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Feststellung der Prävalenz von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) und Extended-Spectrum Betalactamase- (ESBL-) bildenden Enterobacteriaceae in Schweine haltenden Betrieben sowie bei menschlichen Kontaktpersonen und Erfassung assoziierter

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Academic year: 2022

Aktie "Feststellung der Prävalenz von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) und Extended-Spectrum Betalactamase- (ESBL-) bildenden Enterobacteriaceae in Schweine haltenden Betrieben sowie bei menschlichen Kontaktpersonen und Erfassung assoziierter"

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Feststellung der Prävalenz

von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) und Extended-Spectrum Betalactamase- (ESBL-)

bildenden Enterobacteriaceae in Schweine haltenden Betrieben sowie bei menschlichen Kontaktpersonen

und Erfassung assoziierter Risikofaktoren

INAUGURAL - DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin – Doctor medicinae veterinariae –

( Dr. med. vet. )

vorgelegt von Julia Fischer

aus Dorsten

Hannover 2016

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Wissenschaftliche Betreuung:

Prof. Dr. rer. nat. Lothar Kreienbrock, Institut für Biometrie, Epidemiologie und Infor- mationsverarbeitung, Tierärztliche Hochschule Hannover

PD Dr. med. Robin Köck, Institut für Medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Münster und Institut für Krankenhaushygiene, Klinikum Oldenburg

1. Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. Lothar Kreienbrock PD Dr. med. Robin Köck

2. Gutachter: Prof. Dr. med. vet. Karl-Heinz Waldmann

Tag der mündlichen Prüfung: 11. November 2016

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Bei der vorliegenden Dissertation handelt es sich um ein interdisziplinäres, veterinär- und humanmedizinisches Projekt, das im Rahmen der Forschungsarbeit von RESET und MedVet-Staph durchgeführt wurde.

Der Forschungsverbund RESET zur Untersuchung der zoonotischen Bedeutung ESBL-bildender Bakterien wird am Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informati- onsverarbeitung der Tierärztlichen Hochschule Hannover koordiniert.

Der Forschungsverbund MedVet-Staph zur Erforschung der zoonotischen Bedeutung von MRSA wird am Institut für Hygiene des Universitätsklinikums Münster koordiniert.

Beide Verbundprojekte werden gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

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Für Stefan

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1 Einleitung

Antibiotikaresistente Bakterien gehören zu den drängendsten Problemen unserer Zeit.

Häufig zeigen solche Erreger Mehrfachresistenzen, die nur wenige therapeutische Op- tionen offen lassen. Als wichtige Vertreter sind hier Methicillin-resistente Staphylococ- cus aureus und Extended-Spectrum Betalactamase-bildende Enterobacteriaceae zu nennen. Beide Gruppen von antibiotikaresistenten Erregern haben in den letzten Jahr- zehnten an Bedeutung gewonnen und spielen sowohl beim Menschen als auch beim Tier eine Rolle.

1.1 Staphylococcus aureus

1.1.1 Epidemiologie, Pathogenese und Klinik von Staphylococcus aureus Staphylokokken (von griech. staphyle, Traube) sind mikroskopisch grampositive, ku- gelförmige Bakterien (Kokken) aus der Familie der Micrococcaceae. Eine Klassifika- tion der zahlreichen Vertreter erfolgt u.a. nach ihrer Koagulaseaktivität. Besonders die koagulasepositiven Spezies, zu denen auch S. aureus zählt, verfügen über eine Reihe von Pathogenitätsfaktoren, mit denen sie sich der körpereigenen Abwehr entziehen können. Als fakultativ pathogene Erreger verursachen sie putride Infektionen. S. au- reus findet sich bevorzugt als Besiedler der Nasenvorhöfe, des Rachens oder der Ach- seln und ist bei ca. einem Drittel der Menschen dauernd auf der Haut und Schleimhaut nachweisbar (Hof, 2014). In einem Review nennen Sollid et al. als weitere wichtige Kolonisations-Orte das Perineum und den Darm. Für eine nasale Trägerschaft belau- fen sich nach dieser Arbeit die Prävalenzen in Westeuropa auf etwa 24-36%. Neben dem Vestibulum bzw. Septum nasi als Hauptlokalisation für S. aureus ist besonders der Oropharynx von Bedeutung, denn die Nachweisquote im Rachenraum lag in den berücksichtigten Studien teilweise bei 54% der Untersuchten. Teilweise war bei 43%

der Probanden sogar ausschließlich eine oropharyngeale Besiedlung festzustellen (Sollid et al., 2014). Die Verbreitung erfolgt über Händekontakt oder Tröpfchen aus dem Respirationstrakt, aber auch indirekt über kontaminierte Oberflächen. Manche S. aureus-Stämme bilden Toxine und können z.B. Lebensmittelintoxikationen oder das

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Toxic-Shock-Syndrom auslösen (Kulhankova et al., 2014, Kadariya et al., 2014). In- fektionen betreffen oft lokal die Haut oder Schleimhaut und manifestieren sich in Form einer klassischen Abszessbildung, da Staphylokokken sich durch einen Fibrinwall ab- kapseln (Hof, 2014).

Beim Menschen sind oft Furunkel oder Karbunkel die Folge. Lokale Infektionen treten häufig im Zusammenhang mit chirurgischen Eingriffen auf. Infektionen innerer Organe können endogen von großen Eiterherden ausgehen und zu Osteomyelitis oder Osteitis und Endokarditis führen. Exogene Infektionen sind z. B. möglich durch Biofilm-Bildung auf Gefäßprothesen und münden in Septikämie oder Schock (Hof, 2014).

Auch bei vielen Tierarten wird S. aureus regelmäßig im Zusammenhang mit lokalen oder systemischen Eiterungsprozessen und Abszessen nachgewiesen. Beim Rind kann dieser Erreger sporadische Aborte verursachen, beim Pferd die Botryomykose.

Vom Feldhasen ist das Krankheitsbild der Staphylomykose bzw. –kokkose bekannt.

Bei Huhn und Pute spielt die Staphylokokken-Septikämie eine bedeutende Rolle, wo- bei S. aureus hier auch andere Erkrankungen hervorrufen kann (Dermatitis, Osteomy- elitis, Arthritis u.a.). Besonders häufig findet man ihn jedoch als Erreger von Mastitiden, die bei Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen und Pferden auftreten. Die Staphylokok- ken-Mastitis des Rindes zählt mit zu den weltweit wichtigsten Infektionskrankheiten in der intensiven Rinderhaltung. S. aureus als Haupterreger wird über den Strichkanal übertragen (Melkfehler). Die klinischen Bilder dieser Euterentzündung sind vielfältig:

Während anfangs oft subklinische Mastitiden im Vordergrund stehen, zeigen sich spä- ter akute katarrhalische oder gangränöse Formen, die letal enden können. Daneben kommen chronische S. aureus-Euterentzündungen bei Kühen vor (Selbitz, 2007).

1.1.2 Methicillin-resistente Staphylococcus aureus

1.1.2.1 Erstes Auftreten von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus

Nachdem Alexander Fleming 1928 mit dem Penicillin das erste Betalactam-Antibioti- kum entdeckt hatte, beschrieben Rammelkamp und Maxon schon 1942 einen Penicil- lin-resistenten S. aureus, der sich durch Bildung von Penicillinase auszeichnete

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(Rammelkamp & Maxon, 1942). Bereits ein Jahr nach Einführung von Methicillin, ei- nem Penicillinase-festen, semisynthetischen Derivat des Penicillins, gab es durch Jevons Berichte über einen Methicillin-resistenten Stamm (Jevons et al., 1963). Dieser MRSA genannte Erreger zeigt eine Resistenz gegenüber den meisten Betalactam- Antibiotika einschließlich der Penicillinase-festen Penicilline, Cephalosporine der ers- ten, zweiten, dritten und vierten Generation und Carbapeneme (Tab.1).

Tabelle 1: Einteilung der Betalactam-Antibiotika

Gruppen und Untergruppen Wichtige Derivate (Beispiele) Penicilline

Benzylpenicilline Penicillin G, Procain-Penicillin Phenoxypenicilline (Oralpenicilline) Penicillin V, Propicillin, Acidocillin Carboxypenicilline Carbenicillin, Ticarcillin, Temocillin

Acylamino- (Ureido-)penicilline Mezlocillin, Azlocillin, Piperacillin, Apalcillin Isoxazolylpenicilline (Penicillinase-fest) Oxacillin, Flucloxacillin

Aminopenicilline Ampicillin, Amoxicillin

Cephalosporine

1. Generation Cefacetril, Cefalotin, Cefazolin, Cefalexin

2. Generation Cefalozin, Cefotiam, Cefuroxim, Cefoxitin 3. Generation Ceftiofur, Cefotaxim, Cefoperazon

4. Generation Cefquinom, Cefpirom, Cefepim

5. Generation (MRSA-wirksam) Ceftarolin (Zulassung in D 2012), Ceftobiprol (2013)

Carbapeneme Imipenem, Meropenem

Monobactame Aztreonam

Quelle modifiziert, nach: (Kroker et al., 2002, Fresenius, 2014, Schulz-Stübner, 2015)

Ab den frühen 1980er Jahren traten zunehmend neue klonale Linien von MRSA in Erscheinung. In der Folge entwickelte sich eine weltweite Ausbreitung von MRSA, die

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bis zum heutigen Tag anhält (Otto, 2012). Zunächst standen hierbei in der Humanme- dizin Behandlungs-assoziierte MRSA (Hospital-acquired MRSA, HA-MRSA) im Fokus.

In den frühen 1990er Jahren jedoch war in einigen Ländern eine weitere Ausbreitung von MRSA über die Grenzen des Gesundheitswesens hinaus zu erkennen. Diese Community-associated MRSA (CA-MRSA) finden sich heute weltweit in der Allgemein- bevölkerung, besonders häufig jedoch in den USA (Köck et al., 2011). CA-MRSA bil- den oft ein besonderes Toxin, das Panton-Valentine-Leukozidin (PVL). Frühe Nach- weise von Nutztier-assoziierten MRSA (Livestock-associated MRSA, LA-MRSA) be- ziehen sich auf Fälle boviner Mastitis, die in den 1970er Jahren in Belgien auftraten (Devriese et al., 1972, Devriese & Hommez, 1975). In Deutschland konnten 2004 die ersten LA-MRSA isoliert werden. Diese stammten aus veränderten Geweben toter Schweine. Im Rahmen einer Sektionsstudie hatten Meemken et al. von 2004 bis 2007 porcine S. aureus-Stämme gesammelt, um diese dann retrospektiv auszuwerten.

57/60 MRSA-Isolaten gehörten zum Nutztier-assoziierten Genotyp. Die Autoren ver- muteten daher, dass LA-MRSA schon vor 2004 beim Schwein aufgetreten sind, ohne dass ein Nachweis erbracht werden konnte (Meemken et al., 2010). Nur kurze Zeit später, im Jahr 2005, konnten LA-MRSA erstmals bei Schweinen auf einem niederlän- dischen Mastbetrieb beschrieben werden (Voss et al., 2005). Daraufhin mehrten sich die Nachweise v.a. bei Nutztieren aus intensiver Tierhaltung in mehreren europäischen Ländern und später in Nordamerika. Auch beim Menschen breitete sich der Nutztier- assoziierte MRSA aus (Pantosti, 2012).

1.1.2.2 Resistenzgene bei MRSA

MRSA-Stämme besitzen meist ein als mecA bezeichnetes Resistenzgen, das auf einer mobilen genetischen Einheit, dem Staphylococcal Cassette Chromosome mec (SCCmec) lokalisiert ist (Katayama et al., 2000). Dieses mecA-Gen kodiert für das Penicillin-bindende Protein 2‘ oder 2a (PbP2‘ oder PbP2a). Als leicht verändertes PbP2 lässt es keine Bindung von Betalactam-Antibiotika der oben genannten Klassen mehr zu und katalysiert zusätzlich die Zellwandsynthese (Utsui & Yokota, 1985). Die Quelle des mecA liegt möglicherweise bei S. fleurettii, einem kommensalen Tier-Keim,

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der zur S. sciuri-Gruppe gehört und das Gen an S. aureus abgegeben haben könnte (Tsubakishita et al., 2010).

Ein neuartiges mecA-Homolog, genannt mecC, wurde im Jahr 2011 in Deutschland, Dänemark und Großbritannien bei Menschen und Tieren nachgewiesen (Cuny et al., 2011a, Garcia-Alvarez et al., 2011). Die ersten Isolate tierischen Ursprungs stammten aus der Tankmilch von Kühen (Garcia-Alvarez et al., 2011). Aufgrund der abweichen- den molekularen Natur dieses neuen MRSA gestaltet sich der Nachweis schwierig;

während Kultur und Resistenztest MRSA anzeigen, fällt die übliche Bestätigungsdiag- nostik (mecA-Gennachweis) negativ aus (Garcia-Alvarez et al., 2011, Becker et al., 2014).

1.1.2.3 Vorkommen, Prävalenz und Übertragungswege von MRSA

Die verschiedenen Reservoire von MRSA definieren sich durch epidemiologische Cha- rakteristika (s.o.). Jedoch besitzen CA-MRSA, HA-MRSA und LA-MRSA auch geneti- sche Unterschiede, die sich durch molekulare Methoden voneinander abgrenzen las- sen. Dies erfolgt häufig durch die Multilocus-Sequenztypisierung (MLST), die eine Ein- teilung nach verschiedenen Sequenztypen (ST) vornimmt, indem die Sequenz von sie- ben Genen des Grundstoffwechsels zugrunde gelegt wird (Enright et al., 2000). Mög- lich ist der Nachweis solcher konservierter Gene, da die MRSA-Population überwie- gend klonal gegliedert ist und Punktmutationen 15mal häufiger vorkommen als Re- kombinationen (Feil et al., 2003). Finden sich bei den sieben Genen in der MLST min- destens fünf gleiche Allelprofile, werden die verschiedenen ST einem gemeinsamen klonalen Komplex (Clonal Complex, CC) zugeordnet. Neben der MLST ist zur weiteren Differenzierung die S. aureus Protein A- (spa-) Typisierung gebräuchlich (Tab. 2), die auf der Sequenzierung der X-Region des kodierenden spa-Gens beruht (Harmsen et al., 2003).

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Tabelle 2: Typische MRSA-Genotypen in verschiedenen Reservoiren in Deutschland

MRSA-Reservoir Klonale Linien nach MLST-Typisierung (häufige spa-Typen, ggf. wei- tere Bezeichnungen)

PVL

HA-MRSA ST22 (t005/t032), ST5/ST225 (t002/t003), ST45 (t004), ST8 (t008) negativ

CA-MRSA ST8 (t008, „USA300“), ST80 (t044), ST30 (t019/t021), ST1 (t127/t128, „USA400“), ST772 (t657, „Bengal Bay“)

positiv

LA-MRSA ST398 (t011, t034, t108, t1451, t567), selten: ST9 (t1430), ST97 (t3992), ST5 (t002)

negativ

Haustier-assoziierte MRSA

ST5/ST225 (t002/t003), ST22 (t005/t032), ST8 (t008), ST254 (t009), ST398 (t011)

negativ

Equine MRSA ST398 (t011, t034, t108, t1451, t567), ST254 (t036/t009), ST8 (t064) negativ

Legende: MLST = Multilocus-Sequenztypisierung; spa = S. aureus Protein A- (spa-) Typisierung; PVL = Panton-Valentine-Leu- kozidin

Quelle modifiziert, nach: (Köck et al., 2012a)

Eine Zusammenfassung ausgewählter deutscher Studien zeigt, dass die Allgemeinbe- völkerung durchschnittlich zu 1-2% nasal mit MRSA kolonisiert war (Köck et al., 2011).

Betrachtet man jedoch die Prävalenzen getrennt nach den verschiedenen Reservoiren von MRSA, ergeben sich z.T. erhebliche Abweichungen von dieser Zahl.

Infektionen mit HA-MRSA betreffen Personen mit prädisponierenden Faktoren wie Aufenthalt in einem Krankenhaus oder Pflegeheim, Komorbidität, Dialyse oder inva- sive Maßnahmen. Als Eintrittspforten sind (Operations-) Wunden oder Dauerkatheter zu nennen (Drews et al., 2006). Erkrankungen, die durch diesen Erreger verursacht werden, beziehen sich auf Haut, Weichgewebe, Atemtrakt, Gelenke, Knochen und en- dovaskuläre Strukturen bzw. Herzklappen oder führen zu Sepsis (Lowy, 1998).

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Letztere ist besonders gefürchtet, denn die Mortalitätsquote bei solchen schweren, in- vasiven Infektionen ist hoch; nach einer neueren Übersichtsarbeit versagt die kalku- lierte Initialtherapie bei bis zu 50 % der Patienten (Kullar et al., 2015).

Die Einstufung eines Stamms als CA-MRSA war in der Vergangenheit nicht einheitlich;

Sowash und Uhlemann beschreiben folgende Definition als die gebräuchlichste:

1.) Nachweis von MRSA spätestens 48 Stunden nach Hospitalisation, 2.) Freisein von Kathetern o.ä., 3.) Anamnese ohne MRSA-Infektion und 4.) Anamnese ohne kürzliche Hospitalisation o.ä. (Sowash & Uhlemann, 2014). CA-Stämme werden auch bei Per- sonen ohne prädisponierende Faktoren nachgewiesen, tragen das Gen für PVL-Toxin und oft den SCCmec-Typ IV oder V (Kluytmans-Vandenbergh & Kluytmans, 2006, Maltezou & Giamarellou, 2006, Drews et al., 2006). Weltweit sind CA-MRSA der klo- nalen Linien ST8 verbreitet („USA300“), in Europa auch ST80 (Köck et al., 2012a). Der Klon ST772 (Typ SCCmec V) ist in Indien prädominant und gewinnt auch weltweit an Bedeutung. ST772 ist hochvirulent und verfügt über eine ungewöhnlich hohe Zahl an Resistenzgenen (Steinig et al., 2015, Monecke et al., 2013). Bouchiat et al. halten im Zusammenhang von Resistenzeigenschaften eine Abgrenzung von CA- und HA- MRSA für nicht mehr angemessen: Während historisch CA-MRSA neben der Resis- tenz gegenüber Betalactamen nur wenige weitere Antibiotikaresistenzen aufwiesen, zeigt die Resistenzlage bei beiden MRSA-Reservoiren heutzutage zunehmend keine signifikanten Unterschiede mehr (Bouchiat et al., 2015). Eine Übertragung von CA- MRSA findet beim direkten oder indirekten Kontakt von Mensch zu Mensch statt, wobei als Risikofaktoren z.B. das Leben in großer Bevölkerungsdichte, Sportarten mit Kör- perkontakt, häufige Antibiotikatherapie oder enges Zusammenleben mit MRSA-Pati- enten gelten (Drews et al., 2006). Auch Reisen in endemisch betroffene Länder wie Latein-Amerika, Süd- und Südost-Asien oder Afrika werden hier genannt (Zhou et al., 2014, Nurjadi et al., 2015). Infektionen mit CA-MRSA führen oft zu Haut- und Weich- gewebe-Infektionen; seltener treten schwere Infektionen auf, z.B. nekrotisierende Pneumonie oder nekrotisierende Fasciitis, pelvine Thrombophlebitis oder septische Phlebitis (Bartlett, 2008).

Seit den ersten Nachweisen von LA-MRSA bei Schweinen vor mehr als zehn Jahren hat sich dieser Erreger rasant ausgebreitet. LA-MRSA, anfangs als „Schweine-MRSA“

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bezeichnet, gehört überwiegend zur klonalen Linie ST398. Diese Stämme sind in der Lage, ein breites Spektrum an Spezies zu kolonisieren und zu infizieren; neben Schweinen, Rindern, Pferden und Geflügel zählt auch der Mensch dazu. MRSA bei Begleittieren wie Hunden oder Katzen sind dagegen meist den klonalen Linien des Menschen ähnlich (Pantosti, 2012). LA-MRSA führen beim Tier häufig zur asympto- matischen Trägerschaft. Es sind nur wenige Berichte von klinischen Erkrankungen beim Nutztier bekannt, wie Fälle von Mastitis beim Rind (Spohr et al., 2011, Vanderhaeghen et al., 2010, Tavakol et al., 2012) oder von exsudativer Epidermitis beim Schwein, wobei hier am häufigsten ein multiresistenter S. hyicus nachgewiesen wurde (Park et al., 2013, Foster, 2012). Schweinemastbetriebe sind nach einer Meta- Analyse in Deutschland zu knapp 54% positiv für LA-MRSA (Fromm et al., 2014). Dar- über hinaus konnten bei ca. 46% der Kälber- und 90% der Putenmastbetriebe Nutztier- assoziierte MRSA isoliert werden (Nemeghaire et al., 2014, Richter et al., 2012). Weit weniger Untersuchungen sind zur MRSA-Besiedlung von Hobbytieren bekannt. An- ders als beim Nutzvieh steht ein Nachweis von MRSA bei Hobbytieren oft im Zusam- menhang mit klinischen Erkrankungen: Wundtupfer, die bei einer Studie in Deutsch- land S. aureus-positiv waren, erwiesen sich bei rund 63% der Isolate von Hunden, 46%

von Katzen und 41% von Pferden als MRSA (Vincze et al., 2014). Bei Pferden stehen nicht die Reitställe generell, sondern die Pferdekliniken im Fokus (Maddox et al., 2015); belgische Pferde aus Reitställen waren nach einer Studie zu <1% positiv, wäh- rend bei Klinik-Tieren der Nachweis in 55% der Fälle gelang (van den Eede et al., 2012, van den Eede et al., 2013). Hunde zeigen neben S. aureus-Infektionen häufig opportunistische Infektionen mit S. pseudintermedius, der gegen fast alle Antibiotika- Klassen resistent ist, wie Beck et al. bei knapp 41% (MRSA 2%) der untersuchten Hunde mit Pyodermie feststellten (Beck et al., 2012).

Für den Menschen sind LA-Stämme fakultativ pathogen. Sie können das gesamte Krankheitsspektrum wie S. aureus allgemein verursachen (Becker et al., 2015). Als Hauptrisikofaktor für eine Besiedlung mit LA-MRSA ist der enge Kontakt zu Tieren zu nennen. Die meisten Untersuchungen hierzu beziehen sich auf den Kontakt zu Schweinen, jedoch auch zu Rindern und Geflügel (van Loo et al., 2007, Richter et al., 2012). Eine Übersichtsarbeit beim Menschen zeigte, dass die Prävalenz für Landwirte

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mit Tierhaltung bis zu 86% betrug (Haushaltsmitglieder etwa 4%). Tierärzte, die Nutz- tiere betreuten, waren zu 44-45% Träger (Haushaltsmitglieder zu 4-9%) (Cuny et al., 2009, Verkade et al., 2014). Auch andere Autoren berichten, dass Haushaltsmitglieder von Landwirten oder Veterinären öfter durch MRSA besiedelt waren als die Allgemein- bevölkerung (van Rijen et al., 2014, van Cleef et al., 2015). Bei Aufnahme ins Kran- kenhaus konnten bei 0,08-0,2% der Patienten nasal LA-MRSA nachgewiesen werden.

In viehdichten Regionen wie Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen war dies häufi- ger der Fall als in anderen. Nutztier-assoziierte Genotypen repräsentierten in Deutsch- land etwa 15% der MRSA, die aus tiefen Haut- und Weichgewebsinfektionen isoliert wurden (Cuny et al., 2013).

Kontrovers diskutiert wird, ob sich LA-MRSA auch auf anderen Wegen als dem direk- ten Tierkontakt effektiv verbreiten (z.B. durch Abluft aus Tierhaltungsanlagen oder kon- taminierte Lebensmittel). Einen Hinweis darauf bietet eine Untersuchung, in der die Viehdichte in einer Region als Risikofaktor für eine MRSA-Besiedlung des Menschen, unabhängig vom Nutztierkontakt, identifiziert wurde (Feingold et al., 2012). In einer dänischen Untersuchung bestand ebenfalls eine erhöhte Besiedlungs- und Infektions- quote durch MRSA ST398 in nutztierreichen Regionen im Vergleich zu städtisch ge- prägten Gemeinden (Larsen et al., 2015). Der Austrag von LA-MRSA aus den Ställen in die Umwelt durch Luft und Gülle wurde in verschiedenen Studien nachgewiesen (Friese et al., 2013, Ferguson et al., 2016). Schulz et al. schränken diese Aussage ein, denn in ihrer Erhebung waren die Keimzahlen für MRSA mit 11 bzw. 14 koloniebilden- den Einheiten (KbE)/m3 Luft in Windrichtung der Schweineställe sehr niedrig (50 bzw.

150 m Entfernung) und gegen den Wind sogar negativ. Signifikant höhere MRSA-Prä- valenzen in der Umgebungsluft wurden im Sommer beobachtet, was mit den höheren Lüftungsraten in den Ställen erklärbar war (Schulz et al., 2012).

Auch rohe Milch birgt ein theoretisches Risiko für den Verbraucher (Riva et al., 2015, Traversa et al., 2015). Zu rohen Fleischproben aus dem Einzelhandel (Lebensmittel- Planproben) nennt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) für das Jahr 2013 MRSA-Prävalenzen bei Puten von etwa 27%, Hähnchen von 20%, Schweinen von 14% und Rindern von 5% (BfR, 2015). Allerdings gelangen Nachweise oft erst nach Anreicherung der Proben, so dass von geringen Quantitäten bei der Kontamination

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dieser Lebensmittel ausgegangen werden muss. Hier stellt das Auftauwasser von tief- gekühlten Hähnchen eine Ausnahme dar: Eine Stichprobe, die 2011 am Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für Staphylokokken des Robert Koch-Instituts (RKI) in Werni- gerode ausgewertet wurde, zeigte bei etwa 30% der Tiefkühlware LA-MRSA mit recht hohen Keimzahlen von 100-1000 KbE/ml ohne Anreicherung (Cuny et al., 2011b). Ne- ben der Infektion wurde auch das seltene Auftreten von enterotoxischen LA-MRSA beschrieben (Verhegghe et al., 2016, Bortolaia et al., 2015, Riva et al., 2015). Diese MRSA mit Enterotoxin-Produktion finden sich jedoch mit dem Mastitis-assoziierten S. aureus Genotyp B (GTB) sehr häufig in rohem Kuhmilch-Käse. GTB, ein hochkon- tagiöser und zunehmend pathogener Erreger, wurde in einer Schweizer Studie bei rund 72% der 78 kontaminierten Käseproben isoliert (Hummerjohann et al., 2014).

Die Übertragungswege von LA-MRSA innerhalb der Schweinehaltung haben Fromm et al. in einer Meta-Analyse gepoolter Daten aus 10 Studien zusammengefasst, in der sie folgende Risikofaktoren nennen: Herdengröße und –typ, Gruppenbehandlung mit Antibiotika und Aufstallung auf Spaltenboden. Faktoren, die von anderen Autoren be- schrieben wurden (Tierzukauf, MRSA-positives Personal, Vektoren, direkter Kontakt von Tier zu Tier), konnten hier nicht bestätigt werden (Fromm et al., 2014). Für die Rinderhaltung liegen nur wenige Daten vor. Bei Kühen stellten Schweinehaltungen in 3 km Umkreis einen Risikofaktor dar, wie anhand übereinstimmender ST- und spa- Typen in einer italienischen Studie gezeigt wurde (Locatelli et al., 2016). Bei Mastkäl- bern war der MRSA-Status assoziiert mit den Faktoren Betriebshygiene, Antibiotika- Therapie und Alter (Bos et al., 2012).

Für das neue mecC-Gen ist die zoonotische Transmission zwischen Menschen und Tieren inzwischen beschrieben (Harrison et al., 2013, Petersen et al., 2013, Becker et al., 2014). Nutztiere könnten eine Quelle für humane Infektionen mit diesem Erreger darstellen, während Wildnager und Insektivoren als Reservoir in Betracht gezogen werden (Becker et al., 2014). Aktuell gibt es Berichte von MRSA mit mecC aus 13 europäischen Ländern und von 14 verschiedenen Wirtsspezies (Paterson et al., 2014).

Die Wirtsspezifität ist somit gering. In einer aktuellen Meta-Analyse mit Studiendaten aus zehn europäischen Ländern wurde die gesamte gepoolte Prävalenz von mecC- MRSA, der 2011 erstmals beschrieben wurde, bei Mensch und Tier bestimmt; diese

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lag mit 0,009% weiter sehr niedrig (Diaz et al., 2016). Bei Patienten einer retrospekti- ven Erhebung aus Schweden war der neue MRSA meist an Haut- und Weichgewebe- Infektionen beteiligt. Oft zeigten die betreffenden Personen vorbestehende Erkrankun- gen oder Hautverletzungen. Die Autoren stuften mecC-MRSA daher als eher schwa- chen Besiedler ein (Lindgren et al., 2016). Von Becker et al. werden jedoch auch Fälle von Osteomyelitis und Bakteriämie beschrieben. In der Veterinärmedizin entsteht der größte ökonomische Schaden vermutlich infolge boviner Mastitiden (Becker et al., 2014).

1.1.2.4 Entwicklung der Prävalenz von MRSA in Europa und Deutschland

Der Anteil von MRSA an allen S. aureus, die aus Blutkulturen von Menschen stammen, ging in den letzten Jahren europaweit deutlich zurück. Diese Tendenz belegen u.a. die Erhebungen verschiedener nationaler und internationaler Surveillancesysteme. Aktu- elle Daten des European Antimicrobial Resistance Surveillance Network (EARS-Net), ansässig am European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), zeigen für invasive Isolate von Patienten aus dem stationären Bereich einen signifikanten Rück- gang von 18,6% (2011) auf 17,4% (2014), bezogen auf die EU- bzw. EEA-Länder.

Innerhalb Europas fallen jedoch in Abb. 1 große nationale Unterschiede auf: Der Anteil MRSA/S. aureus aus Blutkulturen reichte von 0,9% in den Niederlanden bis 56% in Rumänien. Auch für Griechenland oder Portugal wurden hohe MRSA-Quoten (37,1%

bzw. 47,4%) beschrieben. Insgesamt bestand ein deutliches Gefälle von Nordeuropa mit niedrigen in Richtung Süd- und Südosteuropa mit hohen Prävalenzen (ECDC, 2014).

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Abbildung 1: Staphylococcus aureus. Anteil (%) der invasiven Isolate mit Methicillinresistenz, nach Ländern, EU-/EEA-Länder, 2014

Quelle: (ECDC, 2014); mit freundlicher Genehmigung des ECDC

Für Deutschland ist ein starker Rückgang der MRSA-Quoten zu verzeichnen. Das na- tionale Netzwerk Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) am RKI gibt für Blutkulturen aus dem stationären Bereich Anteile von MRSA von 17,0% für 2012, 13,9% für 2013 und 12,7% für 2014 an (Interaktive Datenbank unter https://ars.rki.de; Zugriff am 13.03.2016).

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1.2 Enterobacteriaceae

1.2.1 Epidemiologie, Pathogenese und Klinik der Enterobacteriaceae

Die Familie der Enterobacteriaceae umfasst eine Vielzahl von nahe verwandten Ver- tretern; dementsprechend heterogen ist diese Gruppe. Allen Enterobakterien gemein- sam jedoch ist der Aufbau der Zellwand. Diese besteht u.a. aus einer inneren, dünnen Mureinschicht sowie einer äußeren Membran mit Lipopolysacchariden (= Endotoxi- nen) und Phospholipiden, was charakteristisch für gramnegative Mikroben ist.

Typischerweise sind Enterobakterien (von griech. enteron, Darm) Bewohner der phy- siologischen Darmflora von Mensch und Tier. Es gibt jedoch auch viele Vertreter, die außerhalb des Darms in der Umwelt leben und ubiquitär im Wasser oder Boden ver- breitet sind. Von den Darmbakterien, die als fakultative Pathogene z.B. eine wichtige Ursache von Harnwegsinfektionen des Menschen sind, grenzt man die obligat patho- genen Enterobakterien ab. Zu letzteren zählen auch Salmonellen und obligat patho- gene Stämme von E. coli (z. B. enterohämorrhagische E. coli, EHEC). Die Übertra- gung erfolgt meist orofäkal über kontaminierte Lebensmittel oder Trinkwasser. Im Darm lösen pathogene Enterobakterien Enteritiden aus. Gelangen sie aus dem Darm in die Blutbahn und in innere Organe, kommt es zu Allgemeininfektionen. Diese spielen besonders bei Patienten mit verminderter Immunabwehr eine Rolle und stehen daher oft im Zusammenhang mit nosokomialen Erkrankungen. Beim Menschen bringen die extraintestinalen Erreger unterschiedliche klinische Bilder mit sich. An erster Stelle seien hier die o.g. Harnwegsinfektionen, verursacht durch E. coli, und K. pneumoniae- bedingte Atemwegsinfektionen genannt. Aber auch Wundinfektionen, Meningitiden bis hin zu Fällen von Sepsis, oft verbunden mit einem septischen Schock in Folge der Endotoxin-Freisetzung, kommen vor (Tiller, 2012, Suerbaum et al., 2012).

In der Veterinärmedizin sind Enterobacteriaceae im Zusammenhang mit zahlreichen Durchfallerkrankungen bekannt. So ist beispielsweise E. coli Auslöser der neonatalen Kälberdiarrhoe sowie der Colidiarrhoe der Saug- und Absetzferkel. Auch die Ödem- krankheit der Absetzferkel oder der Mastitis-Metritis-Agalaktie-Komplex und die Cysti- tis der Sauen werden durch diesen Erreger verursacht. Beim Rind sind E. coli zudem häufig an Mastitiden beteiligt, die einen lebensbedrohlichen Verlauf nehmen können.

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Eine wichtige Rolle als Haupterreger von Zoonosen spielen Salmonella enteritidis und S. typhimurium. Sie lösen beim Tier latente Infektionen oder schwere seuchenhafte Diarrhoen aus (Selbitz, 2007).

1.2.2 Extended-Spectrum Betalactamase-bildende Enterobacteriaceae 1.2.2.1 Resistenzmechanismen bei Enterobacteriaceae

Von Bedeutung ist die besondere Fähigkeit der Enterobakterien, Resistenzen gegen antimikrobielle Substanzen auszubilden. Hier muss man unterscheiden zwischen na- türlicher und erworbener Resistenz. Ein Beispiel für natürliche oder intrinsische Resis- tenz bezieht sich auf den Wirkstoff Benzylpenicillin. Dieser zeigt kaum eine Wirkung gegen gramnegative Erreger, da er die äußere Zellmembran nicht passieren kann.

Neben einer solchen Unzugänglichkeit der Zielstruktur verfügen Enterobakterien aber über viele weitere Mechanismen, sich gegen ansonsten wirksame Antibiotika zu weh- ren. Im Rahmen erworbener Resistenzen sind sie in der Lage, ihr Genom zu verän- dern. Dies geschieht durch Mutation oder Gentransfer. Häufig liegen die betroffenen Resistenzgene auf Plasmiden, extrachromosomal gelegenen DNA-Abschnitten, die sich unabhängig von der Teilung des Bakteriums vermehren können oder Transpo- sons, kurzen beweglichen DNA-Stücken. Beide können effektiv Resistenzgene, auch für Mehrfachresistenzen, von Zelle zu Zelle weitergeben. Geschieht die Weitergabe in Richtung der nächsten Bakterien-Generation, spricht man von vertikalem Gentransfer.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, Resistenzgene an Enterobakterien einer ande- ren Art oder Gattung weiter zu geben (horizontaler Gentransfer) (Kroker et al., 2002).

Teils auf Chromosomen, teils auf Plasmiden sind Betalactamasen im bakteriellen Ge- nom verankert. Die Bildung von Betalactamasen, die eine große Gruppe mit vielen verschiedenen Enzyme darstellen, zählt zu den häufigsten Resistenzmechanismen überhaupt (Kanj & Kanafani, 2011).

1.2.2.2 Erstes Auftreten von Extended-Spectrum Betalactamase-bildenden Entero- bacteriaceae

Neben den MRSA gehören - wie anfangs erwähnt – auch die ESBL-bildenden Entero- bakterien (ESBL-E) zu den bedeutenden Vetretretern der multiresistenten Keime. Der

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Nachweis eines Erregers aus der ESBL-Gruppe gelang erstmals im Jahr 1982 in ei- nem Krankenhaus in Deutschland. Hierbei handelte es sich um ein K. pneumoniae- Isolat. Ende der 1990er Jahre kam es zu einem Anstieg der Nachweise von ESBL- bildenden Enterobakterien. Zunächst wurden diese Erreger aber nur aus humanen Proben isoliert. Erst um das Jahr 2000 herum erfolgten Nachweise auch aus Proben tierischen Ursprungs (Ewers et al., 2012). Das RKI berichtet von einem deutlichen An- stieg von ESBL-E in mikrobiologisch-diagnostischen Proben seit 2004. Auch beim Tier nimmt die Bedeutung dieser Erreger zu (www.rki.de).

Den ESBL-Bildnern gemeinsam ist die Fähigkeit, mit Hilfe eines Enzyms den Be- talactam-Ring, der Bestandteil vieler Antibiotika ist, zu hydrolysieren und damit unwirk- sam zu machen (Abb. 2).

Abbildung 2: Betalactam-Antibiotika Quelle modifiziert, nach: (Brodt, 2012)

Es gibt über 150 Betalactamasen, von klassischen Penicillinasen über ESBL bis zu Carbapenemasen. ESBL-E sind resistent gegen Aminopenicilline, Cephalosporine (auch Vertreter der dritten und vierten Generation) und Monobactame. Oft teilt man die Betalactamasen gemäß der Klassifikation nach Ambler in die Gruppen A bis D ein, wobei das Aktivitätsspektrum der Enzyme zugrunde gelegt wird. ESBL sind Serin-Be- talactamasen der Klasse A. Darunter versteht man Penicillinasen, die meist durch Cla- vulansäure hemmbar sind und von zahlreichen Genen kodiert werden (Schulz- Stübner, 2013). Nachdem in den späten 1990ern zunächst TEM- und SHV-kodierte Betalactamasen bekannt wurden, folgte später der zunehmende Nachweis von ESBL- produzierenden E. coli mit CTX-M-Genen (Ewers et al., 2012). Da diese Information

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meist nicht auf Chromosomen, sondern auf Plasmiden lokalisiert ist, kann eine hori- zontale Übertragung der Resistenzeigenschaft von Erreger zu Erreger erfolgen. In ers- ter Linie bilden E. coli, Klebsiellen und Salmonellen ESBL (www.bfr.bund.de).

Neben den ESBL-Bildnern sind aber an dieser Stelle auch die Enterobakterien mit Produktion von Carbapenemasen zu nennen. Woodford et al. nennen als Vertreter der Carbapenemasen die „big five“: KPC und OXA-48 (Non-Metallo-Carbapenemasen) sowie IMP, NDM und VIM (Metallo-Carbapenemasen). Diese Enzyme vermitteln eine Resistenz gegen fast alle Betalactam-Antibiotika. Sie sind in neueren Untersuchungen auch beim Tier nachgewiesen worden (Woodford et al., 2014).

Eine weitere Klassifikation für multiresistente gramnegative Erreger (MRGN) verwen- det seit einigen Jahren die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprä- vention (KRINKO) am RKI; sie teilt diese Bakterien nach der phänotypischen Resis- tenz gegen vier klinisch relevante Antibiotika (Cephalosporine der dritten Generation, Acylureidopenicilline, Fluorchinolone und Carbapeneme) in 3MRGN bzw. 4MRGN ein (KRINKO, 2012).

1.2.2.3 Vorkommen und Prävalenz von ESBL-bildenden Enterobacteriaceae

Die Datenlage zur weltweiten Prävalenz von ESBL-E ist unübersichtlich, da den Un- tersuchungen oft sehr uneinheitliche Studiendesigns zugrunde liegen.

Differenziert man nach den kodierenden Resistenzgenen, machen Enzyme vom CTX-M-Typ mit ca. 65% den größten Anteil der global bekannten ESBL-Betalactama- sen aus (Kanj & Kanafani, 2011). Das RKI beziffert diese Zahl für Deutschland für den humanmedizinischen Bereich sogar auf >90% (Pfeifer & Eller, 2012). Proben mensch- lichen Ursprungs mit ESBL-Bildnern enthalten weltweit überwiegend CTX-M-14 und CTX-M-15. In Proben tierischer Herkunft finden sich zumeist Enzyme vom Typ CTX-M-1, aber auch TEM-52 und SHV-12 sowie CMY-2, das für AmpC-Betalactama- sen kodiert (Ewers et al., 2012). Letztere werden klassischerweise nicht zu den ESBL gezählt, verursachen jedoch einen ähnlichen Resistenzphänotyp.

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Feststeht, dass die Resistenzgene bei Mensch und Tier oft unterschiedlich sind (Sharp et al., 2014, Wu et al., 2013). Im Rahmen des RESET-Konsortiums wurden in diesem Zusammenhang ESBL-E. coli aus mehreren Studien mit Menschen, Begleit- und Nutz- tieren verglichen (Valentin et al., 2014). Für die häufigsten Resistenzgene bzw. Kom- binationen daraus zeigten sich etwa diese Verteilungen: CTX-M-1 beim Tier mit 38%

(beim Menschen mit 17%), CTX-M-15 mit 11% (28%) und CTX-M-1+TEM mit 26%

(13%). Isolate mit CTX-M-1 waren meist kombiniert mit Phylogruppe A oder B1 und in allen Reservoiren weit verbreitet, während CTX-M-15 in der Regel in Kombination mit Phylogruppe A auftrat (mit virulenterer Gruppe B2 nur bei Begleittieren). Bei Mensch und Tier wurden relevante Anteile derselben Subtypen nachgewiesen, so dass die Au- toren auf einen möglichen Austausch von Bakterien oder bakteriellen Genen schlos- sen (Hille et al., 2014). Für E. coli vom Typ CTX-M-15 beschreiben Falgenhauer et al.

eine zunehmende Anzahl von Isolaten bei Menschen und Tieren. Mittels Ganzge- nomsequenzierung stellten sie heraus, dass ST410 am häufigsten vertreten war und fanden zusätzlich Hinweise auf eine klonale Ausbreitung spezifischer Monophyla die- ses CTX-M-15 zwischen den untersuchten Populationen (Falgenhauer et al., 2016).

Unterschiede ergeben sich beim Tier abhängig vom Kontinent: In Europa dominieren ESBL-Bildner vom Typ CTX-M-1 (Begleittiere und Geflügel 28%, Rinder und Schweine 72%), während in Asien CTX-M-14 am weitesten verbreitet ist (Begleittiere und Geflü- gel 30-33%, Rinder und Schweine 14%). Dagegen wird CTX-M-14 in Europa beim Nutzvieh selten (4-7%) und bei Begleittieren bislang nicht nachgewiesen. CTX-M-1 zeigt zudem die höchste Prävalenz eines gleichzeitig bei Mensch und Geflügel vor- kommenden Typs, wobei die Quote in Europa bei humanen Isolaten nur 7% beträgt (Ewers et al., 2012).

Betrachtet man die verschiedenen Enzymtypen von ESBL-E gemeinsam, liegt nach drei deutschen Studien beim Menschen die Besiedlungsquote für die gesunde Ge- samtbevölkerung bei etwa 4-6% (Valenza et al., 2014, Meyer et al., 2012, Belmar Campos et al., 2014).

Für die Berufsgruppe der Landwirte sind bislang nur wenige Zahlen zu ESBL-Bildnern bekannt. In niederländischen Untersuchungen, die Halter von Broilern oder Schweinen

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berücksichtigten, waren 5-6 % der Probanden positiv (Huijbers et al., 2013, Dohmen et al., 2015); allerdings wurden mit 33% auch höhere Kolonisationszahlen bei Broiler- haltern ermittelt (Dierikx et al., 2013). Personen mit Viehkontakt wiesen in zwei Unter- suchungen aus Deutschland Prävalenzen von 3-7% für ESBL-E auf (Dahms et al., 2015, Schmithausen et al., 2015).

In einer Zusammenfassung ausgewählter europäischer Studien bei Nutztieren, die sich auf Masthähnchen und multiresistente Enterobakterien bezogen, wurden Prä- valenzen von mehr als 40% für die Betriebe und etwa 30% für die einzelnen Tiere festgestellt. Bei Schweinen war die Datenlage weniger einheitlich; hier lagen Zahlen zwischen 1 und 80% für die Betriebseinheit und zwischen 15 und 100% für individuelle Proben vor. Die Nachweisquoten bei Rindern hingen stark vom Produktionstyp des Betriebs und dem Alter der Tiere ab. Kälber in den ersten Wochen nach der Geburt sowie Milchkühe kurz nach dem Kalben waren besonders häufig mit multiresistenten Enterobakterien besiedelt (Hille et al., 2014).

Auch Hunde, Katzen und Pferde sind häufig Träger von ESBL-E. Hordijk et al. zeigten dies in einer Untersuchung von Hunden und Katzen, die je 20 Kotproben von Tieren ohne Diarrhoe sowie je 20 Proben von Tieren mit Durchfall umfasste; 45 bzw. 55% der Hunde und 0 bzw. 25% der Katzen waren positiv für E. coli mit verminderter Sensibilität für Cefotaxim (Hordijk et al., 2013). Eine andere Erhebung zu Hundekotproben aus öffentlichen Parks ergab eine Prävalenz von ca. 2% (Damborg et al., 2015), während 14% der Proben von Hunden vom Campus einer veterinärmedizinischen Fakultät mul- tiresistente E. coli aufwiesen (Schaufler et al., 2015). Von 650 Pferde-Kotproben waren in Großbritannien knapp 7% ESBL-positiv (Maddox et al., 2012). Für Wildvögel wurden in drei Studien, die sich auf verschiedene europäische Länder bezogen, übereinstim- mend aus ca. 15% der Kotproben bzw. Kloakentupfer ESBL-Bildner isoliert (Alcala et al., 2015, Veldman et al., 2013, Jamborova et al., 2015). Stedt et al. nennen für Kot- proben von Möwen in Europa eine Prävalenz von etwa 29%, wobei hier große länder- spezifische Unterschiede auffallen; die höchsten Werte lagen für Spanien (~75%), Hol- land (~38%) und England (~27%) vor, während in Dänemark und Polen nahezu alle Proben ESBL-negativ waren (Stedt et al., 2015). Auch aus 4% der Kotproben portu- giesischer Rotfüchse konnten ESBL-Bildner isoliert werden (Radhouani et al., 2013).

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1.2.2.4 Entwicklung der Prävalenz von ESBL-bildenden Enterobacteriaceae in Europa und Deutschland

Auf europäischer Ebene zeigen die Daten von EARS-Net, die bakterielle Antibiotika- resistenzen aus Blutkulturen von Menschen darstellen, bei Enterobakterien ein Gefälle vom Norden zum Süden bzw. Osten (wie bei MRSA). Bei E. coli reichte 2014 die Spannbreite der Resistenzquoten gegen Cephalosporine der dritten Generation (Ce- fotaxim, Ceftriaxon, Ceftazidim) von 3,3% in Island bis 40,4% in Bulgarien. Populati- onsgewichtet war ein signifikanter Anstieg von 9,6% (2011) auf 12,0% (2014) zu be- obachten. Bei einem Großteil der Länder zählten 2014 mehr als 90% dieser E. coli zu den ESBL-Bildnern. Bei den Isolaten der invasiven K. pneumoniae lag die Spanne der Cephalosporinresistenz zwischen 0% in Island und 74,8% in Bulgarien. Der populati- onsgewichtete Anstieg von 23,6 auf 28,0% war ebenfalls signifikant. Bei drei Viertel der Länder waren diese K. pneumoniae zu 85 bis 100% ESBL-Bildner. Hier lagen je- doch z. T. verschiedene Definitionen von ESBL zu Grunde.

Der Anteil der Carbapenemresistenz in den einzelnen Ländern blieb für E. coli in 2014 mit 0-1,2% weiter niedrig; die meisten Länder lagen sogar unter 0,1%. Für K. pneumo- niae war dagegen ein signifikanter Anstieg des populationsgewichteten Mittelwerts von 6,0% (2011) auf 7,3% (2014) zu verzeichnen. Dieser Anstieg muss allerdings relativiert werden, denn nur 6 der 29 Länder wiesen eine Resistenzquote von mehr als 3% auf (2014). Lediglich Rumänien (31,5%), Italien (32,9%) und Griechenland (62,3%) mel- deten eine sehr hohe Zahl von K. pneumoniae-Isolaten mit Carbapenemresistenz (ECDC, 2014).

Das deutsche ARS-Netzwerk, welches Daten zur Antibiotikaresistenz für Bakterien aus Humanproben auswertet, beobachtet eine deutliche Zunahme der Cefotaxim-Re- sistenz bei E. coli-Stämmen im Krankenhaus allgemein (7 % in 2008, 11,6% in 2012 und 11,6% in 2014), aber auch speziell auf Intensivstationen (10,6% in 2008, 14,8%

in 2012 und 15,4% in 2014) und im ambulanten Bereich (3% in 2008, 6,5% in 2012 und 7,5% in 2014) (RKI, 2014).

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1.2.2.5 Übertragungswege von ESBL-bildenden Enterobacteriaceae

Eine abschließende Risikobewertung zur Übertragung von ESBL-bildenden Bakterien liegt gegenwärtig noch nicht vor. Dennoch sind aus epidemiologischen Studien zahl- reiche Risikofaktoren für eine Transmission bekannt.

Beim Menschen wurden bisher die Faktoren Hospitalisation, Urinkatheter und Antibio- tikaeinnahme mit einer ESBL-Besiedlung assoziiert (van der Starre et al., 2011, Hogardt et al., 2015, Hanna-Wakim et al., 2015). Als Hauptrisikofaktor für eine Trans- mission von ESBL-Bildnern auf den Menschen gelten in Deutschland jedoch interkon- tinentale Reisen in Hochendemie-Länder. Die höchsten Prävalenzen wiesen bei ihrer Rückkehr Personen auf, die nach Indien (~72-73%) oder Südost-Asien (~48-59%) ge- reist waren, gefolgt von Afrika (33%) und Zentral-Amerika (20%). Am höchsten war das Risiko, wenn die Reisenden gastrointestinale Beschwerden während ihres Aus- landsaufenthalts entwickelt hatten (Lübbert et al., 2015, Barreto et al., 2016).

Eine weitere potenzielle Transmissionsquelle sind Lebensmittel tierischen Ursprungs, beispielswiese rohe Kuhmilch (Skockova et al., 2015) oder Schweine-, Geflügel- und Rindfleisch, wie Sharp et al. vom BfR beschreiben (Sharp et al., 2014). Die Autoren nennen in einer Risikobewertung zu ESBL-bildenden E. coli mit Schwerpunkt Europa Zahlen für verschiedene Lebensmittel. Besonders häufig konnten diese Keime bei Hähnchen- (~3-100%) und Putenfleisch (58-70%) mittels selektiver Verfahren nachge- wiesen werden. Bei Schweine- und Rindfleisch ergaben sich mit ~1-25% deutlich nied- rigere Prävalenzen. Auch pflanzliche Lebensmittel werden vom BfR angeführt: Neben verschiedenen Gemüsearten fielen frische Kräuter in niederländischen Studien auf;

bei letzteren waren 21 von 50 Proben mit Cefotaxim-resistenten Enterobacteriaceae kontaminiert.

Auch Tierkontakte (Nutz- und Begleittiere) stellten in mehreren Studien einen mögli- chen Weg dar, auf dem Menschen mit multiresistenten Enterobakterien besiedelt oder infiziert werden können (Dohmen et al., 2015, Dahms et al., 2015, Meyer et al., 2012).

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Allerdings ist die Übertragung zwischen Tier und Mensch – verglichen mit MRSA – deutlich schwieriger, derzeit nicht zuverlässig quantifizierbar. Problem ist, dass 1.) klo- nale Verbreitungen auftreten (wie bei MRSA), dass sich 2.) aber auch extrachromoso- mal (z.B. auf Plasmiden) liegende Resistenzdeterminanten unabhängig vom Klon bzw.

den Klon wechselnd weiterverbreiten und dass 3.) sich die extrachromosomalen Re- sistenzdeterminanten genetisch rasch verändern, so dass eine Ursprungszuschrei- bung zusätzlich erschwert wird. Außerdem ist bekannt, dass Unterschiede in der Wahrscheinlichkeit einer Übertragung zwischen verschiedenen klonalen Linien beste- hen, so dass der Vergleich der Häufigkeit definierter Klone oder Resistenzdeterminan- ten im Reservoir Tier vs. dem Reservoir Mensch nicht ausreichend ist, um Transmis- sionsereignisse zu erkennen und zu bewerten.

Innerhalb der Tierhaltung spielen direkte Kontakte von Tier zu Tier bei der Übertragung von multiresistenten Enterobakterien ebenso eine Rolle wie indirekte Kontakte (z.B.

über Staub in der Stallluft). Schweine, die mit Ceftiofur per Injektion behandelt worden waren, trugen in einer Erhebung häufiger multiresistente Darmkeime in sich – ähnlich wie unbehandelte Tiere, die mit den kranken Schweinen in einer Stall- und Lüftungs- einheit, aber ohne direkten Kontakt untergebracht waren (Beyer et al., 2015). Auch das Vorhandensein einer Krankenbucht, Unterflur-Abluft und Fliegenbekämpfung mit Insektiziden sind bei Schweinen zu nennen (Hering et al., 2014). Einen Risikofaktor für ESBL-E beim Geflügel stellt der Zukauf von Zuchttieren oder Bruteiern dar (Mo et al., 2014, Nilsson et al., 2014). Ähnlich wie bei Schweinen könnte auch bei Broilern die Anwendung von Antibiotika die Prävalenz von ESBL-E erhöhen (Laube et al., 2013).

Des Weiteren wurde die Anwesenheit von Pferden, Schafen und Ziegen in bis zu ei- nem Kilometer Entfernung als Risikofaktor für das Geflügel identifiziert (Hering et al., 2016). Umgekehrt ist es möglich, dass Oberflächen in der Nähe der Ställe über Abluft oder Gülle kontaminiert werden (von Salviati et al., 2015, Laube et al., 2014, Friese et al., 2013). Eine Übertragung im Geflügelstall durch Staub bzw. Fäzes oder Vektoren (Schuhe, Kleidung, Fliegen) (Sola-Gines et al., 2015, Laube et al., 2013, von Salviati et al., 2015) ist ebenso nachgewiesen wie durch verunreinigte Futtermittel. So können

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z.B. Kälber in Kontakt mit multiresistenten Keimen kommen, wenn Milch von antibio- tisch behandelten Kühen an diese verfüttert wird (Brunton et al., 2014, Horton et al., 2015).

Obwohl die landwirtschaftlichen Nutztiere bislang im Mittelpunkt der Untersuchungen standen, wird den Hobby- und Begleittieren seit einigen Jahren mehr Beachtung ge- schenkt. Dies erscheint erforderlich, da global zuletzt ein Anstieg von Carbapene- mase-produzierenden Enterobakterien, auch bei Hobbytieren, zu verzeichnen ist (Woodford et al., 2014) und diese in engem Kontakt zum Menschen stehen. Gerade der hochgradig virulente und resistente Klon ST131, der aus der fäkalen Mikrobiota von Hunden isoliert wurde, gibt Anlass zur Sorge (Abraham et al., 2014).

Aktuelle Studien zeigen, dass ein Verfüttern von rohem Futter an Hunde kritisch zu bewerten ist. Diese Praxis ist unter dem Begriff „BARF („Born-again raw Feed“ oder

„Bones and raw Food“ oder „Biologically appropriate raw Food“) in den letzten Jahren bekannt geworden und bezieht sich u. a. auf Abfallprodukte aus der Fleischproduktion.

Nach Nilsson und Schmidt et. al. stellt „BARF“ einen Risikofaktor für die Transmission von multiresistenten Darmbakterien auf die Hunde und damit letztlich auf die Hunde- besitzer dar (Nilsson, 2015, Schmidt et al., 2015).

Antibiotikagaben an Tiere erhöhen - wie oben von Beyer et al. beschrieben – das Ri- siko für eine Trägerschaft von ESBL-produzierenden Enterobakterien, was in zahlrei- chen anderen Studien bestätigt wird (Hille et al., 2014, Barton, 2014, Belas et al., 2014). Insbesondere der Antibiotikaeinsatz bei landwirtschaftlichen Nutztieren, aber auch beim Menschen und die damit verbundenen Risiken sollen daher im Folgenden näher betrachtet werden.

1.3 Antibiotika und Resistenzentwicklung

Antimikrobielle Substanzen sind schon lange bekannt, da sie als natürliche Stoffwech- selprodukte von vielen Pilzen und im Erdboden lebenden Bakterien gebildet werden.

Ebenso lange kennt man Resistenzen gegen diese Substanzen, die den resistenten Bakterien einen Selektionsvorteil gegenüber den mikrobiellen Konkurrenten verschaf-

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fen. Schwarz et al. nennen in ihrer Arbeit hauptsächlich drei Wege, auf denen Bakte- rien Resistenzen erwerben: 1.) Aneignung von Resistenzgenen, lokalisiert auf Plasmi- den oder Transposons, von Mikroorganismen mit Produktion antibiotischer Substan- zen, 2.) Schrittweise Entwicklung von Genen, die eine Rolle im physiologischen Zell- stoffwechsel spielen und 3.) Veränderung der Zielstruktur in Ein- oder Mehrschrittmu- tation (Schwarz & Chaslus-Dancla, 2001). Tab. 3 unterstreicht die enge zeitliche Ab- folge zwischen der Entdeckung oder Produktion neuer Antibiotika und dem ersten Nachweis von Resistenzen.

Tabelle 3: Zeitliche Koinzidenz der Entwicklung einer antimikrobiellen Substanz, ihrer Einführung als Therapeutikum und dem Auftreten von resistenten Bakterien

Antibiotikum Entdeckung / Pro- duktion

Klinische Einführung Auftreten von Resis- tenzen

Penicillin Streptomycin Tetracyclin Erythromycin Vancomycin Nalidixinsäure Gentamicin Fluorchinolone

1940 1944 1948 1952 1956 1960 1963 1978

1943 1947 1952 1955 1972 1962 1967 1982

1940 1947, 1956 1956 1956 1987 1966 1970 1985

Quelle modifiziert, nach: (Schwarz & Chaslus-Dancla, 2001).

Allerdings beschreibt Theuretzbacher die Zulassung neuer Antibiotika als ein seltenes Ereignis (Abb.3). Gerade in Fällen schwerer Infektionen, die auch in Deutschland immer häufiger durch MRE (v.a. gramnegative Bakterien) verursacht werden, ist dies problematisch. Alle Neuzulassungen der letzten Zeit sind veränderte Moleküle bereits bekannter Grundstrukturen, nämlich Glycopeptide, Oxazolidinone und Cephalosporine kombiniert mit Betalactamase-Inhibitoren.

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Abbildung 3: Einführung neuer Breitbandantibiotika* in Deutschland

Quelle: (Theuretzbacher, 2015); mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Ärzteblatts

Zipperer et al. berichten, dass Stapylococcus lugdunensis als Kommensale aus der nasalen Mikrobiota von Menschen ein neuartiges Antibiotikum produziert. Bei dem Lugdunin genannten Wirkstoff handelt es sich um ein zyklisches Peptid-Antibiotikum, das im Vergleich zu Daptomycin einen ungewöhnlichen Thiazolidin-Ring enthält. Die experimentellen Erkenntnisse könnten mit der humanen Keimflora auf eine neue Res- source für antibiotische Substanzen hindeuten (Zipperer et al., 2016).

Das BfR erkennt anhand von Daten, die in drei verschiedenen Studien mit Nutztieren im Jahr 2011 gesammelt wurden, einen Zusammenhang zwischen der Therapiehäu- figkeit und der Resistenzrate (Abb. 4). Dabei bezeichnet die Therapiehäufigkeit die Anzahl der Tage, an denen jedes Tier einer Population durchschnittlich mit einem an- tibiotischen Wirkstoff behandelt wurde. Da sich die Berechnung auf Einzelwirkstoffe bezieht, zählen Kombinationspräparate mit zwei Wirkstoffen als Anwendung eines

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Wirkstoffs an zwei Tagen. Es wird deutlich, dass die Therapiehäufigkeiten je nach Tier- art und Nutzungsrichtung z.T. stark voneinander abweichen. Bezogen ist dies auf den Zeitraum von 100 Tagen. Die Resistenzrate beruht auf Daten, die das BfR aus dem Monitoring bei kommensalen E. coli erhalten hat, wobei E. coli als Indikator für die Re- sistenzsituation gewertet wird. Eine Resistenz liegt (gemäß Definition dieses Monito- ringprogramms) vor, wenn mindestens eines der sieben getesteten Antibiotika eine mikrobiologische Resistenz aufweist (Aminoglykoside, Amphenicole, Cephalosporine, Chinolone, Aminopenicilline, Tetrazykline, Folatsynthesehemmer). Die Abbildung legt nahe, dass der Anteil resistenter E. coli mit der Häufigkeit der antibiotischen Therapie ansteigt. Bei Mastpute und –hähnchen werden mit 90% die höchsten Werte erreicht.

Abbildung 4: Antibiotika in der Tierhaltung: Therapiehäufigkeit und Resistenzrate Quelle: (BfR, 2013); mit freundlicher Genehmigung des BfR

In diesem Zusammenhang muss ergänzt werden, dass auch kleinste Mengen von nicht-Antibiotika-Wirkstoffen zur Resistenzentwicklung beitragen können. Neuere Un- tersuchungen beim Schwein und Geflügel ergaben, dass eine diätetische Supplemen- tierung des Futters mit Zink und Kupfer das Auftreten multiresistenter Keime fördern

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könnte. Vahjen et al. machen für Absetzferkel besonders bei hohen Dosen von 2,5 Gramm Zink pro Kilogramm Futter einen Effekt aus (Vahjen et al., 2015). In dieser

und weiteren Studien wird Zink in Verbindung gebracht mit Multiresistenz bei gramne- gativen Erregern und MRSA, Kupfer dagegen v.a. mit multiresistenten Enterokokken (Yazdankhah et al., 2014, Slifierz et al., 2015). Yazdankhah et al. sehen die Frage ungeklärt, ob zuerst die Resistenz für Zink bzw. Kupfer oder die gegen Antibiotika bei den untersuchten Keimen vorliegt. Zink und Kupfer stellen bei bestimmten Indikationen eine Alternative oder Ergänzung zu Antibiotika dar, z.B. bei der weit verbreiteten Diar- rhoe der abgesetzten Ferkel. Eine zunehmende Bedeutung dieser Thematik in Zukunft ist denkbar, falls der Verbrauch von Antibiotika weiter reduziert werden soll.

Der Antibiotika-Einsatz in der Veterinärmedizin unterscheidet sich im Bereich der Be- gleit- und Hobbytiere grundsätzlich von dem bei landwirtschaftlichen Nutztieren: Wäh- rend bei den Ersteren Einzeltierbehandlungen durchgeführt werden, sind bei Nutztie- ren metaphylaktische Behandlungen einer ganzen Gruppe üblich, die sich beispiels- weise auf ein ganzes Stallabteil mit Mastschweinen erstrecken. Die Behandlungen er- folgen über das Futter oder Trinkwasser. Diese Praxis birgt die Gefahr der Verschlep- pung insbesondere auf dem Weg Medikamenten-kontaminierter Futter- und Wasser- leitungen. In der Folge kann es zur subtherapeutischen Aufnahme der Antibiotika durch die Tiere kommen. Beim Geflügel wurde gezeigt, dass eine dreiwöchige Be- handlung mit Enrofloxacin mit nur 10% der therapeutischen Dosierung eine dramati- sche Selektion von multiresistenten E. coli nach sich zog (Scherz, 2013).

1.4 Epidemiologische Querschnittsstudien in den Forschungsverbün- den RESET und MedVet-Staph

Der Forschungsverbund RESET (www.reset-verbund.de) befasst sich mit Antibiotika- Resistenzen von Enterobakterien und bezieht dabei Mensch, Tier, Umwelt und Le- bensmittel in seine Untersuchungen ein. Die beteiligten Wissenschaftler stammen aus den Bereichen Human- und Veterinärmedizin, Grundlagen- und angewandte For- schung sowie Epidemiologie. Im Mittelpunkt stehen Vorkommen, Herkunft und Über- tragung von multiresistenten Enterobakterien, um daraus das Risiko für den Menschen

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abschätzen zu können. Zu diesem Zweck wurde vom Verbund eine Datenbank entwi- ckelt, die aktuell 10313 Proben und 3296 Isolate enthält (Stand: 27.08.16). Als Beitrag zur Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie DART geben die RESET-Forscher Emp- fehlungen zur Verbesserung der Kontrolle beispielsweise von ESBL-bildenden E. coli heraus.

MRSA und die zoonotische Bedeutung dieses Erregers werden von dem Forschungs- verbund MedVet-Staph genauer untersucht (www.medvetstaph.net). Nachdem LA- MRSA als bedeutende Last bezüglich Kolonisation und Infektion bei Mensch und Tier erkannt wurde, befassen sich die Wissenschaftler nun näher mit diesem Nutztier-as- soziierten Keim: Epidemiologie und Infektion durch LA-MRSA, Strategien zur Interven- tion, Therapie und Diagnostik sowie ökologische Nischen und Wirtsadaption sind Schwerpunkte der Untersuchungen.

RESET und MedVet-Staph gehören zu den 11 Zoonoseverbünden, die vom BMBF innerhalb des Forschungsschwerpunkts zoonotische Infektionskrankheiten gefördert wurden oder werden.

Im Folgenden werden Ergebnisse zweier Untersuchungen vorgestellt, die im Jahr 2014 mit Unterstützung beider Forschungsverbünde durchgeführt wurde. Ziel der ers- ten Erhebung war es, das Vorkommen von ESBL-E bei Landwirten zu untersuchen.

Verglichen mit LA-MRSA sind für multiresistente Enterobakterien bei deutschen Tier- haltern kaum Zahlen verfügbar. Ein weiterer Fokus lag auf der Co-Besiedlung mit MRSA und ESBL-E, die gleichzeitig bei Landwirten und Schweinen ermittelt wurde.

Dadurch war es möglich, etwaige Unterschiede in der Transmission beider multiresis- tenter Keime zu erfassen. Zu dieser Fragestellung ist bislang nur eine Studie bekannt.

So wurden im Rahmen der hier vorgelegten Arbeit auf 51 Schweine haltenden Betrie- ben im Münsterland/Nordrhein-Westfalen bei 85 Mitarbeitern je ein Nasenabstrich und eine Stuhlprobe und im Stall je fünf Staubtupfer- und Sammelkotproben gewonnen.

Nasenabstriche und Staubtupfer wurden auf MRSA, Stuhl- und Kotproben auf ESBL- Bildner untersucht. Die Erstellung der Antibiogramme erfolgte nach den Richtlinien des European Commitee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST). Zusätzlich hat

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jeder Betriebsleiter einen Fragebogen zum Betrieb und jeder Teilnehmer einen indivi- duellen Fragebogen zur Person beantwortet, um Risikofaktoren und Übertragungs- wege analysieren zu können.

Die zweite Publikation dieser kumulativen Dissertation befasst sich mit Nasenabstri- chen von 114 Personen, die beruflich Kontakt zu Nutztieren hatten. Ziel der Studie war in diesem Fall, die Prävalenz von Enterobakterien im Nasenvorhof sowie mögliche An- tibiotikaresistenzen zu ermitteln. Zu dieser Thematik liegen bislang nur sehr wenige Daten für Deutschland vor. Eine gezielte Untersuchung von Landwirten wurde bislang noch nicht durchgeführt. Dies erscheint jedoch erforderlich, denn ESBL-Bildner sind inzwischen bei Mensch und Tier weit verbreitet, und Stallstaub ist als Übertragungs- weg auf die Nasenvorhöfe denkbar. Zudem sind die Nares als wichtiges Reservoir für z.B. MRSA bekannt. Die Frage nach der zoonotischen Transmission auf diesem Weg (Nase-Hand-Kontakt) bietet möglicherweise einen Ansatz, die Ausbreitung von multi- resistenten Enterobakterien in der Bevölkerung zu erklären. Die Proben stammten teils aus der o.g. Querschnittsstudie, teils aus einer Fortbildungsveranstaltung für Landwirte in Ostwestfalen-Lippe/NRW. Hier wurde ebenfalls von jedem Probanden ein kurzer Fragebogen ausgefüllt.

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2 Publikation I: Simultaneous occurrence of MRSA and ESBL producing Enterobacteriaceae on pig farms and in nasal and stool samples from farmers

FISCHER J, HILLE K, RUDDAT I, MELLMANN A, KÖCK R, KREIENBROCK L

Vet Microbiol. 2016 Jun 1. pii: S0378-1135(16)30146-8.

doi: 10.1016/j.vetmic.2016.05.021.[Epub ahead of print]

ABSTRACT

Methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA) and extended-spectrum β-lac- tamase (ESBL) producing enterobacteria (ESBL-E) have emerged in livestock. This study prospectively investigates the prevalence of MRSA and ESBL-E on pig farms and in nasal and stool samples from farmers and compares molecular characteristics of these ESBL-E isolates. In 2014, samples were derived at 51 pig farms in Germany.

Per farm, five dust and five fecal samples were collected; one nasal and one stool sample were retrieved from farmers. ESBL-E isolates from humans and environmental isolates from the respective farms were characterized using whole genome sequenc- ing for classical multilocus sequence typing (MLST), determination of ESBL-encoding genes and an ad hoc core genome MLST (cgMLST) analysis. MRSA and ESBL-E were detected on 49 (96%) and 31 (61%) of the farms, respectively; in most cases (59%) simultaneously. Nasal MRSA carriage was detected in 72 of 85 (84.7%) farmers and five of 84 (6.0%) farmers carried ESBL-E. ESBL-Escherichia coli isolates from farmers belonged to MLST STs/ESBL-genes ST10/CTX-M-1, ST196/TEM-52, ST278/TEM-52, ST410/CTX-M-15 and ST453/CTX-M-1. In one case, the human ESBL-E isolate was clonally identical to isolates from the farm environment; in the other four cases typing results indicated potential exchange of resistance determinants between human and environmental isolates, but, comparing the isolates within a minimum spanning tree indicated differences in cgMLST-patterns between the farms (p=0.076). This study

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demonstrated rectal ESBL-E carriage rates among farmers, which were similar to those in the general population. Molecular typing suggested that cross-transmission between the farmers and the farm environment is possible.

KEYWORDS: ESBL; MRSA; Whole genome; Zoonosis; cgMLST

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3 Publikation II: Low-level antimicrobial resistance of En- terobacteriaceae isolated from the nares of pig-exposed persons

FISCHER J, HILLE K, MELLMANN A, SCHAUMBURG F, KREIENBROCK L, KÖCK R Epidemiol Infect. 2016 Mar;144(4):686-90.

doi: 10.1017/S0950268815001776.

ABSTRACT

Extended-spectrum β-lactamase (ESBL)-producing Enterobacteriaceae (ESBL-E) have recently emerged in livestock and humans. Therefore, this study assessed the carriage of Enterobacteriaceae in the anterior nares and associated antimicrobial re- sistance in pig-exposed persons. Nasal swabs were enriched in non-selective broth and then plated on MacConkey and ESBL-selective agars. Species was confirmed by matrix-assisted laser-desorption ionization–time-of-flight mass spectrometry (MALDI- ToF MS). Antimicrobial susceptibility testing was performed according to European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST) guidelines. Of 114 pig- exposed persons tested, Enterobacteriaceae were detected in the nares of 76 (66·7%) participants. The predominant species were Proteus mirabilis (n = 17, 14·9%), Pantoea agglomerans (n = 13, 11·4%), Morganella morganii (n = 9, 7·9%), Citrobacter koseri (n = 9, 7·9%), Klebsiella pneumoniae, Escherichia coli and Proteus vulgaris (each n = 8, 7·0%). ESBL-E were not detected. Of all isolates tested, 3·4% were resistant against ciprofloxacin, 2·3% against gentamicin, 23·9% against trimethoprim-sulfamethoxazole and 44·3% against tigecycline. Despite the high prevalence of ESBL-E in livestock, pig-exposed persons did not carry ESBL-E in their nares. This finding is important, because colonization of the nasal reservoir might cause endogenous infections or fa- cilitate transmission of ESBL-E in the general population.

KEYWORDS: ESBL; Escherichia coli; Germany; farmers; livestock

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4 Übergreifende Diskussion

4.1 Prävalenz von MRSA und ESBL-bildenden Enterobacteriaceae bei Landwirten und Schweinen

4.1.1 Prävalenz von MRSA und ESBL-bildenden Enterobacteriaceae bei Land- wirten

4.1.1.1 Prävalenz von MRSA bei Landwirten

Im Rahmen der ersten Querschnittsstudie gelang der Nachweis von MRSA bei 72 von 85 getesteten Landwirten. Dies entspricht einer Prävalenz von 84,7%. Ein so hoher Anteil der nasalen MRSA-Besiedlung bei Personen mit Kontakt zu Schweinen deckt sich mit den Ergebnissen früherer Erhebungen, wie Köck et al. in einer Übersichtsar- beit zeigen (Köck et al., 2014). Die Autoren nennen u.a. zwei vergleichbare Studien, die sich ebenfalls mit Schweinehaltern in Deutschland befassen; hier lagen die Prä- valenzen bei 77-86% (Cuny et al., 2009, Köck et al., 2012b). Im Gegensatz dazu waren nur 37% der Mitarbeiter von deutschen Putenhaltungen Träger von MRSA (Richter et al., 2012). In den Niederlanden wurden 29% der Halter von Schweinen bzw. 30-38%

der Halter von Mastkälbern MRSA-positiv getestet (Graveland et al., 2011, Dorado- Garcia et al., 2013, van den Broek et al., 2009). Neben der Prävalenz bei Schweine- haltern war in der genannten Studie aber auch die Nachweisquote für die Schweine- betriebe geringer (28/50 Bestände).

Allerdings ist es schwierig, eine allgemeingültige Erklärung für die z.T. stark abwei- chenden Zahlen bei Tierhaltern aus den verschiedenen Studien zu finden. Feststeht, dass der Tierkontakt den Hauptrisikofaktor für eine MRSA-Besiedlung beim Menschen darstellt. Zwischen den einzelnen Tier-, aber auch Nutzungsarten sowie den Ländern treten jedoch große spezifische Unterschiede auf, welche z.B. die Herdengröße, die Intensität des Tierkontakts oder die Aufstallung betreffen. Letztere bedingt auch eine unterschiedliche Staubentwicklung in den Ställen. Nach einem Forschungsbericht der Universität Bonn beruht die Feinstaubentwicklung auf räumlichen Gegebenheiten wie Staubquellen oder der aktuellen Luftströmung, aber auch auf den Tieren selbst, ab- hängig vom Biorhythmus. Die Staubkonzentration im Stall war beim Geflügel am höchsten, gefolgt vom Schwein und (mit deutlichem Abstand) dem Milchvieh. Haupt- ursachen für Feinstaub sind Einstreu (trockene Materialien) und Fütterungstechnik

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(Büscher et al., 2012). Stallstaub von MRSA-positiven Viehherden ist als Risikofaktor für eine Transmission auf die Landwirte bekannt (Bos et al., 2016). Für einen Vergleich der Staubexposition der Tierhalter wäre jedoch ein detaillierter Vergleich der einzelnen Tierhaltungen erforderlich. Auch die MRSA-Prävalenz bei den verschiedenen Tierher- den müsste berücksichtigt werden, die wiederum von Risikofaktoren wie dem Antibio- tikaeinsatz z.B. bei Schweinen oder Mastkälbern abhängt (Fromm et al., 2014, Bos et al., 2012).

Bei der angewandten Labormethodik handelte es sich um ein selektives Anreichungs- verfahren kombiniert mit einer selektiven mikrobiologischen Kultur. Für die verwende- ten MRSA ID-Agarplatten sind hohe Sensitivitäten und Spezifitäten bekannt (Perez et al., 2012, Morris et al., 2012).

Zur Methodik der Probennahme ist kritisch anzumerken, dass diese durch die Land- wirte selbst erfolgte. Um dennoch eine korrekte Probengewinnung sicherzustellen, wurde den Teilnehmern vorab genau erklärt, welche Einzelheiten hier zu beachten sind. Die Handhabung des Tupfers für den Nasenabstrich wurde zusätzlich in einem kurzen Merkblatt beschrieben. Obwohl die MRSA-Prävalenz sehr hoch war, könnte die wahre Prävalenz noch höher gelegen haben, da möglicherweise falsch-negative Pro- ben durch eine unsachgemäße Entnahme aufgetreten sind. Van Cleef et al. sehen jedoch die Selbst-Beprobung als adäquate Methode an, um MRSA nachzuweisen. Für nasale Proben ermittelten die Autoren eine Übereinstimmung von 93%, was einer her- vorragenden Quote entspricht (van Cleef et al., 2012).

Ebenfalls eine Limitation der Methodik ist, dass der Nachweis von MRSA nur durch Abstriche der Nasenvorhöfe erfolgte. Sollid et al. berichten in ihrem Review, dass die Nachweisqoute von MRSA aus dem Oropharynx deutlich höher ist als die aus den Nares. Bei knapp 43% der Personen gelang der MRSA-Nachweis ausschließlich aus dem Rachenraum (Sollid et al., 2014). Da jedoch eine korrekte Beprobung des Ra- chens schwieriger erschien, wurden für die Selbst-Entnahme durch die Landwirte Na- senabstriche gewählt. Betrachtet man die Sensitivität und Spezifität der Methodik ins- gesamt (Labor und Probennahme) und berücksichtigt man gleichzeitig die hohe

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