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Archiv "Vasodilatatoren: Mittel der ersten Wahl in der Notfall- und Intensivmedizin" (22.05.1985)

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(1)

Aktuelle Medizin

Zur Fortbildung

Was geben Sie beim Lungen- ödem, was in der hypertensiven Krise oder bei einem kardiogenen Schock? Vasodilatatoren sind Mit- tel der ersten Wahl. Nitroglycerin in der sublingualen Form steht an erster Stelle beim Lungen- ödem und in der hypertensiven Krise. Beim kardiogenen Schock wird die Therapie mit einer positiv inotropen Substanz eingeleitet.

Eine Kombination mit Nitraten in niedriger Dosierung ist häufig er- folgversprechend. Kalziumanta- gonisten haben bei der Blutdruck- krise alte Rezepte verdrängt.

v

asodilatierende Medika- mente entlasten das insuffi- ziente Herz durch Angriffs- punkte in der Peripherie. Die Er- weiterung des arteriellen Gefäß- schenkels führt zu einer Erleichte- rung der Entleerung des linken Ventrikels und damit zu einem größeren Schlagvolumen. Je hö- her der periphere Widerstand pri- mär ist, um so ausgeprägter ist die durch den Vasodilatator erreich- bare Abnahme. Durch venöse Di- latation — venöses Pooling — wird in erster Linie die Beseitigung der Stauung vor dem rechten und lin- ken Herzen erreicht. Sekundär hat dies auch Rückwirkungen auf das Herzminutenvolumen, wenn bei Abnahme des enddiastolischen Druckes in der Kammer die endo- kardnahe Durchblutung gestei- gert und damit die regionale links- ventrikuläre Funktion verbessert wird.

Neben dieser klassischen Wir- kung von Vasodilatatoren entfal- ten einige Substanzen auch eine direkte kardiale Wirkung. Modell- substanzen sind die Nitrate, aber auch einige Kalziumantagonisten wie Verapamil, Diltiazem und Ni-

fedipin. Diese Substanzen haben eine Wirkung auf den Durchmes- ser in den epikardialen Kranzgefä- ßen, ein Effekt, der besonders bei Patienten mit koronarer Herz- krankheit von Bedeutung ist.

Kürzlich wurde klar, daß 70 bis 80 Prozent der arteriosklerotisch ver- engten Gefäßabschnitte und Ste- nosierungen durch Gabe von Ni- traten erweiterbar sind (3, 25)*).

Dies hat bei hochgradigen Steno- sierungen erhebliche Rückwir- kungen auf die Durchblutung im poststenotischen Gefäßabschnitt.

Außerdem ist die Wirkung von Ni- traten auf die Kollateraldurchblu- tung zu nennen. Quantitativ gese- hen ist die Wirkung der Kalzi- umantagonisten in dieser Bezie- hung schwächer als die der Nitra- te. Erwiesenermaßen haben Hy- dralazin, Prazosin, Clonidin und Natriumnitroprussid keinen spezi- fischen Angriffspunkt im Bereich der epikardialen Kranzgefäße.

Hieraus wird klar, daß den Sub- stanzen der Vorzug zu geben ist, die zusätzlich zur peripheren Wir- kung auch eine koronare Wir- kungskomponente besitzen.

Im folgenden wird auf die Notfall- therapie des Lungenödems, die Therapie der Linksinsuffizienz bei frischem Herzinfarkt, das akute Papillarmuskelsyndrom, die Ven- trikelseptumruptur und den kar- diogenen Schock eingegangen.

Auch neuere Aspekte zur Behand- lung der Blutdruckkrise sollen be- sprochen werden.

Lungenödem

Die Therapie der Wahl beim Lun- genödem war der blutige Aderlaß.

Diese Form der Behandlung läßt sich heute durch Nitroglycerin, das einen „inneren Aderlaß" be- wirkt, ersetzen.

Beispiel: Bei einem 68jährigen Patienten mit Lungenödem be- trägt der linksventrikuläre Fül- lungsdruck 50 mmHg. Er läßt sich nach sublingualer Gabe von 0,8 mg Nitroglycerin innerhalb von drei bis fünf Minuten auf 28 mmHg senken (7, 8, 11).

') Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Vasodilatatoren:

Mittel der ersten Wahl in der Notfall-

und Intensivmedizin

Wulf-Dirk Bussmann

Aus dem Zentrum der Inneren Medizin,

Abteilung für Kardiologie (Professor Dr. med. Martin Kaltenbach) Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität

Frankfurt am Main

(2)

Captopril

MAP RAP DAP

1 I I

Isosorbide dinitrate

SAR SWI

CO

40 30 20 10 0

— 10

— 20

— 30

— 40

PAR

1

1

DPP

CI SU

HR MAP RAP

I

40 30 20 10 0

— 10

— 20

— 30

— 40

HR

- 1

PAR

1

SAR CO cl

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Vasodilatatoren in der Notfall- und Intensivmedizin

Es ergibt sich deshalb folgende Reihenfolge der therapeutischen Maßnahmen beim Lungenödem.

1. Oberkörper hochlagern, 2. Sau- erstoff-Sonde, 3. Nitroglycerin sublingual (zum Beispiel Nitrolin- gual®). Wiederholung der Medika- tion in Abhängigkeit vom klini- schen Bild. Die sublinguale Appli- kation von Nitroglycerin ist so rasch wirksam wie eine i. v. Injek- tion. Eine Infusion ist in der Akut- situation nicht erforderlich und wäre auch wenig praktikabel. Ni- troglycerin sublingual ist zum Not- fallmedikament für das Lungen- ödem geworden. Mit den drei ge- nannten Maßnahmen allein ist mit einer hohen Sicherheit ein kardia- les Lungenödem therapierbar.

Nur in therapieresistenten Fällen wird man Furosemid (Lasix®) ge- ben. Die Dosis von Furosemid sollte 20 mg nicht überschreiten, da sonst nach ein bis zwei Stun- den eine postdiuretische Hypo- volämie mit Hypotonie zu be- fürchten ist. Bei unruhigen Patien- ten kann zusätzlich Morphin ge- geben werden, es wird jedoch kaum noch angewandt. Digitalis steht in der Therapie des klassi- schen Lungenödems an letzter Stelle, es sei denn, es handelt sich um eine Tachyarrhythmie.

Bei leichter Form des Lungen- ödems bildet sich die klinische Symptomatik fünf bis zehn Minu- ten nach Gabe von Nitroglycerin zurück. Bei schwerem Lungen- ödem kann es bis zu 30 Minuten dauern, bis die Symptomatik voll- ständig verschwunden ist. Das Wasser aus den Alveolen muß passiv in die Lungenkapillaren zu- rückd iffundieren, ein Prozeß, der eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Das klassische Lungen- ödem geht oft einher mit einer Blutdruckerhöhung, gelegentlich sogar mit einer hypertensiven Kri- se (7). Nach sublingualer Gabe von Nitroglycerin ist innerhalb von fünf Minuten eine deutliche Re- duktion des systolischen und dia- stolischen Blutdrucks erreichbar.

Die erhöhte Herzfrequenz nimmt ebenfalls ab.

Als alternative Therapie für das Lungenödem steht als andere va- sodilatierende Substanz der Kalzi- umantagonist Nifedipin (Adalat®) zur Verfügung (24). Polese konnte nachweisen, daß mit oraler Gabe von Nifedipin die klinische Sym- ptomatik deutlich gebessert wur- de und die Lungenstauung im Röntgen-Thoraxbild nach zwei Tagen zurückgebildet war. Dem Nifedipin fehlt allerdings die Wir- kung auf den venösen Kreislauf- schenkel. Eine deutliche arterielle Drucksenkung führt jedoch meist auch zu einer Abnahme des end- diastolischen Druckes. Nifedipin hat außerdem einen koronaren Angriffspunkt.

Linksinsuffizienz

bei frischem Herzinfarkt

Bei 50 Prozent der Patienten mit frischem Herzinfarkt kommt es zur Linksinsuffizienz. Hier hat sich die Therapie mit Nitraten in der in- travenösen Form ,(zum Beispiel Nitrolingual Amp.®, Trinitrosan®, Perlinganit®, Isoket pro Infusio- ne9 , Nitro-Mack Amp.®) weithin durchgesetzt (4, 11, 12, 15).

Abbildung 1:

Hämodynamische Wirkung von Captopril im Vergleich zu Isosorbiddinitrat bei frischem Herzinfarkt.

Deutliche Abnahme der Herzfrequenz (HR) unter Captopril, sonst ähnliche hämodynamische Effekte (2)

Setzt man das Herzminutenvolu- men zum linksventrikulären Fül- lungsdruck in Beziehung, zeigt sich, daß bei den linksinsuffizien- ten Patienten mit Abnahme des Füllungsdruckes eine Zunahme des Herzminutenvolumens resul- tiert. Zu beachten ist auch, daß der diastolische Pulmonalarte- riendruck anhaltend und ohne Wirkungsabschwächung über 48 Stunden gesenkt wird.

Die Blutdrucksenkung ist nur we- nig ausgeprägt. Der koronare Per- fusionsdruck nimmt wegen der gleichzeitigen Senkung des Fül- lungsdruckes nicht ab. Der peri- phere Widerstand wird deutlich gesenkt. Bei einem erhöhten Aus- gangswiderstand kommt die arte- rielle Wirkungskomponente von Nitroglycerin zum Tragen. Die Substanz wirkt gewissermaßen spezifisch; nur wenn der Wider- stand erhöht ist, kommt es zur Wi- derstandssenkung, während bei normalem Ausgangswert keine wesentliche Abnahme erfolgt. Die Verbesserung der Förderleistung kommt aber auch durch die anti- ischämische Wirkung der Sub- stanz zustande.

1985 82. Jahrgang Ausgabe A 1602 (50) Heft 21 vom 22. Mai

(3)

Urinproduktion

unter Dopamin + Nitroglycerin 1200- ml Urin/Tag

1000

800

600

400

200

0 1 2 3 4 Tage Dopamin + Akrinor® I I Dopamin + NTG Wir können die Wirkungen von

Nitroglycerin bei frischem Herzin- farkt folgendermaßen zusammen- fassen: Klinisch kommt es unter der Infusion mit Nitraten zu einer deutlichen Besserung der Dys- pnoe und einer Reduktion des In- farktschmerzes. Durch hämody- namische Entlastung nimmt die Myokardischämie ab. Die Infarkt- größe wird reduziert. Die Anzahl der ventrikulären Extrasystolen und bradykarden Rhythmusstö- rungen wird vermindert. Es gibt Hinweise dafür, daß die Prognose der Patienten durch Nitratapplika- tion gebessert wird (4, 7, 8, 9, 11, 12, 14, 15).

Als Vasodilatator stellt Natrium- nitroprussid keine Alternative für die Therapie der akuten Linksin- suffizienz bei frischem Herzinfarkt mehr dar. Natriumnitroprussid führt zu einer inhomogenen Per- fusion der Skelett- und Myokard- muskulatur. Die Myokardischämie kann sich verstärken. Die CK-In- farktgröße wird unter Nitroglyce- rin kleiner, für Natriumnitroprus- sid liegen widersprüchliche Anga- ben vor. Nitroglycerin hat den be- kannten Effekt auf die epikardia- len Kranzgefäße, der bei Natrium- nitroprussid gering ist. Natrium- nitroprussid erweitert die kleinen Gefäße. Es hat keinen günstigen Effekt auf die Kollateraldurchblu- tung. Natriumnitroprussid führt zu einer Zunahme der myokardialen Laktatproduktion und zur Eröff- nung von arterio-venösen Shunts.

Bekannt sind die toxischen Meta- boliten in Form des Cyanids. Von Natriumnitroprussid ist auch eine Tachyphylaxie bekannt (17). Auf- grund dieser Befunde wird die Substanz heute beim frischen Herzinfarkt nicht mehr eingesetzt.

Eine Alternative wäre noch Nifedi- pin (13, 22, 24, 28). Dieser Sub- stanz fehlt allerdings die venöse Wirkungskomponente. In sehr sel- tenen Fällen kann es unter Nifedi- pin auch zur Auslösung eines An- gina-pectoris-Anfalles kommen, wenn eine bestimmte, koronar- anatomische Situation vorliegt:

ein Kranzgefäß ist verschlossen

Abbildung 2:

Ventrikelseptum- ruptur bei frischem Herzinfarkt. Unter Kombinations- therapie von Dopamin (oder Dobutamin) und Nitroglycerin deutliche Reduzierung des Shuntvolumens und Steigerung der Urinproduktion durch Verbesserung der Herzleistung (6)

und die kollateralengebende Arte- rie stenosiert. Dies wurde kürzlich von Schulz berichtet (28).

Captopril (Lopirin®, Tensobon®), der converting enzyme Blocker, wurde inzwischen auch beim fri- schen Herzinfarkt angewandt (2).

Bei einer Tagesdosis von 80 mg zeigt sich gegenüber Isosorbiddi- nitrat intravenös eine deutlichere Abnahme der Herzfrequenz, ähn- liche Effekte auf Blutdruck, rechts- und linksventrikulären Fül- lungsdruck und die pulmonalen und systematischen Widerstände, wobei auch die Herzminutenvolu- mensteigerung ungefähr iden- tisch war (Abbildung 1). Unklar ist bisher, wie es mit der antiischämi- schen Wirkung der Substanz steht. Erste experimentelle Be- funde sprechen für einen günsti- gen Effekt auf die Infarktgröße.

Akutes Papillarmuskelsyndrom Die ischämische Schädigung des Papillarmuskels bei koronarer Herzkrankheit und Zustand nach

Herzinfarkt kann zur Schlußunfä- higkeit der Mitralklappe führen.

Es resultiert eine Mitralinsuffi- zienz. Aufgrund des hohen peri- pheren Widerstandes wird ein großer Teil des Schlagvolumens über die schlußunfähige Klappe zurück in den linken Vorhof geför- dert. Die Verteilung des Schlagvo- lumens läßt sich durch Änderung der Widerstandsverhältnisse be- einflussen. Mit Senkung des sy- stemischen Widerstandes nimmt das Körperschlagvolumen zu und das Regurgitationsvolumen ab.

Dieser Effekt wird durch die An- wendung eines Vasodilatators er- reicht (16, 17).

Nitroglycerin führt, ähnlich wie Natriumnitroprussid (16, 17), zu einer Abnahme der v-Welle in der Vorhofdruckkurve und damit zur Abnahme der Mitralinsuffizienz.

Die Pulmonalisdrücke und der Druck im rechten Vorhof werden reduziert. Das Herzminutenvolu- men nimmt zu (5, 6). Eine Blut- drucksenkung kommt nicht zu- stande, da das Schlagvolumen ge- steigert wird.

(4)

Kardiogener Schock bei Vitien (n = 7) PA mmHg

80

RA mmHg 15-

10-

CO 1/min 1,73 m 2 5,0-

4,5-

4,0- 0

HR/min 119 RR mmHg 120

T 100

80

60 0

120 119 113 119

1

0 30 60 90 150 min

Control Dobutamin Dobutamin Dobutamin Dobutamin + NTG + NTG

1,5/3,0 mg/h 3,0/6,0 mg/h

* p<0,05, *" p<0,01, *"" p<0,0025 vs vorhergehende Therapiephase j1SEM 60

40

20

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Vasodilatatoren in der Notfall- und Intensivmedizin

Die häufig in ausgeprägter Form vorliegende diffuse Lungenstau-

ung bei einem Patienten mit Pa- pillarmuskelsyndrom und guter Ventrikelfunktion bessert sich nach der Behandlung mit Nitro- glycerin in Kombination mit einem Diuretikum eindrucksvoll.

Ventrikelseptumruptur

Pathophysiologisch ähnlich wie die Mitralinsuffizienz verhält sich die Hämodynamik bei Ventrikel- septrumruptur. Durch Senkung des peripheren Widerstandes wird eine deutliche Abnahme des

Abbildung 3:

Dobutamin und Nitroglycerin

beim kardiogenen Schock. Dobutamin steigert das Herzminutenvolumen und den Blutdruck; kleine Dosen von Nitroglycerin zusätzlich

verstärken diesen Effekt, wohingegen größere Dosen von Nitroglycerin eine negative Wirkung haben (6, 10)

Links-Rechts-Shunts erreicht (5, 6, 16, 17). Das effektive Schlagvo- lumen nimmt zu. Nitroglycerin in Form der intravenösen Infusion ist besonders wirksam. Liegt gleich- zeitig ein Schock vor, wird mit

Dobutamin (oder Dopamin) be- gonnen. Unter dieser Therapie kommt es zu einer Verbesserung der klinischen Situation. Bei dem in Abbildung 2 gezeigten Patien- ten kam die Urinproduktion wie- der in Gang.

Kardiogener Schock

Beim kardiogenen Schock haben wir gute Erfahrung mit der Infu- sion von Dobutamin (Dobutrex®) gemacht. Es dient als Basismedi- kation zur Steigerung der Inotopie in den gesunden und ischämi- schen Myokardabschnitten. Die zusätzliche Gabe von Nitroglyce- rin in niedriger Dosierung führt zu einer weiteren Verbesserung der oft schweren klinischen Situation (10, 27).

Die Effekte dieser Kombinations- therapie sind unterschiedlich, je nachdem, ob der kardiogene Schock aufgrund einer Klappen- dysfunktion oder aufgrund einer myokardialen Schädigung ent- standen ist. Bei Patienten mit akut entstandener Mitral- oder Aorten- insuffizienz (zum Beispiel florider Endokarditis) führt Dobutamin zu einer Zunahme des Herzminuten- volumens und einer Steigerung des Blutdrucks. Durch zusätzliche Gabe von Nitroglycerin kommt es zu einer weiteren, signifikanten Steigerung des Herzminutenvolu- mens mit Reduktion des rechten Vorhofdruckes und Abnahme des linksventrikulären Füllungsdruk- 1604 (54) Heft 21 vom 22. Mai 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

(5)

Abbildung 4:

Blutdruckverlauf bei hypertensiver Krise unter Nitroglycerin per Infusionern Nitroglycerin bei hypertensiver Krise.

Nach Initialtherapie mit RR

(mmHg) 250

200

150

100

50

m

~

lfJ 4

0 30

kes. Eine Blutdrucksenkung bleibt aus. Erst höhere Dosen von Nitroglycerin senken den Blut- druck und führen zu einer Wieder- abnahme des Herzminutenvolu- mens (Abbildung 3) (1 0).

Besteht der kardiogene Schock aufgrund des Ausfalls größerer Myokardbezirke bei Herzinfarkt oder bei Kardiomyopathie, sind die positiven Wirkungen von Do- butamin zwar weiterhin, wenn auch abgeschwächt, nachweis- bar. Eine zusätzliche Steigerung des Herzminutenvolumens unter Nitroglycerin erfolgt nur in einem geringeren Ausmaß.

Bei zu hohen Dosen von Nitrogly- cerin ist die Senkung der Fül- lungsdrücke zu ausgeprägt, so daß sich die hämedynamische und klinische Situation wieder verschlechtert.

Offenbar liegt der optimale links- ventrikuläre Füllungsdruck bei Patienten mit kardiogenem Schock wesentlich höher als bei einfachen Formen der Linksinsuf- fizienz (1 0). Bei enddiastolischen Druckwerten zwischen 25 und 28 mmHG wird das größtmögliche Herzminutenvolumen gefördert.

~ f

~ ~

n=15 D syst. p<0,01 Ddiast.

60 100 t (min)

Hypertensive Krise

Die hypertensive Krise ist durch eine plötzliche, starke Blutdruck- steigerung mit konsekutiver Funk- tionsbeeinträchtigung des zentra- len Nervensystems, des Herzens, der Nieren oder des Gefäßsy- stems gekennzeichnet.

Die klinischen Symptome am Zen- tralnervensystem sind am ausge- prägtesten.

Sie gehen einher mit Bewußt- seinsstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Muskelzuk- kungen bis zu generafisierten Krampfanfällen, Sehstörungen und neurologischen Ausfällen.

Die therapeutischen Grundprinzi- pien zur Behandlung der hyper- tensiven Krise sind eine zügige Blutdrucksenkung durch parente- rale oder sublinguale Gabe von blutdrucksenkenden Substanzen, sowie eine Titration des Blut- drucks, das heißt eine sukzessive Zurückführung des Blutdrucks in normale Bereiche durch dosierte Arzneimittelgabe. Sedierende An- tihypertensiva sollten möglichst vermieden werden, damit die Be- wußtseinslage ungehindert beur-

sublingualem Nitroglycerin intravenöse Infusionsbehandlung mit 4 bis 5 mg Nitroglycerin pro Stunde.

Überschießende Blutdruckabfälle wurden nicht beobachtet, gelegentlich Steigerung der Pulsfrequenz (26)

teilt werden kann. Da es zum Lun- genödem kommen kann, ist eine Herzbettlagerung sinnvoll. Die Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks hat im Jah- re 1978 folgende Therapieemp- fehlungen gegeben (18): Man inji- ziert eine halbe bis eine Ampulle Clonidin (Catapressan®) zusam- men mit einer halben bis einer Ampulle Dihydralazin (zum Bei- spiel Nepresol®). Reicht der Effekt nicht aus, wird Diazoxid (Hyperto- nalum®, Proglicem®) bolusartig innerhalb von 15 Sekunden inji- ziert. Dieses Medikament wird heute nur noch zurückhaltend eingesetzt, da eine Blutdrucktitra- tion nicht möglich und die Blut- drucksenkung häufig überschie- ßend ist. ln der Klinik ist Natrium- nitroprussid (zum Beispiel Ni- pruss Infusion®) als sehr effektive Substanz einsetzbar, alternativ auch Phentolamin (Regitin®).

~ Natriumnitroprussid

Wegen der gelegentlich auftre- tenden paradoxen Wirkung von Clonidin beginnen viele Arbeits- gruppen direkt mit der Infusion von Natriumnitroprussid in einer Dosierung von 20 bis 80 mcg pro Minute. Voraussetzung ist jedoch ein zentraler Venenkatheter, eine Infusionspumpe und Lichtschutz für die lnfusionsleitungen. Eng- maschige Blutdruck- und Pulsfre- quenzkontrollen sind erforderlich, um überschießende Blutdruck- senkungen zu vermeiden.

~ Nitroglycerin

Es ist das Verdienst von Rupp und Brass, eine Anzahl von systemati-

e

Fortsetzung siehe Seite 1610

(6)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

EDITORIAL

N

euerdings sollen, wenn es nach dem Willen der Kostenträger geht, psych- iatrische Behandlungsfälle und Pflegefälle voneinander getrennt werden: Hier der teu- re Behandlungsbereich, in dem das ganze Instrumentari- um psychiatrischer Therapie entfaltet wird — dort der ko- stengünstigere Pflegebereich zur Aufbewahrung von chro- nisch Kranken. Kostenerspar- nis und Kostentransparenz sollen die legitimen Ziele sol- cher Planung sein. Daß gera- de heute diese Gedanken auf- kommen, stimmt nachdenklich nach dem, was vorausgegan- gen ist.

Historisch gesehen Eine ähnliche Diskussion gab es bereits vor gut 100 Jahren, als viele psychiatri- sche Krankenhäuser gegrün- det wurden. Nach längerem Hin und Her wurde die Tren- nung von akuten und chro- nisch psychisch Kranken in der stationären Versorgung verworfen. Allgemein setzte sich die „Heil- und Pflegean- stalt" oder „gemischte An- stalt" durch. Allerdings neh- men viele dieser Anstalten eine unglückliche Entwick- lung zum Großkrankenhaus mit zahlreichen Nachteilen für den Patienten. Erst von den sechziger Jahren an ge- lang es, diese Verhältnisse zu verbessern*).

*) Siehe Schüttler, R.: Die Gliederung des psychiatrischen Krankenhauses: Be- handlungsbereich und therapeutischer Wohnbereich. Deutsch. Ärztebl. 82, Heft 15 (1985) 1089-1095

Was heißt „chronisch"?

Anders als bei den meisten körperlichen Krankheiten bedeutet bei Psychosen chronisch nicht gleichzeitig progredient. Für die Schi- zophrenien — diese Patien- ten stellen den größten Teil der chronisch Kranken in der Psychiatrie — ergab die systematische Verlaufsfor- schung in den letzten zwei Jahrzehnten: Ein progre- dienter Verlauf, der früher als die Regel galt, ist in Wirklichkeit nur bei etwa 30

Prozent zu beobachten. Im übrigen gibt es selbst zahl- reiche Verlaufsvarianten. Oft kommt es zu einer Krank- heitswelle und danach zu Heilung oder sozialer Remis- sion. Heute braucht jeder zweite Schizophrene nur einmal im Leben in stationä- re Behandlung zu gehen.

Sechzig Prozent erreichen eine vollständige oder sozia- le Remission. Oft verläuft die Krankheit wellenförmig mit langen gesunden oder fast gesunden Intervallen. Selbst bei chronischen Verläufen kommt die Krankheitsaktivi- tät nach fünf bis sechs Wel- len (im Mittel) zur Ruhe; da- nach sind leichtere und mitt- lere Residualzustände häufi- ger als schwere.

Diese Erkenntnisse ergaben sich übereinstimmend aus mehreren, methodisch siche- ren Verlaufsstudien. Sie ha- ben das Bild der Krankheit Schizophrenie grundlegend verändert. Besonders wichtig

ist dabei, daß die schizo- phrene Psychose in jedem

Stadium haltmachen und sich zurückbilden kann, daß auch nach sehr langer Ver- laufszeit Therapieerfolge zu verzeichnen sind und selbst nach Jahrzehnten noch Hei- lungen vorkommen. Das wurde sogar in Spontanver- läufen beobachtet. Mit zu- nehmendem Lebensalter geht die Intensität schizo- phrener Störungen (im Mit- tel) deutlich zurück; das Al- ter hat einen ausgesprochen mildernden Einfluß auf schi- zophrene Psychosen. Dem- nach ist es falsch zu sagen, Schizophrenien würden all- gemein progredient verlau- fen oder seien unheilbar.

Wie verhängnisvoll solche Auffassungen waren, zeigten auch die unheilvollen natio- nalsozialistischen Maßnah- men gegen diese Kranken.

Heute muß aus der Kenntnis der Verläufe gefolgert wer- den, daß es unter den schi- zophrenen Patienten keine sogenannten Pflegefälle gibt, auch nicht unter den langfristig Kranken. Chro- nisch bedeutet in der Psych- iatrie nicht das gleiche wie progredient, sondern bein- haltet: langfristig behand- lungsbedürftig. Gleichzeitig dürfen wir feststellen:

Behandlung ist möglich Bekanntlich wurden die Be- handlungsmöglichkeiten der Psychiatrie in den letzten drei Jahrzehnten so verbes- sert, daß Psychiatrie heute eine therapeutisch aktive und erfolgreiche ärztliche Disziplin ist. Das gilt sowohl für die Somatotherapie, spe- ziell mit Psychopharmaka, als auch für die Psycho- und Soziotherapie — und insbe- sondere für deren kombi- nierte Anwendung gerade bei langfristig verlaufenden Psychosen. Wenn eine Schi- zophrenie zu chronischer

Der psychiatrische Pflegefall — ein zeitgemäßer Anachronismus?

Bernd Eikelmann und Rainer Tölle

1608 (60) Heft 21 vom 22. Mai 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

(7)

Verlaufsform tendiert, kön- nen mit neuroleptischer Langzeitmedikation Rezidive in der Regel (um 80 Prozent) vermieden werden. Eine gleichzeitige psycho- und soziotherapeutische Behand- lung des Kranken verbessert die Ergebnisse noch mehr.

Der englische Psychiater Wing stellte fest, daß in den dreißiger Jahren von all den Patienten, die mit der Dia- gnose SchizOphrenie erst- mals aufgenommen wurden, zwei Drittel länger als zwei Jahre blieben; heute verwei-

len nur etwa fünf Prozent länger als ein Jahr im Psych- iatrischen Krankenhaus.

Anachronismus

Wenn wir gerade heute — da wir über Verläufe so viel wis- sen und therapeutisch viel leisten können — anfangen sollen, chronisch psychisch Kranke auszusondern, statt sie zu behandeln, würde das gegen alle medizinischen Er- fahrungen und gegen die ärztliche Ethik verstoßen.

Wir würden zutiefst inhuman handeln gegenüber einer Gruppe von Menschen, die weit weniger als alle ande- ren in der Lage ist, ihre eige- nen Interessen zu vertreten.

Weil es keine Lobby chro- nisch psychisch Kranker ge- ben kann, müssen die Ärzte ihre Anwälte sein.

Wenn man nach den Moti- ven der geplanten Maßnah- me fragt, wird man verschie- dene Gründe vermuten kön- nen. Es darf aber nicht un- gesagt bleiben, daß manche Entwicklungen auch in der jüngeren Psychiatrie dem Trennungs- und Absonde-

rungsdenken ungewollt Vor- schub geleistet haben. Wäh- rend die psychiatrischen Krankenhäuser die neuen Therapieverfahren einführ-

ten und damit zunehmend

„klinisch" wurden, während sie dank verstärkter ambu- lanter Behandlung Betten abbauen konnten, entstan- den, zunächst fast unbe- merkt, dann aber nicht mehr übersehbar, zahlreiche Hei- me für chronisch psychisch Kranke, unter denen viele therapeutisch erschreckend insuffizient sind. Als die zu- nächst begründete Kritik an manchen Verhältnissen sta- tionärer psychiatrischer Ver- sorgung überging in lautstar- ke Forderungen, die soge- nannten Großkrankenhäuser abzuschaffen, konnte in der Öffentlichkeit der falsche Eindruck entstehen:es be- dürfe gar nicht mehr dieser Behandlungsstätten für lang- fristig „Kranke". Wir wissen jedoch heute sicher, daß zwar der überwiegende Teil der Schizophrenien nicht un- günstig verläuft, daß aber ein kleinerer Teil dieser Kranken langfristig hospitali- sierungsbedürftig bleibt:

Man rechnet mit etwa 14 bis 18 pro 100 000 Einwohner.

Die sozialrechtliche Seite Kostenträger möchten zwi- schen heilbar und unheilbar, zwischen rehabilitierbar und aussichtslos trennen. Vom juristischen Standpunkt her gesehen, soll unterschieden werden, „ob die erforder- lichen Pflegemaßnahmen le- diglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosig- keit zu begegnen oder aber ob sie ein Teil einer ärzt- lichen Behandlung sind"

(Schröder—Printzen). Es be- darf nicht der Betonung, daß hier ärztliche Therapie an er- ster Stelle gefragt ist. Diese hängt jedoch in nicht weni- gen Fällen davon ab, ob eine Kostenzusage erteilt wird und für welche Institution sie gilt. Ungelöste Probleme der

Zuständigkeit behindern oder verhindern manche Be- handlung. Noch schwerer als im stationären Bereich er- weist sich die Kostenrege- lung für ambulante Behand- lungen. Wir wissen heute, in welchem Maße ambulante Therapie und Rehabilitation wirksam ist, auch bei schwer und „chronisch" psychotisch Kranken. Vielfach aber scheitern die Initiativen an scheinbar unlösbaren Pro- blemen der Kostenübernah- me. Infolgedessen kommt es oft zu erneuter und langer, also sehr kostenintensiver Hospitalisierung.

Behandlung und

Prävention kosten Geld Die psychiatrische Therapie ist wirksamer und, eng damit verbunden, auch teurer ge- worden als sie früher war.

Sie ist aber auch heute noch längst nicht so kostenträch- tig wie vergleichbare Be- handlungen in anderen me- dizinischen Bereichen. Zu Recht sieht der Schweizer Psychiater K. Ernst eine „Ko- stennormalisierung". Wenn wir — gehindert durch eine Absonderung der „chronisch Kranken" — nicht mehr fort- fahren können, die mögliche Therapie dieser Patienten allgemein durchzusetzen, würden wir unnötiges Krank- sein und Leiden zulassen, ja geradezu provozieren. Auf Kosten von Schwerkranken das Gesundheitssystem sa- nieren zu wollen — verbirgt sich hinter dieser Paradoxie ein zeitgemäßer Anachronis- mus?

Dr. med. Bernd Eikelmann Professor Dr. med.

Rainer Tölle

Klinik für Psychiatrie der Universität Münster Albert-Schweitzer-Straße 11 4400 Münster/Westfalen

(8)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Vasodilatatoren in der Notfall- und Intensivmedizin

Nifedipin

(mmHg) !

280 260 240 220

200 (min-

1)

180

160 90 80

~~~~==~P syst.

--<r--'?--o---o Herz-

140 120 100

70 60

~+20 Kontrolle

frequenz

+40 +90 min

Abbildtmg 5: Nifedipin bei hypertensiver Krise. Rasche Blutdrucksenkung nach 20 mg Nifedipin oral. Selten überschießende Blutdrucksenkung (23)

e

Fortsetzung von Seite 1605 sehen Untersuchungen mit Nitro- glycerin in sublingualer und intra- venöser Form zur Behandlung der hypertensiven Krise durchgeführt zu haben (26).

Die Therapie kann mit ein bis zwei

Ka~eln Nitroglycerin sublingual eingeleitet werden. Häufig ist durch die alleinige Gabe von sub- lingualem Nitroglycerin in fünf- bis zehnminütlichen Abständen eine Blutdruckreduktion zu errei- chen, so daß dieses Verfahren sich in der Notfalltherapie außer- halb des Krankenhauses bereits

durchgesetzt hat.

Nach Initialtherapie mit sublin- gualem Nitroglycerin kann eine intravenöse Behand I u ng ange- schlossen werden, wobei die Do- sis zwischen 4 und 6 mg pro Stun- de liegt. Wie in Abbildung 5 darge- stellt, fiel unter dieser Therapie der Blutdruck im Mittel von 257/113 auf 166/86 mmHg ab.

Überschießende Blutdruckabfälle wurden nicht beobachtet. Eine Pulsfrequenzsteigerung kommt

gelegentlich vor (26). Die Nitrogly- cerintherapie der hypertensiven Krise tritt mehr und mehr an die Stelle von Natriumnitroprussid, weil sie praktikabler, schonender und besser steuerbar ist. Nur bei wenigen gegen Nitroglycerin resi- stenten Fällen muß danach Natri- umnitroprussid gegeben werden.

..,.. Nifedipin

Nifedipin (Adalat®) ist als arteriel- ler Dilatator ebenfalls zur Behand- lung der hypertensiven Krise ein- gesetzt worden, 1977 von Guazzi et al., 1982 von Magometschnigg (21, 23). Letzterer behandelte 13 Patienten mit essentieller Hyper- tonie und initialen Blutdruckwer- ten von 260/160 mmHg im Mittel.

Nach 20 mg Nifedipin oral kam es zu einer effektiven Blutdrucksen- kung auf Werte um 180/100 mmHg

(Abbildung 6).

Überschießende Blutdrucksen- kungen sind relativ selten, kom- men aber vor. Für Nifedipin spricht, ebenso wie für Nitroglyce- rin, die praktikable orale oder sub- linguale Applikationsform.

1610 (62) Heft 21 vom 22. Mai 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

Auch andere Kalziumantagoni- sten sind geeignet. Bereits im Jahre 1969 wies Bender darauf hin, daß mit der intravenösen In- jektion von Verapamil (lsoptin®) der Blutdruck rasch gesenkt wer- den kann (1 ). Es werden 5 bis 10 mg Verapamil in drei bis fünf Mi- nuten injiziert und anschließend eine Infusion mit 5 bis 10 mg pro Stunde angelegt.

..,.. Urapidil

Diese neuere Substanz (Eprantil®) hat, ähnlich wie Clonidin, einen zentralen, zusätzlich aber einen peripheren Angriffspunkt. Sie sti- muliert zentrale, noradrenerge Al- pharezeptoren und vermindert den Sympathikotonus.

Die Noradrenalinfreisatzung an den peripheren sympathischen Nervenendigungen wird ge- hemmt. Nach 20-40 mg Urapidil intravenös ist der Blutdruck oft nach fünf Minuten, meist nach 15 Minuten ausreichend und anhal- tend gesenkt. Bei intravenöser In- fusion beträgt die Dosis 2 mg pro Minute (19, 20, 29).

Die Substanz wird auch zur kon- trollierten Hypertension bei neu- rochirurgischen Eingriffen be- nutzt, da sie als einzige Substanz den intrazerebralen Druck nicht erhöht (im Gegensatz zu Natrium- nitroprussid und Nitroglycerin).

Ein verbindliches Schema zur Be- handlung der Hochdruckkrise kann heute noch nicht gegeben werden. Wir bevorzugen Nitrogly- cerin in sublingualer und intrave- nöser Form und erreichen damit meist eine ausreichende Druck- senkung.

Bei den resistenten Fällen (1 0 bis 15 Prozent) wird eine Therapie mit Natriumnitroprussid angeschlos- sen. Alternativen sind die Behand- lung mit Nifedipin oder Urapidil.

Bei ungenügendem Effekt der einmal angewandten Substanz sollte die Dosis primär gesteigert werden. Nach den vorliegenden Erfahrungen sollten Kombinatio-

(9)

nen

möglichst vermieden werden, da sie oft zu überadditiven Effek- ten und profunden Blutdruckab- fällen führen.

In der Differentialtherapie zeigt sich, daß sedierende Antihyper- tensiva, aber auch Hydralazin und Diazoxid gegenwärtig eher als nicht so günstig eingestuft wer- den. Der Vorzug wird dem Nitro- glycerin und den nitratähnlichen

Substanzen, aber auch den Kalzi- umantagonisten gegeben. Die Kalziumantagonisten sind zum Teil sehr einfach applizierbar, so daß eine intravenöse Zufuhr nicht erforderlich wird.

(Nach einem Vortrag: 15. Jahres- tagung der Deutschen und Öster- reichischen Gesellschaft für Inter- nistische Intensivmedizin, Graz 1983).

Literatur im Sonderdruck, zu beziehen über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Wulf-Dirk Bussmann

Zentrum der Inneren Medizin Abteilung für Kardiologie Universitätsklinikum Theodor-Stern-Kai 7 6000 Frankfurt am Main 70

FÜR SIE GELESEN

Bedeutung der CT bei Patienten mit Schlaganfall

Oxfordshire Community Stroke Project

Die Zweckmäßigkeit der Compu- tertomographie (CT) wurde bei 325 im „Oxfordshire Stroke Re- gister" aufeinanderfolgenden Pa- tienten mit einem „klinisch defini- tiv festgestellten ersten Schlagan- fall" beurteilt. Durch CT wurden fünf Läsionen ermittelt, die nicht durch Schlaganfall bedingt waren (zwei Fälle von Gehirngliom, ein Fall von Gehirnmetastasen, zwei Fälle von subduralem Hämatom);

eine Häufigkeit von 1,5 Prozent.

Bei fünf Patienten wurde eine zerebellare Hämorrhagie diagno- stiziert, aber nur einer der fünf Pa- tienten lebte lange genug, daß in- tra vitam eine CT durchgeführt werden konnte. Bei vier Patien- ten, die Antikoagulantien erhiel- ten, und bei sieben Patienten, die sich einer Thrombozyten-Aggre- gations-Behandlung unterzogen, war die CT sinnvoll zum Aus- schluß einer intrakranialen Hä- morrhagie als Ursache des Schla- ganfalls; bei einem Patient unter Aspirin zeigte die CT eine intra- kraniale Hämorrhagie. 46 Patien- ten hatten Vorhofflimmern zum Zeitpunkt ihres Schlaganfalls; vier Patienten hatten intrakraniale Hä- morrhagien und drei Patienten hatten hämorrhagische Zerebral- infarkte. 19 Patienten mit vermu-

tetem leichtem ischämischen In- sult wurden als geeignet für eine Karotis-Endarterie-Ektomie er- achtet; bei zwei Patienten zeigte die CT geringfügige Hämorrha- gien.

Die Autoren kommen zu folgen- dem Schluß: Die CT-Abtastung lie- fert sehr nützliche Informationen bei einer Minorität (bis zu 28 Pro- zent) der Patienten mit erstem Schlaganfall, die nach ganz einfa- chen Kriterien gegliedert werden können:

a) Zweifel (meist aufgrund inad- äquater Anamnese), ob der Pa- tient einen Schlaganfall oder eine behandelbare intrakraniale Lä- sion hat;

b) die Möglichkeit zerebellarer Hämorrhagien oder Infarkte;

c) zum Ausschluß intrakranialer Hämorrhagien bei Patienten, die entweder bereits Antihämostatika nehmen oder diese wahrschein- lich benötigen oder bei denen ei- ne Karotis-Endarterien-Ektomie für nötig erachtet wird;

d) bei Patienten, deren Zustand sich in einer für Schlaganfall-Pa- tienten atypischen Art und Weise verschlechtert. dpe

Sandercock, P., et al.: Value of computed to- mography in patients with stroke: Oxfordshire Community Stroke Project, Brit. Med. Journal 290 (1985) 193-197. Dr. Peter Sandercock, Uni- versity Department of Clinical Neurology, Radcliffe Infirmary, Oxford OX2 6HE, England.

Pseudoporphyrie

nach Genuß von Bierhefe

Bierhefe wird in Tablettenform, angereichert mit Thiamin, Ribofla- vin und Nikotinsäure verkauft. Bei entsprechend langdauernder Ein- nahme kann es zu einer Por- phyrinurie kommen, die an das Bild einer Porphyria variegata er- innert, da die Hefe Uroporphyrin, Koproporphyrin und Dicarboxy- porphyrin enthält.

Die Autoren berichten über einen 24jährigen Patienten, der über episodisch auftretende abdomi- nelle Schmerzen klagte. Während entsprechende Serum- und Urin- untersuchungen auf Porphyrine negativ verliefen, zeigte eine an- gesäuerte Stuhlaufschwemmung eine für Porphyrie typische Fluo- reszenz. Chromatographisch lie- ßen sich im Stuhl erhöhte Dicar- boxyporphyrine, Koproporphyrin und Uroporphyrin nachweisen.

Analysen der Bierhefetabletten ergaben, daß 10 g Tabletten etwa 150 ug Porphyrine enthielten. Ob die abdominellen Beschwerden des Patienten auf die Bierhefe zu- rückzuführen waren, muß offen- gelassen werden, doch ver- schwanden sie nach Absetzen der Medikation.

Lim, C. K., Rideout, J. M., Peters, T. J.: Pseudo- porphyria associated with consumption of bre- wer's yeast. Br. med. J. 288 (1984) 1640-1642.

Division of Clinical Cell Biology, MRC Clinical Research Center, Harrow, Middlesex HA1 3UJ, England

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