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Darmkrebsscreening:Wie schafft man Motivation für jeden?

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Academic year: 2022

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Das kolorektale Karzinom (CRC) hat eine relativ gute Prognose, wenn es frühzeitig entdeckt wird. Randomi- sierte Studien haben gezeigt, dass die CRC-Mortalität um 14 bis 16 Prozent in den Zielgruppen von Screeningkam- pagnen sank, wenn die Teilnahmerate bei 50 bis 60 Prozent lag.

In Frankreich wurde – wie in vielen an- deren europäischen Ländern auch – ab dem Jahr 2009 ein landesweites CRC- Screening organisiert. Dabei wird allen Frauen und Männern im Alter von 50 bis 74 Jahren ohne CRC in der Vorge- schichte alle zwei Jahre ein Guajak-Test auf okkultes Blut im Stuhl (fecal occult blood test, FOBT) angeboten. Obwohl der Test kostenlos ist und per Post an das Screening erinnert wird, nahmen landesweit in den Jahren 2011 bis 2012 nur 31,7 Prozent und 2013 bis 2014 nur 29,8 Prozent teil. Diese geringe Teilnehmerquote reicht nicht aus, um die CRC-Mortalität wesentlich zu sen- ken, und sie liegt unter der minimalen europäischen Zielquote von 45 Prozent.

Wie in anderen europäischen Ländern

nehmen auch in Frankreich nicht alle Bevölkerungsgruppen in gleichem Um- fang am CRC-Screening teil. Es wird berichtet, dass ein niedriger sozioöko- nomischer Status mit einer geringeren Teilnahme am Screening assoziiert ist.

Ungleichheiten hinsichtlich Screening und Diagnostik führen dazu, dass die Überlebenschancen je nach Zugehörig- keit zu verschiedenen sozialen Schich- ten unterschiedlich sind.

Die Teilnahme am CRC-Screening hängt von ganz unterschiedlichen Faktoren ab, beispielsweise von individuellen Fakto- ren (Geschlecht, Alter, Familienstand) und von allgemeinen sozioökonomi- schen, kulturellen und Umgebungsfak- toren wie Bildung, Arbeitsbedingungen oder Zugang zur medizinischen Versor- gung. Eine französische Studie unter- suchte, ob ein «CRC-Navigationspro- gramm» die Rate der Teilnehmer am CRC-Screening insgesamt erhöhen und das soziale Gefälle verringern kann.

Studiendesign

Für die Studie wurden drei französische Départements ausgewählt, die zusam- men 2360 kleinere geografische Einhei- ten umfassten, für die Zensusdaten zur Verfügung standen (ca. 2000 Einwoh- ner pro Einheit). Diese definierten die

«Cluster» der Studie. Der sozioökono- mische Status jedes Clusters wurde mit- hilfe des Townsend-Index definiert.

Dieser Index misst materielle Depriva- tion mithilfe von Indikatoren, die sich auf Ernährung, Gesundheit, Kleidung, Wohnverhältnisse, Ausstattung des Haus- halts, Umgebung und Arbeit beziehen.

In die Studie wurden Cluster aus den ärmsten und wohlhabendsten Quarti-

len eingeschlossen. Die Untersucher unterschieden vier Strata:

❖arme Stadtbevölkerung

❖arme Landbevölkerung

❖wohlhabende Stadtbevölkerung

❖wohlhabende Landbevölkerung.

Innerhalb der Strata aus jedem Dépar- tement wurden die Cluster randomi- siert dem Interventions- oder Kontroll - arm zugeordnet, bis die Zahl der 50- bis 74-Jährigen aus den Clustern, die in die Strata aufgenommen wurden, 1250 betrug. Die Screeningpopulation um- fasste 14 373 Probanden im Interventi- onsarm und 14 556 im Kontrollarm.

Die Probanden aus dem Kontrollarm wurden mithilfe des in Frankreich übli- chen CRC-Screenings gescreent: Alle zwei Jahre wird allen 50- bis 74-Jähri- gen ein FOBT per Post angeboten. Die Teilnehmer erhalten von ihrem Haus- arzt im Rahmen einer normalen Kon- sultation den Test ausgehändigt, führen diesen zu Hause selbst durch und schi- cken ihn an ein Labor. Nehmen die Per- sonen innerhalb von drei bis vier Monaten nach der initialen Einladung nicht am Screening teil, bekommen sie per Post eine Erinnerung. Schliesslich wird der Test den Teilnahmeberechtig- ten nach acht Monaten nach Hause geschickt. Fällt der Test positiv aus, schliesst sich eine Koloskopie an.

Im Interventionsarm erfolgte zusätzlich zum oben genannten normalen Scree- ningprogramm ein «Navigationspro- gramm»: Personen, die weder auf die initiale Einladung noch auf die postali- sche Erinnerung reagiert hatten, wur- den von einem «Screeningnavigator»

kontaktiert, sofern eine Telefonnum- mer verfügbar war («navigierbare Po- pulation»). Bei den Screeningnavigato- ren handelte es sich um speziell ge- schulte Sozialarbeiter, die Erfahrung im Umgang mit benachteiligten Personen hatten. Der Screeningnavigator konnte die Probanden brieflich, telefonisch oder per Hausbesuch kontaktieren und sie über das Screening und auch über eine eventuell notwendig werdende Darmspiegelung informieren.

«Navigationsprogramm» bei Wohlhabenden erfolgreicher Die Teilnahmerate nach Strata stieg im Interventionsarm an, wobei in wohlha- benden Schichten ein grösserer Anstieg der Teilnahmerate zu verzeichnen war

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ARS MEDICI 242017

STUDIE REFERIERT

Darmkrebsscreening:

Wie schafft man Motivation für jeden?

Telefonische Informationen können die Rate der Teilnehmer an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen erhöhen

Obwohl die Teilnahme am Darmkrebsscreening nichts kostet, ist die Teilnah- merate in Frankreich gering. Ein Forscherteam untersuchte, ob ein «Naviga- tionsprogramm» mehr Menschen dazu bewegen kann, zur Darmkrebsvor- sorgeuntersuchung zu gehen.

Preventive Medicine

❖Personen mit hohem Bildungsstand sind Präventionskampagnen gegenüber aufgeschlossener.

❖Interventionen zur Steigerung der Rate von Teilnehmern an Screeningprogram- men sollten in erster Linie in benach - teiligten Bevölkerungsschichten zum Einsatz kommen.

MERKSÄTZE

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ARS MEDICI 242017

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als in unterprivilegierten Schichten.

Multivariate Analysen ergaben, dass die Intervention (die hauptsächlich als telefonische Navigation erfolgte) die individuelle Teilnahme in der navigier- baren Population erhöhte (Odds Ratio [OR]: 1,19 [1,10, 1,29]).

Die Ergebnisse zeigten, dass das Navi- gationsprogramm letztlich in wohl - habenden geografischen Schichten ef- fektiver sei als in unterprivilegierten, schreiben die Autoren. Dies bedeutet, dass eine Navigation die sozialen Un- gleichheiten hinsichtlich der Teilnahme weiter aggravieren könnte, wenn sie in allen Bevölkerungsgruppen gleicher- massen eingesetzt würde.

Es ist gut belegt, dass Bevölkerungs- gruppen mit dem höchsten Bildungs- stand Präventionskampagnen gegen- über am aufgeschlossensten sind.

Daher sollten Interventionen, die da- rauf abzielen, soziale Ungleichheiten in einem Land mit einem auf nationaler Ebene organisierten Massenscreening- programm zu reduzieren, in erster Linie bei benachteiligten Bevölke- rungsschichten zum Einsatz kommen, fordern die Studienautoren. Andrea Wülker

Quelle: Guillaume E et al.: Patient navigation to reduce social inequalities in colorectal cancer screening partici- pation: a cluster randomized controlled trial. Prev Med 2017; 103: 76–83.

Interessenlage: Die Autoren der referierten Originalstu- die haben keinerlei Interessenkonflikte deklariert.

Referenzen

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