Die Ortsnamen-Parentliese im Altpersischen und Vedischen
Von Kael Hoffmann, Erlangen
Obwohl in den altpersischen Keilinschriften zahlreiche Ortsnamen
vorkonnnen, werden sie nur ganz selten im Lokativ, Richtungsakkusativ
und Ablativ (mit hacä) gebraucht, und zwar wenn es sich um die Namen
von größeren, allgemein bekannten Städten handelt: Arbairäyä „in
Arbela", Qüsäyä ,,in Susa", Hagmatänaiy „in Ekbatana", Bäbirauv „in
Babylon" (als Stadt z. B. DB. III 92), Paisiyäuvädäm ,,nach Pasar-
gadae( *)", hacä PaiSiyäuvädäyä „von P.". Alle übrigen Ortsnamen
stehen als Subjektsnominative in parenthetischen Nominalsätzen, wobei
das lokale Verhältnis erst durch ein Ortsadverb bzw. ein resuniptives
Pronomen gekennzeichnet wird: Tigra nämä didä Arminiyaiy — avadä
hamaranam akunava ,, Tigra mit Namen ist eine Festung in Armenien —
dort schlugen sie die Schlacht." In dieser für das Altpersische charak¬
teristischen Stilfigiir ist, wie das Musterbeispiel zeigt, der Ortsname be¬
gleitet von xdima (nämä) „mit Namen", einer Spezifizierung (didä
,, Festung", vrdanam ,,Dorf", ävahanam ,, Weiler", kaufa ,,Berg", rauta ,,Fluß", dahyäuS „Gau, Distrikt") und fast immer auch einer Angabo
der Lage (Gau oder Provinz). Es ist offensichtlich, daß der betreffende
Orts- bzw. Örtlichkcitsname für erklärungsbedürftig gehalten wurde.
So steht DB. II 71 f. Ragä nämä dahyäuS Mädaiy — avaparä aSiyava
,,Ragä mit Namen ist ein Gau in Medien — dorthin marschierte er" mit
den erklärenden Zusätzen, während III 2 f. der Name nunmehr als be¬
kannt vorausgesetzt wird und deshalb bloßes hacä Ragäyä „von Ragä"
genügt.
Diese im Altpersischen usuell gewordene Stilfigur zur Ortsangabe ist
ursprünglich ein selbständiger Satz, der nur insofern als Parenthese
anzusprechen ist, als er als erklärender Zusatz den Ablauf der Erzählung
unterbricht: ,,Zum zweiten Mal sammelten sich die Aufständigeii und
zogen gegen Dädyäis, um eine Schlacht zu schlagen. •— Tigra mit Namen
ist eine Festung in Armenien. — Dort schlugen sie die Schlacht." (DB. II
37—39). Da in diesem ,,Drei-Sätze"-Typus der Mäwa-Satz nun aber die
Ortsangabe des letzten Satzes enthält, ist er logisch ein Teil dieses Satzes
und steht an der Stelle eines lokalen Kasus. Deshalb können die einem
Hauptsatz usuell vorausstehenden Nebensätze oder auch AVörter und
Satzteile, die dem logischen Anschluß an das Vorhergehende dienen, vor
Die Ortsnamen-Parenthese im Altpersischen imd Vedischen 65
den näniaS&tz treten, der damit zur Parenthese im Innern eines Satzes
wird, z. B. ,,als er nach Medien gelangt war, — Märus mit Namen ist ein
Dorf in Medien — schlug er dort eine Schlacht mit den Medern" (DB.
II 22 f.) oder ,,darauf hat dies mein Heer — Kampanda mit Namen ist
ein Gau in Medien — dort auf mich gewartet" (DB. II 27 f.). Daß der
wä»ri«-Satz syntaktisch einem lokalen Kasus entspricht und an seiner
Stelle steht, läßt sich durch Gegenüberstellung zeigen. Man vergleiche
z. B. DB. III 50—52 ,, Darauf ließ ich den Vahyazdäta und die Männer,
die seine ersten Gefolgsleute waren, — Uvädaicaya mit Namen ist ein
Dorf in Persien — dort sie kreuzigen" mit DB. III 91 f. „Arxa und die
Männer, die seine ersten Gefolgsleute waren, wurden in Babylon
(Bäbirauv, Lokativ) gekreuzigt."
In dem Aufsatz Zur Parenthese im Altpersischen (Münch. Stud. z.
Sprachw. 9, 1956, p. 79—86), wo auch die parenthetischen Nominalsätze
zur Einführung der Personennamen besprochen sind, habe ich, abgesehen
von der Darlegung der einzelnen Typen und ihres Zustandekommens,
nachzuweisen versucht, daß es sich bei der altpersischen Stilfigur um
parenthetische Nominalsätze und nicht um absolute Nominative handelt,
wie z. B. Kent, Old Persian, 2"'' ed. 1953, p. 97 f. annimmt. Das zweite Problem, das die altpersische Stilfigur aufwirft, ist ihre sprachgeschicht¬
liche Beurteilung. Benveniste, MSL. 23 p. 180f. hat aramäischen Einfluß
angenommen, was Kent a. a. 0. p. 98 ebenfalls für möglich hält, obwohl
sich Schaedeb, Sb. Preuß. Akad. Wiss. 1931, XXIII p. 638^, Schwyzer,
Abh. Preuß. Akad. Wiss. 1939, Nr. 6 p. 13 f. und Wüst, Wörter und
Sachen 20, 1939/40, p. 249 ff. dagegen ausgesprochen hatten. Schwyzeb
hat zunächst auf Unstimmigkeiten zwischen der altpersischen Stilfigur
und den von Benveniste beigebrachten aramäischen Beispielen hin¬
gewiesen, die wohl auch Schaeder zu seinem ablehnenden Urteil be¬
stimmt haben. Darüber hinaus geht aus Schwyzebs Material hervor,
daß ähnliche Parenthesen auf dem gesamten Gebiet der indogerma¬
nischen Sprachen vorkommen, so daß die Annahme fremden Einflusses
ohne zwingende Gründe zumindest unnötig erscheint. Das wurde be¬
stätigt durch die Beispiele, die Wüst aus einem buddhistischen Sanskrit¬
text (Dväviihsatyavadänakathä) und Thieme, KZ. 68 p. 216, aus dem
Päli beigebracht haben. Diese aus dem nahe verwandten indoarischen
Sprachgebiet stammenden und deshalb besonders wertvollen Belege
weisen zwar gewisse syntaktische Ähnlichkeiten mit der altpersischen
Stilfigur auf, können aber wegen ihrer Ungleichartigkeit untereinander
nicht die Existenz einer entsprechenden indoarischen Stilfigur bezeugen;
daher ist ihre Beweiskraft im Sinne der sprachhistorischen Verwandt¬
schaft gemindert. Die Parallelen köimten, auch wegen ihrer späten Be¬
zeugung, unabhängig zustandegekommen sein, zumal die soziologisch-
5 ZDMG iiu/i
66 Kabl Hoffmann
stilistische Grundlage, worauf Wüst mit Nachdruck verweist, die gleiche
wie im Altpersischen ist.
Soll die altpersische Stilfigur aus ihrer sprachhistorischen Isolierung
gelöst werden, dann sind die strengsten Anforderungen an das Ver¬
gleichsmaterial zu stellen. Die Belege müssen einer vergleichsweise alten
Literaturschicht angehören, unter denselben Bedingungen auftreten und
denselben syntaktischen Aufbau zeigen. Die in Frage kommende Litera¬
turschicht bieten auf indoarischem Sprachgebiet die Denkmäler der
vedischen Prosa. So konnte ich in dem oben erwälmten Aufsatz (p. 81)
schon eine Parallele aus dem Satapatha-Brähmana (XI 5,1,4) bei¬
bringen :*
sd ädhyd jdlpan Kuruksetrdm samdyä cacära. — Anydtahplaksiti
bisavatl. — tasyai hädhyantina vavräja.
,,Er (Purüravas), aus Sehnsucht irreredend, wanderte mitten durch
das Kuru-Land. — Anyatahplak§ä mit Namen (iti) ist ein Lotusteich.
—■ An dessen Ufer ging er dahin".
Es handelt sich hier also um den oben als ursprünglich bezeichneten
Typus, in dem streng genommen noch keine eigentliche Parenthese,
sondern ein selbständiger, den Erzählungsverlauf aber unterbrechender
Satz vorliegt. Das wird hier übrigens durch die Partikel ha im letzten
Satz auch formal bestätigt. Die ,, Parenthese" Anydtahplaksdii bisavatl
enthält wie im Altpersischen den Namen und seine Spezifizierung
(,, Lotusteich"). Statt des zu erwartenden näma steht hier allerdings iti, so daß also genau genommen ,,Anyatahplak§ä, so (heißt) ein Lotusteich"
vorliegt, was aber dem altpersischen Tigra nämä didä Arminiyaiy ,, Tigra
mit Namen (ist) eine Festung in Armenien" logisch entspricht: ,, Tigra
(heißt) eine Festung in Armenien". Ferner fehlt die auch im Altpersischen
nicht unbedingt notwendige Lageangabe, weil sie nach dem Kontext
selbstverständlich ist (,,im Kuru-Land"). Trotz der Differenzen darf von
einer genauen Parallele zur altpersischen Stilfigur gesprochen werden.
Doch könnte auch diese Parallele zufällig sein, zumal es sich um den
ursprünglichen ,,Drei-Sätze"-Typus handelt.
Die vedischen Prosa-Denkmäler liefern aber noch weitere Belege, aus
denen, wie ich glaube, mit Sicherheit hervorgeht, daß die Stilfigur wie
im Altpersischen so auch im Vedischen usuell war und daß wir deshalb
berechtigt sind, ihre Existenz bereits für die gemeinsame indo-iranische
Epoche anzunehmen. Die immerhin noch geringe Zahl der von mir ge¬
fundenen Belege darf nicht als Gegenargument geltend gemacht werden.
Da nämlich Orts- und Örtlichkeitsnamen in den vedischen Prosatexten
äußerst selten sind, können von vornherein nur spärliche Belege er¬
wartet werden. Zudem muß \ne im Altpersischen die Bedingung erfüllt
1 Vgl. Handbuch der Orientalistik I. Abt. 4. Bd. 1. Abschn. p. 19.
Die Ortsnamen-Parenthese im Altpersischen und Vedischen 67
sein, daß der Autor den Namen für erklärungsbedürftig hält, was selbst¬
verständlich weitgehend in seinem subjektiven Ermessen liegt. So
wechseln tatsächlich Lokative und parenthetische Nominalsätze in der
Darstellung cin und desselben rituellen Themas je nach den Texten.
Es sei ein Beleg aus dem Lätyäyana-Srauta-Sütra, dessen Sprache
der vedischen Prosa zuzurechnen ist, vorweggenommen, weil hier, als
Musterbeispiel geeignet, ein in jeder Hinsicht vollkommenes Gegenstück
zur altpersischen Stilfigur vorliegt :
samvatsaräd ürdhvam — Paririan näma sthali Kuruksetre — tasyäm
agnin ädhäya yathäkälam anvärambhaniyayestvä prasrjydeti Sär)dilyah.
(X 19,1).
,, Nachdem er nach einem Jahr — Parinah mit Namen ist eine Boden¬
erhebung im Kuru-Land — auf dieser die Feuer angelegt hat, soll er
nach der üblichen Zeit mit der Anvärambhaniyä-Zeremonie opfern und
weitergehen, so (lehrt) Sändilya".
Der Nominalsatz Parinan näma sthali Kuruksetre steht hier als Paren¬
these im Satz und seine einzelnen Bestandteile entsprechen Wort für Wort
dem altpersischen Mustersatz Tigra nämä didä Arminiyaiy. Wie es bei
Anwendung der altpersischen Stilfigur der Fall ist, hielt auch hier der
Autor den Namen der Örtlichkeit für nicht allgemein bekannt und des¬
halb für erklärungsbedürftig. In parallelen Ritualtexten steht dagegen der
bloße Lokativ ohne die erklärenden Zusätze: PB. XXV 13,1 samvatsare
Pariiiahy agnin ädadhita ,,nach einem Jahr soll er in Parinah die Feuer
anlegen", ähnhch ÖänkhSS. XIII 29,29, ÄpÖS. XXIII 13,13. Nur Käty
Ss. XXIV 6,34 bietet die erklärenden Zusätze ebenfalls im Lokativ : Kuru¬
ksetre Parinahi [sie] sthale 'gnyädheyam anvärambfianiyäntam bhavati. Der
Autor dieses Textes konnte sich also von der älteren Textform mit dem
bloßen Lokativ Pariruthi stilistisch nicht frei machen und ordnet deshalb
die ihm aber notwendig erscheinenden erklärenden Zusätze im Lokativ
bei. So liegt der Lokativ in diesem Text auch im unmittelbar voraus¬
gehenden Satz (KätyÖS. XXIV 6, 33) vor: aparam Vyarne Naitandhave
'gnim indhita ,,ein weiteres (Jahr) lang soll er in Vyarna Naitandhava das
Feuer unterhalten". Der Ortsname steht hier ohne erklärende Zusätze
wie in den Parallelen PB. XXV 13,1, SänkhSS. XIII 29, 28, ÄpSS.
XXIII 13,12 samvatsararh Vyarrpe Naitandhave 'gnim indhita. Dem¬
gegenüber wird im Läty ÖS. (X 18,13) eine Erklärung des Namens für
notwendig gehalten :
Naitandhavä nämärmäh Sarasvatyärh, tesäm eko vyarnas — tasmin
samvatsaram agnim indhita
„Die Naitandhavas mit Namen sind Ruinenstätten an der Sarasvati;
von denen ist eine wasserlos — in dieser soll er ein Jahr lang das Feuer
unterhalten".
6*
68 Kabl Hoffmann
Da der Ortsname VyarrjM Naitandhava „das wasserlose Naitandhava"
aus zwei Wörtern besteht, folgt auf den der altpersischen Stilfigur ent¬
sprechenden Nominalsatz Naitandhavä näma armä^ Sarasvatyäm noch
die Erklärung des Attributs vyarna- „wasserlos". Im übrigen liegt hier
eme sog. Prosthothese, d. h. Spitzenstellung der Ortsangabe vor, vgl.
Schwyzee a. a. 0. p. 36f. Sie ist aber nur ein Sonderfall des ursprüng¬
lichen „Drei-Sätze"-Typus. Da nämlich der die Ortsangabe enthaltende
Nominalsatz logisch ein Teil des folgenden Satzes ist, kann er auch eine
Erzählung oder sonstige Ausführungen beginnen. Die Anfänge der
Sanskrit-Fabeln vom Typus asti Magadhadese Campakavati nämärarjbyänll
tasyäm. .. ,,Es gibt im Magadha-Land einen Wald mit Namen Campaka¬
vati. In diesem " (Schwyzee a. a. 0. p. 37) sind aber stilistisch und
psychologisch wohl anders gelagert. Das emphatisch vorangestellte asti
scheint mir darauf hinzudeuten, daß diesem Typus gerade die paren¬
thetische Nuance fehlt.
Weitere Belege für Ortsnamen-Parenthesen enthält das Jaiminiya-
Brähmana, das nunmehr durch die Ausgabe von Raghu Viea und
LoKESH Chandea (Nagpur 1954) als Ganzes zugänglich ist. Der klarste
Fall liegt JB. III 238 vor. Der in der Ausgabe allerdings mangelhaft
edierte Passus lautet in bereits korrigierter Form :
tayor hädattayor juhäva — Indrakrosa^ ity annakas^ — tasmims tisthan:
Visvämitrajamadagni, imä Iksväkünärh gä vindadhvam iti
' Der Sandhi von juhävendrakrosa ist bier zm Verdeutlichung aufgelöst.
2 Die Lesimg ammakas (Hss. und Ausgabe) ist Schreibfehler für armniakas
(mit der üblichen Geminata naeh r). Einen Prafaitismus anzunehmen, liegt
kein Grund vor. Das hier deutliehe Genus zeigt, daß aucb RV. I 133,3
armakä- (mit pejorativem -led-) als Maskulinum und nieht als Neutriun (PW., pw., Graßmann) anzusetzen ist, was auch das maskuline Genus des zugrunde¬
hegenden drma- fordert. Die Bedeutung „Ruinenstätte (verlassene Siedlung)"
für drma- (und armakä-) ergibt sich aus TB. II 4,6,8 yesäm imd pürve drmäsa
asan j ayüpä (Text: ayüpäli) sddma vibhrtä purüni / vaisvänara tvayä te
nuttah I prthivim anydm ahhi tasthur jdnäsah. „Denen früher diese Ruinen¬
stätten gehörten, die vielen zerstreuten, pfostenlosen Wohnsitze, diese Leute haben, von dir, Vaisvänara, vertrieben, ein anderes Land besetzt". Wie sich hier zeigt, meint der Plural mehrere Ruinenstätten, drma- ist deshalb nicht
Plurale tantum „Trümmer, Ruinen" (im Sinne von einer einzigen Ruinen¬
stätte), wio die Angaben von Böhtlingk (pw.) und Monier-Williams ver¬
standen werden können. Mehrere Ruinenstätten sind auch LätyÖS. X 18,13
gemeint: Naitand/iavä nämärmäh Sarasvatyäm, te^äm eko vyarnah ,,N. mit
Namen sind Ruinenstätten an der S., eine davon ist wasserlos". Diese bereits oben (p. 67) behandelte Stelle beweist zudem die Richtigkeit der Konjektm armaka-. Im Singular ist arma- ,, Ruinenstätte, Schutthaufen, Geröll" be¬
legt VädhS. {armat . . . prthivyah ,,aus dem verlassenen Teil der Erde",
Caland, Acta Or. 5 p. 226) und LätyÖS. X 19,9 tasyäh prdbhavyam armam
präpya „nachdem er zu dem an der Quelle befindlichen Geröll dieser (Dj^ad-
vatT) gekommen ist". Vgl. noch den Ortsnamen Sthülärma-, m. PB. XXV.
10,18 und die (wegen des Akzents) von Pänini (VI 2,90) erwähnten Kom¬
posita auf -arma-, die ebenfalls als Ortsnamen aufgefaßt werden dürfen.
Die Ortsnamen-Parenthese im Altpersischen und Vedischen 69
„Da (dem Indra) diese (zwei erbetenen Falben) nicht gegeben \vurden,
rief er — Indrakroäa mit Namen ist eine Ruinenstätte — auf dieser
stehend*: Viävämitra und Jamadagni, holt euch diese Kühe der
Iksväkus!"
Wie im SB.-Beleg steht hier iti statt nüma. Ebenso fehlt die Angabe
der Lage, da aus dem Kontext hervorgeht, daß Indrakroäa am Indus
gelegen ist. Es ist bemerkenswert, daß der parenthetische Nominalsatz
an einer Nahtstelle des Satzganzen, hinter dem eigentlichen Hauptsatz
{tayor hädattayor juhäva) und vor dem nachhinkenden Partizip {tisthan),
eingeschaltet ist, so daß eine ähnliche Entwicklung, wie sie bei dem Zu¬
standekommen der altpersischen Parenthesen gezeigt \vnrde, angenom¬
men werden darf. PB. XIII 5,1.5 wird der Ortsname Indrakrosa- nicht
für erklärungsbedürftig gehalten und steht deshalb im Lokativ : etena vä
Indra Indrakrose Visvämitrajamadagni imä gäva ity akrosat ,,Mit diesem
(Säman) rief Indra in Indrakroäa: Viävämitra und Jamadagni, hier sind
Kühe!"
Ein weiterer Fall einer Ortsnamen-Parenthese findet sich JB. III 64
in einer Darstellung der Dadhyanc-Legende, in der Indra die Forderung
stellt, den abgeschlagenen Pferdekopf des Dadhyafic zu suchen:
tad dhänvlsuh. icchann asvasya yac chirah parvate,sv apasritam tad vidac
Charyanävatiti. — Saryanävad dha nämaitat Kuruksetrasya jaghanärdhe
saraskam — tad etad anuvidyäjahruh.
,, Diesen (Pferdekopf) suchten sie". „Suchend den Kopf des Pferdes,
der in den Bergen verborgen war, fand er diesen im Saryanävat",
so heißt es, (nämlich RV. I 84, 14). — Saryanävat mit Namen ist dieser
Teich im Westteil des Kuru-Landes — da {tad) fanden sie diesen {etad,
nämlich den Kopf) und brachten ihn herbei".
Der Verlauf der Erzählung wird durch das RV.-Zitat unterbrochen.
Der folgende Nominalsatz (,,Saryanävat mit Namen ...") ist zunächst
eine Erklärung des Ortsnamens Saryanävat im RV.-Zitat und weicht
deshalb auch etwas vom üblichen Typus ab (Partikel ha und etat ...
saraskam ,, dieser bekannte Teich"). Doch enthält der wäma-Satz als
Bestandteil der Prosa-Erzählung die für diese unbedingt notwendige
Ortsangabe. So liegt also bei Ausklammerung des RV.-Zitats der ur¬
sprüngliche „Drei-Sätze"-Typus vor.
1 Da das zwischen Indrakrosa und Vi6vamitra- stehende Textstück in der
Caland zur Verfügung stehenden Handschrift ,, heillos verdorben" war,
mußte Caland Konstruktion und Sinn unklar bleiben, vgl. JB.-Ausuxihl
p. 282 und PB.-Transl. p. 324. Trotz der fast korrekten Lesungen in den
Handsehriften K und C haben aber auch Raghu Vira imd Lokesh Chandra
die Konstruktion nieht verstanden, wie das falsch gesetzte Satzzeichen naeh
Indrakro.ia iti zeigt.
70 Karl Hoffmann
Die hier gegebene Textform schheßt sich der JB.-Ausgabe an {saras¬
kam I tad etad), was die regelrechte Normalisierung des handschriftlichen
saraskantadetad darstellt. Die Konjektur Oertels, der JAOS. 18 p. 17
die Silbe -kan- streicht und sarah. tad etad herstellt, ist unnötig. Das
bisher unbezeugte saraska- ist reguläre Deminutivbildung zu saras-
,, Teich" wie AV. VI 18,3 manaskd- zu mdnas-. Einen anderen Weg geht
Caland, der JB.-Auswahl p. 320 Anm. 1 sarah skandad; etad vermutet.
Ghosh, Colleetion of the fragments of lost Brähmanas p. 15 (vgl. p. 18)
setzt Sarah skandate ; tad in den Text, wobei er die in Venkatamädhavs
Kommentar zu RV. I 84, 14 gegebene Parallele aus dem Sätyäyana-
Brähmana (Hs. dharaskandate tad) ebenso deutet unter Verweis auf
Säyanas Paraphrase sarah syandate. Der wesentliche Einwand gegen
diese Konjekturen liegt darin, daß dann entweder die Wiederaufnahme
des Ortsnamens {tad)^ oder der ebenso unentbehrliche Bezug auf den
Pferdekopf {etad) fehlen würde. Außerdem ist zu fragen, was sarah
.^kandat ,, springender, spritzender Teich" bzw. sarah skandate ,,der Teich
spritzt" (mit singulärem Medium von skand, Ghosh p. 18) eigentlich
bedeuten soll. Die Konjekturen von Caland und GHOSH,'die ebensowenig
wie Oertel die Ortsnamen-Parenthese als solche erkannt haben, müssen
allerdings im Zusammenhang mit JB. II 300 gesehen werden, wo die
Handschrift G saraskandantan {diksäyai) bietet. Auch hier vermutet
Caland, JB.-Auswahl p. 320 Anm. 1 sarah skandat; lad {diksäyai). Die
von Raghu Vira neu entdeckte, im allgemeinen bessere Handschrift K
liest aber saraskantan. Es ist offensichtlich, daß der Schreiber von G,
dem ,9aras^;a-,,Teich" ungeläufig war, in dem Komplex irgendeine Form
von skand vermutet hat und deshalb saraskantan zu saraskandantan ge¬
ändert hat. Es ist ihm dabei derselbe Fehler unterlaufen wie Veiikata-
mädhava mit seinem dharaskandate lad, dessen unpassendes skandaie
,, springt, spritzt" Säyana durch die Änderung syandate ,, fließt" zu
mildern suchte. Da mir die oben gegebene Textgestaltung von JB. III 64
so gut wie sicher erscheint, so muß sich die Normalisierung und Ver¬
besserung des jedenfalls im Auslaut unrichtigen saraskantan (Ausgabe:
.taraskandantam) danach ausrichten. Der Satz (JB. II 300) lautet dann:
tesäm u tesäm — Parlyad iti Kuruksetrasya jaglianärdhe saraskaih
— lad diksäyai
1 täd ,,dort", gewöhnlich Korrelativ zu yätra (Delbrück, Altind.. Syntax
p. 217, MiNARD, Trois inigmes p. 312 § 849c), steht ohne Relativ auch
ÖB. XI 5,1,4 tdd dlia td apsardsa ätdyo bhütvä pdri pupluvire ,,Dort schwam¬
men diese Nymphen als Enten herum". Dieser Satz folgt unmittelbar auf
den oben p. 66 genannten Passus. Die Ortnamen-Parenthese Anyätahplaksiti bisavatl wird also nicht nur mit täsyai (hädhyantina vavräja), sondern weiter¬
hin auch mit täd ,,dort" wie im JB.-Beleg wieder aufgenommen.
Die Ortsnamen-Parenthese im Altpersisehen und Vedischen 71
„Diesen (dient) — Parinah mit Namen ist im Westteil des Kuru-
Landes ein Teich — dieser zur Weihe."
Hier liegt der einzige Fall vor, wo das resumptive Pronomen als
Nominativ zu fassen ist, da am Dativ diksäyai nicht gerüttelt werden
kann. Die normale Ausdrucksweise (rait diksä als Norainativ) liegt
z. B. JB. II 297 vor: tesäm Sarasvatyä Upamujjane diksä ,, diesen ist bei
S. U. die Weihe". Der Narae Parirjah-, auch TÄ. V 1,1 Parlndj jaghanär- d!ÄaÄ„P. ist derWestteil (des Kuru-Landes)", wird hier als Teich {saraska-),
LätySS. X 19,1 (s. oben) aber als Bodenerhebung {sthali-, vgl. KätySS.
sthala-) bezeichnet. Die Autoren, die den Namen für erklärungsbedürftig hielten, waren sich also über seine Bedeutung nicht ira Klaren. Allerdings
könnten beide Aussagen zurecht bestehen. Da näralich parinah- als
Appellativum „Umfassung, Verschlag, Truhe, Wagenkasten" (PW.) be¬
deutet, könnte es sich ura eine kraterähnliche Bodenerhebung, die einen
Teich einschließt, handeln.
Des Überblicks halber seien noch einraal die nun bekannten sechs
vedischen Ortsnamen-Parenthesen zusararaengestellt:
LätySS. X 19,1 Parinan näma sthali Kuruksetre — tasyäm ...
LätySS. X 18,13 Naitandhavä nämärmäh Sarasvatyäm, tesäm eko
vyarnas — tasmin ...
JB. III 64 Saryanävad dha nämaitat Kuruksetrasya jaghanärdhe sara¬
skam — lad ...
JB. II 300 Parinad iti Kuruksetrasya jaghanärdhe saraskarh — tad ...
JB. III 238 Indrakrosa ity armakas — tasmin .. .
Sb. XI 5,1,4 Anydtahplaksiti bisavatl — tasyai ...
Davon gehören ÖB. XI 5,1,4, JB. III 64, LätySS. X 18,13 dem ur¬
sprünglichen „Drei-Sätze"-Typus an, JB. II 300, JB. III 238 und
Läty ÖS. X 19,1 sind Parenthesen ira Satz. Die Aufstellung zeigt, daß
kein wesentlicher Unterschied zwischen der Verwendung von näma und
der von iti bestehen kann*.
Wenn durch diese vedischen Belege, wie ich glaube, die Ortsnamen-
Parenthese als indoiranische Stilfigur erwiesen wird, so wird man auch
für die im Altpersischen üblichen parenthetischen Nominalsätze zur Ein¬
führung von (erklärungsbedürftigen) Personennamen keinen fremden
Ursprung mehr vermuten dürfen. Diese altpersische Personennamen-
Parenthese rauß aber wohl als eine im Ganzen selbständige Ausbildung
* Eine seltsame Konstruktion findet sich PB. XXV 10, 18 sa etad avabhrtliam
abhyavaid ya esa uttarena Sthülärmarri hradas. tad dhäsya satam gävah sa-
hasrarn sampeduh „Er (Namin Säpya) begab sich zum Entsühnungsbad zu
diesem {etad), welches dieser (bekannte) See im Norden von Sthülärma ist.
Dort {tad) würden seine hundert Kühe zu tausend." Hier ist also der Name
des Sees nieht genannt, sondern dureh den Relativsatz nur seine Lage
angegeben.
72 Kabl Hoffmann
von vorhandenen stihstischen Möghchkeiten betrachtet werden. Trotz
zahlreichen Vorkommens von Personennamen bietet nämlich die
vedische Prosa keine genaue Entsprechung für diese Erscheinung, doch
läßt sich der Boden, auf dem die altpersische Stilfigur gewachsen ist,
immerhin noch erkennen. Zunächst werden im Vedischen wie später
(vgl. z. B. äsid räjä Nah näma) Erzählungen mit Nominalsätzen, die
einen Personennamen enthalten, eingeleitet, so JB. I 161 Dlrghajihvi
ha vä anury äm ,, Dlrghajihvi war eine Dämonin". Liegt auch kein Anlaß
vor, hier etwas anderes sehen zu wollen als eben den ersten Satz einer
Erzählung, so kann derselbe Satztypus im Innern einer Erzählung aber
doch eine „parenthetische" Nuance erhalten. So heißt es in derselben
Legende: ,, Indra konnte die Dirghajihvi nicht packen. Da sagte er:
niemand soll opfern; die Dlrghajihvi pflegt ja jeden Soma zu belecken.
Sumitra Kautsa nun war schön {atha ha Sumitrah Kautso darianiya äsa).
Zu diesem sprach Indra : ..." Der Nominalsatz, der den Namen Sumitra
einführt, ist so, wie er dasteht, sicher ein erzählender Satz, logisch aber
ist er eine Parenthese, die den Ablauf der Handlungen Indras unter¬
bricht. Daß Entsprechungen der altpersischen Personennamen-Paren¬
these jedoch auch im Vedischen in gewissen Sprechsituationen vorkamen,
darauf deutet wenigstens e i n vergleichbarer Einzelbeleg ( SB. III 1,1,25):
dtha ydd ürdhvdrn casdläd dvyanguldrh vä tryanguldrh vä — sädhyd iti
devas — tina tisärh lokdrh jayati
„Was zwei oder drei Finger breit über dem Knauf (des Opferpfostens)
ist — Sädhyas mit Namen sind Götter — damit ersiegt er deren Welt".
Da sädhyd iti deväs syntaktisch der Ortsnamen-Parenthese Indra¬
krosa ity armakas gleichgebaut ist, darf hier m. E. kein Nominativus
pendens (so Oertel, Syntax of cases p. 30) angenommen werden.
Korrektur-Zusatz:
Die Durchsicht einiger Päli-Texte, die mein Schüler Helmut Fischer
nach den Indices vorgenommen hat, liefert im Wesentlichen die gleiche
Art der Ortsnamen-Parenthese. Der ,,Drei-Sätze"-Typus liegt z. B. vor
DN. II 290 (MN. 1 55, II 261) ekam samayam Bhagavä Kurüsu viJmrati. —
Kammässadhammarh näma Kurünarh nigamo. — tatra kho Bhagavä
bhikkhü ämantesi. 'Einmal weilte der Erhabene bei den Kurus. —■
Kammässadhamma mit Namen ist ein Marktflecken der Kurus. — Dort
sprach er die Mönche an', ebenso MN. I 271. 281 (Assajmrarh), II 214
(Devadaharh), ähnlich MN. III 104 (Nagarakarh). Im Gegensatz zum
Vedischen und Altpersischen, wo der näma-Satz logisch ein Teil des
folgenden Satzes sein kann, findet sich im Päli des öfteren Opisthothese,
d. h. der näma-Satz bietet die genauere Ortsbestimmung des voraus-
Die Ortsnamen-Parenthese im Altpersischen vmd Vedischen 73
gehenden Satzes. Das ist z. B. DN. II 55 der Fall, wo die selben zwei
ersten Sätze wie in dem oben gegebenen Beispiel (DN. II 290) stehen
und logisch eine Einheit bilden, weil auf sie nicht tatra 'dort', sondern
temporales atha 'da' folgt, ebenso z. B. DN. III G (Uttarakä), MN. I 359.
447 ( Äpanarh j , 1 387 ( Haliddavasanarh,) , ähnlich II 118 CMedalumpam) .
Der erklärende Charakter dieser Opisthothese wird deutlich aus Vin.
II 180 . . . Bhagavä Anupiyäyam viharati — Anupiyamnäma Mallänarh
nigamo 'Der Erhabene weilte in Anupiyä — Anupiya mit Namen ist ein
Marktflecken der Mallas.' Durch Nachstellung weiterer lokaler Bestim¬
mung wird die Opisthothese zur Parenthese. So folgt auf die oben
genannten zwei ersten Sätze von DN. II 290 in MN. I 501 Bhäradvä-
jagottassa brähmanassa agyägäre tinasantharake 'Einmal weilte der Er¬
habene bei den Kurus — Kammässadhamma mit Namen ist ein Markt¬
flecken der Kurus — im Feuer-Haus eines Brahmanen aus dem Bhära-
dväja-Geschlecht, auf einer Gras-Matte. 'Weiteres Beispiel DN. II 263.
264: ekarh samayam Bhagavä Magadhesu viharati — päcinato Räjagahassa
Ambasandä näma brähmanagämo — tass' uttarato Vediyake pabbate
Indasälaguhäyarh, 'einmal weilte der Erhabene bei den Magadhas — im
Osten von Räjagaha ist ein Brahmanendorf mit Namen Ambasandä —
nördlich davon auf dem Berge Vediyaka in der Indasäla-Grotte'. Der
gleiche Fall wie im Vedischen und Altpersischen, wo der näma-Satz
logisch einen Teil des folgenden Satzes bildet, findet sich aber DN. III
9: puratthimena Vesäliyarii Udenarh nämacetiyarh — tarh nätikkamey yam
'östlich von Vesäli ist das Heiligtum Udena mit Namen — über dieses
will ich nicht hinausgehen' (mit drei weiteren Parallclsätzen), und ebenso
(als Parenthese) DN. II 160 (161): puratthimena dvärena nikkhamitvä —
puratthimato nagarassa Makutabandhanarh näma Mallänam cetiyarh —
ettha Bhadavato sariram jhäpessämäti 'durch das östliche Tor heraus¬
geschritten — östlich der Stadt ist Makutabanbhana mit Namen, ein
Heiligtum der Mallas — werden wir hier den Leichnam des Erhabenen
verbrennen'.
Als parenthetische Einführungen von Personennamen seien ab¬
schließend außer DN. II 268 (Bhaddä und Sikhaddhi) genannt DN. III 8
(Kälakanjä nämä asurä), III 117 (Vedhannä näma Sakyä), da sie die
oben vertretene Auffassung von sädhyd iti deväh ÖB. III 7, 1, 25
bestätigen.
ü
The Numerical System of Classification of
Catchwords in Tibetan Lexicography
By Kamil Sedlacek, Prostejov
0.0.0. The easy, quick and rehable numerical system of classification of
catchwords in Tibetan lexicography, which we beg to set before our
readers here for discussion , came about as a result of our experiences during
the compilation of our manuscript of the modern Tibetan-English-
Technical Dictionary.
We then came to the conclusion that the arrangement of Tibetan
catchwords according to the old Tibetan method is both very difficult
and time-consuming. Authors were compelled to exercise unrelenting
vigilance so as to avoid the incorrect arrangement of some Tibetan
catchwords. As a consequence, this old method of lexicographical
arrangement was very exhausting, and a little carelessness, as, e.g., the
upsetting of a box with sorted cards, could destroy in a moment the
results of many weeks of hard work, since there was no system, by means
of which it was possible to register also the alphabetical sequence of
sorted cards containing Tibetan catchwords.
Consequently, during our lexicographical work we have tried to
develop a satisfactory numerical system, on the basis of which we could
give any Tibetan catchword whatever its invariable numerical value of
classification so that it would be possible to register it on the sorting
card simultaneously with further lexicographical data.
The main requirement here was that this system should also be
available for mechanical sorting by means of separators currently used
for similar purposes.
A big encouragement for our efforts in this field was the fact that in
sinology, a similar system of classifying Chinese ideographs according
to the shape of strokes in their four corners (which are numerically
expressed in the sequence from left above to right below) had already
been developed.
This system of classifying Chinese ideographs having numerical ex¬
pressions of five digits is already currently used by Chinese scholars in
their contemporary lexicographical works, see, e.g., the good Chinese
dictionary mßi^^MMM or the brochure ^ ^ # K ^
fii ^ ^ by J ^ and where the numerical system of five
digits is explained in detail.