Von Shibö Andö, z.Zt. Freiburg
Deutsche Fassung von Hans R. Roemer, Freibiu-g
Im Vergleich' zu den wechselhaften Verhältnissen der Regierung
Timurs kann man die pohtische Situation unter Sährub als einigerma¬
ßen konstant bezeichnen. Wenn man von Äzarbäigän und dem Träq-i
'Arab absieht, so hat dieser Fürst von Harät aus über den ganzen
Machtbereich Timurs geherrscht. In den vier Jahrzehnten seiner Regie¬
rungszeit ist es ihm gelimgen, diesem Gebiet die ruhigste Phase der
Timuriden-Herrschaft zu bescheren.
Der Stand der historischen Erforschung dieser Zeit^ zeichnet sich
durch eine große Anzahl ungelöster Probleme aus. Eines davon ist die
Stellung und Zusammensetzung des Corps der Enüre. Man kann nicht
behaupten, die bisher vorliegenden Untersuchungen reichten zum vol¬
len Verständiüs dieses Fragenkomplexes aus. Doch dürfte eine bessere
Kenntnis gerade dieses Personenkreises, also der Führungsschicht,
wesentlich zum Verständnis der Timuriden-Herrschaft beitragen.
Es soll daher versucht werden, ein BUd dieser Führungsgruppe zu
entwerfen, soweit sie sich aus den Emiren rekrutierte und als MUitär-
aristokratie in den persischen Quellen in Erscheinung tritt.
Systematische Angaben über die Emire findet man bei einer gründli¬
chen Auswertung des Mu'izz al-ansäb^, sind doch in dem Kapitel über
' Gnmdlage dieser Arbeit ist ein japanisch publizierter Aufsatz des Autors
(Töyöshi Kenkyü 43 [1985]). Im Wintersemester 1987/88 sowie im Sommer¬
semester 1988 hat mir Herr Andö den Inhalt desselben in wöchentlich zwei Sit¬
zungen mitgeteilt, worauf ich die deutsche Formuherung vorgenommen habe.
Die deutsche Fassung unterscheidet sich von der japaiüschen vor allem durch die Berücksichtigung von Quellen und wissenschaftlicher Literatur, die s. Z.
noch nicht erschienen oder in Japan nicht zu erreichen waren. H. R. R.
^ Den Forschungsstand der Timuridengeschichte bieten Bartol'd (1964 a,
b) und lUSSR p. 461-508 sowie Roemer (1986), denjenigen der Geschichte
Sähruhs ToGAN (1949) sovrie Aka (1985); die Verhältnisse der timuridischen Emire behandelt Mano (1977).
' Das Mu'izz al-ansäb ist eine Sammlung von Genealogien mongolischer und timuridischer Herrscher. Außerdem enthält es die Namen von Emiren, von ver-
Das Corps der timuridisehen Emire unter §ährut) 369
Sährub nicht weniger als siebenundfiinfzig fMJwen-Einire aufgeführt*. Da
Emire dieses Ranges unter den Tünuriden ebenso wie auch schon unter
den Mongolen die Spitzengruppe der Generalität ausmachten', sollen
sie hier genauer untersucht werden. Diese siebenundfiinfzig Emire sind
in der Tabelle 1 namentlich aufgeführt und zwar jeweils gegliedert nach
ihrer Stammeszugehörigkeit. Femer werden ihre Ämter und Funk¬
tionen sowie die Aufgaben angegeben, die sie bei Sähru^js Feldzügen
wahrzunehmen hatten, in einzelnen Fällen aber auch noch andere An¬
gaben.
Betrachtet man die Emire aiüiand der Tabelle, so fallen viererlei
Blutsverwandtschaften ins Auge, nämlich die Stämme Barläs und Tar-
feän sowie die Familien 'Alika und Argünääh, und zwar deshalb, weil
einzig und allein Angehörige dieser Gmppen in der gesamten Herr¬
schaftszeit Sähruhs als tümen-Enüre eine Rolle spielen und auch bei
fast allen Feldzügen namentlich erwähnt werden, was die Vermutung
schiedenen Amtsinhabem und von Ehefrauen der einzelnen Potentaten, in
gewissen Fällen auch nähere Angaben zu diesen Persönlichkeiten. Weder über den Verfasser noch über das Datum der Abfassung besteht einstweilen Gewi߬
heit. Nach ToGAN (1962, 68 sq.) und Bregel' (1972, 818) wäre das Werk 830/
1427 erstmals auf Sähruhs Geheiß ruedergescfirieben worden. Beide Autoren vermuten IJäfiz-i Abrü als den Verfasser. Nach Mu'izz (2 a) hat Sähruh 830/
1427 angeordnet, eine damals bereits existierende Genealogie mit dem Titel Sa^ara-yi ansäb-i salätin-i mugül, in der auch seine eigenen Vorfafu-en auf¬
geführt waren, bis auf seine Lebenszeit fortzusetzen. Mithin trifft. Togans These, Mu'izz sei 830/1427 abgeschlossen worden, nicht zu. Auch darf nicht übersehen werden, daß der Verfasser des Mu'izz in einem Gedicht (3 a) von sich sagt, er habe sich bei Soyurgatmifi, einem Sohn Sähruhs, befunden. Davon, daß Häfi?-i Abrü sich bei dem seit 821/1418 in Käbul residierenden Soyurgatmiä aufgehal¬
ten hätte, wissen wir aber lüchts. Mithin ist der das Mu'izz al-ansäb betreffende Fragenkomplex fürs erste noch nicht geklärt.
■* Die Zahl von 57 friwiew-Emiren ergibt sich aus dem Mu'izz aufgrund folgen¬
der Angaben: (1) BI. 137 a ist die Rede von 53 derartigen Emiren, die als „früher lebend" oder Jetzt lebend" bezeichnet werden; (2) BI. 132 b und 133 a werden vier Emire genarmt, die unter jenen 53 nicht zu finden sind; (3) weitere drei, die unter den Ziff. 1 und 2 aufgeführten nicht erwäfmt werden, stehen auf BI. 135 b, 136 a/b; (4) die unter Ziff. 1 genannten Emire Sayyid IJwäga, Muhammad Süß
Tarljän und Sultän Muhammad konunen jeweils zwei Mal vor und müssen also
von der Gesamtzahl abgezogen werden.
^ Daß die ?Mme«-Emire die Spitzengruppe der mongolischen Generalität bil¬
deten, ist eine bekaimte Tatsache (öuwayni I, 23). Clavijo (1970), 177 sq.) und Yazdi (BI. 2 16 b) zeigen, daß es auch unterTimur noch so war, desgleichen unter Sähruh nach AR (11/1, 70), wo folgende Hierarchie erwähnt wird: amir-i tiimen, amir-i quSün, amir-i foda, amir-i daha, (gemeiner) Kriegsmaim. Übrigens dürfte quSün an dieser Stelle für hazära stehen.
Stamm
Familie Emire Amt und
Funktion 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 Statthalterschaft, Bemerkungen
Barläs
Mizräb Ibrahim Sulfän Sultän Muhammad
■Ali Sultan Bäyazid Sayh Luqmän Pir Luqmän SultÄnääh Tawakkul NüSirwän Igel Mirzä
"AD, T
■•AD.T T AD T T AD
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o 0 oooo 0 0
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Qundüz, Baglän Qundüz, Baglän, I^fahän Qundüz, Baglän Quttalän Bäharz Bäharz
Tarhän 'All yasan Süß Mihräb
Muhammad 5üfi Yüsuf
tjusraw
Muhammad 6iyät AD
■"AD, T AD AD, T
0 0 0 0 0 0 0
000 000 O 00 0
0
0 0 0 0 0 0
FüSang
■Alika ■Alika
Sayh Abü 1-Fazl
AD AD
00 ooooooooo 0 00
0
Marw, Sarahs Marw, Sarahs
Argün- Säh
Firüzääh Ahmad QwändSäh MahmüdSäh Sa'ädat
"AD AD
0000000 000 00 0
0
0 0
Abarqüh, Isfahan l^fahän
Isfahan I^fahän
§aih
■Ali
Sayyid Qwäga Ilyäs IJwäga Yüsuf IJwäga Sayyid Yüsuf
"AD AD AD
AD, M
0 X
oooo 0
0 0 0 0 0 0
Rädkän (Fa?ih 279)
Rädkän (Fa^ih 279), Rayy, Qum Rayy, Qum, Lürislän
Rädkän (Faßilj 279)
o
stamm
Familie Emire Amt und
Funktion 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 Statthalterschaft, Bemerkungen
Qipiaq
'Utmän Ijasan öändär Yüsuf Galil Ijasan Aqa
AD
AD, T
0 0
0 0 0
1396 hingerichtet (Yazdi 278b)
Tabas (Mirhwänd 545), Rebellion (AR 108) Tabas (UAZ 61 a), Rebellion (AD 108) Rebellion
Özbeg
Malik IJusain Farruh Husain Cahäräanba
Y Y
Y 0 0 0 0 0
Nuküz Müsaka
'Abd a9-§amad
AD AD, T
0 0 0 0
0 X 0 0 0
Prinz Ulug Beg zugeordnet Garmsir (UAZ 302a), I?fahän
Belgüt Sah Malik AD 00 00000 0 0 Hwärazm
Dörbet öahän Mulk AD, T 0 0 0 1408 hingerichtet (AR 109)
Duglät SulaymänSäh °AD X
Nayman Lutf Alläh AD 0 0 0 Abgesetzt von der kukümat-i Siräz (IJAZ 234 a)
Arlät Yädgärääh 0 0 0 0 O 0 0 Prinz 'Alä ad-Dawlas Schwiegervater (AR 650)
Farmän Sayh B 000000 0 0
Müsä Rigmäl oooo 0
Ardaäir T (AR 309) 1417 Mission nach China (HAZ 298 a)
AgabSir 0 0 0
Pir Muhammad AD Ämul, Säri, 1405 hingerichtet (AR 16)
Sayyidi 0 1441/42 gestorben in Färs (AR 757)
Yünus Von Prinz Bäisongurs umarä-yi 'häm (AR 539)
JJizr Qwäga Zwei Emire dieses Namens
Hwänd Sayyid Sibli
Muhammad 'Abbäs Muhammad Pirzäd Sultän Qabül Baydü
Keine Angaben in den anderen Quellen
o Unter Sähruhs Botmäßigkeit AD amir-i diwän
X Auflehnung gegen Sähruh T tuwäii
0 Kapitulation nach Empörung Y yasäül
° amir al-umarä' M muhrdär
B bärsd
Quellen; Außer den im Text genannten Quellenstellen wird noch verwiesen auf Mu'izz 97 b, 132 b, 134 a und 135 a.
Die Ziffern (1-16) beziehen sich auf die folgenden Kampagnen Sährujis: (1) Eroberung von Uuräsän (1405) (SAZ 13a-17a, 28a-31b, 48a-51a). (2) Erste Besetzung Mäzan¬
daräns (1406) (HAZ 58b-74b, Täg 107a). (3) Eroberung von Balh (1407) (AR 101-104, Fa^ih 1767. (4) Zweite Besetzung Mäzandaräns (1407) (AR 104-106). (5) Eroberung von Sistän (1408) (AR 121-127). (6) Erste Eroberung von Mä warä' an-nahr (1409) (AR 129-132, 140-151, Fa?ih 188, 192-194). (7) Zweite Eroberung von Mä warä' an Nahr (1410) HAZ 124a-139a). (8) Eroberung von IJwärazm (1413) (IJAZ 196a-198b) (9) Erste Eroberung von 'Iräq-i 'Agam und Färs (1413-1414) (HAZ 22 lb-248a, AR 275 Öa'fari 304a, Zaryab 59). (10) Zweite Eroberung von Färs (1415) (UAZ 261b-278a, AR 317, Fasih 222). (11) Expedition nach Kirmän (1416) (UAZ 285b-288b). (12) Er¬
oberung von Qandahär und Umgebung (1417-1418) (HAZ 298a-302a, Fa^ili 229). (13) Eroberung von BadahSän (1418) (HAZ 303a, 305b). (14) Erster Feldzug nach Azarbäigän (1420-1421) (UAZ 322a-340b, 344b-374b, AR 408). (15) Zweiter Feldzug nach Azar¬
bäigän (1429-1430) (AR 600-633, Fa^ili 266). (16) Dritter Feldzug nach Azarbäigän (1434-1436) (Öa'fari 313b-321a, Zaryab 81-95). (1) Vorstoß nach 'Iräq-i 'Agam(1446- 1447) (AR 862-882)
stützt, diese Gruppen hätten zwar ohne Unterbrechung in Diensten
Sährujjs gestanden, allerdings unterschiedliche Machtpositionen inne¬
gehabt.
Im nächsten Abschnitt sollen daher die Stammbäume, die Ämter und
Funktionen, die Eigentums- und Besitzverhältnisse dieser Gruppen imd
ihre Beziehungen zu Sährub eingehend erörtert werden. Dann wird sich
zeigen, daß die ausschlaggebenden Persönlichkeiten in der Umgebung
des Herrschers zweifellos aus ihren Reihen stammten. Gleichzeitig sol¬
len auch die Besonderheiten der einzelnen Gruppen ermittelt werden.
An den Anfang sollen knappe Lebensläufe der einzelnen Emire nach
dem Mu'izz al-ansäb gestellt werden. Anschließend werden die Angaben
der anderen Chroniken zum Vergleich herangezogen.
Dem Stamm Barläs gehörten bekanntlich nicht nur Timur, sondem
auch die maßgebenden Familien der Timuriden-Zeit an. Die in der
Tabelle 1 aufgeführten elf Emire gehörten^ samt und sonders zu diesem
Stamm, ebenso wie ja auch Sährub selbst. Ihr gemeinsamer Ahnherr
ist QaraCar (Kafali 1974, 336), ein Tausendschaftsführer, den seiner
Zeit Öingiz Hän Öagatai, seinem zweiten Sohn, zugeordnet hatte. Der
erste Stammbaum (Tabelle 2) enthält Aufschlüsse über zehn tümen-
Emire, nicht aber über Nüäirwän.
' Unter den tiimen-Emiren aus dem Stamm Barläs befindet sich auch einer rrüt der Bezeichnung Igel Mirzä, ohne daß sich ergründen ließe, wie er — als Prinz — unter die Emire geraten ist.
[a]
Sirgä
Mubarak
Cäkü
Mizräb
r
öahanSah
Tabelle 2 Stammbaum Barläs Qaraöar
[c] [d] [e] [f]
Yisünta Münkä Lalä Ildar
I Igel Noyan
Sultan Mubammad Ibrahim Sultän Burunduq I 'Ali
Quelle: Mu'izz 82b, 83a, b, 86b, 87a, 88b, 90a, 91b, 92a, 93a, 96b, 121b, 129a [b]
öahangir Yädgär Mubärakääh Taragay
Giyät ad-Din Sayh Luqmän Tawakkul SultanSäh Timur
Nür Malik Pir Luqmän
Sultän Bäyazid
Miränääh
Igel Mirzä O pCD oo
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Zunächst sollen in Tabelle 2 die bei (a), (b), (c) und (e) aufgeführten
tümen-Enüre untersucht werden, über die sich ausreichende Angaben
ermitteln lassen. Die Linie (a) bezeichnet die Nachkommen Sirgähs,
des sechsten Sohnes Qaraöars. Aus dieser Linie lassen sich vier Persön¬
lichkeiten eingehend erörtern, nämlich die Emire Mizräb, Ibrahim Sid-
tän, Sultän Muhammad und 'Ali.
Im MuHzz al-ansäb (BI. 92 b) heißt es: „Dieser amir Mizräb war unter
dem [jetzt] verstorbenen Amir Sähib-qirän [Timur] amir-i diwän. Der
Herrscher hatte ihn dem [inzwischen] verewigten IJäqän Sährub Baha¬
dur zugeordnet. Er [rückte ab] nach IJuräsän, war [dort] amir ai-umarä'
und hatte ein tümen. Er verwaltete den ulus von Qundüz und Baglän.
Der Herrscher [Sähruh] übertrug ihm die Statthalterschaft (hukürnat)
von Färs. Doch verstarb er gerade damals" . Femer heißt es (BI. 132 b) :
„Er war amir-i diwän [bei Sährub] mid hatte ein tümen. Er war auch
tuwääi".
Mizräb ist einer der Emire, die Sähmh auf Befehl Timurs Gefolgschaft leisteten, als jener 1397 in der Eigenschaft eines Statthalters von^urä- sän nach Herat zog (Yazdi 290 a) . Er war von 1405 an, also nach Timurs
Tod, so etwas wie die rechte Hand Sähruhs bei der Neuregelung der
politischen Verhältnisse. Tatsächhch wird Mizräb nach der Beseitigung
Sayyid Qögas im Jahre 1406 bei Aufzählungen von Emiren in allen
Quellen immer an erster Stelle genannt. Daraus läßt sich schließen, daß
er unter Sähruhs Emiren als der mächtigste betrachtet wurde. Seine im
MuHzz al-ansäb genannten Funktionen des amir al-umarä' und eines
tuwäöi scheinen seine Stellung als höchster Befehlshaber unter den
Emiren zu bestätigen'.
In derselben Quelle werden Qundüz und Baglän sowie Färs als seine
Besitzungen aufgeführt. Nach der Feststellung Eui Manos (1977,
45 sq.) waren Qundüz und Baglän bereits seit 1372 seinem Vater, dem
amir Cäkü, als Erblande übertragen worden. Diese Besitzungen stehen
in einem Zusammenhang mit dem mongolischen Stamm der Boroldai*.
' Von dem amirSa3ryid IJwäga, der 808/1405-6 zum amir al-umarä' ernannt w urde, heißt es bei HAZ, 58 b und 59 a, alle Emire hätten sich regelmäßig an das Tor seiner Wohnstatt begeben und jegliche Dienstgeschäfte seiner schriftliehen oder mündhchen Entscheidung anvertraut, woraus sich ergibt, daß der amir al- umarä' der Vorgesetzte aller Emire gewesen sein muß. Er ist übrigens auch Großsiegelbewahrer gewesen (Tag 74, 100 b). Dem tewä<5i hingegen oblag die
Mobilmachung der Truppen. Bei Yazdi (141b) fmdet man die Feststellung,
tuiväöi sei bei den Türken das am höchsten eingestufte Amt (so bereits Mano 1977, 43 sqq).
' Auf den Eponymus des Stammes Boroldai hat zuerst AuBiN (1970, 18) auf¬
merksam gemacht. Die Stammesbezeichnung muß auf einen öagataisehen Emir
Das Corps der timuridischen Emire unter Sähruh 375
Mit Färs hingegen hatte es folgende Bewandtnis. Sähruh unternahm
1414 seinen ersten Feldzug nach dem Westen, nämlich gegen Mirzä
Iskandar b. 'Umar Sayh. Im Sommer des Jahres lagerte er in Siräz, das
schon vor der Eroberung I^fahäns seine Kapitulation angezeigt hatte.
Bei dieser Gelegenheit übertrug er dem omir Mizräb Bahadur die Regie¬
rungsgeschäfte von Färs.
Im Zubdat at-tawärih, (HAZ 245 a) ist zu lesen: „Das Gouverneur-Amt (iyälat) jener Lande sowie die Statthalterschaft ßvJcümat) jener Gebiete
übertrug er dem malik cd-umarä' fi l-'älam, dem amir Mizräb Bahadur.
Zehntausend Berittene bestimmte er zu seiner Gefolgschaft. Jenes
Land reicht im Westen bis nach Qüzistän und im Süden bis Hurmüz".
Doch verstarb der amir kurz nach seiner Emeimung. Daraufhin wm-de
Mirzä Ibrähim Sultän b. Sährub, der als Kommandant des Trosses in
Isfahan geblieben war, zum Statthalter von Färs berufen (HAZ 245 b).
An nächster Stelle ist ein Neffe des amir Mizräb Bahädiu- zu neimen,
nämlich (ein anderer) Ibrähim Sultän, der nach dem Hinscheiden seines
Oheims diesem als amir al-umarä' folgte. Ihm imterstand der tümen
Boroldai, und er hatte die Statthalterschaft von I^fahän irme, wo er sich
auch aufhielt. Er machte sich einer Verfehlung (^arima) schuldig, und
man sandte ihn an den Prinzen (amirzäda) Ulug Beg Kürkän. Dort ver¬
starb er {Mu'izz 93 a) . [Bei Sährub] war er amir-i diwän, hatte ein tümen
und war ebenfalls tuwäöi (Mu'izz 132 b).
Dieser Ibrähim Sultän tritt zum ersten Mal im Frühjahr 1415 in
Erscheinung, ein halbes Jahr nach dem Tod seines Oheims Mizräb
(HAZ 261b). Aus den ihm im Mu'izz al-ansäb zuerteilten Funktionen,
amir al-umarä' und tuwäöi, kann man schließen, daß er unter Sährul)
eine außergewöhidiche Machtstellung iimegehabt hat, doch dürfte es
lücht die allererste Spitzenstellung unter den Emiren gewesen sein, weil
um die gleiche Zeit der hernach noch zu erwähnende Hasan Süfi vom
Stamm der Tarhän, eberüalls amir al-umarä' und tuwäöi, in der Rang¬
ordnung vor ihm gestanden zu haben scheint. Nach dem Mu'izz al-ansäb
hatte er den Oberbefehl über den tümen Boroldai und die Statthalter¬
schaft von Isfahan. Den ttimew Boroldai könnte er von dem omir Mizräb
geerbt haben, steht dieser doch, wie wir sahen, mit der Herrschaft über
namens Boroldai zurückgehen, dem Ibn Battüta (IB III, 87) in der Ortschaft Parwän begegnet ist. Nach Yazdi (94 b) und IJAZT (11) ermordete sein Sohn
QutlugTemür 760/1358 den damals überaus mächtigen omtrQazagan, weü die¬
ser sich weigerte, ihm die Statthalterschaft ßukümat) der Büräldäyiya — nach
Natanzi (262) vermutlich die Qutlug Temür zustehende Tausendschaft — zu
übertragen.
Qundüz und Baglän im Zusammenhang. In diesem Fall dürfte unter
tümen eine Stammesgruppe zu verstehen sein, die imstande war, eine
militärische Einheit von zehntausend Mann aufzubringen (Doerfer II,
632, Mano 1977, 60).
Im Hinblick auf die Statthalterschaft (hukümat) von I^fahän erfahren
wir von Öa'fari (BI. 310b, 312a; Zaryab 75, 78), daß Ibrähim Sultän
1427 mit einer Truppe von dort abrückte und daß er, als Sährub von sei¬
nem zweiten Feldzug nach Azarbäigän zurückkehrte, also 833/1430,
seines I^fahäner Amtes enthoben wurde. Da die Statthalterschaft von
Isfahan, wovon noch zu handeln sein wird, bis zum Frühjahr 1425 dem
Prinzen Rustam sowie zweien seiner Nachfolger unterstanden hatte,
köimte Ibrähim Sultän dieses Amt frühestens damals, also 1425, erhal¬
ten haben. Unklar bleibt einstweilen, in welchem Verhältnis Ibrähim
Sultän und amir HwändSäh, der zu der Familie ArgünSäh gehörte, zu¬
einander standen. IJwändSäh blieb jedenfalls, wie noch zu zeigen sein
wird, auch nach 1425 in Isfahan. Angesichts der Angabe öa'faris aus
dem Jahr 1427 kann man nur vermuten, daß Ibrähim Sultän damals der
Verpflichtung zur Stellung eines Truppenkontingents nachgekommen
ist. Der soeben erwähnte Hinweis auf das Jahr 1430 ist die letzte
Angabe, die öa'fari über ihn macht. Von seiner im MuHzz al-ansäb
erwähnten Verfehlung enthalten die sonstigen Quellen nichts. Das mag
damit zusammenhängen, daß er fünfzehn Jahre hindurch, nämlich von
1415 bis 1430, als besonders einflußreiche Persönlichkeit in der Umge¬
bung Sähruhs gelebt hat.
Acht Jahre nach der letzten Erwähnung Ibrähim Sultäns, also 1437
oder 1438, tritt Sultän Muhammad auf, ein anderer Angehöriger dersel¬
ben FamUie. Nach dem MuHzz al-ansäb (93 a) war dieser Sultän Muham¬
mad amir-i tümen und Inhaber einer Statthalterschaft ßukümat) von
Qundüz imd Baglän. Samarqandi (AR II/2, 717) sagt: „Der Herrscher
ernannte amir Sultän Muhammad b. amir öahänääh Barläs zum amir-i
ulus. Er vertraute ihm das Amt eines tuwäöi sowie die Funktion imärat-i
laSkar an und nahm ihn unter die ranghohen Emire (umarä-yi Hzäm)
auf. Aus diesen Quellenbelegen ergeben sich für ihn die Ämter bzw.
Funktionen amir-i ulus, amir-i tümen, tuwäöi und imärat-i laSkar. Abge¬
sehen von amir-i ulus, dessen Bedeutung wir für die damalige Zeit nicht
kennen', zeigen allein schon die weiteren Funktionen, drei an der Zahl,
' NAgCiwÄNi (II/l, 12) verbindet mit der laläyiridischen imärat-i ulus die Stellvertretung des Herrschers (niyäbat-i hazrat-i mä). Honda (1983, 711 sq.) zieht daraus den Schluß, daß der amir-i ulus sowold in mUitärischer als auch in pohtischer Hinsicht Inhaber der höchsten Machtposition nächst dem Herrscher
Das Corps der timuridischen Emire unter Sähruh 377
seine herausragende Bedeutung, namenthch in der MiHtärhierarchie
Sähruhs. HinsichtHch seiner Besitzungen darf man auf Qundüz und
Baglän schließen, Plätze, die ja gewöhnlich mit der Führung des Stam¬
mes Boroldai verbunden waren.
Zu der Liiüe dieser Familie gehört noch ein anderer Stammesgroßer,
ein gewisser 'Ali, den von den Chronik-Schreibern nur öa'fari (319 b
Zaryab 91) und im übrigen das MuHzz al-ansäb (93 a) aufRihrt. Dort
heißt es „Dieser 'Ali war amir-i tümen und stand im Dienst des [jetzt]
verstorbenen IJäqän Sähruh Bahädur".
In der unter (b) aufgeführten Familie ist Sultän Bäyazid zu neimen.
Von ihm berichtet das MuHzz al-ansäb (92 a) : „Dieser Sultän Bäyazid
war amir-i tümen, hatte die Statthalterschaft von Quttalän inne und war
bei dem Prinzen (amirzäda) Muhammad öüki tuwäöi". In derselben
Quelle wird an anderer Stelle (133 a) von ihm mitgeteilt: „Er war amir-i
diwän; er verfügte über ein tümen". Nach den Chroniken hat Sidtän
Bäyazid 1414, 1435 und dann wieder 1446 Sähruh Heeresfolge geleistet
(HAZ 236a, Öa'fari 319b, Zaryab 91, AR II/l, 277, und II/3, 866). In
den rund dreißig Jahren, auf die sich diese drei Daten verteilen, dürfte
er die im MuHzz al-ansäb angegebene Stellung bei Muhammad öüki
innegehabt haben. Als nämlich 1427 Ulug Beg gegen den Özbeken
Baräq zu Felde zog, eUte ihm Muhammad öüki mit seinem eigenen
tümen sowie mit Sultän Muhammad Bäyazid zu Hilfe (HAZ 442 b).
Zum Verständnis der famUiären Beziehungen läßt sich noch der Name
Nür Malik nachtragen, unter dem das MuHzz al-ansäb Sultän Bäyazids
Vater aufführt. Im MuHzz al-ansäb (91 b) ist zu lesen: „Dieser Nür Malik
war amir-i quMm zur Zeit Timurs (amir ^ähib-qirän) und hatte den ulus
Turkmän geführt. Der verewigte Herrscher hatte ihn mit seiner Truppe
dem [inzwischen ebenfalls verstorbenen] Sähruh Bahädur zugeordnet".
Weiter heißt es in derselben Quelle (133b), nämlich in dem von den
Inhabern des tuwäöi-Amtes handelnden Kapitel, hinsichtlich des amir
Nür Malik: „Er hat die Statthalterschaft von Quttalän iimegehabt".
Diese Angaben erlauben den Schluß, Sultän Bäyazids Tätigkeit unter
Sährub könnte damit zusammenhängen, daß sein Vater Nür Malik von
Timur dem Prinzen Sährub unterstellt wurde. Es fällt auf, daß Nür
Malik nur den Rang eines amir-i quSün hatte, der unter demjenigen
sei. Was den timuridischen amir-i ulus angeht, so dürfte die galäyiridische Rege¬
lung keine Geltung haben, wenn man in Betracht zieht, daß 841/1437-38 der
höchste Machthaber unter Säfiruh nicht etwa der amir-i ulus Sultän Muhammad Barläs gewesen ist, sondem der amir al-umarä' FirüzSäh aus der Partdlie Argün¬
Säh.
eines amir-i tümen rangierte'". Zusammen mit dem Hinweis, Sultän
Bäyazid sei bei Sährul) amir-i tümen gewesen, rechtfertigt diese Tat¬
sache die Vermutung eines militärischen Aufstiegs der Familie, der er
angehörte. Das Mu'izz al-ansäb stützt auch die Annahme, Quttalän sei
erblicher Besitz der Fanülie Sultän Bäyazids gewesen, wofiir die bei
öa'fari (319b) stehende Nisbe QwMofäm ein Anhaltspunkt sein könnte.
Im Rahmen der unter (c) aufgeführten Famüien sollen hier zwei Per¬
sönlichkeiten untersucht werden, nämlich Sayh Luqmän und Pir Luq¬
män, die aus der Linie Yisünta Münkäs, des vierten Sohnes Qaraöars,
stammen. Wir zitieren das Mu'izz al-ansäb (90 a) : „Dieser Sayb Luqmän
verfügte über ein tümen, und die Statthalterschaft von Bäharz gehörte
ihm. Er war tuwäöi. Nach seinem Hinscheiden wurde seinem Sohn Pir
Luqmän derselbe Rang (müöa) verliehen, den sein Vater gehabt hatte".
Ebenfalls aus dem Mu'izz al-ansäb, und zwar aus dem tuwäöi-Vi&p\te\
(133 b), erfahren wir: „Amir Sayh Luqmän hatte die Statthalterschaft
von Bäharz. [Diese] wurde nach seinem Ableben seinem Sohn Pir Luq¬
män verliehen". Die zitierten Quellenbelege lassen vermuten, daß das
tuwäöi-Aiat ebenso wie der Besitz von Bäharz im Erbgang vom Vater
auf den Sohn gelangt ist. Tatsächlich erwähnt Samarqandi (AR II/2,
700 sq.) unter dem Jahr 841/1437 diesen Erbgang mit folgenden Wor¬
ten: „Amir Sayh Luqmän Barläs, der amir al-umarä" im diwän-i tuwäöi
war und mit dem verewigten häqän eine verwandtschaftliche Beziehung
sowie familiäre Bande hatte, segnete das Zeitliche. Da übertrug der
Herrscher [Sährufe] seinen Rang und sein Amt auf seinen hochmögen¬
den Sohn amir Pir Luqmän".
An derselben Stelle berichtet Samarqandi: „Nachdem amir Pir Luq¬
män am 22. Rabi' I 841 (23. September 1437) im diwän-i laSkar in das
imärat-Amt eingesetzt worden war, drückte er das Siegel auf". Ausrei¬
chendes Material zur genaueren Erklärung sowie zur administrativen
Einordnung der beiden soeben genannten Instanzen, diwän-i tuwäöi
und diwän-i laSkar, liegt nicht vor, jedenfalls nicht für die Zeit Sähruhs
(DoEEFER I, 262). Immerhin erlauben die Bemerkimgen des Mu'izz al-
ansäb und Samarqandis zwei Schlußfolgerungen: eimnal daß der amir
Sayh Luqmän im diwän-i tuwäöi eine so hohe Stellung als tuwäöi inne-
Daß quSün dem Rang nach niedriger als tümen einzustufen ist, ergibt sich aus einer Stelle bei Yazdi (451b: az har tümen yak amir-i quSün). Die zahlen¬
mäßige Stärke eines quiündürfte erhebliche Schwankungen aulweisen; z.B. ist bei Sämi (25) von einem aus iiinfzig Mann bestehenden quSün die Rede, wäh¬
rend HAZ (20 a) eines von 500 Mann erwähnt. Näheres über quSün bei Bar¬
tol'd (1964a, 50) und Doerfer (I, 406-10).
Das Corps der timuridischen Emire unter Sahruh 379
hatte, daß er amir al-umarä' „Großemir"" genamit werden konnte;
femer daß seine Stellung und Funktion als Erbe auf seinen Sohn über¬
gingen. Weim die Chroniken darüber auch nichts sagen, so muß die Ver¬
erbung von Bäharz gleichzeitig mit derjenigen von Amt und Funktion
stattgefunden haben, nämlich im Jahre 841/1437.
Yazdi zählt öahängir, den Vater Sayb Luqmäns, an erster Stelle
unter denjenigen Emiren auf, die nach einer Weisung Timurs 782/
1380 Mirzä Miränääh Gefolgschaft zu leisten und sich mit ihren Fami¬
lien nach ^Juräsän zu begeben hatten, als eben jenem Prinzen die dor¬
tige Statthalterschaft übertragen wurde. Im MuHzz al-ansäb steht
(88b) : „Unter Timur war er amir-i qu&ün, und die Statthalterschaft von
Bäharz unterstand ihm". Die Angaben der beiden Quellen zeigen, daß
öahängir zunächst amir-i quMn imter Timur war, jedoch erst nach 782/
1380 in den Besitz von Bäharz gelangte.
Hinsichtlich der drei hier behandelten Generationen lassen sich zwei
Feststellungen machen, nämlich daß Sayb Luqmän unter Sährah amir-i
tümen gewesen sein muß, während sein Vater unter Timur amir-i quäün
war, ein Umstand, den man ftir den militärischen Aufstieg der Fanülie
ins Feld führen kann. Femer läßt sich erkennen, daß der Besitz von
Bäharz, der auf öahängir zurückgeht, ein von Timur herrührender Erb-
anspmch dieser Linie gewesen sein dürfte.
Bei der Erörterung der Linie (e) ist der fwmew-Emir SultänSäh aus der
Familie Ildars, des zweiten Sohnes Qaraöars, zu erwähnen. Über ihn ist
dem MuHzz al-ansäb (83 b) folgendes zu entnehmen: „Dieser Sultänääh
war zunächst Gefolgsmann (muläzim) des Prinzen Ibrähim Sultän in
Siräz. Dann untemahm er die Wallfahrt nach Mekka. Als er von dort
zurückkehrte stand er im Gefolge des jetzt verewigten l^äqän Sährab
Sultän. Er war auch Gefolgsmann des Prinzen Muhammad öüki". Sul¬
tänääh wird unter Sährub von Samarqandi (AR H/l, 141) und Häfi?-i
Abrü (HAZ 197 b) bei dem ersten Feldzug nach Transoxanien im Jahre
1409 bzw. dem Vorstoß nach Qwärazm von 1413 genannt. Er muß also
schon Gefolgsmann Sähruhs gewesen sein, bevor er beim Aufbrach
Ibrähim Sultäns nach Siräz, frühestens 1414, in dessen Dienste trat.
Allerdings heißt es im MuHzz al-ansäb (83 b), er habe erst in Siräz im
Dienste des Prinzen gestanden. Wann er die im Mu'izz al-ansäb
erwähnte Pilgerreise zur Ka'ba angetreten hat, wissen wir nicht. Es
könnte nach dem Hinscheiden Prinz Ibrähim Sultäns im Jahre 1435
gewesen sein.
'' Allerdings wird die Bezeichnung amir al-umarä' in diesem Zusammenhang ausschließlich für tuwäöi-Kmire verwendet.
Sultänääh, der nach der Rückkehr aus Mekka abermals in die
Dienste Sähruhs eingetreten sein soll, taucht 848/1444-45 zum dritten
Mal in den Chroniken auf. So heißt es bei Samarqandi (AR II/2, 842):
„Der verstorbene }}äqän machte «mir Muzaffar ad-din Sultänääh Barläs
zum amir-i diwän, gab es doch damals in der königlichen Sippe (urug)
Barläs keinen bedeutenderen und klügeren Mann als ihn. Er überließ
die Regelung der Regierungsgeschäfte (muhimmät-i diwäni) sowie die
Betreuung der königlichen Angelegenheiten (umür-i sultäni) seiner Ver¬
nunft und seinem sachkundigen Geschick". Damit war er in Amt und
Funktion des amir-i diwän an der Reichsverwaltung beteiligt und blieb
bis zum Ende Sähruhs im Jahre 1447 in deren Diensten.
Damit soll hier die Untersuchung einzelner Emire des Stammes Bar¬
läs abgeschlossen werden.
Der nächste Stamm, der in unserem Zusammenhang eine Rolle spielt,
sind die Tarhän. Ihre Verhältnisse müssen etwas genauer untersucht
werden, bevor über die dazu gehörenden Emire nähere Angaben
gemacht werden. Der Name des Stammes geht auf türkisch tarhan oder
mongolisch darqan zurück und ist von Hause aus ein Ehrentitel. In
unserem Fall handelt es sich um die Bezeichnung einer Stammes-
gruppe: Im Mu'izz al-ansäb (92 b) ist nämlich die Rede von qawm-i Tar-
J^än, was nichts anderes als die Bezeichnung einer Stammesgruppe die¬
ses Namens sein kann'^; qavmi kommt nämlich im Mu'izz al-ansäb häu¬
fig vor und zwar ausnahmslos in der Bedeutung „Stammesgruppe". Wie
aus der Tabelle 3 zu ersehen ist, läßt sich der Stamm Tarhän zurückver¬
folgen bis auf Giyät ad-din Tarhän. Über ihn liest man bei Yazdi (147b),
er gehöre zur Nachkommenschaft Qiäiliqs, den Öingiz Hän zum tarhän
ernannte. Wenn auf diese Überlieferung Verlaß ist, dürfte der Stamm
auf Qiäiliq, eine bekannte mongolische Persönlichkeit zurückgehen.
Von ihm heißt es im Yüan-shi (Bd. 136): „Öingiz Hän beförderte Qiäihq
und ernannte ihn zum Tausendschaftsfiihrer unter Verleihung des Titels
tarhän" . Mithin ist die Vermutung begründet, daß die Stammesbezeich¬
nung Tarf}än auf eben jenen Titel zurückgeht, wenn sich auch ein genea¬
logischer Zusammenhang zwischen Qiäiliq und Giyät ad-din Tarhän
einstweilen nicht ermitteln läßt. Femer bleibt die Frage offen, ob die
Emire besagter Stammesgmppe sich ihrerseits auch der mit dem Titel
Das 1759 verfaßte öagataisch-persische Lexikon Sangläli (155r) gibt für tarhän zwei Bedeutungen: „Privilegierter" sowie „Angehöriger einer öagatai- schen Prominentengruppe" (cf Clauson 1972, 540).
C4 ö so
Tabelle 3 Stammbaum Tarhän öiyät ad-Din Tarhän
r T T T
'Ali IJasan Süfi Muhammeid Sufi ljusan Süfi Sayyid Ahmad Hamza Nigär Aga
Mihräb
Quellen: Yazdi 224a, 290a; AR 338, 539, 540; Mu'izz 103b, 104b
Gattin des Prinzen Pir
Muhammad b.
'Umar Saylj
I Sa'ädat Sultän Gattin des Prinzen Rustam b.'Umar Sayh
Gawhar Säd Agä oo Sährul)
Q
^OD s-^
C 3. a er(t P m
I an
w 00
tarhän verbundenen Privilegien erfreuen durften'^. Die Tatsache, daß
Gawhar Säd, die erste Gattin Sähruhs, eine Tochter Giyät ad-dins
gewesen ist, hat im Hinblick auf die Verschwägerung dieses Fürsten mit
dem Stamm Tarhän Gewicht.
Wenn wir nun zur Erörterung der einzelnen in Tabelle 1 genannten
sieben Emire übergehen, läßt sich zwar feststellen, daß drei von ihnen,
nämlich Yüsuf, IJusraw und Muhammad Giyät, mit Gawhar Säd ver¬
wandtschaftliche Beziehungen hatten''', nicht aber um welche Ver¬
wandtschaftsgrade es sich handelte. Zudem sucht man in den Chroni¬
ken, jedenfalls für die Zeit Sähruhs, vergebens naeh ihren Namen, und
so sind auch Einzelheiten über ihre Tätigkeiten zur damaligen Zeit
nicht bekannt.
Anders verhält es sich mit den restlichen vier Emiren, nämlich 'Ali,
Hasan Süfi, Mihräb und Muhammad Süfi. Aus dem Mu'izz al-ansäb
(133 a) wissen wir, daß amir 'Ali das Amt des mir-i diwän ausgeübt xmd
ein tiimen gehabt hat. Beides trifft auch für amir Hasan Süfi zu, doch war
er auch noch tuwäöi. Beide standen in Sähruhs Gefolgschaft, als er 1397
nach tJuräsän zog (Yazdi 290a). Fa^ih (229) verdanken wir Auskunft
über ihre Ämter und Funktionen: „Das Ableben des amir-i kabir 'Alä'
ad-din 'Ali Tarhän, [des Sohnes von] Giyät ad-din Tarhän, am Montag,
den 22. Ragab 820 (4. September 1417), der amir-i diwän des Herr-'
schers war, machte den Weg zu seiner Stellung frei für seinen Bruder
amir Hasan Süfi Tarhän b. amir Giyät ad-din Tarhän. Ihm wurden Amt
und Funktion eines amir al-umara' verliehen".
Mit dieser Angabe allein läßt sich freilich nicht nachweisen, ob Amt
und Funktion des amir al-umarä', die dem amir Hasan Süfi übertragen
wurden, auch schon der verstorbene amir 'Ali innegehabt hatte. Wohl
wird man Hasan Süfi — für die Zeit nach 1417 — als Inhaber zweier
Ämter und Funktionen betrachten, nämlich als amir al-umarä' im Sinne
eines Vorgesetzten des amir-i diwän, sowie als tuwäöi. Wenn das so
gewesen sein sollte, müßte es allerdings um diese Zeit mehr als einen,
nämlich zwei amir al-umarä' gegeben haben, und zwar Hasan Süfi und
den früher erwähnten amir Ibrähim Sultän. Mithin erhebt sich die
" Nach Sämi (123) standen dem tarJ^än vier PrivUegien zu: (1) freier Zutritt zum Herrscher; (2) für ihn selbst und seine Nachkommen Strafireiheit bei neun Verfehlungen; (3) Befreiung von der Pflicht zur Berittgestellung (üläg); (4) Steuerbefreiung. Über den timuridischen tarliän näheres in lUSSR 480 sqq.
AR (II/2, 1128 sq.) führt diese drei Emire als tarJ}äniyän bzw. umarä-yi tar- liäni auf DS (358) erwähnt, die umarä-yi tarälpina hätten 873/1469 Uzun Hasan veranlaßt, Abü Sa'id zur Rache für die von ihm 861/1457 bewirkte Ermordung Gauhar Säds hinrichten zu lassen.
Das Corps der timuridischen Emire unter Sähruh 383
Frage, ob es unter ein und demselben Herrscher zur gleichen Zeit mehr
als einen amir al-umarä' gegeben haben kaim. Zur Beantwortung steht
eine hinreichend beweiskräftige Quelle nicht zur Verfügung. Freilich
ergibt sich aus der Aufzählung der Emire, die 1416 an einem Vorstoß
nach Kirmän teilnahmen, ein gewisser Anhaltspunkt. Zwei zeitgenös¬
sische Historiker, die dem Herater Umkreis angehörten, nämlich Fa^ih
(226) sowie Häfi^-iAbrü (HAZ 285b, 287a; HAG 173b), nennen Hasan
§ün an erster Stelle der Aufzählung, also noch vor Ibrähim Sultän. An
anderen Steilem sprechen übrigens beide Autoren von „amir Hasan Süfi
Tarljän und den übrigen Emiren". Jedenfalls stützen die Angaben bei¬
der Historiker die Vermutung, Hasan Süfi habe schon 1416 als der
mächtigste unter den Emiren gegolten, mag auch die Frage nach der
Duplizität des amir al-umarä' weiterhin unbeantwortet bleiben.
Nach dem am 5. Ragab 827 (3. Juni 1424) erfolgten Tod Hasan Süfis
trat sein Sohn Mihräb an seine Stelle. Dazu das Mu'izz al-ansäb : „Amir
Mihräb war mir-i diwän, hatte ein tümen und die Statthalterschaft
(hukümat) von Füäang". Über diese Sukzession heißt es bei Samarqandi (AR II/l, 540): „Der [jetzt] verstorbene ^ö^änschenkte . . . seinem legi¬
timen Sohn amir Mihräb seine Huld . . ., indem er ihm den Rang (räh
wa-rasm), das Amt imärat-i diwän-i a'lä, das [auch schon] das Amt
(man^ab) seines Vaters gewesen war, übertrug". Eine Analyse der frag¬
mentarischen Angaben zu dem Begriff diwän (s.u. Anm. 20), wie man
sie in den Chroniken findet, ergibt mit einer gewissen Wahrscheinlich¬
keit, daß imärat-i diwän-i a'lä zur Zeit Sähruhs mit Amt und Funktion
des amir-i diwän zusammenfallt. Mihräb müßte also die im Mu'izz al-
ansäb genannte Stellung des mir-i diwän nach 1424 innegehabt haben.
Zwar weist das Mu'izz al-ansäb ihm auch den Besitz von FüSang zu,
doch findet sich in anderen Quellen nichts darüber. Nach Fa^ih (270)
verstarb er am 13. Muharram 835 (21. September 1431).
Der vierte und letzte Angehörige des Stammes Tarhän, dessen Tätig¬
keit unter Sährub festzustellen ist, war Muhammad Süfi. Von ihm heißt
es im Mu'izz al-ansäb und zwar in dem Kapitel über die tuwäöi (IZZh):
„Amir Muhammad Süfi war mir-i diwän und hatte ein tümen". Seine
Amtszeit erstreckte sich von 1410 bis 1446, also fast über die ganze
Herrschaft Sähruhs. Nach Samarqandi (AR II/2, 863 sq.) wurde er
1446 bei Sähruhs Feldzug nach dem Träq-i 'agam im Amt des imärat-i
diwän zurückgelassen, eine Bestätigung des oben zitierten Hinweises
ün Mu'izz al-ansäb, er sei mir-i diwän gewesen.
Aus der vorstehenden Untersuchung ergibt sich: Alle vier tümen-
Emire des Stammes Tarhän, denen man unter Sährul begegnet, waren
als amir-i diwän an dessen Regierung beteUigt. Wenigstens zwei von
26«
ihnen waren tuwä£i\md einer ein unter Sährufe besonders einflußreicher amir al-umarä'.
Die nun zu erörternde Famihe 'Alika ist unbekannter Abstammung.
Als ihr Eponymus wird ein gewisser 'Alika genannt, der die Seinen
unter Sahnig zu herausragenden Leistungen anzuspornen vermochte.
Wie der Tabelle 4 zu entnehmen ist, gab es in dieser Sippe drei sich von
einem gewissen Adük, von dem man allerdings nicht mehr als den
Namen kennt, ableitende Familien. Wir befassen uns hier näher mit
zwei tümen-Emiren dieser Herkunft, nämlich mit 'Alika und seinem
Sohn Sayb Abü 1-Fazl.
Nach dem Mu'izz al-ansäb (133 a) war amir 'Alika mir-i diwän, hatte
ein tümen und die Statthalterschaft von Marw und Sarahs, femer die
Steuergerechtsame (mvhassili) von I^fahän, und er war [auch] kökältaS.
Seine Aktivititäten unter Sähru^i erstreckten sich auf die Jahre 1405 bis
1440. In dieser Zeit fmdet man in den Chroniken Hinweise auf Tätig¬
keiten, die mit seiner Eigenschaft als amir-i diwän im Zusammenhang stehen.
Wie bei Samarqandi (AR H/l, 132) zu lesen ist, sandte Sährufe 1409
bei seinem ersten Vorstoß nach Transoxanien den amir 'Alika mit Ange¬
hörigen des diwän (umanä-yi diwän) zur Übemahme der Stadt und der
dortigen Schatzkammer voraus nach Samarqand. Die betreffenden
Bediensteten des diwäw waren nach Fa^ih (189) Sayyid Fajir ad-din und
Sayyid Zayn al-'äbidin.
Bei dem ersten Feldzug nach Azarbäigän im Jahre 1420 wurde 'Alika
ebenfalls, und zwar zusammen mit Qöga Qu^b ad-din Muhammad
MuSarraf Simnäni, zur Entgegennahme der diwäw-Steuem (amwäl wa-
^ihät-i diwäni) nach Tabriz gesandt (AR II/l, 407, HAZ 332a). Wie
Samarqandi (AR II/l, 415) und öäfi^-i Abrü (HAZ 338b, 339a) berich¬
ten, erledigte 'Alä' ad-din 'Alika damals die Angelegenheiten der Unter¬
tanen sowie die Staatsgeschäfte in gehöriger Art und Weise. Die neuen
Abgaben (rusüm-i muhaddat), die Qara Yüsuf eingeführt hatte, schaffte
er wieder ab. Er befaßte sich mit der Regelung der religionsgesetzlichen
Angelegenheiten und verschaffte diesen, der Sari'a, wieder Geltimg.
Die dwäw-Bediensteten Sayyid Fafer ad-din und Sayyid Zayn al-'äbi¬
din, die mit 'Alika nach Samarqand zogen, werden im Mu'izz al-ansäb
(133 b) als TMwisandagän-i täzik aufgeführt. 9öga Qut-b ad-(ün Muham¬
mad MuSarraf Simnäni, der 'Alika nach Tabriz begleitete, ist identisch
mit dem von Fa^ih (243) genannten IJöga Sams ad-din Muhammad
Simnäni imd läßt sich auch mit Muhammad Simnäni gleichsetzen, der
nach dem Mu'izz al-ansäb (133 b) ebenfalls zu den nawisandagän-i täzik
gehörte. Andere Bezeichnungen, die in den Quellen für naunsandagän-i
Tabelle 4 Stammbaum der Familie 'Alika Adük
Müsä Saytj I Sultan Adham
Uwaga Rasti I Bäbä Mal^müd
'Alika Sayb Luqmän Barläs
I I.
Sayl) Abü 1-FazI oo Ulus Agä 1
Müsä Mirak Baba Müsä
Quellen: Fasib 263, 282, 285; AR 701, 747; Mu'üz 90a
Bäbä Mas'üd
täzik verwendet werden, sind wazir und eventuell auch ^ähih diwän. Zu
ihren Obliegenheiten gehörten, wie wir sahen, die Beschlagnahme der
Schatzkammern \md des Steueraufkommens kapitulierender Städte
sowie femer die Fühmng der Steuerregister (daftar) (AR II/l, 107; II/2,
754), darüber hinaus auch die Beratung über die Höhe der Steuersätze
usw. Sie bUdeten so etwas wie ein Finanzministerium.
Es erhebt sich nun die Frage, in was für einer Beziehung 'Alika als
amir-i diwän zu diesen nawisandagän-i täzik gestanden haben mag.
Geht man von den oben zitierten Angaben Samarqandis aus, in denen
'Alika immer als die zentrale Persönlichkeit auftritt, wird man anneh¬
men dürfen, daß er dem Range nach vor den nawisandagän-i täzik ein¬
zuordnen ist. Hinzu kommt noch folgender Sachverhalt: Als Sährub
1440 einen Jagdausflug nach Sarajis imtemahm, betraute er laut
Samarqandi (AR II/2, 736) den amir 'Alika KökältaS mit der Statthal¬
terschaft von Herat und ließ eine Gmppe von diwäw-Bediensteten
(diwäniyän) bei ihm zurück. Da der an dieser Stelle verwendete Termi¬
nus diwäniyan bei Samarqandi dem Sinne nach einen Plural zu wazir
darstellt'zeigt das Zitat, daß er in der Rangordnung über den wazir
genannten nawisandagän-i täzik gestanden haben muß. Diese Stellung
'Alikas, der also durch die nawisandagän-i täzik an der Reichsregierung
beteiligt war, dürfte mithin eine der Zuständigkeiten des amir-i diwän
gewesen sein. In seinen letzten Lebensjahren behauptete amir 'Alika
unter Sähmli eine der einflußreichsten Stellungen. Dazu auch ein Beleg
aus ^Iwändamir {HS 631): „Nach dem Tod des amir 'Alika KökältaS
nahmen Macht und Einfluß des amir öaläl ad-din FirüzSäh vergleichs¬
weise zu. Die übrigen Emire und Reichsgroßen (arkän-i dawlat) behiel¬
ten in der Regierung und in den Finanzen keinerlei Einfluß mehr" . Über
amir FirüzSähs ungewöhnlich einflußreiche Stellung wird weiter unter
zu behandeln sein. Im Augenblick geht es nur darum hervorzuheben,
daß der Primat in den Regierungsgeschäften, dessen sich FirüzSäh
erfreute, in der Zeit nach dem Tode 'Alikas zu beobachten ist. Daraus
läßt sich schließen, daß 'Alika zu seinen Lebzeiten über eine ebenso
hochrangige, wenn nicht noch stärkere Machtstellung verfügt haben
muß wie er. Diese Beobachtung bietet Veranlassung zu ermitteln, bis zu
welcher Position 'Alika letzten Endes aufgestiegen sein mag. Was sei¬
nen Besitzstand angeht, so verfügte er nach dem MuHzz al-ansäb, wie
wir sahen, über die Statthalterschaft von Marw und Sarahs sowie über
" So wird beispielsweise'Ali Saqqäni, der nach Fa^ih (186) 811/1408-9 zum wazir ernannt worden war, von AR (11/1, 159) als zu den diwäniyän gehörend bezeiclmet.
Das Corps der timuridischen Emire unter Sähruh 387
die Steuergerechtsame von Isfahan. Die zuletzt genannte Funktion läßt
sich sonst nicht belegen, während hinsichtlich der Statthalterschaft
noch vier weitere abweichende imd auch untereinander verschiedene
Angaben vorliegen:
(1) Im Jahre 1 406 führte 'Alika zusammen mit anderen, nicht nament¬
lich genannte Emiren, denen Fürsorge und Verantwortung für
die Truppen oblagen, die Streitmacht von Marw und Sarahs
(UAZ 65 a) an;
(2) im darauffolgenden Jahr teUte er sich mit amir Yägdär Säh Arlät
und amir Sayh Luqmän Barläs in das Kommando über die Trup¬
pen von Bädgis, Sarahs, Marw und Mähän (AR II/l, 105);
(3) 1410 wurde 'Alika zusammen mit amir Müsä Rigmäl und amir
'Ali Saqqäiü, der zu den a^hab-i kuttäb bzw. diwäniyän gehörte,
die Verantwortung für den Wiederaufbau von Marw übertragen
(UAZ 112a; AR II/l, 159);
(4) im Herbst 1438, also zwei Jahre vor seinem Ableben, befaßte
er sich in Marw mit Landwirtschaft und Bodenmelioration
(Mü-fewänd 713).
Wenn man auch den Zeitpunkt, zu dem die genannte Statthalterschaft
auf 'Alika übertragen wiu-de, rücht keimt, ist die auf das Jahr 1406
bezügliche Angabe über das Kommando der Truppen von Marw und
Sarajjs, ein Indiz dafür, daß seine Beziehung zu diesen Plätzen schon in
der Frühzeit der Regierung Sähruhs entstanden war''.
Nach Samarqandi (ARII/2, 746 sq.) war sein Todestag der 17. öumä¬
dä I 844 (14. Oktober 1440). Im Anschluß daran erbte sein Sohn Say^i
Abü 1-Fazl sein Amt bzw. seine Funktion im diwän-i a'lä, d. h. er wurde
amir-i diwän (s.u. Anm. 20). Über ihn enthält das MuHzz al-ansäb
(133 a) eine mit derjenigen über seinen Vater nahezu identische Angabe,
allerdings unter Verwendung des Präsens (und nicht des Präteritums),
nämlich: „Er hat die Statthalterschaft ßukümat) von Marw und Sarahs
sowie die Steuergerechtsame (muha^^ili) von Isfahan und ist kökältaS".
Er blieb unter Sähruh bis zu dessen Tod im Amt.
Der im MuHzz al-ansäb enthaltene Hinweis auf die Eigenschaft eines
kökältaS ist merkwürdig. Auch Samarqandi (AR II/l, 70) erwähnt,
'Alika sei kökältaS im Verhältnis zu Sährufe gewesen. Nach bisherigen
" AR (II/2, 746) spricht von 'Alikas Neigung zur Landwirtschaft. Das von ihm verwendete Saatgut habe sich auf mehr als tausend ^wär belaufen. Außer¬
dem soll er in Ägypten (mamlakat-i Mißr) Landgüter erworben haben, die er
durch seine Beauftragten bewirtschaften ließ.
Untersuchungen haben sich für das Wort zwei Bedeutungen herausfin¬
den lassen, nämlich einmal „Milchbruder" und dann, in übertragenem Sinne, „Intimus" oder „vertrauter Gefährte" (Doerfer 1, 481 sq.). Man
fragt sich, welche von beiden Bedeutungen auf 'Alika zutreffen könne.
In diesem Zusammenhang gewinnt eine Mitteilung Samarqandis (AR
n/2, 747) Bedeutung: „In geselliger Runde sowie bei Zusammenkünf¬
ten pflegte er zu sagen: 'S. M. amir Timür Kürkän hat mir S. M. Sähn^i
anvertraut'". Sähru^is Geburtsdatum ist der 14. Rabi' II 779 (20. August
1377). Damals muß 'Alika schon mehr als fünfundzwanzig Jahre alt
gewesen sein. Das ergibt sich aus Samarqandis Aussage (ARII/2, 746),
nach der 'Alika 844/1440 mit mehr als neunzig Jahren verstorben sei.
Im Zusammenhang mit der von Samarqandi erwähnten Bemerkung
'Alikas wird man vermuten dürfen, daß er Sährutjs Prinzenerzieher
gewesen ist (Bartol'd 1964 a, 58). Mithin liegt es nahe, unter kökältaS
in diesem Fall eine Bezeichnung für die enge Beziehung zwischen 'Alika
und Sährul) zu vermuten, kann doch von einer wirklichen „Müchbrüder-
schaft" kaum die Rede sein. Für die Abü 1-Fazl, 'Alikas Sohn, von
Samarqandi zugeschriebene Eigenschaft eines kökältaS lassen sich
einstweilen noch keine beweiskräftigen Argmumente beibringen.
Jedenfalls bleibt noch Raum für eine genauere Untersuchung des
Begriffs kökältaS.
Wir wenden uns nun der Familie ArgünSäh zu. Über ihre Herkunft
ist nicht allzuviel bekannt. Der in der Tabelle 5 aufgeführte Argünääh
war nachTäg (47b; p. 35) ein „g'itZäm turkmenischer Abstammung". Da
er es gewesen ist, der die BeteUigimg seiner FamUie an der timuridi¬
schen Regierung herbeigeführt hat, soll diese hier unter seinem Namen,
nämlich als Fanülie ArgünSäh, behandelt werden. Zu erwähnen sind
fünf tümen-Emire, die aus ihr hervorgegangen sind, nämlich FirüzSäh,
Ahmad, QwändSäh, MahmüdSäh und Sa'ädat.
Tabelle 5 Stammbaum der Familie ArgünSah Argünääh
I ' ^ 1 1
Firuzäah Uwandäah MahmüdSah MuhammadSah
I \ \ I I \ 1
Aljmad "Ali Sultän Sultän Abu Sa'id Sa'ädat Uways Ismä'il Husayn
Quellen: AR 639, 677, 692, 841, 1158, 1387; TÖY230. 235
Das Corps der timuridischen Emire unter Sähruh 389
Nach dem Mu'izz al-ansäb (133 a) war FirüzSäh mir-i diwän, hatte ein
tümen und die Statthalterschaft (hukümat) von Abarqüh. Ergänzende
Angaben finden sich bei Samarqandi, insbesondere auch ein Hinweis
auf die höchst eiiülußreiche Position, die er als amir al-umarä' in seinen
letzten Lebensjahren wahrzunehmen hatte.
Im Jahre 838/1434 entschloß sich Sähru^i zu einem dritten Feldzug
nach Azarbäigän. Nach Samarqandi (AR II/2, 672) war es auch folgen¬
den Gründen zu diesem Entschluß gekommen: „Wie sehr die Reichsgro¬
ßen und Würdenträger (arkän-i dawlat wa-a'yän) sich auch um einen
Aufschub bemühten, es war vergebens, hatte doch öaläl ad-din Firüz¬
Säh [dem Herrscher] unter vier Augen dargelegt: 'Dieser Feldzug muß
imbedingt unternommen werden, weU Mirzä Bäisongur verstorben
ist'". Der Herrscher hatte sich diesen Vorschlag zu eigen gemacht".
Die amtierenden Wesire ^Jöga Pir Ahmad und 'Ali Saqqäiü berieten
845/1441 in Gegenwart Sährulis über das Steueraufltommen der Pro¬
vinz öäm, wobei Qöga Sams ad-din 'Ali, der sich um das Wesiramt
bemühte und damals bei Sähruh in besonderer Gunst stand, auf eine
Verfehlung 'Ali Saqqänis hinwies. Sähru^i beauftragte FirüzSäh, der zu
dieser Zeit amir al-umarä' war, mit der Aufklärung des strittigen Sach¬
verhalts. Seine Ermittlungen führten zu Absetzung 'Ali Saqqänis und
zur Übernahme des $ähib-diwän-Am\es durch 5öga Sams ad-din 'Ali.
Dieser erhielt die Befugnis, sein Siegel als erster von allen Emiren [auf
Erlassen] anzubringen. Qöga Pir Ahmad, der bis dahin ^ähib diwän
gewesen war und gegenüber FirüzSäh eine ablehnende Haltung an den
Tag gelegt hatte, verlor im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit
seine bisherige Stellung und durfte sein Siegel nur noch unter demjeni¬
gen Qöga Sams ad-din 'Alis anbringen (AR II/2, 754 sq).
Im Jahr 846/1442 stellte sich die Frage, wer Statthalter von Rayy,
Qum, Qazwin und Sulfäniya werden sollte. FirüzSäh hatte sich zuvor
mit Bahä' ad-din Umar'* beraten, als dieser in Qazwin das Mausoleum
Scheich Ahmad al-Gazzälis besucht und sich mit dessen geistiger Welt
auseinandergesetzt hatte. In einer Vision hatte ihm der berühmte Hei¬
lige eine Offenbarung vermittelt, so als ob Mirzä Sultän Muhammad b.
Bäisongur Statthalter (häkim) der genannten Städte geworden sei.
FirüzSäh, der damals über unumschränkte Macht verfügte, hatte sich
gut gemerkt, was Bahä' ad-din gesagt hatte und empfahl deshalb Mirzä
Sultän Muhammad als Statthalter der betreffenden Provinz. Sähni^j
setzte seine Empfehlung in die Tat um (AR II/2, 773 sq).
" Naeh Samarqandi (AR II/2, 657) ist er am 20. Dezember 1433 gestorben.
" Er war ein Herater ^fi, vermutlich des Kubrawiya-Ordens (st. 17. Rabi' I 857 = 28. März 1453).
Die Macht Firüzäähs erreichte 847/1443 ihren Höhepunkt. Obwohl
dieser Zustand Sähruh keineswegs behagte, konnte er sich nicht dar¬
über hinwegsetzen, weil es einen anderen Emir mit der erforderlichen
Qualifikation zur Wahrnehmung der Staatsgeschäfte nicht gab. Gerade
damals gewann der Wesir Sayyid 'Imäd ad-din beinahe von Tag zu
Tag größeren Einfluß. Firüzöäh hatte sich entschlossen, ihm mit der
Übemahme von Balh zu betrauen, was aber keineswegs nach seinem
Geschmack war. Doch blieben seine Bemühungen um die Aufhebung
dieser Bestallung ohne Erfolg. Nicht einmal Sähruh, der 'Imäd ad-din
gem fiir eine bedeutendere Aufgabe als die Verwaltung von Bal^i einge¬
setzt hätte, konnte Firüzäähs Entscheidung rückgängig machen.
Die aufgefiihrten Beispiele zeigen, daß FirüzSäh in militärischen
Angelegenheiten, in der Reichsverwaltung und hinsichtlich der für das
Finanzwesen zuständigen Wesire praktisch uneingeschränkte Macht¬
befugnisse hatte. Ohne Frage war diese Konzentration von Entschei¬
dungsbefugnissen auf seine Stellung als amir al-umarä' zurück¬
zuführen", wenn auch seine Macht bis 1440 in gewissem Ausmaß von
derjenigen 'Alikas eingeschränkt gewesen sein sollte. Bei seinem Able¬
ben 848/1444 wurden seine Funktionen im imärat-i diwän-i a'lä sowie
in der Finanzverwaltung (il^tiyär-i mulk wa-mäl) gewissermaßen im
Erbgang auf seinen Sohn Ni?äm ad-din Ahmad übertragen (AR II/2,
841): Er wurde amir-i diwän und blieb im Amt bis zum Tode Sähruhs
(AR II/2, 866)^".
" Auf der Rückseite der beiden von Sähruh 838/1434-35 ausgegebenen Erlasse findet sich links von dem Siegel des Herrschers sowie einem sechsecki¬
gen weiteren Siegel dasjenige Firüzäähs als einziges Emirs-Siegel (Fekete 1977, Tafel 12; Hebrmann 1971, 254 mit Tafel 49), em Hinweis darauf, daß er wohl schon damals amir al-umara" gewesen ist. In einer Urkunde von 825/1422 steht dagegen sein Siegel an zweiter Stelle der Emirs-Siegel (Deny 1957, 257;
Heebmann 1971, 260). Nach Babtol'd (1964a, 97; ohne Quellenangabe) war
FirüzSäh bereits 1407 Oberbefehlshaber geworden, ein Amt, das er bis 1442
innehatte.
^° DervonToGAN (1942, 351) und Roemer (1952,169 sqq.) hervorgehobene Dualismus der Verwaltung, wie er unter Husayn Bayqara (reg. 1470-1506) mit der AufteUung in diwän-i tuwäöi und diwän-i mäl vorzuliegen scheint, wobei amir-i diwän den Leiter des diwän-i tuwäöi bezeichnet, dürfte sich unter Sähruh noch nieht herausgebüdet haben. Das damalige Amt des amir-i diwän muß sich auf der Leiter des diwän-i a'lä beziehen, der für Verwaltung und Finanzen (muUc wa-mäl) zuständig war. Mirhwänd (727) bezeichnet sowohl den awirSayh Abü 1- Fazl aus der FamUie 'Alika als aueh den omir Ahmad aus der Familie ArgünSäh, die ihre leitenden Stellungen im diwän-i a'lä von ihren Vätern geerbt hatten, als Kollegen (Sarik) eines amir-i diwänn&mens Sultän Säh Barläs. Die Bezeichnung diwän-i a'lä kommt häufig in Verbindung mit dem diwän-i mulk wa-mäl vor. Der
Das Corps der timuridisehen Emire unter Sähruh 391
Was Firüzäähs Statthalterschaft angeht, so ist im MuHzz al-amäb
zwar von Abarqüh die Rede, doch findet sich in anderen Quellen dafiir
keine Bestätigimg. Indessen läßt sich eine Chronologie fiir die Statthal¬
terschaften der anderen iwmew-Enüre seiner Familie nach den Angaben
der Chroniken aufstellen. Bei öa'fari (336a) heißt es (in der Überset¬
zung Zaryab 121): „Lange Zeit hatte der Statthalterposten von Isfa¬
hän dem amir Firüzääh gehört. Daim war sein Bruder amir IJwändääh
Statthalter in Igfahän und nach dessen Tod amir MahmüdSäh. Kurz
darauf wurde amir Mahmüdääh sehr krank. Amir Sa 'ädat, der Sohn des
amir Qwändääh kam von Seiten des Prinzen Mirzä Sultän Muhammad,
um seinen Onkel zu besuchen. .4 mir Mahmüdääh starb kurz darauf, und
amir Sa'ädat wurde sein Nachfolger".
Isfahän fiel Öährub erst 817/1414 zu. Naeh Uäfi?-i Abrü (UAZ 242 a)
wurde die Statthalterschaft damals dem Prinzen Mirzä Rustam b.
'Umar Sayh anvertraut. Dessen Tod fiel auf den 6. Sawwäl 827/1. Sep¬
tember 1424^'. Es folgte eine halbjährige Herrschaft seines Sohnes 'Ut¬
män, nach dessen Tod die Emire ihn durch seinen Bruder öaläl ad-din
b. Rustam ersetzten. Das alles steht bei öa'fari (310 a), der dann fort¬
fährt (Zaryab 74): „Sogleich zog amir öaläl ad-din Firüzääh aus der
Hauptstadt fort, entfernte die Leute des Prinzen [Rustam] aus Isfahän
und brachte sie nach Herat. Sein Bruder amir Qwändääh blieb [in Isfa¬
hän]".
Dieser Angabe läßt sich entnehmen, daß die langwährenden Bezie¬
hungen der FamUie Argünääh zu Isfahän im Frühjahr 828/1425 einge¬
setzt haben. Der erste Statthalter aus dieser Familie, amir ^Jwändääh,
muß 835/1431-32 den Primat in der Statthalterschaft von Isfahän
erlangt haben, denn in demselben Jahr starb amir 'Abd a^-Samad, dem
833/1430 nach dem schon erwähnten amir Ibrähim Sultän Barläs auch
die Statthalterschaft übertragen worden war" (öa'fari 312 a; Zaryab
78 sq). Nach Samarqandi (AR II/2 677) starb IJwändääh am 9. Ragab
838/8. Februar 1435 in Rayy auf dem dritten Feldzug Sähruhs nach
Azarbäigän. In diesem Zusammenhang berichtet öa'fari weiter (321 a;
Zaryab 94), [840/1436] habe Mahmüdääh die Statthalterschaft von
amir al-umarä' dürfte Vorgesetzter aller amir-i diwän gewesen sein (vgl.
Anm. 7).
2' BG (1985, 345) führt als Todesjahr 1436/37 an, jedoch ohne QueUen¬
angabe.
" Bis zum Tod 'Abd a§-Samads läßt sich nicht genau feststellen, m welchem Verhältnis seine Funktion zu derjenigen IJwändfiähs stand. Nach Quiring- Zoche (1980, 130) hatte UwändSäh keine Fmanzbefiigiüsse.
Isfahan erhalten. Sein Ableben und die Übemahme der Statthalter¬
schaft durch seinen Neffen Sa'ädat müssen nach 1442 erfolgt sein, als
dieser in der Gefolgschaft Mirzä Sultän Muhammads stand (öa'fari
332b; Zaryab 116), weU er ja, wie zuvor erwähnt, von ihm aus seinem
Oheim einen Besuch abstattete. Amir Sa'ädat, der nach Samarqandi
(AR II/2, 859) als därüga der einzige Machthaber von Isfahan gewesen
sei, wurde von Mirzä Sultän Muhammad kurz nach dessen Ankunft in
der Stadt am 5. Safar 850 (2. Mai 1446) gefänglich eingezogen (TGY
235). Mithin hatten Angehöriger der Fanülien Argünääh die l^fahäner
Statthalterschaft von Frühjahr 1425 bis Anfang Mai 1446 inne, also
knapp einundzwanzig Jahre, wenn man von einer kurzen Zeitspanne
absieht, während deren die Verhältnisse einstweüen noch ungeklärt
sind.
Welches waren nun die Beziehimgen Sähruhs zu dieser Familie, ins¬
besondere zu deren Hauptvertreter Firüzääh, der unter seiner Regie¬
mng so großen Einfluß zu gewinnen verstand? Dessen Vater, amir
Argünääh, gehörte unter Mirzä Qalü Sultän, der ja von 1405 bis 1409 in
Samarqand Sährül}s Gegenregent war, zu dessen angesehensten Emi¬
ren (z.B. Täg, 45, 55, 97 sq., 124, 130). Er wurde nach Fa^ih (194)
daher, was nicht weiter verwunderlich ist, bei Sähmljs Einzug in die
Stadt, dem Scharfrichter übergeben. Vater und Sohn hatten also
damals vier Jahre hindurch in Diensten zweier miteinander verfeinde-
ter Fürsten gestanden. Man wird daher vermuten dürfen, daß die ein¬
flußreiche Stellung Firüzäähs nicht mit seiner Abstammung zusammen¬
hing, sondem auf seine persönlichen Beziehungen zu Sähruh zurückzu-
fiihren ist. Es könnte sich mithin lohnen, nach deren Hintergründen zu
forschen. Aufschluß oder wenigstens eine Vermutung in dieser Hinsicht
bietet eine Bemerkung tJwändamirs (IfS 630 sq.): „Von Jugend auf bis
zum Greisenalter hat er (= Firüzääh) dem jetzt verewigten Herrscher in
unverbrüchlicher Treue gedient". Tatsächlich taucht sein Name nach
Yazdi (389 b) schon bei Timurs „siebenjährigem" Feldzug von 802-807/
1399-1404 unter den Emiren Sähn4)s auf. Daraus ergibt sich mit eini¬
ger Wahrscheinlichkeit, daß Firüzääh wohl schon von Kindsbeinen an
in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu Sährufe gestanden hat.
Der Aufstieg seiner Familie dürfte, wie man mit Gewißheit sagen kann,
auf dem von Firüzääh schon sehr früh herbeigeführten Vertrauensver¬
hältnis beruhen.
*
Die vorstehende Untersuchung besteht aus Einzelstudien zu den
iMmen-Emiren der Stämme Barläs und Tarfeän sowie der Famüien
Das Corps der timuridischen Emire unter Sahruh 393
'Alika imd ArgünSäh, aus denen sich, wie eingangs vermutet, das Corps
der Emire Sährufes zusammensetzte. In der Tat sind die vier Emire, die
unter Sährufe zum höchsten militärischen Rang aufgestiegen sind, näm¬
lich Mizräb, Hasan Süfi, 'Alika und FirüzSäh, aus eben diesen vier
genealogischen Gruppen hervorgegangen. Sie alle erfreuten sich ganz
spezieller Beziehungen zu Sährufe: Dem Stamm Barläs gehörte er per¬
sönlich an; nüt den Tarfeän war er verschwägert; aus der Farmlie 'Alika
stammte Sährufes Prinzenerzieher, und nüt der Familie ArgünSäh war
er vermutlich seit den Tagen seiner Kindheit eng vertraut.
Was Ämter imd Funktionen angeht, so entstammten lücht weiüger
als zwölf von den insgesamt fünfundzwanzig amir-i diwän Sährufes eben
diesen Gruppen (von den übrigen dreizehn sind übrigens acht wegen
erwiesener Untreue im Laufe der Zeit ausgeschieden) . Von den elf tuwä-
(5i-Emiren, die im Mu'izz al-ansäb für die Regierungszeit Sährufes auf¬
geführt sind, kamen nicht weniger als sieben aus den bewußten Grup¬
pen (drei von den restlichen vier schieden wegen Untreue aus). Abgese¬
hen von diesen Zusammenhängen ist auch noch zu berücksichtigen —
wie in der Tabelle 1 gezeigt —, daß während der ganzen Regierungszeit
Sährufes tümen-Ertäre ausschließlich aus diesen vier Gruppen hervorge¬
gangen sind, was praktisch zu bedeuten hat, daß das Corps der Emire
sich aus Angehörigen der Stämme Barläs und Tarfeän sowie der Fanü¬
lien 'Alika und ArgünSäh zusammensetzte.
Der ethnologische Befund des Corps der Emire erlaubt zwei bedeut¬
same Feststellungen:
Erstens: Mit Ausnahme der Barläs hat keine jener Gruppen bereits
imter Timur eine neimenswerte Rolle gespielt, wenn es auch an genealo¬
gischen Zusammenhängen nicht fehlte. Eine sich aus Yazdi (141b)
ergebende Liste derjenigen Emire, die Timur bei seiner Machtergrei¬
fung in die Spitzengliederung der staatlichen bzw. militärischen Macht
im Jahre 771/1370 einbrachte^\ zeigt, wer von ihnen damals Einfluß
gehabt hat. Die vier an erster Stelle genannten Emire, nämlich Dä'üd
Duglät, Cäkü Barläs, Sayf ad-din Nuküz und 'Abbäs Qipöaq sowie ihre
" Diese Liste hat erstmals Mano (1977, 55 sqq.) ausgewertet. Danach kam es zu folgenden Ämterbesetzungen: 1. Die Verwaltung (zabp) und das därüga- Amt (därügagi) von Samarqand wurden Dä'üd Duglät zusätzUch zu dem imärat- und dem diwän-Amt übertragen. —11. Das imärat-i laSkar- sowie das tuwäiigari- Amt erhielten Öäkü Barläs, Sayf ad-din Nuküz, 'Abbäs Qip6äq, Iskandar Dör¬
bet, 'Alim Sayh Hazära-yi Qübüäy, 'Alaqa Qauöin, Ardaäir Qawöin sowie
Qumäri Inäq Qawöin. - III. Sär Bügä Öaläyir, Husayn Barläs, Mahmüd Säh
Yasawri, Ilöi Bahädur sowie Dawlatääh Uygür erhielten jeweUs den Rang eines amir-i diwän.
unmittelbaren Nachfolger, hielten sich während der ganzen Herrschaft
Timurs in den einflußreichsten Positionen^''. Die Tabelle 1 zeigt indes¬
sen, daß die folgende Generation mit Ausnahme des Sohnes von Öäkü
Barläs, nämlich SulaymänSäh b. Dä'üd, 'Abd a^-Samad b. Sayf ad-din
imd 'Utmän b. 'Abbäs, unter Sährufe keine besondere Bedeutung mehr
hatte, ja daß sogar die beiden an erster Stelle genannten OfRziere sich
durch gegen Sährufe gerichtete Tendenzen hervortaten. Angehörige des
Stammes Tarfeän sowie der Familien 'Alika und Argünääh sind dagegen
in der Liste von 1370 nicht zu finden. Die Quellen geben auch für den
weiteren Verlauf der Herrschaft Timurs keinerlei nennenswerte Auf¬
schlüsse über ihre Aktivitäten. Beim Herrschaftswechsel, also nach
Timurs Tod, hat offensichtlich eine Strukturveränderung des Corps der
Enüre stattgefunden.
Zweitens: Die eindeutige Vorherrschaft des Stammes Barläs hat sich
allem Anschein nach erst unter Sährufe herausgebüdet. Eine daraufhin¬
auslaufende Tendenz ergibt sich nicht nur aus der Tatsache, daß elf
von 57 amir-i tümen, die im MuHzz al-ansäb genannt werden, dem
Stamm Barläs angehörten, sondem auch aus dem Umstand, daß Sul¬
tän Bäyazid Barläs und Sayfe Luqmän Barläs unter Sährufe den Rang
amir-i tümen erreichten, während ihre Väter es unter Timur nur zum
amir-i quSün gebracht hatten. Die bisher angeführten Argumente recht¬
fertigen den Schluß, daß Sähmfe die Zusammensetzung des von Timur
hinterlassenen Corps der Emire — abgesehen von den Barläs — völlig
verändert hat. Neben der Bevorzugung der Barläs ist der Wechsel durch
die Heranziehung von Persönlichkeiten bzw. Gmppen gekennzeichnet,
die mit Sähmfe durch besondere Beziehungen verbunden waren, näm¬
lich durch Gawhar Säd, seine erste Gemahlin, durch seinen Prinzen¬
erzieher 'Alika Kökältaä und seinen ihm schon aus Kindertagen ver¬
trauten Begleiter Firüzääh.
Nach dem Tode Sährufes ist das von ihm konstituierte Corps der
Emire zerfallen, und auch für die timuridischen Fürsten brachen unm-
hige Zeiten herein. Abü Sa'id (reg. 1451-69), der letzte ihrer Vertreter,
der noch zugleich über Transoxanien und Chorasan herrschte, hat ein
neues Emirs-Corps gebüdet, in dem als neue Gmppe die Argün in
Erscheinung treten, die auf die weitere Geschichte der Timuriden einen
Beispielsweise werden bei der Parade aus Anlaß eines 1390 veranstalteten Groß-Quriltäy genannt: Sa}^" ad-din Nuküz, äahänääh b. Öäkü Barläs und Sams ad-din b. 'Abbäs in ihrer Funktion als GTo&-tuwä&i (Yazdi 207a). Auch Sulay-
mänSäh b. Dä'üd Duglät behielt wahrscheiidich im Erbgang die von seinem
Vater übernommene Stellung deswegen, weU er mit Timurs Tochter Sultän Baht Begim die Ehe einging (Yazdi 206 a).
Das Corps der timuridischen Emire unter Sähruh
bemerkenswerten Einfluß gewiimen sollten. Doch stehen eingehende
Untersuchungen über die nachmalige Entwicklung einstweüen noch
aus.
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