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I Die Entdeckung eines dritten Ethylphenols alsMitverursacher des -Fehltons

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Academic year: 2022

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 13/04 11 FRANKHESFORD UNDKATHARINASCHNEIDER,

AGROSCOPEFAW WÄDENSWIL

I

n der Gruppe für Mikrobiologie und Molekularbiolo- gie (Leiter: Prof. Jürg Gafner) wird intensiv an Me- thoden zum Nachweis unerwünschter Mikroorganis- men in Wein gearbeitet (siehe Porret et al. 2004). Im Rahmen der Entwicklung einer solchen Prüfmethode für Brettanomyces bruxellensisHefen (auch als Dek- kera bruxellensisbekannt) hat die Gruppe für Spezial- analytik (Leiter: Frank Hesford) chemische Analysen zur Bestimmung des Gehalts an 4-Ethylphenol und an 4- Ethylguajakol durchgeführt. Beide Verbindungen gel- ten als Begleitsubstanzen von Brettanomycesin Wein.

Eine theoretische Überlegung

Die Entdeckung einer dritten zusätzlichen Verbin- dung aus derselben Stoffklasse gleicht einer Detek- tivgeschichte. Während der Arbeit fiel uns auf, dass

WEINANALYTIK

Die Entdeckung eines dritten Ethylphenols als Mitverursacher des Brettanomyces-Fehltons

Durch die Einwirkung von Brettanomyces-Hefen entstehen vor allem in Barriqueweinen sensorisch wirksame, aber nicht unbedingt positiv wirkende Geruchsstoffe, die so genannten Ethylphenole.

Diese Geruchsstoffe werden durch biochemische Vorgänge aus natürlich vorkommenden Zimtsäu- reverbindungen des Weins gebildet. In kleinen Mengen können sie einen durchaus positiven Bei- trag zur Komplexität des Weinbuketts leisten. In grösseren Konzentrationen wirken sie jedoch störend und führen zu degustativen Beschreibungen wie «phenolisch», «medizinisch», «Apotheken- Note», «Heftpflaster» oder gar nach «Leder» oder «Pferdeschweiss» riechend. Die zwei Verbindun- gen 4-Ethylphenol und 4-Ethylguajakol galten bislang als Verursacher dieses Fremdgeruchs. Analy- tiker der Agroscope FAW Wädenswil (FAW) konnten nun zum ersten Mal eine weitere, dritte Ver- bindung aus der gleichen Stoffklasse, das 4-Ethylcatechol, nachweisen.

Abb. 2: Einige Kaf- feesäureverbindun- gen im Wein.

IV = Caffeoyl-D-Glu- cose; V = Caffeoyl- chinasäure (= Chlo- rogensäure); Kaftar- säure (Caffeoyl- weinsäure) ist nicht abgebildet.

Abb. 1: Metabolismus von Hydroxyzimtsäuren durch Dekkera bruxellensis.

I a (p-Cumarsäure) bis III a (4-Ethylphenol): R1 = OH ; R2= H I b (Ferulasäure) bis III b (4-Ethylguajakol): R1 = OH ; R2= OCH3

I c (Kaffeesäure) bis III c (4-Ethylcatechol): R1 = OH ; R2= OH II a,b,c sind die entsprechende Vinylverbindungen.

der gleiche biologische Mechanismus, der zur Bil- dung von 4-Ethylphenol und 4-Ethylguajakol führt (Abb. 1), theoretisch in der Lage wäre, die in Wein ebenfalls vorkommende Kaffeesäure in das 4-Ethylca- techol umzuwandeln. In Wein kommt die Kaffeesäu- re in freier Form vor, aber auch in Form verschiede- ner chemischer Verbindungen, wie in Abbildung 2 dargestellt. In Most und Wein kann aus diesen Ver- bindungen durch die Einwirkung bestimmter Fer- mente zusätzlich freie Kaffeesäure entstehen. Die da- zu nötigen Fermente stammen aus den Weintrauben selbst oder sind manchmal als «Nebenaktivität» in Maischeenzympräparaten vorhanden.

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 13/04

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Was ist bereits bekannt?

Kaffeesäure ist also in Wein vorhanden. Aber wird sie tatsächlich zum erwarteten Produkt, dem 4-Ethylca- techol, umgesetzt? In der Weinliteratur gibt es kei- nerlei Hinweis dafür. Eine Publikation über Bretta- nomyces aus dem Jahr 1989 behauptet sogar, dass dieser Organismus nicht dazu fähig ist, weil das er- wartete Umwandlungsprodukt 4-Ethylcatechol nicht nachgewiesen werden konnte. Wir suchten weiter.

Eine zweite Angabe aus der Literatur war ein bereits im Jahr 1992 erfolgter Nachweis von 4-Ethylcatechol in einem Apfelwein. (Äpfel enthalten eine Menge Kaf- feesäure, diese vor allem in gebundener Form als Chlorogensäure, siehe Abb. 2.) In Apfelwein scheint demzufolge die Umwandlung von Kaffeesäure in 4-Ethylcatechol offensichtlich möglich, wieso dann nicht auch im Wein?

Die Suche nach Ethylcatechol beginnt

Als nächsten Schritt versuchten wir das 4-Ethylcate- chol nachzuweisen und zwar in Weinen, in denen be- reits ein stattlicher Gehalt an den beiden anderen Ethylphenolen gefunden wurde. Dazu haben wir ei- nen mit einem massenspektrometrischen Detektor gekoppelten Gaschromatographen benutzt, konnten aber die gesuchte Verbindung noch immer nicht nachweisen. Könnte es also stimmen, dass die Kaf- feesäure eine Ausnahme bildet und in Wein doch nicht biochemisch umgewandelt wird? Nicht unbe- dingt. Es gibt nämlich andere mögliche Gründe für den fehlenden Nachweis des 4-Ethylcatechols.

Mögliche Störfaktoren

Bei der Umwandlung der Kaffeesäure in das 4-Ethyl- catechol wird als Zwischenprodukt 4-Vinylcatechol gebildet (Abb. 1). Erst kürzlich konnte von Rainer Marx und Mitarbeitern gezeigt werden, dass einige in Wein neu entdeckte Farbstoffmoleküle aus einer che- mischen Reaktion zwischen Vinylcatechol und den bereits bekannten Farbstoffen des Rotweins (Ant- hocyane – siehe Hesford und Schneider 1997, Hes- ford und Ruffner 2000) entstehen. Es wäre also denk- bar, dass das Zwischenprodukt 4-Vinylcatechol auf diese Weise verschwindet und nicht weiter zum 4- Ethylcatechol umgewandelt wird. Als Ursache für das scheinbare Fehlen dieser Substanz ist ebenfalls nicht auszuschliessen, dass die bisher benutzten Nach- weismethoden im besonderen Fall von 4-Ethylcate- chol ungeeignet sind. In Abweichung von den ande- ren Ethylphenolen besitzt 4-Ethylcatechol zwei be- nachbarte HO-Gruppen im aromatischen Ring des Moleküls. Aus der wissenschaftlichen Literatur ist die- se Konstellation als eine sehr reaktive Verbindung be- kannt. Sie oxidiert zum Beispiel sehr leicht unter Bil- dung eines so genannten Chinons. Letztere Verbin- dung ist genauso reaktiv wie das 4-Ethylcatechol selbst. Es könnte also sein, dass bei den hohen Tem- peraturen, die im Gaschromatographen herrschen, die gesuchte Verbindung auf irgendeine Art reagiert und nicht mehr nachzuweisen ist.

Weitere Schritte und ein Rückschlag

Um die wahre Situation abzuklären unternahmen wir folgende Schritte: Wir haben das 4-Ethylcatechol be- sorgt und einem Wein beigegeben. Wir untersuchten dann diesen Wein mit unserer Nachweismethode für Ethylphenole. Das 4-Ethylcatechol wurde nicht ge- funden. Damit hatten wir endlich den Hinweis, dass in diesem besonderen Fall die Methode versagt. Der Verdacht wurde bestätigt, als wir die reine Substanz, ohne sie zuvor mit Wein zu vermischen, direkt ins Un- tersuchungssystem eingespritzt haben und sie eben- falls nicht finden konnten.

Derivatisierung als möglicher Weg

Wo sehr reaktive Verbindungen nachgewiesen wer- den sollen, versucht man sie häufig in chemisch sta- bilere umzuwandeln (man spricht von einer «Deriva- tisierung»). Dieses Verfahren wird der eigentlichen Analyse vorgeschaltet. Eine geeignete Derivatisie- rung kann in unserem Fall erzielt werden, indem der Weinextrakt vor dem Einspritzen in den Gaschroma- tographen mit Essigsäureanhydrid behandelt wird.

Die reaktiven HO-Gruppen des 4-Ethylcatechols wer- den in CH3CO.O-Gruppen umgewandelt und das da- raus resultierende Molekül ist weit weniger reaktiv.

Der Erfolg stellt sich ein

Wir haben diesen Schritt der Derivatisierung in unse- re Untersuchungsmethode eingebaut. Somit ist es uns als weltweit erster Forschungsgruppe gelungen, in vom charakteristischen Fehlton betroffenen Bar- riqueweinen den Nachweis von 4-Ethylcatechol zu erbringen. Die Tabelle zeigt einige Resultate, die wir mit der neuen Nachweismethode erzielen konnten.

4-Ethylcatechol ist ebenfalls dort zu finden, wo die beiden anderen Ethylphenole, die «klassischen» Be- gleitsubstanzen des Brettanomyces-Fehltons, vorhan- WEINANALYTIK

Gehalt an 4-Ethylphenolen (µg/L) in verschiedenen Weinen mit «Brett»-Fehlgeruch.

Wein 4-Ethylphenol 4-Ethylguajakol 4-Ethylcatechol

San Giovese 860 168 213

San Giovese 418 67 109

San Giovese 225 < 50 49

Barolo 1863 297 372

Barolo 2078 300 384

Barolo 2053 327 396

Barolo 1869 275 427

Bordeaux-Typ (CH) 170 50 27

Cousino Macul 602 < 50 66

Lagreiner 3780 329 234

Pinot noir 830 145 180

Pinot noir 280 < 50 109

Pinot noir 494 60 160

Rosso Salento 298 < 50 56

Vino Pomal 700 107 83

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 13/04 13 den sind. Biochemische Überlegungen, eine Portion

Hartnäckigkeit und ein gutes Stück Detektivarbeit ha- ben zu einer wichtigen Entdeckung geführt.

Sensorische Beurteilung

Die sensorische Wirkung einer Zugabe des 4-Ethylca- techols zu einem Rotwein wurde getestet. In steigen- der Konzentration dem Wein beigegeben, wird 4-Ethylcatechol erst ab 30 bis 60 Millionstel Gramm pro Liter deutlich bemerkbar. Schon unterhalb dieser Konzentration ist der Wein für einige Leute bereits mit einer dumpfen Note behaftet. Oberhalb der deut- lich bemerkbaren Konzentration kommen Beschrei- bungen des Geruchs wie am Anfang dieses Artikels beschrieben vor, aber zusätzlich auch «schweissig»,

«animalisch», «Pferdeharn», «Holzimprägniermittel»,

«ätherisch», «Chemiekasten», «Desinfiziermittel» oder

«Arztpraxis». Das sind alles Ausdrücke des phenoli- schen Charakters dieser Verbindung.

Folgen für die Praxis

Ein Ziel des oben erwähnten KTI-Projekts ist die Ent- wicklung einer sensitiven Nachweismethode für die Anwesenheit von Brettanomyces-Hefen. Eine solche Nachweismöglichkeit würde ein Eingreifen in das Ge- schehen und die Verhinderung der Bildung von gros- sen Gehalten an unangenehm riechenden Verbin- dungen ermöglichen. Die Entdeckung des 4-Ethylca- techols als zusätzliches sensorisch wirksames Pro- dukt der mikrobiologischen Tätigkeit dieser Hefeart unterstreicht die Wichtigkeit des Vorhabens. Das oben erwähnte KTI-Projekt wird weiterhin durch chemische Analysen aller drei Ethylphenole von der Gruppe für Spezialanalytik unterstützt.

Der sensorische Eindruck, der durch unterschied- liche Zusammensetzungen der einzelnen Ethylphe- nole bei verschiedenen Gesamtkonzentrationen er- weckt wird, bedarf weiteren Abklärungen. Zunächst gilt es Erfahrungswerte für verschiedene Weine und Traubensorten zu sammeln. Bereits gibt es Hinweise, dass beim Barriqueausbau von Pinot noir Weinen dem Gehalt von 4-Ethylcatechol besondere Beach- tung geschenkt werden sollte. Da diese Sorte in der Ostschweiz gut vertreten ist, hat dies regionale Be- deutung.

Aus theoretischen Überlegungen könnten be- stimmte Konsequenzen für die Weinbereitung entste- hen. Wenn ein Wein zum vornherein für den Bar- riqueausbau vorgesehen ist, wäre zum Beispiel eine denkbare Strategie, das Maischeverfahren anzupas- sen und den Einsatz von Enzympräparaten mit «Ne- benaktivitäten» (z.B. die so genannte Depsidase) zu vermeiden. Dies im Hinblick auf eine Verminderung der Freisetzung von Hydroxyzimtsäuren. Je grösser der Gehalt an diesen Vorstufen, desto grösser ist das Risiko, bei einer Brettanomyces-Infektion ein Zuviel der unerwünschten Umsetzungsprodukte zu bekom- men. Da sich auch Reinzuchthefen bezüglich ihrer Depsidaseaktivität unterscheiden, müsste bei der Be- reitung des Weins für den Barriqueausbau eventuell auch hier eine spezielle Auswahl getroffen werden.

Ansprechperson: Frank Hesford, Agroscope FAW Wädenswil, Postfach 185, 8820 Wädenswil, Tel. 044 783 63 57, E-Mail: francis.hesford@faw.admin.ch

Literatur

Porret N.A., Schneider K., Hesford F. und Gafner J.: Früherkennung unerwünschter Mikroorganismen im Wein: Brettanomyces bruxel- lensis. Schweiz. Z. Obst-Weinbau 6, 13–15, 2004.

Hesford F. und Ruffner H.P.: Anthocyane – Roter Wein aus blauen Trauben. Schweiz. Z. Obst-Weinbau 136, 649–652, 2000.

Hesford F. und Schneider K.: Anthocyane – Die natürlichen Farbstoffe des Weines. Schweiz. Z. Obst-Weinbau 133, 559–561, 1997.

Marx R., Zimmer M., Otteneder H., Bracowiecka-Sassy B., Fauhl C.

und Wittkowski R.: Besonderheiten des Anthocyanspektrums der Rebsorte «Pinotage», 53, 153–158, 2003.

WEINANALYTIK

Découverte d'un troisième éthylphénol également responsable de la fausse note Brettanomyces

Sous l'influence de levures Brettanomyces, les vins en barrique peuvent dégager une odeur déplaisante qui est caractérisée, en termes sensoriels, de «phénolique», «odeur de sparadrap» ou même de «sueur de cheval». L'étude de tels vins dans les labora- toires de l'Agroscope FAW Wädenswil a révélé la présence du 4-éthylcatéchol à côté des deux composés déjà connus, présence qui avait été anticipée sur la base de réflexions biochimiques et qui a enfin été confirmée au moyen d'une technique d'analyse spé- ciale. Les trois composés (4-éthylphénol, 4-éthylguaïacol et 4-éthylcatéchol) réunis semblent être responsables de la mauvaise odeur due à l'infection par Brettanomyces. Les résultats des premières études semblent indiquer qu'il faudrait surtout sur- veiller de près la teneur en 4-éthylcatéchol dans les vins Pinot noir élevés en barrique.

R

ÉSUMÉ

Aromen wie Pferde- schweiss oder Pfer- deharn haben im Wein nichts verloren.

(Foto: Markus D. Mül- ler, FAW)

Referenzen

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