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Archiv "Glosse: „Selbstbedienung“" (27.03.1992)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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ffenbar beabsichtigt das Bundesgesundheitsmini- sterium, Forderungen vor allem aus der epidemiolo- gischen Wissenschaft nach ei- nem nationalen Krebsregister nunmehr nachzukommen Bun- desgesundheitsministerin Gerda Hasselfeldt (CSU) hat jedenfalls dieser Tage — anläßlich der Vor- lage einer Studie, mit der einem solchen Register das Wort gere- det wird — angekündigt, noch in diesem Jahr einen entsprechen- den Gesetzentwurf vorlegen zu wollen. Anlaß ist nicht nur der erneute Vorstoß aus der Wissen- schaft. Auch die offene Frage, was mit dem früheren DDR- Krebsregister geschehen soll, muß beantwortet werden. Die- ses soll zunächst für ein Jahr weitergeführt werden.

Befürworter eines nationa- len Krebsregisters verweisen gerne auf das saarländische Krebsregister. Dieses Krebsregi- ster beachtet zwar die gängi- gen datenschutzrechtlichen Vor- schriften, es erleichtert aber in dem einen Punkt, an dem sich die Diskussion im letzten Jahr- zehnt festgehakt hat, den Epide- miologen die Arbeit.

Der Knackpunkt jedes Krebsregisters liegt nämlich bei den Vorschriften über die Wei- tergabe personenbezogener Da- ten ohne Einwilligung des Pa-

Krebsregister

Neuer Anlauf, altes Problem

tienten. Laut dem saarländi- schen Registergesetz können Ärzte notfalls auch ohne Einwil- ligung der Betroffenen Patien- tendaten weitergeben; insoweit werden sie vom Gesetzgeber von der Schweigepflicht entbunden.

Wegen dieser weichen Ausnah- mebestimmung war das saarlän- dische Register datenschutz- und verfassungsrechtlich lange umstritten.

Innerhalb der Ärzteschaft konnte über den entscheidenden Punkt viele Jahre keine Über- einkunft erzielt werden. Die Auseinandersetzungen haben sich auch im Deutschen Ärzte- blatt niedergeschlagen: die poli- tische Redaktion äußerte sich gegen „Krebsregister", im medi- zinischen Teil erschienen die Stellungnahmen „pro".

Die Bundesärztekammer hat viele Jahre lang energisch Front gegen alle Versuche ge- macht, das Patientengeheimnis in der geschilderten Weise zu unterlaufen. 1990 hat der Deut- sche Ärztetag schließlich eine Kehrtwendung vollzogen: In § 2

Absatz 7 der Musterberufsord- nung fügte er nämlich das Wört- chen „grundsätzlich" ein. Die Schweigepflicht gilt danach zwar grundsätzlich, zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und Lehre können aber Ausnah- men gemacht werden. Die Bun- desärztekammer, die diese Be- rufsordnungsänderung vorberei- tet hatte, ist dabei wesentlich auch Vorstellungen ihres Wis- senschaftlichen Beirates gefolgt.

Der hatte in Erwartung einer Änderung der Berufsordnung 1989 eine Richtlinie bekanntge- geben, laut der in solchen Fäl- len, in denen von der Schweige- pflicht abgewichen wird, Ethik- kommissionen eingeschaltet werden müssen. Bei dieser „in- nerärztlichen Rechtslage" ist es bis heute geblieben.

Eine perfekte, die Gegen- sätze überbrückende Lösung gibt es nicht. Die Politiker müs- sen vielmehr abwägen: hat das Gemeinwohl, hier in Gestalt der Forschung und deren Nutzen für die Gesellschaft, Vorrang gegen- über dem in dieser Gesellschaft an sich hochgehaltenen Schutz der individuellen Rechte? Die Wissenschaft hat darzulegen, ob sie tatsächlich auf jenen letzten Rest an Genauigkeit angewiesen ist, den sie sich mit der Ausliefe- rung sämtlicher Patientendaten erhofft. NJ

E

s gibt Ärzte, die rauchen Zigaretten (pfui!). Zum Beispiel einige in einem Krankenhaus in H. (Anfangs- buchstabe des Ortes wegen des Datenschutzes von der Redaktion verfremdet).

In diesem Krankenhaus gibt es eine Intensivstation. In dieser Station arbeiten Schwestern und Pfleger. Einige von ihnen rau- chen Zigaretten (pfui!).

Schwestern und Pfleger in dieser Station unterliegen einer Kleidervorschrift: Was sie in der Station anhaben, das hat keine Taschen, weder Hosen- noch Rock-. Also müssen diejenigen, die Raucher sind (pfui!), ihre Zigarettenschachteln im Aufent-

Glosse

„Selbstbedienung"

haltsraum hinterlassen. Und wenn einer von ihnen eine Schachtel mit 16 Stengeln hat liegenlassen und sie nach sechs Stunden Enthaltsamkeit lech- zend sucht — was findet er? Sei- ne Schachtel, sicher. Aber es sind nicht mehr sechzehn, es sind nur noch zehn oder acht Giftnudeln drin. Denn diejeni- gen Ober- und Assistenzärzte, die auch Raucher sind (pfui!) und zwischendurch zu ihren Vi-

siten die Intensivstation besuch- ten, haben sich, ohne sich etwas dabei zu denken, aus den her- umliegenden Schachteln be- dient.

Was lehrt uns das? Der Zi- garettenkonsum ist heute schon so diskriminiert, daß es nicht mehr unmoralisch zu sein scheint, anscheinend frei herum- liegende Zigaretten einfach zu nehmen. Wer sündigt (pfui!), der muß damit rechnen, daß an- dere an der Sünde sorglos parti- zipieren. Selbst dann, wenn Ärz- te noch immer mehr verdienen als Schwestern und Pfleger...

Dies ist tatsächlich eine wahre Geschichte aus einer deutschen Intensivstation. bt

Dt. Ärztebl. 89, Heft 13, 27. März 1992 (1) A1-1069

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