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Archiv "Ärztliche Hilfeleistung bei Flügen: Luft als rechtsfreier Raum" (01.02.2002)

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uf einem Langstreckenflug einer großen europäischen Luftfahrt- gesellschaft hat ein Drogen- schmuggler, ein so genannter Body Packer, große gesundheitliche Proble- me. Offensichtlich ist es zu einer Re- sorptionsreaktion gekommen. Ein deutscher Anästhesist befindet sich an Bord. Er wird vom Flugpersonal gebe- ten, Erste Hilfe zu leisten. Außerdem soll er entscheiden, ob eine kostspielige Zwischenlandung notwendig ist.

Nicht an Bord: ein Notfallkoffer mit Intubationsbesteck. Das Flugpersonal scheint kaum auf eine solche Situation vorbereitet zu sein. Dieser reale Fall kommt zu einem guten Ende. Der Pati- ent kann stabilisiert werden, eine Zwi- schenlandung ist nicht erforderlich.

Ein Intubationsbesteck muss nicht unbedingt an Bord einer Passagierma- schine sein. Die Empfehlungen der

„JAA“ (Joint Aviation Authority) se- hen dies nicht vor. Die „JAA“ ist ein Zusammenschluss europäischer Luft- fahrtbehörden, 34 Staaten gehören ihr an. Zum Punkt Notfallausrüstung sind in den „JAA“-Richtlinien, den „JAR- OPS“ (Joint Aviation Requirement Operations), Mindestanforderungen beschrieben.

Notfallfausrüstung kein Prüfpunkt

Unterschieden wird in eine Erste-Hilfe- Ausrüstung (First Aid Kit) und eine medizinische Notfallausrüstung (Emer- gency Medical Kit). Die Menge der

„First Aid Kits“, die unter anderem Verbandsmaterial enthalten, ist nach der Zahl der vorhandenen Passagiersit- ze festgelegt. Der „Emergency Medical Kit“ muss verschiedene Notfallmedika- mente wie Furosemid, Atropin etc. ent-

halten. Wenn es mehr als 30 Sitze für Passagiere gibt und es länger als 60 Mi- nuten dauern würde, bis eine qualifi- zierte medizinische Hilfe erreichbar wäre, soll nach den Richtlinien minde- stens ein „Emergency Medical Kit“ an Bord sein.

In der Luftfahrtzulassung ist die me- dizinische Notfallausrüstung allerdings kein Prüfpunkt. Bei der flugbetriebli-

chen Abnahme einer Maschine ist kei- ne Kontrolle vorgeschrieben. Dennoch sieht die Pressesprecherin des Luft- fahrtbundesamtes, Cornelia Eichhorn, in den Bestimmungen der „JAA“ eine klare Rechtsverbindlichkeit. Der Ge- setzgeber gestehe aber den Fluggesell- schaften ein hohes Maß an Eigenver- antwortung zu. Die Überwachung deut- scher Luftfahrtunternehmen erfolge durch „systemanalytische Audits“. In regelmäßigen Abständen würden die einzelnen Bereiche eines Luftfahrtun- ternehmens durch die Fachbereiche des Luftfahrtbundesamtes überprüft.

Diese Kontrollen sind für den Leiter des medizinischen Dienstes der Deut-

schen Lufthansa, Dr. med. Lutz Bergau, nur „graue Theorie“. In seiner 18-jähri- gen Tätigkeit sei ihm kein Fall bekannt geworden, in dem ein Flugzeug darauf- hin kontrolliert wurde, ob ein Notfall- koffer vorhanden ist. Für ihn haben die Richtlininien der „JAA“ eher den Cha- rakter einer Empfehlung. Viele Luft- fahrtunternehmen gingen jedoch über die Bestimmungen hinaus. So seien an Bord von Lufthansa-Maschinen auch Intubationsbestecke und Defibrillato- ren.

Sollte ein gewissenhafter Arzt also in Zukunft mit eigener Ausrüstung reisen, um die Utensilien mit sich zu führen, die er als sinnvoll erachtet? Den Angaben der Lufthansa zufolge ist es theoretisch denkbar, dass ein Arzt seinen eigenen Notfallkoffer mit an Bord bringt – aller- dings nur, wenn dieser Handgepäck- format hat. Angesichts der extremen

Sicherheitskon- trollen aufgrund der Anschläge vom 11. Septem- ber 2001 gibt es aber unüberwind- liche Hindernis- se, da keine spit- zen Gegenstände mit auf die Reise gehen dürfen.

Ein weiterer Punkt, der für Hil- fe leistende Ärzte wichtig sein dürf- te, ist die Haftung bei Behandlungsfeh- lern. In der Regel greift die ärztliche Be- rufshaftpflicht. Es macht keinen Unter- schied, ob eine ärztliche Erste-Hilfe-Lei- stung in der Luft oder auf dem Boden stattfindet. Dem Bundesaufsichtsamt für Versicherungswesen zufolge lässt sich die Frage nach der Haftung jedoch nicht pauschal beantworten. Je nach Ri- sikobeschreibung des jeweiligen Versi- cherungsvertrages seien Unterschiede denkbar. Ein Versicherungsschutz kön- ne möglicherweise daran scheitern, dass nicht für Schäden gehaftet wird, die im Ausland eintreten.

Nach welchem nationalen Recht aber werden Schäden, die auf interna- tionalen Flügen entstehen, behandelt?

Dr. jur. Wolf D. Müller-Rostin, Justiziar der Deutschen Luftfahrtversicherungs- AG (Delvag), zufolge kommt hier das T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 99½½Heft 5½½1. Februar 2002 AA265

Ärztliche Hilfeleistung bei Flügen

Luft als rechtsfreier Raum

Die Umsetzung internationaler Richtlinien zur

Ausstattung von Passagierflugzeugen mit Notfallkoffern wird nur unzureichend kontrolliert.

Sicherheit auf Flugreisen kann weniger denn je garantiert werden. Bei ärztlichen Hilfeleistun- gen gibt es einen „rechtsfreien Raum“.

Foto: BilderBox

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Flaggenrecht zum Tragen. Macht ein Patient Schadensersatzansprüche ge- genüber dem Hilfe leistenden Arzt gel- tend, greift das nationale Recht des Staates, in dem das Flugzeug zugelassen ist. Das Territorialrecht – also das natio- nale Recht des Staates, in dessen Luft- raum sich das Flugzeug zum Zeitpunkt des Behandlungsfehlers befindet – tritt hinter diesem zurück. Einige Flugge- sellschaften haben ärztliche Helfer über die unternehmenseigene Haftpflicht- versicherung abgesichert. Zu ihnen zählen beispielsweise British Airways und Lufthansa.

Notlandung: Arzt kann nur Empfehlung geben

Für eine Zwischenlandung, die durch eine Fehleinschätzung des Arztes zu- stande kommt, kann dieser niemals haftbar gemacht werden. Denn der Arzt kann lediglich eine Empfehlung abgeben; die Entscheidung für oder ge- gen eine unplanmäßige Landung er- folgt ausschließlich durch den Kapitän.

Für den helfenden Arzt bleiben Un- sicherheitsfaktoren: Soll er vor Reise- antritt bei der Fluggesellschaft anfra- gen, inwieweit man bei dem medizini- schen Equipment über Mindeststan- dards hinausgeht, damit er ungefähr weiß, was ihn erwartet, wenn er den Notfallkoffer öffnet? Soll er sich vor je- dem Flug bei der Fluggesellschaft dar- über informieren, ob für ihn durch das Unternehmen ein Versicherungsschutz besteht?

Nach den Terroranschlägen in den USA ist offensichtlich, wie wenig für Sicherheit auf Reisen garantiert werden kann. Diskutiert wird über die Anwe- senheit bewaffneter Sicherheitsbeam- ter an Bord von Passagiermaschinen.

Verletzungen und nachfolgende ärztli- che Handlungen auf Flugreisen sind auch in diesem Zusammenhang nicht unwahrscheinlich. Wünschenswert und sinnvoll wäre eine Mitversicherung Hil- fe leistender Ärzte durch sämtliche Fluggesellschaften, damit am Ende nicht der Helfende der Dumme ist. Fer- ner ist es nicht nachvollziehbar, wieso die medizinische Ausrüstung in der Zu- lassung eines Flugzeuges kein Prüf- punkt ist. Birgit Hibbeler

T H E M E N D E R Z E I T

A

A266 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 99½½Heft 5½½1. Februar 2002

K

aum eine Woche ohne ein neues Ärztenetz. Einige dieser Netze nutzen die nunmehr vom Gesetz- geber im SGB V vorgesehenen Mög- lichkeiten in Form von Modellvorha- ben oder eigenen Strukturverträgen.

Die meisten Ärztenetze formieren sich allerdings außerhalb der gesetzlichen Vorgaben als mehr oder minder straff organisierte Zweckbündnisse mit dem hehren Ziel, die ärztliche Versorgung in einem überschaubaren Bereich zu verbessern, oder aber mit der Absicht, durch engere Kooperation und Bünde- lung der Nachfrage etwa beim Praxis- bedarf Einsparungen zu erzielen.

Getragen werden viele Netzgrün- dungen vom Enthusiasmus

einzelner Ärzte, die sich – nicht selten ohne ausrei- chende Vorbereitung – auf dieses Abenteuer einlassen und bald schon erkennen müssen, dass guter Wille al-

lein nicht ausreicht. Wenn es darum geht, dauerhaft den Bestand und den Erfolg eines Ärztenetzes zu sichern, sind die Ärzte entweder auf das – mit- unter recht kostspielige – Know-how externer Dienstleister angewiesen oder benötigen selbst eine solide Grundausbildung, um sich in der über- aus komplexen Materie kassenärztli- cher Vertragsbeziehungen und be- triebswirtschaftlicher Strukturen zu- rechtzufinden. Nur professionelles Management sichert langfristig den Erfolg eines Ärztenetzes.

Vor diesem Hintergrund hatten die Bundesärztekammer, die Kassenärztli- che Bundesvereinigung und die Deut- sche Ärzte- und Apothekerbank Ende des Jahres 2000 gemeinsam die Netz- akademie gegründet, die das berufsbe-

gleitende Studium „Management für Versorgungsstrukturen im Gesund- heitswesen“ anbietet. Zwanzig Teil- nehmer/innen beendeten soeben erfolg- reich in Stuttgart den neunmonatigen Studiengang mit dem Abschlusszertifi- kat „Netz-Manager (Gesundheit)“. Sie werden mit realistischen Erwartungen hinsichtlich der Chancen und Fall- stricke neuer Versorgungsstrukturen in ihren Job zurückkehren. In einem zweiten Studiengang werden zurzeit in Dortmund weitere Kandidaten fit für Netzstrukturen gemacht. Für weitere maximal 25 Teilnehmer beginnt im Mai in Hannover ein dritter Studien- gang.

Um die berufsbegleitende Ausbil- dung zum Netzmanager zu absolvie- ren, braucht man eine gehörige Porti- on Arbeitsdisziplin und Engagement.

In dreizehn Wochenendblöcken über zwei oder drei Tage vermitteln ausge- wiesene Fachleute das fürs Netzma- nagement nötige Wissen: Kooperati- onsformen und -partner, Betriebswirt- schaftslehre, Rechtsnormen, Kommu- nikationstraining, Qualitätsmanage- ment, Gesundheitsökonomie und an- deres mehr. Neben den Präsenzveran- staltungen werden zusätzlich etwa 30

Prozent der Inhalte online über das ei- gene Intranet in Form eines Fernstudi- ums angeboten. Das Fortbildungsan- gebot richtet sich vor allem an Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Psycholo- gen, aber auch an Angehörige anderer Berufe mit leitenden Funktionen im Gesundheitswesen. Thomas Gerst

Informationen zum Studiengang „Management für Versorgungsstrukturen im Gesundheits- wesen“ (ab Mai in Hannover/Kosten: 4 060 A) unter:

Netzakademie e.V.

Fritz-Vomfelde-Straße 36 40547 Düsseldorf

E-Mail: info@netzakademie.dgn.de Internet: www.netzakademie.dgn.de Telefon: 0211/5 22 88 58-0 Fax: 0211/5 22 88 58-9

Gesundheitsmanagement

Fit fürs Netz

An der Netzakademie wurde

der erste berufsbegleitende

Studiengang „Management

für Versorgungsstrukturen im

Gesundheitswesen“ erfolgreich

abgeschlossen.

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