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Archiv "Menschen mit Demenz im Krankenhaus: Modellprojekt gibt wichtige Impulse" (03.10.2014)

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A 1680 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 40

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3. Oktober 2014

Z

ehn Jahre ist es her, dass die rheinland-pfälzische Landes- zentrale für Gesundheitsförderung (LZG) die „Demenzkampagne Rheinland-Pfalz“ mit dem Ziel ge- startet hat, die Versorgung von Menschen mit Demenz in der Re - gion zu verbessern. Einen Teil der Kampagne stellt das im Auftrag des Sozialministeriums durchgeführte Modellprojekt „Demenzkompetenz im Krankenhaus“ dar. Mit dem Mo- dellprojekt hätten die Initiatoren of- fene Türen bei den Kliniken einge- rannt, unterstrich Patrick Landua, stellvertretender Leiter des Referats zur Gestaltung des demografischen Wandels bei der LZG, bei einer ers- ten offiziellen Bilanz des Projekts Mitte September in Mainz.

Demente Patienten erkennen

Acht Einrichtungen mit unter- schiedlicher Versorgungsstruktur hätten an dem Modell teilgenom- men. Die Rückmeldungen aus den Häusern seien durchweg positiv ge- wesen, da das Projekt zu deutlich mehr Handlungssicherheit bei den Beteiligten führe, so dass es bis Februar 2015 nun eine zweite Pro- jektphase geben soll. Mittels eines im Januar gestarteten „Runden Ti- sches“ sollen die Erfahrungen und erprobten Instrumente zudem auf andere Kliniken übertragen werden.

Ältere Patienten mit Demenz stellten die Krankenhäuser gleich vor mehrere Probleme, machte Prof.

Dr. med. Andreas Fellgiebel, Leiten- der Oberarzt der Klinik für Psychia- trie und Psychotherapie an der Uni- versitätsmedizin Mainz, deutlich.

So sei die Mortalität von Menschen mit der Ko-Diagnose Demenz er- höht, die Behandlungsdauer in der Regel länger und die Komplikati- onsrate und Kosten ebenfalls signi- fikant höher als bei Patienten ohne demenzielle Erkrankung. Fellgiebels Fazit: „Eine stationäre Behandlung von Patienten mit der Ko-Diagnose Demenz ist also möglichst zu ver- meiden!“ Paradoxerweise führten jedoch körperliche Erkrankungen, die auch ambulant gut zu behandeln wären, bei Patienten mit Demenz signifikant häufiger zu stationären Aufnahmen als bei älteren Patien-

ten ohne Demenz. Ein weiteres Pro- blem sei, dass bei der Einweisung älterer Menschen trotz relevanter kognitiver Einschränkungen oft noch keine Demenzdiagnose vor- liege oder nicht mitgeteilt werde.

„Das führt dazu, dass der tatsächli- che Unterstützungsbedarf zunächst nicht erkannt wird“, betonte Fell- giebel. Die Prävalenzrate von sta- tionären Patienten über 70 Jahren mit Ko-Diagnose Demenz liege konservativen Schätzungen zufolge bei rund elf Prozent.

Bei dem Modellprojekt wurde daher bei Patientinnen und Patien- ten ab dem 70. Lebensjahr mit deren Einverständnis bei der stationären Aufnahme ein kurzer standardisier- ter Test durchgeführt. „Wird bei die- sem Screening mit dem 3-Wörter- Uhrentest eine kognitive Beein- trächtigung festgestellt, kann die medizinische und pflegerische Ver- sorgung von Anfang an darauf ab - gestimmt werden“, so Fellgiebel.

Patientenströme steuern

Die Ergebnisse des Screenings un- termauerten die Annahme, dass sich Krankenhäuser bei der stationären Aufnahme auf die Identifikation der Gruppe älterer Patienten mit rele- vanten kognitiven Störungen stär- ker ausrichten müssen, um eine adäquate Versorgung gewährleisten zu können. Von 1 368 Personen, die an dem Screening teilnahmen, wie- sen immerhin 72,4 Prozent leichte und 17,6 Prozent sogar deutlich ausgeprägte kognitive Störungen auf, so Fellgiebel: „Wichtig ist, dass sich so ein Test innerhalb weniger Minuten im Rahmen der Routine- abläufe bei der stationären Aufnah- me durchführen lässt.“ Darüber hi- naus seien strukturelle Maßnahmen zur Steuerung der Patientenströme erforderlich, wie ein frühzeitig ko- ordiniertes Aufnahme- und Entlas- Für die Lebensqualität von Demenzkranken ist

deren Selbstbestimmung von entscheidender Bedeutung. So lautet die zentrale Botschaft eines umfassenden Expertenberichts mit Empfehlun- gen zur medizinischen und pflegerischen Be- handlung von Menschen mit Demenz, den das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben hat. Um die Wünsche und Be- dürfnisse von Menschen mit Demenz besser

messen zu können, haben die 49 Autoren aus Forschung, Pflege und Behörden des kürzlich veröffentlichten Berichts eigens spezielle Quali- tätsindikatoren entwickelt. Wesentlich ist dabei aus Sicht der Experten auch, ob eine professio- nell gestützte Angehörigenarbeit geleistet wird, wie gut die Versorgungsangebote regional ver- netzt sind und wie demenzfreundlich das Klima in der Kommune ist.

EMPFEHLUNGEN

MENSCHEN MIT DEMENZ IM KRANKENHAUS

Modellprojekt gibt wichtige Impulse

Die Versorgung von Patienten mit Demenz stellt besondere Anforderungen.

Ein Modellprojekt aus Rheinland-Pfalz könnte auch für die auf Bundesebene entwickelte Demenzstrategie interessante Anreize liefern.

Eine professionell gestützte Ange- hörigenarbeit ist Teil einer besseren Versorgung der Demenzkranken.

Foto: dpa

P O L I T I K

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 40

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3. Oktober 2014 A 1681 ALLIANZ FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

100 Maßnahmen vereinbart

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe unterzeichneten die Agenda „Gemeinsam für Menschen mit Demenz“.

E

in weiterer Schritt zu einer na- tionalen Demenzstrategie ist getan. Nachdem vor zwei Jahren – anlässlich des Welt-Alzheimer- Tages im September 2012 – das Bundesfamilienministerium und das Bundesgesundheitsministerium die

„Allianz für Menschen mit De- menz“ gründeten, haben Vertreter der Länder, Verbände und Organi- sationen jetzt etwa 100 konkrete Maßnahmen und Konzepte zur Ver- besserung der Lebenssituation von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen in vier Handlungs - feldern sowie regelmäßige Treffen vereinbart. Ein erster Fortschritts- bericht ist für das Frühjahr 2016 vorgesehen.

„Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung in allen Berei- chen unserer Gesellschaft. Dazu gehört neben einer guten medizi - nischen und pflegerischen Versor- gung und Rehabilitationsmaßnah- men auch ein kompetenter Umgang mit Demenzkranken, sei es in Arzt- praxen, Krankenhäusern oder in Bürgerämtern“, betonte Bundesge- sundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bei der gemeinsamen Unter- zeichnung der Agenda Mitte Sep- tember in Berlin.

Leitbild Inklusion

Vorausgegangen war eine zweijäh- rige Arbeitsphase unter dem Vorsitz der beiden Bundesministerien und dem Ko-Vorsitz der „Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. – Selbsthilfe Demenz“. Die Gestal- tungspartner der Allianz, zu der ne- ben der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV), der Bundesärz- tekammer und der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft die kommuna- len Spitzenverbände, Spitzenver- bände aus dem Bereich Pflege und Gesundheit, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft sowie die Län-

der gehören, wollen jeweils in ihren Einflussbereichen die Lebenssitua- tion der an Demenz erkrankten Menschen und ihrer Angehörigen verbessern.

Konkrete ärztliche Aktionen

Die KBV wird beispielsweise im Rahmen ihrer Vertragswerkstatt ein gestuftes Versorgungskonzept einschließlich neuer qualitätsgesi- cherter Leistungen für geriatrische Schwerpunktpraxen bei der Ver- sorgung demenziell Erkrankter entwickeln sowie den niederge - lassenen Ärztinnen und Ärzten In- formationen zu Beratungsstellen, Schulungen und Selbsthilfegrup- pen zur Verfügung stellen. Ein Konzept zur Prävention von ge- sundheitlichen Risiken bei pfle- genden Angehörigen ist bereits erarbeitet. Spezifische Fortbildun- gen von Ärzten zur Behandlung von demenziell Erkrankten wer- den durch die Bundesärztekammer weiterentwickelt.

Bundesfamilienministerin Ma- nuela Schwesig (SPD) wies darauf hin, dass Demenz immer noch ein Tabuthema sei. „Wir wollen mit der Strategie auch das Signal aussen- den, dass Demenz zum Leben dazu- gehört“, sagte sie. Betroffene und ihre Angehörigen müssten in die Mitte der Gesellschaft geholt wer- den. Zusammen mit 450 Mehrgene- rationenhäusern und den 300 An- laufstellen für ältere Menschen sollen künftig 1 250 lokale Anlauf- stellen bundesweit Demenzkranke und ihre Familien unterstützen. Ziel der lokalen Allianzen ist es, durch Netzwerkbildung Hilfe und Unter- stützung vor Ort anzubieten oder zu

vermitteln.

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann sungsmanagement unter Einbezie-

hung von Pflegestützpunkten, den Hausärzten sowie den lokal ansässi- gen Demenznetzwerken, die Ent- wicklung besonders demenzfreund- licher Stationen sowie der Einsatz von Ehrenamtlern. Wichtig sei aber auch eine verbesserte ambulante Versorgung von Patienten mit De- menz, betonte Fellgiebel mit Ver- weis auf die vom rheinland-pfälzi- schen Expertenforum Demenz erar- beiteten Empfehlungen (Kasten).

Personal schulen

Da der Umgang mit demenziell er- krankten Patienten sowohl für Ärz- te als auch Pflegekräfte häufig schwierig ist, war ein weiterer wichtiger Bestandteil des Projekts, das Krankenhauspersonal zu schu- len und für die besonderen Bedürf- nisse von Menschen mit Demenz zu sensibilisieren. „Solche Qualifizie- rungsmaßnahmen wirken sich nicht nur positiv auf die Betroffenen, sondern auch auf die Arbeitszufrie- denheit des Personals aus“, hob Dr.

Matthias Krell, Geschäftsführer der LZG, hervor. Allerdings könne eine adäquate Versorgung und Einbin- dung aller Beteiligten nur funktio- nieren, wenn die Geschäftsführung der Kliniken voll dahinterstehe, er- gänzte Prof. Dr. rer. med. Michael Isfort vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung, Köln.

Bislang sei es bundesweit jedoch so, dass in vielen Einrichtungen nur vereinzelte Maßnahmen zur verbes- serten stationären Versorgung von Menschen mit Demenz umgesetzt würden, wie die Einsetzung eines Demenzbeauftragten oder ein de- menzbezogenes Medikamentenma- nagement. Notwendig sei ein um- fassendes Bündel an Maßnahmen.

Dabei sieht Isfort in der schwerpunktmäßigen Versorgung von Demenzkranken für Kliniken durchaus auch einen Wettbewerbs- vorteil. Für die entsprechenden speziellen Versorgungsleistungen seien allerdings finanzielle An- reizsysteme erforderlich, so Isfort

abschließend.

Petra Spielberg

@

Bericht des Expertenforums:

www.aerzteblatt.de/141680

@

www.lokale-allianzen.de und

www.wegweiser-demenz.de

P O L I T I K

Referenzen

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