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Reisetauglichkeit bei der Abschiebung von Ausländern

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Reisetauglichkeit bei der Abschiebung von Ausländern

Das Sächsische Staatsministerium des Innern und das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz informieren über Folgendes:

Niedergelassene Ärzte, aber auch Krankenhausärzte sind gelegentlich gefordert, Bescheinigungen zur Rei- setauglichkeit bei der Abschiebung von Ausländern zu erstellen.

Dafür gelten gesetzlich festgelegte Anforderungen, die beachtet werden

müssen. Mit dem „Gesetz zur Ein- führung beschleunigter Asylverfah- ren“ vom 11. März 2016 wurden neue Regelungen zum Krankheitsfall bei Abschiebungen von Ausländern eingeführt. Dabei sind im „Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstä- tigkeit und die Integration von Aus- ländern im Bundesgebiet (Aufent- haltsgesetz – AufenthG)“ die beiden Rechtsgrundlagen des § 60 AufenthG und § 60a AufenthG strikt voneinan- der zu trennen.

■ § 60 AufenthG behandelt inhalt- lich den grundsätzlichen Aspekt, in welchen Fällen es der Behörde verboten ist, eine Abschiebung, zum Beispiel auch aufgrund lebensbedrohlicher oder schwer- wiegender Erkrankungen, durch- zuführen. In diesem Zusammen- hang wird von den Behörden auch die medizinische Versor- gung im Zielstaat überprüft.

■ § 60a AufenthG regelt dagegen den Fall, dass eine Abschiebung grundsätzlich durchgeführt wer- den soll, dieser aber bestimmte kurzzeitige Hindernisse entge- genstehen, die zu einer vorüber- gehenden Aussetzung der Ab -

schiebung in Form einer behörd- lich erteilten Duldung führen.

Hierbei spielt im Gegensatz zu

§ 60 AufenthG die medizinische Versorgung im Zielstaat keine Rolle, sondern nur die Reisetaug- lichkeit.

Diese unterschiedlichen Regelungs- sachverhalte mit entsprechend unterschiedlichen Tatbestands- voraussetzun gen dürfen nicht miteinander vermischt werden.

Mit der genannten Gesetzesnovellie- rung wurden durch § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG Neuerungen bei der Krankheitsbescheinigung zur Frage der Reisetauglichkeit einge- führt.

Insbesondere gilt nun eine Beweis- lastumkehr. Danach wird im Gegen- satz zu bisher vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Grün - de nicht entgegenstehen, und der Ausländer nunmehr eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärzt- liche Bescheinigung glaubhaft machen muss. Für diese wurde ein Mindest-Qualitätsstandard festge- legt. Danach ist eine ärztliche Be - scheinigung bzw. ein ärztliches Attest grundsätzlich nur dann als qualifiziert anzusehen, wenn insbe- sondere folgende Merkmale enthal- ten sind:

■ Darstellung der tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist,

■ Darstellung der Methode der Tat- sachenerhebung,

■ fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose);

■ Darstellung des Schweregrades der Erkrankung,

■ Darstellung der Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situa- tion voraussichtlich ergeben.

Werden diese gesetzlich vorgeschrie- benen Mindestanforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheini- gung nicht eingehalten, tritt regel- mäßig die Präklusionswirkung ein.

Das bedeutet, dass der in der ärztli- chen Bescheinigung festgestellte Befund ausgeschlossen ist und damit hinsichtlich der Abschiebung regel- mäßig nicht mehr berücksichtigt werden darf. Dies gilt vor allem für Atteste von niedergelassenen Ärzten auf private Initiative, die diese Min- destanforderungen nicht erfüllen.

Die Entscheidung, ob eine Reisetaug- lichkeit besteht oder nicht, trifft allein die Behörde (auf Grundlage des Inhaltes der qualifizierten ärztli- chen Bescheinigung).

Das Attest eines privat aufgesuchten (niedergelassenen) Arztes auf Initia- tive eines Ausländers ist diesem gegenüber zwar nach Gebührenord- nung für Ärzte (GOÄ) abzurechnen, doch ist hinsichtlich der Ausstellung eines Attestes im Auge zu behalten, dass die ausländischen Auftraggeber oftmals nicht über entsprechende finanzielle Mittel verfügen, ein derar- tiges Attest zu bezahlen. Diese Kos- ten werden nicht von der Behörde oder dem allgemeinen Gesundheits- träger (Land/Kommune) übernom- men. Die Behörde trägt allein die Kosten für die von ihr in Auftrag gegebenen Begutachtungen. Ein durch den Ausländer privat um ein Attest gebetener Arzt ist aber nicht verpflichtet, ein solches (qualifizier- tes) ärztliches Attest ohne Kosten- erstattung auszustellen.

Dipl.-Med. Heidrun Böhm Referatsleiterin Sächsisches Staatsminsterium für Soziales

und Verbraucherschutz Öffentlicher Gesundheitsdienst, Infektionsschutz, umweltbezogener Gesundheitsschutz heidrun.boehm@sms.sachsen.de

Recht und Medizin

Ärzteblatt Sachsen 7 / 2016 285

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