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Beitrag zur Entwicklung eines Köders für Wölfe (Canis lupus) zur oralen Vakzination gegen Tollwut

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Beitrag zur Entwicklung eines Köders für Wölfe (Canis lupus) zur oralen Vakzination gegen Tollwut

INAUGURAL – DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - (Dr. med. vet.)

vorgelegt von Nora Gräßer

Lörrach

Hannover 2016

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2. Dr. A. Vos

IDT Biologika GmbH

1. Gutachter: - Prof. Dr. Michael Böer

Zoodirektor, Zoo Osnabrück GmbH

2. Gutachterin: - Prof. Prof. h.c. Dr. Ursula Siebert

Leitung des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung, Stiftung der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Tag der mündlichen Prüfung: 09.11.2016

Dieses Projekt wurde finanziell von der Firma IDT Biologika GmbH unterstützt

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Meiner Familie und meinen Freunden

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1 Einleitung ... 9

2 Literaturübersicht ... 11

2.1 Aktuelle Wolfspopulation ... 11

2.1.1 Europa ... 11

2.1.2 Deutschland und Niedersachsen ... 12

2.2 Nahrung des Wolfes ... 15

2.2.1 Nahrungsspektrum ... 15

2.2.2 Jagdverhalten ... 16

2.3 Tollwut ... 17

2.3.1 Das Virus ... 17

2.3.2 Tollwut bei Wildtieren ... 18

2.3.3 Tollwut bei Wölfen ... 19

2.3.4 Auswirkung auf den Menschen ... 21

2.3.5 Heutige Ausgangslage ... 22

2.4 Giftköder zur Reduzierung der Wolfspopulation ... 24

2.5 Parenterale Impfung ... 26

2.5.1 Hund ... 26

2.5.2 Wolf ... 28

2.6 Orale Immunisierung ... 28

2.6.1 Fuchs ... 28

2.6.2 Hund ... 31

2.6.3 Andere Wildtiere ... 33

3 Material und Methoden ... 36

3.1 Probanden der Vorversuche ... 36

3.2 Probanden der Hauptversuche ... 39

3.3 Probanden der Abschlussversuche ... 40

3.4 Versuchsdurchführung ... 41

3.4.1 Vorversuche ... 41

3.4.2 Hauptversuche ... 43

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3.5 Statistik ... 51

4 Ergebnisse ... 52

4.1 Ergebnisse der Vorversuche ... 52

4.1.1 verschiedene Institutionen ... 52

4.1.2 IDT Biologika... 55

4.2 Ergebnisse der Hauptversuche ... 57

4.2.1 Zoo Osnabrück ... 57

4.2.1.1 Darm-, Ei- und Fisch-Köder ... 57

4.2.1.2 verschiedene Köderkombinationen ... 58

4.2.1.3 Versteckversuche ... 63

4.3 Abschlussversuche ... 65

4.4 Altersunterschied ... 67

4.5 Zeiteffekt ... 69

5 Diskussion ... 70

5.1 Methodenkritik ... 79

6 Aussicht... 81

7 Zusammenfassung ... 83

8 Summary ... 85

9 Literaturverzeichnis ... 87

10 Anhang ... 99

10.1 Anhang 1: Zur Verfügung stehende Wildkameras der Firma IDT Biologika 99 10.2 Anhang 2: Versuchsdurchgänge der Vorversuche ... 100

10.3 Anhang 3: Auslageschema IDT ... 102

10.4 Anhang 4: Hauptversuche Zoo Osnabrück: D-, E- und F-Köder ... 103

10.5 Anhang 5: Hauptversuche Zoo Osnabrück mit unterschiedlichen Köderkombinationen ... 105

10.6 Anhang 6: Versteckversuche Zoo Osnabrück ... 107

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10.9.1 Tabellen ... 113 10.9.2 Abbildungen ... 114 Danksagung ... 115

(8)

Abkürzungsverzeichnis *

% Prozent

§ Paragraph

°C Grad Celsius

Abb. Abbildung

Abs. Absatz

Art. Artikel

bzw. beziehungsweise

ca. circa

CI Konfidenzintervall

cm Zentimeter

EBLV Europäische Fledermaus-Tollwutvirus ERA Evelyn-Rokitnicki-Abelseth

FFH-RL Fauna-Flora-Habitat-Richtlinien

GM Gelatinemasse

GMP Guanosinmonophosphat

ha Hektar

IMP Inosinmonophosphat

kg Kilogramm

km² Quadratkilometer

m Meter

mg Milligramm

MSG Mononatrium-L-Glutamat-Monohydrat

pH potentia hydrogenii

PVC Polyvinylchlorid

RP Rheinland-Pfalz

SAD Street Alabama Dufferin

SAG SAD Avirulent Gif

t Tonne

Tab. Tabelle

USA United States of America

WHO World Health Organisation

*die in den Tabellen und graphischen Darstellungen verwendeten Kürzel sind dort dargestellt

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1 Einleitung

Wölfe sind nicht unbedingt auf Wildnisgebiete angewiesen und haben dort, wo sie von dem Menschen toleriert werden, die Chance auf ein hohes Wachstumspotential (REINHARDT u. KLUTH 2007). Die mitteleuropäische Flachlandpopulation besitzt das größte Potential für eine dauerhafte Etablierung. In den nächsten Jahrzehnten werden die Wölfe weite Teile Deutschlands und Tschechien wieder besiedeln (KACZENSKY et al. 2009). Mit der Rückkehr der Wölfe tritt auch immer mehr der Wolf-Mensch- Konflikt in den Vordergrund. Einige bekennen sich offenkundig zu Wolfsgegnern, andere begrüßen die Wiederkehr und unterstützen die Wiedereingliederung des Wolfes in seinen natürlichen Lebensraum. Menschen, die in oder in der Nähe von Wolfsgebieten leben vertreten einen negativeren Standpunkt gegenüber der Erhaltung des Wolfes, als Menschen, die außerhalb solcher Gebiete wohnen. Es besteht eine positive Beziehung zwischen der Distanz und der Akzeptanz der Wölfe, da Menschen, die in Wolfsgebieten leben, vermehrt negativen Informationen ausgesetzt werden (KARLSSON u. SJÖSTRÖM 2007). Negative Empfindungen machen es schwierig einen Kompromiss zwischen den Interessen der Menschen und der Erhaltung des Wolfes zu finden (MECH u. BOITANI 2003). Eine fest verankerte Angst des Menschen vor dem Angriff eines großen Karnivoren und dabei verletzt oder sogar getötet zu werden kann über Jahrhunderte zurückverfolgt werden. Die Wahrscheinlichkeit einem Wolf in freier Wildbahn zu begegnen oder sogar von ihm angegriffen zu werden ist sehr, sehr gering. In den letzten 50 Jahren sind nur vier Todesfälle durch einen Angriff eines Wolfes auf den Menschen, in ganz Europa bekannt (LINNELL et al. 2002). Es existieren vier Faktoren, die mit einem Wolfsangriff auf den Menschen in Verbindung stehen: Tollwut, Habituation, Provokation und eine stark veränderte Umwelt (LINNELL et al. 2002). Im 16. und 17. Jahrhundert galt der Wolf als Haupttollwutüberträger.

(BUTZECK 1987).

Die meisten Teile West- und Zentraleuropas gelten als tollwutfrei. Auch Deutschland ist seit 2008, nach 25 Jahren starker Bekämpfung, frei von der Zoonose (RABIES BULLETIN EUROPE 2006-2014). In Osteuropa jedoch ist die komplette Eliminierung

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noch nicht gelungen. Da Wölfe viele hunderte von Kilometern zurücklegen können und aus dem Osten in unsere Areale einwandern, ist ein erneutes Risiko der Einschleppung der Zoonose Tollwut nicht komplett auszuschließen. Die Entwicklung und der Einsatz der oralen Immunisierung des Fuchses gegen Tollwut erwies sich als die einzige effektive und nachhaltige Methode zur Eradikation der Tollwut (CLIQUET et al. 2014) bei dieser Canidenart.

Ziel dieser Arbeit ist es, einen Tollwut-Impfköder zu entwickeln, der an die geschmackliche Prävalenz des Wolfes angepasst ist. Eine geeignete Ködergrundmasse soll entwickelt werden, in der in Zukunft ein Blister mit dem Tollwutimpfstoff integriert werden kann. Dieser Köder muss industriell herstellbar sein, damit eine schnelle Produktion gewährleistet werden kann. Maschinell können innerhalb kürzester Zeit viele tausend Köder hergestellt werden.

Da ein Antreffen von Wölfen in freier Wildbahn sehr unwahrscheinlich ist, werden die geschmacklichen Vorlieben an Wölfen in Gehegen getestet. Unterschiedliche Geschmacksvariationen werden in verschiedenen Kombinationen den Wölfen angeboten und die Prävalenz der Wölfe dokumentiert.

Die Entwicklung eines geeigneten Impfköders ist von großer Bedeutung, um bei einem Ausbruch der Tollwut veterinärhygienische Maßnahmen durchführen zu können, die den Abschuss potentieller Träger vermeiden und somit Mensch und Wolf schützen.

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2 Literaturübersicht

2.1 Aktuelle Wolfspopulation 2.1.1 Europa

Zu den großen Raubtieren in Europa zählen der Wolf (Canis lupus), der Braunbär (Ursus arctos), der eurasische Luchs (Lynx lynx) und der Vielfraß (Gulo gulo). In 28 europäischen Ländern auf einer Fläche von ca. 798,300 km² ist der Wolf vorzufinden.

Neben dem Braunbären stellt er mit ca. 12000 Individuen die zweithäufigste große Raubtierart in Europa dar. Aufgrund der geographischen Verteilung werden die Wölfe in 10 Populationen eingeteilt (CHAPRON et al. 2014):

- skandinavische Population (Schweden, Norwegen) - karelische Population (Finnland)

- baltische Population (Estland, Lettland, Litauen, Teile von Polen) - mitteleuropäische Flachlandpopulation (Deutschland, Polen)

- Karpaten Population (Slowakei, Rumänien, Polen, Tschechische Republik, Ungarn)

- dinarische-Balkan Population (Slowenien, Kroatien, Bosnien, Bulgarien, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Serbien, Griechenland, Albanien)

- italienische Halbinsel Population

- alpine Population (Frankreich, Italien, Schweiz)

- nord-westliche iberische Population (Spanien, Portugal) - Sierra Morena Population

Mit Hilfe verschiedener Monitoring-Verfahren, wie zum Beispiel der Telemetrie, Kamerafallen und Bevölkerungsumfragen, werden kontinuierlich die vorkommenden Wolfsbestände erfasst und mit den vorangegangenen Daten der letzten Jahre verglichen. Die meisten Populationen in Europa sind stabil oder zeigen sogar einen Aufwärtstrend. In den nächsten Jahren wird vor allem bei der mitteleuropäischen Flachlandpopulation, der alpinen Population und der skandinavischen Population mit einem Anstieg der Individuen zu rechnen sein (LCIE 2016). Derzeit stellt die

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dinarische-Balkan Population die größte Population mit ca. 5000 Individuen dar. Die Karpatenpopulation ist mit ca. 3300 Wölfen die zweitgrößte Population (KACZENSKY et al. 2012).

Europa ist sehr dicht besiedelt, dennoch wird den Wölfen in vielen Gebieten ein geeigneter Lebensraum mit ausreichend Beute geboten, in dem sie im Verborgenen leben können. Der Wolf ist aber auch für seine gute Anpassungsfähigkeit an menschliche Lebensräume bekannt. Um die Rückkehr der Wölfe weiterhin möglich zu machen und um Konflikte zu vermeiden, müssen die einzelnen Länder Managementpläne erstellen, in denen Präventionsmethoden, Entschädigungsregelungen und Überwachungsprogramme festgehalten sind (DEINET et al. 2013).

2.1.2 Deutschland und Niedersachsen

In den letzten 15 Jahren sind die Wölfe auf dem Wege weite Teile Deutschlands wieder zu besiedeln. Der erste offizielle Wolfsnachwuchs in Deutschland wurde im Jahre 2000 in der Oberlausitz auf einem Truppenübungsplatz nachgewiesen. 2011 dokumentierte man schon 43 Würfe, die vor allem in der Lausitz, im nord-östlichen Sachsen und süd- östlichen Brandenburg zu lokalisieren sind (REINHARDT u. KLUTH 2007;

REINHARDT et al. 2013). Durch regelmäßiges Wolfsmonitoring kann die Entwicklung der Wolfsverbreitung relativ genau beurteilt werden. In den Bundesländern Brandenburg, Berlin und Sachsen werden die meisten Rudel erfasst (Stand Januar 2016, Freundeskreis freilebender Wölfe e.V.). Da Wölfe keine geographischen Grenzen kennen, werden auch grenzüberschreitende Rudel, die zum Beispiel aus Sachsen nach Brandenburg, Sachsen-Anhalt oder Polen ziehen, mit einbezogen. Um Wölfe in Deutschland zu dokumentieren werden alle Nachweise, wie Foto- und Videonachweis, Nachweis von Kotproben, Gen-Nachweis, bestätigter Nutztierriss und Totfunde (Verkehrsunfallopfer) zusammen getragen (FREUNDESKREIS FREILEBENDER WÖLFE E.V. 2016).

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13 Tab. 1: Wolfsnachweise in Deutschland

Wolfsnachweise in Deutschland eingeteilt in die jeweiligen Bundesländer. Stand 22. Mai 2016. SH/HH = Schleswig-Holstein/Hamburg, MV= Mecklenburg Vorpommern, NI/HB=

Niedersachen/Bremen, ST= Sachsen-Anhalt, BB/BE= Brandenburg/Berlin, SN= Sachsen, NW= Nordrhein-Westfalen, RP= Rheinland-Pfalz, HE= Hessen, TH= Thüringen, BY= Bayern, BW= Baden-Württemberg, *= min. Anzahl d. Welpen. (In Anlehnung an: http://www.lausitz- wolf.de/fileadmin/PDF/WND_20160522_Tabelle.pdf , 06.06.2016, Freundeskreis

Freilebender Wölfe e.V.)

Bundesland Rudel Kommentar Einzeltier Kommentar Welpen 2014 * Welpen 2015 *

SH/HH - - nicht standorttreu - -

MV 2 1 grenzüberschreitendes 1 Rüde grenzüberschreitend 8 11 NI/HB 7 1 grenzüberschreitendes,

3 standorttreue Paare, davon 1 Paar unbestätigt

3 standorttreu 19 7

ST 9 5 grenzüberschreitende, 2 Paare

- - 27 23

BB/BE 19 8 grenzüberschreitende, 7 Paare

2 2 grenzüberschreitend 41 SN 15 3 grenzüberschreitende 2 1 grenzüberschreitend 44 38

NW - - - 1-2 Nachweise - -

RP - - 1-2 - - -

HE - - - 3 Totfund

TH - - 1 standorttreu - -

BY - - - mehrere Nachweise - -

BW - - - 2 Totfund

In Niedersachsen leben insgesamt sieben Wolfsrudel (Stand Februar 2016). 2012 ist das erste Rudel auf den Truppenübungsplätzen Munster bestätigt worden. Auf dem Truppenübungsplatz Bergen und in der Region Wendland sind 2013 zwei weiter Rudel registriert worden. 2014 sind dann zwei Wolfsrudel auf dem Schießplatz Rheinmetall und im Landkreis Celle dazu gekommen. Im Landkreis Cuxhaven und im Raum Wietzendorf bestätigt man 2015 noch zwei weitere Wolfsrudel. Neben den Wolfsrudeln leben noch zwei Wolfspaare im Raum Fuhrberg und in der Göhrde.

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Drei territoriale Fähen wurden in der Grafschaft Bentheim / Landkreis Emsland, im Raum Barnstorf und im Raum Eschede-Ost seit 2014 registriert (WILDTIERMANAGEMENT NIEDERSACHSEN 2016).

Abb. 1: Wolfsvorkommen in Niedersachsen Stand Feb. 2016

(http://www.wildtiermanagement.com/wildtiere/haarwild/wolf/wolfsnachweise_in_niedersachs en/ , 28.04.2016, Wildtiermanagement Niedersachsen)

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2.2 Nahrung des Wolfes 2.2.1 Nahrungsspektrum

Wölfe besitzen als Opportunisten eine große Anpassungsfähigkeit an das Beutevorkommen unterschiedlichster Habitate (OKARMA 1995), das vom Schneehasen bis zum Bison (1 t) reicht. Im Gegensatz zu Katzen sind Wölfe nicht ausschließlich Fleischfresser und können größere Hungerperioden bewältigen (MECH u. BOITANI 2003; BOSCH et al. 2015). Neben Fleisch werden auch Pflanzen, Beeren, meist von Welpen (TREMBLAY et al. 2001), und Abfälle anthropogenen Ursprungs aufgenommen. Ein höherer Anteil von Nutztieren, Abfall und kleinen Säugetieren in der Ernährung der Wölfe, kommt nur zu Stande, wenn ein zu geringes Angebot an Wild besteht (OKARMA 1995; CAPITANI et al. 2004; ANSORGE et al. 2006). Ein Wolf kann bis zu 9 kg während einer Mahlzeit fressen. Wenn viel Nahrung vorhanden ist, wird die Beute schnell verdaut, damit mehrmalig am Tag Nahrung aufgenommen werden kann (MECH 1970). Wölfe in Deutschland ernähren sich von Rehwild, Rot- und Schwarzwild. Kotuntersuchungen von Wölfen in Sachsen zeigen, dass 83% der Losung nur aus einer Beute und nur 16% aus zwei Bestandteilen besteht. Im Sommer wird verhältnismäßig mehr Schwarzwild gejagt. Frischlinge treten dann vermehrt auf und stellen eine leichte Beute dar (ANSORGE et al. 2006). Weitere Kotanalysen von Wölfen im Osten Deutschlands zeigen, dass, neben Reh-, Rot- und Schwarzwild, Hasenartige von Bedeutung sind. Einzelne Proben weisen auch Spuren von Nutztieren (Schafe, Hasen), Katzen und Haushühner, auf. Ein geringer Anteil an kleinen Säugetieren, Fischen, Vögeln und Früchten, wie Äpfel, Birnen und Beeren werden eher zufällig aufgenommen und nicht aktiv aufgesucht (WAGNER et al. 2012). Auch im Westen von Polen zeigen Kotuntersuchungen, dass Rehwild, gefolgt von Schwarz- und Rotwild, Hauptnahrung der dort lebenden Wölfen ist (NOWAK et al. 2011). In vielen mediterranen Lebensräumen, vor allem in Griechenland, stehen domestizierte Huftiere an erster Stelle. Dazu zählen überwiegend Ziegen, Schafe, Schweine und Rinder. Auch Schwarzwild wird in diesen Gegenden öfters gejagt, aber sonst spielt Wild, aufgrund der kleinen Populationen, kaum eine Rolle (PAPAGEORGIOU et al.

1994; MIGLI et al. 2005). In Italien hingegen zählt primär Wild und nur sekundär

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Nutztiere zum Beutespektrum der Wölfe (CAPITANI et al. 2004). In Lettland stellt der Biber für Wölfe eine gute Alternative dar, wenn die Wildtierdichte, aufgrund natürlicher Schwankungen, gering ist. Wölfe können auch andere Karnivore wie Hunde, Füchse, Waschbären, Dachse, Wiesel und Otter fressen (ANDERSONE u. OZOLIŅŠ 2004).

Die Hauptnahrungsquelle in Skandinavien stellt der Elch und das Rehwild dar (WIKENROS et al. 2009). Wölfe erlegen ihre Beute hauptsächlich selbst, fressen aber auch Aas (MECH 1970).

2.2.2 Jagdverhalten

Abhängig von der Art der Beute und der individuellen Situation besteht die Jagd aus fünf aufeinander folgenden Verhaltensbereichen: das Auffinden der Beute, das Heranpirschen, die Begegnung, die Hatz und die Verfolgung (MECH u. BOITANI 2003). Wölfe legen weite Strecken zurück, um ihre Beute ausfindig zu machen. Die Hauptjagdzeiten während des Tages sind sechs Stunden um Sonnenaufgang und vier Stunden nach Sonnenuntergang (THEUERKAUF et al. 2003). Wölfe besitzen ein typisches Fleischfressergebiss. Die Zähne sind scharf, um punktuelle Verletzungen hervorzurufen und stark, um die Beute zu bezwingen (MECH 1970). Kleinere Beutetiere werden häufig alleine gejagt und durch einen Biss in die Drossel oder in den Nacken getötet. Größere Beutetiere werden von mehreren Wölfen während einer Hetzjagd in die Hinterläufe gebissen, bis sie geschwächt sind. Ein gezielter Drosselbiss lässt die Beute dann ersticken (KACZENSKY et al. 2008). Als Erstes werden die Körperhöhlen eröffnet und die inneren Organe wie Herz, Leber, Lunge und Niere verzehrt. Die Organe Magen- und Darm werden verzehrt, hingegen wird der Panseninhalt von Huftieren nicht gefressen und bleibt meist mit einigen Knochenresten und dem Fell übrig. Auch im gefrorenen Zustand, wenn die Beute schon einige Zeit verendet ist, knabbern Wölfe die Magenwand ab, da diese wichtige essentielle Fettsäuren liefert. Somit stellen die Organe Magen und Darm eine wichtige Nahrungsquelle dar. Es wird in kurzer Zeit so viel wie möglich, bis zur physiologisch

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maximalen Aufnahmekapazität, an Nahrung auf genommen. Wird im Rudel gejagt, dürfen die rangniedrigeren Tiere erst im Anschluss nach den ranghöheren an den Kadaver (MECH u. BOITANI 2003; STAHLER et al. 2006).

2.3 Tollwut 2.3.1 Das Virus

Das Tollwutvirus ist ein negativ-einsträngiges, behülltes RNA-Virus, das weltweit, außer in der Antarktis und einigen Inseln, vorkommt (ANDREW M Q KING et al. 2011).

Das Virus wird der Gattung Lyssaviren aus der Familie der Rhabdoviridae zugeordnet.

Zurzeit existieren 14 Genotypen, davon stellt das Rabies-Virus (RABV) das klassische Tollwutvirus dar. Neben der terrestrischen Tollwut kommt in Europa noch das Europäische Fledermaus-Tollwutvirus (EBLV 1 und 2) vor (RUPPRECHT et al. 2002;

EDIGKAUFER 2006; KUZMIN u. RUPPRECHT 2015). Zudem existieren noch zwei weitere Fledermaus-Tollwutviren („Lleida bat lyssavirus“ und „Bokoloh bat lyssavirus“), die aber noch nicht offiziell anerkannt sind (FREULING et al. 2011; CEBALLOS et al.

2013; PICARD-MEYER et al. 2013)

Chiroptera und Karnivoren stellen für das Virus das Hauptreservoir dar, aber alle Säugetiere können mit dem Lyssavirus infiziert werden. Das Virus wird meist direkt über Bisse von betroffenen Tieren, seltener wenn infizierter Speichel mit Schleimhaut in Kontakt kommt, übertragen. Die Inkubationszeit kann einige Tage bis sogar Jahre betragen. An der Eintrittspforte kommt es zunächst zu einer lokalen Infektion und das Virus breitet sich langsam über die peripheren Nerven auf das zentrale Nervensystem aus. Im Gehirn angelangt beginnt die massive Replikation. Sobald die Medulla oblongata befallen ist, gelangt das Virus von dort aus über nervale Leitungen in die Speicheldrüsen und in andere Organe. So kann das Virus durch den Biss auf den nächsten Wirt übertragen werden. Meist geschieht dies schon vor den ersten klinischen Symptomen. Im Prodromalstadium, treten meist nur recht unspezifische Anzeichen wie Übelkeit, Unwohlsein und Fieber auf. Darauf folgt die Rasende- oder

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Paralytische-Form der Tollwut, oft kann es auch zu einer Mischform kommen. Die Rasende Wut wird von Aggressivität und Erregungszuständen geprägt. Das Tier verliert häufig seine natürliche Scheu und es kann vermehrter Speichelfluss und Muskeltremor beobachtet werden. Bei der Stillen Wut, der paralytischen Form, steht die fortschreitende Paralyse der Muskulatur, vor allem der Atemmuskulatur im Vordergrund, die letztlich zum Tode führt. Eine gesicherte Diagnose der neutropen Viren kann erst post mortem durch die Untersuchung des Gehirns erfolgen (AA KING u. TURNER 1993; LINNELL et al. 2002; KUZMIN u. RUPPRECHT 2015).

2.3.2 Tollwut bei Wildtieren

Die Tollwut ist die wohl älteste beschriebene Krankheit der Menschheit und wurde erstmals im 23. Jahrhundert vor Christus in Babylon dokumentiert. Auch schon im Alten Ägypten wurde die Tollwut mit Hunden in Verbindung gebracht (DIETZSCHOLD et al. 1996; FU 1997). In den 1940er Jahren, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, breitet sich die Tollwut wieder vermehrt in Osteuropa aus und stellt heute noch in einigen Regionen ein ernsthaftes Problem dar (JACKSON u. SCHNEIDER 1984; GINSBERG u. MACDONALD 1990; MACDONALD 1993). Ein Hauptgrund dafür ist das breite Vorkommen der Reservoire. Neben dem domestizierten Hund zählen in Europa zu den Wildtierreservoiren hauptsächlich der Fuchs und der Marderhund.

Weltweit werden noch Waschbär, Stinktier, Kojote und Mungo dazu gezählt (WANDELER 1991; FU 1997; FINNEGAN et al. 2002). Das gehäufte Auftreten der Tollwut ist abhängig von der Populationsdichte des Hauptvektors. Der Rotfuchs (Vulpes vulpes) adaptiert sich hervorragend an den Menschen und verfügt in vielen Arealen Europas über eine stabile Dichte. Betrachtet man die Sozialstruktur der Füchse so lässt sich eine höhere Infektionsrate mit Tollwut im Winter erkennen. Da die adulten Füchse im Winter ihre Ranzzeit haben, kommt es vermehrt zu territorialen Kämpfen und dies fördert die Übertragung der Krankheit durch Verletzungen auf andere Artgenossen. Hingehend meiden Jungfüchse im Sommer und Herbst Konfrontationen mit fremden Füchsen und die Infektionsrate sinkt. Aufgrund der Entwicklung eines sicheren und billigen Impfstoffes ist das Risiko an Tollwut zu

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erkranken für Mensch und Haustier deutlich gesunken. Es hat sich gezeigt, dass man die Ausbreitung der Tollwut durch Reduktion der Füchse stoppen kann. Hartnäckige Jagd, Vergasung von Fuchsbauten und gezielte Vergiftung wurden in der Vergangenheit praktiziert, um die Population einzudämmen (WANDELER et al. 1974;

STECK 1982). Zur Bekämpfung der Tollwut wurde 1978 erstmals erfolgreich eine orale Tollwutimpfung für Füchse in der Schweiz angewandt. Auch in Deutschland wurde diese 1983 flächendeckend ausgebracht. Seit 2008 gilt Deutschland offiziell als tollwutfrei. Auch der Marderhund kann mittels dieses Impfköders gegen Tollwut immunisiert werden (RABIES BULLETIN EUROPE 2006-2014).

2.3.3 Tollwut bei Wölfen

Im 16. und 17. Jahrhundert galt der Wolf (Canis lupus) als Haupttollwutüberträger (BUTZECK 1987). Tollwut in Wolfspopulationen ist aber nie komplett verschwunden und tritt immer noch sporadisch auf (CHAPMAN 1978). Das Virus kann ganze Wolfsrudel eliminieren und stellt damit einen signifikanten limitierenden Faktor der Population dar (BACON 1985; BALLARD u. KRAUSMAN 1997). Vorwiegend im Mittleren Osten und in Zentralasien, vor allem im Iran, wird eine hohe Anzahl von Wölfen mit Tollwut dokumentiert. In den Köpfen der Menschen sitzt immer noch die Furcht von einem tollwütigen Wolf angegriffen zu werden. In der Vergangenheit wird von Wölfen berichtet, die von Dorf zu Dorf rennen, wild um sich beißen und Menschen schwer verletzten (LINNELL et al. 2002). Einzelne, extreme Fallberichte bestätigen dies auch. 1954 sind in einer kleinen Stadt im Iran an einem Tag 29 Menschen von einem einzigen tollwütigen Wolf attackiert worden (BALTAZARD et al. 1955). 1973 verletzt in Indien ein rasender Wolf innerhalb eines Tages 12 Menschen und einige Haustiere in sechs Dörfern (SHAH u. JASWAL 1976). Vergleicht man aber die Fälle mit der Anzahl der Angriffe von anderen Wildtieren auf den Menschen, so erkennt man deutlich, dass ein Wolfsangriff sehr selten und ungewöhnlich ist (LINNELL et al. 2002).

Der Wolf ist extrem empfänglich für die Tollwut und entwickelt während des Krankheitsgeschehens vor allem ein sehr aggressives Verhalten (BERAN 1994). Dies macht das Geschehen so dramatisch. Ein infizierter Wolf kann noch große Distanzen

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zurücklegen und dabei andere Rudelmitglieder oder Lebewesen mit Tollwut infizieren (LINNELL et al. 2002). Während einer Studie in der Great Lake Region in Nordamerika und Kanada sind in den Territorien von infizierten Wölfen Vegetationsschäden dokumentiert worden und bei drei von sechs Wölfen, die an Tollwut erkrankt sind, entdeckte man Stöckchen, die sich im Gaumen der Wölfe verkeilt haben. Dieses lässt Rückschlüsse auf aggressives Verhalten gegen Objekte zu, ist aber dennoch kein eindeutiges klinisches Zeichen der Tollwut. Bei einigen Wölfe, die durch die Fallenjagd erlegt worden sind, entdeckt man ebenfalls solche Verletzungen, die aber während der Abwehr der Falle entstanden sein müssten (THEBERGE et al. 1994). Wölfe dienen nicht als natürliches Reservoir für das Virus, aber Untersuchungen von isolierten Tollwutviren in Wölfen zeigen, dass diese identisch sind mit denen der Hauptwirte wie Fuchs oder Haushund (LINNELL et al. 2002; WHO 2013b). Alle Länder, in die der Wolf allmählich zurückkehrt gelten als tollwutfrei, so auch Deutschland. Das Risiko einer Wiedereinschleppung der Tollwut ist noch recht gering, aber möglich, wenn ein infizierter Wolf aus Osteuropa oder dem Balkan Richtung Westen wandert. Auch andere Wildtiere, die als natürliches Reservoir dienen, erweitern immer mehr ihr Einzugsgebiet in Europa (T MÜLLER et al. 2015a). Ein Beispiel dafür ist der Goldschakal (Canis aureus) der sich aus dem Balkan immer mehr nordwestlich in Ost- und Zentraleuropa, sogar bis nach Österreich, ausbreitet (ARNOLD et al. 2012). Mit der Zunahme der primären Reservoire, kann auch wieder die Anzahl der Tollwutfälle in Wölfen steigen. Deutschland hat die größte Waschbärpopulation in Zentraleuropa.

Obwohl recht wenige Tollwutfälle in Deutschland bei Waschbären (Procyon lotor) bekannt sind, kann die Zunahme der Dichte die Gefahr von gehäuften Ausbrüchen steigern (VOS et al. 2012; T MÜLLER et al. 2015a).

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21 2.3.4 Auswirkung auf den Menschen

Jährlich sterben weltweit zwischen 40 000 – 70 000 Menschen, davon 30-50% Kinder unter 15 Jahren, an Tollwut. Vor allem sind Asien und Afrika von der Zoonose betroffen (FINNEGAN et al. 2002; SENIOR 2012). Der Hund gilt als Hauptüberträger der Tollwut auf den Menschen. In Europa wird zum größten Teil eine indirekte Übertragung beobachtet. Infizierte Wildtiere, hauptsächlich der Rotfuchs (Vulpes vulpes), übertragen das Virus zunächst auf Hund oder Katze und diese infizieren dann den Menschen. Eine direkte Übertragung von einem Wildtier auf den Menschen kommt selten vor und eine Mensch-zu-Mensch Infektion wurde noch nie dokumentiert (MCNALLY 1994; EDIGKAUFER 2006). Es sind aber Fälle aus der Humanmedizin bekannt, dass durch Organtransplantationen Tollwut übertragen werden kann (SRINIVASAN et al. 2005). Wie auch bei den meisten Säugetieren befällt das Virus das zentrale Nervensystem und es kommt zu einer Enzephalomyelitits. Neben Spasmen, Halluzinationen und Hydrophobie führt die Paralyse der Atemmuskulatur letztendlich zum Tod (FINNEGAN et al. 2002). Um einen Ausbruch zu verhindern muss nach einer Infektion so schnell wie möglich gehandelt werden. Es wird eine Postexpositionsprophylaxe durchgeführt, dabei wird eine Serie von Tollwutimpfungen („Essen-Protokoll“, „Zagreb-Protokoll“) in Kombination mit Tollwut-Immunglobulin dem Patienten verabreicht. Ist der Patient grundimmunisiert, wird die Gabe von Tollwut- Immunglobulin nicht empfohlen (SENIOR 2012). Neben der Wildtiertollwut stellt die Fledermaustollwut ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar. In Europa und Deutschland ist das Europäische Fledermaus-Tollwutvirus (EBLV 1 und 2) vertreten (EDIGKAUFER 2006). Von 1977 bis 2015 sind in Deutschland 272 Fledermaustollwut Fälle dokumentiert worden. Damit steht Deutschland an zweiter Stelle, neben den Niederlanden (354 Fällen), gefolgt von Dänemark (226 Fälle) (RABIES BULLETIN EUROPE 2015).

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22 2.3.5 Heutige Ausgangslage

Die Entwicklung und der Einsatz der oralen Immunisierung des Fuchses gegen Tollwut ist die einzige effektive und nachhaltige Methode zur Eradikation der Tollwut (CLIQUET et al. 2014). In ganz Europa sind es im Jahre 1990 noch 22 966 gemeldete Tollwutfälle in Wild- und Haustieren (ausgenommen Fledermäuse und der Mensch) und 2015 ist die Zahl auf nur noch insgesamt 3911 Fälle gesunken (RABIES BULLETIN EUROPE 2015).

Die „World Health Organisation“ (WHO) teilt die Länder global in Nicht-Risiko-Länder und in Länder mit niedrigem, mittlerem und hohem Tollwut-Risiko ein. Länder in West- und Zentraleuropa sind mit einem niedrigen Risiko versehen. Die WHO empfiehlt hier nur eine Tollwutimpfung für Menschen, die mit Fledermäusen im regelmäßigen Kontakt stehen. Es wird aber außerdem deutlich, dass dieser Teil Europas an Ost- und Südeuropäische Länder grenzt, die schon ein mittleres Tollwutrisiko darstellen. Fast ganz Afrika zählt zu den Gebieten mit einem hohen Tollwutrisiko (WHO 2013a).

488 Tollwutfälle sind bei Wölfen in den letzten 15 Jahren in Europa und Russland dokumentiert worden. Russland ist mit 162 Fällen am Stärksten betroffen, darauf folgt die Ukraine mit 144 und Weißrussland mit 75 Tollwutfällen. Betrachtet man die Nachbarländer von Deutschland, so weist nur Polen sechs Tollwutfälle bei Wölfen auf.

In allen anderen Nachbarstaaten sind im Zeitraum von 2000 bis 2015 keine Fälle von Tollwut bei Wölfen bekannt. Im Jahre 2000 sind zwei infizierte Wölfe in Polen in den Regionen Woiwodschaft Heiligkreuz und Woiwodschaft Großpolen nachgewiesen. Im Jahre 2004 sind insgesamt vier Tollwutfälle ebenfalls in der Region Woiwodschaft Großpolen und in der Region Woiwodschaft Karpartenvorland dokumentiert worden.

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23 Abb. 2: Tollwut in Polen

In einem Zeitraum von 2000 bis 2015 dokumentierte Tollwutfälle bei Wölfen in Polen (Quelle: Rabies Information System of the WHO Collaboration Centre for Rabies Surveillance and Research (Friedrich-Loeffler-Institut), http://www.who-rabies- bulletin.org/Queries/Dynamic.aspx, 28.04.2016)

Abb. 3: Tollwut in Europa und Russland

Registrierte Tollwutfälle bei Wölfen in Europa und Russland von 2000 bis 2015 (Quelle: Rabies Information System of the WHO Collaboration Centre for Rabies Surveillance and Research (Friedrich-Loeffler-Institut), http://www.who-rabies- bulletin.org/Queries/Dynamic.aspx, 28.04.2016)

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2.4 Giftköder zur Reduzierung der Wolfspopulation

Neben den üblichen, aufwendigen Jagdmethoden sind im 17. und 18. Jahrhundert Giftköder zur Reduzierung der Wolfspopulation eingesetzt worden. Durch gezielte Verfolgung hat es der Mensch geschafft, den Wolf in Europa nahezu auszurotten. Die Samen der Brechnuss (Strychnos nux-vomica) sind zu einem feinen Pulver zermahlen, gehacktem Fleisch hinzugefügt und zu einer sogenannten „Wolfskugel“ geformt worden (BUTZECK et al. 1988). Die Samen der Brechnuss enthalten das hochgifte Alkaloid Strychnin. Dieses greift das Nervensystem an und der Tod wird durch Atemlähmung und Hyperthermie hervorgerufen (CLINIPHARM/CLINITOX 2015).

Später ist neben Strychnin auch Cyanid (Blausäure) eingesetzt worden. Meist ist Pferdefleisch mit Strychnin- oder Cyanid-Tabletten, die mit einem Fettmantel beschichtet sind, versehen worden (WEST 1962). Nach dem Zweiten Weltkrieg ist in Amerika Natriumfluoracetat, auch bekannt als Compound 1080, eingesetzt worden. In dieser Zeit ist vermehrt Schafswolle benötigt worden und die Farmer haben eine verstärkte Bejagung von Wölfen und Kojoten gefordert, um ihre Nutztiere, vor allem Lämmer, zu schützen. Zur Köderherstellung sind Pferde geschlachtet worden und in sechs bis sieben große Stücke geteilt. Das hochgifte Natriumsalz ist in Wasser aufgelöst und in das Fleisch gleichmäßig injiziert worden. Die letale Dosis hat 1,6 Gramm pro 100 Pfund Pferdefleisch betragen (WEST 1962; DUNLAP 1988). Auch Köder mit Thallium-Sulfat sind verwendet worden und haben sich als geeignet erwiesen. Die Köderauslage ist mittels Flugzeug ausgeführt worden, um relativ schnell große Flächen abzudecken. Um den Nutztiernachwuchs vor Kojoten und Wölfen zu schützen, sind die Köder im Winter vor dem Ablammen der Schafe ausgebracht worden. Nicht nur Kojoten und Wölfe sind an den Köderplätzen vergiftet worden, sondern auch Dachse, Hunde, Katzen, und Vögel, wie Adler und Falken. 1972 sind Compound 1080 und Strychnin für die Giftköderherstellung zur Bekämpfung von Prädatoren verboten worden (DUNLAP 1988). Compound 1080 wird heute nur noch in Alberta und Saskatchewan in Kanada, verwendet. Compound 1080 – Tabletten werden in kleine Stücke Fleisch, in Eingeweide oder in Hühnerköpfen versteckt. Um die Aufnahme von Nichtzielarten zu verhindern wird der Köder mit Schnee, Blättern

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25

oder Erde bedeckt. Eine weitere Darreichungsform ist das Compound 1080 Halsband.

Dieses wird Schafen um den Hals gelegt und beinhaltet ein Depot des Gifts in liquider Form. Greift ein Wolf oder Kojote ein Schaf an und beißt dabei in den Hals, wird das Halsband perforiert und das Gift tritt aus (HEALTH CANADA 2014). Gifteinsätze sind immer noch in Russland, im Mittleren Osten und vor allem in Indien weit verbreitet. In Europa sind sie verboten, dennoch wird Gift, wie Strychnin und Cyanid, zur Köderherstellung zum Beispiel in Italien, Spanien oder Portugal illegal erworben (MECH u. BOITANI 2003). Um die „Wolfsplage“ in Polen zu bekämpfen, sind 1955 von der Regierung hohe Beträge für erlegte Wölfe gezahlt worden. Weitverbreitet war in dieser Zeit auch die Giftköderanwendung. Die Köder sind mit Luminal (Phenobarbital) versehen und ausgelegt worden (OKARMA 1993).

Da Wölfe in Familienverbänden jagen und fressen sind sie im Hinblick auf den Giftködereinsatz sehr verwundbar, weshalb mit wenig Aufwand viele Wölfe auf einmal getötet worden sind (WEST 1962).

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2.5 Parenterale Impfung 2.5.1 Hund

Durch die Entwicklung und Durchführung regelmäßiger parenteraler Impfprogramme ist es gelungen in vielen Ländern die Hauptinfektionskrankheiten (Hepatitis, Staupe, Parvovirose, Leptospirose und Tollwut) der Hunde zu kontrollieren. In vielen Industrieländern ist eine Tollwutimpfung bei Hunden gesetzlich vorgeschrieben und für internationale Reisen mit dem Tier zwingend (DAY et al. 2007). Die ständige Impfkommission im Bundesverband Praktizierender Tierärzte e. V. (bpt) empfiehlt eine Grundimmunisierung von Welpen mit allen "Core-Komponenten" in den ersten beiden Lebensjahren. Dabei wird in der achten Lebenswoche gegen Hepatitis contagiosa canis (H.C.C.), Leptospirose, Parvovirose und Staupe geimpft. In der zwölften Lebenswoche kommt zu diesen vier Core-Komponenten die Tollwutimpfung hinzu. In der 16. Lebenswoche wird erneut gegen Hepatitis contagiosa canis, Parvovirose, Staupe und Tollwut geimpft. Um die Grundimmunisierung abzuschließen werden im 15. Lebensmonat nochmals alle fünf Core-Komponente geimpft (STÄNDIGE IMPFKOMMISSION VET. 2009). Die Impfsuspension wird subkutan oder intramuskulär verabreicht. Für die parenterale Impfung wird ein inaktiviertes Tollwutvirus verwendet. Auf dem Markt gibt es viele verschiedene Tollwutimpfstoff- Präparate für den Hund, die nach der Grundimmunisierung eine Immunitätsdauer von einem oder sogar drei Jahren aufweisen (PEI 2016).

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27 Tab. 2: Tollwutimpfstoffe für Hunde

Übersicht der derzeit zugelassenen Tollwutimpfstoffe für Hunde. Eingeteilt in Firma, Produkt, Typ (Mono.= Monokomponentenimpfstoff, Kombi.= Kombinationsimpfstoff), Stamm und Immunitätsdauer der Tollwutkomponente nach der Grundimmunisierung. (H= Hepatitis contagiosa canis, L= Leptospirose, P= Parvovirose, Pi= Parainfluenza, S= Staupe (D=

canine distemper virus), T=Tollwut) (Quelle: http://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoff- impfstoffe-fuer-tiere/hunde/hunde-node.html ,http://www.pharmnet-

bund.de/static/de/index.html , 06.06.2016)

Firma Produkt Typ Stamm Immunitätsdauer Tollwutimpfstoff

Merial Rabisin Mono. Tollwutvirus Stamm G52 3 Jahre Eurican LT Kombi. Tollwutvirus Stamm G52 1 Jahr Eurican SHPLT Kombi. Tollwutvirus Stamm G52 1 Jahr Eurican SHPPi2LT Kombi. Tollwutvirus Stamm G52 1 Jahr

Intervet Nobivac T Mono. Pasteur RIV 3 Jahre

Nobivac LT Kombi. Pasteur RIV 3 Jahre

Zoetis Enduracell T Mono. Flury LEP 3 Jahre

Vanguard R Mono. SAD Vnukovo-32 2 Jahre

Versican DHPPi/L3R Kombi. SAD Vnukovo-32 1 Jahr Versican L3R Kombi. SAD Vnukovo-32 1 Jahr Versican Plus DHPPi/L4R Kombi. SAD Vnukovo-32 1 Jahr Versican Plus Pi/L4R Kombi. SAD Vnukovo-32 1 Jahr Ecuphar N.V. RIVAC SHPPi + 3LT Kombi. SAD Vnukovo-32 1 Jahr Virbac Virbagen Tollwutimpfstoff Mono. VP 12 2 Jahre

Virbagen canis LT Kombi. VP 12 2 Jahre

Virbagen canis SHAP/LT Kombi. VP 12 2 Jahre Virbagen canis

SHAPPi/LT

Kombi. VP 12 2 Jahre

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28 2.5.2 Wolf

Der Hundeimpfstoff gegen Tollwut wird schon seit einigen Jahren erfolgreich bei Wölfen in Gehegen eingesetzt (FEDEROFF 2001). Wölfe können auch mit Kombinationspräparaten, die für Hunde eingesetzt werden, zusätzlich gegen Hepatitis, Staupe und Leptospirose geimpft werden (WIESNER u. HEGEL 1985). Zwischen der 12. und 16. Lebenswoche wird erstmals geimpft und im Alter von einem Jahr erneut wiederholt. Abhängig von dem Produkt sollte jährliche oder alle drei Jahre eine Impfung erfolgen, um einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten (MILLER u.

FOWLER 2012, 2015).

2.6 Orale Immunisierung 2.6.1 Fuchs

In den frühen 1960er Jahren beschäftigen sich erstmals amerikanische und europäische Wissenschaftler mit der Entwicklung einer oralen Vakzination gegen Tollwut. Für die ersten Versuche, Füchse gegen Tollwut zu impfen, ist eine Magensonde eingeführt und darüber lebende Tollwutimpfstämme verabreicht worden.

Die erhoffte Immunantwort ist aber ausgeblieben (WANDELER et al. 1988;

PASTORET et al. 2004). Eine Vorrichtung, das sogenannte „coyote-getter“, welches ursprünglich zur Vergiftung von Kojoten konstruiert worden ist, ist mit einem inaktivierten Impfstoff versehen worden. Hat der Fuchs in diese Vorrichtung gebissen, die mit Kaninchenfell bedeckt ist, so wurde ihm die Suspension in das Maul injiziert (ROBINSON 1943; BAER et al. 1971). Zwischen 1971 und 1973 hat man herausgefunden, dass Füchse neutralisierende Antikörper bei der oralen Gabe des attenuierten Lebendimpfstoffes ERA (Evelyn-Rokitnicki-Abelseth) bildeten und somit geschützt sind (BLACK u. LAWSON 1973). Um einen geeigneten Köder zu finden, sind verschiedene Darreichungsformen getestet worden. Der ERA-Impfstoff ist in den Dottersack von sieben Tage alten, befruchteten Hühnereiern injiziert und Füchsen

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angeboten worden (DEBBIE 1974). Herkömmliche Hundekuchen sind mit dem ERA- Impfstoff beimpft und anschließend mit einem Mantel aus Paraffin, Rindertalg und Sardinen-Öl umhüllt worden. Dies hat sie für Füchse attraktiver gemacht und dem Köder Stabilität verliehen (WINKLER et al. 1975). Der ERA-Impfstoff ist auch noch in Form eines Wurst-Köders getestet worden. Hierbei ist der Impfstoff in eine Plastikhülle abgefüllt und in der Wurst versteckt worden (WINKLER u. BAER 1976).

Seit 1978 ist in Europa die orale Vakzination für den Fuchs erfolgreich eingesetzt worden. In der Schweiz sind die ersten Feld-Versuche durchgeführt worden und es hat sich recht schnell gezeigt, dass man mit einer Serokonversion von 60% in der Fuchspopulation die Ausbreitung der Tollwut verhindern kann. Hierfür sind präparierte Hühnerköpfe verwendet worden. Ein Beutel ist mit dem SAD-Bern-Impfstoff (Street Alabama Dufferin) und Tetracyclin befüllt worden. Tetracyclin hat dem späteren Nachweis der Aufnahme des Köders gedient, da es sich in Knochen einlagert und mittels Fluoreszenz nachgewiesen werden kann. Der Beutel mit dem Impfstoff ist eine Durchdrückpackung, die aus einer starren PVC Schlüsselfolie und einer thermolackierten Aluminium-Deckblattfolie besteht (sogenannter „Blister“). Dieser Beutel ist im Hühnerkopf verstaut worden und somit hat man gewährleistet, dass dieser noch während des Kauens perforiert wird und sich spontan im Maul entleert.

Die Immunisierung erfolgt über die Maulschleimhaut (STECK 1982; SCHNEIDER u.

COX 1983; WANDELER et al. 1988; PASTORET et al. 2004). Das SAD-Virus (Street Alabama Dufferin) ist 1935 aus einem, mit Tollwut infizierten, Hund in den USA isoliert worden. Der SAD-Bern Impfstoff stellt ein Derivat des SAD-Virus dar und ist Vorläufer fast aller heutigen Impfstoffe gegen Tollwut für die orale Immunisierung in Europa (HÄFLIGER et al. 1982; T MÜLLER et al. 2015b).

Im Frühjahr 1983 sind dann die ersten Feld-Versuche in Deutschland gefolgt. Zunächst sind nur in Bayern und Hessen die impfstoffhaltigen Hühnerköpfe ausgelegt worden.

Schnell ist deutlich geworden, dass die herkömmlichen Bekämpfungsmethoden (Reduktion der Fuchspopulation z.B. mittels Baubegasung, Gift oder radikalem Abschuss) lange nicht so effektiv sind, wie die orale Immunisierung. Man hat einen kontinuierlichen Rückgang der Tollwutfälle beobachten können, der nur 1989 und 1994 unterbrochen wurde. Durch den Tetracyclin-Zusatz hat man nachweisen können, dass

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z.B. in Hessen bis zu 82% der Füchse, die nach Köderauslage erlegt und untersucht worden sind, den Köder aufgenommen haben. Die Auslage ist systematisch und flächendeckend, anfangs per Hand und später per Flugzeug in ganz Deutschland, ausgeführt worden. 15 bis maximal 30 Köder pro km² sind bis zu dreimal im Jahr (April, Juni, September), aber mindestens im Frühjahr und Herbst, ausgebracht worden. Die Größe und Anzahl der Wiederholungen richtet sich nach der gegenwärtigen Tollwutsituation. Wenn keine Tollwutfälle mehr aufgetreten sind, hat man die Köderauslage eingestellt (FROST et al. 1985; SCHLÜTER u. MÜLLER 1995). Da sich die Hühnerkopf-Präparation als sehr mühselig erwiesen hat, hat man eine Alternative entwickelt. Man hat einen Köder aus Pflanzenfett und Fischmehl hergestellt und hat, wie schon in dem Hühnerkopf-Köder, einen Blister mit dem Impfstoff integriert. Die Herstellung der Ködersubstanz ist halbautomatisch erfolgt und hat damit den Arbeitsaufwand reduziert. Dieser Köder (Tübinger Fuchsköder) ist erstmals im Herbst 1985 in Deutschland und 1986 in vielen Ländern Europas eingesetzt worden. 1987 sind in Deutschland 2,6 Millionen Tübinger Fuchsköder ausgelegt worden. Es hat sich gezeigt, dass man mit einer einzelnen Impfaktion ca. 75% der Fuchspopulation immunisieren kann (SCHNEIDER et al. 1988; PASTORET et al. 2004).

In Europa hat man einen Impfstoff in liquider Form verwendet, damit die oropharyngeale Mucosa diesen direkt absorbieren kann. Damit die Freisetzung des Impfstoffes im Maul garantiert werden kann, sind spezielle Beutelsysteme (Blister), für die maschinelle Herstellung entwickelt worden, die die Suspension enthalten (BLACK u. LAWSON 1973; BACHMANN et al. 1990; BROCHIER et al. 1990). Um einen sicheren Impferfolg zu gewährleisten, soll sich der Impfstoff nicht nur im Maul verteilen, sondern auch die Tonsillen im Rachenraum erreichen. Schon ein Tropfen der Suspension auf den Tonsillen ist ausreichend (THOMAS et al. 1990). Der weltweit am häufigsten verwendete „Fuchsoral“-Impfköder der Firma IDT Biologika enthält ein attenuiertes lebendes Tollwutimpfvirus des Stamms SAD B19, welches in einem durchsichtigen PVC-Kunststoffblister mit Aluminiumfolie verstaut ist. Die wässrige Suspension in dem Blister ist von einer Ködermischung aus Fischmehl und nichttierischen Bestandteilen umhüllt. Zusätzlich enthält der Köder noch Tetrazyklinhydrochlorid. Nach dem Auftauen und Ausbringen des Köders ist der

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Impfstoff 7 bis 14 Tage wirksam. Bei Dauerfrost und Tagestemperaturen über 30°C kann ein Wirkungsverlust eintreten (IDT BIOLOGIKA GMBH 2009).

Abb. 4: Fuchsköder der Firma IDT Biologika GmbH (Quelle: IDT Biologika GmbH)

2.6.2 Hund

Die Hunde-Tollwut ist immer noch in Entwicklungsländern präsent. Aufgrund des erheblichen Anteils an herrenlosen, freilaufenden Hunden ist es kaum möglich, eine Durchimpfung der Population zu erzielen. Die Tollwut in Entwicklungsländern mit regelmäßigen Impfprogrammen zu kontrollieren, stellt sich schwieriger dar als angenommen, da die Hunde dort in unterschiedlichen räumlichen Strukturen leben.

Um eine erfolgreiche Elimination der Tollwut zu erreichen, muss man die Haushunde, die kaum Kontakt zu anderen Tieren haben und die herrenlosen Hunde in Städten und Randgebieten, die teilweise oder gar kein Kontakt zu Menschen haben, gleichermaßen erreichen und impfen. Um möglichst viele Tiere zu impfen und gerade streunende Hunde zu erreichen wird die orale Immunisierung der parenteralen Impfung vorgezogen (MATTER et al. 1995; MATTER 1997). Um einen passenden Impfköder zu entwickeln hat die WHO Richtlinien entworfen, die die Anforderungen an einen Köder definieren. Ein Köder muss den Impfstoff in steriler Form beinhalten und zudem

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sollten lokale Produkte, die den Hunden bekannt sind, verwendet werden, damit eine sofortige Aufnahme garantiert werden kann. Dafür muss der Impfstoff so homogen es geht in die Ködermasse eingearbeitet werden. Die Form des Köders sollte so gewählt werden, dass sowohl adulte als auch juvenile Tiere den Köder aufnehmen können. Für den Menschen, vor allem für Kinder darf der Köder nicht attraktiv sein und sollte mit einer Kennzeichnung versehen werden, die erkenntlich macht, dass ein Impfstoff enthalten ist. Der Blister soll den Impfstoff vor Umwelteinflüssen wie Temperaturschwankungen, Regen und ultraviolettem Licht schützen. Die Ködermasse soll für die notwendige Attraktivität sorgen, damit der Köder aufgenommen wird. Um die Aufnahme des Köders zu kontrollieren kann ein Biomarker verwendet werden. Die Herstellung muss so kostengünstig wie möglich und unter lokalen Bedingungen erfolgen (WHO 1988). Die ersten Versuche, Hunde oral zu impfen, ist mit einer herkömmlichen Wurst erfolgt, in die ein Strohhalm, der mit dem Impfstoff befüllt war, eingearbeitet wurde (BAER 1975). In unterschiedlichen Feldstudien sind den freilebenden Hunden verschiedene Köderformulierungen angeboten worden. Die Hauptkomponenten der Köder beschränken sich aber meist auf Fleisch, Talg, Wachs, Öl und Fischmehl (LINHART 1993). In Tunesien sind den Hunden Wurst-Köder aus Eselfleisch und gekochtem Reis, Fischmehl-Köder, Hühnerkopf-Köder und Polyurethanschwamm-Köder getränkt in einem Lockstoff, der nach Vergorenem roch, angeboten worden (KHARMACHI et al. 1992). In einer anderen Studie hat man die Hühnerkopf-Köder und zwei künstlich hergestellte Köder, aus Fischmehl und Wachs oder aus Fischmehl und Fett, an streunenden Hunden auf einer Mülldeponie in Tunesien getestet. Am meisten sind die Hühnerköpfe während der Nacht aufgenommen worden, da die Hunde dann am aktivsten sind. Für die Hühnerköpfe spricht, dass sie gut von den Hunden akzeptiert werden, einfach zu handhaben sind, kostengünstig in der Herstellung und lokal zu erwerben sind. Zudem sind sie unattraktiv für den Menschen (MATTER et al. 1995). In Mexico zeigen Experimente, dass der Hundebiskuit am häufigsten aufgenommen worden ist (FRONTINI et al.

1992). In Guatemala bevorzugen die Hunde einen Köder aus Geflügelmehl und –öl (CORN et al. 2003). Auf den Philippinen sind gekochte Schweinedarmstücke präferiert worden (ESTRADA et al. 2001). In der Türkei ist ein sogenannter Köfte-Köder

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hergestellt worden, der aus Hackfleisch und Brotstücken besteht. Diese Materialien sind wieder sehr kostengünstig und stellen lokale Produkte dar. Dies ist wichtig für die Akzeptanz, da die Hunde schon an die Materialien gewöhnt sind (SCHUSTER et al.

1998; AYLAN u. VOS 2000). Der Köfte-Köder ist von den Hunden dem Hühnerkopf- Köder und dem industriell hergestellten Köder vorgezogen worden. Vor allem der Tübinger-Köder aus Fischmehl ist in den Stadtgebieten schlecht von den Hunden akzeptiert worden (W MÜLLER et al. 1998; SCHUSTER et al. 1998). Die unterschiedlichen Geschmacksvorlieben in den verschiedenen Ländern müssen bei der Köderauswahl bedacht werden. Um einen geeigneten Köder zu entwickeln, muss die Substanz an die lokalen Bedingungen angepasst werden (MATTER 1997).

2.6.3 Andere Wildtiere

In vielen Ländern ist die terrestrische Tollwut ein weit verbreitetes Problem (BAER et al. 1971). In Anlehnung an die erfolgreich entwickelten oralen Impfköder für Füchse in Europa werden immer mehr Köderformulierungen für andere Wildtiere erprobt, um Tollwutausbrüche zu minimieren bzw. komplett zu verhindert. Jede Spezies besitzt eigene Fressvorlieben und unterschiedliche Herangehensweisen sich Nahrung zu beschaffen (STEELMAN et al. 2000). Ein Impfköder, der eine flächendeckende Immunisierung zum Ziel hat, sollte einige Eigenschaften mit sich bringen. Er muss schmackhaft für die für ihn bestimmte Zielspezies sein, damit eine Aufnahme gewährleistet wird. Adulte wie auch juvenile Tiere sollen den Köder aufnehmen können. Die Köderformulierung muss typische Kaubewegungen auslösen, damit der Impfblister noch im Maul geöffnet wird und die Suspension über die Mukosa oder Tonsillen aufgenommen werden kann. Außerdem sollte der Köder für die Massenproduktion kostengünstig und praktisch in der Herstellung sein (KNOBEL et al.

2002). Gerade in Afrika ist die Tollwut noch weitverbreitet und zählt laut WHO zu den Gebieten mit einem hohen Tollwutrisiko. Der afrikanische Wildhund (Lycaon pictus) stellt eine stark gefährdete Art dar. Einige Tollwutausbrüche, die eine hohe Mortalität

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der afrikanischen Wildhunde nach sich zogen, sind bekannt (KNOBEL et al. 2002). So ist 1990 in Tansania ein Ausbruch dokumentiert worden, der ganze Rudel auslöschte hat (GASCOYNE et al. 1993). 1997 ist ebenfalls ein Tollwutausbruch in Süd-Afrika (Madikwe Game Reserve) nachgewiesen worden. Um eine orale Immunisierung gegen Tollwut zu ermöglichen, hat man sieben verschieden zusammengesetzte Köder, die alle den SAG-2 Impfstoff (Virbac) beinhaltet haben, an afrikanischen Wildhunden in Süd-Afrika getestet. Folgende Köder sind angeboten worden: ein Köder basierend auf Hundefutter, ein Schweineschmalzköder mit Fleischaroma, ein Schweineschmalzköder mit Hühnchenaroma, ein Hackfleischköder, der mit einem Hühnerfuß in der Mitte versehen war, ein Leberaromaköder, ein Fischaromaköder und herkömmliche Hühnerköpfe. Die Wildhunde haben von allen Köder die Hühnerköpfe präferiert (KNOBEL et al. 2002). In Zimbabwe hat sich in einem Feldexperiment gezeigt, dass Hühnerköpfe auch zur oralen Immunisierung für Schakale geeignet sind, da diese die notwenigen Kaubewegungen hervorrufen. Dahingegen werden die sehr attraktiven Fleischköder, zu schnell verschlungen. 70% der Hühnerkopfe sind schon in der ersten Nacht nach der Auslage von Schakalen aufgenommen worden (BINGHAM et al. 1993). Auch in Äthiopien wird eine hohe Mortalität von 75%, aufgrund von periodisch vorkommenden Tollwutausbrüchen, für den äthiopischen Wolf (Canis simensis) dokumentiert. Um dies in Zukunft zu verhindern, ist in einer Pilotstudie von 2011 und 2012 der SAG-2 (Virbac) Impfstoff in Ziegen- und Schafsfleisch verpackt und dem äthiopischen Wölfen angeboten worden (GORDON et al. 2012). Aber auch in Texas stellt die Tollwut ein Problem für viele Wildtiere dar. Um Kojoten (Canis latrans) gegen Tollwut zu immunisieren, sind maschinell hergestellte Köder aus Hundefutter und Schmalz ausgelegt worden. Die Aufnahmerate für die Köder hat zwischen 83 und 87% gelegen (FARRY et al. 1998). Um den passenden Köder für den Graufuchs (Urocyon cinereoargenteus) ausfindig zu machen, sind mehrere Köderformulierungen ausgelegt worden: ein Wachsschmalzköder mit einer Marshmallow-Glasur (Ontario Ministries Natural Resource, Ontario, Canada), ein Köder basierend auf Hundefutter und ein Fischmehlköder (Bait Tech, Orange, Texas, USA). Der Hohlraum der Hundefutter- und Fischmehlköder ist mit unterschiedlichen Gemischen aus geruchlich wirksamen Lockstoffen befüllt worden. Für die Füllung ist eine Wachsschmalz-

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Grundsubstanz erhitzt und entweder mit Rindfleischschmalz, Valeriansäure, Buttersäure oder Kristallzucker vermengt und in den Köder gefüllt worden. Die Köder sind am meisten von Waschbären dann von Haustieren, wie Ziegen, Schafe und Rinder und an dritter Stelle von Graufüchsen aufgenommen worden, die während der Versuchsreihe keine eindeutige Vorliebe für einen bestimmten Köder zeigt haben.

Allerdings hatte der Wachsschmalzköder mit Marshmallow-Glasur die höchste Aufnahmerate, wenn ein Graufuchs dem Köder zufällig begegnet ist. Dieser Köder hat auch den Vorteil, dass er bis 37°C hitzestabil ist und somit auch im Sommer ausgelegt werden kann (STEELMAN et al. 2000). Aktuell werden in Texas für den Kojoten und Graufuchs hauptsächlich Fischmehl-Polymer Impf-Köder verwendet (USDA 2015).

Für die orale Immunisierung von Tieren gegen Tollwut stehen nur Lebendimpfstoffe zur Verfügung (SELBITZ u. MOOS 2006).

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3 Material und Methoden

3.1 Probanden der Vorversuche

Für die Vorversuche standen insgesamt 14 europäische Wölfe (Canis lupus lupus), 36 Timberwölfe (Canis lupus lycaon) und 16 Beagles zur Verfügung.

Tabelle 3 zeigt die Probanden der Vorversuche und die Daten zur Gehegegröße der beteiligten Institutionen, sowie Systematik, Geschlecht, Alter, Namen einzelner Wölfe und die Sozialstruktur der Gruppen. Dazu werden die Fütterung und das Haltungsmanagement aufgeführt. Tabelle 4 zeigt die Probanden des Unternehmens IDT Biologika.

Tab. 3: Probanden der Vorversuche

Probanden eingeteilt nach Institution, Gehegegröße, Systematik (E= europäischer Wolf, T = Timberwolf), Geschlecht (m= männlich, k= kastriert, w= weiblich, s= sterilisiert, *=

überwiegend männliche, unkastrierte Tiere), Alter (in Jahren, ** zwischen 1-15 Jahren), Name, Sozialstruktur, Fütterung (***= Fütterung richtet sich nach den Tieren, im Frühjahr- Sommer 2-3 mal pro Woche, im Herbst täglich) und Haltungsmanagement.

Institution Gehegegröße Systematik Geschlecht Alter „Name“ Fütterung Haltungsmanagement

1 Fam. Vogelsang 0,2 ha E w, k 7 „Taruk“ 5-6x/ W. Rind, Pansen, Kaninchen (…)

ganzjährig Freigehege 2 Fam. Vogelsang 0,2 ha E m 7 „Buran“ 5-6x/ W. Rind,

Pansen, Kaninchen (…)

ganzjährig Freigehege 3 Fam. Vogelsang 0,2 ha E m, k 7 „Cochise“ 5-6x/ W. Rind,

Pansen, Kaninchen (…)

ganzjährig Freigehege

4 Fam. Vogelsang 0,12

ha

E m 10 „Topah“ 5-6x/ W. Rind, Pansen, Kaninchen (…)

ganzjährig Freigehege

5 Fam. Vogelsang 0,12

ha

E m, k 10 „Cloudy“ 5-6x/ W. Rind, Pansen, Kaninchen (…)

ganzjährig Freigehege 6 Tiergarten Worms 0,24

ha

E m, k 7 „Birga“ 6x/ W. Pferd, Rind ganzjährig Freigehege 7 Tiergarten Worms 0,24

ha

E m, k 7 „Bolek“ 6x/ W. Pferd, Rind ganzjährig Freigehege

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37 Tab. 3: Probanden der Vorversuche

Institution Gehegegröße Systematik Geschlecht Alter „Name“ Fütterung Haltungsmanagement

8 Tiergarten Worms 0,24 ha

E m, k 5 „Goldie“ 6x/ W. Pferd, Rind ganzjährig Freigehege 9 Tiergarten Worms 0,24

ha

E m, k 5 „Whitey“ 6x/ W. Pferd, Rind ganzjährig Freigehege 10 Tiergarten Worms 0,24

ha

E m, k 5 „Kleiner“ 6x/ W. Pferd, Rind ganzjährig Freigehege

11 Wildpark Schwarze Berge 1 ha E w 15 Fastentage

variabel, abhängig von Führungen, Rind, Innereien, Ziege, Kaninchen

ganzjährig Freigehege

12 Wildpark Schwarze Berge 1 ha E m 7 Fastentage

variabel, abhängig von Führungen, Rind, Innereien, Ziege, Kaninchen

ganzjährig Freigehege

13 Wildpark Schwarze Berge 1 ha E m 7 Fastentage

variabel, abhängig von Führungen, Rind, Innereien, Ziege, Kaninchen

ganzjährig Freigehege

14 Wildpark Schwarze Berge 1 ha E w 8 Fastentage

variabel, abhängig von Führungen, Rind, Innereien, Ziege, Kaninchen

ganzjährig Freigehege

15 - 47

Wildpark Bad-Mergentheim 1,8 ha 32 T

* ** März-Nov. tgl,

Winter jeden 2.Tag, Rind, Schaf

ganzjährig Freigehege 48 Wildpark Lüneburger

Heide

0,25 ha

T w 8 „Summer“ nach Bedarf ***, Rind, Pferd, Geflügel, kl.

Säugetiere

ganzjährig Freigehege, Vergesellschaftung mit zwei Braunbären 49 Wildpark Lüneburger

Heide

0,25 ha

T m 1 nach Bedarf ***,

Rind, Pferd, Geflügel, kl.

Säugetiere

ganzjährig Freigehege, Vergesellschaftung mit zwei Braunbären 50 Wildpark Lüneburger

Heide

0,25 ha

T m 1 nach Bedarf ***,

Rind, Pferd, Geflügel, kl.

Säugetiere

ganzjährig Freigehege, Vergesellschaftung mit zwei Braunbären 51 Wildpark Lüneburger

Heide

0,25 ha

T m 4 „Ole“ nach Bedarf ***, Rind, Pferd, Geflügel, kl.

Säugetiere

ganzjährig Freigehege, Vergesellschaftung mit zwei Braunbären

Referenzen

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