Die Information:
Bericht und Meinung DER KOMMENTAR
Psychiatrie- Enquete
nach Art des „Stern"
Für die Anfachung von ein wenig antiärztlicher Progromstimmung ist der „Stern" immer gut. Unter dem infamen Aufmacher: „Die Reichen und die Tote – Werden in rheinischen Nervenkliniken die Patienten vernachlässigt, weil die Chefärzte zuviel Nebengeschäfte machen?" versucht ein Artikel in Heft 10 vom 2. März 1978 den Ein- druck zu erwecken, daß zwischen dem Tod eines 20jährigen Mäd- chens in der Rheinischen Landes- klinik Brauweiler im Januar 1978 und der Behandlung von soge- nannten Privatpatienten durch den Klinikdirektor ein ursächlicher Zusammenhang bestehe.
Der „Stern" weiß schon vor Ab- schluß der Ermittlungen ganz ge- nau, daß trotz der personellen Un- terbesetzung der Klinik und der Überbelegung mit Patienten der Chefarzt so überlastet nicht gewe- sen sein kann. Im Jahre 1975 habe er nämlich 103 733 DM Nebenein- nahmen gehabt. Die unschulds- volltückische Frage im Titel des sich humanitär gebenden, aber Neidausbrüche wecken wollenden Artikels soll vom Leser offenbar als Tatsachenfeststellung aufge- nommen werden. Neben dem Kli- nikdirektor von Brauweiler werden fünf weitere Leitende Ärzte von Rheinischen Landeskliniken dem (redaktionell erhofften) Zorn der
„Stern"-Leserschaft ausgesetzt.
Aus einer vom Krankenhausträger gemäß bundesweit geltenden Ver- ordnungen genehmigten Nebentä- tigkeit macht der „Stern" – schreibgewandt, wie er nun ein- mal ist, wenn ihn sein republikbe- kanntes Eifern für die Umvertei- lung ärztlicher Einkünfte beflügelt – anrüchige „Nebengeschäfte".
Die Assoziation von Schiebung, Korruption, Diebstahl an öffentli- chem Eigentum soll sich einstel- len.
Daß der Krankenhausträger 20 Prozent der Nebeneinnahmen als sogenanntes Nutzungsentgelt be- ansprucht (und daß vom Rest die- ser Einnahmen 61 Prozent Steuern bezahlt werden), verschweigt der
„Stern" wohlweislich, obwohl er diese Daten genau kennt. Er pflegt sorgfältig das Bild vom „Chef- arzt", der die Patienten verkom- men läßt, Hunderttausende „ab- sahnt" und der öffentlichen Hand ihren gerechten Anteil betrüge- risch vorenthält. Die Einkommens- zahlen entnimmt der „Stern" ei- nem Prüfbericht des zuständigen Rechnungsprüfungsamtes, des- sen Daten ihm unter Bruch des Amtsgeheimnisses zugänglich ge- macht wurden. Schon im Sommer 1977 war dieser Bericht wider- rechtlich der Presse zugespielt worden, deren ärztefeindlicher Teil prompt in das gewünschte Wutgeheul ausbrach, ohne daß sich das mit bebender Empörung vorhergesagte Strafgericht ereig- nen konnte. Es fehlten eben die entsprechenden Unrechtstatbe- stände. Ein Unrechtstatbestand ist allerdings offensichtlich: der wie- derholte Bruch des Amtsgeheim- nisses.
Die mündigen Bürger im demokra- tisch verwalteten Rechtsstaat – wir hoffen, daß auch Ärzten dieser Status noch zugebilligt wird – war- ten nun mit staatsbürgerlich-diszi- plinierter Spannung auf die Maß- nahmen, die angesichts der rechtswidrigen Weitergabe des Prüfungsamtberichtes ergriffen werden. Wie wäre es denn mit ei- ner Anzeige gegen Unbekannt und staatsanwaltschaftlichen Ermitt- lungen?
Und da wir nun gerade fragen:
Gibt der „Stern", die selbster- nannte Kampfillustrierte für Sau- berkeit und Sitte der anderen, in der nächsten Nummer nun auch das Jahreseinkommen seines Chefredakteurs und seines Verle- gers bekannt? Wohin verteilen die Umverteilungspropagandisten ih- re eigenen Einkünfte um? Wir wis- sen selbst, daß diese Frage ehr- furchtslos ist, sie entspricht so gar
—GLOSSE
Fenster
„Räume, in denen Arbeit- nehmer über eine bestimmte Zeit hinaus arbeiten müssen, bedürfen eines unmittelba- ren Sichtkontaktes zur Au- ßenwelt". Weil der Innenmi- nister und der Arbeitsmini- ster von Nordrhein-Westfa- len gemeinsam diese Vor- schrift in einen Erlaß hinein- geschrieben haben, der erst nach dem Baubeginn am Kli- nikum der Technischen Hochschule Aachen erging, verzögert sich nun die Fer- tigstellung dieses Riesen- baues. Denn bekanntlich waren dort eine Reihe von Räumen nur mit künstlichem Licht vorgesehen.
Aber es ist doch schade, daß den Autoren dieser Vor- schrift, nachdem sie das Wort „Fenster" so fein ver- mieden haben, das ach! so profane „arbeiten" durchge- schlüpft ist! Ich würde mir das verbitten; ich würde höchstens „tätig sein" wol- len, wo ich „unmittelbaren Sichtkontakt zur Außenwelt"
habe.
Und stellen Sie sich mal vor, Aachen läge in Bayern – die sprachlichen Probleme beim
„Fensterin"!
Na ja, Fensterin gibt's in Aachen sowieso nicht: Die unmittelbaren Sichtkontakte zur Außenwelt erhalten
„feuerhemmende Glä-
ser" . gb
nicht der Demutshaltung vor den Thronen unserer Medienfürsten, in der wir die Beschreibungen un- serer eigenen verstockten Unmo- ral zur Kenntnis nehmen sollen.
Aber wollte nicht gerade auch der
„Stern" „kritisches Bewußtsein"
fördern? Recht hat er: Wir sehen viele gute Gründe, ihm gegenüber besonders kritisch zu sein. n r
754 Heft 13 vom 30. März 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT