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Archiv "Entwicklung der Allgemeinmedizin: Analyse und Vorausschau anhand des Arztzahlenwachstums" (08.05.1980)

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Aufsätze • Notizen

Unterschiedliche Altersstrukturen Betrachtet man die strukturelle Ent- wicklung der freipraktizierenden Ärzte (zugelassene Ärzte nach § 24 Zulassungsordnung Ärzte) in den letzten Jahren, so sind zwei unter- schiedliche Trendverläufe unüber- sehbar:

Während die Gruppe der Allgemein- ärzte und Praktiker zwischen 1975 und 1978 nahezu stagnierte (+ 1,1 Prozent), verzeichneten die übrigen Arztsparten einen kräftigen 18pro- zentigen Zuwachs. Lag noch 1975 der Anteil beider Arztgruppen an der Gesamtzahl der nach § 24 ZOÄ zu- gelassenen Ärzte etwa gleich hoch bei 50 Prozent, so erreichte bereits drei Jahre später die Gruppe der

„Spezialisten" über 54 Prozent. Eine kontinuierliche Gewichtsverlage- rung zugunsten der Spezialdiszipli- nen charakterisiert somit die unmit- telbare Vergangenheit (Tabelle 1).

Die sich aus diesen Zahlen abzeich- nenden divergierenden Tendenzen sind zum einen das Ergebnis höchst unterschiedlicher Altersstrukturen.

So sind beispielsweise 40 Prozent der Allgemeinärzte/Praktiker älter als 59 Jahre, älter als 50 Jahre sind insgesamt 66 Prozent. Demgegen-

über entfallen bei den übrigen Ärz- ten nur 19 Prozent beziehungsweise 47 Prozent auf die jeweiligen Alters- gruppen. Naturgemäß bewirkte die spürbar ungünstigere Altersstruktur im Bereich „Allgemeinmedizin" eine höhere Ausscheidungsquote und läßt einen altersbedingten Schrump- fungsfaktor als einen wesentlichen Grund für die Stagnationstendenz bei Allgemeinärzten/Praktikern er- kennbar werden. Die Altersstruktu- ren der beiden Arztgruppen werden auch in den kommenden Jahren kei- neswegseinewünschenswerte Nivel- lierung der Wachstumsdifferenzen bewirken, sondern eher nochzu einer Verschärfung des Mißverhältnisses zwischen beiden Sektoren beitragen, da im Bereich der „Allgemeinmedi- zin" eine wesentlich höhere Aus- scheidungsquote als bei den Fach- ärzten zu erwarten ist (Tabelle 2).

Gewicht der Neuzulassungen Allein mit altersspezifischen Einflüs- sen ist die unterschiedliche Entwick- lung der beiden Arztgrüppen jedoch nicht zu erklären. Vergleicht man nämlich einmal die Zahl der Neuzu- lassungen der letzten Jahre, so zeigt der ärztliche „Nachwuchs" eine er-

Prothesen ärztlichen Handelns?

nicht mehr darum geht, Leben zu erhalten, sondern die apparativen Maßnahmen nur noch dazu führen, das Sterben zu verlängern. Für die- sen Fall sind keine allgemeinver- bindlichen Regeln und schon gar nicht gesetzliche Bestimmungen möglich. Hier müssen außerordent- lich schwere, jedem Einzelfall ange- messene gewissenhafte Entschei- dungen getroffen werden, die nicht allzu selten Gewissensentscheidun- gen sein können.

Trotz aller wissenschaftlichen und technischen Fortschritte und der na- hezu unbegrenzten Möglichkeiten darf jedoch niemals vergessen wer- den, daß der Mensch weiterhin den Naturgesetzen unterliegt und daß zum menschlichen Leben Alterungs- vorgänge und schließlich auch das Sterben gehören.

Wenn sich alle Beteiligten ein- schließlich des Bio-lngenieurs und des Krankenhaustechnikers über diese den Menschen trotz allen Fort- schritts gesetzten natürlichen Gren- zen bewußt sind, kann ihre Zusam- menarbeit vielen Menschen Schmerz und Leiden lindern und da- zu beitragen, Krankheiten zu über- winden und ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. So kann die Gefahr vermieden werden, daß Medizin- technik zum Selbstzweck wird, zur Prothese, also zum Ersatz ärztlichen Handelns. Denn bei sinnvoller Nut- zung aller Möglichkeiten von Wis- senschaft und Technik kann auch bei Anerkenntnis der den Menschen gesetzten natürlichen Grenzen die Zusammenarbeit bei der Nutzung der uns gegebenen Möglichkeiten für viele segensreich werden.

Festvortrag auf der Fachtagung Krankenhaus- technik „Medizintechnische Geräte im Kran- kenhaus" in der Medizinischen Hochschule Hannover (am 19. März 1980)

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Karsten Vilmar

Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages Haedenkampstraße 1

5000 Köln 41 (Lindenthai)

THEMEN DER ZEIT

Entwicklung der Allgemeinmedizin

Analyse und Vorausschau anhand des Arztzahlenwachstums

Bernd Liebert

Die zahlenmäßige Entwicklung der Kassenärzte in der Bundesrepublik Deutschland zeigt in den letzten Jahren zwei deutlich unterschiedli- che Wachstumstendenzen: Auf der einen Seite expandiert die Gruppe der Fachärzte erheblich, während die Zahl der Ärzte im allgemeinme- dizinischen Bereich nahezu stagniert. Innerhalb des allgemeinmedizi- nischen Sektors wiederum gewinnen die Praktiker von Jahr zu Jahr an Gewicht, und die Gruppe der voll weitergebildeten Gebietsärzte für Allgemeinmedizin verliert zunehmend an Bedeutung. Der folgende Beitrag untersucht die unterschiedlichen Trendverläufe und die vor- aussichtlichen Folgen für den Bereich der Allgemeinmedizin.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 8. Mai 1980 1257

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hebliehe Präferenz für die Fach- arztbereiche. Dabei entfielen von den zwischen 1975 und 1978 regi- strierten 13 606 Neuzulassungen nur 37 Prozent auf Allgemeinärzte/Prak- tiker, 63 Prozent dagegen auf die übrigen Bereiche (Tabelle 3).

Die mehr oder weniger stagnieren- den Arztzahlen im Bereich der Allge- meinmedizin sind somit das Resultat einer Überlagerung von altersstruk- turellen Negativfaktoren sowie un- zureichender Neuzugänge. Als Gründe für die "Nachwuchsproble- me" sind dabei drei unterschiedli- che Einflußfaktoren zu nennen: ...,.. Eine gewisse Präferenz für Spe- zialdisziplinen ergibt sich zum einen aus dem in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft erkennbaren Hang zur Differenzierung und Spezialisie- rung. Auch die beschleunigte wis- senschaftliche Weiterentwicklung der Medizin mit ihrem Trend zur stärker technisierten Medizin hat si- cherlich die zunehmende Speziali- sierung begünstigt.

...,.. Zum anderen aber war (ist) die Allgemeinmedizin durch eine Reihe (vermeintlicher) negativer Kriterien bei einem Teil der Medizinstudenten in "Ungnade" gefallen. Zu nennen wären hier u. a.: befürchtete außer- gewöhnliche Arbeitsbelastung, ge- ringere Einkommenschancen, ge- ringeres Sozialprestige als Fach- ärzte.

...,.. Auch diverse Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den Weiterbil- dungsmöglichkeiten mögen negati- ve Impulse gegeben haben.

Bewertung

der bisherigen Entwicklung Die zwischenzeitlich erreichte Rela- tion von Allgemeinärzten/Praktikern zu Fachärzten und die absehbaren Entwicklungstendenzen lassen um die Ausgewogenheit der ambulan- ten Versorgungsstrukturen fürch-

ten. Vor dem Hintergrund der Verän-

derungen der letzten Jahre ist das Problembewußtsein gewachsen, und die Bemühungen um ein besse-

Aufsätze ·Notizen Entwicklung der Allgemeinmedizin

Tabelle 1: Entwicklung der Arztzahlen1)

1975 1976 1977 1978 78/75 in % Praktiker und abs. 23 914 23 899 24165 24 181

+

1,1%

Allgemeinärzte % 49,7 48,2 47,0 45,8 übrige Ärzte abs. 24193 25 661 27 206 28 572

+

18,1%

% 50,3 51,8 53,0 54,2

Gesamt abs. 48107 49 560 51 371 52 753

9,7%

% 100,0 100,0 100,0 100,0

+

1) Zugelassene Ärzte nach§ 24 ZOÄ

Tabelle 2: Altersstruktur der nach § 24 ZOÄ zugelassenen Ärzte im Jahr 1978 (in Jahren)

Gesamt < 30 30-39 40-49 50-59 > 59 Praktiker und abs. 24181

Allgemeinärzte % 100

übrige Ärzte abs. 28 572

% 100

res Strukturgefüge der freipraktizie- renden Ärzte gewinnen ständig an Bedeutung. Die Gründe für das zu- nehmende Interesse an diesem The- menkreis sind vor allem darin zu se- hen, daß der Bereich der Allgemein- medizin aufgrund seiner zentralen Stellung im System der ambulanten ärztlichen Versorgung sowie seiner Filter- beziehungsweise Verteiler- funktion zunehmend an Gewicht ge- winnt. Auch andere Aspekte, wie die Forderungen nach mehr Mensch- lichkeit in der Medizin sowie nach einer Verbreiterung der Basisversor- gung und Sorgen wegen der Kosten- explosion im Gesundheitswesen, lassen die Allgemeinmedizin wieder stärker in den Vordergrund der Dis- kussion treten. Erhöhte Anstrengun- gen erscheinen deshalb erforder- lich, um junge Medizinstudenten stärker für das Studium der Allge- meinmedizin zu motivieren und da- durch das gegenwärtige Mißverhält- nis zwischen Allgemein- und Fach- ärzten zumindest mittelfristig zu korrigieren.

Im Hinblick auf die Rolle der Allge- meinmedizin im Rahmen der ambu-

105 4 588 3 647 6180 9 661 0,4 18,9 15,1 25,6 40,0 107 7 166 7 737 8 149 5 413 0,4 25,1 27,1 28,5 18,9

lanten ärztlichen Versorgung sind dabei allerdings nicht nur quantitati- ve Aspekte zu beachten, sondern in zunehmendem Maße auch qualitati- ve Probleme zu bewältigen. Erstaunlich an der bisher aufgezeig- ten Situation ist vor allem, daß offen- sichtlich gerade jener Bereich der ambulanten Versorgung, der auf- grundseiner typischen Leistungspa- lette ständig an Bedeutung gewinnt und der deshalb für den ärztlichen Nachwuchs gute Entwicklungschan- cen verspricht, rezessive Tenden- zen, bestenfalls aber Stagnation auf- weist. Gerade hier sollte normaler- weise ein besonderer Studienanreiz vorhanden sein.

Strukturänderungen

im Bereich der Allgemeinmedizin Parallel zu der dargestellten Ge- wichtsverschiebung zwischen Allge- meinärzten/Praktikern und Fachärz- ten lief in den letzten Jahren ein Pro- zeß innerhalb des allgemeinmedizi- nischen Bereiches, der ebenfalls zu unerwünschten Strukturumschich-

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 19 vom 8. Mai 1980 1259

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Praktiker und Allgemeinärzte übrige Ärzte

4 991 36,7 8 615 63,3 1975-78 Gesamt abs.

1975 1976 1977 1978

Gesamt 2 852 3 258 3 680 3 816 13 606 100,0 1 466

2 350 1 130

2 128

1 440 2 240 955

1 897

Tabelle 3: Entwicklung der Neuzulassungen')

1) Zugelassene Ärzte nach § 24 ZOÄ

Tabelle 4: Entwicklung der Arztzahlen

1975 1976 1977 1978 78/75 in % 13 480

56,4 10 434

43,6

13 150 55,0 10 749

45,0

12 854 53,2 11 311

46,8

12 429 51,4 11 752

48,6 Allgemeinärzte

Praktiker

abs.

abs.

— 7,8%

+ 12,6%

abs. 23 914 100,0

23 899 100,0

24 165 100,0

24 181 100,0

Gesamt + 1,1%

Aufsätze • Notizen

Entwicklung der Allgemeinmedizin

tungen führte. Es handelt sich hier- bei um das zahlenmäßige Verhältnis zwischen voll weitergebildeten All- gemeinärzten (Gebietsärzte für All- gemeinmedizin) und Praktikern, welches sich kontinuierlich zugun- sten der Praktiker verändert. Die potentiellen Auswirkungen derarti- ger Tendenzen dürften für das Sy- stem der ambulanten Gesundheits- versorgung insgesamt wohl kaum positiv sein. Mit großer Wahrschein- lichkeit sind sogar schädliche Impul- se zu erwarten (Tabelle 4).

Ausgehend von 1975, verringerte sich die Zahl der Allgemeinärzte bis 1978 um 7,8 Prozent (1051). Im glei- chen Zeitraum stieg dagegen die Zahl der Praktiker um 12,6 Prozent (1318). Das geringe personelle Wachstum des allgemeinmedizini- schen Sektors wurde somit allein von den Praktikern getragen. Ihr An- teil an der Gesamtheit der allge- meinmedizinisch Tätigen stieg dabei von 44 Prozent (1957) auf 49 Prozent (1978). Entsprechende Gewichtsver- luste verzeichnen die Allgemeinärz- te. Als wesentlicher Grund für die divergierenden Veränderungsten- denzen ist erneut auf beträchtliche

Differenzen in den jeweiligen Alters- strukturen hinzuweisen. Fast 50 Pro- zent der Allgemeinärzte waren im Jahre 1978 älter als 59 Jahre. Älter als 50 Jahre waren sogar nahezu 81 Prozent.

Unterstellt man einmal näherungs- weise, daß sich auch Ärzte mit 65 Jahren aus dem aktiven Berufsleben zurückziehen, so würden im Laufe der Jahre bis spätestens 1983 rund 6200 Allgemeinärzte, die Hälfte des Bestandes, ausscheiden. Die we- sentlich jüngere Altersstruktur der Praktiker wird dagegen zu viel schwächeren Abgängen führen und damit das Verhältnis noch stärker als bisher zugunsten dieser Arzt- gruppe beeinflussen. Nur knapp 30 Prozent der Praktiker sind älter als 59 Jahre, nur 50 Prozent älter als 50 Jahre (Tabelle 5).

Die sich aus der Altersstruktur zwangsläufig ergebenden unter- schiedlichen Ausscheidensquoten werden offensichtlich auch nicht durch Neuzulassungen nivelliert.

Die hierdurch wirksam werdenden Einflüsse tragen vielmehr sogar noch zu einer Verschärfung des Mißver-

hältnisses und zu einem verstärkten Auseinanderdriften beider Wachs- tumsraten bei. Von den Neuzulassun- gen der Jahre 1975 bis 1978 entfielen nur 20 Prozent auf voll weitergebilde- te Allgemeinärzte, 80 Prozent dage- gen auf Praktiker (Tabelle 6).

Entwicklungsperspektiven

Als Ergebnis der „Bestandsaufnah- me" der Veränderungsprozesse in der jüngsten Vergangenheit lassen sich zusammenfassend folgende Faktoren und Perspektiven für den Bereich der Allgemeinmedizin fest- halten:

1. Die Allgemeinmedizin im Rah- men der ambulanten ärztlichen Ver- sorgung dürfte künftig an Gewicht zunehmen. Im Zusammenhang hier- mit sind nicht nur quantitative, son- dern zumindest gleichgewichtig auch qualitative Probleme zu bewäl- tigen.

2. Die Zahl der im Bereich „Allge- meinmedizin" tätigen Ärzte wächst gegenwärtig nur unerheblich. Die Entwicklung der letzten Jahre seit 1975 ist fast durch Stagnation cha- rakterisiert.

3. Innerhalb des Bereiches „Allge- meinmedizin" expandiert allein die Gruppe der Praktiker. Gebietsärzte für Allgemeinmedizin verlieren da- gegen absolut und relativ an Bedeu- tung.

4. Auswirkungen der Altersschich- tung und die sich in den Neuzulas- sungen widerspiegelnden Präfe- renzstrukturen der Studenten lassen für die unmittelbare Zukunft für den Gesamtbereich „Allgemeinmedizin"

tendenziell geringe Wachstumsra- ten erwarten. Für die Gruppe der Gebietsärzte für Allgemeinmedizin zeichnen sich sogar hohe Schrump- fungsraten ab, so daß die Gruppe der Praktiker in zunehmendem Ma- ße das Bild der allgemeinmedizini- schen Versorgung prägen dürfte.

5. Die Gewichtsverlagerung zugun- sten der Praktiker wird auch ange- sichts der absehbaren Studenten-

1262 Heft 19 vom 8. Mai 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(4)

sa: · o IZen

Entwicklung der Allgemeinmedizin

zahlen weiter zunehmen. Hierzu trägt zunächst einmal die heutige Form der Zulassungsordnung bei. Solange nämlich Ärzte ohne Weiter- bildung (Praktiker) hinsichtlich Ein- kommenschancen und Berufsaus- übung den weitergebildeten (AIIge- mein-)Ärzten gleichgestellt sind, wird stets die Entscheidung für den kürzeren, leichteren Berufsweg eine beträchtliche Verlockung darstellen.

Hinzu kommt die allenthalben disku- tierte Diskrepanz zwischen Studen- tenzahlen (12000 bis 13000 jährli- che Neuzulassungen) und im Hin- blick auf eine qualitativ gesicherte Ausbildung verfügbare Weiterbil- dungsplätze (rund 6500). Nahezu zwangsläufig deutet sich hier, aus- gehend von der derzeitigen Zulas- sungsordnung, eine "Kanalisie- rung" der jungen Ärzte ohne Weiter- bildungsmöglichkeiten in Richtung auf die sofortige Niederlassung als Praktiker an.

6. E\ne derartige Entwicklung wäre -so könnte man angesichts der zu- vor beschriebenen personellen Eng- pässe meinen - nur zu begrüßen.

Übersehen wird dabei allerdings nur allzu leicht neben dem quantitativen das qualitative Moment dieses Wachstu msprozesses.

Akzeptiert man auch für den Beruf des Arztes den Tatbestand, daß Leistungspotential und -qualität ei- nerseits sowie Ausbildungs- bezie- hungsweise Qualifikationszeit ande- rerseits untrennbar voneinander ab- hängen, so muß die voraussahbare Entwicklung zumindest tendenziell zu qualitativen Verminderungen des Versorgungsniveaus führen.

Es wird hier keineswegs behauptet, daß der zukünftige Praktiker, der un- mittelbar nach Beendigung der Aus- bildung und Erteilung der Approba- tion ohne jede Vorbereitungszeit

und Weiterbildung eine eigene Pra- xis eröffnet, scheitern muß. Unbe- stritten dürfte jedoch sein, daß ein derartig qualifizierter Arzt nach aller Wahrscheinlichkeit in seinem Erfah- rungs- und Leistungspotential hinter einem Allgemeinarzt mit vierjähriger Weiterbildung zurückbleiben muß.

Tabelle 5: Altersstruktur im Bereich Allgemeinmedizin im Jahr 1978 (in Jahren)

Gesamt < 30 30-39 40--49 50-59 > 59 Allgemeinärzte abs. 12 429 25 1 064 1 321 3 831 6188

% 100 0,2 8,6 10,6 30,8 49,8 Praktiker abs. 11 752 80 3 524 2 326 2 349 3 473

% 100 0,7 30,0 19,7 20,0 29,6 Tabelle 6: Entwicklung der Neuzulassungen im Bereich Allgemein- medizin

1975 1976 Allgemeinärzte 200 243

Praktiker 755 887

Gesamt 955 1 130

7. Die gegenwärtige, ungünstige Si- tuation im Bereich "Allgemeinmedi-

zin" dürfte sich somit, soweit die

rein quantitativen Probleme betrof- fen sind, vermutlich mittelfristig ver- bessern. Bezüglich der qualitativen Aspekte sind die Perspektiven dage- gen wesentlich ungünstiger. Es ist aber nicht einzusehen, warum gera- de bei einer Arztgruppe, deren be- sondere Rolle im Mittelpunkt des ambulanten Versorgungsnetzes be- tont wird, in Zukunft geringer quali- fizierte Ärzte zahlenmäßig dominie- ren sollen. An einer derartigen Ver- änderung der Angebotsstruktur kön- nen weder die Ärzteschaft noch die Kostenträger des Gesundheitswe- sens und schon gar nicht die letzt- lich Betroffenen, die Patienten, in- teressiert sein. Auch ein passendes Rezept zur Bewältigung der drohen-

den "Ärzteschwemme" ist hierin

nicht zu sehen.

Gefährdet erscheinen hierdurch vielmehr

~ der Ruf und das qualitativ hohe Leistungsgefüge eines hochspeziali- sierten Berufsstandes,

~ die Bemühungen um kostengün- stige, wirtschaftliche ambulante An- gebotsstrukturen,

1975-78 Gesamt

1977 1978 abs. %

287 286 1 016 20,4 1 153 1 180 3 975 9,6 1 440 1 466 4 991 100,0

..,.. das Interesse der Bevölkerung an optimalen Leistungsstandards und hochqualifizierten Ärzten.

Im Hinblick auf die absehbaren Ent- wicklungstendenzen im Bereich

"Allgemeinmedizin" bleibt zu hof-

fen, daß durch geeignete Maßnah- men nicht nur der quantitative Rah- men entsprechend den Erfordernis- sen gesichert, sondern auch das ho- he qualitative Niveau aufrechterhal- ten werden kann.

Die Finanzierungs- und Förderungs- programme der Kassenärztlichen Vereinigungen stellen hierbei einen vielversprechenden Ansatz zur Pro- blemlösung dar. Durch sie allein je- doch können die bestehenden und die in den kommenden Jahren noch wachsenden Schwierigkeiten mit Sicherheit nicht bewältigt wer- den.

Anschrift des Verfassers: Diplomvolkswirt

Bernd Liebert Zentralinstitut für

die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland Haedenkampstraße 5

5000 Köln 41 (Lindenthal)

1264 Heft 19 vom 8. Mai 1980 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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