• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Schleichwerbung im Fernsehen: Nicht allein der Produktname macht’s" (14.07.2008)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Schleichwerbung im Fernsehen: Nicht allein der Produktname macht’s" (14.07.2008)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 28–2914. Juli 2008 A1557

M E D I E N

Die derzeit erfolgreichste deutsche Krankenhausseifenoper „In aller Freundschaft“ in der ARD ist ins Gerede gekommen, weil sie Folgen, die bis 2005 nachweislich für Arz- neimittelwerbung produziert wor- den waren, nicht entsorgt hat, son- dern munter mit veränderten Pro- duktnamen im Sommerprogramm 2008 in fast allen Regionalprogram- men der ARD wiederholt.

Für anstößig hält dies der Deut- sche Rat für Public Relations. In ei- nem offenen Brief an den ARD-In- tendanten Fritz Raff weist er dar- auf hin, dass Handlung und Dialoge fast unverändert seien: „Der inten- dierte Schleichwerbeeffekt wird er- reicht.“ Der Mitteldeutsche Rund- funk (MDR), verantwortlicher ARD- Sender, hält die Änderungen indes für völlig ausreichend.

„Operette in Mull“ betitelte das Magazin „Focus“ am 23. Juni 2008 den Seriendauererfolg: Trotz eines mühsamen Starts vor zehn Jahren steht Deutschlands beliebteste Kli- nik schon längst nicht mehr im Schwarzwald, sondern in Sachsen.

Jeden Dienstagabend um 21 Uhr geht die deutsche Hausmannskost

„In aller Freundschaft“ – bislang ohne prominente Schauspieler – ge- gen den Kult-Zyniker „Dr. House“

bei RTL ins Rennen und liegt mit ei- ner Quote von rund 5,6 Millionen Zuschauern stets vor dem Medizin- serienimport aus den USA (circa 4,3 Millionen Zuschauer), allerdings nicht bei der interessanten Werbe- zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen.

Das dürfte die Pharmafirmen und ihre Werbeagentur wenig gestört ha- ben, als sie von 2000 bis 2005 ihre Produkte in der Krankenhaussoap unterbrachten. Zum Preis von bis zu 3 000 Euro, der an die MDR-Pro- duktionsfirma Saxonia, eine Toch- terfirma mehrerer ARD-Sendeanstal- ten, gezahlt wurde, wurden nicht nur Produktnennungen, sondern ganze Drehbücher verkauft.

Der Schleichwerbeskandal der ARD betraf auch so renommierte Se- rien wie den „Tatort“; die Produkte stammten aus verschiedensten Bran-

chen, vom Lebensmittel bis zum Au- to oder Arzneimittel. Aufgedeckt hat den Missstand 2005 der Medienjour- nalist Volker Lilienthal (Evangeli- scher Pressedienst). Als Konsequenz verordnete sich die ARD zerknirscht eine „Clearing-Stelle Schleichwer- bung“; Hersteller, darunter sieben Pharmafirmen, wurden offiziell ge- rügt, die TV-Produktionsfirmen trennten sich von Mitarbeitern, und beworbene Episoden wurden bear- beitet, sprich Logos und Produktbil- der entfernt, Produktnamen ausge- tauscht gegen erfundene Namen.

Aber reicht dies aus? Aufschluss- reich ist die Episode 85 aus dem Jahr 2000, die im Blog des renom- mierten Medienjournalisten Stefan Niggemeier zu sehen ist: www.ste fan-niggemeier.de/blog/tag/mdr. Ein von schwerer Arthritis und Ma- genblutungen durch herkömmliche

Rheumamedikamente geplagter Pa- tient bettelt darum, ebenfalls wie seine Mitpatienten, die an einer kli- nischen Studie teilnehmen, ein neu- es vielversprechendes Medikament zu bekommen. Im Original aus dem Jahr 2000 handelte es sich um einen Cox-2-Blocker, in der überarbeite- ten Fassung von 2008 um einen Rag-2-Blocker. Die Geschichte geht gut aus: Die Ärztin verabreicht dem verzweifelten Patienten trotz Ver- bots des Chefarztes das Medika- ment, der Patient erholt sich, und die Studie wird wegen großen Erfolgs vorzeitig abgebrochen, sodass einer legalen Medikamentengabe nun nichts mehr im Weg steht: große Versöhnung und Umarmung von Chefarzt und mutiger Ärztin. „Der in- teressierte Zuschauer kann den kon- kreten Produktbezug selbst herstel- len“, moniert der Deutsche Rat für Public Relations und weist darauf hin, dass Handlungsstränge oft wirk- samer seien als Produktnennungen.

Der MDR sieht die Vorwürfe als unberechtigt an. „Bezahltes Product- und Themenplacement war und ist für den MDR absolut inakzeptabel“, sagt MDR-Pressesprecherin Birthe Gogarten. Durch die Bearbeitung und Ersetzung der Produktnamen durch fiktive Namen lasse sich kein Bezug mehr zu irgendeinem Medi- kament oder Forschungsfeld herstel- len. Und: „Die Handlungsstränge handeln von normalen Krankheiten, die tagtäglich in normalen Kranken- häusern vorkommen.“ Zumindest für die 85. Episode darf dies infrage ge-

stellt werden. I

Annette Tuffs SCHLEICHWERBUNG IM FERNSEHEN

Nicht allein der Produktname macht’s

Welche Fragen muss ich einem Tu- morschmerzpatienten stellen? Wel- che Schmerzmittel verordne ich am besten? Wie lässt sich die Be- handlung finanzieren? Diese und viele andere Fragen beantwortet der Foliensatz „Curriculum Tu- morschmerz“, den der Arbeits- kreis Tumorschmerz der Deut- schen Gesellschaft zum Studium

des Schmerzes e.V. im Internet veröffentlicht hat. Er richtet sich an Ärzte und Pflegende in Klinik und Praxis, die ihr Wissen rund um die Behandlung von Tumor- schmerzpatienten verbessern wol- len. Die Kurzanleitung ist abrufbar unter www.dgss.org/uploads/me dia/Curriculum_Tumorschmerz_

Datensatz_20080514.pdf. EB WISSEN ONLINE

Curriculum Tumorschmerz

Szeneaus der Krankenhausserie

„In aller Freund- schaft“

Foto:ZB – Fotoreport

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

18 Auch Unternehmen haben sich dieser Entwicklung angepasst 19 und geben inzwischen mehr Geld für Internet- als für Fernsehwerbung aus. 20 Zudem bietet das Internet ein

Man kann dieses (freund- lich gemeinte, aber moralisie- rende) Gerede von ärztlicher Moral, ärztlicher Gesinnung und was sonst noch an Schuld-, Ausbeutungs- und

Bis heute merkt man, daß hier eine der Ursachen für das ge- störte Verhältnis der Polen zu ihrem östlichen Nach- barn

Die Tatsache, daß nach dem Vorschlag der Bundesregierung künftig Erwerbs- und Altersein- kommen auf Hinterbliebenen- renten angerechnet werden sol- len, löst allerdings die

Oder erklären Sie erzählerische Prinzipien: „Am Ende wird es oft noch einmal richtig spannend und der Held schafft es fast nicht, bevor dann alles wieder gut wird.“ Sie können

Koronare Herzkrankheit: Belastungsangina, Ruheangina einschließlich der vasospastischen Angina pectoris (Prinzmetal- Angina) und der instabilen Angina

Die Sprache wird nicht besser, sie wird immer schlimmer: „Untersu- chungen zu der Frage, ob hin- sichtlich der Zunahme nichtehe- licher Lebensgemeinschaften in letzter Zeit

Aber diese Verneinung versteht sich als Ergebnis und als Standort der fachgebietlichen Überschreitung von Kunst, Kunstgeschichte, Kunst- theorie, Medizin und Psychiatrie,