A3130 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 45⏐⏐9. November 2007
G E L D A N L A G E
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n den letzten Tagen häufen sich bei mir die Anrufe besorgter An- leger, sie würden von ihrem Banker bedrängt, fast schon genötigt, jetzt schon in Richtung der drohenden Abgeltungsteuer tätig zu werden.Vor allem rieten die Herren aus den Geldhäusern dringend zum Erwerb von Dachfonds, das sei die optimale Strategie, dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen, am liebsten mit sofortiger Vollzugs- meldung.
Diese Hatz und die Hast halte ich für unsinnig und völlig unange- bracht. Es ist ohne Weiteres mög- lich, sich noch im Dezember 2008 durch Wertpapierkäufe für die Zu- kunft steuerfreie Kursgewinne zu sichern, der Abgeltungsteuer also ein Schnippchen zu schlagen, von Zertifikaten einmal abgesehen. Wel- che Papiere aber dann tatsächlich attraktiv sind, lässt sich heute in der Regel gerade nicht beurteilen,
es kommt in der Titelauswahl ja darauf an, wie zum entscheidenden Zeitpunkt die Börsenfavoriten be- wertet sind. Lohnt sich ein Kauf zu dem dann tagesaktuellen Kurs noch oder eben nicht.
Auch die Entwicklung des Zins- niveaus Ende 2008 wird eine wich- tige Rolle spielen bei der Frage, welche Rentenwerte dann konkret angeschafft werden. Glaube nur keiner heute zu wissen, welche Papiere er im Hinblick auf den steuerlich wichtigen Jahreswechsel 2008/2009 kaufen muss, das ist bestenfalls Stochern im dicken Ne- bel – das gilt für Aktien und Fest- verzinsliche gleichermaßen.
Welche konkrete Anlagestrate- gie mit Blick auf die Abgeltung- steuer tatsächlich umzusetzen ist, lässt sich demnach einigermaßen seriös erst Mitte bis zum Herbst kommenden Jahres sagen, und dann ist auch noch Zeit genug, den Fo-
kus auf mögliche steuerfreie Kurs- gewinne zu richten.
Wer also jetzt dem Drängen sei- nes Geldinstituts nachgibt und sich Dachfonds ins Depot packen lässt, kann am Ende auch verlieren, ob- wohl Dachfonds im Vergleich zur Direktanlage hinsichtlich der Ab- geltungsteuer tatsächlich besser ge- stellt sind. Und das geht so: Sie packen eine ordentliche Geldsum- me in die Fonds, und regelmäßig, wenn sich der Anleger am Rendite- gipfel wähnt, kommt die große Ent- täuschung, vermutlich mit dem Jah- resdepotauszug. Der Fonds hat sich wieder einmal schlecht entwickelt, zumindest im Vergleich zum Markt.
Schuld daran sind die immensen Gebühren, eben verursacht durch die spezielle Dachfondskonstrukti- on, ein Fonds beteiligt sich an ande- ren Fonds. Es gab Zeiten, da war diese Anlageform verboten. Ich fin- de, aus durchaus guten Gründen.
Diese Gebühren hängen nämlich wie ein Stein an den Erfolgschancen des Papiers und wiegen vermutlich die „Vorteile“ der Abgeltungsteuer (für Dachfonds) nicht auf. Bei Wei- tem nicht. Sisyphos lässt grüßen. I BÖRSEBIUS