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4 Übergreifende Diskussion

4.1 Prävalenz von MRSA und ESBL-bildenden Enterobacteriaceae bei Landwirten und Schweinen

4.1.2 Prävalenz von MRSA und ESBL-bildenden Enterobacteriaceae bei Schweinen

4.1.2.1 Prävalenz von MRSA bei Schweinen

Mikrobiologisch erfolgte die Untersuchung der Staubproben ungepoolt durch doppelt selektive Anreicherung (NaCl und antibiotikahaltige Flüssigkultur) und anschließendes Ausstreichen auf Selektivagar für MRSA.

Die MRSA-Prävalenz bei den Schweinen wurde anhand von insgesamt 255 Proben ermittelt. Auf die Betriebsebene bezogen, waren 49 der 51 Schweinehaltungen MRSA-positiv, was einer Prävalenz von 96% entspricht. Obwohl ein hoher Anteil von Nach-weisen zu erwarten war, übersteigt sie deutlich die Ergebnisse früherer Untersuchun-gen. In der EU-Grundlagenstudie aus 2008 wurde für 26 teilnehmende Staaten die Prävalenz von Salmonella spp. und MRSA bei Zuchtschweinen erhoben. Das BfR, das die entsprechenden Untersuchungen für Deutschland veröffentlicht hat, gab eine MRSA-Nachweisquote von 42% an (84/201 Schweinbeständen) (BfR, 2009). Seit 2009 wird darauf basierend ein jährliches bundesweites Zoonosen- und Resistenzmo-nitoring gemäß der Richtlinie 2003/99/EG durchgeführt, das nach einem repräsentati-ven Zoonosen-Stichprobenplan erfolgt. Diese Daten werden dann an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und die Europäische Behörde

für Lebensmittelsicherheit (EFSA) übermittelt, wobei die EFSA die Daten aller Mit-gliedsstaaten jährlich veröffentlicht. Fromm et. al. fassten in einer neueren Meta-Ana-lyse zusammen, dass ~54% der deutschen Schweinemastbetriebe MRSA-positiv wa-ren (Fromm et al., 2014).

Verschiedene Gründe für die hohe Prävalenz in der eigenen Querschnittsstudie sind denkbar: Erstens muss die Studienregion berücksichtigt werden. Die untersuchten Landwirte und deren landwirtschaftliche Betriebe bilden regionale Verhältnisse in Nordwest-Deutschland ab. Diese Gegend zeichnet sich durch sehr intensive Nutztier-haltung aus. Ein Übertragen der Ergebnisse auf andere Regionen in Deutschland ist daher nicht immer möglich. Neben dem als „Schweinegürtel“ bezeichneten südlichen Oldenburger Münsterland ist hier auch Nordrhein-Westfalen zu nennen (Abb. 5). Dabei weist NRW die höchste Viehdichte in Deutschland auf; fast 25% aller Schweine wer-den hier gehalten. Eine hohe Viehdichte findet sich besonders in wer-den Studienregionen der beiden eigenen Erhebungen, dem Münsterland und Ostwestfalen-Lippe: Pro Hek-tar landwirtschaftlich genutzter Fläche werden in beiden Gebieten >1,5 bis >2,5 bzw.

>0,5 bis 1,5 Großvieheinheiten (GVE) gehalten. Dabei stellt die GVE eine Verhältnis-zahl für die Umrechnung der einzelnen Tierarten dar und entspricht einem Nutztier mit einem Lebendgewicht von 500 kg (LANUV, 2016). Während im Münsterland neben der Rinder- v.a. die Schweinehaltung eine große Rolle spielt, ist in Ostwestfalen-Lippe zusätzlich die Geflügelhaltung weit verbreitet.

Abbildung 5: Schweinedichte in Deutschland nach Landkreisen und kreisfreien Städten Quelle: (Regionaldatenbank_Deutschland, 2010)

Zweitens könnte auch die Art der Probennahme eine Rolle für die hohe MRSA-Prä-valenz gespielt haben. Bei der Beprobung der Schweine wurden auf jedem der 51 Betriebe zwei Tiergruppen als epidemiologische Einheit ausgewählt. Dies waren auf den reinen Mastbetrieben die jüngsten und die ältesten Schweine und entsprechend auf Sauenbetrieben die Tiere im Abferkel- und Flatdeckstall (auch die Sauen im Ab-ferkelstall). Mit dieser Auswahl wurde sichergestellt, dass ein möglichst breiter Über-blick zum Vorkommen von multiresistenten Erregern im jeweiligen Betrieb entsteht. So

kann man z.B. auch eine Aussage zur Besiedlungs-Dynamik innerhalb der verschie-denen Altersgruppen bzw. Funktionsbereiche einer Schweinehaltung treffen. Zudem wird die Gefahr einer Fehlklassifizierung verringert, denn eine Einstufung als falsch-negativ ist bei der Untersuchung von zwei epidemiologischen Einheiten weniger wahr-scheinlich (Hering, 2014). Bei der o.g. Meta-Analyse von Fromm et al. wurden die niedrigeren MRSA-Prävalenzen ausschließlich für reine Mastbestände erhoben. In die eigene Studie wurden dagegen 30 Mast- und 21 Zuchtbetriebe eingeschlossen. Dies könnte zu höheren Anteilen von Nachweisen geführt haben, da der Einsatz von Anti-biotika bei der Ferkelaufzucht in der Regel höher ist als auf einem Mastbetrieb (van Rennings et al., 2015). Nach den Daten des BfR ist ein signifikanter Zusammenhang zwischen Therapiehäufigkeit und Resistenzrate gegeben (BfR, 2013). Daneben wer-den in zwei Studien die Sauen als primäre Quelle des MRSA CC398 bei wer-den Ferkeln diskutiert. Burns et al. stellten fest, dass Ferkel von positiven Sauen selbst 12mal häu-figer positiv waren (Broens et al., 2012, Burns et al., 2014).

Als Probenmaterial zur Untersuchung der MRSA-Prävalenz im Schweinestall wurde Staub gesammelt. Staub ist schon kurze Zeit nach der Aufstallung von Schweinen in größeren Mengen vorhanden. Typische Stellen für Staubansammlungen sind z.B. Fut-terleitungen, Fensterbänke, Futterautomaten oder Abdeckungen von Ferkelnestern.

Hier erfolgte auch die Probennahme mittels eines Schwämmchens. Jeweils fünf Pro-ben pro Betrieb wurden an den typischen Stellen entnommen. Durch die starke Ver-teilung des Staubs im Stallabteil war es möglich, mit einem Schwämmchen das Pro-benmaterial vieler Tiere gleichzeitig zu gewinnen. In zahlreichen anderen Studien hat sich bereits gezeigt, dass die Untersuchung von Staub eine adäquate Methode zum MRSA-Nachweis im Schweinestall darstellt (Dahms et al., 2015, Bos et al., 2016, Agerso et al., 2014). Nach einer Studie von Broens et al. zeigten Umweltproben im Vergleich zu Nasenabstrichen von Schweinen eine relative Sensitivität von ~72%

(Broens et al., 2011).

Die Autoren betonen dabei die Notwendigkeit, Staubproben einzeln zu untersuchen und nicht zu poolen, da es andernfalls zu einer substantiellen Reduktion der apparen-ten Prävalenz kommen kann (Broens et al., 2011). Die o.g. Grundlagenstudie zum Zoonosenmonitoring hat (entspr. Entscheidung 2008/55/EG Anhang 1, Teil C Nr. 2.3)

eine Methode genutzt, nach der die Staubproben gepoolt wurden (BfR, 2009). Auch Fromm et al. berücksichtigen in der o.g. Meta-Analyse für Deutschland mehrere Auto-ren, die mit gepoolten Proben gearbeitet haben (Fromm et al., 2014). Dazu zählen besonders Alt et al. mit 290 von 400 analysierten Herden (Alt et al., 2011). Die Metho-dik des Poolens von Proben (wie sie auch im EFSA-Protokoll angewendet wird) ist daher zwar wirtschaftlich, allerdings aus diagnostischer Sicht den genannten Ein-schränkungen unterworfen. Dies bedeutet folglich, dass die Repräsentativität der Un-tersuchungen von Zoonosemonitoring-Studien zwar hinsichtlich des Stichprobenplans gegeben, jedoch durch die gewählte Probennahmestrategie eine Unterschätzung der Prävalenz möglich ist. Bei der vorliegenden Untersuchung von Schweinebeständen wurden alle Proben einzeln untersucht, was eine Verbesserung der Nachweissensiti-vität und damit eine höhere Prävalenz erklären kann.

Es konnten insgesamt 198 MRSA-Isolate aus 255 Staubschwämmchen gewonnen werden. Sobald eine Probe positiv war, bekam der ganze Bestand den Status „MRSA-positiv“. Auf 44 der 49 positiven Betriebe gelang der Nachweis bei mehr als 3 Proben.

Wie allgemein üblich, wurde der Probenumfang so berechnet, dass die wahre Prä-valenz des resistenten Erregers in der Zielpopulation mit einer Sicherheitswahrschein-lichkeit von 95% überdeckt werden konnte (Kreienbrock et al., 2012). Dieses Vorgehen entspricht dem der EU-Grundlagenstudie (BfR, 2009).

4.1.2.2 Prävalenz von ESBL-bildenden Enterobacteriaceae bei Schweinen

31 von 51 Betrieben waren positiv für ESBL-produzierende Enterobakterien. Dies ent-spricht einer Prävalenz von 61% auf Herdenlevel. Hille et al. nennen in ihrem Review zu ausgewählten europäischen Studien beim Schwein Prävalenzen von 1-80%, wobei die Studiendesigns jedoch z.T. sehr unterschiedlich waren (Hille et al., 2014). In drei neueren deutschen Untersuchungen zeigten sich mit 74-88% der Schweinehaltungen sogar höhere Prävalenzen als in der eigenen Erhebung (Dahms et al., 2015, Hering et al., 2014, Schmithausen et al., 2015).

Da die einzelnen Kotproben jeweils an mehreren Stellen mit frisch abgesetzten Fäzes gewonnen wurden, sind diese als Sammelkotproben einzustufen. Mit diesem Vorge-hen sollte, ähnlich wie bei den Staubproben, eine möglichst große Anzahl von Schwei-nen erfasst werden. Auf jedem Betrieb erfolgte die Entnahme von fünf Sammelkotpro-ben. Es wurden, wie bei den Staubschwämmchen, in jedem Bestand zwei epidemio-logische Einheiten beprobt (jüngste und älteste Tiere). Aus früheren Erhebungen des RESET-Forschungsverbundes ist bekannt, dass Schweinekot ein geeignetes Material zur Untersuchung auf ESBL-bildende Enterobacteriaceae darstellt (Hering et al., 2014, von Salviati et al., 2015, von Salviati et al., 2014). Nach Hering et al. war die Nach-weisquote aus Kot am höchsten (61% positive Proben), gefolgt von Sockentupfern (54%) und Staub (11%) (Hering et al., 2014). In den genannten Studien wurde der Kot nach den Vorgaben der EFSA bzw. des Zoonosenmonitorings entnommen. Der Zoo-nosen-Stichprobenplan für Erzeugerbetriebe besagt, dass von mindestens zehn Mast-schweinen die definierte Menge von >25g zu sammeln ist (BVL, 2011). Deutlich weni-ger Material kam in der eigenen Studie in die Untersuchung; die Probennahme erfolgte mittels eines sterilen Tupfers mit Plastikstab (Transwab®, Check Diagnostics, Wes-terau, Deutschland), wobei jeder Tupfer zur Beprobung von mindestens fünf Stellen diente. Die Kotmenge war dadurch sehr gering. Diese Methodik könnte die Sensitivität reduziert haben.

Andererseits wurden in der eigenen Querschnittsstudie fünf Sammelkotproben pro Be-trieb separat untersucht, während der Zoonosen-Stichprobenplan nur zwei Proben vor-sieht (BVL, 2011).

Auch dürfte die Prävalenz der ESBL-Bildner im Kot durch die gewählte Labormethodik gestiegen sein, denn alle Proben wurden zunächst in einer nicht-selektiven Nährlö-sung (Heipha Diagnostics, Wetterau, Deutschland) angereichert und erst dann auf chromID® ESBL-Agar (bioMérieux, Marcy l’Étoile, Frankreich) ausgestrichen. Aus an-deren Studien ist bekannt, dass die Prävalenzen nach Anreicherung z.T. signifikant höher waren (Laube et al., 2013, Reich et al., 2013, Kluytmans-van den Bergh et al., 2015).

4.1.3 Prävalenz von antibiotikaresistenten Enterobacteriaceae aus den Nares