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Mathur: History of the Andaman and Nicobar Islands

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(1)

(Ende Sung bis Ming)*

Von Roderich Ptak, Heidelberg

Seit alters spielen die Andamanen und Nikobaren für die Seefahrt im

Indischen Ozean eine wichtige Rolle. Im Schnittpunkt verschiedener

Seerouten gelegen, die den Golf von Bengalen durchkreuzen, wurden sie

von vielen Reisenden angesteuert, die hier Zwischenstation einlegten,

Proviant luden oder vor Unwettern Zuflucht suchten. Manche kamen

allerdings auch widerwillig zu den Andamanen und Nikobaren — infolge

widriger Winde, die häufig Schiffe von der direkten Sumatra-Ceylon-

Route weit nach Norden verschlugen. So sind in der Reiseliteratur und

in der historischen Geographie eine Reihe von Beschreibungen dieser

Inseln überliefert, die jedoch — wie auch die Beschreibungen anderer

Gebiete — zahlreiche philologische Rätsel aufgeben. ' Bereits die Auftei¬

lung der Inseln in zwei unabhängige Ketten bereitet Schwierigkeiten,

denn nur wenige europäische und längst nicht alle arabischen Bericht¬

erstatter unterschieden genau zwischen den Andamanen, der nördliche¬

ren Gruppe, und den Nikobaren, der südlicheren. Einige scheinen sie

sogar mit einzelnen Eüanden vor der Sumatra-Küste durcheinander¬

geworfen zu haben, oder mit Orten vor der Küste Birmas. Die einzelnen

* Manuskript im Herbst 1988 erstellt.

' Diese wurden auch in den meisten Darstellungen zur Gesehiehte der Niko¬

baren und Andamanen übergangen, ebenso wie die ehinesischen Quellen.

T3rpisehe GesamtdarsteUungen z.B. in L. P. Mathur: History of the Andaman and Nicobar Islands (1756-1966). Dehli: Sterling Publ. 1968, S. 7fi".; M. V.

Pobtman: a history of our relations with the Andamanese, compiled from histories and travels, and from the records of the government of India. Caleutta: Office ofthe Superintendent of Govemment Printing, India 1899, Kap. 3; N. Iqbal Singh:

TheAru&iman story. New Dehli: Vikas Publ. House 1978, Kap. I. Es gibt meh¬

rere Bibliographien zu den Andamanen und Nikobaren — etwa Sumedha

Chawla u. T. N. Pandit: Bibliography on Andaman and Nicobarlslands [Cover¬

ing anthropology, biology, geography, geology, history, statistics, etc.f. Calcutta:

Anthropol. Survey of India 1981 —, doch aueh hier kommen die historischen

Quellen zu kurz. Handbücher wie Henry Yule u. A. C. Burnell: Hobson-Job¬

son: A glossary of colloquial Anglo-Indian words and phrases, and of kindred terms . . . London: Murray 1903, S. 29, 624-26, sind meist nützlicher.

24»

(2)

344 Rodebich Ptak

Seepassagen, die zwischen den Inseln hindurchfiihrten, waren den See¬

fahrern zudem meist unbekannt, so daß auch die genaue Anzahl der

Inseln und Riffe und deren Verlauf in keiner einzigen Quelle aus älterer

Zeit exakt vermerkt sind.^

Problematisch ist ebenso die Namengebung. In der arabischen Litera¬

tur wurden die Nikobaren zwar meist unter dem Namen Langabälüs

oder ähnlichen Formen geführt, dafür aber die Andamanen nicht immer

beim Namen genannt.'' In der europäischen Literatur ist die Lage

ebenso verwirrend. Ptolemäus sprach von Bazakota und den Aginnatai-

Bewohnem — auch von Agathodaimonos —, Marco Polo von Nocueran

und Angaman, Odorico de Pordenone, um einen weiteren Vertreter zu

^ Zu nautisclien Angaben in arabischen Texten z. B. G. R. Tibbetts: A study of the Arabic texts corvtaining material on South-East Asia. Leiden: Brill 1979.

(Oriental Translation Fund. N. S. 44.), bes. S. 197-201, 208, 212-13, 219-22, 243-44 (nunmehr zitiert als Tibbetts); ders.: Arab navigation in the Indian Ocean before the coming of the Portuguese, being a translation of Kitab al-Fawä'idfi jiywZ al-bahr wa'1-qawä'id of Ahmad b. Mdjid al-Najdi . . . London: The Royal Asiatic Soeiety . . . 1981. (Oriental Translation Fund. N. S. 42.), bes. S. 473-77;

ferner Gabriel Ferband: Relations de voyages et textes geographiques arabes, persans et turks relatifs ä I'Extrhne Orient du VIH' au XVIII' sidles. 2 Bde. Paris:

Leroux 1913-14. (Documents historiques et g6ograpluques relatifs & I'lndo- chine.), Bd. 2, bes. S. 504-6, 524-29. Europaischerseits interessieren vor aUem

die vielen Eintragungen m Landkarten; hierzu z.B. Armando Cortesäo u.

Avelino Teixeira da Mota: Portugaliae monumenta cartographica. 6 Bde. Lis¬

sabon: Comemora^öes de V. centenärio de morte do Infante D. Henrique 1960.

Ab etwa 1535/40 maeht sich eine Änderung in der europäischen kartographi¬

schen DarsteUung der Andamanen bemerkbar: Great Andaman erscheint nun

immer häufiger als eine in Nord-Süd-Riehtung geteilte Doppelinsel (siehe dort z.B. Bd. 2, Karten 27, 51a, 58, etc.). Auch bei der DarsteUung der übrigen Inseln des Andamanen- und Nikobaren-Gebiets zeichnen sieh von Zeit zu Zeit

Änderungen ab.

' Unklar ist, was sieh hinter Ibn Battütas Barahnakär verbirgt — die Nikoba¬

ren oder Andamanen? Hierzu z.B. Henry Yule (Üb. u. Hg.): Cathay and the

way thither (v. Henri Cordier revid. Ausg.). 4 Bde. in 2. Nachdr. Taipei:

Ch'eng Wen Publ. Co. 1966, Bd. 4, S. 93-94; G. E. Gerini: Researches onPtole- my's geography of Eastem Asia (Further India and Indo-Malay archipelago).

Nachdr. Dehh: Oriental Books Repr. Corp. 1974, S. 401, Anm. 2, S. 403

(,J'o8t8criptum"); Hans von Mzik (Hg.): Die Reisen des Arabers Ibn Batüfa

durch Indien und China (14. Jahrhundert). Hamburg: Gutenberg-Verl. 191 1.

(Bibliothek denkwürdiger Reisen, Erzählungen über berühmte Reisen aus der

Feder von Teilnehmern. 5.), S. 391-93; C. Defrämeryu. B. R. Sanguinetti (Hg. u. Üb.): Voyages d'Ibn Batoutah. 4 Bde. Paris: Impr. Imperiale 1853-58,

Bd. 4, S. 224-28; Tibbetts, S. 155.

(3)

nennen, von Nicoveran.'' Über die verschiedenen Namen, deren teils

abweichende Schreibungen und ihre Ableitungen ist viel spekuliert wor¬

den, nicht nur in den Kommentaren früher französischer und englischer

Übersetzer geographischer Texte, sondem auch in der faszinierenden

Studie von Geeini, dessen Ausfiihmngen zu diesem Problem — auch

wenn zmn Teil eben nur spekulativ — im wesentlichen noch heute Gül¬

tigkeit haben.'

In Gebinis Kommentaren zu Ptolemäus' Bazakota und Agathodai¬

monos wird der kundige Leser den chinesischen Namen Lo-ch'a vermis¬

sen, der eine Transkription des Sanskrit-Ausdmcks fiir menschenfres¬

sende Dämonen büdet. Dieser Name wurde oft als frühe chinesische

Bezeichnung der Nikobaren und Andamenen aiügefaßt — wohl meist zu

Unrecht, wie spätestens Pelliot 1904 belegen konnte.' Beweis dafiir,

■* Zu Ptolemäus siehe z.B. Gebini, S. 379fT. Gerini hält Ptolemäus' „Aga¬

thodaimonos" fur einen TeU der Nikobaren, nämlieh Great Nieobar; vgl. dort S. 411, 415-20. Zu Marco Polo z.B. Henry Yule (Üb. u. Hg.): The book of Ser Marco Polo, the Vertetian, conceming the kingdoms and marvels of the East. (3., v.

Henry Cordier revid. Ausg.). 3 Bde. London: Murray 1929, Bd. 2, S. 306-12;

Thomas Wright (Hg. u. Üb.) : The travels of Marco Polo, the Venetian (revid.

Ausg. der Üb. v. Marsden). London: BeU 1892, S. 376-77; A. J. H. Charig- non: Le livre de Marco Polo, citoyen de Venise. 3 Bde. Peking: Nachbaur 1924-28,

Bd. 3, S. 174-179; Paul Pelliot: Notes on Marco Polo. Ouvrage posthume.

3 Bde. Paris: Impr. Nationale I959-I973, Bd. 1, S. 43. Zu Odorico de Pordenone

z.B. Yule: Cathay, Bd. 2, S. 167-70; Gilbert Strasmann (Hg.): Konrad

Steckels deutsche Übertragung der Reise nach China des Odorico de Pordenone^Ber- lin: Erich Schmidt 1968. (Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit.

20.), S. 72-75; Richard Hakluyt (Hg.): The principal navigations, voyages dk discoveries of the English nation. 12 Bde. Glasgow: MacLehose 1903-5. (Works Issued by the Hakluyt Society, extra ser. 1-12.), Bd. 4, S. 389, 420; Folker Reichert (Üb.): Die Reise des seligen Odorich von Pordenone nach Indien und

China (1314/18-1330). Heidelberg: Manutius Verl. 1987, S. 71-73; Colom-

bano Petrocchi: R B. Odorico da Pordenone e il suo 'Itinerärio'. Studio sopre un codice inedito della Biblioteca Marciana di Venezia. In: Le Venezie franeeseane 1 (1932), S. 207-8. Achtung: In den einzelnen Ausgaben der genannten europäi¬

schen QueUen weichen die Schreibungen der Namen für die Nikobaren und

Andamanen zum TeU erheblich voneinander ab (so etwa in der Odorieo-Version der HAKLUYT-Sammlung „Moumoram" statt „Nicoveran").

' Gerini, bes. S. 379ff., 640-41, 806-8, 816.

' G. Schlegel: Geographical notes. I: The Nicobar and Andaman Islands. In:

TP 9 (1898), S. 177-79; W. P. Groeneveldt: Notes on theMalay archipelago

and Malacca compiled from Chinese sourees. Batavia: Bruining 1876, S. 84,

Anm. 5, S. 207; Yule: Marco Polo, Bd. 2, S. 308; Paul Pelliot: Deux itinlrai- res de Chine eninde d lafin du VIII' siicle. In: BEFEO 4, 1/2 (1904), S. 280-82;

Gerini, S. 38 ff.; Pelliot: Notes, Bd. 2, S. 623, 767; J. Takakusu: A record of the Buddhist religion as practised in India and the Malay archipelago (A.D. 671 to 695), hy I-Tsing. Oxford: 1896, S. 217.

(4)

346 Roderich Ptak

daß Pelliots Kritik berechtigt war, ist zum Beispiel die Tatsache, daß

der berühmte chinesische IndienpUger I Ching im 7. Jahrhundert die

Nikobaren Lo-kuo oder Lo-jen-kuo nannte und parallel dazu von einem

anderen Ort namens Lo-ch'a sprach, der mit Lata in Süd-Gujarat identi¬

fiziert wurde.' Auch in einem jüngst erschienenen chinesischen Lexikon

zur historischen Geographie ist von der Gleichsetzung Lo-ch'as mit den

Nikobaren abgerückt worden; als Gegenden, in denen Lo-ch'a gelegen

haben könnte, werden dort u. a. Kelantan, die Siüu-Inseln, Luzon und

die Molukken aufgefiihrt.'

Die Bezeichnung „Lo-kuo" (Lo-jen-kuo oder Lo-hsing-kuo) , die sich

vielfach in späteren chinesischen Quellen erhalten hat und die von eini¬

gen als Übersetzung der Sanskrit- und Paliformen „Nagna-vära", „Nag-

ga-vära" etc. angesehen wurde — also als „Insulae Nudonim" —, wollte

Gerini durchaus phonetisch von den arabischen Formen „Lanje-",

„Langa-" etc. abgeleitet wissen, wobei natürlich eine phonetische Ver¬

wandtschaft zu den mit „n" beginnenden indischen Formen nicht aus¬

zuschließen ist.' Die Schwierigkeit einer phonetischen Ableitung von

Lo-jen-kuo und den anderen chinesischen Varianten liegt allein darin,

daß die früheste überlieferte arabische Form zeitlich später auftaucht

als die früheste chinesische Form.'" Ein weiteres Problem, das längst

nicht ausdiskutiert worden ist, bereitet auch die Tatsache, daß in alten

' Latika Lahiri (Üb.) : Chinese monks in India. Biography of eminent monks who went to the westem world in search of the Law during the great T'ang dynasty.

Dehli: Motilal Banarsidass 1986. (Buddhist traditions.), S. 13, 14, 65, 78-79, 132, 134. Siehe ferner die Übersetzung weiter unten sowie Pkt. m und Anm. 36

hier. — Am Rande sei bemerkt, daß Fa Hsien, der um 400 unterwegs war, also

früher als I Ching, laut A. Grimes: The joumey ofFa-Hsien from Ceylon to Can¬

ton. In: Joumal ofthe Malayan Branch of the Royal Asiatic Society 19,1 (1941), Karte S. 92, die Nikobaren und Andamanen ebenfaUs gestreift haben könnte.

* Ch'en Chia- jung, Hsieh Fang u. Lu CntJN-LiNG: Ku-tai Nan-hai ti-ming hui-shih. Peking: Chung-hua 1986, S. 511-12.

' Gerini, S. 383, 397.

Die früheste arabische vermutlieh bei Sulaimän; vgl. z.B. Tibbetts, S. 25;

Jean Sauvaget (Hg. u. Üb.) : Al}bär a^Sin wal-Hind, Relation de la Chine et de l'Inde, ridig&e en 851. Paris: Jjcs BeUes Lettres" 1948. (CoUection arabe.), S. 4;

Gabbiel Ferrand (Hg. u. Üb.) : Voyage du marchand arabe Sulaymän eninde et

en Chine, ridigi en 851, suivi de remarques par Abü Zayd Hasan (vers 916). Paris:

Bossard 1922. (Les classiques de l'Orient. 8.), S. 34; ders.: Relations, Bd. I, S. 36. Die versehiedenen arabisehen Namen sind z.B. bei Tibbetts, S. 152-54,

zusammengefaßt (beachte dort auch den Hinweis auf die Tanjore-Inschrift) .

Siehe femer Gerinis Liste, S. 405.

(5)

Die Andamanen und Nikobaren

chinesischen Texten unter Lo-kuo offenbar neben den Nikobaren eine

ganze Reihe anderer Gebiete verstanden wurden."

Hsüan Tsang, der ebenfalls in der T'ang-Zeit nach Indien reiste,

sprach von Na-lo-chi-lo-chou.'^ Dieser Name — ziemlich eindeutig als

phonetische Wiedergabe der Sanskritform „Narikela-dvipa" („Kokos¬

nuß-Insel") identifiziert — wurde ebenfalls als Bezeichnung fiir die Niko¬

baren, aber auch fiir die Malediven und die Cocos-Inseln angesehen."

Er ist jedoch im Gegensatz zu der Form „Lo-kuo" und deren Varianten

im Laufe der Zeit aus der chinesischen Literatur verschwunden.

Im 8. Jahrundert berichtete Chia Tan von drei Gebieten, die vermut¬

lich nordwestlich von Sumatra lagen, darunter P'o-lu und Chia-lan. Der

erste Name könnte eine verstümmelte Variante der viersilbigen Form

„Lang-p'o-lu-ssu" oder einer ähnlich klingenden Sequenz sein, also

„Langabälüs" wiedergeben, er wurde jedoch weit häufiger auf Barus in

West-Sumatra und auf die Bras-Inseln vor der Nordwestspitze Suma¬

tras bezogen. Die Lage ist hier verwirrend, da es eine Reihe ähnlich

klingender Namen in der chinesischen geographischen Literatur gibt,

die längst nicht alle eindeutig identifiziert worden sind.'" Den zweiten

" Ch'en/Hsieh/Lu, S. 814-16. Aehtung: Schleoels Erklärung ist falsch, wie von Pelliot: Deux itiniraires, S. 354-55, Anm. 5, bemerkt. Fast nur noch

aus wissensehaftshistorischer Sicht interessant ist D'Hervey de Saint-

Denys (Hg. u. Üb.): Ethnographie des peuples itrangers ä la Chine, ouvrage com¬

pose auXIir siicle de notre ere par Ma-Touan-Lin. 2 Bde. Genf u.a. Orte: Georg u.a. Verl. 1876-83, Bd. 1, S. 57, 410.

Samuel Beal (Üb.) : Si-Yu-Ki. Buddhist records of the westem world, trans¬

lated from the Chinese of Hiuen Tsiang (A.D. 620). 2 Bde. Nachdr. New York:

Paragon Book Rpt. Corp. 1968, Bd. 2, S. 252; Charignon, Bd. 3, S. 176; Yule:

Marco Polo, Bd. 2, S. 307-8; Gerini, S. 399, 405.

" Ch'en/Hsieh/Lu, S. 395 (dort weitere QueUen), 1006; Ch'en Chia-

jung: Chung-wai chiao-t'ung shih. Hong Kong: Learner's 1987, S. 163; Beal, Bd. 2, S. 252, Anm. 36; Pelliot: Deux itirUraires, S. 355, Anm. 2. Siehe aueh Hinweise in Anm. 12 hier.

"> Gerini, z.B. S. 429ff., 816flf.; Ch'en/Hsieh/Lu, S. 516, 539, 731 ff. (eine Reihe ähnlicher Namen) ,910-11, 978. Zum Problem P'o-lo-ssu — eventueU auch

mit den Nikobaren zusammenhängend — z. B. Su Chi-ch'ing (Hg.) in Wang Ta-

yüan: Tao-i chih-lüeh chiao-shih. Peking: Chung-hua 1981. (CWCTSCTK.),

S. 374-75. Dazu auch W. W. Rockhill: Notes on the relations and trade of China unth the Eastem archipelago and the coasts of the Indian Ocean during the fourteenth

century. In: TP 16 (1915), S. 625-26; femer Cheng Hao-sheng u. Cheng I-

CHtiN: Cheng Ho hsia Hsi-yang tzu-liao hui-pien. Bd. 1. Chi-nan: Ch'i Lu shu-she 1980, S. 242 (TabeUe). Mit P'o-lo-ssu hängt Ma-chia-na zusammen - Malhan?

Mehr hierzu z. B. bei Tibbetts, S. 27-28, 73, 155; Gerini, S. 401-5. Vgl. auch Jane Drakard: Anindian Oceanport: Sources for the eariier history of Barus. In:

Archipel 37 (1989), S. 56ff.

(6)

348 Roderich Ptak

Namen, Chia-lan, haben Pelliot, Gerini, Ferrand, Wolters und

andere als Kar Nikobar oder als Bezeichnung für die ganze Inselgruppe

verstanden und mit der erst viel später auftauchenden Form „Ts'ui-lan"

in phonetische Verbindung gebracht.Möglich wäre auch ein Zusam¬

menhang mit der Form „Chia-nan(-mao)die unter anderem für Pulau

Weh, sonst meist Mao-shan genannt, steht.'*

Keinesfalls annehmbar ist dagegen die Gleichsetzung von Mao-shan

und Na-ku-erh mit den Nikobaren, die z.B. bei Schlegel erscheint.

Na-ku-erh steht für Nagur bzw. das Peudada-Gebiet auf Nordsumatra. "

Ebenso zweifelhaft sind die Identifikationen von Na-wang, Chan-pin

und Chia-pa-shan mit den Nikobaren, die auf vagen Vermutungen

fußen.'*

Während die Namengebung in den frühen chinesischen Quellen viele

Probleme bereitet, wird die textliche Lage ab der Sung-Zeit klarer,

zumindest bei der Berichterstattung über die Andamanen. So läßt sich

eine Gruppe von Texten isolieren, in denen die Andamanen unter dem

Stichwort „Yen-t'o-man" vorgestellt werden:"

" Ferrand: Relations, Bd. 2, S. 643; Pelliot: Deuxltiniraires, S. 340-42,

354-55; Gerini, S. 816-17; Luciano Petech: Some Chinese texts conceming

Ceylon. In: The Ceylon Historieal Joumal 3,3/4 (1953), S. 223; O. W. Wol¬

ters: Early Indonesian commerce. A study of the origins of Srivijaya. Ithaea: Cor- nellUniv. Pr. 1967, S. 1 88 ff.; ferner Punkt m hier. Achtung: andere Definitionen in Ch'en/Hsieh/Lu, S. 433 (spätere Texte).

Ch'en/Hsieh/Lu, S. 432-33, 1072.

" G. Schlegel, S. 179-82; ders.: Geographical notes. XVI: The old states in the island of Sumatra. In: TP 2. Ser., 2 (I90I), S. 348-52; Charignon, Bd. 3,

S. 176; Pelliot: Deux itiniraires, S. 354, Anm. 5; Ch'en/Hsieh/Lu, z.B.

S. 770-71,1072; Gerini, S. 385 u. Anm. 2 dort; J. V. G. Mills (Hg. u. Üb.): Ma Huan: Ying-yai sheng-lan, 'The overall survey of the ocean's shores' [1433]. Cam¬

bridge: Univ. Pr. 1970. (Hakluyt Soeiety. Extra ser. 42.), z.B. S. 47, 207, 209, 286, 329-31.

'* Ch'en/Hsieh/Lu, S. 280, 305, 354, 392; JitsuzO Kuwabara: P'uShou-

Ic&ng, a man of the westem regions, who was Superintendent of the Trading Ships' Office in Ch'üan-chou . . .. T. 2. In: Memoirs ofthe Research Department of the

Toyo Bunko 7 (1935), S. 84; E. Bretschneider: Medieval researches from

Eastem Asiatic sources: Fragments towards the knowledge of the geography and history of Central and Westem Asia from the thirteenth to the severUeenth century. 2

Bde. London: Trübner 1888, Bd. I, S. 191; Ch'en Chia-jung, S. 294-95.

" Übersetzungen von 1 und 5/6 z.B. in Friedrich Hirth u. W. W. Rock- hill: Chau Ju-Kua: His work on the Chinese and Arab trade in the twelfth and thir¬

teenth centuries, entitled Chu-fan-chi. Nachdr. Taipei: Ch'eng-Wen Publ. Co.

1970, S. 147-48; Friedrich Hirth (Üb.): The Andaman cannibals in Chinese

literature. In: Joumal of the China Branch of the Royal Asiatic Society 22

(1887), S. 103-4; zitiert in Gerini, S. 389-91; Schlegel: Geographical notes. I, S. 188-89.

(7)

349

1 Chu-fan chih (um 1250), von Chao Ju-kua. (TSCC-Ausg.), ch.

shang, S. 22.

2 Fang-kuo-lei (Ende Sung; auch Fang-huo tsa-chih und Tao-i tsa-

chih genannt) , Verf. unbekannt (geheftete Beilage zu Ch'en Yüan-

chings Shih-lin kuang-chi. Peking: Chung-hua 1963), 2 b.

3 I-yü chih (Ende 14. Jh.), von Chou Chih-chung, zus. mit Yeh-lü

Ch'u-ts'ais Hsi-yu lu in einem Bd. hrsg. v. Hsiang Ta u. Lu

Chün-ling. Peking: Chung-hua 1981. (CWCTSCTK.), ch. hsia,

S. 51.

4 I-yü t'u-chih (ca. 1430), Verf. unbekannt (Mierofilm des einzigen

bekannten Exemplars in Cambridge) , 59 a.

5 San-ts'ai t'u-hui (frühestes Vorwort 1607), komp. v. Wang Ch'i.

Taipei: Ch'eng-wen 1970, Bd. 2, jen-wu ch. 12, S. 838.

6 Ch'in-ting ku-chin t'u-shu chi-ch'eng (1726), komp. v. Ch'enMeng-

lei et al. Taipei: Wen-hsing 1964, Bd. 27, pien-i tien ch. 107,

S. 399.

Die Textstellen 1 und 2 sind sehr älmlich; 3 ist eine stark gekürzte Fas¬

sung, die vermutlich direkt auf 1 oder 2 zurückgeht; eine frühere (?)

Version derselben, Lo ch'ung lu genaimt, war anscheinend noch bis

Ende der Ming-Zeit in Umlauf und dürfte ebenfalls eine Beschreibung

der Andamanen enthalten haben; 4 geht wahrscheinlich auf diese Fas¬

sung oder auf das I-yü chih zurück; 4 enthält auch eine Abbildung eines

Bewohners der Andamanen; 5 zeigt eine ähnliche Abbildung und ent¬

hält fast den gleichen Text wie 3 und 4; 6 enthält die Abbildung aus 5

und ist ein wörtliches Zitat von 5.'" Damit sind vermutlich alleTextstel-

len auf die gleiche Quelle zurückzufiihren, auf das Chu-fan chih. Hier

eine Zusammenfassung der wichtigsten Beschreibungselemente in den

genannten Texten (der Wortlaut ist vielfach identisch, worauf nicht wei¬

ter eingegangen werden muß):

Zur Textgesehiehte (Datierungen etc.) und zu Ähnlichkeiten zwisehen den

Texten z.B. Joseph Needham: Science and Civilisation in China. Bd. IV,3.

Cambridge: Univ. Pr. 1971, S. 493, Anm. f (zu Text 3 u. 4); LuChün-lings Vor¬

wort zu Text 3, bes. S. 2-4, ebenso S. 70-71 in 3 (bes. zu 2-5 und Beziehungen derselben untereinander) ; Tan Yeok Seong (Ch'en Yt)-suNG) : KuTig ChenHsi- yang fan-kuo chih te chen-wei wen-t'i. In: Nan-yang hsüeh-pao 15,2 (1959), S. 5 (zu 2); A. C. Moule: An introduction to the J[yü t'u-chih' or J'ictures and descrip¬

tions of strange nations" in the Wade Collection at Cambridge. In: TP 27 (1930), S. 179-88 (zu 4); A. W. Hummel: A Ming encyclopaedia with pictures on tilling and weaving and on strange countries. In: Annual Report of the Librarian of Con¬

gress, Division of Orientalia (1940), S. 165-67 (der dort erwähnte fragmenta¬

rische Text mit Besehreibungen fremder Staaten soU mit Text 4 identiseh sein) .

(8)

350 RoDBRicH Ptak

a Text 1: Auf dem Weg von Lambri (Lan-wu-li [a]) nach Ceylon

können Schiffe durch ungünstige Winde zu den Andamanen ge¬

trieben werden. Text 2 gleich. 4-6: Von Lambri (Lan-wu-li [b])

aus sind die Andamanen bei günstigem Wind zu erreichen.

b Text 1: Diese bestehen aus einer kleinen unbewohnten und einer

großen bewohnten Insel mit 70 H Umfang/Küstenlinie. Text 2-6:

keine Inselzahl genannt; Gesamtumfang/Küstenlinie des „Lan¬

des" 7000 li.

c Text 1: Die Bewohner sind schwarz und fressen Menschen. Text

2-6 gleich.

d Nur Text 4-6: Die Bewohner heißen „Shan-man".

e Text 1: Es gibt kein Eisen auf den Andamanen. Text 2-6 gleich.

f Text 1 und 2: Anstelle von Messern benutzen die Eingeborenen

Muscheln, aus denen sie Klingen fertigen. 3-6 verkürzter Wort¬

laut.

g Text 1: Auf der Insel gibt es ein heiliges Relikt ('sÄerig^-cÄi^, eine auf

Gold gebettete Mumie. Text 2-6 gleich,

h Text 1: Sie wird von einer Riesenschlange gehütet, die zwei Fuß

(ch'ih) lange Haare hat. Text 2-6 gleich,

i Text 1: In der Nähe befindet sich ein Brunnen, aus dem zweimal

im Jahr Wasser hervorsprudelt und zum Meer abläuft. Alle vom

Wasser benetzten Kieselsteine verwandeln sich in Gold. Text

2-6 gleich.

j Text 1: Die Eingeborenen bringen dort Opfer dar. Das Wasser

verwandelt auch glühende Metalle in Gold. Nicht in 2-6.

k Text 1: Laut Überlieferung brachten Schiffbrüchige eine Wasser¬

probe nach Malabar, dessen König darauf einen Eroberungsfeld¬

zug gegen die Andamanen anordnete. Seine Soldaten und Schiffe

wurden jedoch von einem Sturm überrascht, an die Küsten dieser

Inseln gespiüt und von den Eingeborenen aufgefressen. Text 2

gleich, jedoch entsendet der König sieben Boote. Nicht in 3-6.

1 Text 1: Die Niederlage ist vermutlich der Schutzfunktion der

Mumie zuzuschreiben. Nicht in 2-6.

Das in meinem Cheng Hos Abenteuer im Drama und Roman der Ming-Zeit. Stutt¬

gart 1986, S. 115-16, 134, gesuehte „missing link" (Fah Kalikut) zwisehen /-j/m chih und San-ts'ai t'u-hui könnte Text 4 (das dortige Hsi-yang kuo-Kapitel) gewesen sein. Möglieherweise hängt mit den Texten 3-5 aueh ein spanisches

Manuskript zusammen; hierzu Charles R. Boxer: A late sixteenth century

Manila MS. In: JRAS (1950), S. 37-49.

(9)

Einige der obigen Beschreibungselemente müssen hier erläutert wer¬

den, zumal sich mehrere Einzelheiten in ähnlicher Form in arabischen

Quellen wiederfinden. Es ist jedoch höchst unwahrscheinlich, daß

Chao Ju-kua, der Autor der frühesten chinesischen Quelle, einen arabi¬

schen Text als direkte Vorlage bei der Abfassung seines Andamanen-

Kapitels benutzt hat. Vermutlich schrieb er nur das auf, was ihm münd¬

lich durch Seeleute berichtet wurde — eine Mischung aus korrekten und

falschen landeskundlichen Informationen, garniert mit einer Prise See-

mannsgam.^'

Zu b): In früherer Zeit war die genaue Aufteüung des Gebietes von

Great Andaman in mehrere Inseln — North Andaman, Middle Andaman,

South Andaman und andere — weitgehendst unbekannt, so daß wohl die

meisten Geographen davon ausgingen, es handele sich hierbei um eine

große Insel. Mit der kleineren Insel ist Little Andaman gemeint, die

durch die Duncan Passage deutlich von den nördlicheren Inseln

getrennt ist. In den Ahbär a?-§in wal-Hind (um 850) und den 'Apä'ib al-

Hind (um 1000) wird auch von zwei Inseln gesprochen, die allerdings

beide bewohnt seien. Marco Polo mag ebenfalls eine Zweiteilung im

Sinn gehabt haben, als er Angaman beschrieb.^' Die Angabe „70 li" im

Chu-fan chih, von der Gerini glaubt, sie müsse als „7000 li" aufgefaßt

werden — entsprechend den späteren Texten —, scheint mit verschiede¬

nen arabischen Angaben zusammenzuhängen: so wird die Distanz zwi¬

schen den Armanän-Inseln (eventuell Andamanen) und Bardfärkalah

(eventuell Pulau Butang) in den 'Ajä'ib al-Hind mit 70 zäm angegeben;

al-Marwazi (um 1120) berichtet, daß die Insel Lankabälüs einen Durch¬

messer von 700 Parasangen habe — offensichtlich gehen die Angaben

fiir die Nikobaren und Andamanen hier durcheinander —; und ad-

DimaSqi (um 1325), um ein weiteres Beispiel zu nennen, spricht von

700 kleinen und großen Inseln, aus denen die Andamanen bestünden.^"

So z.B. auch von Gerini angedeutet, dort S. 389, 390, Anm. 1.

" Sauvaget, § 8; Ferrand: Voyage, S. 35; Relations, Bd.l, S. 37; Tib¬

betts, S. 25, 46. Zur möglichen Aufteilung der Andamanen dort auch S. 243-

44. Femer Gerini, S. 389, Anm. 2.

Und natüriieh eine übergeordnete ZweiteUung in Andamanen und Nikoba¬

ren; vgl. z.B. Yule: Marco Polo, Bd. 2, S. 307; Anm. 1; Charignon, Bd. 3,

S. 177.

Gerini, S. 389, Anm. 3; Tibbetts, S. 44, 51, 130; Feerand: Relations, Bd. 1, S. 388 (ad-Dhnaäqi).

(10)

352 Rodebich Ptak

Zu c): Sulaimän, Ibn^urdädbih (um 850), al-Mas'üdi (gest. 956), ad-

DimaSqi imd andere erwähnen gleichfalls schwarze Kannibalen.^' In

einigen zeitgenössischen europäischen Berichten werden andama¬

nische Anthropophagie und Kynokephalie vermengt.^*

Zu d): Gerini versucht den Namen von einem Eingeborenenstamm

auf den Nikobaren abzuleiten, sagt jedoch selbst, daß diese Ableitung

problematisch sei.^'

Zu e) : Mehrere arabische Berichterstatter melden, daß Eisen auf den

Nikobaren, nicht Andamanen, sehr begehrt war, wohl da es dieses dort

nicht gab. Lediglich ad-Dima§qi spricht von einer Eisenmine auf den

Nikobaren.^'

Zu f) : Während Ptolemäus den Muschelreichtum Bazakotas eigens

erwähnt, schweigen die arabischen Geographen hierzu. Interessant ist,

daß die Andamaner bis in unser Jahrhundert Muscheln — hauptsächlich

Cyrena-Muscheln — als Messer, Löffel und Schaben benutzten, ja diese

sogar üblichen Messern vorzogen.^'

Zu g) : Der Ausdruck sheng chi ist doppeldeutig; Hirth und Rockhill verstanden ihn als „sacred relic", Schlegel als „sacred footprint". Die

letztere Version gibt insofem zu denken, als spätere chinesische Texte

bestimmte Elemente in der Beschreibung der Nikobaren mit Elemen-

Tibbetts, S. 25, 28, 56 (al-Qazwini nennt die Andamanen nicht beim

Namen); Sauvaget, § 8; Ferrand: Voyage, S. 35; Relations, Bd. 1, S. 37, 98, 388. Gelegentlieh wurde auch behauptet, daß es auf den Nikobaren Kannibalen gab; hierzu Relations, Bd. 1, S. 166; Aanmerklyke Zee en Land-Reysen, gedaan door Caspar Balby, Venetiaans Koopman, naar Oost-Indien, Van't Jaar 1579 tot het

Jaar 1588. Leyden: Pieter Vander 1706, S. 137.

" Klassisches Beispiel ist Marco Polo; siehe Yule: Marco Polo, Bd. 2, S. 309-12; Charignon, Bd. 3, S. 177. Mehr zu diesem häufig untersuchten

Thema z.B. in Peter Lindegger: Griechische und römische Quellen zum peri¬

pheren Tibet. 2 Bde. Zürich 1979-82. (Opuscula tibetana. Arbeiten aus dem

Tibet-Institut Rikon-Zürieh.), Bd. 2, S. 71 und etliehe andere Hinweise nebst AbbUdungen dort. In der europäischen Literatur hat sich im übrigen die Vorstel¬

lung, daß auf den Andamanen (und Nikobaren) Menschenfresser lebten, lange erhalten. Vgl. z. B. den Hinweis auf Balby (Anm. 25 oben) oder Caesar Frederick

(2. Hälfte 16. Jh.) in Richard Hakluyt, Bd. 5.

" Gerini, S. 389, Anm. 4.

" Tibbetts, S. 25, 26, 28, 51, 62; Ferrand: Relations, Bd. I, S. 36, 39, 98, 180, 307, 382, 425; Voyage, S. 35, 41; Sauvaget, § 7, 14; Gerini, S. 420-21

(sieht möghchen Zusammenhang mit der weithin verbreiteten Legende des

eisenanziehenden Riffs; siehe aueh Pkt. t hier — Nachfrage nach Eisen auf Niko¬

baren) .

^' Gerini, S. 379; A. R. Brown: The Andaman islanders. A study in sociologi¬

cal anthropology. Cambridge: Univ. Pr. 1922, S. 446-49.

(11)

ten, die fiir Ceylon typisch sind, vermengen. Sheng-chi könnte demnach

auf den allbekannten „Adam's footprint" verweisen, der sich auf dem

„Adam's Peak" befindet. Allerdings wird dieser Ort im Chu-fan chih an

anderer Stelle erwähnt; ob Chao Ju-kua hier unachtsam war, wissen wir

natürlich nicht.'" Möglicherweise geht die gesamte Beschreibung des

Andamanen-Heiligtums auf die gleiche Quelle zimick, die auch dem

Verfasser der 'Ajä'ib al-Hind zur Verfiigung gestanden haben könnte;

vielleicht wurden dabei mehrere Elemente, die sich ursprünglich auf

Ceylon bezogen, in der mündlichen Tradierung nüt Elementen der

Andamanen-Beschreibungen durcheinandergebracht. In der genannten

arabischen Quelle heißt es wenigstens, daß sich auf Andamän al-Kabir

(North Andaman?) ein goldener Schrein mit dem Grab von Sulaimän ibn

Dä'üd befand."

Zu h) : Schlangen und Schlangengeister erscheinen verschiedentlich

in chinesischen geographischen Texten, jedoch nicht in alten arabi¬

schen oder europäischen Berichten zu den Andamanen.'^

Zu i) : Sulaimän schreibt, es gäbe jenseits der Andamanen einen Berg

namens IJuänämi (eventuell an der Birmaküste); dort hätten Seeleute

einmal ein Feuer entzündet, worauf SUber aus dem Boden gefiossen sei.

Ibn IJurdädbih weiß von einem ähnlichen Berg zu berichten. Al-Idrisi

(gest. 1165) bezieht die gleiche Geschichte auf Bälüs." Während die

Andamanen in der arabischen Literatur also mit seltsamen SUbervor-

kommen verknüpft sind, wurden sie in frühen europäischen Darstellun¬

gen — wie in der chinesischen Vorstellungsweit — als eine Art Eldorado

betrachtet. Anklänge hierzu finden sich z.B. bei Jordanius oder Conti.

Hirth/Rockhill, S. 73-75; Schlegel: Geographical notes. I, S. 188. Zur Vermischung andamanischer und ceylonesischer Elemente z. B. Gerini, S. 390,

Anm. 1.

^' Gerini, S. 387-91; Schlegel: Geographical notes I, S. 186, Anm. 27; Tib¬

betts, S. 9, 46,155-56; Feeband: Relations, Bd. 2, S. 584-85; Hieth/Rock- HiLL, S. 148, Anm. 2; Rieth, S. 103. Der chinesische Ausdruck hun-chin wurde von Rieth und Rockhill nieht korrekt übersetzt. Steht er mit entsprechenden

indischen Wörtem in einem Zusammenhang? Dazu Geeini, S. 640-41, „Post-

scriptum".

" Vgl. z.B. Tibbetts, S. 28 (Schlangen in den Bergen von Zäbag); mein Referenees to Timor in old Chinese records. In: Ming Studies 17 (1983), S. 40.

" Tibbetts, S. 26, 28, 53, 62; Ferrand: Voyage, S. 35-36; Relations, Bd. 1, S. 37, 184, 382; Sauvaget, § 9. Zu versehiedenen Eldorados bei den arabisehen Geographen z.B. Tibbetts, S. 38, 43, 46, 50, 60, etc.

(12)

354 Rodbrich Ptak

Auch die Portugiesen haben wahrscheinlich im Gebiet der Andamanen

und Nikobaren und vor der Mergui-Küste nach Gold gesucht.'"

Zu j): Die Verbindung zwischen Gold und Feuer bzw. glühenden

Metallen hat nur in den unter Punkt i genannten Geschichten über Sil¬

ber und Feuer ein Gegenstück.

Zu k) : Seeleute, welche Kannibalen zum Opfer fielen, werden z. B. von

Sulaimän oder in den 'Ajä'ib al-Hind erwähnt.^^ Entsprechendes findet

sich auch in europäischen Beschreibungen, besonders aus späterer Zeit.

Ein wesentlicher Teil der in den genaimten chinesischen Werken vor¬

kommenden Berichtelemente ist also in den ^ A6är aß-Sin wal-Hind und

den 'Ajä'ib al-Hind in modifizierter Form wiederzuerkennen. Ob dies

genügt, um von der Aimahme ausgehen zu körmen, daß diese beiden

Werke über mündliche Erzähltraditionen enger mit der Andamanen-

Beschreibung im Chu-fan chih zusammenhängen als andere arabische

Werke, mag allerdings dahingestellt sein.

Betrachten wir nun die Nikobaren. Die früheste erhaltene gründliche

Abhandlung in chinesischer Sprache dazu findet sich bei dem bereits

erwähnten I Ching:'*

Von Kedah (Chieh-ch'a) bis zu den Inseln derNaekten (Lo-jen-kuo) dauerte die Reise etwas mehr als zehn Tage. Bliekt man von Osten auf das Ufer [die¬

ses Landes] , so sieht man über ein bis zwei li nur Kokospalmen und Wälder

von Betelnußbäumen — eine schöne Ansicht. Als die Bewohner [unser]

SelüfF ankommen sahen, eUten sie uns mit gut hundert Boten entgegen und boten alle Kokosnüsse, Bananen und Gegenstände aus Rattan und Bambus feU. Das, was sie schätzen, ist einzig und allein Eisen. Für [ein Eisenstück]

von zwei Fingern Größe erhält man fünf bis zehn Kokosnüsse. Die Männer sind [dort] aUe splitternackt; die Frauen bedecken ihre Schamteile mit Blättem. Als die Händler ihnen zum Spaß Kleider anboten, deuteten sie mit Handzeichen an, daß sie diese rücht benötigten. Laut Überliefemng liegt dieses Land im Südwesten von Ssu-ch'uan. Dieses Land gibt lüeht nur kein

'" Gerini, S. 391, Anm. 2, 398-99, 426, 640 u. Anm. I dort, 806, 807 (ver¬

schiedene Hinweise zu möglichen Zusammenhängen zwischen Andamanen/

Nikobaren und Goldinsel-Mythos). Zu den Portugiesen z.B. Manuel de Faria y

Sousa: The Portugues Asia: Or, the history of the discovery and conquest of India by the Portugues (Üb. v. John Stevens). 3 Bde. Nachdr. Westmead: Gregg Inter¬

national Publ. 1971, Bd. 2, S. 29. Siehe femer Pkt. t bier und Ausluhmngen zu Cfün-hsü im Zusaimneiüiang mit der Mao K'un-Karte.

" Vgl. z.B. Tibbetts, S. 25, 46.

Übersetzungen z.B. in Edouard Chavannes (Üb.): Voyages des pllerins bouddhistes. Les religieux eminents qui allirent chercher la Loi dans les pays d'Oeci¬

dent, Mimoire composi ä Vipoque de la grande dynastie Tang par I Tsing. Paris:

Leroux 1894, S. 100, 120-21; Ferrand: Voyaqe, S. 142-43; Lahiri, S. 78-79, 134.

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355 Eisen her, Gold und Silber sind aueh rar. [Die Eingeborenen] essen bloß

Kokosnüsse und versehiedene Wurzeln; es gibt nur wenig Reis und Kom.

Lu-ha schätzen sie daher am aUermeisten (Kommentar: In diesem Land

wird Eisen als lu-ha bezeiehnet [entsprechend dem Sanskrit-Ausdmck dafür] ). Sie sind [im allgemeinen] lüeht duiüiel und von mittlerer Größe. Sie verstehen sich auf das Flechten von mnden Rohrkörben, worin sie von kei¬

nem Land übertroffen werden. Wenn man sieh nicht auf Geschäfte mit

ihnen einläßt, darm schießen sie mit vergifteten Pfeüen. Derjerüge, der getroffen wird, hat keine Uberlebenschance.

Die nächste wichtige chinesische Beschreibung der Nikobaren ist in

Ma Huans Ying-yai sheng-lan (frühestes Vorwort 1416) überliefert (sie

enthält allerdings auch Elemente zu den Andamanen):''

Reist man bei günstigem Wind von der Südseite Pulau Wehs drei Tage nach Nordosten, so kommen die Ts'ui-lan-lnseln imnitten des Meeres in Sicht.^*

Sie zählen drei oder vier Inseln, von denen eine sehr hoch und groß ist; in

der Sprache der Ausländer wird sie An-tu-man-Berg genarmt.^' Die Men¬

schen dort leben in Höhlen. Männer und Frauen sind nackt; sie tragen rücht einen Zoh Stoff [am Leib] und gleiehen wüden Tieren. [Da] der Boden kei¬

nen Reis hervorbringt, essen sie nur Dinge wie Bergwurzeln, Zuckermelo¬

nen und Bananen; gelegentlich fangen sie Fische und Krabben zum Ver¬

zehr. Die Mensehen [dort] erzählen sich, daß ihnen sofort Geschwüre wach¬

sen würden, wenn sie aueh nur einen Zoll Kleider am Körper trügen. Frü¬

her, als Säkyamuiü einmal über das Meer kam, hier an Land ging, sich sei¬

ner Kleider entledigte und ins Wasser stieg, um zu baden, nahmen [die Ein¬

geborenen] seine Kleider weg und versteckten sie, weswegen sie von Sä- kya[muni] mit einem Fluch belegt wurden und bis heute keine Kleider tra¬

gen köimen. Der Ort, der gewöhnlieh Ch'u-luan-wu genannt wird, ist [somit]

dieses Gebiet.*"

Übersetzung gemäß Ying-yai sheng-lan chiao-chu, verf. v. Ma Huan, komm, u. hg. V. Feng Cn'ENG-CHtJN. Taipei: T'ai-wan shang-wu 1962, S. 34-35. Wei¬

tere Übersetzungen z.B. in Rockhill, S. 377-78; Mills, S. 124-25; Schle¬

gel: Geographical notes. I, S. 182-83; George Phillips: The seaports of India and Ceylon, described by Chinese voyagers of the fifteenth century, together with an account of Chinese navigation. In: Joumal ofthe North China Branch ofthe Royal Asiatic Society 20 (1885), S. 2II-I2; Gerini, S. 385-87; K. A. Nilakanta Sastri (Hg.): Foreign notices of southem India from Megasthenis to Ma Huan.

Madras: Uiüv. of Madras 1939. (Madras University Historieal Series.), S. 299ff.

^' „Nordwesten" statt „Nordosten" wäre richtiger, wie Mills bemerkt.

" Die Endsübe „-shan" kann „Berg" oder „Insel" bedeuten. Man beachte die verschiedenen Schreibungen des Namens in den einzelnen Editionen des Ying- yai sheng-lan; hierzu auch Pkt. n.

''° Zu unterschiedlichen Schreibungen dieses Namens aueh Pkt. o.

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356 Roderich Ptak

Im Hsing-ch'a sheng-lan (Vorwort 1436), dessen Autor Fei Hsin die

Ts'ui-lan-lnseln wahrscheinlich selbst besuchte, ist eine eigenständige Beschreibung derselben aufgenommen:'"

Zwischen den [einzelnen] Inseln sind sieben große und kleine Passagen, durch die Schiffe hindurchfahren können. Laut Überlieferung soll Säkya¬

muni, als er durch diese Inseln kam, im Wasser ein Bad nahm und [dabei]

seiner kashäya (Kutte) beraubt wurde, geschworen haben: „Wer von nun an Kleider anzieht, des Haut und Fleisch möge faulen!" Seitdem schneiden Mäimer und Frauen ihre Haare ab und tragen keine Kleidung. Sie nehmen

lediglich Baumblätter, welche sie zusammenbinden, um ihre Hüften zu

bedecken. Sie haben weder Reis noch Kom; ihnen dienen lediglich Fische und Krabben, die sie auf dem Meer mit Netzen fangen, sowie Bananen und Kokosnüsse als Nahmngsmittel. Aber als ich hiervon hörte, koimte ich [all dies] nicht wirklich glauben; doeh [unsere Seeleute], die hier vorbeigekom¬

men waren, hatten noch keine Gelegenheit gehabt, unterhalb dieser Inseln vor Aiüier zu gehen. Am 23. Tag des 10. Monats im 7. Jahr der Ära Hsüan-te [mit den zyklischen Zeichen] jen-tzu erreichten wir aufgmnd ungünstiger Regen-, Wind- und Strömungsverhältiüsse zufällig diese Inseln und mußten

dort drei Tage und Nächte ankem. [Bald] kamen die Inselbewohner mit

Einbäumen angefahren, um Kokosnüsse feilzubieten; [da sah ich], daß die Männer und Frauen in den Booten so waren, wie zuvor behauptet, [näirüich splittemaekt] , und ich konnte erstmalig feststellen, daß [all dies] nicht gelo¬

gen war.

Der Beschreibung folgt ein kurzes Gedicht, das jedoch keine zusätz¬

lichen Informationen enthält — abgesehen von der Angabe, die Bewoh¬

ner glichen wilden Tieren. Im folgenden nun müssen einige der Be¬

schreibungselemente in den obigen drei, im Wortlaut doch sehr ver¬

schiedenen Texten erläutert werden.

m) Zunächst zu den Namen: I Chings Lo-jen-kuo und Fei Hsins Ts'ui-

lan-hsü beziehen sich ganz eindeutig auf die Nikobaren. Der Ausdruck

„Lo-jen-kuo" und seine Varianten sowie die mögliche Ableitung Ts'ui- lans von Chia-lan wurden bereits oben erläutert. Ts'ui-lan taucht in spä¬

teren Texten gelegentlich als Ts'm-lan (a) oder Ts'ui-lan (b) auf An alle drei Varianten werden Zusätze angehängt, „-shan", „-hsü(-shan)" oder

„-tao". Im Ceylon-Kapitel Ma Huans wdrd Ts'ui-lan-shan im Gegensatz

zur Beschreibung im Hsing-ch'a sheng-lan sowohl auf die Nikobaren als

auch auf die Andamanen bezogen. Dies ist merkvmrdig, zumal Ma Huan

beide Inselgruppen auf dem Wege nach Bengalen im Frühjahr 1432 pas-

*' Die Übersetzung folgt dem Hsing-ch'a sheng-lan chiao-chu, verf. v. Fei Hsin, komm. u. hg. v. Feng Cn'ENG-CHtjN. Shanghai: Chung-hua 1954, ch'ien-chi,

S. 28-29. DerTextistz.B. auchinCHENG/CHENO, Bd. 2, shang (1983), S. 177-

78. Zu Übersetzungen der Chi-lu hui-pien-Version (bei Feng auch abgedmckt) z.B. Rockhill, S. 374-75; Schlegel: Geographical notes. I, S. 184.

(15)

357

siert haben soll;"^ die Zusammenfassung beider Gruppen unter einem

Namen, unter „Ts'ui-lan-shan", dürfte nämlich falsch sein, wie die spä¬

ter noch zu besprechende Mao K'un-Karte zeigt, die eindeutig zwischen

den Ts'ui-lan-lnseln und den An-te-man-Inseln, also den Andamanen,

unterscheidet und die, so die meisten FacUeute, auf Material beruhen

dürfte, welches zur gleichen Zeit entstand wie Ma Huans Text (mehr

hierzu weiter unten). Die Subsiunierung beider Gruppen unter einen

Namen, welche von den meisten späteren chinesischen Geographen irr¬

tümlicherweise übemommen wurde, lührte auch in der modemen Sino¬

logie zu Verwirmng: Schlegel hielt die Ts'ui-lan-lnseln für die Anda¬

manen,"' Mills blieb bei Ma Huans Definition,"" Gerini wähnte einen

phonetischen Zusammenhang mit TUlanchong, einer Insel im Nordost-

teU der Nikobaren,"' Feng Ch'eng-chün und Chu Chieh hielten sie

fiir die Nikobaren,"* ebenso Phillips, der aufgrand der Amoy-Lesung

„Ch'ui-lam" an einen möglichen Zusammenhang mit Marco Polos

Nocueran (und Varianten) dachte,"' während Su Chi-ch'ing die kleine

Nikobaren-Insel Nancowry ins Spiel brachte."*

n) Die Bezeichnung „An-tu-man", offensichtlich von der früheren

Form „Yen-t'o-man" hergeleitet, ist nur in einer der Ying-yai sheng-lan-

Ausgaben so überliefert. Die übrigen sprechen von „So-tu-man" bzw.

„Ts'uan-tu-man". Alle drei Formen — nebst einigen verkrüppelten wie

Vgl. Mills, S. 35; Paul Pelliot: Les grands voyages maritimes chinois au dibut du Iff siicle. In: TP 30 (1933), S. 324.

Schlegel, Geographical notes. I, S. 182-87.

Mills, z.B. S. 124, Anm. 7, S. 223; Rockhill, S. 374, Anm. 2, und S. 377, Anm. 1, neigt — wohl mit Vorbehalt — ebenfahs dazu.

Gerini, S. 396, 409-11, 414, 417-18. Gerini sieht einen phonetischen

Zusammenhang mit lokalen Varianten und fuhrt die chinesische Lesung auf

Urformen wie „Seluma", „Seluman", „Sulaman" zurück. Diese bringt er in Ver¬

bindung mit dem mysteriösen Grab des Sulaimän ibn Dä'üd (siehe Pkt. g oben) und mit dem Namen „Ch'u-luan-wu" (Pkt. o), schließhch sieht er eine (überflüs¬

sige!) Querverbindung über „Sudhäman" zu „So-tu-man" (Pkt. n).

" Chu Chieh: Cheng Ho. Peking: San-fien 1956, S. 91; Fengs Kommentare zum Hsing-ch'a sheng-lan und zum Ying-yai sheng-lan.

George Phillips: Mahuan's account of the kingdom of Bengala (Bengal).

In: JRAS (1895), S. 529; Yule: Cathay, Bd. 2, S. 168, Anm. I.

Su Chi-ch'ings Kommentar in Tao-i chih-lüeh chiao-shih, S. 375. — Denk¬

bar ist auch ein phonetischer Zusammenhang mit einem der vielen Namen für

Ceylon (etwa Hsi-lan oder Sai-lun-tip/Serendib — zu letzterem z.B. Hirth/

Rockhill: S. 74-75, Anm. 8; Ch'en/Hsieh/Lu, S. 552) bzw. Adam's Peak, da

ja Andamanisch-Nikobarisehes gelegentlich mit Ceylonesischem vermengt

wurde (vgl. z.B. g u. v hier).

25 ZDMQ 140/2

(16)

358 Roderich Ptak

„An-tu-luan" — fanden in späteren Texten Eingang."' Auch dies fiihrte

mehrere Sinologen in die Irre: Phillips glaubte, „So-tu-man" müsse

„So-ma-luan" gelesen werden, welches er fiir Sambelong hielt.'" Gerini fiihrte „So-tu-man" auf „Sudhäman" zurück, Schlegel auf „Sunda- man"." Allein Pelliot wies darauf hin, daß die korrekte Grundform

„An-tu-man" diese Interpretationen überflüssig mache.'^ Bei alledem

bleibt die Frage offen, woher die Form „An-tu-man" stammt. Gab es

eine Zwischenform „Yen-tu-man"? Ist gar die unter anderem als Name

fiir die Nikobaren identifizierte Schreibung „Yen-t'ou", welche im Yung-

lo ta-tien überliefert ist, als verstümmelte Übergangsform anzusehen

(Yen-t'o-man > Yen-t'ou[-man]/Yen-tu-man > An-tu-man)? Besteht

schließtlich eine Verbindung zu dem Namen „Wu-ta-man"?''

o) Die Bezeichnung „Ch'u-luan-wu" taucht erstmalig im Ying-yai

sheng-lan auf Sie muß allerdings älter sein, wie aus dem Text hervor¬

geht. Fei Hsin hat sie jedoch nicht verwendet, dafür ist sie in viele spä¬

tere Texte eingegangen, wobei das erste Zeichen gelegentlich „Ch'ih", das zweite „mao" und das dritte „hsü" geschrieben wurde. Gerinis

phonetische Ableitung dieses Namens von einer Grundform wie

„Serumba", „Seruma", „Seluman" und dergleichen, von der er auch

„Sudhäman" abzuleiten geneigt ist, bleibt fragwürdig, da, wie wir

sahen, „Sudhäman" sich als Brücke zu „An-tu-man" erübrigt.'" Die ety¬

mologische Ableitung „Ch'u-luan-wus" — auf die Nacktheit der Bewoh¬

ner anspielend und in den jeweiligen westlichen Übertragungen sicht¬

bar, z.B. in „Rive des montre-testicules", „Rive des testicules nus".

*' Siehe Liste der 28 Belegstellen weiter unten.

Phillips: TTie seaports, S. 211; Mahuan's account, S. 529.

" Gerini, S. 397, Anm. 2; Schlegel: Geographical notes. I,S. 185, Anm. 21, S. 187-88.

" Pelliot: Deux itiniraires, S. 355, Anm. 5; Grands voyages, S. 404; Encore d propos des voyages de Tcheng Houo. In: TP 32 (1936), S. 220; Notes, Bd. 1, S. 43.

" Rockhill, S. 377, Anm. 1, vermutet, kurz auf Phillips verweisend, eben¬

falls eine Zwischenstufe „Yen-tu-man". Zu „Yen-t'ou" Yung-lo ta-tien (Chung- kuo hsüeh-shu ming-ehu-Ausg.), Bd. 64, eh. 11907, 93b; Ch'en Ta-ehen: Ta-te Nan-hai chih ts'an-pen. Kanton: Kuang-ehou shih ti-fang chih yen-chiu-so 1986,

S. 37; Ch'en Chia-jung, S. 366; Ch'en/Hsieh/Lu, S. 650. Zu Wu-ta-man

ebenso dort S . 2 1 7 (und daselbst genannte QueUen) . Wu-ta-man erseheint auch auf Karten; z.B. Walter Fuchs: The Jdongol atlas" of China by Chu Ssu-pen

and the Kuang-yü-t'u. Peking: Fu jen Univ. 1946. (Monumenta Seriea Mono¬

graph. 8.), S. 44 (die dortige Darstellung ähnlich in T'u-shu pien, ch. 51, und anderen Quellen). Achtung: unleserlich auf Karte S. 43 bei Fuchs jedoch ein

Gebiet namens An-kuo oder Yen-kuo (?).

'" Gerini, S. 386, Anm. 3, S. 393-94, 401, Anm. 2.

(17)

„Exposed testicle shore" oder „Red egg stronghold" (hier „ch'ih" statt

„ch'u") — scheint mir wahrscheinlicher." Ob der Name hingegen auf das

im Shan-hai ching vorkommende mythologische Luan-min chih kuo

zurückzuführen ist, wie Schlegel andeutet, wage ich zu bezweifeln.'*

p) Bevor ich noch einmal auf die Namen eingehe, ein Exkurs zu dem

von Fei Hsin genannten Datum. Laut einem Eintrag in Chu Yün-mings

Ch'ien-wen chi brach die siebte Expeditionsflotte unter Cheng Ho am

2. 11. 1432 von Samudra (Kuala Pasai) auf Nach einer 26-tägigen

Fahrt erreichte sie am 28. 11. 1432 Beruwala auf Ceylon." Die Pas¬

sage von Samudra nach den Ts'ui-lan-lnseln dauerte demnach 14 Tage,

denn das von Fei genannte Datiun entspricht dem 15. 11. 1432. Auch

wenn in einer anderen Ausgabe des Hsing-ch'a sheng-lan der 14. 11. als

Ankunftsdatum erscheint, so fiel die Überfahrt damit recht lang aus,

zieht man in Betracht, daß Ma Huan fiir die Strecke von Pulau Weh zu

den Ts'ui-lan-lnseln nur drei Tage ansetzte." Vielleicht hängt dies

damit zusammen, daß die Daten im Ch'ien wen chivmd Hsing-ch'a sheng-

lan nicht aufeinander abgestimmt sind oder sich auf verschiedene

Schiffe beziehen, vielleicht aber auch damit, daß Fei Hsin und Ma Huan

zu unterschiedlichen Jahreszeiten zu den Nikobaren fuhren, der erste

laut eigenen Aussagen im Herbst, der zweite — dies ist aus Pelliots

Vermutungen als Schluß zu ziehen— im Frühjahr 1432." Wie dem auch

" J. J. L. Duyvendak; Ma Hvan re-examined. In: Verhandelingen der

Koninklijke Akademie van Wetensehappen te Amsterdam. Afd. Letterkunde.

N. R. 32,3 (1933), S. 47; Pelliot: Grands voyages, S. 404; Schlegel: Geogra¬

phical notes. I, S. 183, Anm. 18.

'* Ibid.; Shan-hai ching chien-shu. (Ssu-pu pei-yao-Ausg.) , Kap. 15, 2a.

" Chu Yün-ming: Ch'ien-wen chi. (TSCC-Ausg.), S. 73; Mills, S. 17, 19, 24;

Pelliot: Grands voyages, S. 308; Cheng Hao-sheng: Cheng Ho i-shih hui-pien.

Taipei: Chung-hua 1970, S. 113, 119; Cheng I-CHfjN: Lun Cheng Ho hsia Hsi- yang. Peking: Hai-yang 1985, S. 330-31. Wie oft Cheng Hos SehifTe die Nikoba¬

ren und Andamanen anliefen, ist freilieh nieht überliefert. Lu Jungs Behauptung (in Text 2 der Liste unten), Cheng Ho hätte die Ts'ui-lan-lnseln auf der Falirt von 1409 besueht, ist mit Vorsieht zu genießen. Auch che Darstellungen der ein¬

zelnen Reiserouten in neueren Karten sind nieht unbedingt richtig; vgl. z.B.

Cheng Ho hsia Hsi-yang. Peking: Jen-min chiao-t'ung 1985, S. 45, 48, 51, 60;

Fan Chung-i u. Wang Chen-hua: Cheng Ho hsia Hsi-yang. Peking: Hai-yang

1982, S. 35, 38, 40.

'* Die andere Textversion (aus dem Chi-lu hui-pien) ist ebenfalls in Fengs kommentierter Ausgabe enthalten. Dort wird die Entfemung von Pulau Rondo, neben Pulau Weh gelegen, zu den Ts'ui-lan-lnseln mit fünf Tagen angegeben. Al- Idrisi setzt dagegen zwei Tage für die Strecke Bälüs-Langabälüs an; siehe Tib¬

betts, S. 53; Ferrand: Relations, Bd. I, S. 184.

" Siehe Anm. 42 zu Pkt. m füer.

25'

(18)

360 Roderich Ptak

sei, es verwundert, daß Ma Huan, sofem er tatsächlich durch das Niko¬

baren- und Andamanen-Gebiet segelte, beide Inselgmppen unter einem

Namen zusammenfaßte, unter „Ts'ui-lan-shan". Der Gedanke liegt

nahe, daß Ma Huan vielleicht doch nicht zu jenen gehörte, die 1432 von

Sumatra nach Bengalen fiihren, also das Gebiet nicht kaimte, oder daß

er im Nachhinein seine Aufzeichnungen durcheinanderbrachte und

somit, als er sein bereits um 1415/16 erstelltes Manuskript des Ying-

yai sheTig-lan nach 1433, nach Abschluß seiner letzten Überseereise,

also auch des mutmaßlichen Nikobaren- und Andamenenaufenthaltes,

ergänzte, auf bereits vorhandene Aufzeichnungen zurückgreifen mu߬

te,*" vielleicht auf das Andamanen-Kapitel in einer Quelle wie dem I-yü

t'u-chih und das Nikobaren-Kapitel im Hsing-ch'a sheng-lan; möglich,

daß das letztere Werk, welches ein Vorwort von 1436 enthält, als hand¬

schriftliches Manuskript in Ma Huans Hände geraten war, möglich

auch, daß sich Ma Huan bei seinen Angaben über den An-tu-man-Berg

auf mündliche Information stützte. In jedem Fall muß stets bedacht

werden, daß Fei Hsins Ts'ui-lan-Beschreibung eventuell vor der von Ma

Huan entstand oder gar der letzteren als Ausgangsmaterial diente.

q) Daß die Bewohner der Nikobaren hauptsäclüich von der Fischerei,

von Bananen und Kokosnüssen lebten und diese Reisenden zum Tausch

anboten, ist auch in arabischen Quellen vermerkt. Vermerkt sind dort

ebenso Einbäume.*' Interessant ist femer, daß die Ming-Quellen nichts

zu Ambervorkommen auf den Nikobaren vermelden, im Gegensatz zu

den nicht-chinesischen Texten.*^

Mills, S. 35-36. Hierzu aucfi Pelliots Ausfiifmingen zum Bengalen-

Kapitel Ma Huans in: Grands voyages, S. 324-25.

" Tibbetts, S. 25,26, 28, 61,154-55; Sauvaget, § 7,14; Ferrand: Voyage, S. 34; Relations. Bd. 1, S. 36, 37, 98, 181-82. In den 'Apä'ih al-Hind {Tibbetts, S. 44) Kanus der Armanän-Fiseher, sonst arabischerseits Kanus nur im Zusam¬

menhang mit Nikobaren. Zum Nikobaren-Handel in späteren europäischen

Quellen z. B. William Foster (Hg.) : The voyages of Sir James Lancaster to Bra¬

zil and the East Indies, 1591-1603. Nachdr. Nendeln: Kraus Repr. 1967, S. 14, 24, 87-88; die DarsteUung ist lüer natürlich anders als in den arabischen Tex¬

ten.

Hsüan Tsang ist der einzige, der Amber erwähnt (dazu QueUen in Anm. 12

hier). In portugiesischen Zeiten wurde Amber von den Nikobaren u.a. nach

Malakka gebracht; hierzu Mansel Longworth Dames (Üb.): The book of

Duarte Barbosa. An account of the countries bordering on the Indian Ocean and their inhabitants, written try Duarte Barbosa, and completed about the year 1518 A.D.

2 Bde. London: Hakluyt Society 1918-21. (Works Issued by the Hakluyt

Society. 2. ser., 44. u. 49.), Bd. 2, S. 181.

(19)

r) Die Angaben über Getreide und Reis bei I Ching und Fei Hsin (und

Ma Huan) weichen voneinander ab. Weder die arabischen Texte noch

die europäischen geben hier klare Auskünfte.

s) Die buchstäbliche Nacktheit der Bewohner fiel verschiedenen Geo¬

graphen auf; allerdings ist unklar, ob nur die Männer vollkommen imbe-

kleidet waren, wie I Ching berichtet,*' ob dies gar beide Geschlechter betraf, wie bei Ma Huan zu lesen,*" oder ob sie zumindest ihre Hüflien

bedeckten, wie Fei Hsin behauptet.*' Wenn Ma Huan seine Beschrei¬

bung auf die Andamanen bezieht, so ist dies — ob gewollt oder zufallig,

mag dahingestellt sein — richtig, denn auch die Andamaner scheinen

keine Bekleidung gekannt zu haben, wie Sulaimän berichtet. Sulaimän

deutet ebenso an — wie I Ching —, daß die Nikobarer keine Kleider

erwerben wollten; dieses Beschreibungselement ist in späteren Quellen

nicht mefir aufzuspüren.**

t) Mehrere DetaUs erscheinen nur bei I Ching: die Verständigung mit

Handzeichen, die auch Sulaimän und al-Marwazi andeuten; das gele¬

gentliche aggressive Verhalten der Eingeborenen gegenüber Fremden,

auf das z.B. ebenfalls Sulaimän eingeht (nicht jedoch auf dieGiftpfeUe);

die Herstellung von Rattan- und Bambusgegenständen — Ibn al-Faciih

(903) spricht von Bambus im Zusammenhang mit Langabälüs —; die

Verbreitung von Betelnußbäumen, die Ibn Battüta (gest. 1377) in Ver¬

bindung mit seiner Beschreibung des obskuren Barahnakär nennt, wel¬

ches mit den Andamanen und Nikobaren in Zusammenhang gebracht

worden ist;*' die Nachfrage der Nikobarer nach Eisen (hierzu Punkt e) ;

und die Seltenheit von Gold und SUber, die in krassem Gegensatz steht

zu den an die klassischen Inseln Chryse und Argyre erinnernden Anda-

manen-Besclireibungen der Chinesen und Araber.**

" Zum Vergleieh etwa Tibbetts, S. 25, 26, 61; Sauvaget, § 8, 14; Fer¬

rand: Voyage, S. 34-35, 40-41; Relations, Bd. 1, S. 36, 39, 181, 425.

Zum Vergleieh etwa Tibbetts, S. 28, 58 (geographiseher Bezug lüer

unklar); Ferrand: Relations, Bd. 1, S. 98.

" Zum Vergleich ibid., S. 307.

" Tibbetts, S. 25; Sauvaget, § 8; Ferrand: Voyage, S. 35; Relations, Bd. 1, S. 36, 37, 182.

" Tibbetts, S. 26, 31, 51; Ferrand: Voyage.S. 4; Relations.Bd. 1,S.3Q. lha

Battüta nennt aueh Häuser aus Bambus im Zusammenhang mit Barahnakär;

vgl. Hinweise in Anm. 3 hier.

Vgl. auch QueUenhinweise in Anm. 28 und 34 sowie Ausfiifmingen zu Cfün-

hsü im Zusammenhang mit der Mao K'un-Karte. Al-Mas'üdi (Ferrand: Rela¬

tions, Bd. 1, S. 98) betont, daß die Bewohner der Nikobaren keine Gold- und SU- bermünzen kannten.

(20)

362 Roderich Ptak

u) Die von Fei Hsin genannte Zahl der Seepassagen nähert sich der

tatsächlichen Anzahl, könnte aber auch mit den verschiedenen unter

Punkt b genannten Siebenerkombinationen zusammenhängen. Sie ist

jedoch keinesfalls durch die Mao K'un-Karte zu belegen. Ma Huans

Angabe „drei oder vier Inseln" ist natürlich vollkommen willkürlich.*'

Dies und die Tatsache, daß Ma Huan die Kokosnüsse und Einbäume der

Nikobaren-Bewohner übergeht, können im übrigen als Indiz dafür ange¬

sehen werden, daß Ma Huan seine Informationen von inkompetenter

Seite bezogen haben muß.

v) Gerinis Ausführungen deuten an, daß die im Mahävamsa und in

einer JötoÄo-Geschichte erwähnten Namen „Nagga-dipa" und „Naga-

dipa" — ersterer steht vielleicht für die Nikobaren oder Andamanen, der

andere für ein Gebiet im Osten Ceylons — leicht verwechselt werden

können. Da Buddha gemäß der AfaÄäi)awwa-Überlieferung einmal Naga-

dipa, also den Ceylon-Ort, aufgesucht haben soll und da sich beide

Namen als „Insel der Nackten" verstehen lassen, mögen die geographi¬

schen Bezüge im Laufe der Zeit in der Tat durcheinander gegangen

sein. Möglich auch, daß aus dieser Konstellation Fei Hsins und Ma

Huans Legende von den gestohlenen Kleidem geboren worden ist. Sie

dürfte, wie beide berichten, schon damals länger in Umlauf gewesen

sein. Gerini eriimert im übrigen in diesem Zusammenhang daran, daß

Ptolemäus' Agiimatai von den Pali- und Sanskritformen acchinna (äc-

chinna) abgeleitet werden kann, die soviel bedeuten wie „weggetan",

„abgelegt", aber auch „gestohlen", „weggenommen" etc.'" Denkbar

also, daß sich die Geschichte ursprünglich auf Ceylon bezog, dann aber,

wie die Legende der Mumie und des heiligen Fußabdmcks (Punkt g) , in

die Sphäre der Andamanen und Nikobaren transferiert wurde. Interes¬

sant ist hierbei, daß auch Odorico de Pordenone „Ceylonesisches" mit

den Nikobaren vermengte. Dies nähert den Verdacht, daß spätestens ab

dem 13. Jahrhundert eine entsprechende mündliche Erzähltradition

existiert haben muß, gemäß der sowohl europäische als auch asiatische

(wohl allerdings nicht arabische) Geographen bestimmte Erzählele¬

mente regelmäßig durcheinanderwarfen."

" Ibn Sa'id spricht jedoch auch von drei Inseln (z.B. Tibbetts, S. 58), wobei er allerdings die Andamanen und Nikobaren vermengt.

Gerini, S. 380-81, Anm. 4, S. 384-85.

" Gerini, bes. S. 390, Anm. I. Zu Odorico siehe Anm. 4 hier. Hsüan Tsang hat übrigens seine Nikobaren-Besehreibung ebenfalls mit Ceylon verlcnüpfl, da diese bei ihm am Ende des Ceylon-Abschnittes auftaucht (Beal, Bd. 2, S. 252).

(21)

363

w) Daß Ma Huan und Fei Hsin die Bewohner der Nikobaren bzw. An-

tu-man-shans mit wilden Tieren vergleichen, mag nur Zufall sein oder

auf ihre Nacktheit zurückgehen; doch auch Sulaimän und Ibn Sa'id

(gest. 1274) verbergen nicht ihre Abscheu, und Ibn Battüta bescheinigt

den Männern Barahnakärs sogar, daß ihr „Mund wie eine Hunde¬

schnauze geformt sei", obschon er im gleichen Atemzug von der Schön¬

heit ihrer Frauen spricht — nicht untypisch für ihn.'^ Da Odorico eben¬

falls ihre „Hundegesichtigkeit" betont, ist hier woW wiederum von einer

mündlichen Tradition auszugehen, die in den einzelnen Kiüturkreisen

unterschiedlich weitergegeben wurde."

x) Ma Huans Angabe, die Andamaner vriirden in Höhlen leben, erin¬

nert an eine entsprechende Beschreibung im Malediven-Kapitel des

Ying-yai sheng-lan und anderer chinesischer Quellen. Sie paßt im

Grunde zu keiner der genarmten Inseln und ist vielleicht als frei erfun¬

denes Fiülsel, vielleicht aber auch aufgrund ungenauer Tradierung in

das Nikobaren- bzw. Andamanen-Kapitel eingeflossen.'''

Nach dem Ende der maritimen Großexpeditionen Cheng Hos im Jahre

1433, im Zuge derer chinesische Seefafirer sicher mehr als einmal die

Nikobaren und Andamanen gestreift hatten, wurden zu diesen Insel¬

gruppen in der Ming- und frühen Ch'ing-Zeit keine neuen Angaben mehr

schriftlich festgehalten. Umso länger ist die Liste der Texte, deren

Beschreibungen auf die Angaben im Hsing-ch'a sheng-lan und Ying-yai

sheng-lan zurückzuführen sind, oder in denen einfach nur die Namen

„Lo-kuo", „Ts'ui-lan-hsü" oder „Ch'u-luan-wu" bzw. deren Varianten

erscheinen. Hier die wichtigsten BelegsteUen, die sich aUe in den jewei¬

ligen Ceylon-Kapiteln der Ming-Werke finden (Ausnahmen 2, 7, 13):"

" Tibbetts, S. 25, 58,155; Ferrand: Voyage, S. 35; Relations. Bd. 1, S. 37,

98, 388; Sauvaget, § 8. Zu Ibn Battüta Anm. 3 hier.

" Zu Odorieo Anm. 4 hier. Zur Kynokephalie auch Pkt. c und Anm. 26 hier.

In efünesischen Quellen werden übrigens aueh „Hunde-Elemente" in die Geogra¬

phie eingebracht. Vgl. z.B. die Länder Kou-kuo und P'o-lo-che-kuo in I-yü chih, ch. hsia, S. 56-57, 65; I-yü t'u-chih, 17b, 60b; San-ts'ai t'u-hui, jen wu ch. 12, S. 853, 874; Yu-yang tsa-tsu, verf. v. Tuan Ch'eng-shih, hg. v. Fang Nan-sheng.

Peking: Chung-hua I98I, ch'ien-chi, ch. 4, S. 46.

Vgl. mein TTie Maldive and Laccadive Islands (Liu-shan) in Ming records. In:

JAOS 107 (1987), S. 683-84 u. Anm. 54 dort. In den 'Apä'ib al-Hind (Tibbetts, S. 45) heißt es allerdings, die Bewolmer von Langabälüs hätten Häuser.

" In einigen Texten (z.B. Text 1, S. 37; Text 3, S. 85) werden die Ts'ui-lan- lnseln in den entsprechenden Bengalen-Kapiteln erwähnt (nicht aber besehrie¬

ben) , da sie auf der Reiseroute Sumatra-Bengalen lagen. Nur ein TeU der hier aufgefülirten BelegsteUen ist unter den Einträgen zu Ceylon in Cheng/Cheng,

(22)

364 Rodbrich Ptak

1 Hsi-yang fan-kuo chih (Vorwort 1434), v. Kung Chen verf., v.

Hsiang Ta hrsg. Peking: Chung-hua 1982. (CWCTSCTK.),

S. 22-23.

2 -SÄM-j/mn<sa-cÄi(1475),v.Lu Jung. (TSCC-Ausg.),Bd. l,ch.3,

S. 23.

3 Hsi-yang ch'ao-kung tien-lu (Vorwort 1520), v. Huang Tseng-

sheng verf., v. Hsieh Fang hrsg. Peking: Chung-hua 1982.

(CWCTSCTK.), ch. chung, S. 79-81.

4 Huang Ming ssu-i k'ao (Vorwort 1564), v. Cheng Hsiao.

(CHWSTS-Ausg.), ch. hsia, S. 514.

5 Shu-yü chou tzu lu (Vorwort 1574), v. Yen Ts'ung-chien.

(CHWSTS-Ausg.), ch. 9, S. 442.

6 Hsien pin lu (Vorwort 1591), v. Lo Yüeh-chiung verf., v. Yti

Ssu-Li hrsg. Peking: Chung-hua 1985. (CWCTSCTK.), ch. 6,

S. 156-57.

7 San-pao t'ai-chien Hsi-yang chi t'ung-su yen-i (Vorwort 1597),

V. Lo Mou-teng verf., v. Lu Shu-lun u. Chu Shao-hua hrsg.

Shanghai: Shang-hai ku-chi 1985. (Chung-kuo ku-tien hsiao-

shuo yen-chiu tzu-liao ts'ung-shu), Bd. 2, hui 59, S. 765.

8 Hsü wen-hsien t'ung-k'ao (1603), v. Wang Ch'i komp. Taipei:

Wen-hai 1979, Bd. 23, ch. 236, S. 14056, 14072.

9 San-ts'ai t'u-hui (s.o. unter Andamanen, Text 5), Bd. 1, ti-li

ch. 13, S. 452.

10 Ssu-i k'ao (Vorwort 1606, später in Wu pei chih integriert);

siehe Wupei chih (Vorwort 1621), v. Mao Yüan-i komp. Taipei:

Hua-shih 1984, Bd. 22, ch. 237, S. 10067.

11 Kuo-ch'ao hsien-cheng lu (1594-1616), v. Chiao Hung komp.

(Chung-kuo shih-hsüeh ts'ung-shu-Ausg.), Bd. 8, ch. 120,

S. 5352.

12 / ch'eng (Vorwort 1615), v. Yang I-k'uei. (Hsüan-lan-t'ang

ts'ung-shu-Ausg.), ch. 7, 18 a-19b.

13 Tung-hsi-yang k'ao (Vorworte 1617, 1618), v. Chang Hsieh

verf., V. Hsieh Fang hrsg. Peking: Chung-hua 1981.

(CWCTSCTK.), ch. 9, S. 179.

Bd. 2, shang, bes. 168 ff., 316ff., 522 ff., und Ch'en/Hsibh/Lu, S. 810-11, zu finden. Die bei Ch'en/Hsieh/Lu aufgeführten zusätzliehen (mir rücht zugäng¬

lichen) Texte sind späteren Datums und dürften iiüialtlich keine neuen Aspekte bieten.

(23)

14 Ssu-i kuang-chi (Ende Wan-li) , v. Shen Mou-shang. (Hsüan-lan-

t'ang ts'ung-shu hsü-chi-Ausg.; Nachdr. Taipei: Cheng-chung

1985), S. 634.

15 Kuo-ch'ao tien-hui (Vorwort 1601, Druck 1634), v. Hsü Hsüeh-

chü komp. (Chung-kuo shih-hsüeh ts'img-shu-Ausg.), Bd. 4, ch.

168, S. 1961.

16 Huang Ming hsiang-hsü lu (Vorwort 1629), v. Mao Jui-cheng.

(CHWSTS-Ausg.), ch. 5, S. 291-92.

17 Ming shan tsang (nach 1632), v. Ho Ch'iao-yüan. Taipei: Ch'eng-

wen 1971, Bd. 20, S. 6200.

In den unzähligen Werken der frühen Ch'ing-Zeit sind ebenfalls Refe¬

renzen zu den Nikobaren und Andamanen enthalten; hier eine Auswahl

von Belegstellen aus den jeweUigen Ceylon-Kapiteln:'*

18 T'ien-hsia chün-kuo li-ping shu, v. Ku Yen-wu komp. (Ssu-k'u

shan-pen ts'ung-shu-Ausg.), Bd. 33, ts'e 33, 46a.

19 Tsui wei lu, v. Ch'a Chi-tso komp. (Ssu-pu ts'ung-k'an-Ausg.),

Bd. 60, heh-chuan ch. 36, 73 a.

20 Ming shih wai-kuo chuan, v. Yu T'ung komp. Taipei: T'ai-wan

hsüeh-sheng 1977, ch. 5, S. 141-42.

21 Wai-kuo chu-chih-tz'u, v. Yu T'ung (Lung-wei mi-shu-Ausg. in

Pai-pu ts'ung-shu chi-ch'eng), 20b.

22 Pa-hung i-shih, v. LuTz'u-yün. (TSCC-Ausg.), ch. 2, S. 32.

23 Ming shu, v. Fu Wei-lin komp. (TSCC-Ausg.), Bd. 30, ch. 166,

S. 3288.

24 Ch'in-ting ku-chin t'u-shu chi-ch'eng (s.o. unter Andamanen,

Text 6), Bd. 27, pien-i tien ch. 99, S. 313-15.

25 Ming shih, v. Chang T'ing-yü et al. komp. Peking: Chung-hua

1974, Bd. 28, ch. 326, S. 8445.

" Zu Übersetzungen von 21,25 und 26 z. B. Schlegel: Geographical notes. I, S. 185-86; mein Yu T'ungs Lieder über fremde Staaten: Eine Auswahl. In: Rode¬

rich Ptak u. Siegfried Englert (Hg.): Garn Allmählich. Aufsätze zur ostasia¬

tisehen Literatur, insbesondere zur chinesischen Lyrik. Festschrift für Günther Debon. Heidelberg: Heidelberger Verlagsanstalt 1986. (Heidelberger Biblio¬

theksschriften. 23.), S. 202; Luis G. Gomes (Üb.): Ou-MunKei-Leok(Monogra-

fia de Macau), por Tcheong-Ü-Ldm e lan-Kuong-Idm. Maeau: Impr. Nacional

1950, S. 159. In Werken der späteren Ch'ing-Zeit sind nur sehr selten „neue"

oder wesentlich anders kodierte Informationen zu den Nikobaren und Andama¬

nen enthalten. Ein Beispiel ist das Hai-lu, berichtet v. Hsieh Ch'ing-kao, verf.

V. YangPing-nan. (TSCC-Ausg.), S. 16-17 (dortdieNi-ku-pa-la-Inseln). Interes¬

sant ist, daß in diesem Werk aus dem frühen 19. Jahrhundert noch immer

Anklänge an ältere Erzähltraditionen zu finden sind.

(24)

366 Rodebich Ptak

26 Ao-men chi-lüeh, v. Yin Kuang-jen und Chang Ju-hn. (Chung-

kuo fang-chih ts'ung-shu-Ausg.), Ao-fan p'ien, S. 192.

27 Kuang-tung t'ung-chih, v. Juan Yüan et al. komp., v. LiangLun-

shu hrsg. Ausg. v. 1864 o.O., Bd. 119, ch. 330, 53a.

28 Chia-ch'ing ch'ung-hsiu i-t'ung chih, v. Mu Chang-a et al. komp.

(Ssu-k'u shan-pen ts'ung-shu hsü-pien-Ausg.), Bd. 200, ch. 559,

Hsi-lan-shan, lb.

29 Ming hui-yao, v. Lung Wen-pin. (Chung-kuo hsüeh-shu ming-

ehu-Ausg.), Bd. 2, ch. 78, S. 1524.

Übersetzungen dieser und anderer Belegstellen erübrigen sich, da sie

keine eigentlich neuen Informationen bieten, sondem letztendlich fast

alle auf die frühen Ming-Texte, die oben übertragen wurden, zurückzu¬

führen sind. Doch in einige Belegstellen haben sich andere „Lesarten"

eingeschlichen. So wird mehrfach zwischen den Ts'ui-lan-lnseln und

dem angeblich drei Tagesreisen entfemten Ch'u-luan-wu (bzw. deren

Namesvarianten) getrennt (z.B. in den Texten 4, 5, 12, 16 oder 23).

Auch werden Elemente, die eigentlich in die Beschreibungen Ceylons

gehören, mit den Nikobaren/Andamanen vermischt, z.B. in Text 5:

Das Land (Ceylon) liegt mitten im Meer. Es gibt [dort] den Ts'ui-lan-Berg, der am höchsten ist und bis zum Himmel reicht. Auf dem Gipfel gibt es bla߬

blaue Saphire, gelbe Korunde und blaue und rote Edelsteine (wohl ebenfalls Saphire und Rubine?). Jedesmal wenn ein starker Regen niedergeht, strö¬

men sie [mit dem Wasser] in den Sand unterhalb des Berges, wo man sie

aufsammeln kann." . . . Vom Südosten des Berges kann manCh'ih-mao-wu bei [günstigem] Wind in drei Tagen erreichen. Die Leute dort wohnen in

Höhlen. Männer und Frauen sind ahe nackt wie wüde Tiere . . .

Die hier erwähnte Geschichte von den herabströmenden Edelsteinen

findet sich z. B. bereits im Ying-yai sheng-lan oder in Text 3; sie hat dort jedoch nichts mit den Ts'ui-lan-lnseln oder dem „Ts'ui-lan-Berg" zu tun

und bezieht sich unmißverständlich auf Ceylon.'* Verdreht ist auch die

" Zu diesen und anderen Edelsteinen z. B. Rockhill, S. 380, Anm. 1; Mills, S. 127-28 u. Anm. 1 auf S. 128.

Auf den in chinesischen Quellen genannten Edelsteinreichtum Ceylons

maehte bereits James Emerson Tennent: Ceylon. An account of the island,

physical, historical, and topographical, with notices of its natural history, antiqui¬

ties and productions. 3. Aufl. 2 Bde. London: Longman 1859, Bd. 1, S. 614-15, aufmerksam. — Ein ähnlich falscher geographischer Bezug wie im Shu-yü chou tzu lu findet sich merkwürdigerweise bei Odorico (siehe Quellen in Anm. 4 hier, bes. Yule: Cathay, Bd. 2, S. 168, Anm. 1). — Interessant außerdem, daß Ceylons Edelsteine auch mit den Malediven in Verbindung gebracht wurden; hierzu mein TTie Maldive and Laccadive Islands, S. 692 und Anm. 112-116 dort. — Erwäh-

(25)

Darstellung in Text 6; dort wird zunächst Ch'ih-luan-wu vermerkt, dann

heißt es unter dem Stichwort „[Ceylons] Berge, Flüsse und historische

Stätten":

Ts'ui-lan-shan. (Kommentar: [dort] gibt es versehiedene Edelsteine; auf dem Gipfel ist ein riesiger Fußabdruck, von dem es heißt, er stamme von P'an Ku. Die Leute dort sagen, die Edelsteine hätten sich aus den Tränen P'an Kus gebildet; daher schimmern sie in allen Farben).

Hier gehen natürlich Buddhas Fußabdruck, Adam's Peak und der P'an

Ku-Mythos vollkommen durcheinander." Eine letzte fehlerhafte Stelle

sei aus Text 17 zitiert. Dort heißt es unter dem Stichwort Ceylon:

Ceylon ist das frühere Lang-ya-hsü,*" es heißt aueh Lo-hsing-kuo ... In die¬

sem Land gibt es den Ts'ui-lan-shan als einzigen hohen Berg. In der

Sprache der ausländischen Barbaren heißt „hoher Berg" Hsi-lan . . .

Interessanter als die vielen Ming- und Ch'ing-Texte, die im Falle der

Nikobaren und Andamanen keinerlei Originalität aufweisen, ja, deren

Kompiiatoren und Autoren wahrscheinlich nicht einmal wußten, welche

Gebiete sie unter den Stichworten „Ch'u-luan-wu", „Ts'm-lan-shan"

oder „An-tu-man-shan" beschrieben, sind drei Ming-Werke mit nauti¬

schen Anweisungen:*'

1 die sog. Mao K'un-Karte, enthalten in ch. 240 des Wu pei chih

(s. unterText 10 zu Nikobaren), dieaufdenS. 10211-12 (I8a-b)

Angaben zur Nikobaren- und Andamanen-Gegend enthält (s. a.

Karte);

nenswert schließlieh, daß der „Strom der Steine" durchaus an das ins Meer

abfließende magisehe Wasser erinnert, welches in Pkt. i erläutert wurde.

Besteht hier ein Zusammenhang?

" Alle drei sind oft beschrieben worden; vgl. z.B. Mills, S. 127-28.

Lang-ya-hsü steht nicht unbedingt für Ceylon, wenngleich die beiden

ersten SUben dem Namen „Leng-chia" ([Sri] Lanka) entsprechen können.

Hierzu zuletzt Ch'en/Hsieh/Lu, bes. S. 660-62, 799, 979.

" Hierzu besonders Mills, S. 287-89, 331-32; Hsü Yü-hu: Ming-tai Cheng Ho hang-hai-t'u chih yen-chiu. Taipei: T'an-wan hsüeh-sheng 1976, S. 157-63;

Rockhill, S. 377, Anm. I; Chang Ch'ung-ken: Kuan-yü J^iang chung hai-tao

chen-ching' te chu-tso nien-tai. In: Chung-wai kuan-hsi shih lun-ts'ung. Bd. 1.

Peking: Shih-ehieh ehih-shih 1985, S. 183-94 (einige Elemente des Shun-feng hsiang-sung sind sieher sehr alt, viele TextteUe sind jedoch erst späteren Datums) ; J. V. Mills: Chinese navigators inlnsulinde about A.D. 1500. In: Archi¬

pel 18 (1979), S. 63-93; T'ien Ju-k'ang: The first printed Chinese ruMer-Duhai fangcheng. In: TP 68 (1982), S. 76-90.

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