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Besser interpretieren lernen im Lateinunterricht

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Academic year: 2022

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . 4

Anregungen für die Interpretation im Lateinunterricht . . . 5

Gliederung der Interpretation eines lateinischen Textes . . . 6

Allgemeine Tippkarten . . . 8

Tippkarte Sinnabschnitte . . . 8

Tippkarte Wortwahl . . . 9

Tippkarte Syntax – Satzbau . . . 9

Tippkarte Syntax – Satzarten . . . 10

Tippkarte Syntax – Verben . . . 11

Tippkarte Syntax – Lateinspezifische grammatikalische Phänomene . . . 11

Tippkarte Stilmittel – Wortfiguren . . . 12

Tippkarte Stilmittel – Gedankenfiguren . . . 13

Tippkarte Stilmittel – Tropen . . . 14

Tippkarte Markierungen bei der sprachlich-stilistischen Analyse . . . 14

Tippkarte Metrik – Grundregeln . . . 15

Tippkarte Metrik – Versmaße . . . 16

C. Iulius Caesar (100–44 v. Chr.) und das Ende der Römischen Republik . . . 17

Tippkarte . . . 17

Commentarii de bello Gallico 4, 12–13 . . . 18

M. Tullius Cicero (106–43 v. Chr.) und die Römische Republik . . . 23

Tippkarte . . . 23

In L. Catilinam oratio tertia 1, 1; 1, 3 . . . 24

P. Ovidius Naso (43 v. Chr.–17 n. Chr.) und die römische Liebesdichtung . . . 29

Tippkarte . . . 29

Ars amatoria 1, 707–712, 715–722 . . . 30

Metamorphosen 1, 441–451 . . . 35

L. Annaeus Seneca (1–65 n. Chr.) und die Epistolographie . . . 39

Tippkarte . . . 39

Epistulae morales ad Lucilium 20, 1f .; 20, 5 . . . 41

T. Petronius Arbiter (14–66 n. Chr.) und die römische Satire . . . 46

Tippkarte . . . 46

Satyrica 52, 1–6 . . . 48

P. Vergilius Maro (70–19 v. Chr.) und das römische Epos . . . 53

Tippkarte . . . 53

Aeneis 1, 372–385a . . . 55

Titus Livius (59 v. Chr.–17 n. Chr.) und die Geschichtsschreibung . . . 61

Tippkarte . . . 61

Ab urbe condita 1, 3, 1–3 . . . 62

Anhang: Originaltexte . . . 67

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Franziska P: Besser interpretieren lernen im Lateinunterricht © Auer Verlag

Vorwort Schon seit längerer Zeit besteht der Lateinunterricht nicht mehr nur aus dem Übersetzen von Texten . Mittlerweile werden schon in den Lehrwerken der Spracherwerbsphase kleine Interpretationsaufträge vorgeschlagen, mit deren Hilfe eine weiterführende Auseinandersetzung mit dem Textinhalt und der darin verwendeten Sprache angeregt werden soll . Dennoch stellt das Interpretieren im größeren Stil in der Lektürephase, besonders aber in der Oberstufe und im Abitur für Schüler*innen wie Lehrkräfte immer wieder eine Herausforderung dar . Dieses Phänomen begegnet einem nicht nur im Lateinunterricht; auch im Deutschunterricht, in dem das Interpretieren literarischer Texte einen noch größeren Stellenwert einnimmt, stoßen Schüler*innen häufig an ihre Grenzen . Zwar sind die Stilmittel mit ihrer Terminologie und das grobe Vorgehen bekannt, dennoch häufen sich die Rückmeldungen der Schüler*innen, dass sie „einfach nicht interpretieren können“ .

Diese Handreichung hat zum Ziel, Lateinlehrkräften mithilfe beispielhaft durchgeführter Interpretationen die Vermittlung zentraler Interpretationsfähigkeiten im Unterricht zu erleichtern . Um den Einsatz der Texte und Aufgaben sowohl in der Mittelstufe als auch in der Oberstufe zu ermöglichen, wurden Leitfragen zu beiden Niveaus erstellt . Die ausformulierten Lösungsvorschläge dienen dabei nicht nur als Erwartungsho­

rizont, sondern sollen zugleich neues Wissen über bestimmte Autoren und Gattungen vermitteln, das bei weiteren Interpretationen eingesetzt werden kann . Aus diesem Grund sind die Interpretationen recht ausführlich und in einem Fließtext formuliert worden . Im Anschluss daran folgt immer eine Gliederung in Form einer stichwortartigen Zusammenfassung, die dem Überblick dient oder als Tafelbild im Unterricht eingesetzt werden kann . Für die Schüler*innen könnte diese Übersicht auch das Ergebnis ihrer interpretato­

rischen Vorarbeit darstellen, also die Gliederung, mit deren Hilfe sie ihren Interpretationsaufsatz ausformu­

lieren .

Die Praxisbeispiele können zudem nicht nur im Unterricht verwendet werden . Da es sich um Text­

ausschnitte handelt, die überwiegend nicht in Lektüreausgaben vorhanden sind, eignen sich die Beispiele ebenso als Prüfungsaufgaben oder als vertiefendes Material für Schüler*innen zum Selbststudium . Bei einigen Autoren wurden Passagen des Originals ausgelassen, damit möglichst viele charakteristische Autorenmerkmale ersichtlich werden, zugleich aber die angemessene Länge eines Interpretationstextes nicht überschritten wird . Weil eine Markierung der Auslassungen jedoch die Gliederung in Sinnabschnitte zu sehr vereinfachen würde, sind diese in den Praxisbeispielen weggelassen .

Neben den Beispieltexten sind in dieser Handreichung sogenannte Tippkarten enthalten, die eine Grund­

lage zum Interpretieren bieten sollen . Diese Karten umfassen die Interpretationsbereiche Sinnabschnitte, Wortwahl, Syntax und Stilmittel oder liefern Informationen zu den behandelten Autoren, ihren Werken und teilweise zum historischen Kontext .

Da die Interpretation vor allem zum Ende der Mittelstufe und in der Oberstufe einen größeren Anteil des Lateinunterrichts einnimmt, sind in dieser Handreichung alle Arbeitsanweisungen einheitlich in der im Schriftlichen ab der 10 . Klasse verbindlichen Sie­Anrede verfasst .

Vorwort

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Gliederung der Interpretation eines lateinischen Textes

Bei metrischen Texten kann man nach der Interpretation der Stilistik unter Umständen auch das verwen­

dete Metrum thematisieren . Dies ist allerdings kein Muss und sollte immer mit einem Zweck verbunden sein. Wer sich in diesem Bereich gut auskennt, kann z. B. auf metrische Besonderheiten (Elision, Aphärese) hinweisen, die im Zusammenhang mit dem Inhalt stehen .

4. Textüberschreitende Interpretation 4 .1 Literaturgeschichtliche Ergänzungen 4 .2 Gattungsmerkmale

4 .3 Historische Anmerkungen 4 .4 Intertextualität

Erklärung: Zusätzlich zur Arbeit mit dem konkreten Textausschnitt, der sogenannten textimmanenten Interpretation, sollte man textüberschreitende Aspekte anführen . Je nach Text kann man hier sein Wissen zum Werkganzen, zur Gattung, zur Literaturgeschichte, zu den gesellschaftlich­politischen Umständen zur Entstehungszeit des Werkes oder zur Person des Autors einfließen lassen . An dieser Stelle sind ebenfalls intertextuelle Verweise möglich, wenn man z. B. bestimmte Motive von anderen Autoren kennt. Bei allen weiterführenden Erläuterungen muss stets darauf geachtet werden, dass ein Bezug zum konkreten Text­

ausschnitt erkennbar bleibt . Eine reine Aneinanderreihung von auswendiggelerntem „Wikipedia­Wissen“

ist hier nicht gefragt . Natürlich kann und soll man sein gelerntes Wissen anbringen, aber man sollte min­

destens einmal in Form eines indirekten Zitates auf den zu interpretierenden Text verweisen und auf diese Weise einen Zusammenhang herstellen .

Gliederung der Interpretation eines lateinischen Textes

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Allgemeine Tippkarten Zur Ermittlung der Sinnabschnitte können folgende Aspekte untersucht werden:

1 Oberste Richtlinie zur Ermittlung von Sinnabschnitten ist die Abgrenzung unterschiedlicher Unter­

themen voneinander . Beginnt im Text ein neuer Gedanke, fängt an dieser Stelle ein neuer Sinnab­

schnitt an .

2 Satzstruktur: Meist gibt die Satzstruktur bereits eine gewisse Gliederung vor . Nicht jeder einzel­

ne Satz bildet aber zwangsläufig einen Sinnabschnitt . Man muss genau untersuchen, welche Sätze jeweils einen in sich geschlossenen Gedanken umfassen . Am besten prüft man die Prädikate der Sätze, ob sie einem gemeinsamen Thema oder derselben Person zugeordnet werden können . 3 Subjektswechsel: Wechselt das Subjekt zum nächsten Satz, kann dies ein Hinweis auf einen neuen

gedanklichen Abschnitt sein .

4 Schlüsselwörter: Häufig wiederholte Wörter können auf gedanklich zusammengehörende Passagen verweisen . Vorsicht ist jedoch geboten, wenn es sich bei dem wiederholten Wort um das grundsätz­

liche Thema des Ausschnitts handelt .

Hinweis zur Angabe der Sinnabschnitte: Die jeweiligen Zeilen­ oder Versangaben gibt man am besten in Klammern nach der entsprechenden Inhaltszusammenfassung an . Sollte eine Zeile aus zwei Sinnab­

schnitten bestehen, markiert man deren Ende bzw . Beginn durch den Zusatz „a“ und „b“ . Das bedeutet, dass sich der erste Abschnitt (z. B. Z. 1–5a) bis zum Punkt (oder einem anderen Satzzeichen) in Zeile fünf erstreckt . Der nächste Abschnitt beginnt dann nach dem Punkt bzw . Satzzeichen der entsprechenden Zeile (Z . 5b–8) .1

1 Vgl . Gliederung in Sinnabschnitte beim Interpretationsbeispiel zu Cicero .

Tippkarte Sinnabschnitte

Allgemeine Tippkarten

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Allgemeine Tippkarten

Allgemeine Tippkarten

Bei der Analyse der Wortwahl sind folgende Aspekte wichtig:

1 Wortfelder: Ein dominantes Wortfeld (= verschiedene Wörter zu demselben Thema) weist auf das Thema des Textausschnitts hin .

2 Schlüsselwörter: Wenn immer wieder das gleiche Wort verwendet wird, spricht man von einem Schlüsselwort . Auch dieses verweist auf das Thema des Textes .

3 Hervorstechen einer bestimmten Wortart: Um diesen Bereich analysieren zu können, benötigt man gute Grammatikkenntnisse . Wenn sich beispielsweise Possessivpronomen häufen, dreht es sich in dem Text vermutlich vor allem um Besitzverhältnisse . Eine Häufung an Verben kann die hohe Akti­

vität einer Figur anzeigen . Tippkarte Wortwahl

Die Analyse der Satzstruktur kann wichtige Hinweise für die Interpretation liefern:

1 Parataxen:

• Besteht der Satzbau hauptsächlich aus Parataxen (= Hauptsätzen) steht dies für eine gewisse Ein­

fachheit oder Routine. Diese Schlichtheit kann sich im Inhalt widerspiegeln, wenn z. B. monotone, wiederholt auftretende Phänomene dargestellt werden .

• Mitunter können Satzreihen (= nur Parataxen) aber auch zur besseren Verständlichkeit des Textes beitragen, z. B. wenn der Inhalt bereits sehr anspruchsvoll ist.

2 Hypotaxen:

• Ein hypotaktischer Satzbau (= Satzgefüge, Haupt­ und Nebensätze) steht für Komplexität, welche dementsprechend kundige Leser erfordert, die diese verstehen können .

• So kann unter Umständen aufgrund des Satzbaus ein Verweis auf ein potentielles Leserpublikum erfolgen. Manche Autoren, z. B. Cicero, sind bekannt für ihre langen Satzperioden, die man erst einmal zerlegen und analysieren muss .

• Im Unterschied zu einem parataktischen Satzbau lassen sich bei Hypotaxen aufgrund der unter­

ordnenden Konjunktionen logische Zusammenhänge, wie z. B. Folgerungen, Zwecke oder Bedin- gungen deutlich darstellen .

Tippkarte Syntax – Satzbau

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Allgemeine Tippkarten

Rhetorische Figuren

Im Folgenden sind die häufigsten und für die Interpretationstexte in dieser Handreichung relevanten rheto­

rischen Figuren aufgelistet . Auf Erläuterungen zur Funktion der Stilmittel wurde in dieser Übersicht bewusst verzichtet, da in derartigen Übersichten meist nur recht allgemeine Aussagen getroffen werden können (z. B. Betonung oder Hervorhebung des jeweiligen Textinhalts). Sinnvoller erscheint es stattdessen, eine rhetorische Figur im jeweiligen Kontext zu erkennen und sich an den ausformulierten Interpretationen ein Beispiel für eigene Interpretationsversuche bei diesen Stilfiguren zu nehmen .

Die Unterteilung in Wort­ und Gedankenfiguren kann bei manchen Stilmitteln nicht eindeutig vorge­

nommen werden. So kann z. B. ein Parallelismus der Wortfigur zugeordnet werden, wenn es nur um die parallele Verwendung einzelner Wörter geht; er kann sich aber auch auf ganze Sätze erstrecken, was ihn wieder zu den Gedankenfiguren gehören lässt . Für den Schulgebrauch ist vor allem die korrekte Bezeich­

nung der rhetorischen Figur wichtig . Die Unterscheidung soll an dieser Stelle in erster Linie ein vertieftes Verständnis für die Unterschiede bei der stilistischen Textgestaltung schaffen .

Wortfiguren = Figuren, die sich auf die Verwendung einzelner Worte beziehen

Fachbegriff Erklärung Beispiel

Anapher Wiederholung eines Wortes am Anfang eines Satzes oder Satzteiles

Vir prior accedat, vir verba precantia dicat.

(Ov . Ars 1, 709) Ellipse Auslassung eines Wortes oder Satzteiles, das

bzw . der leicht erschlossen werden kann

fata secutus [sum]

(Verg . Aen . 1, 382) Hendiadyoin Aufspaltung eines Begriffes in zwei Ausdrücke dolum atque insidias

(Caes . Gall . 4, 13) Pleonasmus (redundante) Häufung bedeutungsähnlicher

Ausdrücke

prima […] ab origine (Verg . Aen . 1, 372) Hyperbaton

(häufiges Stilmittel in der Dichtung

Trennung zweier grammatikalisch zusammen­

gehörender Begriffe

effuso per vulnera nigra veneno (Ov . met . 1, 444)

Asyndeton Reihung von Wörtern, Satzteilen oder Sätzen ohne Konjunktionen

veni, vidi, vici (Suet . Div . Iul . 37, 2) Polysyndeton Verbindung von Wörtern oder Satzteilen mithil­

fe der gleichen Konjunktion

veni et vidi et vici Tippkarte Stilmittel – Wortfiguren

Allgemeine Tippkarten

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Allgemeine Tippkarten

Gedankenfiguren = Figuren, die sich aufgrund einer bestimmten Satzstruktur ergeben und den Gedan­

kengang gliedern

Eine Unterkategorie der Gedankenfiguren stellen die sogenannten Satzfiguren dar, zu denen z. B. der Parallelismus und der Chiasmus gehören .

Wenn sich die allgemeine Syntax als nicht sehr ergiebig herausstellt, kann man auch die hier aufgeliste­

ten Satzfiguren anführen, da diese eine stilistische Auffälligkeit im Bereich der Syntax darstellen .

Fachbegriff Erklärung Beispiel

Chiasmus Überkreuzstellung gleicher Satzglieder (vgl. griechischer Buchstabe χ)

(mitunter in Kombination mit einer Antithese)

Vitam brevem esse, longam artem . (Sen . brev . vit . 1, 1) Parallelismus Parallelstellung gleicher Satzglieder Vitam brevem,

artem longam esse.

Antithese inhaltlicher Gegensatz zweier Begriffe, Gedan­

ken oder Sätze

facere docet philosophia, non dicere

(Sen . epist . 20, 2) Oxymoron Verbindung zweier sich widersprechender Aus­

drücke oder Aussagen

pueri mortui iacent sic ut vivere putes

(Petron . 52, 1) Klimax inhaltliche Steigerung von Begriffen, häufig in

Verbindung mit einem Trikolon

veni, vidi, vici (Suet . Div . Iul . 37, 2)

Trikolon dreigliedriger Ausdruck veni, vidi, vici

(Suet . Div . Iul . 37, 2)

Dikolon zweigliedriger Ausdruck fortunatissimam

pulcherrimamque (Cic . Cat . 3, 1, 1) Rhetorische

Frage

Frage, auf die keine Antwort erwartet wird, da diese bereits offenkundig ist

Quo usque tandem abutere, Catilina, patientia nostra?

(Cic . Cat . 1, 1)

Exclamatio Ausruf O tempora, o mores!

(Cic . Cat . 1, 2) Tippkarte Stilmittel – Gedankenfiguren

Allgemeine Tippkarten

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C. Iulius Caesar (100–44 v. Chr.) und das Ende der Römischen Republik

− Caesar ging vor allem aufgrund seiner politischen Karriere in die Geschichte ein .

− Er durchlief alle Ämter der Römischen Republik (cursus honorum) und schloss sich 60 v. Chr. in einem Bündnis mit Crassus und Pompeius zusammen, dem sogenannten 1 . Triumvirat („Drei­Männer­Bünd­

nis“) . Diese Verbindung gewährte Caesar den notwendigen politischen und finanziellen Rückhalt für seinen Aufstieg .

− In seiner Zeit als Statthalter der Provinz Gallien (58–50 v. Chr., Gallia cisalpina = das aus der Sicht Roms diesseits der Alpen gelegene Gebiet, ≈ heutiges Norditalien, und Gallia transalpina / Narbonensis ≈ heutiges Südfrankreich) erwarb er sich Geld und militärische Macht, indem er nach und nach ganz Gal­

lien eroberte .

− Diese Zeit hielt er selbst in seinem Werk Commentarii de bello Gallico fest . Mit der Bezeichnung commentarius erweckte Caesar den Anschein einer sachlich­nüchternen Berichterstattung über seine militärischen Taten, vergleichbar einem Protokoll . Diese Aufzeichnungen sind aber in keinerlei Hin­

sicht mit der objektiven Geschichtsschreibung der heutigen Zeit vergleichbar, sondern als literarische und somit subjektive Darstellung mit dem Zweck der Erklärung und Rechtfertigung der eigenen Taten anzusehen .

− Jedes Kriegsjahr wird in einem eigenen Buch dargestellt, wobei das 8 . Buch nicht mehr von Caesar, sondern von einem seiner Generäle stammt .

− Typische Kennzeichen der Commentarii:

• Insgesamt ist Caesars Sprache von Kürze (brevitas), Klarheit und Einfachheit (Purismus) geprägt . Dem Ideal der brevitas entsprechen Partizipialkonstruktionen wie der Abl . abs ., mit dessen Hilfe Sachverhalte sehr knapp dargestellt werden können .

• Viele Merkmale sollen vor allem den Anschein von Objektivität erwecken. Darunter fallen z. B. die Verwendung der 3 . Person Singular für Caesar selbst, die Verwendung der indirekten Rede und der allgemein nüchterne Stil in Kombination mit einer einfachen Wortwahl .

• Genaue geographische Angaben und detaillierte Zeitangaben lassen das Werk ebenfalls sachlich erscheinen . Caesar konnte hier mit dem Unwissen seiner römischen Leser spielen, die seine Infor­

mationen nicht nachprüfen konnten und ihm damit Glauben schenken mussten .

• Darüber hinaus stellte Caesar bloße Behauptungen über die Charaktereigenschaften der gallischen Stämme auf, um sie als Bedrohung für das Römische Reich erscheinen zu lassen (z. B. Helvetier sind kriegslüstern) .

− Nach der Eroberung Galliens erfolgte die vorgeschriebene Entlassung der Truppen nicht, stattdessen marschierte Caesar mit ihnen über den nördlichen Grenzfluss Rubikon und löste dadurch den Bürger­

krieg zwischen Pompeius und ihm aus . Ihr Bündnis, das Triumvirat, war zu diesem Zeitpunkt bereits zerbrochen . Die Ereignisse im Bürgerkrieg schilderte Caesar in seinem zweiten wichtigen Werk, den Commentarii de bello civili .

− Caesar ging aus dem Bürgerkrieg als Sieger hervor und wurde 46 v. Chr. zum Diktator zunächst für zehn Jahre, 44 v. Chr. zum Diktator auf Lebenszeit ernannt. Aus Angst vor einer erneuten Monarchie1 wurde Caesar am 15. März 44 v. Chr. ermordet.

1 Nach der Gründung durch Romulus wurde Rom zunächst von etruskischen Königen regiert . Der siebte und letzte König, Tarquinius Superbus, wurde nach der Vergewaltigung der Lucretia durch seinen Sohn Sextus mit seiner Familie aus Rom vertrieben . Seitdem hatten die Römer Angst vor einer erneuten Königsherrschaft .

Tippkarte

C. Iulius Caesar (100–44 v. Chr.) und das Ende der Römischen Republik

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C. Iulius Caesar (100–44 v. Chr.) und das Ende der Römischen Republik Aufgabenstellung:1

Interpretieren Sie den vorliegenden Ausschnitt2 aus Caesars Commentarii de bello Gallico, indem Sie die einzelnen Aufgaben bearbeiten. (12 BE)

Die Beantwortung der Fragen kann einzeln oder in einem zusammenhängenden Text erfolgen.

Im vierten Buch wird berichtet, dass der germanische Stamm der Sueben zwei andere germanische Stämme in das von Rom besetzte Gallien treibt. Caesar lässt den Vertriebenen von Anfang an mitteilen, dass in Gallien kein Platz für sie sei, und so rüsten sich beide Seiten für einen Kampf. Dennoch wollen die zwei Parteien zunächst verhandeln und vereinbaren daher eine Waffenruhe.

1

5

At hostes, ubi primum nostros equites conspexerunt, quorum erat V milium numerus, cum ipsi non amplius octingentos equites haberent, quod ei, qui frumentandi causa ierant trans Mosam, nondum redierant, nihil timentibus nostris, quod legati eorum paulo ante a Caesare discesserant atque is dies indutiis erat ab his petitus, impetu facto celeriter nostros perturbaverunt . Hoc facto proelio Caesar neque iam sibi legatos audiendos neque condiciones accipiendas arbitrabatur ab eis, qui per dolum atque insidias petita pace ultro bellum intulissent .

Übersetzung:

Sobald aber die Feinde unsere Reiter erblickt hatten, deren Anzahl 5 .000 betrug, machten sie, obwohl sie selbst nicht mehr als 800 Reiter hatten, weil diejenigen, die die Maas überschritten hatten, um Getreide zu holen, noch nicht zurückgekehrt waren, einen Ausfall und sorgten bei den Unsrigen schnell für Verwirrung . Währenddessen hatten die Unsrigen nichts befürchtet, weil deren Gesandte kurz vorher von Caesar weg­

gegangen waren und weil für diesen Tag von ihnen ein Waffenstillstand erbeten worden war . Nach dieser Schlacht glaubte Caesar, dass er von solchen Leuten, die, nachdem sie mittels List und Täuschung um Frie­

den gebeten hatten, dann aber von sich aus einen Krieg angezettelt hatten, keine Gesandte mehr anhören oder Bedingungen akzeptieren dürfe .

2 mit Auslassung

Commentarii de bello Gallico 4, 12–13

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C. Iulius Caesar (100–44 v. Chr.) und das Ende der Römischen Republik

Leitfragen – Mittelstufe

1 Benennen Sie das Ziel, das Caesar mit dieser Passage verfolgt. (1 BE)

2 Unterteilen Sie den Text in zwei gedankliche Abschnitte und paraphrasieren Sie deren Inhalt mit eigenen Worten . Weisen Sie außerdem anhand der Syntax nach, dass man innerhalb des ersten Sinnabschnitts eine weitere gedankliche Unterteilung vornehmen kann. (3 BE)

3 a) Arbeiten Sie zentrale Wörter des Wortfeldes „Militär“ heraus und weisen Sie diesen eine Funktion zu . (2 BE)

3 b) Weisen Sie anhand der Syntax Besonderheiten des Berichtsstils Caesars nach . (1 BE)

3 c) Arbeiten Sie zwei texttypische Stilmittel (eine Satzfigur und eine Wortfigur) heraus, zitieren Sie diese direkt, nennen Sie die entsprechenden Fachbegriffe und weisen Sie ihnen eine Funktion zu . (2 BE)

4 Belegen Sie mithilfe des Inhalts dieser Passage, dass es sich bei Caesars Commentarii nur bedingt um eine objektive Darstellung handelt . (3 BE)

Leitfragen – Oberstufe

1 Benennen Sie das Thema des Ausschnitts. (1 BE)

2 Unterteilen Sie den Text in sinnvolle Abschnitte und weisen Sie diesen jeweils eine Kurzüberschrift zu . (3 BE)

3 Arbeiten Sie sprachlich­stilistische Auffälligkeiten des Textes heraus und weisen Sie diesen eine Bedeu­

tung im Zusammenhang mit dem Inhalt zu . Beziehen Sie sich in Ihrer Auswahl auf Beispiele aus den Berei­

chen Wortwahl, Syntax und Stilmittel . (5 BE)

4 Belegen Sie mithilfe des Inhalts dieser Passage, dass es sich bei Caesars Commentarii nur bedingt um eine objektive Darstellung handelt . (3 BE)

Commentarii de bello Gallico 4, 12–13

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Gliederung

1 Thema: Rechtfertigung der eigenen militärischen Handlungen 2 Sinnabschnitte:

− Z . 1–4a: plötzlicher Angriff der Sueben

− Z . 4b–6: Caesars Konsequenzen für seinen Umgang mit den Sueben nach der Schlacht

− Z . 1a und 4b: Haupthandlung vs . Z . 1b–4a: Hintergrundinformationen 3 Sprache und Stil:

a)

− Kriegswendungen: impetum facere (Z . 4), bellum inferre (Z. 6) → Kriegslust der Sueben

− militärisches Fachvokabular und genaue Zahlenangaben: hostes (Z . 1), V milium numerus (Z . 1), equites (Z . 1f .), indutiis (Z . 4), proelio (Z. 4) → Leserlenkung

b) prägnante, lateinspezifische Konstruktionen, z. B. Abl. abs. nihil timentibus nostris (Z . 3), impetu facto (Z . 4), hoc facto proelio (Z . 4), petita pace (Z . 6), attributives Gerundiv legatos audiendos (Z . 5), condicio- nes accipiendas (Z. 5) → brevitas

c)

− Polysyndeton neque … neque (Z . 5) und Parallelismus legatos audiendos [… .] condiciones accipiendas (Z . 5)

→ klare Satzstruktur zur Hervorhebung der klaren Logik der Konsequenzen Caesars

− Hendiadyoin dolum atque insidias (Z . 5f .) und Antithese petita pace (Z . 6) vs . ultro bellum intulissent (Z . 6)

→ Betonung der Hinterlistigkeit der Sueben 4 Kennzeichen des commentarius:

− vermeintlich objektive Berichterstattung aufgrund der Namenswahl commentarius, der 3 . Person Singular für die Person Caesar und bestimmter sprachlicher Mittel

− subjektive Verzerrung: Caesar als Opfer gallischer Angriffe

− Möglichkeit, unüberprüfbare Behauptungen zu eigenen Gunsten aufzustellen (z. B. Kriegslust und Unbe­ rechenbarkeit der Gallier)

Commentarii de bello Gallico 4, 12–13

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M. Tullius Cicero (106–43 v. Chr.) und die Römische Republik

M. Tullius Cicero (106–43 v. Chr.) und die Römische Republik

− Cicero wurde 106 v. Chr. in der italienischen Stadt Arpinum geboren, 43 v. Chr. wurde er aufgrund seiner gegen Antonius gerichteten Philippischen Reden von diesem ermordet .

− Er war Redner, Anwalt, Politiker und Schriftsteller .

− Da seine Familie zum Ritterstand und nicht zur höchsten Gesellschaftsschicht, den Patriziern, gehörte, galt er in Rom zu Beginn seiner politischen Karriere als homo novus.

− Er durchlief alle Ämter des cursus honorum im gesetzlich vorgeschriebenen Mindestalter (suo anno) .

− Größere Bekanntheit erreichte Cicero, als er 70 v. Chr. im Auftrag einiger Bürger Siziliens einen Prozess gegen den ehemaligen Statthalter der Insel, C . Verres, anstrebte, nachdem sich dieser in seiner Zeit als Proprätor unrechtmäßig private und öffentliche Güter angeeignet hatte . Cicero gewann den Prozess gegen Hortensius, den damals besten Anwalt Roms, der Verres vertrat .

− Den Höhepunkt seiner politischen Karriere bildete die Aufdeckung der Catilinarischen Verschwörung in Ciceros Konsulatsjahr 63 v. Chr. Der Patrizier Catilina soll aufgrund mehrfacher vergeblicher Bewer­ bung um das Konsulat einen Umsturz geplant haben . Nachdem Cicero von diesen Plänen in Kenntnis gesetzt worden war, berief er den Senat ein und hielt seine Erste Catilinarische Rede, bei der Catilina überraschenderweise im Senat anwesend war . Anschließend floh Catilina aus Rom . Während sich Cicero mit seiner zweiten und dritten Rede an das römische Volk wandte, hielt er die vierte erneut im Senat . Catilina und seine Mitverschwörer wurden in Abwesenheit zum Tode verurteilt . Einige Ver­

schwörer wurden tatsächlich hingerichtet, Catilina kam bei einer Schlacht außerhalb Roms ums Leben .

− Cicero musste sich einige Jahre später in die Verbannung nach Griechenland begeben, da die Hinrich­

tung der Catilinarier im Nachhinein für rechtswidrig erklärt worden war . In diese Zeit der Ver bannung fallen seine staatsphilosophischen Schriften, z. B. De re publica und De legibus . Mit derartigen

Schriften kam Cicero seiner Forderung nach stetigem Engagement für den Staat nach . Obwohl er poli­

tisch nicht aktiv sein konnte, übte er sich im otium cum dignitate, indem er dem Staat in seinen Augen passiv durch seine theoretischen Schriften diente .

− Seine zweite schriftstellerische Phase ist nach dem Tod seiner Tochter Tullia 45 v. Chr. anzusetzen. In dieser Zeit entstanden seine moralphilosophischen Schriften, wie z. B. die Tusculanae disputationes, De natura deorum, De finibus bonorum et malorum.

− Ciceros Schreibstil ist vor allem von langen Satzperioden geprägt . Darüber hinaus lassen sich in den Texten eine Vielzahl an Stilmitteln (vor allem gliedernde Satzfiguren) finden . Diese weisen zum einen auf seine Ausbildung und seinen Beruf als Redner hin, zum anderen werden zentrale Stellen seiner Texte durch diesen stilistischen Feinschliff besonders hervorgehoben .

− Seine Werke sind immer im Zusammenhang mit seiner Biographie zu betrachten, wenngleich dem Leser bewusst sein sollte, dass Cicero seine Texte mitunter vielfach überarbeitet hat, bevor sie ver­

öffentlicht wurden . So kann man bei ihm stellenweise eine gewisse subjektive Note und Leserlenkung erkennen .

Tippkarte

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Franziska P: Besser interpretieren lernen im Lateinunterricht © Auer Verlag

M. Tullius Cicero (106–43 v. Chr.) und die Römische Republik

In L. Catilinam oratio tertia 1, 1; 1, 3

Aufgabenstellung:1

Interpretieren Sie den vorliegenden Ausschnitt1 aus Ciceros Dritter Catilinarischer Rede, indem Sie die einzelnen Aufgaben bearbeiten. (12 BE)

Die Beantwortung der Fragen kann einzeln oder in einem zusammenhängenden Text erfolgen.

Nachdem einige Anhänger Catilinas gefangen genommen worden waren, wendet sich Cicero mit seiner Dritten Catilinarischen Rede an das Volk:

1

5

Rem publicam, Quirites, vitamque omnium vestrum, bona, fortunas, coniuges liberosque vestros atque hoc domicilium clarissimi imperii, fortunatissimam pulcherrimamque urbem, hodierno die deorum immortalium summo erga vos amore, laboribus, consiliis, periculis meis e flamma atque ferro ac paene ex faucibus fati ereptam et vobis conservatam ac restitutam videtis . Quae quoniam in senatu illustrata, patefacta, comperta sunt per me, vobis iam exponam breviter, ut, et quanta et quam manifesta et qua ratione investigata et comprehensa sint, vos, qui et ignoratis et exspectatis, scire possitis .

Übersetzung:

Den Staat, Quiriten, und euer aller Leben, Hab und Gut, Vermögen, eure Ehefrauen und Kinder und diesen Sitz des hochberühmten Reiches, die wohlhabendste und schönste Stadt, seht ihr am heutigen Tag durch die höchste Liebe der unsterblichen Götter zu euch, durch meine Mühen, Entschlüsse und Gefahren den Flammen und dem Schwert und beinahe dem Schlund des Schicksals entrissen, für euch gerettet und wiederhergestellt . Weil ja diese Vorkommnisse im Senat durch mich ans Licht gebracht, aufgedeckt und in Erfahrung gebracht worden sind, werde ich euch diese nun kurz darlegen, damit ihr, die ihr diese nicht kennt und darauf wartet, verstehen könnt, wie groß und wie offensichtlich sie sind und auf welche Weise sie ausfindig gemacht und entdeckt worden sind .

1 mit Auslassung

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M. Tullius Cicero (106–43 v. Chr.) und die Römische Republik

In L. Catilinam oratio tertia 1, 1; 1, 3

Leitfragen – Mittelstufe

1 Benennen Sie Ciceros Intention, die diesem Ausschnitt zugrunde liegt. (1 BE)

2 Unterteilen Sie den Text in zwei gedankliche Abschnitte und paraphrasieren Sie deren Inhalt mit eigenen Worten. (2 BE)

3 a) Weisen Sie anhand von Textbeispielen nach, dass Cicero die Schlüsselwörter „Volk“ (und ein dazu­

ge höriges Wortfeld) und „Staat“ (und ggf . Synonyme) gezielt einsetzt, um seine Zuhörer zu beeinflussen .2 (4 BE)

3 b) Arbeiten Sie zwei verschiedene Satzfiguren mit den entsprechenden Textbelegen heraus und weisen Sie nach, dass deren Funktion darin besteht, Ciceros Leistung besonders hervorzuheben. (2 BE)

3 c) Arbeiten Sie zwei texttypische Stilmittel heraus, nennen Sie die entsprechenden Fachbegriffe, zitieren Sie diese direkt und weisen Sie ihnen eine Funktion zu. (2 BE)

4 Erläutern Sie kurz die Auswirkungen, die die Catilinarischen Reden auf Ciceros Leben hatten. (1 BE)

Leitfragen – Oberstufe

1 Benennen Sie das Thema des Ausschnitts. (1 BE)

2 Unterteilen Sie den Text in sinnvolle Abschnitte und weisen Sie diesen jeweils eine Kurzüberschrift zu . (2 BE)

3 Arbeiten Sie sprachlich­stilistische Auffälligkeiten des Textes heraus und weisen Sie diesen eine Be­

deutung im Zusammenhang mit dem Inhalt zu . Beziehen Sie sich in Ihrer Auswahl auf Beispiele aus den Be reichen Wortwahl, Syntax und Stilmittel . (8 BE)

4 Erläutern Sie kurz die Auswirkungen, die die Catilinarischen Reden auf Ciceros Leben hatten. (1 BE)

2 Da bei Cicero zentrale Passagen stilistisch sehr „aufgeladen“ sind, ist im Zusammenhang mit diesen Schlüsselwörtern auch eine vorzeitige Nennung von rhetorischen Figuren möglich .

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T. Petronius Arbiter (14–66 n. Chr.) und die römische Satire

Lösungsvorschlag

1 Der vorliegende Ausschnitt der Cena Trimalchionis aus dem Gesamtwerk Satyrica von Petron zeigt den

Gastgeber Trimalchio bei seiner Lieblingsbeschäftigung, der Prahlerei . Ferner wird der Leser Zeuge dessen, wie schlecht Trimalchio seine eigenen Sklaven behandelt .

2 Den ersten Sinnabschnitt bilden die Z . 1–3a, in denen sich Trimalchio sehr protzig zeigt . Dazu zählt er zum

einen auf, was er alles an Geschirr besitzt, zum anderen versucht er, mit seinem mythologischen Wissen anzugeben . Im zweiten Abschnitt (Z . 3b–7) erkennt man Trimalchios Hang zu Wutausbrüchen, da er einen Sklaven wegen einer Nichtigkeit scharf anfährt und ihn erst auf die Bitte seiner Gäste ziehen lässt .

3 a) Ausgehend von seinem Besitz nutzt Trimalchio diesen Moment dazu, mit seiner vermeintlichen Bildung

anzugeben . Obwohl an der Stelle ein Teil fehlt (vgl . die drei Punkte in Z . 1), ist wohl davon auszugehen, dass Trimalchio versucht, Szenen auf seinen Gefäßen zu beschreiben . Diese entstammen der griechischen Mythologie und gewisse Namen sind dem Gastgeber durchaus geläufig . Zwar existieren in der Mythologie Figuren wie Cassandra (Z . 1), Daedalus (Z . 2) und Niob[a] (Z . 2), allerdings haben sie mit den anschließend erwähnten Szenen nichts zu tun . So ist es nicht Kassandra, die ihre eigenen Söhne tötet, sondern Medea . Dädalus wiederum ist dafür bekannt, dass er mithilfe selbstgebauter Flügel zusammen mit seinem Sohn von der Insel Kreta geflohen ist . Niobe erzürnte einst die Göttin Latona, weil sie sich aufgrund ihrer sieben Söhne und sieben Töchter für die bessere Mutter hielt – Latona war „nur“ die Mutter zweier Kinder, Apoll und Diana . Zur Strafe wurden alle Kinder der Niobe von Apoll und Diana getötet . Mit dem Trojanischen Pferd können demnach weder Dädalus noch Niobe in Verbindung gebracht werden . Geht man nun davon aus, dass Trimalchio zumindest die dargestellten Szenen richtig erkannt hat (Kindermord und Trojanisches Pferd), zeigt dies, dass er immerhin ein rudimentäres mythologisches Wissen besitzt, die passenden Figuren aber nicht benennen kann und daher willkürlich bekannte Namen des Mythos aufzählt . Damit schlägt sein Versuch der Angeberei fehl, und stattdessen offenbart Trimalchio durch sein Unwissen seine Herkunft als ungebildeter Sklave, die er gerne zu verstecken versucht .

Obwohl er selbst einmal ein Sklave war, geht er mit seinen eigenen Bediensteten sehr streng und herab­

lassend um . Am Anfang der Cena trocknet er sich beispielsweise nach dem öffentlichen Urinieren seine Hände an den Haaren eines Sklaven ab . In dieser Passage rügt er einen jungen Sklaven (puer, Z . 4), weil diesem ein Missgeschick unterläuft, indem er einen Becher fallen lässt: Trimalchio befiehlt ihm, sich selbst zu schlagen . Dabei verwendet er das Wort caedere (vgl . Z . 4), das nicht nur „schlagen“, sondern auch „töten“ bedeuten kann und somit auf die Intensität des Schlagens hinweist . Die Begründung (quia nugax es, Z . 5) für diese harte Strafe wirkt irritierend . Das Adjektiv nugax kann sowohl „Unfug treibend“ als auch „unnütz“ bedeuten . Doch keine dieser beiden Bedeutungen rechtfertigt eine derart schwere Strafe . Viel­

leicht erkennt Trimalchio es sogar selbst, da er fortfährt und dem Sklaven, der ihn reumütig ansieht (vgl . demisso labro orare coepit, Z . 5), erklärt, dass er von ihm nichts zu befürchten habe (vgl . Z . 5f .) . Die Stelle wirkt so, als nutzte Trimalchio das Missgeschick des Sklaven dazu, um seine Macht als dominus und Sklaven­

besitzer zu demonstrieren . Es scheint ihm sehr wichtig zu sein, sich von seinen Sklaven abzuheben, wenn­

gleich man sich von einem ehemaligen Sklaven vielleicht mehr Toleranz erwartet hätte .

Satyrica 52, 1–6

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3 b) Seine sklavische Herkunft ist mitunter auch an seiner Ausdrucksweise zu erkennen . Die Aussage

meum enim intellegere nulla pecunia vendo (Z . 3) entspricht nicht den gängigen Regeln der lateinischen Grammatik . Offenbar möchte Trimalchio den Infinitiv intellegere an dieser Stelle substantiviert gebrauchen:

als Akkusativobjekt mit dem Possessivpronomen meum . Hier würde man stattdessen eher ein Substantiv wie intelligentia („Kennerschaft“) oder scientia („Wissen“) erwarten .

Eine weitere Stelle ist zwar nicht direkt grammatikalisch falsch, dennoch auffällig und als umgangssprach­

lich anzusehen . Bei suadere und impetrare (vgl . Z . 6) handelt es sich beide Male um Verben, nach denen ein finaler ut­Satz (im Konjunktiv) folgt . Nach Suadeo (Z . 6) ist dieses ut ausgefallen, impetres (Z . 6) steht korrekt im Konjunktiv Präsens . Obgleich dieser Ausfall von ut noch als Ellipse angesehen werden kann, wirkt Trimalchios Ausdrucksweise mit zwei Verben und den doppelten „dass“­Sätzen etwas umständlich . Die Wortwahl impetrare („durch Bitten erreichen“) sorgt in diesem Zusammenhang ebenso für Irritationen, da der Sklave sich schließlich nicht selbst bitten kann, nicht mehr nugax zu sein .

3 c) Derartige Widersprüche sind in diesem Ausschnitt des Öfteren zu finden . Trimalchio erklärt, dass die

getöteten Söhne so daliegen, als wenn sie lebendig wären (vgl . Z . 1f .) . Ohne weitere Erklärungen ergibt diese Feststellung keinen Sinn . Man müsste beispielsweise ergänzen, dass die Figuren derart vortrefflich gezeichnet sind, dass man den Eindruck haben könnte, dass sie noch leben . Die Qualität der gezeichneten Figuren könnte wiederum ein Hinweis darauf sein, dass die Gefäße sehr wertvoll sind . Ohne Erläuterung wirkt dieser Satz, den man als Oxymoron bezeichnen kann, wie „sinnloses Blabla“ .

Die Aussage meum enim intellegere nulla pecunia vendo (Z . 3) bildet ebenfalls einen Gegensatz zum Ge­

sagten (Antithese) . Trimalchio zeigt damit, dass er sich für jemanden hält, der sich in der Mythologie aus­

kennt, und dieses Wissen für kein Geld der Welt verkaufen würde . Wie der kundige Leser an seinen Erklä­

rungen erkennen kann, besitzt Trimalchio aber gar kein mythologisches Wissen, für das irgendjemand bereit wäre, Geld auszugeben . Die Selbstwahrnehmung Trimalchios und die Fremdwahrnehmung decken sich in diesem Fall also nicht .

4 a) Zur Zeit der lateinischen Klassiker Caesar und Cicero gab es in Prosaform nur die Geschichtsschreibung,

Fachbücher, Reden oder Briefe . Da es sich bei Petron um eine längere Prosaerzählung handelt, die nicht in diese Bereiche fällt, wählte man für diese Form die Bezeichnung „Roman“ . Obschon sich in den Satyrica metrische Einschübe finden (Anlehnung an das Prosimetrum der Mennipeischen Satire), ist der Großteil in Prosaform abgefasst .

Der satirische Charakter des Werkes wird zum einen an der Werkstruktur als Ganzes festgemacht (Parodie des Epos bzw . des Liebesromans) . Zum anderen kann man die Darstellung neureicher Freigelassener in Gestalt des Trimalchio als Satire bezeichnen . Die römische Satire weist auf menschliche Fehler und Verhal­

tensweisen hin . Dies kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen . Während Lucilius, der Begründer der Verssatire, sehr deutlich und scharf seine Kritik äußerte, galt für Horaz das Motto „lachend die Wahrheit zu sagen“ (ridentem dicere verum) . Auch Petron übt keine direkte Kritik, dennoch kann man an der Art, wie Trimalchio und in weiteren Passagen die anderen Freigelassenen direkt und indirekt charakterisiert werden, erkennen, dass Petron hier ein zeitgenössisches Phänomen (reiche Freigelassene zur Kaiserzeit) überspitzt und ironisch darstellt .

4 b) Die Cena Trimalchionis stellt nur einen Teil der gesamten Erzählung dar . Der Ich­Erzähler Encolpius

schildert neben seinen Abenteuern in Kampanien u. a. die Teilnahme am Gastmahl des Trimalchio, eines ehemaligen Slaven, der es zu großem Reichtum gebracht hat . Begleitet wird Encolpius von Ascyltos und dem Lustknaben Giton . Diese Personen sind in der vorliegenden Textstelle an der Verwendung des Personalpronomens nobis (Z . 6) zu erkennen, die Trimalchio von einer weiteren Bestrafung des Sklaven abbringen .

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Gliederung

1 Thema: Charakterisierung Trimalchios als Angeber und strengen Sklavenbesitzer

2 Sinnabschnitte:

− Z . 1–3a: Prahlerei mit Besitz und vermeintlicher Bildung

− Z . 3b–7: schlechte Behandlung des eigenen Sklaven

3 Sprache und Stil:

a)

− Wortfeld „mythologische Eigennamen“: Nennung zahlreicher mythologischer Namen im falschen Kontext oder in falscher Kombination (vgl. Kassandra, Dädalus, Niobe, Z. 1, Z. 2) → Trimalchios niedriges Bildungs­ niveau

− harsche Wortwahl: te ipsum caede (Z. 4) → strenge Herrschaft über Sklaven b)

− unübliche Verwendung des (substantivierten) Infinitivs mit Possessivpronomen meum enim intellegere nulla pecunia vendo (Z . 3) und

− fehlendes ut nach Suadeo (Z. 6) → Trimalchios niedriges Bildungsniveau c)

− Widerspruch (Oxymoron): pueri mortui iacent sic ut vivere putes (Z. 1f.) → sinnloses, inhaltsleeres Gerede Trimalchios

− Gegensatz (Antithese): meum enim intellegere nulla pecunia vendo (Z. 3) → falsche Selbstwahrnehmung Trimalchios

4 Literaturgeschichte:

a)

− Bezeichnung einer längeren lateinischen Erzählung als Roman

− Zuordnung zur Satire aufgrund der gesamten Werkstruktur und der überspitzten Darstellung neureicher Freigelassener

b) Cena Trimalchionis = Episode des Gesamtwerks Satyrica

Satyrica 52, 1–6

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