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QUINTESSENZ ZAHNMEDIZIN | Jahrgang 72 • Ausgabe 11 • November 2021
Ihr
Prof. Dr. Roland Frankenberger Chefredakteur
EDITORIAL
Am Vorabend des demografischen Wandels
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich habe mir lange überlegt, ob ich wieder einmal etwas Politisches schreiben soll und mich dann da- für entschieden, da es mich wie viele von Ihnen doch sehr beschäftigt. Die mit Spannung erwartete Bun- destagswahl liegt jetzt schon eine kurze Zeit hinter uns und wir steuern auf eine „Ampel“ zu. Sollte der Bundestagswahlkampf ein Abbild des Zustandes unserer Gesellschaft sein, dann mache ich mir schon gewisse Sorgen. Meine pointierte Ultrakurzversion des zurückliegenden Wahlkampfes 2021 lautet: Die eine Volkspartei dachte ernsthaft, sie könne mit ei- nem inhaltsarmen „weiter so“ punkten, und die an- dere druckte auf ihre Plakate einfach nur ein kurzes
„Respekt“ und kam damit besser an. Schließlich wurde auch noch der Eindruck vermittelt, dass wir außer dem Klimawandel keine anderen Probleme hätten. Das Ende vom Lied war, dass es nach der Wahl zweitstimmentechnisch keine echte Volks- partei mehr gab und erstmals in unserer Geschichte nach 1949 ein Dreierbündnis erforderlich werden würde. Als kleine Entschuldigung mag gelten, dass wohl alle mit dem ersten innerpandemischen Wahl- kampf der Bundesrepublik etwas überfordert waren.
Dass die prognostizierten gesundheitspolitischen Konsequenzen für uns Zahnmediziner und Zahn- medizinerinnen voraussichtlich überschaubar aus- fallen, ist sicherlich ein positiver Aspekt. Viel wichti- ger erscheint mir jedoch die Tatsache, dass nach vielen Jahren des Aussitzens eben dies für die neue Regierung auf keinen Fall funktionieren wird. Wir befinden uns am „Vorabend“ des demografischen Wandels in unserem Land und das bedeutet, dass erste unbequeme Konsequenzen zwingend in der kommenden Legislaturperiode erfolgen müssen.
Nicht zuletzt, um den sozialen Frieden zu sichern.
Das wäre schon ohne Corona eine Mammutaufgabe gewesen – in Anbetracht postpandemisch leerer Kassen beneide ich die neue Regierung nicht um ihre anstehenden Aufgaben. Ein Wegducken kann und wird es nicht geben.
Ich bin zum einen sehr dankbar, dass wir Zahn- ärzte und Zahnärztinnen trotz aller Probleme gut durch die Coronakrise gekommen sind – bei allen Verlusten auch in der zahnärztlichen Ausbildung, die uns vor große Probleme stellte. Und ich bin zum anderen überzeugt, dass wir als Zahnärzte- schaft gestärkt aus dieser Krise hervorgegangen sind – weil wir uns inmitten des Orkans eben nicht weggeduckt, sondern auf hygienischem Topniveau mutig der Pandemie gestellt haben. Okay, es blieb uns aufgrund des verweigerten „Rettungsschirmes“
auch gar nichts anderes übrig, aber das muss man in Anbetracht der Umstände erst einmal so hinbe- kommen.
Daher überwiegt bei mir zum Ende der mehr als turbulenten Jahre 2020 und 2021 retrospektiv die Dankbarkeit. Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Jahresausklang und wie immer vor allem Gesund- heit. Viel Spaß bei der Lektüre.