

23 Eine solche Kopplung mit Typen, die sonst für Dummenwitze herhalten müssen, kommt z.B. auch vor in ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub)ÝObeyd (Edition Mahjoub), S. 263, Nr. 63 (Lehrer) und S. 288, Nr. 85 (QazvÐnÐ).

24 Vgl. in diesem Zusammenhang v.a. den ÉÁm-e Éam des OuÎadÐ-ye MarÁÈeÞÐ, eines etwas älteren Zeitgenossen ÝObeyds.

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Für ÑafÐ läßt sich mit Blick auf die zu seiner Zeit nach Ausweis anderer zeitgenössi- scher Quellen25 durchaus verbreitete und auch hie und da kritisierte päderastische Praxis konstatieren, daß der Eindruck, den seine Sammlung zu diesem Thema vermittelt, für seine Zeit und sein Umfeld nicht repräsentativ ist – speziell, wenn man berücksichtigt, daß das humoristische Genre sich für die Darstellung solcher als problematisch emp- fundener Themen besonders anbietet und auch dazu genutzt wurde, wie die zahlreichen Belege bei ÝObeyd zeigen. Dieser Befund für ÑafÐs Sammlung ist der Gesamtkonzeption des Werkes geschuldet. Hinzu kommt aller Wahrscheinlichkeit nach ein etwas anderer Humorgeschmack der literarisch gebildeten Gelehrten in ÑafÐs Sozialisationsumfeld. An den ÉÁmÐ-Anekdoten ist zwar zu erkennen, daß die Grenzen des in literarischen Werken humoristisch Statthaften auch unter ÑafÐs Bedingungen nicht so eng gezogen waren, daß Päderastie gar nicht hätte zur Sprache kommen dürfen. Und gerade für die ÉÁmÐ- Anekdoten dürfte sich ein erhöhter Anspruch auf Authentizität erheben lassen. In seiner Sammlung ist ÑafÐ in dieser Hinsicht aber dennoch, auch im Vergleich zu anderen litera- rischen Erzeugnissen seiner Zeit, außergewöhnlich zurückhaltend.

Am Thema Homophilie läßt sich also auch zeigen, daß „reproduktive“ Sammlungen zwar gerade mit Blick auf Themen, die in der unterhaltenden Literatur eher vorkommen als in anderen Gattungen, fruchtbar als Quellen für ihre Entstehungszeit genutzt werden können, daß die Ergebnisse aber vor allem auf der Ebene der Werturteile, Normen und Stimmungen der Zeitgenossen liegen. Gerade auf dieser Ebene wirken die Witze und Anekdoten aber durch beharrliche Tradierung, anhaltende Rezeption und immer wieder vollzogene Umdeutungen zum Teil bis in die Gegenwart nach und beeinflussen die Wahrnehmung der Menschen über Jahrhunderte hinweg. Das macht es umso bedeutsa- mer, die Wirkmechanismen wie auch die mentalen Inhalte dieser Texte zu analysieren und über größere zeitliche Distanzen zu verfolgen. Wir haben jedoch auch gesehen, daß die möglichen Rückschlüsse je nach Thema und Sammlung unterschiedliche Reichweite haben können und daß deshalb eine genaue Untersuchung immer erforderlich ist. Nicht zuletzt muß mit Absichten der Verfasser hinter der bloßen „Reproduktion“ grundsätz- lich gerechnet werden.

25 Vgl. zu diesem Thema besonders die BadÁyeÝ ol-vaqÁyeÝ des Zeyn od-DÐn MaÎmÙd-e VÁÒefÐ.

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