Bei arktischen Temperaturen
alles unter Kontrolle Größere Reichweite von Elektrofahrzeugen dank
Innovationen
Nickellegierungen im Weltall widerstehen Hitze und Kälte
Nickel vergrößert die Bandbreite an den Extremen
NICKEL, JHRG. 35, NR. 3, 2020
NICKEL DIE FACHZEITSCHRIFT FÜR NICKEL UND SEINE ANWENDUNGEN MAGAZINE
DAVID-LEVENE FÜR WILLIAM MATTHEWS ASSOCIATESMILLSTOCK STAINLESS
FALLSTUDIE 20 TINTAGEL-BRÜCKE
Die Ruinen der Burg Tintagel im englischen Cornwall werden schon seit langem mit dem legendären König Arthur und den Rittern der Tafelrunde in Verbindung gebracht. Ein Teil der Ruinen befindet sich auf einer Landzunge, die durch eine schmale Schlucht mit steilen Felsklippen vom Festland getrennt ist. Bis vor kurzem musste zur Überquerung dieses Abgrunds einem schwer begehbaren Pfad nach unten gefolgt werden, an dessen Ende eine kurze Fußgängerbrücke stand, und auf der anderen Seite musste ein ähnlicher Pfad nach oben erklommen werden.
Die Schlucht wird jetzt über eine 2019 fertig gestellte Fußgängerbrücke in höherer Lage überquert. Diese neue Brücke besteht aus zwei Ausleger- teilstücken, die hoch über der Schlucht aufeinander treffen.
Wegen der schmalen Wege zu dieser Sehenswürdigkeit und der begrenzten Einsatzfähigkeit von Hubausrüstungen wurde eine Bauweise gewählt, bei der sechs relativ einfach handzuhabende, vorgefertigte Stahlkomponenten mit geringem Gewicht vor Ort zusammen- gebaut wurden.
Um in dieser Meeresumgebung lang- fristige Stabilität und Lebensdauer sowie hohe Festigkeit und ein glitzern- des Äußeres zu gewährleisten, wurden wichtige Elemente der Brücke aus 20 Tonnen nickelhaltigem Duplex-Edelstahl 2205 (UNS S32205) gefertigt. Dieses Material wurde für die Diagonalstreben zur Verbindung der unteren und oberen
Gurte, die Querbalken, Querträger, Brückendeck-Verstrebungen und das Geländer sowie für zwei Deckausrich- tungskegel in einer Größe von 50 mm (Durchmesser) x 430 mm, maschinell bearbeitete Verbindungsblocks für die Auslegerteilstücke, polierte Stangen (30-65 mm Durchmesser) zur Ver- bindung der oberen und unteren Brückengurte, Tabletts zur Fixierung der Schieferplatten des Brückendecks sowie für die polierten Balustradenkomponenten verwendet. Außerdem wurden ca.
2,7 Tonnen von im Lichtbogen-Laser- Hybridverfahren spezialangefertigten, ungleichmäßigen T-Stücken (272 Stäbe, 70 mm x 60 mm hoch) verbaut.
Diese elegante, 66 m lange und 2,4 m breite Brücke ermöglicht jetzt einen viel einfacheren Zugang für Besucher, die diese Burgruine Jahr für Jahr auf den Spuren des legendären Königs Arthur besuchen.
Die Tintagel-Brücke wurde von Ney &
Partners (leitende Architekten und Statikingenieure) und William Matthews Associates (mitwirkende Architekten) entworfen. Mit den Stahlarbeiten wurde Underhill Engineering Ltd. beauftragt;
die Bauaufsicht hatte American Bridge.
Das Steel Construction Institute (SCI) und Arup Materials untersuchten die Korrosivität am Standort und waren beratend an der Materialauswahl beteiligt.
Die als Spezialanfertigung hergestellten Duplex-T-Stücke wurden von Millstock Stainless geliefert und von Montanstahl in der Schweiz hergestellt.
NICKEL, JHRG. 35, NR. 3, 2020 | 3
Das vergangene Jahr war ein Jahr der Extreme. Fast alle von uns mussten auf dieeine oder andere Weise mit den besonderen Herausforderungen des Jahres 2020 fertig werden. An den Extremen zu operieren, also in der größtmöglichen Entfernung von dem bisher als „normal“ geltenden Punkt, ist für uns jetzt nichts Neues
mehr. Und nicht jeder Anwärter besteht die mit diesen besonderen Bedingungen einhergehenden Prüfungen!
Genauso verhält es sich auch in der Ingenieurwissenschaft und im Konstruktionswesen. Um unsere Ziele zu erfüllen, Lösungen bereitzustellen, die den menschlichen Anforderungen und steigenden Erwartungen genügen, um das Extrem zu erreichen und neue Möglichkeiten zu erkunden und dabei stets Nachhaltigkeit, längere Lebensdauer und einen möglichst niedrigen Kosten- punkt im Auge zu behalten, haben wir einen wichtigen Helfer: Nickel.
In dieser Ausgabe des Nickel Magazine untersuchen wir einige der Anforderungen an Materialien und wie sie mit Nickel erfüllt werden können – vom Widerstand gegen Temperaturextremen in chemischen Reaktionen und bei der Stromerzeugung bis zur Resilienz in extremen arktischen oder Meeresumgebungen. Mit der Aussicht auf die „Millionen-Meilen“-Batterie für Elektrofahrzeuge der nächsten Generation macht Nickel dank seiner hohen Widerstands- und Leistungsfähigkeit eine extreme Zykluslebensdauer von Stromzellen möglich, aber auch Nickellegierungen, die an den Extremen unseres Universums zum Einsatz kommen. Das Leben auf dem Mars wird nur mit nickelhaltigen Materialien möglich sein, denen die niedrigen Temperaturen auf dem roten Planeten nichts anhaben können.
Hier auf unserer Erde unterstützt das Nickel Institute Ingenieure und Werkstoffspezialisten bei der zuverlässigen Spezifi kation nickelhaltiger Materialien. Zu diesem Zweck aktualisieren wir auch ständig unsere umfassende Bibliothek kostenlos verfügbarer technischer Literatur. Unsere neueste Publikation zu Meerwasser-Kühlsystemen fi nden Sie auf Seite 15.
Ungeachtet der vielen Ungewissheiten, die das nächste Jahr mit sich bringen wird, wissen wir eines mit Bestimmtheit: Nickel wird weiterhin dazu beitragen, viele unserer derzeitigen Herausforderungen zu meistern, auf zwar auf sichere, saubere, zuverlässige und zielgerichtete Weise.
Clare Richardson Redaktion, Nickel
EDITORIAL:
NICKEL AN DEN EXTREMEN
Die Princess-Elizabeth-Forschungssta- tion muss den extremen Bedingungen in der Antarktis standhalten. Dazu besteht die Fassade aus nickelhalti- gem Edelstahl 304L, der wegen seiner Festigkeit und Widerstandsfähigkeit bei Temperaturen deutlich unter -60 °C gewählt wurde.
© INTERNATIONAL POLAR FOUNDATION - RENÉ ROBERT
Politik
ex•trem
ex|trem
Logik Defi nitionen unter:
Adjektiv
1. einen hohe oder den höchsten Punkt erreichen; sehr groß.
„extrem kalt“
Ähnlich:
2. am weitesten von der Mitte oder einem bestimmten Punkt entfernt; am äußersten Punkt.
„der extreme Nordwesten Schottlands“
Ähnlich:
äußerst
am weitesten weit entfernt
am weitesten entfernt ganz weit draußen am größten sehr viel
am äußersten
INHALT
Das Nickel Magazine ist eine Publikation des Nickel Institute www.nickelinstitute.org
Dr. Hudson Bates, Verbandspräsident Clare Richardson, Chefredakteurin communications@nickelinstitute.org
Autoren und Mitarbeiter: Parvin Adeli, Gary Coates, Catherine Houska, Richard Matheson, Geir Moe, Kim Oakes, Ken Rudisuela, Frank Smith, Benoît Van Hecke, Odette Ziezold
Entwurf: Constructive Communications
Das Textmaterial wurde zur allgemeinen Information des Lesers erstellt und sollte nicht als Grundlage für spezifi sche Anwendungen verwendet werden, ohne dass vorher fachmännische Beratung eingeholt wurde. Obwohl das Textmaterial nach unserem besten Wissen korrekt ist, garantieren das Nickel Institute, seine Mitglieder, Mitarbeiter und Berater nicht seine Eignung für eine allgemeine oder spezifi sche Anwendung und übernehmen keine Haftung oder Verantwortung irgendeiner Art im Zusammenhang mit den hierin enthaltenen Informationen.
ISSN 0829-8351
In Kanada von der Hayes Print Group auf Recyclingpapier gedruckt
Titelseite: © International Polar Foundation - René Robert Bildnachweise:
S. 6 iStock©Jae Young Ju
02
Fallstudie Nr. 20 Tintagel-Brücke03
Editorial An den Extremen04
Beachtenswertes zum Thema Nickel06
„Millionen-Meilen“-Batterie Nickelhaltige Einkristall- Kathoden08
Temperaturen unter Null Mit Edelstahl alles unter Kontrolle11
Extreme Hitze Nickel packt das12
An den Extremen Nickellegierungen im Weltall14
Technische Fragen und AntwortenInjektionsnadeln und Nickelallergie
15
Steve Barnett 1954-202015
Neue Publikation Meerwasser-Kühlsysteme15
UNS-Details16
Zukunftsfest machenHarlem Fire Watchtower restauriert
Faszinierender Klang
Der britische Gong-Hersteller Philip James (Turiya sounds) stellt alle seine Instrumente aus Neusilber her. „Der Klang eines Gongs ist einzigartig“, erklärt James, „weil er den Hörer beim Erreichen eines tief meditativen, transzendierenden Bewusstseinszustands hilft.“ Neusilber ist ein ideales Material für die Gongherstellung und hat unübertroffene Resonanzmerkmale.
„Als ich zum ersten Mal einen Gong hörte, transportierte mich der Klang an einen magischen Ort“, so James. „Seitdem bin ich von Gongs fasziniert.“ Das britische Unternehmen Columbia Metals lieferte Bleche aus NS104 (UNS C75700) in einer Stärke von 0,8 bis 1,6 mm, die 12 % Nickel enthalten und viel korrosions- und anlaufbeständiger sind als herkömmliche Messingmaterialien. „Bei der Gongherstellung reicht wirklich nichts an Neusilber heran“, so James. „Es ist einfach erstaunlich.“
NATIONAL UNIVERSITY OF SINGAPORE
PHILIP JAMESROYAL CANADIAN MINT
NICKEL B E A C H T E N S W E R T E S Z U M T H E M A
Ananas-Blätter-Upcycling
Mit dieser tollen neuen Idee können Tonnen von Ananas-Abfall in ein ultraleichtes, kostengünstiges Mehrzweck-Aerogel umgewandelt werden. Forscher der
National University of Singapore (NUS) haben eine Methode entwickelt, mit der Fasern aus Ananas-Blättern mit dem chemischen Stoff Diethylentriamin (DETA) beschichtet werden, um umweltfreundliche Aerogele herzustellen, die vier Mal mehr Nickelionen aus Industrieabwasser entfernen können als herkömmliche Methoden. Dazu Duong Hai-Minh, Teamleiter und Privatdozent: „Aufgrund ihrer hohen Porosität sind umweltfreundliche Aerogele beim Entfernen von Metallionen sehr effizient, und das auch in verdünnten Lösungen mit geringen Mengen an Metallionen. Der Behandlungsprozess ist einfach und kostengünstiger und er verursacht keinen Sekundärmüll. Umweltfreundliche Aerogele können die Metallionen leicht absorbieren und mehrmals wiederverwendet werden, wodurch die Kosten noch mehr gesenkt werden können. Dieses vierjährige Projekt, bei dem andere nützliche Anwendungen entwickelt wurden, bedeutet einen großen Schritt hin zu einem nachhaltigen Agrar- und Müllmanagement.“
ANTONY VAN DER ENTCWTEC
NATIONAL UNIVERSITY OF SINGAPORE
PHILIP JAMESROYAL CANADIAN MINT
NICKEL, JHRG. 35, NR. 3, 2020 | 5
Die unverkennbare neonblau-grüne Farbe von Harz signalisiert einen Nickelgehalt vonbis zu 25 % in seltenen Pflanzen, die hohe Metallkonzentrationen lieben und deren Wurzeln Metalle anziehen wie ein Magnet. Bis heute wurden weltweit ca. 700 solcher so genannter Hyperakkumulatoren entdeckt. In Feldstudien wurde die Fähigkeit dieser Pflanzen, in metallreichen Böden besonders gut zu gedeihen, untersucht. Diese Pflanzen können im sog. Phytomining abgebaut werden, bei dem das Harz gesammelt und dann verarbeitet wird, um reines Nickel zu extrahieren oder nickelhaltige Chemikalien herzustellen, die z. B. beim Galvanisieren eingesetzt werden können.
Während der herkömmliche Bergbau zum Abbau von Metallen aus hochwertigen Lagerstätten sehr viel wirtschaftlicher ist, ist Phytomining in nicht ganz so hochwertigen Oberflächenlagerstätten in ultramafischen Böden in tropischen Regionen wie Kuba, Neukaledonien, Australien und Malaysia verbreitet. Es wurde festgestellt, dass der Boden nach dem Phytomining fruchtbarer und besser für den Anbau von Nutzpflanzen geeignet ist.
Auf der Nase
Sie kennen das Gefühl, wenn ein nicht ganz richtig sitzender COVID- Mund-Nasen-Schutz dazu führt, dass die Brille beschlägt? Mit Nickel lässt sich dieses Problem beheben und für unsichtbaren Komfort sorgen.
Das deutsche Unternehmen cwTec nutzt ein feines, nickelhaltiges Edelstahlband der Norder Band AG, damit die Masken von Mitarbeitern in systemrelevanten Berufen wie z. B. im Gesundheitswesen, die Brillen tragen und trotzdem stets den Durchblick behalten müssen, besser sitzen. Das keinerlei Allergien verursachende Band ist nicht nur einfach zu
beschaffen, sondern kann zusammen mit den anderen Materialien des Mund- Nasen-Schutzes recycelt werden. Ein tolles Ergebnis, und das mit nur einem Gramm nickelhaltigen Edelstahls!
Produktiver Pflanzenmagnetismus
Auf die Herkunft des Begriffs
„Millionen-Meilen“-Batterie angesprochen, meint Dahn: „Das hat sich bei unserer Arbeit einfach so ergeben. Wir veröffentlichten einen Aufsatz und in einem Satz der Kurzfassung hieß es: ‚Wir haben nachgewiesen, dass Elektrofahrzeuge mit Akkus wie diesen eine Million Meilen fahren könnten.‘ Das ist bei den Medien wohl hängen geblieben.“
Für die Hersteller von Elektrofahrzeugen und die Entwickler von Akkus hat das Überwinden der Reichweitenvorbehalte der Verbraucher hohe Priorität. Professor Jeff Dahn von der Dalhousie University und sein Team am Institut für Physik und Atmosphärenwissenschaften im kanadischen Nova Scotia arbeiten an einer bahnbrechenden Einzelkristall-Technologie, die heute ein vielversprechender Kandidat ist, der dieses Problem in Zukunft lösen kann.
„Unser Ziel ist es, die Kosten zu senken, die Energiedichte zu erhöhen und die Lebensdauer von Li-Ionen-Zellen zu verbessern“, so Professor Dahn, ein anerkannter Pionier bei der Entwicklung von Lithium-Ionen-Akkus, wie sie weltweit in Laptopcomputern und Mobiltelefonen eingesetzt werden.
Bei Labortests konnte sein Team nach- weisen, wie Einzelkristall-Technologie in nickelhaltigen Kathoden dem sog. Micro- cracking (Bildung von mikroskopischen
Rissen) widerstehen kann, das bei typischen Elektrodenmaterialien auftritt.
Dahn: „Typische Kathodenpartikel sind in der Regel in zufälligen Richtungen angeordnet. Beim Laden und Entladen, wenn Lithium wiederholt zwischen Schichten der Kathode eingeführt und dann extrahiert wird, ändert sich das Volumen. Diese Änderungen sind nicht in allen Richtungen gleich, und die Änderungen in der senkrecht zu den Schichten verlaufenden Richtung sind
EINE NEUE, KRISTALLKLARE LÖSUNG INNOVATION ZUR VERGRÖSSERUNG DER REICHWEITE VON ELEKTRO-
FAHRZEUGEN
DANNY ABRIEL VON DER DALHOUSIE UNIVERSITY
NICKEL, JHRG. 35, NR. 3, 2020 | 7
sehr groß. Wenn sich zwei Primärpartikelberühren, kommt es zu diesem Volumenunterschied und dadurch evtl.
auch zum Microcracking des Partikels, wodurch dieses in viele kleine Teile zerbricht. Damit gehen der elektrische Kontakt und der Zugang zur aktiven Masse der Kathode verloren.“
„Ein Einzelkristall-Partikel hingegen ist ein Kristallit, also ein etwa zwei bis drei Mikrometer großes Partikel.
Dabei handelt es sich um einen ganzen Einzelkristall ohne Körnungsgrenzen, sodass das gesamte Partikel als Ganzes expandiert und sich zusammenzieht.
Das bedeutet, dass das Aufrechterhalten einer elektrischen Verbindung mit diesen Partikeln während ihrer Expansion und Kontraktion recht einfach ist. Mit einem Einzelkristall kann während des gesam- ten Lade-Entladezyklus eine 100-prozenti- ge Verbindung mit der aktiven Masse der Kathode aufrechterhalten werden – eine aufregende Sache!“
Das Dalhousie-Team arbeitet an ver- schiedenen nickelhaltigen Einzelkristall- Kathoden mit dem Vorteil, dass sie viel- fache Lade- und Entladezyklen tolerieren und gleichzeitig eine hohe Energiedichte bieten. Ein von Dahn und seinem Team im Journal of The Electrochemical Society veröffentlichter Aufsatz kommt zu dem Schluss, dass „Zellen dieses Typs in der Lage sein sollten, ein Elektrofahrzeug
über eine Strecke von mehr als
1,6 Millionen Kilometer anzutreiben und ihre Stromspeicherfähigkeit mindestens 20 Jahre lang zu behalten.“
20 Jahre Lebensdauer
Dadurch könnten die Akkupacks von Elektrofahrzeugen so lange wie das damit betriebene Fahrzeug selbst halten.
Darüber hinaus entstehen durch den Wechsel auf einen Einzelkristall keine nennenswerten Mehrkosten.
„Wenn wir in unserem Labor Einzel- kristalle herstellen, nehmen wir lediglich bei der Kristallzüchtung geringfügige Änderungen vor und behandeln den Kristall dann mit einer etwas höheren Temperatur. Beim gesamten Syntheseprozess gibt es keine fundamentalen Unterschiede.“
Im Endeffekt geht es um die Entwicklung der „Millionen-Meilen“-Batterie.
„Das zeigt, dass es wichtig ist, Tests über sehr lange Zeiträume durchzuführen.
Von den in diesem Millionen-Meilen- Batterie-Aufsatz beschriebenen Zellen werden manche immer noch getestet.
Ich habe sie mir erst neulich wieder angesehen. Sie sind jetzt seit drei Jahren in Betrieb. Die Zimmertemperatur-Zellen haben inzwischen ca. 9500 Zyklen hinter sich (das ist weit mehr als eine Million gefahrene Meilen), und das bei einem Leistungsverlust von nicht einmal 10 Prozent. Ist das nicht unglaublich?“
(A, a),
SEM-Bilder eines gewerblichen Einzelkristalls von Li[Ni0,5Mn0,3Co0,2] O2 (NMC532) (sog.SC-532) Material mit großer Korngröße von ca. 3 μm 1.
(B, b)
SEM-Bilder von gewerblichem Polykristallin (NMC532) ohne Beschichtung (UC-532) 1.
1. Li J., Cameron A. R., Li H., Glazier S., Xiong D., Chatzidakis M., Allen J., Botton G. A. und Dahn J. R. 2017 J. Electrochem. Soc. 164 1534
NICKEL, JHRG. 35, NR. 3, 2020 | 7
DANNY ABRIEL VON DER DALHOUSIE UNIVERSITY
ALLES IM GRIFF MIT NICKEL
BEI TEMPERATUREN UNTER NULL
Wenn es kälter wird oder gar gefriert, verlieren wir leicht die Kontrolle. Ob Menschen oder Fahrzeuge – wir sind alle schon mal auf Glatteis geraten. Aber wie kann uns Nickel helfen, Technologien buchstäblich „im Griff“ zu behalten, wenn die Temperatur Richtung absolutes Minimum sinkt?
Werkstoffe für Temperaturen unter Null
Austenitischer Edelstahl (in der Regel mit einem Nickelanteil von 7 bis 25 %) besitzt eine hervorragende Festigkeit bei sehr niedrigen (kryogenen) Temperaturen.
Unter Festigkeit versteht man die Fähig-
keit eines Werkstoffs, Energie zu absor- bieren, ohne zu brechen; dies ist in vielen technischen Anwendungen von höchster Bedeutung. Baustahl weist eine hohe Festigkeit bei Zimmertemperatur auf;
wenn die Temperatur aber sinkt, wird die ferritische Struktur zunehmend spröder, Inneres eines LNG-Tankers mit dem
von GTT entwickelten Mark III Fracht- Containment-System aus Edelstahl.
©ROLAND MOURON TWI – GENE MATHERS
weshalb solche Stähle für den Einsatz bei kryogenen Temperaturen ungeeignet sind.
Im Gegensatz dazu bewahren die meisten nickelhaltigen austenitischen Edelstähle ihre Festigkeit selbst bei der Temperatur von flüssigem Helium.
Eine zweite Werkstofffamilie mit guten kryogenen Eigenschaften sind nickelle- gierte Stähle. Wenn die Stahlmatrix um weitere 1,5 bis 9 % Ni ergänzt und einer entsprechenden Wärmebehandlung unterzogen wird, kann die notwendige Festigkeit und Stärke bei Temperaturen von -60 bis -200 °C erzielt werden. Enthält der Mix kein Chrom, sind diese Stähle im Gegensatz zu Edelstahl aber nicht inhärent korrosionsbeständig.
Einsatz in der Arktis
Es ist kompliziert, in arktischen Regionen Personal anzuwerben, Metall zu
schweißen und Waren zu transportieren.
Der wichtigste Faktor in Bezug auf Stähle im arktischen Einsatz ist die Temperatur.
Temperaturen von -50 °C oder noch weniger sind keine Ausnahme und liegen unterhalb der Duktil-Spröd-Übergangs- temperatur für die meisten kohlenstoff- oder manganhaltigen Baustähle, die bei Bauprojekten in arktischen Ölfeldern zum Einsatz kommen.
Andere Faktoren, die die Werkstoffaus- wahl für den Einsatz in der Arktis in der Öl- und Gasindustrie beeinflussen, sind die Korrosionsbeständigkeit und Schweißfähigkeit. Erstere ist für Statikanwendungen nicht so wichtig wie für Produktion und Transport von korrosivem Öl und Gas. Es ist wichtig, dass die Schweißnähte die erhöhte
Bruchfestigkeit des Basismetalls für den arktischen Einsatz aufweisen. Bei einer geringeren Festigkeit der Schweißnaht kommt es unabhängig von der Qualität des Basismetalls zum Bruch.
Ein weiteres Beispiel stammt aus der wissenschaftlichen Infrastruktur in der Antarktis, wo 2008 eine belgische Forschungsstation gebaut wurde. Die Fassade bestand aus 1,5 mm starken Paneelen aus Edelstahl 304L (UNS S30403). Dieser Werkstoff wurde gewählt, weil austenitischer Edelstahl (304L) selbst bei Temperaturen unter -60 °C ausreichende Stärke und Festigkeit aufweist.
LNG
Mit dem Anstieg der Energienachfrage sowie des Energietransport- und -speicherbedarfs bietet Flüssigerdgas
(Liquefied Natural Gas, LNG) aufgrund seines Verhältnisses zwischen Volumen und Energiedichte gewisse Vorteile. Das Volumen von Erdgas in seinem flüssigen Zustand ist ca. 600 Mal kleiner als das Volumen in Gasform in einer Erdgas- Pipeline. Durch die Verflüssigung kann Erdgas an Orte transportiert werden, an denen es keine Erdgas-Pipelines gibt, und es kann sogar als Treibstoff eingesetzt werden. All das wäre ohne Nickel nicht möglich, denn Erdgas wird erst unter -163 °C flüssig. Wie bereits beschrieben sind austenitische Edelstähle und Nickellegierungsstähle die besten Lösungen für die Herstellung von Speicher- und Transportbehältern sowie den Transport von Flüssigerdgas bei derart niedrigen Temperaturen.
MINDESTTEMPERATUR
-273 °C -196 °C -130 °C -101 °C -60 °C -60 °C
Plattierungs- Spezifikation
ASTM 304L EN 10088-1
ASTM A353/
A553 EN 10028-4
ASTM A645 EN10028-4
ASTM A203GrE EN 10028-4
ASTM A203GrB EN10028-4
Stahltyp Austenitischer Edelstahl
9 % Ni-Stahl 5 % Ni-Stahl 3,5 % Ni-Stahl 2,5 % Ni-Stahl 1,5 % Ni-Stahl
Typische Lageranwendung
Stickstoff, Wasserstoff, Helium
LNG, Sauerstoff, Argon
Ethylen Kohlendioxid, Acetylen, Ethan
Ammoniak, Propan, Schwefelkohlenstoff
Ammoniak, Propan, Schwefelkohlenstoff
Temperatur und Korrosionsbestän- digkeit sowie Schweißfähigkeit sind entscheidende Faktoren für die Auswahl der Werkstoffe für den Einsatz in der Öl- und Gasindustrie in arktischen Regionen.
NICKEL, JHRG. 35, NR. 3, 2020 | 9
Abnehmende SpeichertemperaturZunehmender Ni-Anteil
Princess Elisabeth Station, Antarktis.
Die Fassade besteht aus 1,50 mm starken 304L(S30403)- Edelstahl-Paneelen.
© INTERNATIONAL POLAR FOUNDATION - RENÉ ROBERT
TWI – GENE MATHERS
MCDERMOTT
© ITER.ORG
Querschnitt des ITER, des International Thermonuclear Experimental Reactor in Frankreich, der mit einem Flüssighelium-
Kühlsystem mit einer Kühlleistung bis 4,5 Kelvin ausgestattet ist.
Tankerbauweise
LNG-Tanker stechen meist von Katar und Australien aus in See und steuern Regionen mit hohem Energiebedarf wie Japan, China und Südkorea an.
Beim Bau moderner Tanker wird der Raum im Schiffsrumpf optimal genutzt. Das Flüssigerdgas wird in einer doppelten Metallmembran mit Isolierung gespeichert. Für diese Fracht-Containment-Systeme wird ein (Expansion und Kontraktion ermöglichender) wabenförmiger Edelstahl 304L geringer Stärke oder die dünnere und flache Legierung 36 (K93600), eine 36-prozentige Ni- Legierung mit niedriger thermischer Expansion, eingesetzt.
Weitere verflüssigte Gase Auf der Temperaturskala von LNG mit -163 °C noch weiter unter angesiedelte
Gase sind:
• -183 °C: flüssiger Sauerstoff
• -196 °C: flüssiger Stickstoff
• -253 °C: flüssiger Wasserstoff
• -269 °C: Flüssighelium
Viele Anwendungsbereiche sind in der Industrie zu finden, die diese Produkte in regasifizierter Form verwendet.
Wasserstoff wird bereits jetzt häufig als Vorgängerstoff von Ammoniak in der Düngemittelindustrie verwendet.
Außerdem besitzt er eine Menge Potential, um fossile Brennstoffe im Energiemix zu ersetzen. Wenn genug Wasserstoff erzeugt werden kann (vorzugsweise auf umweltfreundliche Art mithilfe von Wind- oder Solarenergie), entsteht beim Verbrennen als Kraftstoff nur Wasser und kein Kohlendioxid. Die Stahlindustrie ist besonders energieintensiv und mehrere Hersteller versuchen schon jetzt, ihre CO2-Bilanz durch den erhöhten Einsatz von Wasserstoff zu verbessern.
Ohne Flüssiggase wäre keine Raumfahrt möglich. Wasserstoff ist ein leichter und sehr leistungsfähiger Raketentreibstoff.
In Kombination mit einem Oxidator wie flüssigem Sauerstoff hat sich flüssiger Wasserstoff als der effizienteste aller Raketentreibstoffe erwiesen.
Und schließlich die Frage: Was könnte einen supraleitenden Magneten so abkühlen, dass er einen Plasmazustand erreicht? Die Antwort ist einfach: Flüssig- helium. Alles andere als einfach ist aber das Temperaturproblem. Bei -269 °C oder 4 Kelvin lässt Nickel hier alle seine Muskeln spielen ...
MCDERMOTT ©WIRCO_GOODRODFRAMBASKETGEWALZTE LEGIERUNGEN
NICKEL GERÄT NICHT SO LEICHT INS SCHWITZEN
Die meisten chemischen Prozesse reagieren bei hohen Temperaturen schneller und die Stromerzeugung ist effizienter. Aber halten die Werkstoffe der Belastung stand? In der Praxis wird die maximale Temperatur für viele Prozesse durch die Materialeignung eingeschränkt. Hier kann Nickel zu Hilfe kommen.
Die vier wichtigsten Eigenschaften bei der Wahl eines Werkstoffs für eine Hochtemperatur-Anwendung sind Festigkeit, Stabilität über Zeit, begrenzte Reaktionen mit der Umgebung und einfache Ausrüstungsherstellung.
Mit dem Anstieg der Temperatur werden Metalle schwächer. Es gibt viele Stähle, die bei mäßig erhöhten Temperaturen eine höhere Festigkeit aufweisen als Edelstähle der Serie 300. Bei 540 °C bie- ten Edelstähle aber bessere Leistungen als die meisten dieser anderen Stähle.
Bei über 650 °C zeichnen sich nickel- haltige Legierungen besonders aus. Ab 540 °C sind aber Kriechfestigkeit und Kriechbruchfestigkeit die wichtigsten Eigenschaften.
Bei hohen Temperaturen kann es mit der Zeit zu metallurgischen Veränderungen kommen. Besonders problematisch ist es, wenn das Metall harte Sprödphasen bildet, wodurch es so zerbrechlich wie Glas werden kann. Nickel verlangsamt die
Entstehung dieser Phasen, und Ni-Cr-Fe- Legierungen mit einem Nickelanteil von mind. 33 % sind dagegen immun.
Bei sehr hohen Temperaturen kann das Metall mit seiner Umgebung reagieren.
In der Luft oxidiert es. Legierungen mit Chrom und Aluminium bieten zusätz- lichen Schutz. Bei der Reduzierung in Umgebungen mit viel Kohlenmonoxid sind es wiederum Nickel und Silizium, welche die Aufkohlung reduzieren.
Für die widrigsten Umgebungen, wenn eine rapide Aufkohlung (auch als Metal Dusting bezeichnet) stattfinden kann, werden derzeit neue Legierungen entwi- ckelt und getestet, die alle einen hohen Nickelanteil aufweisen.
Schließlich müssen die nötigen Ausrüstungen hergestellt werden. Dabei muss Metall geformt und geschweißt werden, und auch hier bieten nickelhal- tige Edelstähle und Nickellegierungen hervorragende Eigenschaften.
Umformerrohre werden aus Gussnickellegierungen hergestellt und können in aufkohlenden Umgebungen über Hunderte von Betriebsstunden bei Temperaturen von 800-1000 °C eingesetzt werden.
Sie werden in Verbindung mit Dampf und Kohlenwasserstoffen zur Herstellung von Wasserstoff verwendet.
Strahlrohre heizen Öfen indirekt.
Dabei werden verschiedene
Nickellegierungen mit Temperaturen bis zu 1150 °C verwendet, auch wenn das Metall selbst 1200 °C tolerieren kann.
Wärmebehandlungskörbe nehmen die in Glühöfen zu behandelnden Teile auf. Welche nickelhaltige Legierung verwendet wird, hängt davon ab, ob die Atmosphäre oxidierend oder reduzierend ist. Diese Produkte sind in der Regel für besonders widrige Einsatzbedingungen vorgesehen.
NICKEL, JHRG. 35, NR. 3, 2020 | 11
2020 markierte den Beginn einer aufregenden neuen Dekade in der Raumfahrt.
Innovationen mit nickelhaltigen Legierungen spielen beim Bau von Raketen, Rädern und Katalysatoren, um nur einige Anwendungen zu nennen, eine wichtige Rolle.
SpaceX, ein US-Unternehmen, das sich der Produktion für die Raumfahrt und wiederverwendbaren Raumtransporten verschrieben hat, stellte seine
Raketenstufen Starship und Super Heavy aus einer Version eines nickelhaltigen Edelstahls 304 (S30400) her. SpaceX entschied sich aufgrund der im Vergleich zu Kohlenfaserstoff niedrigeren Kosten für Edelstahl. (Kohlenfaserstoff kostet pro Kilogramm mehr als das 60-fache.) Außerdem ist Edelstahl hitzebeständiger als Kohlenfaserstoff oder andere Metalle wie Aluminium und erfordert daher einen geringeren oder möglicherweise gar keinen weiteren Hitzeschild.
In der Zwischenzeit forscht die NASA an anderen potenziellen Anwendungen für nickelhaltige Materialien: in den Rädern der Rover-Fahrzeuge der US- Raumfahrtbehörde. Gummiräder sind auf dem Mond oder Mars unpraktisch, weshalb die Räder der ursprünglichen Apollo-Mondrover aus Federstahl bestanden. Federstahlräder verformen sich aber an den für den Einsatz auf dem Mars konzipierten größeren und schwereren Fahrzeugen. Um dies zu verhindern, entwickelt die NASA derzeit ein Metallgitterrad aus Nitinol (UNS N01555), eine Nickel-Titan-Legierung mit Formgedächtnis-Eigenschaften, die NASA-Ingenieure testen die neueste
Version des SMA-Federrads auf einem Prüfstand. Diese Version wiegt 7 kg und kann die doppelte Last befördern als die vorherige Version. Außerdem bietet sie bei den im Weltraum herrschenden Temperaturen bessere Leistungen.
AN DEN EXTREMEN
NICKELLEGIERUNGEN IM WELTALL
NASA.GOV NASA.GOV
ein Dreißigfaches der Verformung von Federstahlrädern aushält.
Das SpaceX Starship mit Raptor- Raketentriebwerk, das irgendwann einmal Menschen zum Mars befördern soll, ist eines der ersten Raumfahrzeuge, das mit Flüssigmethan und flüssigem Sauerstoff angetrieben wird und für 1000 Wiederverwendungen vorgesehen ist. Die Entscheidung fiel für Methan, weil für die Rückreise Raketentreibstoff auf dem Mars erzeugt werden soll. Methan kann mittels der Sabatier-Reaktion aus Kohlendioxid und Wasserstoff hergestellt werden. Dabei reagiert Wasserstoff mit Kohlendioxid bei erhöhten Temperaturen (im Idealfall 300-400 °C) und hohem Druck mit einem Katalysator, um Methan und Wasser zu erzeugen. Einer der möglichen Katalysatoren ist Nickel.
Die Atmosphäre auf dem Mars besteht zu 95 % aus Kohlendioxid. Die NASA hat Wasservorkommen auf dem Mars bestätigt, also die zur Erzeugung von Methan und Sauerstoff als Raketentreibstoff sowie zur Erzeugung von Sauerstoff für die Deckung des Atmungsbedarfs der Astronauten erforderlichen Rohstoffe. Aufgrund der niedrigen Umgebungstemperatur auf dem roten Planeten und der für den Transport von Flüssigmethan, Wasserstoff und Sauerstoff erforderlichen niedrigen Temperaturen sind ebenfalls nickelhaltige Materialien erforderlich.
Die Ni-Cu-Legierung K-500 (N05500) weist auch eine hervorragende Duktilität bei kryogenen Temperaturen und in reinem Sauerstoff eine Resistenz gegen Zündquellen auf. Dadurch eignet sie sich ideal für den Einsatz in Sauerstoff- Boosterpumpen, die das Raketentriebwerk mit Sauerstoff versorgen.
Raketentriebwerke aus einem Stück
Aufgrund ihrer hohen Härte und Festig- keit wird Legierung 718 (N07718), eine Ausscheidungshärtungs-Nickel/Chrom- Legierung, die in Düsentriebwerken von Flugzeugen eingesetzt wird, auch in Raketentriebwerken und Druckbehältern verwendet, damit sie kryogenen, verflüs- sigten Treibgasen bei Temperaturen bis -250 °C widerstehen kann. Aufgrund der
Eigenschaften der Legierung 718 sind Formen und Zerspanen aber schwieriger als bei anderen Werkstoffen. Ein Feinguss kann problematisch sein, weil Legierung 718 gegenüber Porosität und Auftrennung empfindlich ist und sehr grobe Korn- größen aufweist. Dadurch sind mehrere aufeinanderfolgende Bearbeitungsschritte erforderlich.
Die Lösung? 3D-Druck ermöglicht eine effizientere Nutzung von nickelbasierten Legierungen wie Legierung 718 in Hochleistungsanwendungen auf der Basis einer komplizierten Konstruktion.
Mittels 3D-Druck kann die Bearbeitung der Legierung 718 vereinfacht wer- den und die Materialeigenschaften bleiben intakt. Bei diesem Prozess ist weder ein Schweißen noch eine Zerspanung erforderlich, sodass die Materialverschwendung minimiert wird.
Der Vorteil dieser Fertigungsmethode zeigt sich in dem per 3D-Druck herge- stellten Raketentriebwerk-Prototyp aus Legierung 718, der in seiner Gesamtheit unter Nutzung künstlicher Intelligenz vom deutschen Softwareunternehmen Hyperganic entwickelt wurde.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Raketentriebwerken, die aus individuell konstruierten und anschließend montierten Teilen bestehen, ist der per 3D-Druck entwickelte Prototyp ein homogenes Element. Er umfasst die Brennkammer, in der Treib- und Sauerstoff verbrannt werden, sowie die Oberflächenkanäle, durch die der Treibstoff zirkuliert wird, um die Kammer zu kühlen und ein Überhitzen zu verhindern. Durch die Konstruktion aus einem Stück werden ein möglichst geringes Gewicht bei effektiver Kühl- funktion und die höchstmögliche Raketenleistung erzielt.
Das 3D-Druckverfahren wurde auch von der University of California in San Diego beim Ignus-II-Raketentriebwerk aus Legierung 718 für das Vulcan-II- Raketenprojekt der Universität eingesetzt.
Mit jeder neuen Anwendung hilft Nickel der Raumfahrt einen Schritt weiter auf dem Weg in die Zukunft.
NICKEL, JHRG. 35, NR. 3, 2020 | 13
Raketentriebwerk aus einem Stück, per 3D-Druck aus Legierung 718 hergestelltLegierung 718 ist das Arbeitstier unter den Superlegierungen. Diese korro- sionsbeständige Nickel-Chrom-Le- gierung mit ihrer hohen Festigkeit wird im Temperaturbereich von -252 bis +700 °C eingesetzt. Dank ihrer Fes- tigkeit und Oxidationsbeständigkeit bei hohen Temperaturen ist sie die ideale Lösung für Raketentriebwerke.
Ihre Duktilität bei kryogenen Tem- peraturen ermöglicht ihren Einsatz in Tanks für verflüssigten Raketentreib- stoff.
NASA.GOV HYPERGANIC TECHNOLOGIES AG
A A F
F
F: Ich habe eine Nickelallergie. Wie steht es um die Verfügbarkeit von Injektionsnadeln ohne Nickel?A: Nickel ist ein grundlegender Bestandteil von Edelstählen wie denen vom Typ 304 (S30400). Er bietet die hohe Duktilität und Form- und Schweißbarkeit, die für die Produktion von Injektionsnadeln vorausgesetzt werden.
Ein Beispiel: Injektionsnadeln können aus einem fl achen, 18 mm breiten und 0,5 mm starken Band hergestellt werden, das auf einer großen Rolle aufgewickelt ist. Das Band wird durch eine Reihe von Walzen gepresst, wo es zu einer Röhre mit einem Durchmesser von ca. 6 mm geformt wird.
Die beiden Kanten werden verschweißt.
Die geschweißte Röhre bewegt sich auf der Fertigungsstraße weiter durch eine Reihe immer kleinerer Öffnungen bzw. Gesenke. Der Durchmesser wird reduziert, wodurch die Festigkeit der Röhre zunimmt; von Zeit zu Zeit muss sie durch Erhitzen wieder erweicht werden.
Der anfängliche Durchmesser von 6 mm wird auf 0,35 mm verkleinert – das entspricht einer Reduzierung um 95 %.
Mit abnehmendem Außendurchmesser nimmt auch die Wandstärke ab. Nach dem letzten Ziehen ist das kaltgewalzte Material fest und hart.
Die meisten allergischen Reaktionen auf Nickel werden durch billigen, vernickelten Schmuck verursacht, der längere Zeit mit der Haut in Kontakt bleibt. Die Nickelplattierung kann bei Kontakt mit Hautschweiß Nickel
freisetzen. Typ 304 hingegen ist Schweiß gegenüber äußerst korrosionsbeständig und setzt nur sehr wenig Nickel frei;
außerdem sind Injektionsnadeln nur wenige Sekunden mit der Haut in Berührung.
Unter dem folgenden Link werden Nickelallergien ausführlicher besprochen:
nickelinstitute.org/science/human-health- fact-sheets/fact-sheet-1-nickel-
allergic-contact-dermatitis/
Geir Moe, P. Eng., ist Technical Inquiry Service Coordinator am Nickel Institute. Zusammen mit anderen Werkstoffexperten in aller Welt unterstützt er Endanwender und Spezifi kateure nickelhaltiger Materialien, die um technischen Support ersuchen. Das Team ist jederzeit bereit, Fragesteller zu einer breiten Palette von technischen Anwendungen – etwa zu Edelstahl, Nickellegierungen und Nickelplattierungen – kostenlos zu beraten, damit sie Nickel bedenkenlos und zuversichtlich einsetzen können.
FRAGEN AN EXPERTEN
FAQ VON DER TECHNISCHEN
BERATUNGSLEITUNG DES NICKEL INSTITUTE
WWW.NICKELINSTITUTE.ORG
ABONNIEREN Sie das Nickel Magazine kostenlos und erhalten Sie eine Druckversion oder eine Ankündigung per E-Mail, wenn eine neue Ausgabe online verfügbar ist.
www.nickelinstitute.org
LESEN Sie das Nickel Magazine online in verschiedenen Sprachen.
www.nickelinstitute.org/library/
DURCHSUCHEN Sie ältere Ausgaben des Nickel Magazine in unserem Online-Archiv, das Exemplare enthält, die bis ins Jahr 2009 zurückreichen.
www.nickelinstitute.org/library/
FOLGEN SIE UNS auf Twitter @NickelInstitute BESUCHEN SIE UNS auf der LinkedIn-Seite des Nickel Institute
SCHAUEN Sie sich Videos zum Thema
„Nickel“ auf dem YouTube-Kanal des Nickel Institute an.
www.youtube.com/user/NickelInstitute
NICKEL
ONLINENICKEL, JHRG. 35, NR. 3, 2020 | 15
UNS Al B C Co Cr Cu Fe Mn Mo N Nb Ni P Pb S Si Ti Zn
C75700
S. 4 - - - - - 63,5-
66,5 0,25 max. 0,50
max. - - - 11,0-
13,5 0,10
max. - - - Rest
K93600
S. 10 - - 0,10
max. 1,0 max. 0,50
max. - Rest 0,60
max. 0,50
max. - - 35,0-
38,0 0,025
max. - 0,025
max. 0,35
max. - -
N05500
S. 13 2,30-
3,15 - 0,25
max. - - Rest 2,00
max. 1,50
max. - - - 63,0-
70,0 - - 0,01
max. 0,50 max. 0,35-
0,85 -
N07718
S. 13 0,020-
0,080 0,006 max. 0,08
max. 1,0 max. 17,0-
21,0 0,30
max. Rest 0,35 max. 2,80-
3,30 - 4,75-
5,25 50,0- 55,0 0,015
max. - 0,015
max. 0,35 max. 0,65-
1,15 -
N01555
S. 13 - - 0,07
max. 0,05 max. 0,01
max. 0,01 max. 0,005
max. - - 0,025
max. 0,005 max. 54,0-
57,0 - - - - Rest -
S30400
S. 12, 14 - - 0,08
max. - 18,0-
20,0 - Rest 2,00
max. - - - 8,0-
10,5 0,045
max. - 0,030
max. 1,00
max. - -
S30403
S. 8 - - 0,03
max. - 18,0-
20,0 - Rest 2,00
max. - - - 8,0-
12,0 0,045
max. - 0,030
max. 1,00
max. - -
S31603
S. 16 - - 0,03
max. - 16,0-
18,0 - Rest 2,00
max. 2,00-
3,00 - - 10,0-
14,0 0,045
max. - 0,030
max. 1,00
max. - -
S32205
S. 2 - - 0,030
max. - 22,0-
23,0 - Rest 2,00
max. 3,00- 3,50 0,14-
0,20 - 4,50-
6,50 0,030
max. - 0,020
max. 1,00
max. - -
Steve Barnett stand dem Nickel Institute in schwierigen Zeiten (2006–2010) als Präsident vor. Seine bemerkenswerte Karriere im Metallsektor erstreckte sich über 40 Jahre. Nach dem Abschluss mit einem MSc-Titel in Metallurgie vom Imperial College im Jahr 1976 und Tätigkeiten bei Davy Process Technology und Rustenburg Platinum wechselte er 1981 zur späteren BHP Billiton. Dort gab er das Ferronickel-Werk Cerro Matoso in Kolumbien in Auftrag und arbeitete an verschiedenen Buntmetallprojekten. Er war an Fusionen und Akquisitionen in
Den Haag und Johannesburg beteiligt.
1996 zog er nach Brisbane um, um die Projektentwicklung und HSEC für Billiton Nickel und dann BHP Billiton Stainless Steel Materials zu leiten, bevor er sich dem Nickel Institute anschloss. Steve – talentiert, charismatisch, optimistisch, fähig und mutig – war ein international denkender und handelnder Mensch und blieb dies bis zu seinem viel zu frühen Tod am 4. November 2020 in Brisbane. Er wird seinen Freunden und Kollegen in der Nickel-Industrie sehr fehlen.
STEVE BARNETT 1954-2020
Copper alloys versus stainless steels for seawater cooling systems – the pros and cons (Vergleich zwischen Kupferlegierungen und Edelstählen für Meerwasser-Kühlsysteme: Vor- und Nachteile, 11027) vergleicht die Anwendung von Kupferlegierungen wie 70/30 und 90/10 Kupfer-Nickel und Nickel-Aluminium-Bronze mit der von
austenitischen und Duplex-Edelstählen.
Diese brandaktuelle Publikation aus der Feder des Nickel Institute-Beraters Roger Francis hilft Konstrukteuren und Werksbetreibern bei der Wahl der richtigen Legierung. Zum kostenlosen Download unter www.nickelinstitute.org verfügbar
NEUE PUBLIKATION
Copper alloys versus stainless steels for seawater cooling systems – the pros and cons A GUIDE TO THE USE OF NICKEL-CONTAINING ALLOYS
KNOWLEDGE FOR A BRIGHTER FUTURE
UNS-DETAILS
Chemische Zusammensetzung (in Gewichtsprozent) der Legierungen und Edelstahltypen in dieser Ausgabe von Nickel.ZUKUNFTSFEST MACHEN:
MIT EDELBAUSTAHL
ALEXANDER SEVERIN ARCHITECTURAL PHOTOGRAPHY
Der Harlem Fire Watchtower in New York wurde 1856 erbaut und ist eine der ältesten noch bestehenden Gusseisenrahmen-Bauten in Nordamerika. Mit seiner Registrierung im National Register of Historic Places steht er unter besonderem Denkmalschutz. Das Bauwerk war aufgrund von Korrosion und Statikbewegungen verfallen und stand kurz vor dem Einsturz.
Das multidisziplinäre Restaurationsteam von Thornton Tomasetti wurde mit der Aufsicht über die Renovierungsarbeiten betraut. Seine Modellierung des Turms gab Mängel im ursprünglichen Statikdesign zu erkennen. Als die restaurierten Turmele- mente sorgfältig wieder montiert wurden, wurde ein aufwändiges Stützsystem aus Edelstahl eingebaut, um diese Statikdefi zite zu korrigieren und die Erhaltungsziele zu erreichen.
Für die Zugstangen-Querstreben wurde stark korrosionsbeständiger, kaltgewalz- ter Edelstahl hoher Festigkeit des Typs 316L (UNS S31603) spezifi ziert. Durch die hohe Festigkeit des Materials konnte
der Durchmesser der Stangen reduziert werden. Für den Edelstahl wurde eine leicht refl ektierende, glasperlengestrahlte Oberfl äche gewählt, um das Licht zu streuen und die Konstruktion weniger auffällig zu machen. Der Edelstahl unter- scheidet sich optisch vom historischen Eisen und ist, wie vom Denkmalschutz vorgegeben, nur minimal sichtbar.
Das Restaurationsprojekt wurde mit dem 2020 Lucy G. Moses Award für eine hervorragende Konservierungsleistung und dem Municipal Arts Society MASterworks Award für die beste Restaurierung in der Stadt New York ausgezeichnet.