Einleitung und Erhebungsinstrument
Für jede Generation stellt sich die Aufgabe neu, die In - stitution Schule für Schulkinder und Jugendliche so zu gestalten, dass sie ihnen zur lebensdienlichen, kind- und jugendgerechten Umwelt wird.
1Im folgenden Artikel wird dieser Aspekt aus der Perspektive des religiösen Lernens betrachtet, wofür eine umfangreiche quantitative Untersu- chung vorgenommen wurde, um den Stellenwert der religiö- sen Sozialisation von SchülerInnen zu analysieren und den Einfluss auf das religiöse Lernen aufzuzeigen. Diese Leit- frage diente als Basis für eine quantitative Studie, die im Juni 2012 an Pflichtschulen der Sekundarstufe 1 in Wien durch- geführt wurde. Dafür wurden 76 Jugendliche im Alter von 12 bis 14 Jahren mittels Religionsfragebogen befragt. Das Erhebungsinstrument besteht aus soziodemographischen Fragen, dem modifizierten religiösen Sozialisationsindex
nach Huber
2und einer modifizierten Skala der Effizienz des Religionsunterrichts nach Bucher. Denn religiöses Lernen hat die Perspektive der Religionspädagogik und der Human- wissenschaften inne und impliziert stets konkrete Subjekte.
3Nach Benesch
4wurde der modifizierte religiöse Sozialisati- onsindex nach Huber
5in eine kinder- und jugendgerechte Sprache umformuliert und einzelne Items in einem Frage- block zusammengefasst. Dieser Frage block umfasste drei Dimensionen, nämlich Religion zu Hause (Skala A) mit 5 Items, Denken über Gott und Religion (Skala B) mit 7 Items sowie Bedeutung von Religion in deinem Leben (Skala C) mit 6 Items. Zu dem demographischen Frageblock wurden weitere Items ergänzt. Zusätzlich wurden Arten und Inhalte religiösen Lernens (Skala D) mit 17 Items im Fragebogen ergänzt. Der Aufbau der Skala D modifiziert die Skala ‚Effi- zienz des Religionsunterrichts‘ von Bucher, es wurden hier
Thomas Benesch
Religiöses Lernen und religiöse Sozialisation in der Sekundarstufe 1
der autor
Thomas Benesch, DDr. habil., Religionspädagoge und Professor an der Sekundarstufe 2, seit mehr als 15 Jahren Publikationen für Zeitschriften.
Kurzzusammenfassung
Der Artikel bringt die modifizierte Zentralitätsskala nach Huber mit einer modifizierten Skala der Effizienz des Religionsunter- richts nach Bucher in Verbindung. Beide Skalen können als eindimensionaler Faktor anhand einer faktoren-analytischen Betrach- tung angesehen werden. Neben den demographischen Variablen wurden Items als Co-Variablen (z.B. „Findest du, dass du reli- giös erzogen wirst?“, „Liest du gerne in Heiligen Schriften z.B. Bibel, Koran?“) erhoben. So hat die religiöse Erziehung auf die Zentralitätsskala und auf das religiöse Lernen eine entscheidende Rolle. Bei der Frage einer Vorhersage des religiösen Lernens mittels bivariater Regression (korrigiertes Bestimmtheitsmaß ist 75,8 Prozent) ergab sich die Wichtigkeit der Zentralitätsskala (p<0,001) und des Interesses an der Heiligen Schrift (p=0,006).
Abstract
This article builds a connection between Huber‘s centrality scale and Bucher‘s scale of efficiency for religious education, while both scales have been modified. The two scales can be considered as a one dimensional factor in a factor-analytical approach. In addition to demographic variables the survey used further items as co-variables (e.g. „Do you think you obtain a religious educa- tion?”, „Do you like to read in Sacred Scriptures such as the Bible or the Quran?”). The religious education is relevant in case of the centrality scale as well as of religious learning. During the research for the prediction of religious learning by bivariate regression (corrected coefficient of determination is 75.8 percent) it can be pointed out the relevance of the centrality scale (p<0,001) and of the interest in the Holy Scriptures (p=0,006).
thomas.benesch@univie.ac.at
jedoch noch weitere Items ergänzt, wie etwa das mystagogi
sche Lernen. Das Design dieses Fragebogens hat das Ziel, religiöses Lernen ganzheitlich zu erschließen, denn „Religi
öses Lernen beinhaltet sowohl kognitive als auch affektive, aktionale und soziale Momente. All diese Momente werden in Bezug auf das religiöse Lernen auf etwas Anderes, Neues hin überschritten, erschöpft sich also nicht in diesen.“
6 Religiöse Lernprozesse spielen im Religionsunterricht eine wichtige Rolle. Religiöses Lernen ist mehrdimensional, daher ist es unmöglich, dies nur auf eine bestimmte Art zu reduzieren
. Für die Effizienz des Religionsunterrichts sind
die Arten und Inhalte religiösen Lernens von entscheiden
der Bedeutung 7
. Nach Bucher umfasst dies mehrere Punkte: Kirchlichkeit
, Wissen von Jesus, Wissen von Gott, Mündig
keit in Glaubensfragen sowie Lebensrelevanz. Der Aspekt Wissen von Jesus wird auf Wissen von Gott übertragen, um
alle abrahamitischen Religionen mit dem Fragebogen zu
erfassen
. Dies ist essentiell, um Zusammenhänge im abraha
mitischen religiösen Sozialisationsindex aufzuzeigen. Unter
schiedliche religionspädagogische Ansätze und empirische
Untersuchungen weisen darauf hin, dass der Wunsch, der
Religionsunterricht möge lebensrelevante Themen behan
deln
, bestimmend ist. 8
Beispiele für diese Themen wären die
Wichtigkeit beziehungsweise die Unterstützung sowie der
Nutzung von Religion im Leben der SchülerInnen.
Der Aufbau der Skala D führt zu einer Reihe von Ergän
zungen
, die nun vorgestellt werden. Beim mystagogischen
Lernen geht es darum, die SchülerInnen für die Grundfragen
des Lebens zu sensibilisieren und darauf aufbauend die
Gottesfrage zu thematisieren. 9
Erfahrungen der Unverfüg
barkeit spielen beim mystagogischen Lernen eine zentrale Rolle
. 10
Wichtige Elemente mystagogischen Lernens sind:
Wahrnehmung von Stille, Schweigen, Meditation und Beten.
Mystagogisches Lernen und Handeln wird sowohl im per
sönlichen als auch gemeinsamen (sprachlichen und medita
tiven
) Handeln gelernt. 11
Mystagogisches Lernen reflektiert und deutet die Gottesfrage, und hilft bei der Ausrichtung für die Praxis.
12
Neben der mystagogischen Form religiösen Lernens ist
ebenso die sozial-diakonische Dimension religiösen Ler
nens 13
zu nennen. Sozial-diakonische Lernprozesse zielen darauf ab, Denkgewohnheiten zu ändern und Fähigkeiten auszubilden
, um psycho-soziale Umwelten menschengerecht
und dem Leben dienend zu gestalten. 14
Im interkulturellen Aspekt religiösen Lernens 15
werden darüber hinaus religi
onskundliche Inhalte thematisiert. Mit dem Lernziel Solida
rität lassen sich Lernprozesse zugunsten einer Sozialkultur verbinden
, die auf Empathie aufbaut.
16
In der Skala D ‚Arten und Inhalte religiösen Lernens‘ wird die Erhebung der quest-Dimension von Religiosität mitberücksichtigt
, da der Erfolg religiösen Lernens wie die
Akzeptanz des Religionsunterrichts vom religiösen Selbst
verständnis der SchülerInnen abhängt. Die quest-Dimen
sion von Religiosität kann als eine Gläubigkeit verstanden werden
17
und kann sowohl bei kirchlich engagierten als
auch bei formal gebundenen und ungetauften Jugendlichen beobachtet werden.
18
Das Konzept der ‚fragenden Religiosi
tät
‘ wurde von Batson und Ventis (1982)
19 entwickelt
. Es
scheint angesichts des Wandels der religiösen Konturen in
der Gegenwart an Relevanz zu gewinnen. ‚Religion as a
quest
‘ als Konzept hat drei Merkmale: Integrationsvermö
gen
, Zweifelbereitschaft und Unvollständigkeit. 20
In einer Zeit
, in der sich traditionelle Formen verändern, könnte die quest
-Religiosität eine nützliche Beschreibung des religiösen Erlebens und Verhaltens von vielen sein.
21
Items 15 und 16 beziehen sich auf die mystagogische Form religiösen Lernens, da der Wunsch der SchülerInnen danach abgefragt wird. Die Items 6 und 12 bis einschließlich 14 beziehen sich auf die sozial-diakonische Dimension reli
giösen Lernens. Item 1 operationalisiert die wahrgenom
mene Lebensrelevanz des Fachs, ebenso die Items 3, 5 und 7.
Existentielle Fragen, wie etwa das Nachdenken über das
eigene Leben und ernste Fragen werden in den Items 2 und
11 thematisiert. Um die quest-Dimension von Religiosität abzufragen
, wird Item 17 verwendet.
Mit 17 Items bietet die Skala D ‚Arten und Inhalte reli
giösen Lernens‘ als Instrumentarium eine Kombination aus in der empirischen Forschung bewährten sowie konstruier
ten Items. Mit den Items 3 bis einschließlich 10 wurden die Items der Skala ‚Effizienz des Religionsunterrichts‘ von Bucher
22
übernommen
. Für diese Skala ergibt sich nach
Bucher 23
eine hohe interne Konsistenz von =,86, gemes
sen anhand Cronbach’s Alpha. Dieser Wert gibt an, wie
genau die Items ein Konstrukt messen; der Koeffizient kann zwischen minus unendlich und plus 1 liegen. Die Itemserie
wurde sprachlich leicht modifiziert übernommen. Einige
Items wurden entworfen, um verschiedene Dimensionen
des religiösen Lernens abzufragen.
Religionsfragebogen
Im Bereich der demographischen Fragen wurde dieser
durch folgende Fragen konzipiert:
Abb
. 1: Religionsfragebogen Teil 1
wird der ungepaarte -Test verwendet. Die Einfache Varianz
analyse mit post-hoc Test nach Tukey untersucht die Abhän
gigkeit der Skalen vom Religionsbekenntnis. Die Kovarian
zanalyse korrigiert den gefundenen Effekt mit den demogra
phischen Merkmalen. Die Korrelationsanalyse nach Pearson
untersucht den linearen Zusammenhang der beiden Skalen
mit den demographischen metrischen Variablen. Die Skala
des religiösen Lernens wird mittels einer schrittweisen mul
tiplen Regression vorhergesagt. -Werte kleiner als ,05 wer
den als signifikant bezeichnet. Alle statistischen Auswertun
gen wurden mit SPSS Version 19.0 durchgeführt.
Abb
. 2: Religionsfragebogen Teil 2
Cronbach
’s Alpha, die interne Konsistenz für die Zentra
litätsskala
, ergibt sich zu ,954, was als exzellent interpretiert werden kann. Die Parallelanalyse für die Zentralitätsskala ergibt eine -faktorielle Lösung (57,3 % der Varianz werden erklärt
). Daher lassen sich die unterschiedlichen Items auf
einen zugrunde liegenden Faktor zurückführen. Auch für
die Skala D ‚Arten und Inhalte religiösen Lernens‘ wird eine Parallelanalyse durchgeführt und gleichfalls hier ergibt sich
eine -faktorielle Lösung (63,3 % der Varianz werden
erklärt ).
Methodik und Auswertung
Um aus der Untersuchung entsprechend aussagekräftige
Rückschlüsse ziehen zu können, wurden verschiedene
Methoden angewendet. Bei metrischen Merkmalen (wie .B. Geschwisteranzahl
, Alter) wird das arithmetische Mittel und
die Standardabweichung angegeben; bei ordinalen Merkma
len (wie .B. beim Block D) die Häufigkeitstabelle und der Median (Zentralwert); bei nominalen Merkmalen (wie .B. die Religion) die Häufigkeitstabelle und der Modus (Modal
wert
). Der Kolmogorov-Smirnov-Test dient zur Entschei
dung
, ob der Summenscore der Zentralitätsskala normalver
teilt ist. Bei Gruppenvergleichen einer metrischen Variable
76 Jugendliche wurden mit den Fragebögen zum Thema
Religiosität in Schulen der Sekundarstufe 1 befragt. Den Fra
gebogen haben 46 Mädchen (60,5 %) und 30 Jungen (39,5
%
) aus der Sekundarstufe 1 aus der 3. und 4. Klasse ausge
füllt
. Die 2x3-Kontingenztabelle zwischen Alter und
Geschlecht hat folgende Form:
Geschlecht
Wie alt bist du?
12 J. 13 J. 14 J.
Gesamt
Mädchen 11 21 14 46
Junge 6 19 5 30
Gesamt 17 40 19 76
Tabelle 1: Kreuztabelle von Geschlecht und Alter
Die durchschnittliche Geschwisterzahl liegt bei ,64 bei
einer Standardabweichung von ,163. Wird jedoch die
Anzahl der Personen im Haushalt betrachtet, ergibt sich ein arithmetisches Mittel von ,36 bei einer Standardabwei
chung von ,306. Bei dem Religionsbekenntnis wurde ver
sucht
, unterschiedliche Konfessionen / Religionen zu errei
chen
, es waren 26 SchülerInnen römisch-katholisch (34,2
%
), 29 evangelisch (38,2 %) und 21 islamisch (27,6 %). Die Jugendlichen gaben an, dass 11 (14,5 %) Mütter und Väter eine andere Religion haben, wobei 65 (85,5 %) Mütter und Väter der gleichen Religion angehörten.
Ein spannenderes Ergebnis ergab sich bei der Frage, ob die Jugendlichen gerne in den Heiligen Schriften lesen. 44 (57
,9 %) gaben an, dies zu tun, wobei 32 (42,1 %) dies nicht tun
. 41 (53,9 %) Jugendliche gaben an, religiös erzogen wor
den zu sein, 34 (44,7 %) verneinten dies.
Die Zentralitätsskala ergibt sich nun als Summenscore der Items aus A (Religion zu Hause), B (Denken über Gott
und Religion) und C (Bedeutung von Religion in deinem
Leben
). Der Zentralitätsscore hat theoretisch ein Minimum
von 18 und ein Maximum von 90. Wird die Zentralitätsskala in Abhängigkeit vom Religionsbekenntnis betrachtet, ergibt sich bereits die Tendenz, dass diese bei den römisch-katholi
schen Jugendlichen am geringsten und bei den islamischen am höchsten ist.
Religions¬
bekenntnis
Stichproben
- arithmeti- Standard¬
umfang sches Mittel abweichung
römisch¬
katholisch 26 43,12 13,70
evangelisch 29 51,52 15,27
islamisch 21 69,71 ,60
Gesamt 76 53,67 16,78
Tabelle 2: Maßzahlen der Zentralitätsskala in Abhängigkeit von der Konfession / Religion
Das Minimum ist 23, das Maximum 83 bei einem arith
metischen Mittel von 53,67 und einer Standardabweichung
von 16,78. Da die Annahme einer Normalverteilung der
Zentralitätsskala anhand des Kolmogorov-Smirnov-Tests
nicht abgelehnt werden kann (=,304), werden parametri
sche Testverfahren verwendet. Dass sich die Zentralitätss
kala von der Konfession / Religion unterscheidet, ergibt die
Einfache Varianzanalyse (-Wert kleiner als ,001). Die
post -hoc
-Analyse nach Tukey ergibt signifikante Unter
schiede zwischen römisch-katholisch und islamisch, sowie
zwischen evangelisch und islamisch (beide -Werte sind
jeweils kleiner als ,001). Zwischen römisch-katholisch und
evangelisch konnte keine Signifikanz entdeckt werden
(=
,054 ).
Die Zentralitätsskala unterscheidet sich vom Geschlecht. Die arithmetischen Mittel sind bei Mädchen 57,87 (bei einer Standardabweichung von 17,42) und bei Jungen 47,233 (bei
einer Standardabweichung von 13,69), der -Wert ergibt
sich zu ,006 nach dem ungepaarten -Test. Sehr klare
Unterschiede finden sich bei der Zentralitätsskala und der Frage
, ob die Jugendlichen religiös erzogen wurden. Der
-Wert ist kleiner als ,001 nach dem ungepaarten -Test. Ebenso unterscheidet sich die Zentralitätsskala in Abhängig
keit von der Tatsache, ob Heilige Schriften gelesen werden. Der -Wert ist kleiner als ,001 beim ungepaarten -Test.
Ob es Zusammenhänge der Zentralitätsskala mit dem
Alter
, der Anzahl der Geschwister beziehungsweise mit der
Anzahl der Personen im Haushalt gibt, wird mithilfe des
Korrelationskoeffizienten nach Pearson beantwortet. Die
Zentralitätsskala hängt positiv mit der Anzahl der Geschwis
ter (=,50; <,001) und mit der Anzahl der Personen (=
,508
; <,001) zusammen. Das Alter hat in dem unter
suchten Bereich keinen Einfluss auf die Zentralitätsskala (=
,057
; =,625).
Das religiöse Lernen ergibt sich als Summenscore des
Items D (Arten und Inhalte religiösen Lernens). Die Skala
des religiösen Lernens hat theoretisch ein Minimum von 17
und ein Maximum von 85. Wird das religiöse Lernen in
Abhängigkeit vom Religionsbekenntnis betrachtet, ergibt
sich die Tendenz, dass diese bei römisch-katholisch am
geringsten und bei islamisch am höchsten ist.
Religions¬
bekenntnis
Stichproben
- arithmeti- Standard¬
umfang sches Mittel abweichung
römisch¬
katholisch 26 38,81 14,38
evangelisch 29 54,17 13,78
islamisch 21 65,86 10,47
Gesamt 76 52,14 16,88
Tabelle 3: Maßzahlen des religiösen Lernens in Abhängigkeit von der Konfession / Religion
Das Minimum ist 21 und das Maximum 85 bei einem
arithmetischen Mittel von 52,14 und einer Standardabwei
chung von 16,88. Da die Annahme einer Normalverteilung der Zentralitätsskala anhand des Kolmogorov-Smir
nov
-Tests nicht abgelehnt werden kann (=,532), werden
parametrische Testverfahren verwendet. Ob sich das religi
öse Lernen von der Konfession / Religion unterscheidet, beantwortet die Einfache Varianzanalyse. Diese ergibt einen -Wert kleiner als ,001. Die post-hoc-Analyse nach Tukey ergibt signifikante Unterschiede zwischen römisch-katho
lisch und evangelisch (<,001), römisch-katholisch und islamisch (<,001) sowie zwischen evangelisch und isla
misch (=,008).
Das religiöse Lernen unterscheidet sich nicht vom
Geschlecht
. Die arithmetischen Mittel sind bei Mädchen
54
,84 (bei einer Standardabweichung von 16,50) und bei
Jungen 48,00 (bei einer Standardabweichung von 16,89), der
-Wert ergibt sich zu ,084 nach dem ungepaarten -Test.
Sehr klare Unterschiede finden sich beim religiösen Lernen und der Frage, ob die Jugendlichen religiös erzogen wurden.
Der -Wert ist kleiner als ,001 nach dem ungepaarten
-Test
. Ebenso unterscheidet sich das religiöse Lernen in
Abhängigkeit von der Tatsache, ob Heilige Schriften gelesen werden
. Der -Wert ist kleiner als ,001 beim ungepaarten
-Test .
Ob es Zusammenhänge des religiösen Lernens mit dem
Alter
, der Anzahl der Geschwister beziehungsweise mit der
Anzahl der Personen im Haushalt gibt, wird mithilfe des
Korrelationskoeffizienten nach Pearson ermittelt. Das religi
öse Lernen hängt positiv mit der Anzahl der Geschwister (=
,345
; =,002) und mit der Anzahl der Personen im
Haushalt (=,542; <,001) zusammen. Das Alter hat in dem untersuchten Bereich keinen Einfluss auf das religiöse Lernen (=,073; =,533). Sehr schön ersichtlich ist, dass
beim religiösen Lernen die Anzahl der Personen im Haus
halt klar eine wichtigere Rolle spielt als die Anzahl der Geschwister
. Diese ist auch wichtiger als bei der Bildung der
Zentralitätsskala .
Kann das religiöse Lernen aufgrund der Zentralitäts
skala vorhergesagt werden und welche Faktoren haben noch einen hohen Erklärungswert? Dazu wird vorerst die Korre
lationsanalyse nach Pearson verwendet, um das Zusammen
hangsmaß zwischen religiösem Lernen und der Zentrali
tätsskala zu bestimmen. Der Korrelationskoeffizient nach Pearson ist ,859 (<,001); dies bedeutet einen sehr starken positiven Zusammenhang.
Um zu untersuchen, ob die Zentralitätsskala vom Reli
gionsbekenntnis als Hauptfaktor abhängig ist, wird eine
Kovarianzanalyse durchgeführt. Zuerst wird untersucht, ob die demographischen Faktoren den Unterschied der Zentra
litätsskala in Abhängigkeit vom Religionsbekenntnis erklä
ren
. Das Ergebnis zeigt deutlich, dass die demographischen
Faktoren Alter (=,782) und Geschlecht (=,075) die
Unterschiede in der Zentralitätsskala nicht begründen und das Religionsbekenntnis als einziger fixer Faktor signifikant ist (<,001).
In der Analyse hat sich gezeigt, dass sowohl das Item
‚Findest du, dass du religiös erzogen wirst?‘ als auch das Item ‚Liest du gerne Heilige Schriften, .B. Bibel, Koran?‘ die Zentralitätsskala stark beeinflussen. Es wird daher in einer Kovarianzanalyse untersucht, ob diese Faktoren den Unter
schied der Zentralitätsskala in Abhängigkeit vom Religions
bekenntnis erklären können. Als Modell wird die abhängige Variable Zentralitätsskala und die unabhängigen fixen Fak
toren ‚Liest du gerne Heilige Schriften, .B. Bibel, Koran?‘,
‚Findest du, dass du religiös erzogen wirst?‘, Religionsbe
kenntnis und Geschlecht sowie die Co-Variable Alter
gewählt
. Das Ergebnis zeigt eine Signifikanz beim Religions
bekenntnis (=,01) und bei dem Item ‚Findest du, dass du religiös erzogen wirst?‘ (=,04). Alle anderen Faktoren sind nicht signifikant, die -Werte sind jeweils größer als ,134.
Beim abhängigen religiösen Lernen wird eine schritt
weise multiple Regression angewendet, bei der die unabhän
gigen Variablen die demographischen Faktoren Geschlecht,
Alter und die metrischen Merkmale Anzahl der Geschwis
ter
, Anzahl der Personen im Haushalt, sowie die fixen Fak
toren religiös erzogen, liest du Heilige Schriften sowie das Religionsbekenntnis sind. Als Modell ergibt sich eine bivari
ate Regression mit den unabhängigen Merkmalen Zentrali
tätsskala (<,001) und ‚Liest du gerne Heilige Schriften?‘
(=
,006
). Das korrigierte Bestimmtheitsmaß ist 75,8 %.
Das bivariate Regressionsmodell lautet: Religiöses Lernen = ,808 + ,706 Zentralitätsskala + ,674 ‚Liest du gerne Hei
lige Schriften?‘.
Das heißt, das religiöse Lernen erhöht sich um ,674 Punkte
, wenn der/die Jugendliche die Heilige Schrift liest
(bei Konstanthaltung der Zentralitätsskala). Darüber hinaus
erhöht sich das religiöse Lernen um ,706 Punkte bei der
Erhöhung der Zentralitätsskala um einen Punkt (bei Kons
tanthaltung von ‚Liest du gerne Heilige Schriften?‘).
Schlussfolgerung
Die Studie zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Komplexität der unterschiedlichen Facetten religiösen
Lernens mithilfe nur einer Skala gemessen wurde. Das
Ergebnis
, dass sowohl die modifizierte Zentralitätsskala
nach Huber als auch das religiöse Lernen - abgeleitet aus Arbeiten von Bucher in der faktorenanalytischen Betrach
tung - als ein Faktor betrachtet werden kann, ergibt, dass es sich bei den Items zwar um unterschiedliche Blickpunkte handelt
, diese aber letztlich trotzdem unabhängig voneinan
der zu einem ähnlichen Ergebnis führen. Die Unterschied
lichkeit in der Konfession / Religion zeigt sich deutlich ¬ ebenso das eigene Interesse beziehungsweise die empfun
dene religiöse Erziehung. Es lässt sich daher empirisch schlussfolgern
, dass eine religiöse Erziehung für die religiöse
Sozialisation wie auch für das religiöse Lernen eine bedeu
tende Rolle spielt. Dies ist beispielsweise deswegen von gro
ßer Wichtigkeit, da die Verabsolutierung einer erlernten kindlichen Sichtweise das religiöse Lernen im Erwachsenen
alter unterbindet 24
.
Die laufenden Ergebnisse im Zuge der Auswertungen wurden jeweils bereits im vorigen Abschnitt dokumentiert.
Nun soll der Fokus noch auf die folgenden Aspekte auf
grund der Resultate in Bezug auf religiöses Lernen gelenkt werden
.
Das Lesen in der Heiligen Schrift kann durch eine ent
sprechende religiöse Sozialisation verstärkt werden. Das Lesen wird verinnerlicht und vertieft das Wissen in der Reli
gion
. Schlange
25
betont in ihrer Arbeit nämlich, dass religiös geprägte Kinder nicht zwingend in Kinderbibeln lesen, son
dern dies unter anderem abhängig vom Interesse des Kindes am Thema ist. Zwar regt sogar der Besitz einer Kinderbibel zur Lektüre selbiger an, geht jedoch nicht zwingend damit einher
. Ein Forschungsfeld, welches sich in diesem Zusam
menhang ergibt, ist die Frage, ob die Jugendlichen die Bibel aus Interesse für den Gegenstand „Bibel“ lesen oder aber sich mit der Bibel aufgrund der Freude am Lesen beschäfti
gen .
Ein verwunderliches Ergebnis lieferte die Abhängigkeit der Zentralitätsskala vom Geschlecht. In Voruntersuchun
gen konnte diese Abhängigkeit nicht erkannt werden. Ver
wunderlich auch deswegen, weil es sich als einziges Item nicht beim religiösen Lernen widerspiegelt. Die Vorhersage des religiösen Lernens mithilfe der Zentralitätsskala gepaart mit dem Interesse an der Heiligen Schrift liefert ein korri
giertes Bestimmtheitsmaß von 75,8 % und spiegelt den
Gleichklang von religiöser Sozialisation und religiösem Ler
nen wider.
Die Auseinandersetzung mit religiösen und philosophi
schen Erklärungs- und Begründungsversuchen über
Ursprung und Sinn der eigenen Existenz und der Existenz der Welt ist eine wichtige Aufgabe der Schule.
26
In den Leit
linien des Lehrplanes für die Sekundarstufe 1 wird folgendes
zum Ausdruck gebracht 27
:
Fragen und dem Verlangen nach einem sinnerfüllten
Leben in einer menschenwürdigen Zukunft hat der Unterricht mit einer auf ausreichende Information und Wissen aufbau¬
enden Auseinandersetzung mit ethischen und moralischen Werten und der religiösen Dimension des Lebens zu begegnen.
Darüber hinaus wird unter der Überschrift ‚Religi
ös -ethisch
-philosophische Bildungsdimension‘ 28
festgehal
ten :
Die Schülerinnen und Schüler stehen vor den Fragen
nach Sinn und Ziel und ihrem Verlangen nach einem sinner¬
füllten Leben in einer menschenwürdigen Zukunft. Bei der Suche nach Orientierung bieten Religionen und Weltanschau¬
ungen ihre Antworten und Erklärungsmuster für eine eigen¬
ständige Auseinandersetzung an. In den Unterrichtsgegen¬
ständen ist auf philosophische und religiöse Erklärungs- und
Begründungsversuche über Ursprung und Sinn der eigenen
Existenz und der Welt einzugehen.
Im Lehrplan steht im Absatz 5 ‚Bildungsbereiche‘ zusammenfassend
, dass
… Bildung mehr ist als die Summe des Wissens, das in
den einzelnen Unterrichtsgegenständen erworben werden
kann
. (…) weitere Ziele der Allgemeinbildung (…) sind als
Benennung wichtiger Segmente im Bildungsprozess zu verste¬
hen und bilden ebenso wie die religiös-ethisch-philosophische
Bildungsdimension eine Grundlage für die fächerverbindende und fächerübergreifende Zusammenarbeit.
Vor diesem in der österreichischen Gesetzeslage veran
kerten Hintergrund sollte in der praktischen Umsetzung
mehr Gewicht auf den interreligiösen Austausch in der
Sekundarstufe 1 gelegt werden. Wie in der Untersuchung von Items aufgezeigt werden konnte, sind Jugendliche in der Sekundarstufe 1 wenig an anderen Religionen und religiö
sen Festen interessiert und zeigen insgesamt ein tendenziell desinteressiertes Verhalten in Bezug auf andere Konfessio
nenen / Religionen.
Die empirische Studie unterstreicht damit das State
ment
, dass „Religiöses Lehren und Lernen oder religiöse
Bildung immer in Beziehung erfolgt, und zwar unter den
Bedingungen von Raum (Kontext) und Zeit. Denn wir Men
schen sind in allem von den vielfältigen Beziehungen
geprägt
, in denen wir leben, immer wenn wir etwas erfahren
und tun, glauben und hoffen, lernen und uns aneignen.“ 29 So kann die Auffassung von Englert
30
geteilt werden, dass religiöse Lernprozesse nur dann nicht ins Leere laufen, wenn sie aus der Distanz des Zur-Kenntnis-Nehmens von Religion
in eine Leidenschaft zum Religiösen führen und dann
schließlich in einer Form personal integrierter Religiosität münden
.
Anmerkungen 1 Vgl
. Bargheer, Friedrich-Wilhelm: Diakonisches Lernen, in: Mette, Norbert / Rickers, Folkert (Hg.): Lexikon der Religionspädagogik, Neukirchen
-Vluyn
: Neukirchner 2001, Sp. 331.
2 Vgl
. Huber, Stefan: Zentralität und Inhalt. Ein neues multidimensio
nales Messmodell der Religiosität, Opladen: Leske + Budrich 2003. 3 Vgl
. Porzelt, Burkard: Grundlegung religiöses Lernen. Eine proble
morientierte Einführung in die Religionspädagogik, Stuttgart: Klink
hardt 2009 (= UTB 3177), 15. 4 Vgl
. Benesch, Thomas: Die Entwicklung der religiösen Sozialisation im Alter von 8 bis 14 Jahren, in ÖRF 21 (2013) 87–91.
5 Vgl
. Huber 2003 [Anm. ].
6 Porzelt 2009 [Anm. ], 40. 7 Vgl
. Bucher, Anton: Religionsunterricht zwischen Lernfach und Lebenshilfe
. Eine empirische Untersuchung zum katholischen Religi
onsunterricht in der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart: Kohl
hammer 2000. 8 Vgl. ebd., 29f. 9 Vgl
. Biesinger, Albert / Kiessling, Klaus: Meditation und Kontem
plation als Grenzerfahrung. Ein religionspädagogischer Diskussions
beitrag zum Konzept einer ‚Deautomatisierung von Kategorisierungs
prozessen
‘, in: Simon, Werner (Hg.): Meditatio. Beiträge zur Theologie und Religionspädagogik der Spiritualität, Münster: Lit 2002, 81–92; Kiessling
, Klaus: Religiöses Lernen. Multidisziplinäre Zugänge zu religionspädagogischer Theorie und Praxis, Frankfurt a. .: Peter Lang 2003, 115–118; Schambeck, Mirjam: Mystagogisches Lernen, in
: Hilger, Georg / Leimgruber, Stephan / Ziebertz, Hans-Georg (Hg
.): Religionsdidaktik. Ein Leitfaden für Studium, Ausbildung und Beruf
, München: Kösel-Verlag 2010, 400–415. 10 Vgl
. Hennecke, Elisabeth: Was lernen Kinder im Religionsunter
richt
? Eine fallbezogene und thematische Analyse kindlicher Rezepti
onen von Religionsunterricht, Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt 2012, 53
. 11 Vgl
. Schmidt, Joachim: Neue Wege für neue Ziele. Kompetenzent
wicklung von Lehrerinnen und Lehrern, damit Unterricht in Lernfel
dern gelingt, in: Biesinger, Albert / Jakobi, Josef / Kiessling, Klaus / Schmidt, Joachim (Hg.): Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen
. Lernfelddidaktik als Herausforderung, Norderstedt: Books on Demand 2005, 70.
12 Vgl
. Schambeck 2010 [Anm. ], 403.
13 Vgl
. Kiessling, Klaus: Zur eigenen Stimme finden. Religiöses Ler
nen an berufsbildenden Schulen, Ostfildern: Schwabenverlag 2004, 367
. 14 Vgl
. Bargheer 2001 [Anm. ], Sp. 330. 15 Vgl
. Kiessling 2004 [Anm. 13], 160; Rickers, Folkert: Interreligiö
ses Lernen, in: Mette, Norbert / Rickers, Folkert (Hg.): Lexikon der Religionspädagogik
, Neukirchen-Vluyn: Neukirchner 2001, Sp. 874–
881 . 16 Vgl
. Kiessling 2004 [Anm. 13], 367. 17 Vgl
. Hellmeister, Gerhard / Ochsmann, Randolph: Die religiöse Orientierung ‚End’, ‚Means’ und ‚Quest’. Eine Studie zur Validierung des Ansatzes von C. D. Batson, in: Mossbrugger, Helfried / Zwing
mann
, Christian / Frank, Dirk (Hg.): Religiosität, Persönlichkeit und Verhalten
, Beiträge zur Religionspsychologie, Münster: Waxmann 2012
, 126.
18 Vgl. Kiessling 2004 [Anm. 13], 161.
19 Vgl. Batson, Charles Daniel / Ventis, William Larry: The Religious Experience
. A Social Psychological Perspective, New York: Oxford University Press 1982.
20 Vgl. Derks, Frans / van der Lans, Jan Maria: Die ‚Religious Life Inventory
’: Probleme bei der Modifikation zur Erweiterung des
Anwendungsbereichs
, in: Archiv für Religionspsychologie 18 (1988)
271 . 21 Vgl
. Hauser, Jan: Vom Sinn des Leidens: Die Bedeutung systemtheo
retischer
, existenzphilosophischer und religiös-spiritueller Anschau
ungsweisen für die therapeutische Praxis, Würzburg: Verlag Königs
hauser & Neumann 2004, 245. 22 Vgl
. Bucher 2000 [Anm. ], 110.
23 Ebd .
24 Vgl. Bucher, Anton .: Lebenslanges Lernen von Religiosität, in: Achtenhagen
, Frank / Lempert, Wolfgang (Hg.): Lebenslanges Ler
nen im Beruf - seine Grundlegung im Kindes- und Jugendalter, Opla
den
: Leske + Budrich 2000, 52–69, 60.
25 Vgl
. Schlange, Christina: Die Entwicklung von Gottesbildern bei Kindern unter Berücksichtigung ihrer religiösen Sozialisation. Eine Untersuchung im Blick auf Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Jahrgangsstufe, Münster: Verlagshaus Monsenstein und Van
nerdat 2011 (=Wissenschaftliche Schriften der WWU Münster, Reihe XXV Impulse zur evangelischen Religionspädagogik), 9.
26 Vgl. ebd., 6.
27 Vgl. Bundesministerium für Unterricht und Kunst: Lehrplan der Hauptschule
, Teil 1 - Allgemeines Bildungsziel, in: http://www.bmukk. gv
.at /medienpool /865 /hs1
.pdf [abgerufen am 01.03.2014].
28 Vgl. ebd., 4.
29 Rappel, Friederike: Die Utopie des Gottesreiches als Chance für den Religionsunterricht
, Berlin: LIT 2012, 191.
30 Vgl
. Englert, Rudolf: Religionspädagogische Grundfragen: Anstöße zur Urteilsbildung, Stuttgart: Kohlhammer 2008, 285.