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Archiv "Moderne Hörgeräte — Hilfe für Millionen Schwerhörige" (17.07.1980)

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Moderne Hörgeräte —

Hilfe für Millionen Schwerhörige

Wolfhart Niemeyer

Aus der Abteilung für klinische und experimentelle Audiologie (Leitung: Professor Dr. med. Wolfhart Niemeyer)

an der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der Philipps-Universität Marburg

Über 90 Prozent aller Patienten mit irreversibler Hörminderung leiden an einer Innenohrschwerhörigkeit. Deren anatomisches Substrat besteht in einer Degeneration der Hörsinneszellen im Corti-Organ.

Aus der Pathophysiologie des an Sinneszellen verarmten Innenohres resultieren die bekannten Schwierigkeiten mit dem Sprachverständ- nis im Alltag, ohne und mit Hörapparat. Was Hörgerätetechnik und Rehabilitationshilfen heute dennoch vermögen und wie der Patient zum individuell geeigneten Hörgerät kommt, erläutert dieser Beitrag.

Hörgeräte sind Lautsprecheranlagen in Miniaturbauweise (Abbildung 1).

Ihre Wirkung beruht allein auf Schallverstärkung. Die besten Erfol- ge erreichen daher Patienten, de- ren Hörbehinderung in einer blo- ßen Schallabschwächung besteht:

Schalleitungsschwerhörige mit nor- maler lnnenohrfunktion.

Innenohr- und Hörnervenschwerhö- rige hören nicht nur zu leise, son- dern auch lückenhaft, undeutlich und verzerrt. Hier liegen die Schwie- rigkeiten der hörprothetischen Ver- sorgung, zugleich aber auch ihre be- deutsamsten Fortschritte.

Das Krankengut der Hörprothetik Das Krankengut der Hörprothetik hat sich in den vergangenen Jahr- zehnten grundlegend gewandelt.

Bis in die 50er Jahre stellten Mittel- ohrschwerhörige das Hauptkon- tingent; an die pathophysiologi- schen Besonderheiten der Innenohr-

schwerhörigkeit ließen sich die da- maligen Hörhilfen noch nicht anpas- sen. Heute sind Mittelohrschwerhö- rige als Hörgerät-Patienten seltener geworden. Ihre Hörstörungen kön- nen großenteils mikrochirurgisch behoben oder doch so weit gebes- sert werden, daß der Patient post- operativ ohne schallverstärkenden Apparat auskommt.

Die meisten Innenohr- und Nerven- schwerhörigkeiten trotzen nach wie vor jeder Therapie; besserungsfähig sind allenfalls bestimmte akute und fluktuierende Formen. Dafür können wir das Hörgerät auch für Innenohr- schwerhörige mehr und mehr zur wirklichen Hörhilfe werden lassen — dank besserer Kenntnis über die Schallverarbeitung im defekten In- nenohr, durch Fortschritte der Hör- gerätetechnik und durch die Er- arbeitung flankierender Rehabilita- tionsmaßnahmen.

Der Innenohrschwerhörige ist zum typischen Hörgerätpatienten ge- worden.

Innenohrschwerhörigkeit:

Morbidität

Nach einer Umfrage des Demoskopi- schen Instituts Allensbach (1978) empfinden sich 4,4 Millionen Bun- desbürger selbst als deutlich hörbe- hindert. Eine Unterteilung dieses Kollektivs nach heilbaren Mittelohr- schwerhörigkeiten und unheilbaren Innenohr- und Hörnervenschwerhö- rigkeiten wurde nicht vorgenom- men. Ausländische Erfahrungen be- rechtigen aber zu der Annahme, daß 80 Prozent (etwa 3,5 Millionen) auf inkurable Innenohr- und/oder Ner- venschwerhörigkeiten entfallen und nur 20 Prozent auf behandlungsfähi- ge Mittelohrschwerhörigkeiten.

Verschiebungen zwischen den bei- den Gruppen gibt es durch die rela- tiv wenigen nicht reparablen Schall- leitungsstörungen und die noch ge- ringere Zahl behebbarer lnnenohr- schwerhörigkeiten; sie ändern in- dessen nichts daran, daß von fünf Hörbehinderten nur einer auf erfolg- reiche kausale Therapie rechnen kann, während vier auf die Rehabili- tation mit technischer Hörhilfe ange- wiesen sind. Von den letzteren lei- den wiederum über 90 Prozent an einer Innenohrschwerhörigkeit im engeren Sinne und 5 bis höchstens 10 Prozent an neuraler Schwerhö- rigkeit. Somit wäre — vorsichtig ge- rechnet — bei zwei Millionen, wahr- scheinlich aber bei drei Millionen Bundesbürgern die hörprothetische Versorgung zumindest wünschens- wert.

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Mikrofon — wandelt die Schallschwingungen in elektrische Spannungs- schwankungen um Verstärker — verstärkt diese elektrischen Spannungsschwankungen Verstärkungsteller—

vom Patienten bedient Batterie — liefert die für die Verstärkung benötigte Energie Hörer — Miniaturlaut- sprecher, wandelt die verstärkten elektrischen Spannungsschwankungen wieder in —entsprechend stärkeren — Schall um

Abbildung 1: Aufbau eines Hörgerätes (unter Benutzung einer Darstellung von Güttner 1978)

Schalleintrittsöffnung

Schallzuführung zum Gehörgang

Die konkrete Indikation für die Ver- ordnung eines Hörapparates hängt von drei Voraussetzungen ab:

O Es muß sich um eine allgemein oder im Einzelfall medizinisch nicht behebbare Schwerhörigkeit han- deln.

• Diese Schwerhörigkeit muß ein hörgeräterforderndes Ausmaß er- reicht haben.

O Der Schwerhörige muß zum Tra- gen eines Hörgerätes motiviert sein.

Das hörgeräterfordernde Ausmaß beginnt im allgemeinen, wenn die Schwerhörigkeit einen „geringen Grad" im Sinne der Begutachtungs- richtlinien überschreitet; übertragen auf den Alltag: der Patient kann sich nicht mehr auf Zimmerentfernung — etwa 4 Meter — unterhalten.

Im Tonaudiogramm markiert ein Hörverlust für Frequenzen von 0,5-3 kHz von über 40 dB, im Sprachau- diogramm ein „Hörverlust für Zahl- wörter" von mindestens 35 dB, ein

„Diskriminationsverlust" von 50 Prozent oder mehr bei 60 dB Sprachschallpegel und ein Satzver- ständnis von weniger als 80 Prozent

dikationsgrenze (Abbildung 2). Die- ser Rahmen soll erweitert werden, wenn Beruf oder Ausbildung beson- dere Anforderungen an das Sprach- verständnis stellen, ferner in Einzel- fällen bei alten, geistig regsamen Patienten und, vor allen Dingen, bei hörbehinderten Blinden.

Allerdings wird der Nutzen des Hör- gerätes um so geringer, je geringer die Schwerhörigkeit ist. Denn die Funktionsgemeinschaft Hörgerät/

schwerhöriges Innenohr erreicht niemals die Leistung eines intakten Hörorgans. Auch die kostspieligste Hörhilfe macht ihren Benutzer nicht zum Normalhörenden, sondern ver- setzt ihn günstigstenfalls in den Zu- stand des leicht Schwerhörigen.

Würde man einem Normalhörenden ein Hörgerät aufsetzen, so wäre sein Sprachverständnis im Alltag schlechter als mit freiem Ohr ohne Hörgerät.

Am anderen Ende der Indikations- skala, bei den extremen Schwerhö- rigkeiten, gibt es dagegen kaum Ein- schränkungen. Je größer der Hör- verlust, desto mehr ist der Patient auf die technische Hörhilfe angewie- sen. Das gilt auch dann, wenn das Hörgerät nicht gleich zum deutlich besseren Sprachverständnis verhilft.

Fällen die Verordnung von vornher- ein abzulehnen. Denn bei extremen Hörverlusten beweist das Hörgerät seinen Wert erst innerhalb der Trias der audiologischen Rehabilitation:

Technische Schallverstärkung, Hör- training, Mundabsehen.

Sogar vollständig Gehörlose haben Nutzen von speziellen Hörgeräten.

Durch Verstärkung auf 110 dB und darüber wird der Rhythmus von Sprache und Musik über die sensi- blen Rezeptoren des Trommelfelles aufgenommen. Für Gehörlose stellt dies eine wertvolle Ergänzung des Absehens dar. In dem weltbekann- ten Gehörloseninstitut St. Michiels- gestel (Niederlande) demonstrieren Schülerinnen und Schüler den Be- suchern, wie gut völlig Gehörlose mit Hörgerät zu moderner Musik tanzen können.

Kochlearimplantate:

Kombination von Mikrochirurgie und Elektronik

Bei völligem Verlust der Hörsinnes- zelle versucht man seit 1957, die Schallschwingungen durch eine en- dokochleäre Prothese unmittelbar auf die Hörnervenendigungen zu übertragen. Das Prinzip der Koch- leaprothese besteht darin, das Schallmuster in Form schwingungs- synchroner Stromschwankungen an noch verbliebene Hörnervenfasern heranzubringen. Dazu muß ein Elek- trodensystem in die Kochlea implan- tiert werden. Es empfängt seine Im- pulse von einem speziellen äußer- lich getragenen Hörgerät. Die Koch- learimplantate befinden sich nach wie vor noch im Experimentiersta- dium. Auch ihre künftigen Aussich- ten werden durch die unabänderli- che Pathophysiologie der Innenohr- taubheit eng eingegrenzt.

Konventionelle Hörapparate Es gibt sie in verschiedenen Ausfüh- rungsformen (Abbildung

3):

Hinter-dem-Ohr-Geräte (Hd0- Geräte) — die Normalausführung

(3)

Abbildung 2: Audiometrische Indikation für die Ver- ordnung eines Hörgerätes.

Rechts: nach dem Tonaudiogramm

Unten: nach dem Sprachaudiogramm

Z zweistellige Zahlwörter, W einsilbige Hauptwörter, S Sätze (nach DIN 45 621 und 45 626)

0,125 0,25 0

10 20 30 N 40

2 50 60

:8 70 80 90 100 110 120 dB

0,5 1 1,5 2 3 4 6 8 kHz

Sprachschallpegel timpulebewertet) Referenz:

(ca. 10 4

2o NiPa. 2 xio-4pb

0.25m)

.4

(binaural)

Sätze einsilbige (monaural) Wörter r

Zahlwörter

110 120 130dB

90 100

0

0 10 20 30 40 50 80 65 70

Hörverlust für Zahlwörter—•

0 10 20 3 0 70 80 99 100 de 110

00 10

3 20 ,-.J•

rt

30 40 2

c 50 14..

60!

70 80 90 100

90 80 70 60 50 40 .1> 30 20 313 17; 10

O Hörbrillen — entsprechen tech- nisch den HdO-Geräten, Bauteile je- doch im Brillenbügel untergebracht

(i)

Taschen- oder Kästchengeräte für stärkste Schwerhörigkeit und manuell ungeschickte Patienten

Im-Ohr-Geräte — Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit noch um- stritten

fp

Knochenleitungsgeräte (Hör- brillen oder Kästchengeräte mit Ma- stoidvibrator statt des Luftleitungs- hörers) für Schalleitungsschwerhö-

rige, bei denen kein Ohrpaßstück für die Luftzuleitung des verstärkten Schalles eingegliedert werden kann.

Technische Neuerungen

Für einseitig Taube mit gutem Gehör des anderen Ohres gibt es seit meh- reren Jahren das CROS-Hörgerät Contralateral Routing of Signals).

Hier nimmt das Mikrophon den Schall am tauben Ohr auf, leitet ihn über das Mikrophonkabel um den Kopf herum zum Verstärkerteil des Hörgerätes, und der Hörer strahlt

den Schall durch einen dünnen Pla- stikschlauch in den offenbleibenden Gehörgang des gesunden Ohres ab (Abbildung 4). Dieses empfängt also eine Mischung von unverändertem Schall von der guten Seite und ap- parativ übertragenem Schall von der tauben Seite. Vor allem bei Konfe- renzen und in Party-Situationen er- weist sich die CROS-Versorgung als hilfreich. Bei einseitig gehörlosen Blinden ist ihre Indikation nach- drücklich zu bejahen. Innenohr- schwerhörige, die die unteren Fre- quenzen noch normal wahrnehmen, für obere Frequenzlagen aber einen

(4)

Abbildung 3: Ausführungsformen von Hörgeräten von links nach rechts: Kno- chenleitungs-Hörbrille, Hinter-dem-Ohr-Gerät mit transparentem Ohrpaßstück ("secret ear"), Im-Ohr-Gerät, Mastoid-Vibrator für den Anschluß an ein Taschengerät, davor Taschengerät mit Zuleitungskabel, Miniaturhörer und Ohrpaßstück (Foto: Prof. Boenninghaus)

bisher als unversorgbar. Im unteren Frequenzbereich vertrugen sie keine Verstärkung und hörten mit Hörge- rät schlechter und unbehaglicher als mit freiem Ohr. Heute gelingt es durch die Kombination von soge- nannten Hochtongeräten und Ohr- paßstücken mit akustischem Neben- schluß, das Sprachverständnis sol- cher Patienten wesentlich zu bes- sern. Der gewohnte niederfrequente Schall gelangt durch den akusti- schen Nebenschluß unverändert ans Ohr, während die für die Konsonan- tenerkennung wichtigen oberen Fre- quenzen vom Hörgerät verstärkt werden (Abbildung 5). Diese Modifi- kation hat sich vor allem für viele Lärmschwerhörige segensreich aus- gewirkt. Die Lärmschwerhörigkeit ist bekanntlich die weitaus häufigste aller Berufskrankheiten.

Probleme bei

Innenohrschwerhörigkeit

So erfreulich und wertvoll die neu erschlossenen Anwendungsberei- che elektronischer Hörhilfen sind, dürfen sie doch nicht darüber hin- wegtäuschen, daß das schallverstär- kende Hörgerät für den Innenohr- schwerhörigen nicht den gleichen Nutzen wie für den Mittelohrschwer- hörigen bringen kann. Die Ursachen

grenzten Wiedergabegüte miniaturi- sierter Hörgeräte als in der Patho- physiologie des defekten Innen- ohres.

Der irreversiblen Innenohrschwer- hörigkeit liegt eine Degeneration der Hörsinneszellen im Cortischen Or- gan zugrunde, und zwar vorwiegend in der basalen Schneckenwindung, wo die Frequenzen über 1500 Hz verarbeitet werden. Das Überwiegen des Hörverlustes in den oberen Fre- quenzen beeinträchtigt selektiv das Konsonantenverständnis. Die Mehr- zahl der lnnenohrschwerhörigen hört die Sprache daher nicht nur lei- ser, sondern auch undeutlicher. Hin- zu kommen Störungen des über- schwelligen Gehörs: Der Lautheits- ausgleich, das heißt eine unverhält- nismäßige Empfindlichkeit gegen hohe Schallstärken trotz Schwerhö- rigkeit, ein vergröbertes Frequenz- unterscheidungs- und vermindertes Zeitauflösungsvermögen sowie oft eine rasche Erschöpfbarkeit der Sin- neszellen. Hinter der Bezeichnung lnnenohrschwerhörigkeit verbirgt sich also ein Zusammentreffen verschiedenartiger Funktionsstö- rungen, die außer der eigentlichen Schwerhörigkeit eine sehr komplexe Fehlhörigkeit bedingen. Der Laut- heitsausgleich ist dabei die Teilstö-

rigen früher das Hörgerät verleidete.

Er kann heute durch elektronische Schaltungen in der Hörhilfe soweit kompensiert werden, daß dem Pa- tienten das Verständnis verhaltener und mittellauter Sprache wieder möglich und die Wiedergabe lauter Sprache erträglich wird. Diese Schaltungen arbeiten im Prinzip so, daß geringe Schallstärken — verhal- tene Sprache und energiearme Sprachbestandteile — mehr, mittel- laute Sprache weniger und sehr lau- te Sprache gar nicht verstärkt wird.

Bessere Hörerfolge im Alltag Schwieriger ist den Störungen des Sprachverständnisses durch Um- weltgeräusche im Alltag beizukom- men. Umweltstörschall hat seine Hauptenergie im unteren Frequenz- bereich, also dort, wo das Gehör der meisten lnnenohrschwerhörigen noch einigermaßen intakt ist. Er wird vom Hörgerät mit übertragen und reduziert die Verständlichkeit der Sprache. Das effektive Sprachver- ständnis in Beruf und Freizeit ist aber die Elle, an der der Nutzen des Hörgerätes gemessen wird.

Um den „Störabstand" zwischen Sprachsignal und verständnisbehin- derndem Umweltgeräusch zu ver- bessern, hat die Hörgerätetechnik bisher folgende Lösungsmöglich- keiten realisiert:

• Richtmikrophone, die den von vorn seitlich einfallenden Schall — also meist die Sprache — hervorhe- ben, den Schall aus anderen Rich- tungen — Umweltstörschall — aber abschwächen

• einen besonderen Frequenz- gang der Hörgeräte, wobei die tiefen Frequenzen unterdrückt werden, während sich die Verstärkung auf die informationell wichtigen mittle- ren und höheren Frequenzen kon- zentriert

• induktives Hören, das beson- ders beim Fernsehen, Radiohören, beim Gottesdienst, in Vortragsver- anstaltungen und dergleichen zu ei- ner entscheidenden Verbesserung des Sprachverständnisses führt

(5)

Mikrophon

offene

Schallzuführung

Abbildung 4: CROS-Hörbrille für linksseitige Taubheit (bei gutem Gehör rechts). Das Mikrofon nimmt den Schall am tauben linken Ohr auf, die schall- frequenten elektrischen Spannungsschwankungen werden durch eine Draht- verbindung zum Verstärker und Hörer am guten Ohr geführt und der Schall von links durch eine offene Schallzuführung in den rechten Gehörgang abge- strahlt. Dadurch kann das rechte Ohr gleichzeitig Schall von rechts und links erhalten

Abbildung 5: Ohrpaßstück mit Zusatzbohrung (akustischem Nebenschluß), bei Lärmschwerhörigkeit. Die unteren Frequenzen gelangen durch die Zusatzboh- rung unter Umgehung des Hörgerätes unverändert ins Ohr, nur die hohen werden vom Hörgerät verstärkt und durch den oberen Schallkanal in den Gehörgang geleitet

die stereophone oder dichoti- sche Versorgung, bei der jedes Ohr mit einem unabhängigen Hörgerät ausgestattet wird. Das beidohrige Hören mit Hörgerät erlaubt dem Zentralnervensystem grundsätzlich eine weit bessere Spracherkennung im Geräusch als das Hören mit ei- nem Hörgerät, natürlich nur so lan- ge die zentrale Links-Rechts-Ver- rechnung funktioniert.

Schwerhörige Kleinkinder

Eine in ihrer Wichtigkeit kaum über- schätzbare Sonderstellung nimmt die Hörprothetik im frühen Kindesal- ter ein. Das Kind erwirbt den passi- ven und aktiven Gebrauch der Laut- sprache in den ersten vier Lebens- jahren. Die enorme Leistung des Spracherwerbs ist an diesen frühen Lebensabschnitt gebunden und spä- ter nur noch unter größten Mühen und meist unvollkommen nachzuho- len. Um im Falle einer kommunika- tionsbehindernden Schwerhörigkeit die ersten Lebensjahre nicht unge- nutzt für den Spracherwerb verstrei- chen zu lassen und damit die ganze intellektuelle Entwicklung des Kin- des — und das heißt: sein Lebens- schicksal — zu gefährden, ist eine möglichst frühzeitige Versorgung schwerhöriger Kleinkinder mit Hör- gerät unumgänglich. Als geeigneter Zeitraum hat sich das zweite Le- benshalbjahr erwiesen.

Da so kleine Kinder bei audiometri- schen Untersuchungen noch nicht kooperieren, muß sich die audiologi- sche Diagnostik auf Verhaltensbe- obachtungen und objektive audio- metrische Verfahren stützen.

Ablauf der Verordnung eines Hörapparates

Die Indikationsstellung ist eine rein ärztliche Aufgabe. Sie wird in aller Regel dem Otologen vorbehalten bleiben. Die mehrstufige audiologi- sche Analyse, auf die er die Indika- tion gründet, liefert zugleich wichti- ge Hinweise für das Ausmaß und die Modifikation der benötigten appara- tiven Schallverstärkung. Leider las-

sen sich die akustischen Eigen- schaften des Hörgerätes nicht wie die optischen Eigenschaften eines Brillenglases verordnen. Die Funk- tionsweise einer elektronischen Hör- hilfe ist schon vom technischen her unvergleichbar komplizierter als die eines Sehglases. Sie wird zudem durch die Anatomie des Benutzers beeinflußt. Das individuell geeignete Gerät muß daher im Einzelfall (durch Korrelation der Hördaten des Patien-

ten mit — vorgegebenen — akusti- schen Daten handelsüblicher Hörap- parate) aus dem Marktangebot her- ausgesucht und an die Erfordernis- se des Patienten angepaßt werden.

Dieser zweite Versorgungsschritt, die Auswahl und Anpassung der Hörhilfe, erfolgt im Fachgeschäft, das eine hinreichende Auswahl von Ausführungsformen und Typen auf Lager hat. Dem im Fachgeschäft tä-

(6)

„Die Ergebnisse epidemiologischer, prophylaktischer und klinischer Stu- dien sowie tierexperimentelle Unter- suchungen", also analytische, che- mische und physikalische Metho- den, wie sie dem Zeitalter der Tech- nik gerecht werden; fragwürdige Tierversuche an Kreaturen, die nie- mals anatomisch und physiologisch dem Menschen auch nur ähneln, dienen heute der Medizin zur Ermitt- lung dessen, was unserem Herzen und Kreislauf guttut.

Ich finde es beschämend, daß die Maximalatmung mit keinem Wort er- wähnt wird — von der Ignoranz der Symbioseforschung (Mikrobiologie, Zoologie) ganz zu schweigen. Des weiteren ist es unwissenschaftlich oder nachlässig, daß in unserer heu- tigen kohlehydratverseuchten Um- welt seit der neolithischen Revolu- tion — das Wort Kohlehydrate als Ri- sikofaktor keine Erwähnung findet.

Kohlehydrate haben kaum Depot- funktion. Bei ihrer Umwandlung in Depotfett und Blutfett können nur gesättigte Fettsäuren und Choleste- rin entstehen.

Beim Menschen beträgt die Eigen- produktion an Cholesterin etwa 5 Gramm und übertrifft die normaler- weise mit der Nahrung zugeführte Menge um das Zehn- bis Dreißigfa- che. Mit fettarmer Diät ist noch kein Cholesterinspiegel gesunken, wohl aber mit Kohlehydratreduktion. Daß Zigarettenrauchen schadet und Be- wegung guttut, ist ein alter Hut, auch, daß vor überhöhtem Zucker- und Alkoholverbrauch gewarnt wird.

Bleibt noch das Kochsalz anzupran- gern.

Mehrfach ungesättigte Fette sind es- sentielle Fette. Der Körper besitzt 500 Gramm dieser essentiellen Fet- te; ihre ausreichende Zufuhr ist pri- mär lebensnotwendig.

Wo bleibt aber bei der Aufzählung von Risikofaktoren, die Herz- und Kreislauferkrankungen betreffend, die Würdigung des frühmenschli- chen Verhaltens?

Medizin ohne Anthropologie (Men- schenkunde), ohne Bewertung der Archanthropinen (Altmenschen) ist unbiologisches Stückwerk.

Die Archäokost des früheren Wild- beuters war die Jägerkost, eine vor- nehmlich eiweiß- und fettreiche, öli- ge kohlehydratarme faserreiche Frischkost.

Kein Wunder, daß auch schon in Ih- rem Blatt die Frage gestellt wurde, ob die Medizin eine Naturwissen- schaft sei (Heft 48/79, Seite 3207).

Literatur

Schreiber, H.-U.: Antikrebsdiät, Physikalische Medizin und Rehab. 1 (1976) - Schreiber, H.- U.: Endogener Umweltschutz, Physikalische Medizin u. Rehabil., 5 (1980) - Schreiber, H.- U.: Sauer und Bitter, ein karzinostatisches Prinzip, Biologische Medizin 1 (1979) —Schrei- ber, H.-U.: Das Krebsrätsel, Erfahrungsheil- kunde, 12 (1979)

Dr. med. Hans-Ulrich Schreiber Bierhäuslweg 2

8173 Bad Heilbrunn tigen Hörgeräteakustiker-Handwer-

ker obliegen die Abnahme des Ohr- abdruckes, die Eingliederung des Ohrpaßstückes, die vergleichende Ausprobung, die Einstellung des Hörgerätes, die technische Unter- weisung des Patienten und seine nachgehende technische Beratung.

Die Einrichtung eines qualifizierten Berufes für die Hörprothetik hat die Qualität der Hörgeräte-Versorgung außerordentlich verbessert*). Die Zusammenarbeit zwischen Ohren- arzt und Hörgeräte-Akustiker ist in einer eigenen Richtlinie geregelt.

Den dritten Schritt der Versorgung tut wieder der Ohrenarzt. Er über- zeugt sich, daß das vom Hörgeräte- Akustiker vorgeschlagene Gerät den zu erwartenden Hörerfolg bringt, zweckmäßig, ausreichend und wirt- schaftlich ist, und bestätigt dies auf einem speziellen Formular gegen- über dem Kostenträger. Gesetzliche Grundlage für die Versorgung mit Hörgerät auf Kosten einer RVO-Kas- se ist § 182 b RVO. Nach Zustim- mung des Kostenträgers erwirbt der Patient die Hörhilfe vom Hörgeräte- Akustiker.

*) Die Kurzbezeichnung „Akustiker" für den Hörgeräte-Akustiker sollte vermieden wer- den, weil sie beim Unbefangenen zu leicht die Vorstellung eines akademisch ausgebil- deten Ingenieurs oder Physikers mit Schwerpunkt Akustik hervorruft — was we- der den speziellen Aufgaben und Fähigkei- ten des Hörgeräteakustiker-Handwerkers noch denen des Hochschul- oder TH-Absol- venten gerecht würde.

Literatur

Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilita- tion: Hörgeräte. Zit. n. HNO-Nachr. (München) 6 (1975) 248-251 — Burian, K.: Klinische Erfah- rungen mit der Elektrostimulation des Höror- gans, Arch. Ohr.-, Nas.- und Kehlkopf heilk. 223 (1979) 139-166 — Güttner, W.: Hörgerätetech- nik, Thieme, Stuttgart 1978- Institut für Demo- skopie Allensbach: Hörbehinderung und Hör- geräte 1978, Allensbach 1978 - Niemeyer, W.:

Verordnung und Anpassung von Hörappara- ten, in: Hals-Nasen-Ohrenheilkunde in Praxis und Klinik, 2. Aufl. Hrsg. J. Berendes, R. Link, F. Zöllner. Bd. 6. Thieme, Stuttgart 1980

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Wolfhart Niemeyer Klinik und Poliklinik für

Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Abteilung für klinische und

experimentelle Audiologie Deutschhausstraße 3 3550 Marburg

Was der Arzt

über die Fett-Kampagne wissen muß

Zum Beitrag

in Heft 12, Jahrgang 77 (1980), Seite 744

Referenzen

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