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Fortbildungsveranstaltung des BLK-Programms
Sinus Transfer Grundschule
Fordern und Fördern im naturwissenschaftlichen
Sachunterricht der Grundschule
Prof. Dr. Kornelia Möller
Universität Münster
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Bildungspolitische Forderungen
... die Anfänge der Naturwissenschaften müssen in
elementarisierter Form Eingang in den Primarbereich finden (S.134)
... ...“forschendes“ Lernen (ist) bereits im Primarbereich möglich (S.125)
... Die Kinder dürfen in ihrer kognitiven Entwicklung nicht zurückgehalten werden (S. 134)
Grundgedanke:
... anspruchsvolles Lernen bereits in der Grundschule
(S. 132)
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Naturwissenschaften in der Grundschule -
.... Eine neue Initiative?
Aus: Deutscher Bildungsrat:. Strukturplan für das
Bildungswesen. 1970
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Scheitern der damaligen Ansätze ..
Kritik:
• Vernachlässigung kindlicher Interessen und Sichtweisen in den sog. lernzielorientierten Ansätzen (adaptiert aus den USA)
• Unzureichendes Verständnis
naturwissenschaftlicher Begriff
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Problem:
• „Grundschulkinder lernen nicht, die
naturwissenschaftlichen Fachbegriffe zu verstehen, sondern bestenfalls Wörter, die für sie stehen,
assoziativ und grammatikalisch korrekt zu gebrauchen“ (Lauterbach 1992, S. 205)
Kognitive Überforderung
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Ein Beispiel aus den 70er Jahren
Zum Thema Schwimmen und Sinken:
Lernen über Merksätze:
Vollkörper, die leichter sind als die gleiche
Raummenge Wasser schwimmen; Vollkörper, die schwerer sind als die gleiche Raummenge Wasser sinken.
Hohlkörper schwimmen auch dann auf dem Wasser,
wenn sie aus einem Material bestehen, das schwerer
ist als die gleiche Raummenge Wasser. (aus Leicht
1973)
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Die Alternative:
Sog. Offene Curricula (England)
Ziel:
• Erlernen von Verfahren
• Entwickeln von Interesse
Kritik:
• Geringe Lernerfolge und mangelndes
konzeptuelles Wissen in den sog. offenen Curricula
• Mangelnde Anschlussfähigkeit des Wissens
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Lehrplananalyse Strunck et al. 1999
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Prozentuale Häufigkeit fachlicher Themen in 16 deutschen Lehrplänen (3./4. Klasse) aus dem
Jahre 1998
(nach Einsiedler 2002)
8,1 7
1,5 6,2
10,2 11,1 10,6
19,6 25,8
0
5
10
15
20
25
30
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Anteile in Schulbüchern des Sachunterrichts (nach Blaseio 2002)
0 5 10 15 20 25 30
1970 1999
biologisch orientierte Inhalte
physikalisch, chemisch und technisch
orientierte Inhalte
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Bildungspolitische Hintergründe....
• PISA und die Folgen: Frühes
naturwissenschaftliches Lernen soll das Lernen in den weiterführenden Schulen verbessern
• Mangel an Naturwissenschaftlern und
Ingenieuren
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Lern- und entwicklungspsychologische Grundlagen....
• Neuere entwicklungs- und
kognitionspsychologische Erkenntnisse zur geistigen Entwicklung zeigen:
„Lernen ist der wichtigste Motor der geistigen Entwicklung“
(Stern, Sodian ...)
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Einflüsse aus der Fachdidaktik...
• Überzeugende Beispiele und Untersuchungen aus der Sachunterrichtsdidaktik kommen zu dem Ergebnis, dass
„Grundschulkinder bereit und in der Lage sind, sich mit anspruchsvollen naturwissenschaftlichen
Inhalten auseinander zu setzen“
(Thiel, Köhnlein, Soostmeyer, Spreckelsen, Schreier,
Möller...)
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Was wollen wir in der Grundschule erreichen?
• Interesse und Freude am Nachdenken über Phänomene aus Natur und Technik
• Selbstvertrauen, etwas herausfinden und verstehen zu können
• Verständnis grundlegender Konzepte oder Zusammenhänge
• Erwerb grundlegender Verfahren (forschendes Lernen)
• Bereitschaft, sich auf forschendes Denken einzulassen („science is hard fun“)
• Bereitschaft und Fähigkeit, über naturwissenschaftlich-
technische Phänomene und Fragen zu kommunizieren
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Multikriteriale Zielerreichung
beim frühen naturwissenschaftlichen Lernen
Wie sollen Lernumgebungen gestaltet werden, damit Kinder
• einerseits Interessen entwickeln und Selbstvertrauen aufbauen
und
• andererseits naturwissenschaftliches
Verständnis erwerben und entsprechende
Arbeitsweisen erlernen?
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Theoretische Hintergründe
• Lernen als Conceptual Change
– weiche sowie harte Konzeptwechsel (Carey 1985)
– Neuinterpretation von Alltagswissen und Integration von Wissen (Vosniadou 1992)
• Lernen aus der Sicht moderat- konstruktivistischer Ansätze
– als aktiver, kooperativer und situierter Aufbau
von Konzepten (Gerstenmaier und Mandl 1995)
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Folgerungen für die Gestaltung von Lernprozessen
(an konstruktivistischen Sichtweisen orientiert...) (Möller 1999)
• Hoher Grad an Schüleraktivität z.B. durch Experimentieren
• Aktives Umstrukturieren von Präkonzepten und Alltagswissen
• Kollaboratives Lernen: Testen der Belastbarkeit von Konzepten in Lernergemeinschaften
• Lernen in Kontexten, die eine Verbindung zum
Alltagsverständnis aufweisen
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Probleme konstruktivistisch orientierter Lehr-Lernumgebungen
Hohe Komplexität durch Alltagsbezug und hohe Anforderung an kognitive Aktivität:
– motivationale und kognitive Passungsprobleme (Stark, Gruber & Mandl 1998)
– Beeinträchtigung kognitiver Leistungen (Lipowsky 2002)
– problematisch für Leistungsschwächere (Lipowsky 1999, Einsiedler 2001)
Deshalb: Forderung nach Strukturierungselementen in
konstruktivistisch orientierten Lehr-Lernumgebungen
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Lösungsansatz
Statt : Konstruktion versus Instruktion
Kombination von Konstruktion und Instruktion:
• angemessene Balance zwischen
Selbststeuerungsmöglichkeiten und Komplexitätsreduktion (Friedrich & Mandl 1997)
• „pragmatische Kombination von selbstgesteuertem Lernen
und Instruktion“ (Einsiedler 2001)
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Strukturierung im naturwissenschaftlichen Anfangsunterricht
Ein schüler- und kontextorientierter
Sachunterricht, der ergänzt wird durch
strukturierende Maßnahmen im Sinne von
„guided discovery“ oder „scaffolding“
Kornelia Möller (Universität Münster) Elsbeth Stern (MPI Berlin)
Angela Jonen (Universität Münster) Ilonca Hardy (MPI Berlin)
Auswirkungen von Unterricht zum ”Schwimmen und Sinken”
auf das Verständnis physikalischer Basiskonzepte
Ein Forschungsprojekt im Rahmen des DFG-
Schwerpunktprogramms BiQua
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Studie zum
naturwissenschaftlichen Sachunterricht
Untersuchung des Effekts von schülerorientiertem Unterricht mit stärkerer bzw. geringerer Strukturierung
Am Beispiel des Themas „Schwimmen und Sinken“
In sechs vergleichbaren Grundschulklassen
Mit einer konstanten Lehrperson
In Bezug auf leistungsbezogene und nichtleistungsbezogene Zielsetzungen
In Abhängigkeit von der Leistungsstärke
Variation des Unterrichts
Konstant: aktives, konstruktives und kooperatives Lernen (konstruktivistisch orientierter Unterricht)
Variation:
Stärkere Strukturierung (durch Gliederung des Unterrichts, durch eine strukturierende Gesprächsführung, durch höheren
Anteil an gemeinsamem Gespräch) (MIT)
Geringere Strukturierung (durch Werkstattunterricht mit stärkerer Selbststeuerung, durch eine zurückhaltende
Gesprächsführung, durch geringeren Anteil an gemeinsamem
Gespräch) (OHNE)
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Unterricht zu dem Thema:
„Wie kommt es, dass ein riesiges, schweres Schiff aus Eisen im Wasser nicht untergeht?“
• Erste Vermutungen der Kinder erfragen
• Versuche zum Schwimmen und Sinken von Vollkörpern
• Die Dichte von Körpern mit der Dichte von Wasser vergleichen
• Erfahren: Die Verdrängung von Flüssigkeiten ist vom Volumen abhängig
• Erfahren: Das Wasser drückt nach oben (Auftriebskraft)
• Den Zusammenhang zwischen Volumen-Verdrängung- Auftriebskraft erfassen
• Schwimmen oder Sinken als „Kräftespiel“ zwischen
Auftriebskraft und Gewichtskraft
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0 100 200 300 400 500 600 700
Unterricht OHNE Unterricht MIT
Gruppenarbeit Stationenlernen Klassengespräch
M in u te n
Verteilung der Unterrichtsaktivitäten
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Lehrer strukturiert Schüler aktiv
Lehrer passiv Schüler reagiert auf Lehrer Lehrer sonstige Schüler reagiert auf Schüler
Schüler sonstige
Struktur STARK Struktur SCHWACH Unterrichts-Screening: Äußerungen im
Klassengespräch
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Wie kommt es, dass ein riesiges, schweres Schiff aus Eisen nicht untergeht?
vor dem Unterricht nach dem Unterricht Auf dem Schiff ist ein Kapiten. Das
Schiff tragt schwere sache. Zum beischbil Fische, Öl und Kole
Das Wasser will auf sein alten Platz zurück, und das Wasser drückt ihn nach oben.
Vär leich wegen den Luft Das ligt Nicht an der luft das ligt auch Nicht an das glachgewicht es ligt an den Wasser
Das Schiff drängt ja Wasser weg und dieses Wasser trägt das Schiff, weil das Wasser schwerer und stärker ist hat es mehr Kraft das Schiff zu
tragen. Wenn das Wasser weniger wiegt als das Schiff dann würde das Schiff untergehen.
Weil vielleicht im Schiff Luft drin ist
oder weil es bestimmte Motoren
hat.
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Ergebnisse:
Leistungsbezogene Zielerreichung
Die Schüler lernten in beiden Gruppen signifikant dazu.
Der Unterricht MIT stärkerer Strukturierung führte zu signifikant größerem Lernerfolg als der Unterricht mit
geringerer Strukturierung (Prä/Post, offene Fragen, Transfer und Follow-Up).
Der Unterricht MIT stärkerer Strukturierung unterstützte
Schüler mit ungünstigen Lernvoraussetzungen signifikant besser.
Die leistungsstärkeren Kinder profitierten gleichermaßen in beiden Bedingungen.
(Möller et. al. 2002, Jonen et. al. 2003)
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Ergebnisse:
Nichtleistungsbezogene Zielsetzungen
Keine signifikanten Unterschiede:
• Interesse
• fremdbestimmte Motivation
• selbstbezogene Kognitionen
• empfundene konstruktivistische Orientierung
• Lernzufriedenheit
Signifikante Unterschiede zugunsten der Lerngruppe mit stärkerer Strukturierung:
• Empfinden von Kompetenz und Engagement
• selbstbestimmte Motivation
• Erfolgszuversicht
(Blumberg et.al. 2004)
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Fazit
In der Gruppe mit stärkerer Strukturierung:
Bessere Förderung der leistungsschwächeren Schüler
Bessere Vereinbarkeit von leistungsbezogenen und nichtleistungsbezogenen Zielsetzungen
Größere Nachhaltigkeit der Lernprozesse (Abbau von nicht belastbaren Konzepten, Aufbau integrierter Konzepte)
(Hardy et. al eingereicht)
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Folgerungen für einen fordernden und fördernden naturwissenschaftlichen
Sachunterricht
Wichtig in anspruchsvollen Inhaltsbereichen:
Sequenzierung der Inhalte
Strukturierende Gesprächsführung durch die Lehrkraft
Unterstützung von Konzeptveränderungen durch
geeignete Materialien und Experimente
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Anforderungen an die Lehrkraft
Vorbereitung des Unterrichts:
Sachanalyse
Analyse des Lernstands der Kinder (Präkonzepte, Interessen, Vorerfahrungen)
Analyse von Lernschwierigkeiten
Auswahl geeigneter Aufgaben und Materialien, um Lernziele zu erreichen
Ggf. Sequenzierung aufeinander folgender Lehr-
Lerneinheiten
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Anforderungen an die Lehrkraft
Orientierende Klassengespräche vor Beginn des Unterrichts:
Präkonzepte erheben
Erfahrungen aktualisieren
Problemorientierung entwickeln
Vermutungen erfragen und festhalten
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Anforderungen an die Lehrkraft
Begleitende Klassengespräche während des Unterrichts:
Beobachtungen und Erkenntnisse mitteilen lassen
Fokussieren von Erfahrungen
Aufmerksam machen auf interessante Phänomene
Impulse zur Überprüfung von Vermutungen
Einfordern von Begründungen
Aufmerksam machen auf abweichende Meinungen
Impulse zum Erkennen von Widersprüchen
Zusammenfassen und Festhalten von Teilergebnissen
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Anforderungen an die Lehrkraft
Auswertende Klassengespräche nach der Werkstattarbeit :
Erfahrungen und Deutungen zusammentragen, festhalten
Impulse zur Strukturierung
Impulse zur Integration
Impulse zur Verallgemeinerung
Lernweg reflektieren
NICHT: Vermitteln von Erklärungen durch die Lehrkraft
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Qualitätsvolle Lernprozesse im naturwissenschaftlichen Unterricht
• fordern Kinder anspruchsvoll
• fördern Kinder differenziert in ihrer kognitiven konzeptuellen Entwicklung
• Ermöglichen anschlussfähiges Lernen
• entwickeln bei Kindern Interesse für
naturwissenschaftlich-technisches Denken
• gleichen vorhandene Erfahrungsdefizite bei Kindern aus
• und verfolgen darüber hinaus auch soziale und
affektive Lernziele.
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