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Archiv "Flucht vor dem Vater" (14.05.1987)

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Photographiert von Konrad Nußbaumer und beschrieben von Hans Weiss

Die Leute von Langenegg, Photographiert von Konrad Nuß- baumer und beschrieben von Hans Weiss, Verlag Kiepenheuer &

Witsch, Köln, 1987, 22,5 x 28,5 cm, 160 Seiten, 68 DM

Dorfgeschichten aus den dreißiger Jahren. Arbeit und Kinder- kommunion, bescheidenes Leben und aufkommender Wohlstand, vor allem aber die Menschen, mit denen Bauer Nußbaumer in Langenegg (Vorarlberg) zusammenlebte. Ein Laienfotograf, der seine Personen vor der Kamera sich postieren ließ, wie's sich ge- hört. Und die meisten haben sich dafür fein gemacht, wie man' s doch macht, wenn einer mit der Kamera kommt. Da bleibt ja was fürs Leben. Für das Fotoalbum und zum Vorzeigen.

Deutsche Existenz

Martin Walser: Dorle und Wolf, Eine Novelle, Suhr- kamp Verlag, Frankfurt/M., 1987, 177 Seiten, 25 DM

Im Geschick eines jungen Ehepaares, nämlich dem des idealistischen DDR-Spions und der in der Bundesrepu- blik angeheirateten Sekretä- rin eines wichtigen Bundes- ministeriums, faßt Walser die unheilbare Lage des geteilten Deutschlands in einer Ex- tremsituation, aber doch und gerade deswegen exempla- risch heraus. Der Ehemann spioniert für sein früheres

„Vaterland", das er aber als Teil eines Ganzen nach wie vor empfindet, um ihm ein Aufholen in technischen Be- reichen zu ermöglichen, da- mit sich beide deutsche Staa- ten eines Tages gleichberech- tigt nähern könnten; die Frau trägt dies in Liebe mit. Grau- sam erfahren beide, wie ein im Grunde gutwilliger An- satz, der auch den Weg ris- kiert, den die Rechtspre- chung als „kriminell" be- zeichnet, von einem bundes- deutschen Gericht genau so beurteilt wird (im anderen Deutschland wäre dies ja auch so gewesen); ein als

„gesamtdeutsch" angesehe- ner Sonderfall ist zum schein- objektiven Allgemeinpro- blem der Justiz geworden.

Der „Spion" Wolf erlebt, daß er unter seinem Deckna- men „York" nicht in die Rolle des Grafen Yorck von Wartenburg schlüpfen durf- te; konnte dieser 1812 bei Tauroggen noch in das Rad der Geschichte greifen, so ist die Wirklichkeit 1987 anders.

Zur Frage der persönlichen Schuld und des vom Gericht abgeurteilten Verbrechens bleibt ihm die Erkenntnis:

„Wenn das, was er wollte und tat, verbrecherisch ist, dann ist das wirkliche Ver- brechen das, was ihn zum Verbrecher macht, die Tei- lung und ihre Fortsetzung mit gar allen Mitteln."

Die überragende literari- sche Befähigung des Autors

garantiert eine packende Re- duktion einer nur zu oft ver- drängten und doch existen- tiell nicht verwischbaren deutschen Zerrissenheit auf zwei Hauptakteure. In ihnen kulminiert vieles, was oft viel wortreicher, aber auch weni- ger gültig dargestellt wurde.

Und „Kulmination" bedeu- tet ja nichts anderes als Sicht- barwerden des Allgemeinen im Ungewöhnlichen.

Rudolf Clade

Dreißiger Jahre

Peter Härtling: Janek, Portrait einer Erinnerung, SL 696, Luchterhand-Verlag, Darmstadt/Neuwied , 1987, 105 Seiten, 8,80 DM

Für Härtling-Freunde:

Wieder aufgelegt als Ta- schenbuch sein dritter Ro- man, in dem Härtling auf die Zeit der dreißiger und vierzi- ger Jahre zurückgreift. Ja- nek, Portrait einer Erinne- rung, galt in seinem Erschei- nungsjahr „als der schönste Roman der Buchsaison 1966" und löste Begeisterung aus. br

Flucht vor dem Vater

Amos Oz, Der perfekte Frieden, Roman, Insel-Ver- lag, München, 1987, 480 Sei- ten, 39,80 DM

Was wird aus der zweiten Generation, aus den Kindern der überaus tatkräftigen El- tern, die nach vielem Leiden buchstäblich aus dem Nichts einen Ort menschenwürdigen Lebens mit all ihrer Kraft, ih- rer politischen und morali- schen Überzeugung errichtet haben? Jonatan, der Sohn solch bewundernswerter El- tern, im Kibbuz aufgewach- sen, weiß die Vorteile des ge- sicherten Lebens nicht zu würdigen (wissen das je die Kinder, „die es einmal besser haben sollen als wir"?).

Es ist nicht so sehr die Langeweile, die Jonatan zer- mürbt — sinnlich fühlbar wird die Öde und Eintönigkeit des täglichen Lebens in der Schil- derung des Kibbuz-Lebens im Winter mit seinen nicht enden wollenden Regenfäl- len — vielmehr trägt er eine überwältigende Sehnsucht in sich nach einem Ort irgend-

wo in der Welt, der für ihn bestimmt ist und wo ihm nicht vorgeschrieben wird, was er zu tun und zu denken habe.

Den erschreckten Eltern wird bei seinem Weggang klar, daß sie über all der not- wendigen Aufbauarbeit mög- licherweise vergessen haben, ihren Sohn zu lieben. Die Mutter hatte als junge Frau eine kurze aber heftige Lie- besbeziehung zu einem jun- gen romantischen Kibbuzmit- glied (das später in Amerika steinreich, aber nicht glück- lich wurde), zugunsten ihres tatkräftigen, politisch aktiven Ehemannes aufgegeben. Bis zuletzt bleibt unklar, wer Jo- natans Erzeuger ist, ob er das Erbe des eigensüchtigen Er- folgsmannes in sich trägt oder ob er auch leiblich der Sohn des von ihm ebenso bewun- derten wie gefürchteten Va- ters und Kibbuzsekretärs ist.

Unter den im Roman ge- schilderten Personen, die an ihrem Kibbuz, so menschlich wie er sich entwickelt hat, lei- den, zweifeln oder ihn ein- fach als gegeben hinnehmen, gibt es nur einen, der von der Idee des Kibbuz als eines Or- tes wahrer Menschenliebe und Gemeinschaft begeistert ist. Dieser junge Mann, ein Neuling im Kibbuz, bisher ohne alle menschlichen Bin- dungen und Anerkennungen, sucht gerade hier, von wo Jo- natan fliehen will, seinen Platz im Leben, seinen „per- fekten Frieden". In einem unausgesprochenen Arrange- ment „übernimmt" er Jona- tans Frau, die ihrerseits beide Männer versteht und aner- kennt.

Die Gestalt dieser Frau bleibt merkwürdig blaß in- mitten der sonst sehr pla- stisch geschilderten, oft skur- rilen Typen, und auch im Vergleich zur liebevoll- streitsüchtigen Mutter Jona- tans. Deren persönliche, philosophische und politische Überzeugungen werden von Amos Oz, der selbst lange im Kibbuz gelebt hat, liebevoll, rührend, witzig und wortge- waltig vorgestellt.

Adelheid Müser A-1424 (84) Dt. Ärztebl. 84, Heft 20, 14. Mai 1987

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