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Bunz, Mercedes (2008) Die Geschichte des Internet: vom Speicher zum Verteiler

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REZENSION ZU: DIEGESCHICHTE DES INTERNET: VOM SPEICHER ZUM VERTEILER

Von Bunz, Mercedes (2008). (Copyrights 20). Berlin: Kulturverlag Kadmos. 147 S., € 17.50, ISBN-13:

978-3-86599-025-9

vonKarstenSchuldt

ZweiGrundthesentragenMercedesBunz'GeschichtedesInternets.Zumeineninsistiertsiedarauf, dasssichdieseGeschichtenichtalsreintechnischeEntwicklungbeschreibenlässt,schongarnichtals reine Erfolgsgeschichte, die einem unhintergehbaren Plan gefolgt wäre. Vielmehr zeigt sie explizit denEinflusspersönlicherundinstitutionellerEntscheidungenaufunddeutetbeständigan,dasssich dasInternetgänzlichandersoderauchgarnichthätteentwickelnkönnen.Zumanderenbegreiftsie dasspezifischNeueamInternet,dassüberhauptdieDifferenzierungdesselbenvonanderenMedien begründet, in der Reduzierung des Netzes auf die Funktion des Verteilens. Das Internet, bzw. die hinter diesem stehenden Computernetzwerke, seien prinzipiell als dumme Netzwerke konzipiert worden,dieeinzigdieFunktionhaben,DatenohneAnsichtdesInhaltsmöglichstschnellundsicher zuverteilen.AlleanderenFunktionenvonMedienseienpotentiellaufdieEndendesNetzwerksver teiltworden.

DabeikonzentriertsichBunzalsKulturwissenschaftlerin,trotzderDarstellungderTechnikgeschichte, hauptsächlichandergesellschaftlichenBedeutungdiesesKonzeptes:Washeißtes, wenndasNetz werkaufdieFunktiondesVerteilensreduziertwirdundinsbesonderedieFunktionendesSpeicherns unddesAutorisierensvonInformationenausdemMediumInternetselberverlagertwerdenundnun die Enden des Netzes die Möglichkeit haben, diese Aufgaben zu übernehmen? Welche Bedeutung hat es, dass das Medium sich selber erst durch Informationssendungen konstituiert und nach dem EndedieserSendungenwiederverschwindet,alsoVerbindungenerstimdemMomentaufbautund kontrolliert, wenn sie benötigt werden? Wenn das Medium selber eine Nachricht ist – und davon gehtBunzimAnschlussanMarshallMcLuhan aus–,dannistdiese ErmächtigungderEndengesell schaftlich relevant. Sie deutet an, dass das bekannte SenderEmpfängerModell der klassischen In formationstheorie nicht ausreicht, um diese Funktion des Internets als Medium zu verstehen. Viel mehr plädiert sie im letzten Kapitel ihrer Arbeit für eine neue Medientheorie, welche die Unbe stimmtheit und Flüchtigkeit des Mediums theoretisch erfassen solle. Hauptsächlich interessiert sie sichfürdieDoppelfunktiondesInternetseinerseitspotentiellimmerverfügbarundsomitalsvirtuell konsistentzusein,undsichgleichzeitigerstdurchdieVerteilungvonInformationenrealzukonkreti sieren.

BeialldemgräbtBunzgrundsätzlichkeineneuenFaktenausoderberichtetvonbislangunbekannten Zusammenhängen. Vielmehr erzählt sie die Geschichte des Internets, die man, wenn man sich nur dafürinteressierte,schonlängerkennenkönnte,nocheinmaluntereinemanderenFokus.Selbstver ständlich bespricht sie dabei die bekannten Punkte: sie berichtet von den ersten LargeArea Computernetzwerken, die hauptsächlich zur effizienteren Kapazitätsnutzung entworfen wurden, ebensovonderEntwicklungverteiltenDatentransfersbeiNapster,BitTorrentundanderenPeerto PeerSystemen, von den Entwicklungen der Standards und Protokolle, die erst mit der Zeit von der jeweiligen Hardware getrennt entstanden und immer wieder vom Paket Switching. Ebenso ist die Motte,welchedemBugdenNamengab,abgebildet.Nichtzuletztwerdenwiedereinmaldiegrund sätzlichstenMythenüberdasInternetverworfen:dassdasARPANETeinmilitärischesNetzwerkge wesen sei, welches einen Atomschlag überleben sollte, wird ebenso widerlegt, wie die Vorstellung, dassalleindiesesNetzdereinzigeVorgängerdesInternetgewesensei.WeiterhinkannmanbeiBunz erfahren,dassdieIdee,mitComputernetzwerkeGeldzuverdienen,nichterstinden1990erJahren entstand, sondern schon am Anfang der Internetentwicklung formuliert wurde. Das alles ist nicht falsch,aberesistebenauchschonlängerbekannt.

InteressantistallerdingsderBlickwinkel,mitdemBunzdieEntwicklungdesInternetsausgescheiter ten Projekten und der Umnutzung von Infrastruktur, zuerst durch Wissenschaftlerinnen, Wissen

Geschichte des Internet, Karsten Schuldt | urn:nbn:de:kobv:11-10097156 | Creative Commons: by-nc-nd /// 96

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schaftler, Studierende und Nerds und später auch durch die breitere Öffentlichkeit, nachzeichnet.

DasMediumInternetentstandnachBunzgeradenicht,weileszentralgeplantundkontrolliertwor denwäre,sondernweilesmitsehrunterschiedlichenVorstellungenundInteressenvonunterschied lichen Akteuren und Institutionen ohne einheitliche Planung entwickelt wurde. Dies wird augen scheinlich, wenn sie die Planungen und eher mäßigen Umsetzungen des französischen Netzwerks Cycladesausden1970erJahrensowiedieebensoäußerstambitioniertenPlänedesbritischenNatio nalPhysicalLaboratory,seitMitteder1960erJahreeinenPrototypfüreinlandesweitesComputer netz aufzubauen, dem ARPANET gegenüberstellt. Nicht, weil sich irgendein System oder irgendeine zentralePlanung durchgesetzthabe,sonderngerade,weil dieseallesamtscheiterten,aber zugleich kommunizierbares Wissen und eine technische und personelle Infrastruktur hinterließen, entstand das Medium Internet in seiner heutigen flexiblen und die Nutzerinnen und Nutzer ermächtigenden Form.DabeimachtderBerichtvonBunzdeutlich,dassdasInternetalsMedium,weitmehralsande reMedien,MöglichkeitenfürdieeinzelnenNutzerinnenundNutzereröffnetundzwarnichtnurauf derEbenederInformation,sondernauchaufderEbenedesMediumsselber.Währendbeispielswei se die Alternativpresse der 1970er und 1980er Jahre sich zwar inhaltlich und künstlerisch von der nichtalternativen Presse abgrenzen konnte, aber grundsätzlich auf die gleichen Produktions und Distributionsweisen angewiesen blieb, eröffnet die Struktur des Internets, jegliche Information dumm zu verteilen und sich erst als Medium zu konkretisieren, wenn der Vorgang des Verteilens abläuft,einengrößerenSpielraumfürdieGestaltungundNutzungdieserInfrastruktur.

Mercedes Bunz war unter anderem Mitbegründerin und einige Zeit lang auch Chefredakteurin der de:bug, einer Zeitschrift, die sich hauptsächlich aus der elektronischen Musik und Nerdszene der 1990erentwickelteundmitderZeiteinensehreigenenDuktusentwickelte,welchersievonanderen –zumeistlängsteingegangenen–FanzinesderelektronischenSzeneabhob.DieTexteindieserZeit schrift zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr voraussetzungsvoll, gleichzeitig aber in einem sehr lockeren,fließendenStilgeschriebensind. Esistin gewisserWeisenotwendig,dasBerlinerClubge fühlzukennen,dengesellschaftlichinteressierten,abernichtunbedingtpolitischenDiskussionsstilin BerlinerSzenecafeszuteilenundgleichzeitigantechnischenGadgetsundderenGeschichteinteres siertzusein,umdieseZeitschriftzuverstehen.DieserGestusschlägtsichimBuchvonBunznieder.

Man kann es sehr schnell lesen, wenn man sich mit der Geschichte von Computernetzwerken, der Informations und Kulturtheorie auskennt. Fehlt dieses Vorwissen, wird man allerdings vom Text selbersehrschnellalleingelassen.EsisteineErzählungfürExpertinnenundExperten,keineEinfüh rungindasThema.DasmussmannichtalsFehlerverstehen:geradedadurch,dassBunzdaraufver zichtet, jedes Faktum neu einzuführen, kann sie ihre Grundthesen konsistent ausführen, ohne den Textunnötigaufzublähen.

LetztlichistdiesesBucheines,das–wiejedeguteHistographie–voreinereinfachenHinnahmevon Entwicklungen zu warnen scheint, dabei ein aktuelles, aber nicht mehr wirklich neues Thema auf zeigt,wieprekärjedeMedienentwicklungistunddasdeshalbdazuauffordert,diezukünftigeGestal tung des Internets nicht als vorgegebene Entwicklung, sondern als äußerst beeinflussbar zu begrei fen.

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