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r ist unermüdlich im Ein- satz, ein Reisetermin jagt den anderen.Während sei- ner 22-jährigen Amtszeit ma- nagt er geschickt innenpoliti- sche Streitigkeiten und vermag auch die Kräfte im eigenen Land für sich zu nutzen. Sein Engagement zielt vor allem darauf ab, die Beziehungen zu den Nachbarn im Osten zu ver- tiefen. Nun könnte man mei- nen, es handle sich um einen europäischen Außenminister unserer Tage.Weit gefehlt – die kurze Personenbeschreibung bezieht sich auf Kaiser Hein- rich II. (973–1024), der vor ge- nau 1 000 Jahren in Mainz zum König und 1014 in Rom zum Kaiser gekrönt wurde.In der fränkischen Bischofs- stadt Bamberg, 1007 von Hein- rich II. gegründet, läuft bis zum 20. Oktober eine umfangreiche Landesausstellung. Die Histo- riker aus dem Haus der Bayeri- schen Geschichte legten großen Wert darauf,in erster Linie Fak- ten sprechen zu lassen. Mehre- re Ausstellungsflächen ge- ben Einblick in die Welt von damals. Der Nachbau eines mittelalterlichen Ge- höftes auf dem Domplatz und mehr als 300 wertvol- le Exponate in der Alten Hofhaltung, im Diöze- sanmuseum und in der Staatsbibliothek do- kumentieren, wie sich nach der Jahrtausendwende Herrschaft darstellte.
Heinrich II., der im Mittelpunkt dieser historischen Präsen- tation steht, zeigte schon früh seinen ausgeprägten Macht- willen. Als Sohn des Bayernherzogs Heinrich des Zän- kers berief er sich nach dem Tod des kinderlosen Otto III.
auf seine königliche Herkunft und kam ei- ner Wahl der Fürsten zuvor. Nach der schnell vollzogenen Krönung im Mainzer Dom (1002) mussten seine Widersacher schwei- gen. Von nun an re- gierte er als Herrscher
im Sattel. Zwischen 30 und 90 Kilometer legte er täglich zu Pferde zurück.
Mithilfe von Reichsver- sammlungen und Synoden stabilisierte er seine
Herrschaft.
Der Heinrichs- dom im Bistum Bamberg verkör- perte die Reichs- kirche. Höhe- punkt seiner Po- litik war der Be- such von Papst Benedikt VIII.
Auf einer Syn- ode in Bamberg vereinten Kaiser und Papst ihr Handeln für die Christenheit.Und zwei Jahre später überreichte der Papst Heinrich II.
und seiner Ge- mahlin Kunigun- de in Rom die Kaiserkrone.Dort wurde ihm der
Sternenmantel von einem apulischen Herzog über- reicht. Bestehend aus nachtblauer byzantinischer Seide mit goldgestickten Sternen, wollte er symbol- haft dem Kaiser, der „Zier- de Europas“,
das Sternen- gewölbe zu Füßen legen.
Trotz seiner politischen Erfol- ge plagten Kaiser Heinrich private Sor- gen. Denn zeitlebens blieb dem Herr- scherpaar der Kin- derwunsch versagt.
Doch am Ende sollte auch dieses Schicksal noch ei- ne positive Wen- dung finden. Die Nachgeborenen erklärten posthum die kaiserliche Ehe als nicht vollzogen.
Damit schien die Keuschheit des Paa-
res erwiesen. Und so wurden Heinrich und Kunigunde 1146 von Papst Eugen III. heilig ge- sprochen. Er und seine Ge- mahlin sind damit das einzige heilige Herrscherpaar der Geschichte. Das von Til- man Riemenschneider (1499–
1513) geschaffene Kaisergrab im Bamberger Dom und die Exponate der Ausstellung las- sen eindrucksvoll eine längst verklungene Epoche wieder aufleben.
Auf dem Bamberger Dom- berg erwarten den Besucher Glanzstücke mittelalterlicher Schatzkunst, historische Insze- nierung und lebendige Archäo- logie, die zusammen die ge- schichtliche Dimension der biografischen Stationen ver- deutlichen. Feinste Gold- schmiedekunst, farbenfroh il- lustrierte Evangelien und Peri- kopenbücher, schmuckvolle Gewänder, Reliquien und Geräte aus Gold, Elfenbein und Edelsteinen versetzen den Betrachter in Staunen.
Weitere Stücke aus dem Va- tikan, London, Brüssel, Wien, Mainz und Hildes- heim unterstreichen die internationale Bedeu- tung der Historienschau.
Wertvolle, selten gezeig- te Handschriften aus dieser Zeit und eine Replik der Reichs- krone (um 962) präsentieren die Insignien der Macht, wie sie um die erste Jahrtau- sendwende in Ge- brauch waren.
Zudem wird mit vielen spieleri- schen Elementen der historische Rückblick auf- gelockert. Mit ein- gespielten Videos, Filmen oder Com- puterspielen kön- nen die Besucher ihr Wissen vertie- fen.
Anmeldung zu Führungen: Telefon:
08 00/3 43 43 42 (kostenlos), Internet:
www.heinrich.de oder www.hdbg.de
Eva-Maria Mayring V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4111. Oktober 2002 AA2723
Heinrich II.
Ein Herrscher zwischen Macht
und Glaube
Der mittelalterliche Kaiser steht im Mittelpunkt einer Bamberger Landesausstellung.
Basler Antependium (um 1019) – Heinrich und Kunigunde knien zu Füßen Christi, eine Geste der Demut.
Heinrich II. und Kunigunde (um 1237) – Das einzige heilig gesprochene Kaiserpaar der Geschichte begrüßt den Dombesucher an
der Adamspforte als Bistumspatron.
Fotos:Haus der Bayerischen Geschichte
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