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Zur kommunikativen Wirkung von Singstimmen

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Academic year: 2022

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Horst Wagner und Klaus Sander

Zur kommunikativen Wirkung von Singstimmen

Allgemeine Ausgangspunkte

Das Verständliche an der Sprache ist nicht das Wort selbst, sondern Ton, Stärke, Modulation, Tempo, mit denen eine Reihe von Worten ge­

sprochen wird - kurz , die Musik hinter diesen

· Worten, die Leidenschaften hinter dieser Musik, die Person hinter diesen Leidenschaften: alles das also, was nicht geschrieben werden kann.

F. NIETZ SCHE

Mit gern animalischen Erbe ist dem Menschen auch seine Fähigkeit zur nonverbalen vokalen Kommunikation überkommen: sein relativ großes Repertoire an elementarer unbegrifflicher Ausdrucksleistung.

So ist bei einer Reihe von Äußerungsvorgängen die Analogie zu denen von Säugetieren - insbesondere denen von Affen - offen­

kundig: das Brüllen als Zeichen der Aggressivität, das Kreischen vor Furcht, das Schreien vor Angst und Schmerz, das freundliche

"Grunzen", die besänftigende Kindchen-Stimme, das Lachen, das Weinen . . .

Diese ursprünglichen Vokalreaktionen und -expressionen rein animalischer Natur werden von der spezifischen Mentalität des Men­

schen überformt, verfeinert, kontrolliert, gebremst (vgl. Kainz 196 1, S. 107), sind aber nicht zu unterdrücken. Hauptkategorien des vokalen Ausdrucks wie Wut, Verachtung, Traurigkeit, Gleich­

gültigkeit, Verliebtheit, also starke, klare Affektfarben, sind, wie sich aus den Versuchen Kramers ( 1963 ) ergibt, auch über mensch­

liche Sprachbarrieren und transkulturell allein durch den Stimm­

klang vermittelbar (Jürgens/Ploog 1982, S. 28).

Der stimmgebundenen Botschaftsvermittlung und -aufnahme beim Sprechen vergleichbare Mechanismen wirken auch beim Singen.

Nur tritt hier die Stimme des Sängers klar in den Vordergrund und gewinnt - zusammen mit der Melodie - eindeutig die größere Be­

deutung vor dem Wort und vor dem semantischen Gehalt des ge­

sungenen Textes. Zudem bildet der berufsmäßige Sänger seine Stimme so aus, daß sie möglichst charakteristisch klingt. Sie wird

(2)

auf eine idealtypische Vorstellung hin modelliert, die Ausdrucks­

fundament für die Interpretation unterschiedlicher Musiken ist.

Die gewollt standardisierte Stimmphysiognomie des Berufssängers wird im Bereich der Pop- und Rockmusik durch elektronische

Manipulation unterstützt (vgl. Kemmelmeyer/Wehmeyer 1 976).

Diese Standardisierung von Stimmen, die den Stimmausdruck von den Gefühlsschwankungen des Sängers und den Unwägbarkeiten der situativen Bedingungen weitgehend unabhängig macht und Charak­

tere und Gefühle in einer im Alltag nie zu erfahrenden Konstanz und Prägnanz darstellt, läßt die Person des Sängers als gefestigt, unwandelbar, verläßlich erscheinen. Sänger eignen sich dadurch in höchstem Maße zur ldolisierung, zur Projektion und Identifikation:

die Wahl eines solchen Vorbildes oder Wunschpartners für die musi­

kalische Kommunikation eröffnet dem Pädagogen oder Therapeuten neue Wege zum Verständnis der Innenwelt seiner Klientel.

Ausgehend von dem Gedanken, daß die Wirkung von Singstimmen auf vielfältigen kommunikativen Aspekten beruht, waren wir vor allem an folgenden Fragen interessiert:

- läßt sich ein Meßinstrument entwickeln, das unterschiedliche kommunikative Aspekte erfaßt?

- in welcher Wetse unterscheiden sich verschiedene Sänger bei glei­

chen Musikstücken und gleichen Beurteilern?

- unterscheiden sich unterschiedliche soziologische und alters­

mäßig zusammengesetzte Gruppen in der Beurteilung der Stücke?

- ist die Stilrichtung der Musik oder aber der Interpret für die Be­

urteilung durch den Hörer von größerer Bedeutung?

Als zu analysierende Schallplattenbeispiele wählten wir:

1 . S. BASSEY: Ave Maria (Bach/Gounod) (Emi/Elec. 1 C 1 72- 61965/66)

2. P. ALEXANDER: Ja der Haifisch (Brecht/Weill) (Ariola 891 55 3. HEINO: Der Tod reit' (trad. Kleebsattel) (Emi/Elec. 1 C 1 34-JU)

46036)

(3)

4. M. MÜLLER-WESTERNHAGEN: Flügel (Müller-W.) (WEA 240492-1)

5. A. ROTHENBERGER: Ave Maria (Bach/Gounod) (Emi/Elec.

l C 15 1-30990/9 1)

6. S. BASSEY: Nobody does like me (Fields/Coleman) (s. Titel 1) 7. P. ALEXANDER: Wenn du schläfst (Kiessling/Neuenh.) (Ariola

203 7 7 7 5 6 5 )

8 . HEINO: Ave Maria (Bach/Gounod) (Emi/Elec. l C 13446024) 9. M. MÜL LER-WESTERNHAGEN: Ja der Haifisch (Brecht/

Weill) (s. Titel 4)

A. ROTHENBERGER: Mein Liebeslied (Stolz) (s. Titel 5 )

Die psychologische Grundidee

Musikalisches Verhalten artikuliert sich in Form von sozialen Inter­

aktionen zwischen Individuen und Gruppen, benutzt wechselseitig verstehbare Zeichensysteme und besitzt damit alle Merkmale der sprachlichen und nichtsprachlichen Kommunikation. Wir schließen uns Reineckes ( 1982, S. 1 1 1) Unterscheidung zwischen einer "klassi­

schen" und einer "kommunikativen" Auffassung von Musik an.

Entsprechend legten wir unseren Untersuchungen auch einen kommunikationstheoretischen Ansatz zugrunde, das Vier-Seiten­

Modell nach Schulz von Thun ( 1980). Es sei hier kurz rekapituliert.

Nachrichten beinhalten Informationen über den "Sender" selbst (Selbstoffenbarung), Sachinformationen (Sachinhalt), wie der Sen­

der zum Empfänger steht (Beziehung) und wie der Sender den Empfänger beeinflussen will (Appell) ; sie sind also von "vier Seiten"

her zu entschlüsseln:

1.Selbstoffenbarnng bezeichnet das, was unverwechselbar mit der Person des Senders zusammenhängt, also generelle Merkmale wie hier z. B. seine Stimme und persönliche Eigenheiten seines stimm­

lichen Ausdrucks wie hoch - tief, männlich - weiblich, alt - jung, unruhig, erregt.

(4)

2. Sachinhalt bezieht sich auf die Übermittlung standardisierter In­

formationen (digitale Vermittlungsformen). Im Bereich der gesang­

lichen Darbietung sind dies - neben dem sprachlichen Text - vor allem die musikalischen Form- und Gestaltungsmittel.

3. Der Beziehungsaspekt gibt Auskunft darüber, welches Beziehungs­

verhältnis sich zwischen den Interaktionspartnern einstellt. Beim Musikerleben aus der Sicht des Rezipienten umfaßt er zwei Seiten:

einmal die vom Hörer dem Interpreten gegenüber eingenommene Position (Sympathie, Verachtung, Unterlegenheit usw.), zum ande­

ren die vom Hörer vermutete Position des Sängers/ der Sängerin ihm gegenüber (wird er belehrt, unterhalten, umworben, verulkt usw.).

4. Jede Nachricht beinhaltet einen Appell dadurch, daß sie auf das Verhalten des Empfängers Einfluß nehmen will. Er wird immer dann deutlich, wenn man sich als Hörer zu etwas hingezogen fühlt, ohne sich dem so ohne weiteres entziehen zu können.

Die Appellfunktion der Musik ist u. U. die mächtigste der vier Aspekte, man denke an die dem Gesang zugeschriebenen Wir­

kungen in alten Mythen (Orpheus, Sirenen, Arion, Jünglinge im Feuerofen) und der vielfältigen funktionalen Verwendung von Musik in der heutigen Zeit.

Untersuchungsvorgehen

Zur Erfassung der vier kommunikativen Aspekte bei der Gesangs­

rezeption bedienten wir uns eines von uns konstruierten, vielfach veränderten und erprobten Polaritätsprofils (vgl. Hofstätter, 1968).

Wir gingen dabei von folgenden Kriterien aus: die Polaritäten sollten eher denotativ als konnotativ den Höreindrücken zuzuordnen sein;

sie sollten echte Gegensätze und frei von Wertimplikationen sein;

sie sollten die vier oben dargestellten Kommunikationsaspekte re­

präsentieren. (Ein von uns entwickeltes komplementäres Verfahren - eine Art "Image-Analyse" durch Bildzuordnungen - prüfte, er­

weiterte und vertiefte die Ergebnisse; auf seine Darstellung muß hier wegen der gebotenen Kürze verzichtet werden.)

(5)

Die ausgewählten zehn Gesangsstücke wurden insgesamt 96 Per­

sqnen vorgespielt, 25 Schülern eines Gymnasiums (13-14 Jahre), 24 Mitgliedern eines Kirchenchores (ca. 55 Jahre) sowie 47 Studen­

ten der Sozialpädagogik (ca. 24 Jahre). Wir haben diese Gruppen aus­

gesucht, um generationsspezifische Auswirkungen ermitteln und Gruppen unterschiedlich intensiver Musikbeziehung heranziehen zu können.

Geburtsdatum : ______ männlich ____ Hörbeispiel Nr. : weiblich ----

Welche Musikrichtung steht für Sie an 1 . (x), welche an 2 . (x") Stelle?

Klassik Oper/-ette Volksmusik Schlager Pop Rock Jazz Sonstiges

Versuchen Sie im Folgenden hauptsächlich auf die Stimme - d. h. nicht auf Text und Musik - zu achten.

Wie läßt sich für Sie die Eigenart der Stimme beschreiben?

1 . warm 3 2 0 2 3 kalt

2. dunkel 3 2 0 2 3 hell

3. blaß 3 2 0 2 3 farbig

4. weich 3 2 0 2 3 hart

5 . gepreßt 3 2 0 2 3 frei

6. rauchig 3 2 0 2 3 klar

7. alt 3 2 0 2 3 jung

8. energisch 3 2 0 2 3 sanft

9 . männlich 3 2 0 2 3 weiblich

1 0 . schneidend 3 2 0 2 3 rund

Achten Sie nun auf das, was durch den gesanglichen Ausdruck dargestellt wird und versuchen Sie dies zu beschreiben .

1 1 . schwer 3 2 0 2 3 leicht

1 2 . sachlich 3 2 0 2 3 gefühlvoll

1 3 . oberflächlich 3 2 0 2 3 tiefsinnig

1 4. kunstvoll 3 2 0 2 3 natürlich

1 5 . schmerzlich 3 2 0 2 3 lustvoll

1 6 . spielerisch 3 2 0 2 3 ernst

1 7. beschwingt 3 2 0 2 3 getragen

1 8 . dämonisch 3 2 0 2 3 lieblich

1 9 . romantisch 3 2 0 2 3 realistisch

20. dramatisch 3 2 0 2 3 lyrisch

(6)

Wie reagieren Sie auf den Sänger/die Sängerin? Welche Beziehung haben Sie ihm/ihr gegenüber?

2 1 . manipuliert 3 2 0 2 3 ehrlich angesprochen

22. zurückgehalten 3 2 0 2 3 mitgerissen

2 3 . distanziert 3 2 0 2 3 zugewand t

2 4 . sympathisch 3 2 0 2 3 unsympathisch

2 5 . erotisch 3 2 0 2 3 u nerotisch

26. zärtlich 3 2 0 2 3 aggressiv

2 7 . geringschätzend 3 2 0 2 3 wertschätzend

2 8 . mitfühlend 3 2 0 2 3 abweisend

29. gelangweilt 3 2 0 2 3 u nterhalten

30. genervt 3 2 0 2 3 angesprochen

Welche Gefühle stellen sich bei Ihnen e i n , wenn Sie dem Sänger/der Sängerin zuhören?

3 1 . gespannt 3 2 0 2 3 entspann t

3 2 . ernst 3 2 0 2 3 lustig

3 3 . angestre ngt 3 2 0 2 3 erholt

34. angenehm 3 2 0 2 3 u nangenehm

3 5 . zu frieden 3 2 0 2 3 unzufrieden

36. beschwingt 3 2 0 2 3 müde

3 7 . pessi mistisch 3 2 0 2 3 optimistisch

3 8 . stark 3 2 0 2 3 schwach

39. bewegt 3 2 0 2 3 ruhig

40 . tra u rig 3 2 0 2 3 fröhlich

Abbildung 1: Polaritätsprofil (Wagner/Sander)

Faktorenanalyse der Eigenschaften des Polaritätsprofils

Die 960 Beurteilungen durch die drei Gruppen wurden einer stati­

stischen Analyse im Rechenzentrum der Universität Düsseldorf unterzogen. Die Tabelle (Abb. 2) zeigt: Kommunalität der Variablen (d. h. Ausmaß der aufgeklärten Varianz), Ladung der Variablen auf den drei Faktoren und den Prozentsatz der erklärten Varianz der drei Faktoren (siehe Hofstätter/Wendt, 1967).

In ihren Ergebnissen bestätigt die Faktorenanalyse auf empiri­

schem Wege, daß sich Rezeption von Gesang in unterschiedliche Aspekte aufteilt. Es ergeben sich allerdings lediglich drei Faktoren und nicht vier: der vierte Aspekt fällt offenbar mit dem dritten zu­

sammen, d. h. das ausgelöste Gefühl (Appell) ist von der Gefühlsbe­

ziehung (Beziehung) nicht zu trennen. Es ergaben sich folgende Fak­

toren:

(7)

Commun. Factor 1 Factor 2 Factor 3 VAR 0 l 0.42 -0. 1 9 0.0 1 -0 .63

VAR 02 0.0 1 0 .07 0.05 0 .02

VAR 03 0.34 0 . 5 0 0 .06 0.30

VAR 04 0 . 5 6 -0 .05 -0.02 -0 .75 VAR 0 5 0.40 0.34 0 . 1 4 0.5 1 VAR 06 0.25 0. 1 5 -0 .02 0 .42 VAR 07 0.09 0 . 1 7 0.23 -0 .05 VAR 08 0.50 -0 . 1 3 0.0 1 0.65 VAR 09 0 .08 0 . 1 8 -0 .04 0.20 VAR l 0 0.4 1 0 . 1 3 -0 .02 0.63

VAR 1 1 0 . 5 3 0 . 1 0 0.7 1 0 . 1 6 VAR 1 2 0.35 0 . 1 4 -0 .26 0.5 1 VAR 1 3 0.48 0.33 -0 . 5 7 0.23 VAR 1 4 0. 1 8 0 . 1 9 0.37 -0 .03 VAR 1 5 0.60 0 . 1 5 0.76 -0.0 1 VAR 1 6 0 . 7 5 -0.08 -0 .86 0.04 VAR 1 7 0.63 -0.1 5 -0 .76 0. 1 6 VAR 1 8 0.4 1 0.05 0.26 0 . 5 8 VAR 1 9 0 .42 0 .02 0.29 -0. 5 8 VAR 2 0 0.28 0.0 1 0.34 0.4 1

VAR 2 1 0 . 5 0 0.69 0 .04 0 . 1 4

VAR 22 0.69 0.8 1 0. 1 8 0.03

VAR 23 0.80 0.88 0 . 1 5 0 . 1 0

VAR 24 0.68 -0 .78 -0. 1 6 -0.22

VAR 25 0.32 -0 . 5 5 -0 .07 -0. 1 0 VAR 26 0.5 1 -0.47 -0 . 0 1 -0. 5 3 VAR 2 7 0 . 6 5 0 . 7 8 -0.02 0 .2 1 VAR 2 8 0.69 -0.80 0.00 -0.22

VAR 29 0.7 1 0.79 0.29 0 .02

VAR 30 0.78 0.85 0 . 1 3 0. 1 9

(8)

VAR 31 VAR 32 VAR 33 VAR 34 VAR 35 VAR 36 VAR 37 VAR 38 VAR 39 VAR 40 Eigenvalue 1 11.3 7 2 4.54 3 3.15

0.49 0.55 0.60 0.77 0.66 0.60 0.44 0.28 0.23 0.51 Pct of var.

59.7 23.8 16.5

0.38 0.37 0.46 0.03 0.73 0.07 0.52 0.46 0.35 -0.81 -0.22 -0.26 -0.74 -0.24 -0.23 -0.59 -0.50 0.01

0.43 0.45 0.22 -0.53 -0.05 0.04 -0.43 -0.04 0.20

0.20 0.69 0.03

Abbildung 2: Ladungszahlen der Variablen auf den drei Faktoren.

I. Positive vs. negative gefühlsmäßige Beziehungen (ltems 23, 24, 34 usw.)

II. Schwere vs. Leichtigkeit der Darbietung / "U" - vs. "E"­

Musik (ltems 15, 16, 17)

III. Wärme/Weichheit vs. Schärfe/ Kälte der Stimme (ltems 1, 2, 8, 10)

Die drei empirisch ermittelten Aspekte entsprachen ziemlich genau dem Beziehungs- und Appell-Aspekt (Fl ), dem Inhaltsaspekt (F2) und dem Selbstoffenbarungsaspekt (F3).

Der Faktor 1 (Gefühlsbeziehung) klärt nach dem Eigenwert-Kriterium den größten Teil der Varianz auf (59 ,7 %). Musikrezeption ist nach unseren Ergeb­

nissen vor allem ein Prozeß des Gefühlserlebens und des Beziehungserlebens zu der dargestellten Person. Erst dann spielen Wertungsprozesse im Sinne von

"Leichtigkeit" ("U"-Musik) oder "Ernsthaftigkeit" ("E"-Musik) eine Rolle (23,5 % der erklärten Varianz).

Die Wahrnehmung der Stimme selbst - ob warm oder weich, ob scharf oder kalt - spielt eine noch geringere Rolle ( 16,5 %). Analytische bzw. objektivierende Einstellungen spielen - zumindest gilt dies für die hier untersuchten 96 Personen - eine vergleichsweise geringe Rolle. Wichtig sind die beim Gesang im Hörer ausgelösten Gefühle und die dem Sänger gegenüber gebrachten positiven oder negativen gefühlsmäßigen Einstellungen. Mit der Person des Sängers bzw. der

(9)

Sängerin verbinden sich - unabhängig von den dargebotenen Inhalten und ob­

jektivierbaren Eigenheiten der Stimme - ganz spezielle Einstellungen und Be­

ziehungen.

Das Polaritätsprofil in seiner Anwendung

Da eine Darstellung der Ergebnisse aller zehn Gesangsstücke den hier vorgegebenen Rahmen sprengen würde , beschränken wir uns exem­

plarisch auf die "Ave Maria"-Darstellungen der Sänger S. Bassey , Heino und A. Rothenberger.

Die folgende Abb . 3 zeigt die drei "Kurven " sowie die "kritischen Intervalle " bei jeder Polarität . (Die "kritischen Intervalle " geben an , wie groß durchschnittlich eine Differenz zwischen zwei Profilwerten sein muß, um als signifikant auf dem 5 %-Niveau angesehen zu werden. )

Die Abbildung macht folgenden Trend deutlich : sie zeigt fast iden­

tische Kurvenverläufe im inhaltlichen Aspekt der drei Darstellungen, mehr oder weniger große , charakteristische Unterschiede im Selbst­

offen barungsteil, sowie im Beziehungs- und Appell-Aspekt . Besonders gravierend und statistisch durchgehend hoch signifikant sind die per­

sönlichen Unterschiede in der Selbstoffenbarung, Heino dabei als

"dunkel" , "alt " und "männlich", A. Rothenberger ganz im Gegen­

teil als "hell" und "weiblich" . Der Beziehungs- und Appellteil zeich­

net sich durch erheblich höhere positive Reaktionen für S. Bassey aus (sympathisch, zugewandt , mitgerissen, entspannt , beschwingt , fröh­

lich) sowie durch negative Einstellungen und Haltungen gegenüber Heino und - etwas abgemildert - A. Rothenberger. Im Gesamt­

überblick wird deutlich, daß sich der "überpersönliche " Gehalt eines Kunstwerkes in dem Inhaltsteil abbildet, während sich die charak­

teristischen persönlichen Ausdrucksvorgänge , Eindrücke und Wir­

kungen im Selbstoffenbarungsteil sowie im Beziehungs- und Appell­

teil deutlich abbilden.

(10)

k r i t

3 4 (1 1 11 1

---�----�---:.----�----- - - --- -·-- ---·

\ . warm

„ d u n kel .1 . hla l., --1 . Wl'icll ). _!.!l'IH'l' bl (1. r;1 1a:l1iµ 7 . a l l X . cnnµisch lJ . 111:in nlich 1 0. schneidend 1 1 . schwer 1 2 . sachlich 1 3 . ohcrfl:ichlich 1 4 . kunstvoll 1 5 . sch mcrzlich 1 6. spielerisch 1 7 . beschwingt 1 8. d:imonisch 1 9. roman tisch 20. dramatisch 2 1 . manipuliert 2 2 . zurückgehalten 23. d ist�mziert 24. sy mpathisch 2 5 . erotisch 26. zärt lich 2 7 . gcringschätzcnd 28. mitfühlend 29. gela ngweilt 30. ge nervt 3 1 . gespannt 3 :. . ernst 3 3 . angestrengt 34. angenehm 35. w friedcn 36. beschwingt 37. pessi mistisch 38. stark 39. bewegt 40. tra u rig

Abbildung 3:

2

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3 4 6

k a l l h e l l l'.t rhi).!

hart frl· i k lar jlllll!

sa n ft weiblich ru nd leicht gel'iihlvoll t iefsinnig nat ürlich lustvoll t'n1SI getragen lieblich realist isch ly risch

0.(, 1 0.54 I U 1 � 0:1,4 11 .l>X ll.1> 1 0.5') ü . 5 8 0.43 0.6 1 0.60 0 . 5 7 0.63 0.6 1 0.56 0.54 0.54 0.49 0.52 0.57 ehrlich angesprochen 0.60 mitgerissen

zugewandt unsy mpatisch uncrotisch aggressiv wcrtschützcn<l abweisend unterhalten angesprocl1en e n tspannt lustig erholt u 1wngcnehm unzufrieden müde optimistisch schwach ru h ig.

fröhlich

0.66 0.7 1 0.67 0.64 0.55 0.62 0.6 1 0.70 0 70 0.64 0.53 0.6 1 0.68 0.65 0.56 0.56 0 5 � 0 . 5 5 0._48

Drei Interpretationen des "Ave Maria" (Bach/Gounod) S. Bassey:

Heino:

A. Rothenberger:

(11)

Zur kommunikativen Prägnanz und Eindeutigkeit der Gesangsdarbietungen

Wir wollen "Prägnanz" als die kommunikative Fähigkeit bezeichnen, bei der sich beim Zuhörer zum Stimmklang, zur inhaltlichen Dar­

steHung und in Bezug auf Gefühlsreaktionen eindeutige Eindrücke ergeben. Sie ist teilweise ein Aspekt der gestalterischen und dar­

stellerischen Kompetenz des Sängers (was die absichtsvolle Seite betrifft), teilweise aber auch, was ein Sänger (unwillentlich) an ein­

deutigen (anstelle von vagen) Eindrücken hervorruft.

Bei der Untersuchung der "Prägnanz" sind wir statistisch von der deutlichen Abweichung der Profilwerte vom Mittelwert ausgegangen.

Kriterium für einen deutlichen Eindruck war für uns das Dappelte des "kritischen Intervalls", also 1,2 Profildifferenzen vom neutralen Mittelpunkt entfernt. Für die fünf Interpreten wurden diejenigen Adjektive herausgegriffen, die bei beiden Gesangsdarbietungen je­

weils diesen Prägnanzwert erreichten oder überschritten (siehe Abb. 4: Prägnanz und Eindeutigkeit der Gesangsdarbietungen).

Ergebnisse

Die geringste kommunikative Prägnanz erreichte Müller-Westernhagen.

Das einzige, was "rüberkommt", ist die gepreßte, rauchige und schneidende Stimme (Selbstoffenbarung), - und dies auch nur be­

grenzt auf einen Beitrag. Dabei werden weder inhaltliche Sachver­

halte vermittelt, noch ergibt sich ein eindeutiges Beziehungsprofil.

Eine sehr differenzierte, aber eindeutige kommunikative Prägnanz ergibt sich für S. Bassey. In beiden Darstellungen wird die Stimme (als Teil der Selbstoffenbarung) als farbig, energisch und weiblich wahrgenommen. Die Inhalte werden beim "Ave Maria" als gefühl­

voll, ernst, tiefsinnig, schmerzlich usw. wahrgenommen, aber gleich­

zeitig bei "Nobody does it" als spielerisch und beschwingt.

Wir sehen hierin einen Hinweis für die besondere inhaltliche Ge­

staltungsfähigkeit und d·amit kommunikative Kompetenz, unter-

(12)

P. A LEXANDER 1 5 . schmerzlich/lustvoll 1 ,5 1 ,2

A: "J a der Haifisch . . . " 1 6. ernst 1 ,8

B: "Wenn <l u schl:i fst . . . " 1 7 . getragen/beschwingt 1 ,7 1 ,3

A ß 1 8 . lieblich 1 ,2

S.O .: 1 . warm 1 ,3 1 ,6 1 9 . romantisch 1 ,2 1 ,2

2 . dunkel 1 ,5 1 ,5 Bez.:

3 . farbig 1 ,2 App.: 32. ernst 1 ,5

4. weich 1 ,8

8 . sanft 1 ,9 HEINO

9. männlich 2 ,0 1 ,5 A: "Ave Maria . . . "

10. rund 1 ,6 B: "Der To<l reit' "

lnh.: 1 1 . leicht 1 ,4 A B

12. gefühlvoll 2 , 1 S.O. : 2 . dunkel 2 ,3 2 ,5

1 5 . lustvoll 1 ,5 7 . alt 1 ,6

1 6 . spielerisch/ernst 1 ,8 1 ,2 8 . eriergisch 1 ,5

17. beschwingt/getragen 1 ,8 1 ,2 9 . männlich 2 ,2 2,4

19. romantisch 1 ,7 Inh.: 1 1 . schwer 2,0 1 ,5

Bez.: 22. zurückgehalten 1 ,2 1 2 . gefühlvoll 1 ,4

23. distanziert 1 ,3 1 3 . tiefsinnig 1 ,3

App.: 32. lustig 1 ,3 1 5 . schmerzlich 1 ,2

36: beschwingt 1 ,2 1 6.ernst 1 ,9 1 ,3

1 7 . getragen 1 ,8

M. M ÜLLER-WESTERNHAGEN 1 8 . dämonisch 1 ,2

A: "Ja der Haifisch . . . " 20. d ramatisch 1 ,6

B: "Flügel" ßez.: 22. zurückgehalten 1 ,2

A B 23. distanziert 1 ,3

S.O.: 1. kalt 1 ,2 25. unerotisch 1 ,4

4. hart 1 ,2 App.: 32. ernst 1 ,2

5 . gepreßt 1 ,7

6. rauchig 1 ,4

7 . jung 1 ,2 S. ßASSEY

9. männlich 1 ,6 1 ,2 A: "Ave Mar_ia . . . "

1 0. schneidend 1 ,3 B: "Nobody does it like me . . . "

lnh.: A B

Bez.: 26. aggressiv 1 ,2 S.O. : 3. farbig 1 ,2 2 ,0

App .: 3 1 gespannt 1 ,2 8 . energisch 1 ,7

33 . angestrengt 1 ,2 9 . weiblich 1 ,8 1 ,2

Inh.: 1 1 . schwer 1 ,3

A. ROTHENßERGER 1 2 . gefühlvoll 1 ,9

A: "Ave Maria . . . " 1 3 . tiefsinnig 1 ,5

B: "Mein Liebeslied . . . " 1 5 . schmerzlich 1 ,4

A ß 1 6 . ernst/spielerisch 1 ,2

S.O . : 2 . hell 1 ,9 2 ,0 1 7 . getragen/beschwingt 1 ,7 1 ,9

3. farbig 1 ,3 1 ,2 20. dramatisch 1 ,5

6. klar 1 ,8 1 ,2 ßez.: 24. sympathisch 1 ,2

9 . weiblich 2 ,6 2 ,4 . 29 . unterhalten 1 ,5

Inh.: 1 1 . leicht 1 ,5 App.: 32. ernst 1 ,2

1 2 . gefühlvoll 2 ,0 1 ,5 36. beschwingt 1 ,8

1 3 . tiefsinnig 1 ,8 39 bewegt 1 ,2

1 4. kunstvoll 1 ,7 40. fröhlich 1 ,4

Abb . 4 : Prägrtanz und Eindeutigkeit der Gesangsdarbietungen

(13)

schiedliche Inhalte prägnant darzustellen. Der Beziehungsteil besteht bei beiden Titeln aus sympathischen Reaktionen, und die erzielten Wirkungen beim Hörer (Appell) sind ernst, beschwingt, bewegt und fröhlich. Diese z. T. entgegengesetzten Wirkungen sprechen für die Fähigkeit, den Zuhörer anzusprechen und mitzureißen.

Eine Ausnahmestellung im Hinblick auf kommunikative Prägnanz nimmt A. Rothenberger ein. Ihr Eindruck liegt - neben der hellen, klaren und weiblichen Stimme - vorwiegend im inhaltlichen Bereich:

gefühlvoll, ernst, tiefsinnig, kunstvoll, getragen, aber auch lustvoll und beschwingt. Auch hier müssen wir - wie bei S. Bassey - ihre Fähigkeit zu inhaltlich-gestalterischer Kompetenz hervorheben.

Unterschiedliche inhaltliche Aussagen können von ihr prägnant ver­

mittelt werden. Dagegen ergeben sich bei A. Rothenberger für den Beziehungs- und Appell-Aspekt keine Prägnanzeff ekte. Offensichtlich ist sie - als klassisch geschulte Sängerin - im wesentlichen an der inhaltlichen Darstellung orientiert, versucht, hinter dem Kunstwerk zurückzutreten und ist nicht (wie Interpreten aus dem Unterhaltungs­

bereich) vorrangig auf persönliche Wirkung aus.

Heino und P. Alexander erreichen höhere Werte ihrer kommunika­

tiven Prägnanz in allen vier Kommunikationsaspekten. Gegenüber beiden herrscht Zurückhaltung und Distanz im Beziehungsbereich vor, die Eindrücke im Appellbereich gehen bei Heino eher in Rich­

tung "ernst", bei P. Alexander in Richtung "lustig", "beschwingt".

Die wesentlichen Inhalte sind bei Heino: schwer, getragen, ernst, dramatisch; bei P. Alexander: beschwingt, spielerisch, leicht, aber auch (beim Titel "Wenn du schläfst") ernst und getragen. Hier zeigt sich die gute inhaltlich-gestalterische Kompetenz dieses Sängers.

Wir möchten mit der Beschreibung der kommunikativen Prägnanz der fünf Interpreten kein Allgemeinurteil über diese fällen. Die Begrenzung unserer Aus­

sagen ergibt sich für jeden der Interpreten aus der geringen Stichprobe an Ge­

sangsdarbietungen sowie aus den Beurteilergruppen, die sich nicht unbedingt aus Anhängern dieser Sänger zusammensetzen.

(14)

Zur I nterpretationskompetenz der verschiedenen Sänger

Für unser Experiment suchten wir aus dem Repertoire jedes Sängers zwei Stücke aus, die möglichst unterschiedlichen Stilrichtungen und Musikgattungen zuzuordnen sind. Beim Anhören der Stücke fällt auf, daß einige Sänger dieser Unterschiedlichkeit in ihrer Interpretation gerecht zu werden versuchen (z. B. P. Alexander beim frechen Hai­

fisch-Song gegenüber dem besinnlich-sentimentalen Schlaflied an seine Tochter), andere dagegen jedes Stück mit ihrem sängerischen Personalstil überziehen und damit gleichmachen (z. B. Heino das balladenhafte Landsknechtslied und das Ave-Maria).

Den Grad der möglichen sängerischen Rollenübernahme, um Lie­

der ihrem Text und ihrer musikalischen Stilistik entsprechend unterschiedlich auszudeuten, nennen wir "Interpretationskompetenz".

Sie läßt sich statistisch operational definieren als die Summe der Kurvendifferenzen der jeweils zwei Stücke pro Sänger im Polari­

tätsprofil. Große Unterschiede und Variabilität in den vier Kommuni­

kationsaspekten bedeutet hohe Interpretationskompetenz. Differen­

ziert nach den vier Seiten der Kommunikation nach Schulz von Thun ergibt sich folgende Tabelle:

Kurvendiskrepanzen Müller- Heino Rathen- Alexan- Bassey (/) (Mittelwert) Westerh. berger der

Sel bsto ff en barung 0,41 0,36 0,28 0,71 0,57 0,47

Inhalt 0,25 0,76 1,69 1,79 1,93 1,28

Beziehung 0,29 0,47 0,47 0,74 0,70 0,53

Appell 0,52 0,34 0,75 1, 11 1,29 0,80 insgesamt 1 ,47 1 ,93 3, 1 9 4,37 4,49 3,09 (krit. Diff. 5 %-Niveau: 0,53) Abb. 5: Tabelle zur Ermittlung der Interpretationskompetenz

Die Ergebnisse dieser Tabelle bestätigen die schon oben ermittel­

ten Befunde sowie generell die spontanen Eindrücke beim Hören der

(15)

Stimmen. Die Sänger Rothenberger, Alexander und Bassey weisen gegenüber den Sängern Müller-Westernhagen und Heino eine hoch signifikant bessere Interpretationskompetenz auf der inhaltlichen Seite der Darstellung auf: sie können unterschiedliche Inhalte auch deutlich unterschiedlich vermitteln. Alexander und Bassey erzielen beim Hörer - im Unterschied zu Heino und Müller-Westernhagen - ebenso differierende Wirkungen (Appell). Die persönlichen Eigen­

heiten der Stimmen (Selbstoffenbarungsaspekt) sind zwischen den fünf Sängern nicht signifikant.

Innerhalb des Kommunikationsprofils der einzelnen Sänger läßt sich folgendes resümieren: Müller-Westernhagen und Heino weisen - neben einer insgesamt geringen Interpretationskompetenz - keine weiteren kommunikativen Akzente auf. Bei Rothenberger fällt wie oben schon festgestellt - die inhaltlich differenzierte Gestal­

tungsfähigkeit auf sowie die geringe Variabilität der persönlichen Stimmakzente. Bei Alexander und Bassey liegt der Hauptakzent in der inhaltlichen Darstellungskompetenz und in den Appell-Wir­

kungen, d. h. sie reißen - je nach Stück ....:. den Zuhörer mit, betören ihn, beunruhigen oder beruhigen ihn - allgemein: sie lösen etwas im Zuhörer aus. (Kennlinien der Sänger, siehe Abb. 6)

Die Wirkungen und Eindrücke einer Gesangsdarbietung auf den Zuhörer hängen auch entscheidend von dessen Musikinteressen und -präferenzen ab. Dabei sind Musikpräferenzen nicht nur das Ergebnis der individuellen Erfahrung mit Musik, sondern stellen oft auch ein Kriterium für eine Bezugsgruppen-Zugehörigkeit dar. So entwickeln sich spezielle alters- und gruppentypische Musikvorlieben, die das Kommunikationsmuster in spezifischer Weise ausmachen. Wir haben ermittelt, daß z. B. Heino eine negative Abgrenzung auf der Bezie­

hungs- und Appellseite bei Studenten hervorruft (möglicherweise wegen der Ideologie seiner Lieder), nicht aber bei Kirchenchor­

mitgliedern, bei denen doch eine von der bevorzugten Musikgattung begründeten Ablehnung zu erwarten wäre.

Die Abb. 7 verdeutlicht, wie alters- und gruppenspezifisch eine Gesangsdarbietung in Bezug auf die Beziehungs- und Appellfunktion wirken kann. Wir ziehen das Beispiel Müller-Westemhagen "Prinz

(16)

M. Müller-Westernhagen:

Selbstoffenbarung 0,4 1

Inhalt 0,25

Beziehung 0,29

Appell 0,52

Heino:

Selbstoffenbarung 0,36

Inhalt 0,76

Beziehung 0,47,

Appell 0,34

A. Rothenberger:

Selbstoffenbarung 0,28

Inhalt 1 ,69

Beziehung 0,47

Appell 0,75

P. Alexander:

Selbstoffenbarung 0,7 1

Inhalt 1 ,79

Beziehung 0,74 Appell 1 , 1 1 S. Bassey :

Selbstoffenbarung 0,57

Inhalt 1 ,93

Beziehung 0,70

Appell 1 ,29

� = , 7 ö

(

� = 0 , 7 6

P = D , 7 6

P = • 7 6

Abb. 6: Kennlinien der fünf Sänger über die vier Seiten der Kommu­

nikation hinweg.

(17)

1 . warm , d1111k,• I 3 . hlal>

4 . ,vl·icli 5 . µc.: p rl' L-it h . r;1ud1ig 7 . a l l X . e n e rgisch 9. mfonlich 1 0. schneidend 1 1 . schwer 1 2 . sachlich 1 3 . ohcrlbchlich 1 4. k u nstvoll 1 5 . schmerzlich 1 6. spiele risch 1 7. beschwingt 1 8. d:imonisch 1 9. romantisch 20. drama tisch 2 1 . manipuliert 7 7 zurückgehalten 2 3 . d istanziert 24. sympath isch 2 5 . ero tisch 26. z,irtlich

2 7 . g.eri ngschü tzend .end 28. m i t fühlend 29. ge lang.we i l t 30. genervt 3 1 . �csp a n n t

, 7

�--

ernst

., ... _ angestrengt

34. a n ge n e h m 3 5 . zufrie den 36. bcscl1wing.t 3 7 . pessi mistisch 38. stark 39. hcwcgt 40.t ra u rig

2

-�,-- -,

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3 4

k ri t .

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ka l t 0.h l

hl'II 0.)4

fa rhi!-! {)_(12

hart 0.h4

l'rl' i 0.hX

k l;, r ().(, 1

j l l lll!, 0 . 5 ')

sa n l't 0.58

wcihfü:h 0.43

ru nd 0.6 1

leicht 0.60

gefiihlvoll 0 . 5 7

tiefsinnig 0.63

natürlich 0.6 1

lustvoll 0.56

ernst 0.54

ge tragen 0.54

lieblich 0.49

realistisch 0 . 5 2

lyrisch 0 . 5 7

ehrlich angesprochen 0.60

mitgerissen 0.66

zugewandt 0.7 1

unsympatisch 0.67

uncrotisch 0.64

aggressiv 0 . 5 5

wcrtsch�tzend 0.6�

a bweise n d 0.6 1

u n terhalten 0.70

angesprochen 0.70

entspannt 0.64

lustig 0 . 5 3

erholt 0.6 1

u n a ngenehm 0.68 u n z u frieden 0.65

müde 0.56

optimistisch 0.5(,

schwach 0 . 5 8

ru hig 0 . 5 5

fröhlich 0.48

6

Abb. 7: Drei Gruppen beurteilen M. Müller-Westemhagen: 'Flügel"

Schüler:

Studenten:

Kirchenchor:

(18)

Eisenherz" ("Flügel") heran. Im Selbstoffenbarungsbereich und im Inhalt stellen sich weitgehend parallele Eindrücke ein: die Stimme wird als kalt, gepreßt, hart, rauchig und jung wahrgenommen, die In­

halte als dämonisch, oberflächlich, dramatisch,realistisch. Die gruppen­

spezifischen Unterschiede zeigen sich erst im Beziehungs- und Appell­

aspekt, hier ergibt sich eine weitgehend parallele Einstellung von älteren Kirchenchormitgliedern und 13-14-jährigen Schülern: mehr Ablehnung, Distanz und Genervtheit, Anstrengung und unangenehme Gefühle. Die studentische Gruppe äußert mehr Sympathie, fühlt mehr Zuwendung und Zufriedenheit. Die Bevorzugung der rhyth­

misch-motorischen Komponente der Darbietung ist offenbar ein altersspezifischer Effekt, der sich hier ausdrückt.

Zusammenfassung

Unsere Erfahrungen mit dem Polaritätsprofil führen zu dem Ergeb­

nis, daß es in differenzierter Weise Kommunikationsaspekte, wie sie sich beim Hören von Gesangsdarbietungen ergeben, erfaßt. Das Pro­

fil ermöglicht Aussagen, wie verschiedene Musikstücke wirken, Rückschlüsse auf den Interpreten und auf dessen kommunikative Prägnanz und den Nachweis von unterschiedlichen Beurteiler­

Gruppen.

Bei der Beurteilung der Gesangsstücke ist darauf zu achten, daß die Beurteiler entsprechende verbale Fähigkeiten aufweisen müssen, um diese Methode zu handhaben. Versuche mit den o. a. Bildzuord­

nungen, deren Veröffentlichung wir planen, haben im Hinblick auf Durchführbarkeit und Zufriedenheit sowie Interpretationstiefe gute und vergleichbar interessante Ergebnisse erbracht.

Summary

Central thesis of this empirical investigation is the assumption that the process of receiving vocal singing can be described by theories

(19)

of interpersonal communication (Watzlawick 1969; Schulz von Thun 1985). Adapted from Schulz von Thun we describe the. four communicational aspects:

- selfdisclosure of the singing person (qualities of his person, voice and sound)

-fonnal content and information (text and formal musical ele­

ments)

- relationship (attidudes of the recipient towards the singer) - appealing effects (the aim and intention of the song).

We tried to measure these communicational aspects by the method of semantic differential. We include 5 singers, each singer with two songs from different styles of music. These 10 items were rated by three groups differing in age and sociological background.

The result confirmed our thesis: different singers and songs can well be discriminated just as the judgements by the different socio­

logical groups. One of our major results consists of creating an operational index for assessing the communicational competence of the singer. We defined two aspects of this competence:

- pregnancy ofperforming - interpretative competence.

Literatur

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Bern : Huber.

Referenzen

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