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Differentielle Wirkung von Stress auf das Hypophysen-Gonaden-System unter geschlechteranthropologischen und kognitiven Aspekten

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Academic year: 2021

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Antje Kunstmann 1

Differentielle Wirkung von Stress auf das Hypophysen-Gonaden-System

unter geschlechteranthropologischen und kognitiven Aspekten

Die Arbeit beschäftigte sich mit den Auswirkungen von Stressantizipation auf den menschlichen Testosteronspiegel. Dazu wurde von 69 Studentinnen und 25 Studenten der Speicheltestosterongehalt jeweils unter stressfreien Bedingungen und vor einer wich-tigen Universitätsprüfung erhoben (Klausur oder Kolloquium). Die hormonelle Stressre-aktion war dabei definiert als prozentuale Abweichung des Speicheltestosterongehalts am Prüfungsmorgen vom individuellen Kontrollwert. Da das Phänomen Stress im Sinne des transaktionalen Modells als Ergebnis einer Interaktion von Umwelt und Person verstan-den wird, sollten über eine Erfassung psychologischer Parameter (Geschlechtsrolleniverstan-den- (Geschlechtsrolleniden-tität, Ängstlichkeit, Stressverarbeitung, Kontroll- und Kompetenzüberzeugungen) kogni-tive Variablen identifiziert werden, die die interindividuellen Unterschiede im Ausmaß der hormonellen Stressreaktion bedingen. Um die Komplexität des Stressphänomens besser zu durchdringen, wurde außerdem das Zusammenspiel der psychischen Größen untereinander analysiert.

Basierend auf der Annahme des adaptiven Wertes stressbedingter Fertilitätsstörungen und auf Ergebnissen früherer psychoendokriner Studien war die Hypothese formuliert worden, unter Antizipation psychischer Belastung sinke der Testosteronspiegel bei Män-nern im Mittel ab und bei Frauen steige er an. Entgegen dieser Erwartungen ließ sich im Durchschnitt in beiden Geschlechtern keine nachweisbare Änderung des Speicheltestos-teronwertes nachweisen, wenn jeweils die Gesamtgruppen der weiblichen und männli-chen Testpersonen betrachtet wurden. Dies ist nicht darauf zurückzuführen, dass die be-vorstehende Prüfung nicht als Stressor wahrgenommen wurde, denn eine emotionale Re-aktion der Probandinnen und Probanden ließ sich an Hand einer signifikant höheren In-tensität des Angstgefühls im Vergleich zum Niveau des Kontrolltages sehr wohl beo-bachten.

Interindividuell zeigten sich zwischen den Versuchspersonen allerdings große Unter-schiede in Ausmaß und Richtung der beobachteten Testosteronwertänderungen. An Hand eines Kriteriums, das die schon unter stressfreien Bedingungen gefundene intraindivi-duelle Variabilität der Testosteronkonzentration berücksichtigt, konnten drei Gruppen

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identifiziert werden: Studierende mit einem deutlichen Absinken bzw. Anstieg des Hor-monspiegels und solche mit nur geringen Abweichungen der Messwerte von Kontroll- und Prüfungstag. Es wurde untersucht, ob sich Männer der Gruppe „Absinken“ und Frauen der Gruppe „Anstieg“ gegenüber ihren Geschlechtsgenossen/-innen an Hand der psychologischen Variablen durch eine größere Stressanfälligkeit charakterisieren lassen, denn nur sie weisen in der Stresssituation „Prüfung“ die in der ersten Hypothese unter-stellte männliche bzw. weibliche Stressreaktion auf.

Die Untersuchungsergebnisse der Männer zeigen Tendenzen, die für diese Erwartung sprechen, allerdings ist die Verlässlichkeit der Aussagen auf Grund der geringen Stich-probengröße eingeschränkt. Einen signifikanten Einfluss auf die Stressreaktion des Tes-tosteronspiegels haben im männlichen Geschlecht die Einschätzung des körperlichen Befindens am Prüfungstag und kognitive Formen der Stressverarbeitung. Bei Probanden, die angeben, sich schlecht zu fühlen – und dieses Urteil basiert vor allem auf einer inten-siven akuten Angsterfahrung und hoher allgemeiner Ängstlichkeit, sinkt der Testoste-ronwert vor der Prüfung fast ausnahmslos ab. Der häufige Einsatz kognitiver Bewälti-gungsstrategien im Sinne von Bagatellisierung und Relativierung eines Stressors bedingt dagegen eher einen Anstieg des Hormonspiegels von Kontroll- zu Prüfungstag.

Die Ergebnisse der Probandinnen widersprechen der Annahme einer stressbedingten Fertilitätsminderung: gerade Frauen mit einem deutlichen Absinken des Testosteronwer-tes, d.h. gemäß der Hypothese als ungestresst zu bezeichnende, sind diejenigen, die im Vergleich mit ihren Geschlechtsgenossinnen die geringsten internalen Kontrollüberzeu-gungen, die ungünstigste Stressverarbeitung und vor der Prüfung den deutlichsten An-stieg der Zustandsangst aufweisen und deshalb als am wenigsten widerstandsfähig be-zeichnet werden können. Weitere Analysen ergaben, dass die drei Personengruppen („Absinken“, „keine Änderung“, „Anstieg“) in der weiblichen Stichprobe schon in ihrem Kontrolltestosteronwert voneinander abweichen. Bei den Probandinnen korreliert die prozentuale Testosteronwertänderung von Kontroll- zu Prüfungstag deutlich mit dem Messergebnis der Kontrollspeichelprobe: je höher der Hormonspiegel unter stressfreien Bedingungen ist, desto eher sinkt er angesichts der bevorstehenden Prüfung ab und um-gekehrt. Im Vergleich dazu leisten Internalität und die Geschlechtsrollendimension der Maskulinität einen wesentlich geringeren Beitrag zur Varianzaufklärung. Es zeigte sich, dass die psychischen Unterschiede zwischen den Frauen der drei Reaktionstypen vor allem auf Zusammenhänge mit dem Kontrolltestosteronspiegel zurückgehen, denn be-sonders auf diesen und nicht erst auf die aktuelle Stressreaktion wirken Ängstlichkeit,

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Internalität, Kognitive Bewältigung und Maskulinität. Der Einfluss dieser überdauern-den, konstanten Persönlichkeitseigenschaften weist in seiner Richtung darauf hin, dass eine geringe Stressresistenz die reproduktiven Funktionen des weiblichen Körpers mög-licherweise auch in Abwesenheit eines akuten, eindeutig identifizierbaren Belastungser-eignisses beeinträchtigt.

Die Ergebnisse scheinen also für einen Geschlechtsunterschied zu sprechen. Eine durch verschiedene Merkmale gekennzeichnete Stressanfälligkeit führt bei den Männern eher zu einem Absinken des Testosteronwertes unter Stressantizipation, bei Frauen dage-gen zu einem erhöhten Hormonspiegel unter Kontrollbedingundage-gen. Dieses Resultat kann mit dem evolutionsbiologischen Ansatz in Verbindung gebracht werden, der auf Grund des differentiellen elterlichen Investments einen stringenteren Zusammenhang von Stress und eingeschränkter Fortpflanzungsfähigkeit im weiblichen als im männlichen Ge-schlecht postuliert.

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