Der Zweifel
von Christian Felix Weiße
Notizen / Anmerkungen 1 Daß Weltbezwinger voll von Krieg,
2 Durch Schlacht, Eroberung und Sieg, 3 Die Bürger groß und glücklich machen:
4 Ja, daran zweifl’ ich sehr:
5 Doch daß die Staaten reizend blühn, 6 Wo Fürsten weise Bürger ziehn, 7 Und über die Gesetze wachen:
8 Nein, daran zweifl’ ich nicht mehr.
9 Daß das Verdienst am Hofe steigt, 10 Das Laster vor der Tugend schweigt, 11 Vom Thron beschämt die Schmeichler
eilen,
12 Ja, daran zweifl’ ich sehr:
13 Daß Narrheit, Bosheit, Trug und List 14 Zur Hoheit oft die Leiter ist,
15 Laquayen Huld und Gnad ertheilen, 16 Nein, daran zweifl’ ich nicht mehr.
17 Daß jeder Priester heilig lebt,
18 Der Philosoph nach Weisheit strebt, 19 Die Unschuld vor Gerichte sieget;
20 Ja, daran zweifl’ ich sehr.
21 Daß oft der Fromme menschlich irrt, 22 Der Philosoph zum Thier oft wird, 23 Das Recht dem Gold oft unterlieget;
24 Nein, daran zweifl’ ich nicht mehr.
25 Daß, wer aus goldnen Schüsseln speist, 26 Den laut der Pöbel glücklich preist, 27 Des Lebens wahres Glück empfindet;
28 Ja, daran zweifl’ ich sehr:
29 Doch daß der Mann sein Leben nützt, 30 Der nicht mehr wünscht, als er besitzt, 31 Sich nicht am Wahn des Pöbels bindet;
32 Nein, daran zweifl’ ich nicht mehr.
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33 Mein Vetter schüttet Geld in Hut, 34 Und ruft: dieß ist das höchste Gut!
35 Sieh Kind, dieß mußt du dir erwerben;
36 Ja, daran zweifl’ ich sehr.
37 Doch wenn man nicht sein Geld vergräbt, 38 Mit Freunden davon freudig lebt,
39 Daß es denn schön ist, Geld zu erben:
40 Nein, daran zweifl’ ich nicht mehr.
41 Wenn sich Beatrix schminkt und schmückt, 42 Liebäugelt, buhlt, die Hände drückt,
43 Daß sie dadurch ein Herz entrissen.
44 Ja, daran zweifl’ ich sehr:
45 Doch daß, wenn auch kein Putz sie ziert, 46 Die göttliche Selinde rührt,
47 Und jeder Mund sie wünscht zu küssen, 48 Nein, daran zweifl’ ich nicht mehr.
49 Daß, um geehrt und reich zu seyn, 50 Ich mich demüthig, kriechend, klein, 51 Wenn mich das Glücke flieht, geberde;
52 Ja daran zweifl’ ich sehr.
53 Daß ich entfernt vom Sklaverey, 54 Freund, Vaterland und Mädchen treu, 55 Frey leben und frey sterben werde:
56 Nein, daran zweifl’ ich nicht mehr.
Das Gedicht „Der Zweifel“ von Christian Felix Weiße ist auf abi-pur.de veröffentlicht.
Autor Christian Felix Weiße Titel „Der Zweifel“
Verse 56 Wörter 325
Strophen 7
Checkliste zur Analyse / Interpretation eines Gedichtes
Einleitung der Gedichtanalyse
Titel des Gedichtes, Name des Autors und Entstehungs- oder Erscheinungsjahr
Gedichtart (Sonett, Ode, Haiku, Ballade, Hymne usw.)
Thema des Gedichtes (Liebesgedicht, Naturgedicht, Krieg usw.)
zeitliche Einordnung / Literaturepoche benennen
kurze Beschreibung des Gedichtes
Absicht des Gedichtes
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Hauptteil der Gedichtanalyse
Inhalt
Thema des Gedichts
Was beschreibt das Gedicht (Erlebnis, Jahreszeit oder eine bestimmte Zeit)?
Zusammenhang zwischen Titel und Gedicht
Lyrisches Ich - Wer spricht im Gedicht? Woran erkennt man das?
Hauptteil der Gedichtanalyse
Aufbau
Verse und Strophen
Reimschema (Kreuzreim, Paarreim, umarmender Reim, Haufenreim, verschränkter Reim, Schweifreim etc.)
Gibt es ein Versmaß? Versmaß (Metrum) bestimmen.
Kadenz: Wie sind die Endsilben im Gedicht?
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Hauptteil der Gedichtanalyse
Sprache
Auffälligkeiten der Sprache (Werden beispielsweise viele Adjektive, nur Substantive, Vokale etc. verwendet?)
Wie spricht das lyrische Ich (traurig oder fröhlich)?
Benenne die Stilmittel und Reimformen, die zum Einsatz kommen.
Satzbau: Parataktischer & hypotaktischer Satzbau
Welche Zeitform wird genutzt (Präsens, Präteritum, Futur)?
Hauptteil der Gedichtanalyse
Gedichtinterpretation
Was bewirken die Ergebnisse der vorangegangenen Analyse?
Welche Stimmung ruft die Sprache in uns hervor?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Inhalt und Funktion?
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Schlussteil
Gedichtinterpretation
Intention des Gedichtes: Was will das Gedicht?
Wurde unsere Vermutung (Deutungshypothese Einleitung) darüber bestätigt?
Gibt es Fragen, die im Gedicht unbeantwortet bleiben?
Wertung: Ist das Gedicht typisch für die Epoche? Ist es charakteristisch für den Autor?
Ist das Gedicht (Form, Sprache, Inhalt, Aussage) aus heutiger Sicht noch bedeutungsvoll?
Persönliche Stellungnahme (sofern ausdrücklich verlangt)
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