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Abiturprüfung Geschichte, Grundkurs

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Academic year: 2022

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GE GK HT 1

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Name: _______________________

Abiturprüfung 2008

Geschichte, Grundkurs

Aufgabenstellung:

Interpretieren Sie die Quelle, indem Sie

1. sie analysieren,

(28 Punkte)

2. sie in den ereignisgeschichtlichen Zusammenhang der Versailler Friedensverhandlun- gen einordnen und die vorgelegten Friedensbedingungen erläutern.

(28 Punkte)

3. Löbes Einschätzung der gegebenen Handlungsspielräume und seine Einschätzung der

Friedensbedingungen beurteilen.

(24 Punkte)

Materialgrundlage:

Paul Löbe, Erklärung in der Nationalversammlung, 22. Juni 1919, in: Bayrische Staats- bibliothek, Digitale Bibliothek – Münchener Digitalisierungszentrum(MDZ),

http://mdz1.bib-bvb.de/cocoon/rtb2/Blatt_bsb00000011_00384.html, Verhandlungen des Reichstages, Band 327, S. 1115 – 1117 (Datum: 28.03.2007)

Zugelassene Hilfsmittel:

Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

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Name: _______________________

Paul Löbe1

in der Nationalversammlung am 22. Juni 1919 Meine Damen und Herren!

Der Standpunkt der sozialdemokratischen Fraktion in der großen Schicksalsfrage, die wir zu entscheiden haben, ist niedergelegt in der folgenden Darlegung, die ich zu verlesen habe:

Die Not Deutschlands drückt uns alle. So sehr wir voneinander abweichen in der Beurtei- lung des fürchterlichsten aller Kriege, die

2

trostlosesten aller Friedensverträge: Einig sind

5

wir in der tiefsten Bedrückung unserer Gefühle! Gequält wie das ganze deutsche Volk, empfindet die Nationalversammlung, daß der traurigste Abschnitt deutscher Geschichte nun anhebt. Ob die den Beschluß der Nationalversammlung bestimmen, die die neue Regierung beauftragen, die Unterfertigung

3

des Friedensinstruments anzuordnen, oder ob die die Ent- scheidung geben, die diesen Friedensvertrag weit von sich weisen und erklären: komme,

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was da wolle, wir unterfertigen diesen Vertrag nicht: in jedem Falle beginnt eine Epoche äußerster Verarmung und nationalen Elends.

(Sehr richtig!)

Wir haben für jeden dieser Standpunkte Verständnis, wir haben Verfechter beider Ansich- ten in unseren Reihen. Wie sich die Nationalversammlung auch entscheidet, nicht nur uns,

15

sondern auch Kindern und Kindeskindern wird bitterstes Schicksal beschieden sein. Mate- riell verarmt, moralisch niedergedrückt, geistig gefesselt geht das deutsche Volk durch das Tor des Friedensvertrages in die dunkelste Zukunft voller Sorgen und Pein. Niemals wird die Schuld an diesem Kriege ausgelöscht werden; fürchterlichste Gewissensnöte werden die quälen, die an diesem Kriege die Schuld tragen.

20

(Sehr wahr)

Wir, die wir stets die Kriege bekämpft, die wir während dieses fürchterlichsten Krieges niemals die Pflicht zur Versöhnlichkeit vergaßen, die wir in den Zeiten des Siegesrausches stets für einen Frieden ohne Annexionen und Entschädigungen eingetreten waren, wir sind uns, wie stets während des Krieges, auch heute, wo der sehnsüchtig erwartete, aber dornen-

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reiche Frieden von uns geschlossen werden soll, der gewaltigen Verantwortlichkeit be- wusst. Wenn wir dafür sind, so nur um deswillen, weil wir noch Fürchterlicheres ahnen, falls er von uns abgelehnt wird.

(Sehr richtig! Bei den Sozialdemokraten.)

Mit schwerstem Herzen, nach unausgesetzten Verhandlungen, nach reichlichster Prüfung

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aller Folgen haben wir uns doch zuletzt entschließen müssen, dieses Friedensinstrument hinzunehmen. Wir wissen, daß wir damit vor der Weltgeschichte die Verantwortung tragen;

wissen, daß wir die kommenden Generationen und nicht nur uns belasten. Aber, wenn einst unsere Kinder Rechenschaft verlangen werden für die Verpflichtungen, die ihnen und noch ihren Nachkommen auferlegt worden sind, so sagen wir ihnen schon heute, daß für all die-

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ses Unglück nicht die verantwortlich sind, die jetzt dem fürchterlichsten aller Kriege ein

Ende machen, sondern daß jene die Verantwortung trifft, die ihn herbeigeführt haben. Der

Kapitalismus und der Imperialismus haben diesen Krieg hervorgerufen. Sie schlagen der

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Arbeiterklasse Deutschlands und der ganzen Welt mit diesem uns aufgezwungenen Frieden tiefe Wunden. Wir können jetzt nicht anders. Über sein Können kann niemand verpflichtet

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werden. Jede Widerstandskraft gegen diesen Friedensvertrag fehlt uns, deshalb müssen wir ihn ertragen. [...] Der neue Friedensvertrag soll vielmehr für alle Völker, also auch für uns, unbedingtes Gesetz, unerschütterliche Grundlage einer neuen Völkergemeinschaft werden.

Die Absicht einer offenen oder versteckten Nichtbeachtung der Friedensbedingungen darf niemals, weder bei unserem Volke, noch bei unserer Regierung auftauchen.

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Im schreienden Gegensatz zu diesen Grundsätzen bestehen die feindlichen Staatsmänner auf der Unterfertigung dieses in wesentlichen Teilen undurchführbaren Friedensvertrages.

Verweigern wir sie, so wird der Krieg von neuem aufflammen. Wir müssen uns deshalb entscheiden, ob wir einen Gewaltfrieden schlimmster Art, einen Frieden, dessen Erfüllung über die Kraft unseres Volkes geht, unterschreiben oder ob wir unser Land und unser Volk

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grausamen Kriegsleiden wehrlos ausliefern wollen. Gäbe es ein Mittel, die undurchführba- ren Kriegsbedingungen von unserem Volk fernzuhalten: Kein Deutscher würde zögern, von ihm Gebrauch zu machen. Aber es gibt keine Möglichkeit. Wir wollen und können unser Volk nicht von neuem zu den Waffen rufen. [...] Beflügelt durch die Ideale des Sozialis- mus, gestählt durch die Not wird die deutsche Arbeiterklasse trotz des Unerhörten, das die-

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ser Friedensvertrag ihr zumutet, alles an die Wiedergeburt des deutschen Volkes setzen.

Wir wollen nicht mehr gefürchtet werden von Feinden, sondern geachtet und geliebt von Freunden.

(Zustimmung und Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Die Welt liegt in Trümmern. Wir wollen sie neu aufrichten helfen im Geiste der Völkerver-

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söhnung, auf der Grundlage des Rechts, im Bunde der ewigen Idee der Gerechtigkeit.

(Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den Sozialdemokraten)

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Unterlagen für die Lehrkraft

Abiturprüfung 2008

Geschichte, Grundkurs

1. Aufgabenart

A 1 Interpretation sprachlicher oder nichtsprachlicher historischer Quellen mit gegliederter Aufgabenstellung

2. Aufgabenstellung

Interpretieren Sie die Quelle, indem Sie

1. sie analysieren,

(28 Punkte)

2. sie in den ereignisgeschichtlichen Zusammenhang der Versailler Friedensverhandlun- gen einordnen und die vorgelegten Friedensbedingungen erläutern.

(28 Punkte)

3. Löbes Einschätzung der gegebenen Handlungsspielräume und seine Einschätzung der

Friedensbedingungen beurteilen.

(24 Punkte)

3. Materialgrundlage

Paul Löbe, Erklärung in der Nationalversammlung, 22. Juni 1919, in: Bayrische Staats- bibliothek, Digitale Bibliothek – Münchener Digitalisierungszentrum (MDZ),

http://mdz1.bib-bvb.de/cocoon/rtb2/Blatt_bsb00000011_00384.html, Verhandlungen des Reichstages, Band 327, S. 1115 – 1117 (Datum: 28.03.2007)

4. Bezüge zu den Vorgaben 2008

1. Inhaltliche Schwerpunkte

Das „lange“ 19. Jahrhundert

Der Erste Weltkrieg

Friedensverträge

Das „kurze“ 20. Jahrhundert

Die nationalsozialistische Diktatur

Politische und ideologische Voraussetzungen des Nationalsozialismus

Ende des Rechts- und Verfassungsstaats in Deutschland 1933/34

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5. Zugelassene Hilfsmittel

Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

6. Vorgaben für die Bewertung der Schülerleistungen

Teilleistungen – Kriterien

a) inhaltliche Leistung Teilaufgabe 1

Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl (AFB)1

1 stellt fest, dass es sich bei dem Redner um den sozialdemokratischen Abgeordneten der Nationalversammlung Paul Löbe handelt, und benennt als Adressaten die Mit- glieder der Nationalversammlung, ferner die alliierten Kriegsgegner und die deut- sche Öffentlichkeit.

2 (I)

2 charakterisiert die Quellenart (Dokument, Überrest) und die Textsorte (parlamen- tarische Erklärung, die im Auftrag der Fraktion vorgetragen wird).

2 (II) 3 benennt den Zeitpunkt der Rede (22. Juni 1919) und den Anlass (Debatte über die

Annahme des Versailler Vertrages in der Nationalversammlung).

2 (I) 4 arbeitet das Thema der Rede heraus: Darlegung der Haltung der SPD-Fraktion zur

Frage der Annahme des Versailler Vertrages.

2 (II) 5 arbeitet – unter Berücksichtigung der Rhetorik und der Reaktion der Abgeordneten

– die Absicht des Redners heraus: Rechtfertigung der Zustimmung der SPD-Frak- tion zum Versailler Vertrag trotz bestehender Vorbehalte.

4 (II)

6 gibt Inhalt und Gedankengang der Rede wieder, indem er folgende zentrale Aus- sagen herausarbeitet:

• die Spaltung der Nationalversammlung und der sozialdemokratischen Frak- tion in der Frage, ob der Friedensvertrag angenommen werden soll;

• die niederschmetternden Konsequenzen, die sich sowohl

aus der Annahme (enorme materielle, moralische und politische Belastungen über mehrere Generationen),

wie aus der Ablehnung ergeben (Wiederaufnahme der Kriegshandlungen durch die Alliierten ohne die Möglichkeit zur Gegenwehr);

• die Unterscheidung zwischen kriegsfördernden und friedenssuchenden Kräften:

Kapitalismus und Imperialismus als kriegsfördernde Kräfte,

Sozialdemokratie als Kriegsgegnerin und Befürworterin eines auf Versöh- nung bedachten Friedens ohne Annexionen und Entschädigungen;

• die Bereitschaft der sozialdemokratischen Fraktion, die Verantwortung für einen als ungerecht empfundenen Friedensschluss eines Krieges zu über- nehmen, den sie nicht zu verantworten hat;

• das Bewusstsein, die Vertragsbedingungen in wesentlichen Teilen nicht er- füllen zu können;

• die Betonung der Willenskraft der durch die sozialdemokratische Fraktion

16 (I)

1 AFB = Anforderungsbereich

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repräsentierten Arbeiterklasse, am Wiederaufbau Deutschlands und der Welt im Sinne der Völkerverständigung mitzuwirken.

Orientierung für eine 9 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Die Hauptaussagen der Quelle werden, z. B. auf der Grundlage einer Gliederung nach Sinnabschnitten im textdurchschreitenden Verfahren, zutreffend wiedergege- ben.

Orientierung für eine 18 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Die Hauptaussagen der Quelle werden auf der Grundlage einer Gliederung präzise und differenziert so herausgearbeitet, dass Inhalt und gedanklicher Aufbau der Quelle deutlich werden.

7 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

Teilaufgabe 2 Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl (AFB)

1 ordnet die Quelle in den ereignisgeschichtlichen Zusammenhang der Versailler Friedensverhandlungen ein. Dabei geht er ein auf

• den politischen und militärischen Zusammenbruch des Kaiserreichs,

• Wilsons 14-Punkte-Katalog als Basis des Waffenstillstands,

• die Nichtbeteiligung der besiegten Mächte an den Friedensverhandlungen,

• den Bedeutungsverlust der 14 Punkte Wilsons während der Verhandlungen,

• die ablehnende Haltung der Reichsregierung gegenüber dem Friedensdiktat,

• die ultimative Aufforderung der Alliierten zur Vertragsunterzeichnung.

Orientierung für eine 7 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling berücksichtigt zwei der o. g. Aspekte und erläutert diese. Die Darstel- lung weist grundlegende aufgabenbezogene Kenntnisse nach und ist frei von we- sentlichen sachlichen Fehlern.

Orientierung für eine 14 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling berücksichtigt drei der o. g. Aspekte und erläutert diese an Beispielen.

Die Darstellung weist breite aufgabenbezogene Kenntnisse nach und ist frei von wesentlichen sachlichen Fehlern.

14 (II)

2 erläutert die vorgelegten Friedensbedingungen. Dabei geht er ein auf

• territoriale Verluste,

• militärische Beschränkungen,

• Reparationen,

• den Kriegsschuldparagraphen.

Orientierung für eine 7 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling erläutert zwei Aspekte sachlich zutreffend.

Orientierung für eine 14 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling erläutert drei Aspekte differenziert und sachlich zutreffend.

14 (II)

3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

(7)

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Teilaufgabe 3 Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl (AFB)

1 beurteilt Löbes Einschätzungen der Handlungsspielräume. Dabei geht er ein auf die Unausweichlichkeit der Vertragsunterzeichnung als Folge

• des militärischen und politischen Zusammenbruchs,

• der Zurückweisung einer deutschen Beteiligung an den Verhandlungen und

• der Unnachgiebigkeit vor allem Frankreichs.

Orientierung für eine 6 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling gelangt unter Bezugnahme auf den Text zu einem eigenständigen Ur- teil. Die Darstellung berücksichtigt eines der aufgelisteten Stichworte und enthält keine wesentlichen sachlichen Mängel.

Orientierung für eine 12 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling gelangt unter Bezugnahme auf den Text zu einem eigenständigen Ur- teil. In einer stringenten und ausführlichen Darstellung werden zwei der aufgeliste- ten Stichworte berücksichtigt.

12 (III)

2 beurteilt Löbes Einschätzung des Charakters der Friedensbedingungen. Dabei sind folgende Argumentationsansätze denkbar:

• Zustimmung zu Löbes Einschätzung (unangemessener Gewaltfrieden, in wesent- lichen Teilen unerfüllbar),

• Modifizierung bzw. Zurückweisung von Löbes Einschätzung (Friedensbedin- gungen z. B. als Folge des gescheiterten wilhelminischen Griffs nach der Welt- macht, als verständliche Reaktion vor allem Frankreichs auf die Opfer und Zer- störungen während des Krieges),

• Betonung der Weitsicht des Redners (z. B. „Dolchstoßlegende“, Diskreditierung des Parlamentarismus, Instrumentalisierung der aus der Annahme des Vertrages resultierenden politischen, wirtschaftlichen, sozialen und mentalen Belastungen im Zusammenhang mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus).

Orientierung für eine 6 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling gelangt unter Bezugnahme auf den Text zu einer eigenständigen Beur- teilung. Die Darstellung weist aufgabenbezogene Grundkenntnisse nach und enthält keine wesentlichen sachlichen Mängel.

Orientierung für eine 12 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling gelangt unter Bezugnahme auf den Text und unter Berücksichtigung mehrerer Aspekte zu einer in der Sache differenzierten und stringenten eigenständi- gen Beurteilung.

12 (III)

3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

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b) Darstellungsleistung

Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl

1 strukturiert seinen Text schlüssig, stringent sowie gedanklich klar und bezieht sich dabei genau und konsequent auf die Aufgabenstellung.

5 2 bezieht beschreibende, deutende und wertende Aussagen schlüssig aufeinander. 4 3 belegt seine Aussagen durch angemessene und korrekte Nachweise (Zitate u. a.). 3 4 formuliert unter Beachtung der Fachsprache präzise und begrifflich differenziert. 4 5 schreibt sprachlich richtig (Grammatik, Syntax, Orthographie, Zeichensetzung) so-

wie syntaktisch und stilistisch sicher.

4

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7. Bewertungsbogen zur Prüfungsarbeit

Name des Prüflings: ____________________________________ Kursbezeichnung: ____________

Schule: _____________________________________________

Teilaufgabe 1

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

(AFB)

EK2 ZK DK

1 stellt fest, dass … 2 (I)

2 charakterisiert die Quellenart … 2 (I)

3 benennt den Zeitpunkt … 2 (I)

4 arbeitet das Thema … 2 (I)

5 arbeitet – unter Berücksichtigung … 4 (II)

6 gibt Inhalt und … 16 (I)

7 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4)

………..

………..

Summe 1. Teilaufgabe 28

Teilaufgabe 2

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

(AFB)

EK ZK DK

1 ordnet die Quelle … 14 (II)

2 erläutert die vorgelegten … 14 (II)

3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4)

………..

………..

Summe 2. Teilaufgabe 28

2 EK = Erstkorrektur; ZK = Zweitkorrektur; DK = Drittkorrektur

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Teilaufgabe 3

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

(AFB)

EK ZK DK

1 beurteilt Löbes Einschätzungen … 12 (III) 2 beurteilt Löbes Einschätzung … 12 (III) 3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4)

………..

………..

Summe 3. Teilaufgabe 24

Summe der 1., 2. und 3. Teilaufgabe 80

Darstellungsleistung

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

EK ZK DK

1 strukturiert seinen Text … 5

2 bezieht beschreibende, deutende … 4

3 belegt seine Aussagen … 3

4 formuliert unter Beachtung … 4

5 schreibt sprachlich richtig … 4

Summe Darstellungsleistung 20

Summe insgesamt (inhaltliche und Darstellungsleistung) 100 aus der Punktsumme resultierende Note

Note ggf. unter Absenkung um ein bis zwei Noten- punkte gemäß § 13 Abs. 2 APO-GOSt

Paraphe

ggf. arithmetisches Mittel der Punktsummen aus EK und ZK: ___________

ggf. arithmetisches Mittel der Notenurteile aus EK und ZK: _____________

Die Klausur wird abschließend mit der Note: ________________________ (____ Punkte) bewertet.

Unterschrift, Datum:

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Grundsätze für die Bewertung (Notenfindung)

Für die Zuordnung der Notenstufen zu den Punktzahlen ist folgende Tabelle zu verwenden:

Note Punkte Erreichte Punktzahl

sehr gut plus 15 100 – 95

sehr gut 14 94 – 90

sehr gut minus 13 89 – 85

gut plus 12 84 – 80

gut 11 79 – 75

gut minus 10 74 – 70

befriedigend plus 9 69 – 65

befriedigend 8 64 – 60

befriedigend minus 7 59 – 55

ausreichend plus 6 54 – 50

ausreichend 5 49 – 45

ausreichend minus 4 44 – 39

mangelhaft plus 3 38 – 33

mangelhaft 2 32 – 27

mangelhaft minus 1 26 – 20

ungenügend 0 19 – 0

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Abiturprüfung 2008

Geschichte, Grundkurs

Aufgabenstellung:

1. Analysieren Sie den vorliegenden Textauszug.

(28 Punkte)

2. Erläutern Sie die vom Autor hervorgehobene Aussage Bismarcks, das Deutsche Reich gehöre „zu den saturierten Staaten“, und stellen Sie dieser die Grundzüge der Wilhel- minischen Weltmachtpolitik gegenüber, auf die sich Haffner bezieht.

(28 Punkte)

3. Setzen Sie sich mit Haffners Position zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs auseinander und vergleichen Sie sie mit anderen Auffassungen.

(24 Punkte)

Materialgrundlage:

Sebastian Haffner: Die sieben Todsünden des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg, überarbeitete und erweiterte Fassung der Erstausgabe von 1964, Bergisch-Gladbach 2001, S. 21 – 26

Zugelassene Hilfsmittel:

Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

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Aus:

Sebastian Haffner1

, Die sieben Todsünden des Deutschen Reiches im Ersten Welt- krieg

Der entscheidende erste Fehler, den Deutschland - lange vor Kriegsausbruch - gemacht hat, war seine Abkehr von Bismarck.

Bismarck sah mit der Reichsgründung Deutschlands Optimalposition erreicht. Er erklärte noch 1887: „Wir gehören zu den saturierten Staaten, wir haben keine Bedürfnisse, die wir durch das Schwert erkämpfen könnten.“ Und seine Politik seit 1871 beweist, dass er mein-

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te, was er sagte.

Die allgemeine Stimmung der folgenden deutschen Generation drückte dagegen Max We- ber

2

aus, als er 1916 schrieb: „Wollten wir diesen Krieg nicht riskieren, dann hätten wir die Reichsgründung unterlassen können.“ Für diese Generation, die Bismarck als „Eisernen Kanzler“ heroisierte, aber zugleich als veraltet abtat - war die Reichsgründung nicht End-

10

ziel und Abschluss, sondern Aufmarsch zum Durchbruch. Sie wollte heraus aus der mittel- europäischen Enge, sie wollte Weltmacht und europäische Vormacht werden, und sie woll- te beides zugleich: die Nachfolge des napoleonischen Frankreich in Europa und die Nach- folge Englands in der Welt. Sie sah „herrlichen Zeiten entgegen“: Das 20. Jahrhundert soll- te das deutsche Jahrhundert werden, so wie das 19. das englische und das 18. das französi-

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sche gewesen war. Sie berauschte sich an ihren großen Zielen, ihren großen Visionen, am eigenen Wesen und an der eigenen Kraft. […]

Die Selbstberauschtheit der deutschen Politik zwischen 1897 und 1914 ist unheimlich an- zusehen. Ihre Fehler - Fehler der Selbstüberschätzung und Selbstüberhebung - sind elemen- tar und monumental, und sie sind nicht dadurch entschuldigt, dass sie populär waren.

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Wer genau hinsieht, entdeckt außerdem in dieser deutschen Weltmachtpolitik, die den Weltkrieg verursachte, neben dem Rausch und der Enthemmung durch das Gefühl der eigenen Kraft, noch drei bedenklichere Elemente.

Erstens, so seltsam es klingt, einen gewissen Snobismus. Imperialismus war damals freilich in ganz Europa die große Mode - aber war es wirklich, gerade für Deutschland, notwendig,

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diese Mode mit so unkritischer, parvenühafter Begeisterung mitzumachen? Wir wissen heu- te, auf wie lächerlich schwachen Füßen dieser ganze europäische Kolonialimperialismus stand, was für eine Seifenblase er im Grunde war. War es wirklich so unmöglich, es schon damals zu merken, gerade für ein lange unbeteiligtes Land wie Deutschland? Die trübseli- gen Gräuel kolonialer Unterwerfungskriege und Strafexpeditionen, die schamlose Ausbeu-

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tung der Farbigen - war es wirklich ein so ideales Ziel, dabei mithalten zu dürfen? Der Duft der großen weiten Welt - merkte man nicht, wie er gerade damals aus der Nähe stank? Wa- rum verließ man sich nicht auf die eigene Nase? Warum wollte man durchaus sein wie die Engländer? Es ist merkwürdig, dass die große Herausforderung an England damals in Deutschland von einer ziemlich inferioren und provinzlerischen Nachäfferei gerade der

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Torheiten und Eitelkeiten Englands begleitet war - ja, in gewissem Sinne daraus entstand.

Zweitens einen gewissen Nihilismus. Auch das klingt seltsam; das optimistische, ideen- reiche, hoch kultivierte Deutschland der Wilhelminischen Epoche war sich gewiss keines Nihilismus bewusst. Und doch betrieb es Machtentfaltung und, in gewissem Sinne, Weltre- volution (nämlich den Umsturz des bestehenden Weltmachtsystems) im Namen von -

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nichts. […] Wofür wollte Deutschland in seiner großen Epoche die Welt verändern? Was

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sollte Europa von dem deutschen 20. Jahrhundert Neues, Wichtiges, Besseres empfangen?

Es gab keine Antwort. Macht um der Macht willen, Herrschaft um der Herrschaft willen –

„weil wir jetzt dran sind“ -, „weil wir die Stärkeren sind“: Das ist keine Legitimation. Das erweckt nichts als Widerstand und Hass. Damit ist kein Weltreich zu gründen.

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Und schließlich eine gewisse Selbstverkennung. Deutschland war ein konservatives Land.

[…]

Konservatismus kann seinem Wesen nach nur defensiv sein. Westlich von Deutschland wurde schon um 1900 die Welt sichtlich immer demokratischer, östlich von Deutschland immer revolutionärer. Krieg konnte diesen Prozess nur beschleunigen. Durch Krieg konnte

50

das konservative Deutschland nur den Ast absägen, auf dem es saß. Tatsächlich war ja dann auch die dauerhafteste seiner Kriegstaten die Bolschewisierung Russlands.

Nein, Bismarck hatte Recht, und Max Weber hatte Unrecht. Das Deutsche Reich hatte

„keine Bedürfnisse, die es mit dem Schwert erkämpfen konnte“. Dass es anders dachte, war sein erster großer Fehler. Er zog alle weiteren nach sich. Als ersten das furchtbare Selbsttor,

55

das Deutschland im Juli und August 1914 schoss.

1

Sebastian Haffner (1907 – 1999), geboren in Berlin. Haffner emigrierte 1938 nach England, kehrte nach dem Ende des 2. Weltkriegs nach Deutschland zurück und lebte seit 1954 in Berlin als freier Schriftsteller und Journalist. Zahl- reiche Veröffentlichungen zu den Themenbereichen 1. Weltkrieg, Weimarer Republik und insbesondere zum Thema Nationalsozialismus.

2 Max Weber (1864 –1920), Nationalökonom und Soziologe. Weber lehrte als Professor an mehreren deutschen Uni- versitäten (Berlin, Freiburg, Heidelberg und zuletzt in München). Umfangreiche publizistische Tätigkeit zur Zeit des Kaiserreichs und der Anfangsphase der Weimarer Republik.

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Unterlagen für die Lehrkraft

Abiturprüfung 2008

Geschichte, Grundkurs

1. Aufgabenart

B 1 Analyse von Sekundärliteratur und kritische Auseinandersetzung mit ihr

2. Aufgabenstellung

1. Analysieren Sie den vorliegenden Textauszug.

(28 Punkte)

2. Erläutern Sie die vom Autor hervorgehobene Aussage Bismarcks, das Deutsche Reich gehöre „zu den saturierten Staaten“, und stellen Sie dieser die Grundzüge der Wilhel- minischen Weltmachtpolitik gegenüber, auf die sich Haffner bezieht.

(28 Punkte)

3. Setzen Sie sich mit Haffners Position zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs auseinander und vergleichen Sie sie mit anderen Auffassungen.

(24 Punkte)

3. Materialgrundlage

Sebastian Haffner: Die sieben Todsünden des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg, überarbeitete und erweiterte Fassung der Erstausgabe von 1964, Bergisch-Gladbach 2001, S. 21 – 26

4. Bezüge zu den Vorgaben 2008

1. Inhaltliche Schwerpunkte

Das „lange“ 19. Jahrhundert

Nationalstaatsgedanke und Nationalismus in Europa

Reichsgründung von oben: Deutschland 1870/71

Technischer Fortschritt, sozioökonomische Veränderungen und imperialistische Expansion (Deutschland, Großbritannien, USA)

Der Erste Weltkrieg

„Kriegsausbruch“

2. Medien/Materialien

entfällt

5. Zugelassene Hilfsmittel

Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

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6. Vorgaben für die Bewertung der Schülerleistungen

Teilleistungen – Kriterien

a) inhaltliche Leistung Teilaufgabe 1

Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl (AFB)1

1 benennt den Autor (Sebastian Haffner, deutscher Journalist und Historiker) und die Adressaten (Historiker, historisch interessierte Öffentlichkeit).

2 (I) 2 charakterisiert den Text als Sekundärliteratur und überarbeitete Fassung eines äl-

teren Textes.

2 (II) 3 arbeitet das Thema heraus: Weltmachtpolitik des Deutschen Reiches in der Zeit

nach Bismarck (Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges).

2 (II) 4 arbeitet die Absicht des Verfassers heraus: Nachweis, dass die deutsche Welt-

machtpolitik unverantwortlich war und den Ersten Weltkrieg verursacht hat.

4 (II) 5 gibt Inhalt und Gedankengang wieder:

Ausgangsthese: Die Abkehr von der Bismarck´schen Politik war ein Kardinal- fehler:

Bismarck lehnte imperialistische Ambitionen ab und hielt Deutschland nach der Reichsgründung für saturiert.

Die Nachfolgegeneration (Beispiel Max Weber) hatte Weltmachtambitionen, die nach Haffner den Weltkrieg verursachten und die auf einer eklatanten Selbstüberschätzung beruhten.

• Die Selbstüberschätzung der Deutschen zwischen 1871 und 1914 war wie ein Rausch, unverantwortlich und unentschuldbar. Zusätzlich sind drei „bedenkli- che Elemente“ deutscher Politik erkennbar:

1. Snobismus: Die Deutschen wollten die Mode des Kolonialimperialismus mitmachen. Das war eine „provinzlerische Nachäfferei“, unsinnig und nicht entschuldbar. Auch damals hätte dies erkannt werden können.

2. Nihilismus: Deutschland kämpfte für eine Änderung des Weltmachtsys- tems, es hatte aber keine eigene Idee oder Ideologie, wie sie andere Länder hatten. Es wollte nur Herrschaft um der Herrschaft willen; das reicht als Legi- timation nicht aus.

3. Selbstverkennung: Deutschland war ein konservatives Land, beschleunig- te aber entgegen seiner Absicht mit seiner Politik den revolutionären Prozess (Bolschewisierung).

Fazit: Bismarck hatte mit seiner antiimperialistischen Position und Warnung recht; Max Weber als Vertreter der Nachfolgegeneration hatte unrecht, wenn er eine Weltmachtpolitik befürwortete. Dieser Fehler führte zur schuldhaften Ver- strickung des Deutschen Reiches in den Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Orientierung für eine 9 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Die zentralen Aussagen des Textes werden, z. B. auf der Grundlage einer Gliede- rung nach Sinnabschnitten im textdurchschreitenden Verfahren, zutreffend wieder- gegeben.

18 (I)

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differenziert so herausgearbeitet, dass Inhalt und gedanklicher Aufbau des Textes (z. B. Bekräftigung der Ausgangsthese am Textende) deutlich werden.

6 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

Teilaufgabe 2 Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl (AFB)

1 erläutert Bismarcks Aussage, das Deutsche Reich gehöre „zu den saturierten Staa- ten“, indem er auf folgende Sachverhalte eingeht:

• Reichsgründung als großer Erfolg Bismarcks, Entstehung eines neuen Machtzen- trums. Erklärungen der „Saturiertheit“, um das kontinentaleuropäische Gleich- gewicht zu erhalten,

• außenpolitische Maxime: Bündnispolitik in Europa, um eine übermächtige Koa- lition gegen Deutschland zu verhindern („Kissinger Diktat“); Konzept der Frie- denssicherung,

• daher das Bestreben, eine Konfrontation mit den anderen europäischen Mächten auf kolonialem Gebiet zu vermeiden, die Kolonialpolitik der anderen Großmäch- te vielmehr zu steuern und so Spannungen von der Mitte Europas an die Periphe- rie zu verlagern,

• Skepsis gegenüber „Weltmacht“-Ambitionen, allgemeine Bedenken gegen Nut- zen von Kolonien,

• trotzdem Erwerb der wichtigsten deutschen Kolonien in seiner Regierungszeit (in Afrika 1884 und 1885) aus ökonomischen Gründen (Schutzgebiete für Han- delskompanien), Nachgeben gegenüber dem Drängen des Kolonialvereins.

Orientierung für eine 6 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Zwei Aspekte werden in Grundzügen erläutert und zur Quelle in Beziehung gesetzt.

Die Darstellung enthält keine wesentlichen sachlichen Mängel und weist grundle- gende historische Kenntnisse nach.

Orientierung für eine 12 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Drei Aspekte werden auf der Grundlage breiter historischer Kenntnisse detailliert erläutert und sachgerecht auf die Aussagen des Textes bezogen.

12 (II)

2 stellt Bismarcks Auffassung die Weltmachtpolitik unter Wilhelm II. gegenüber, indem er z. B. folgende Aspekte anführt:

• Anspruch Wilhelms II. auf das „persönliche Regiment“, Proklamation eines neu- en Kurses: Anspruch auf Weltmachtstellung Deutschlands,

• Ideologie, dass nationale „Ehre und Größe“ an Kolonialbesitz gebunden sei- en/Nationalismus,

• offensive/aggressive Außenpolitik: Verletzung englischer Interessen (Flottenbau, Bau der Bagdadbahn),

• blindes Vertrauen in die eigene militärische Überlegenheit: Nicht-Verlängerung des Rückversicherungsvertrages mit Russland,

• innenpolitische Gründe (Ablenkung von politischen und sozialen Problemen): er- folgreiche Expansionspolitik soll zeitgemäße Innenpolitik ersetzen,

• Aufrüstung: Flottenbau (vorangetrieben von Tirpitz, Alldeutschem Verband, Deutschem Flottenverein) als Prestigesache,

• Einstieg in den Wettlauf imperialistischer Staaten, Forderung nach einem „Platz an der Sonne“. Beispiele für koloniale Bestrebungen: China (Okkupation einiger Provinzen, Beteiligung an der Niederschlagung des Boxeraufstandes); Bau der Bagdadbahn; Ambitionen in Afrika.

16 (II)

(18)

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Orientierung für eine 8 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Drei Aspekte werden in Grundzügen erläutert und zur Quelle in Beziehung gesetzt.

Orientierung für eine 16 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Vier Aspekte werden auf der Grundlage breiter historischer Kenntnisse ausgeführt und sachgerecht auf die Aussagen des Textes bezogen.

3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

Teilaufgabe 3 Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl (AFB)

1 setzt sich mit Haffners Position zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs auseinan- der, indem er zustimmend oder relativierend z. B. folgende Aspekte bedenkt:

• Haffners Position impliziert die Schuld der deutschen Politik am Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Mögliche Relativierung: Auch andere europäische Mächte verfolgten Weltmachtinteressen.

• Der Eintritt Deutschlands in den Konkurrenzkampf in Übersee verschärft seit 1900 die Spannungen der europäischen Mächte.

Mögliche Relativierung: Diese Entwicklung kann nicht nur Deutschland zur Last gelegt werden.

• Die Sicherung und Erschließung von Kolonien erfordert eine Flotte, deren Auf- bau und Aufrüstung zu einer weiteren Verschärfung der Spannungen führt.

• Aufrüstung und speziell der Flottenbau verschärfen die Spannungen in Europa (bes. Konkurrenz mit England).

Mögliche Relativierung: England rüstet die ohnehin überlegene Flotte ebenfalls energisch auf, so dass ein Rüstungswettlauf entsteht.

• Die Marokkokrisen 1904 und 1911, d. h. Streitigkeiten um Kolonien, führen be- reits an den Rand des Krieges.

Orientierung für eine 6 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Haffners Position wird in Grundzügen diskutiert; dabei werden zwei der Aspekte nachvollziehbar ausgeführt.

Orientierung für eine 12 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Haffners Position wird differenziert unter Berücksichtigung der genannten Aspekte diskutiert.

12 (III)

2 vergleicht Haffners Position zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges mit anderen Auffassungen, indem er sie z. B. folgenden Positionen gegenüberstellt:

• der These einer bewussten Vorbereitung des Krieges durch die deutsche Politik („Griff nach der Weltmacht“, Fritz Fischer),

• der gegensätzlichen Deutung des Weltkriegsausbruches als Präventivschlag,

• der These, der Krieg sei ein Versuch gewesen, die innenpolitischen Probleme durch eine aggressive Wendung nach außen zu lösen,

• der These, die Entscheidungsträger hätten das Risiko eines Krieges für begrenzt gehalten,

• der These einer ungewollten Verstrickung und ungeplanten Eskalation.

Orientierung für eine 6 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

12 (III)

(19)

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Orientierung für eine 12 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling zieht zwei weitere Ansätze heran, die er sachlich korrekt und differen- ziert darstellt, und erläutert/beurteilt auf der Basis breiter Kenntnisse zentrale Ge- meinsamkeiten bzw. Unterschiede.

3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

b) Darstellungsleistung Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl

1 strukturiert seinen Text schlüssig, stringent sowie gedanklich klar und bezieht sich dabei genau und konsequent auf die Aufgabenstellung.

5 2 bezieht beschreibende, deutende und wertende Aussagen schlüssig aufeinander. 4 3 belegt seine Aussagen durch angemessene und korrekte Nachweise (Zitate u. a.). 3 4 formuliert unter Beachtung der Fachsprache präzise und begrifflich differenziert. 4 5 schreibt sprachlich richtig (Grammatik, Syntax, Orthographie, Zeichensetzung) so-

wie syntaktisch und stilistisch sicher.

4

(20)

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7. Bewertungsbogen zur Prüfungsarbeit

Name des Prüflings: ____________________________________ Kursbezeichnung: ____________

Schule: _____________________________________________

Teilaufgabe 1

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

(AFB)

EK2 ZK DK

1 benennt den Autor … 2 (I)

2 charakterisiert den Text … 2 (I)

3 arbeitet das Thema … 2 (I)

4 arbeitet die Absicht … 4 (I)

5 gibt Inhalt und … 18 (II)

6 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4)

………..

………..

Summe 1. Teilaufgabe 28

Teilaufgabe 2

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

(AFB)

EK ZK DK

1 erläutert Bismarcks Aussage … 12 (II) 2 stellt Bismarcks Auffassung … 16 (II) 3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4)

………..

………..

Summe 2. Teilaufgabe 28

(21)

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Teilaufgabe 3

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

(AFB)

EK ZK DK

1 setzt sich mit … 12 (III)

2 vergleicht Haffners Position … 12 (III) 3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4)

………..

………..

Summe 3. Teilaufgabe 24

Summe der 1., 2. und 3. Teilaufgabe 80

Darstellungsleistung

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

EK ZK DK

1 strukturiert seinen Text … 5

2 bezieht beschreibende, deutende … 4

3 belegt seine Aussagen … 3

4 formuliert unter Beachtung … 4

5 schreibt sprachlich richtig … 4

Summe Darstellungsleistung 20

Summe insgesamt (inhaltliche und Darstellungsleistung) 100 aus der Punktsumme resultierende Note

Note ggf. unter Absenkung um ein bis zwei Noten- punkte gemäß § 13 Abs. 2 APO-GOSt

Paraphe

ggf. arithmetisches Mittel der Punktsummen aus EK und ZK: ___________

ggf. arithmetisches Mittel der Notenurteile aus EK und ZK: _____________

Die Klausur wird abschließend mit der Note: ________________________ (____ Punkte) bewertet.

Unterschrift, Datum:

(22)

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Grundsätze für die Bewertung (Notenfindung)

Für die Zuordnung der Notenstufen zu den Punktzahlen ist folgende Tabelle zu verwenden:

Note Punkte Erreichte Punktzahl

sehr gut plus 15 100 – 95

sehr gut 14 94 – 90

sehr gut minus 13 89 – 85

gut plus 12 84 – 80

gut 11 79 – 75

gut minus 10 74 – 70

befriedigend plus 9 69 – 65

befriedigend 8 64 – 60

befriedigend minus 7 59 – 55

ausreichend plus 6 54 – 50

ausreichend 5 49 – 45

ausreichend minus 4 44 – 39

mangelhaft plus 3 38 – 33

mangelhaft 2 32 – 27

mangelhaft minus 1 26 – 20

ungenügend 0 19 – 0

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Abiturprüfung 2008

Geschichte, Grundkurs

Aufgabenstellung:

Interpretieren Sie die Quelle, indem Sie

1. sie analysieren,

(28 Punkte)

2. sie in den Kontext der Redesituation einordnen und zentrale innenpolitische Probleme der DDR, auf die Modrow Bezug nimmt, erläutern,

(28 Punkte)

3. die politischen Einschätzungen des Redners beurteilen und seine Prämissen und Ziele

bewerten.

(24 Punkte)

Materialgrundlage:

Aus der Regierungserklärung von Ministerpräsident Hans Modrow vom 17.11.1989, in:

Berliner Zeitung, Berlin (Ost), vom 18./19.11.1989. Abgedruckt in: Lau, Karin und Karlheinz (Hg.): Deutschland auf dem Weg zur Einheit. Dokumente einer Revolution, Braunschweig 1990

Zugelassene Hilfsmittel:

Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

(24)

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Aus der Regierungserklärung von Ministerpräsident Hans Modrow

1

vom 17.11.1989

Diese Regierung, die ich Ihnen nach vorangegangenen Konsultationen mit den sie tragenden politischen Parteien – SED, CDU, DBD, LDPD, NDPD

2

– vorschlagen werde, ist eine Regie- rung der Koalition, eines neu verstandenen, kreativen politischen Bündnisses; das zeigen auch die Positionspapiere dieser Parteien. Sie will alles tun, damit die eben begonnene demokrati- sche Erneuerung des gesamten öffentlichen Lebens tiefe Wurzeln bekommt und behält. Sie

5

will alles tun, damit die dringend notwendige Stabilisierung unserer Wirtschaft erreicht und das Sozialprodukt wieder real vergrößert wird.

Die demokratische Erneuerung, ein vielgestaltiger, auch widersprüchlicher und zorniger Pro- zeß, ist von Hunderttausenden im Volk begonnen worden, die wahrhaftig aus sich heraus und auf die Straße gegangen sind. Der Wille zur Erneuerung der sozialistischen Gesellschaft und

10

ihres Staates hat Millionen Bürger erfasst und ist so zur politischen Gewalt geworden, politi- sche Parteien und gesellschaftliche Gruppen sind selbstbewußt hervorgetreten. Dem Volk der DDR, das einen guten Sozialismus will, wird diese Regierung verpflichtet sein.

Das aber heißt mehr als Arbeit für alle und sicheres Wohnen für jeden und anständig einkau- fen können, obwohl dies schon sehr viel bedeutet. Ein besserer Sozialismus – das müssen

15

Chancen für alle sein, sich ein Leben zu schaffen, das bunt und inhaltsreich ist, Individualität aufleben lässt und Kameradschaft im Kollektiv ermöglicht, statt dass der eine des anderen Deibel ist. Individualität ist hier, glaube ich, das, was zu achten ist. Politische und ideologische Toleranz gehört unverzichtbar dazu. Ein solcher Sozialismus, der sich nur durch die Arbeit seiner Bürger zu einer Leistungsgesellschaft entwickeln kann, sollte in der Lage sein, nach

20

Maßgabe seiner ökonomischen Ergebnisse für alle Bürger soziale Sicherheit zu gewährleisten.

So bitten wir alle Bürger, diese Regierung zu unterstützen. Wir brauchen von denjenigen, die sich dazu bereit finden, einen Vertrauensvorschuß, und ich weiß, dass ich damit schon viel verlange. Deshalb will ich hier erklären: Diese Regierung wird nur das versprechen, was sie wirklich halten kann. Deshalb will sie jeden Werktätigen dazu auffordern, so ergebnisreich

25

wie irgend möglich zu arbeiten, zügig und viel rationeller, in jeder Stunde und für jede Mark, die bezahlt wird. Dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen ist unser Auftrag.

[…]

Zu den grundlegenden Voraussetzungen der Stabilität und des Friedens in Europa gehören stabile, berechenbare Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten und ihre konstrukti-

30

ve Weiterentwicklung. Mit der Öffnung ihrer Grenzen für den freien Reiseverkehr hat die DDR in diesem Sinne eine weltweit begrüßte und unterstützte Leistung erbracht. Mit der angestrebten, ja bereits begonnenen Reform unseres politischen Systems wird auch der Weg zur Wahrung und Durchsetzung des Selbstbestimmungsprozesses des Volkes der DDR auf neuer Grundlage gegangen. Damit wird die Legitimation der DDR als sozialistischer Staat,

35

als souveräner deutscher Staat erneuert. Nicht durch Beteuerung, sondern durch eine neue Re-

1 Hans Modrow, geb. 1928, war von 1973 bis 1989 Erster Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden, vom 13.11.1989

(25)

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Name: _______________________

alität des Lebens in der DDR wird den ebenso unrealistischen wie gefährlichen Spekulationen über eine Wiedervereinigung die klare Absage erteilt. Die beiden deutschen Staaten haben bei aller Verschiedenheit ihrer Gesellschaftsordnungen eine jahrhundertealte gemeinsame Ge- schichte. Beide Seiten sollten die hierin liegende Chance begreifen, ihrem Verhältnis den Cha-

40

rakter einer qualifizierten guten Nachbarschaft zu geben.

Indem sich beide deutsche Staaten uneingeschränkt respektieren, können sie zugleich wertvol- les Beispiel kooperativer Koexistenz schaffen. Die Regierung der DDR ist bereit, die Zusam- menarbeit mit der BRD umfassend auszubauen und auf eine neue Stufe zu heben. Dies gilt für alle Fragen: Sicherung des Friedens, Abrüstung, für Wirtschaft, Wissenschaft und Technik,

45

Umweltschutz, Verkehr, Post und Fernmeldewesen, für die Kultur, den Tourismus, und den umfangreichen humanitären Bereich.

Wir sind dafür, die Verantwortungsgemeinschaft beider deutscher Staaten durch eine Ver- tragsgemeinschaft zu untersetzen, die weit über den Grundlagenvertrag und die bisher ge- schlossenen Verträge und Abkommen zwischen beiden Staaten hinausgeht. Dafür ist diese

50

Regierung gesprächsbereit. […]

Lassen Sie mich abschließend sagen: Diese Regierung wird eine Regierung des Volkes und

der Arbeit sein. Ich bitte Sie im Namen aller Mitglieder des Ministerrates um Ihr Vertrauen

und zugleich um Zustimmung für die Regierungserklärung.

(26)

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Unterlagen für die Lehrkraft

Abiturprüfung 2008

Geschichte, Grundkurs

1. Aufgabenart

A1 Interpretation sprachlicher oder nichtsprachlicher historischer Quellen mit geglieder- ter Aufgabenstellung

2. Aufgabenstellung

Interpretieren Sie die Quelle, indem Sie

1. sie analysieren,

(28 Punkte)

2. sie in den Kontext der Redesituation einordnen und zentrale innenpolitische Probleme der DDR, auf die Modrow Bezug nimmt, erläutern,

(28 Punkte)

3. die politischen Einschätzungen des Redners beurteilen und seine Prämissen und Ziele

bewerten.

(24 Punkte)

3. Materialgrundlage

Aus der Regierungserklärung von Ministerpräsident Hans Modrow

vom 17.11.1989, in:

Berliner Zeitung, Berlin (Ost), vom 18./19.11.1989. Abgedruckt in: Lau, Karin und Karlheinz (Hg.): Deutschland auf dem Weg zur Einheit. Dokumente einer Revolution, Braunschweig 1990

4. Bezüge zu den Vorgaben 2008

1. Inhaltliche Schwerpunkte

Das „kurze“ 20. Jahrhundert

Deutschland und Europa nach dem Zweiten Weltkrieg

Teilung Europas und Deutschlands nach 1945

Gesellschaftliche Entwicklung in der DDR: Mauerbau 1961

Epochenjahr 1989

Der Untergang der Sowjetunion und die Revolutionen in Osteuropa

Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1989/1990

2. Medien/Materialien

(27)

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5. Zugelassene Hilfsmittel

Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

6. Vorgaben für die Bewertung der Schülerleistungen

Teilleistungen – Kriterien

a) inhaltliche Leistung Teilaufgabe 1

Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl (AFB)1

1 benennt den Autor (Hans Modrow, SED-Mitglied, Ministerpräsident von 11´89 bis 4´90), und die Adressaten (Bevölkerung der DDR, Politiker der Bundesrepublik und der Alliierten, Bevölkerung in beiden Teilen Deutschlands, Teile der Weltöf- fentlichkeit).

2 (I)

2 charakterisiert die Quellenart als Primärquelle (Überrest, Dokument, öffentlich) und die Textsorte als politische Rede.

2 (II) 3 arbeitet das Thema der Rede heraus: Pläne und Ziele der neuen Regierung; Umgang

mit der Krisensituation in der DDR.

2 (II) 4 nimmt eine erste Einordnung der Quelle vor (wenige Tage nach der Maueröffnung,

angespannte Situation in der DDR, ein Jahr vor der Vereinigung) und benennt den Anlass der Rede (Regierungserklärung der neuen Regierung nach Rücktritt der bis- herigen).

2 (II)

5 arbeitet die Intention des Redners heraus: Werbung um Vertrauen, Aufruf zur Mit- arbeit an einem verbesserten Sozialismus.

2 (II) 6 gibt Inhalt und Gedankengang der Rede wieder, indem er folgende zentrale As-

pekte herausarbeitet:

• Ziel der Koalitionsregierung ist es, die demokratische Erneuerung zu festigen und die Wirtschaft zu stabilisieren.

• Das Volk hat die – bereits begonnene – demokratische Erneuerung der sozialisti- schen Gesellschaft initiiert.

• Ein guter Sozialismus beinhaltet: soziale Sicherheit, Raum für Individualität, So- lidarität, Toleranz und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

• Die Regierung bittet um Unterstützung und ruft zu härterer und effizienterer Ar- beit auf.

• Das Verhältnis zwischen DDR und der Bundesrepublik Deutschland soll sich verbessern, gute Nachbarschaft soll entstehen. Wichtig ist die Selbstbestimmung der DDR-Bürger; sie legitimiert – erneut – die DDR als sozialistischen Staat und als souveränen Staat. Wiedervereinigungsideen sind gefährlich und werden klar abgelehnt.

• Mit der Bundesrepublik Deutschland kann in allen Bereichen eine gute Zusam- menarbeit stattfinden, es können weitgehende Verträge dazu abgeschlossen wer- den („Vertragsgemeinschaft“).

18 (I)

1 AFB = Anforderungsbereich

(28)

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Orientierung für eine 8 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Die Hauptaussagen der Rede werden, z. B. auf der Grundlage einer Gliederung nach Sinnabschnitten im textdurchschreitenden Verfahren, zutreffend wiedergegeben.

Orientierung für eine 16 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Die Hauptaussagen der Quelle werden auf Grundlage einer Gliederung präzise und differenziert so herausgearbeitet, dass Inhalt und gedanklicher Aufbau der Quelle deutlich werden.

7 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

Teilaufgabe 2 Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl (AFB)

1 ordnet die Quelle in den Kontext der Redesituation ein, indem er auf die Situation der DDR im Jahre 1989 eingeht und dabei folgende Sachverhalte erläutert:

• Krise und „Revolution“ in der DDR,

• Ausreisewelle, vielfach über Botschaften in Ungarn,

• Demonstrationen (Leipziger Montagsdemonstration) mit wachsenden Teilneh- merzahlen, unterschiedliche Forderungen nach mehr Demokratie,

• Entstehung oppositioneller Gruppen,

• Veränderungen in der UdSSR, Rolle Gorbatschows für die Demokratisierungs- prozesse in den Warschauer-Pakt-Ländern,

• Sturz Honeckers und Rücktritt der DDR-Regierung und des SED-Politbüros; Bil- dung einer neuen Regierung unter Modrow,

• Öffnung der Mauer am 9.11. 1989,

• zum Zeitpunkt der Rede: offene Situation, viele Möglichkeiten aufgrund des ein- getretenen Machtvakuums; emotional aufgeheizte Stimmung.

Orientierung für eine 7 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Vier Elemente werden in Grundzügen erläutert und zur Quelle in Beziehung gesetzt.

Die Darstellung enthält keine wesentlichen sachlichen Mängel und weist grundle- gende historische Kenntnisse nach.

Orientierung für eine 14 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Sechs Elemente werden auf der Grundlage breiter historischer Kenntnisse detailliert erläutert und sachgerecht auf die Aussagen des Textes bezogen.

14 (II)

2 erläutert die zentralen Probleme der DDR, indem er auf folgende Aspekte näher eingeht:

• Ideologie: Sozialismus-Modell in der DDR mit Führungsanspruch der SED,

• wirtschaftliche Defizite in der DDR: veraltete Technik, fehlende Konkurrenzfä- higkeit, Devisenmangel, für die Bevölkerung vergleichsweise niedriger Lebens- standard, Mangelwirtschaft,

• politische Probleme: verkrustete Machtstrukturen, unfähige Führungskader, Verbot von Opposition, Stasi-Machenschaften,

• gesellschaftlich-kulturelle Defizite: Einheitslinie, Verbot von Kritik, Unterdrü- ckung von Individualität,

• Problem der Freizügigkeit: Verbot der Ausreise, fehlende Reisefreiheit, Ver-

14 (II)

(29)

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Die Darstellung enthält keine wesentlichen sachlichen Mängel und weist grundle- gende historische Kenntnisse nach.

Orientierung für eine 14 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Vier Elemente werden auf der Grundlage breiter historischer Kenntnisse detailliert erläutert und sachgerecht auf die Aussagen des Textes bezogen.

3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4) Teilaufgabe 3

Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl (AFB)

1 beurteilt die politischen Einschätzungen des Redners; dabei können folgende As- pekte berücksichtigt werden:

• Modrow irrt hinsichtlich der Wiedervereinigung, die er als „unrealistisch und ge- fährlich“ einschätzt. Die Bevölkerung votiert für die Vereinigung, wie spätestens die ersten Wahlen zeigen.

• Die Ablehnung der Wiedervereinigung durch Modrow ist ein verständlicher Irr- tum, weil die Situation ganz überraschend und noch für alle Optionen offen ist;

auch die Bürgerbewegung lehnt – in großen Teilen – eine Wiedervereinigung ab.

• Die Ablehnung der Wiedervereinigung durch Modrow beruht auf einer Fehlein- schätzung der Stimmung im Volk und auf wirtschaftlichen Fehleinschätzungen.

Das zeigt, wie weit sich die SED von der Realität entfernt hat.

• Modrow verkennt die Stimmung des Volkes hinsichtlich der Partei (SED); das Volk misstraut der SED, es traut ihr keinen neuen Kurs zu (Wahlergebnis).

• Modrow irrt hinsichtlich der Begeisterung für den Sozialismus bzw. „guten So- zialismus“; das Volk votiert für die Marktwirtschaft.

Orientierung für eine 7 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling gelangt zu einer eigenständigen Position, die durch grundlegende historische Kenntnisse begründet wird.

Orientierung für eine 14 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Der Prüfling gelangt zu einer kritisch abwägenden eigenen Position, die kenntnis- reich und differenziert begründet wird.

14 (III)

2 bewertet Modrows Prämissen und Ziele unter Berücksichtigung ihrer ideologischen Grundlagen. Dabei können z. B. folgende Aspekte angesprochen werden:

• „Guter Sozialismus“ als Demokratiemodell: Weiterentwicklung des DDR- Gesellschaftsmodells?

• Problem der Legitimation der DDR als eines sozialistischen Staates,

• Problem der Legitimation der Regierung Modrow,

• Problem der Glaubwürdigkeit: Bewusstseinswandel oder Strategie der Machter- haltung?

• Problem der Toleranz gegenüber politisch Andersdenkenden.

Orientierung für eine 5 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Die Rede wird bewertet, indem zwei Aspekte berücksichtigt werden und ein be- gründetes eigenständiges Urteil gefällt wird.

Orientierung für eine 10 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität:

Die Rede wird bewertet, indem drei Aspekte umfassend berücksichtigt werden und ein überzeugend begründetes eigenständiges Urteil gefällt wird. Die eigenen Wert- maßstäbe werden dabei explizit dargelegt

.

10 (III)

3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

(30)

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b) Darstellungsleistung Anforderungen

Der Prüfling

maximal erreichbare

Punktzahl

1 strukturiert seinen Text schlüssig, stringent sowie gedanklich klar und bezieht sich dabei genau und konsequent auf die Aufgabenstellung.

5 2 bezieht beschreibende, deutende und wertende Aussagen schlüssig aufeinander. 4 3 belegt seine Aussagen durch angemessene und korrekte Nachweise (Zitate u. a.). 3 4 formuliert unter Beachtung der Fachsprache präzise und begrifflich differenziert. 4 5 schreibt sprachlich richtig (Grammatik, Syntax, Orthographie, Zeichensetzung) so-

wie syntaktisch und stilistisch sicher.

4

(31)

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7. Bewertungsbogen zur Prüfungsarbeit

Name des Prüflings: ____________________________________ Kursbezeichnung: ____________

Schule: _____________________________________________

Teilaufgabe 1

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

(AFB)

EK2 ZK DK

1 benennt den Autor … 2 (I)

2 charakterisiert die Quellenart … 2 (II)

3 arbeitet das Thema … 2 (II)

4 nimmt eine erste … 2 (II)

5 arbeitet die Intention … 2 (II)

6 gibt Inhalt und … 18 (I)

7 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4)

………..

………..

Summe 1. Teilaufgabe 28

Teilaufgabe 2

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

(AFB)

EK ZK DK

1 ordnet die Quelle … 14 (II)

2 erläutert die zentralen … 14 (II)

3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4)

………..

………..

Summe 2. Teilaufgabe 28

2 EK = Erstkorrektur; ZK = Zweitkorrektur; DK = Drittkorrektur

(32)

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Seite 7 von 8

Teilaufgabe 3

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

(AFB)

EK ZK DK

1 beurteilt die politischen … 14 (III) 2 bewertet Modrows Prämissen … 10 (III) 3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4)

………..

………..

Summe 3. Teilaufgabe 24

Summe der 1., 2. und 3. Teilaufgabe 80

Darstellungsleistung

Anforderungen Lösungsqualität

Der Prüfling erreichbare maximal Punktzahl

EK ZK DK

1 strukturiert seinen Text … 5

2 bezieht beschreibende, deutende … 4

3 belegt seine Aussagen … 3

4 formuliert unter Beachtung … 4

5 schreibt sprachlich richtig … 4

Summe Darstellungsleistung 20

Summe insgesamt (inhaltliche und Darstellungsleistung) 100 aus der Punktsumme resultierende Note

Note ggf. unter Absenkung um ein bis zwei Noten- punkte gemäß § 13 Abs. 2 APO-GOSt

Paraphe

ggf. arithmetisches Mittel der Punktsummen aus EK und ZK: ___________

ggf. arithmetisches Mittel der Notenurteile aus EK und ZK: _____________

Die Klausur wird abschließend mit der Note: ________________________ (____ Punkte) bewertet.

Unterschrift, Datum:

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