• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Der Rechtsanwalt und seine Pflegekasse" (28.02.2003)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Der Rechtsanwalt und seine Pflegekasse" (28.02.2003)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 928. Februar 2003 AA531

E

s war einmal ein Rechtsanwalt. . . . Nachdem seine Gehfähigkeit erlo- schen war, brauchte er nicht nur ei- nen Rollstuhl; er bedurfte der ständi- gen Pflege. Deswegen beantragte er bei seiner Pflegekasse Leistungen nach dem PflegeVG. Der von der Pfle- gekasse eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) un- tersuchte den Rechtsanwalt. Der MDK befand, dass der Mann die Vor- aussetzungen für die Eingruppierung in die Pflegestufe I erfülle. Seine Pfle- gekasse beurteilte das genauso. Es wurde Pflegegeld nach der Pflegestufe I bewilligt. Im Bewilligungsbescheid wies die Pflegekasse den Rechtsanwalt darauf hin, dass er verpflichtet sei, min- destens einmal halb-

jährlich einen Pflege- einsatz durch eine Pflegefachkraft eines Vertragspartners der Pflegekasse in An- spruch zu nehmen und dies nachzuweisen.

Am 7. Januar 1998 schrieb die Pfle- gekasse dem Mann, er habe bislang keinen Nachweis darüber vorgelegt, dass er „im vergangenen Halbjahr“ ei- nen Pflegeeinsatz habe durchführen lassen. Die Pflegekasse sei deswegen gehalten, das Pflegegeld angemessen zu kürzen und im Wiederholungsfall vollkommen zu entziehen, wenn diese Verpflichtungen auch weiterhin nicht erfüllt würden. Das Pflegegeld werde deswegen ab Beginn des nächsten Mo- nats um 50 Prozent gekürzt, wenn bis dahin der Nachweis über den durchge- führten Pflegeeinsatz nicht vorgelegt sei. Unser Mann reagierte sofort. Er teilte seiner Pflegekasse durch einge- schriebenen Brief Folgendes mit:

„Mit Schreiben vom 23. Juli 1997 hatte ich die Bescheinigung über einen Pflegeeinsatz vom gleichen Tag über- sandt. Nach meinem Verständnis war deswegen die Folgebescheinigung sechs Monate später, also zum 23. Ja- nuar 1998, zur Vorlage an Sie fällig. Ich habe die Folgebescheinigung am 6. Ja- nuar 1998 übersandt, also nach meiner Meinung 17 Tage vor der Fälligkeit.

Gleichwohl haben Sie mit Ihrem Brief vom 7. Januar 1998 diese Folge- bescheinigung bereits angemahnt.

Nach meinen Verständnis müsste ich Ihnen die nächste Folgebescheinigung jetzt bis zum 6. Juli 1998 vorlegen. Ist das richtig?“

Auch die Pflegekasse reagierte so- fort. Sie teilte mit, es sei keineswegs richtig, dass die nächste Folgebeschei- nigung erst zum 6. Juli 1998 fällig sei.

Denn im PflegeVG sei normiert, dass der Empfänger von Pflegegeldleistun- gen in halbjährlichen Abständen einen Pflegeeinsatz in Anspruch nehmen müsse. Das sei wörtlich zu nehmen.

Man müsse das jeweilige Kalenderjahr in zwei Kalenderhalbjahre teilen. Da-

bei laufe das erste Kalenderhalbjahr vom 1. Januar bis 30. Juni des jeweiligen Jahres und das zweite Halbjahr vom 1. Juli bis 31. Dezember. Hiernach müs- se die nächste Folgebescheinigung also zum 30. Juni 1998 vorgelegt werden.

Der Rechtsanwalt vereinbarte dann für den 29. Juni 1998 einen Pflegeein- satz. Am gleichen Tag übersandte er die Bescheinigung über diesen Einsatz an seine Pflegekasse. Sodann verein- barte er mit der Pflegefachkraft für den 1. Juli 1998 einen weiteren Einsatz.

Auch über diesen weiteren Einsatz vom 1. Juli 1998 stellte die Pflegefach- kraft eine Bescheinigung nach § 37 III SGB XI aus. Mit Brief vom 2. Juli 1998 übersandte der Mann diese Bescheini- gung seiner Pflegekasse. In dem Be- gleitschreiben heißt es: „Ich habe Ihre Rechtsauffassung zur Kenntnis ge- nommen, wonach für die Berechnung der Fristen für die Vorlage der Nach- weise nach § 37 III SGB XI ein Kalen- derjahr in zwei Kalenderhalbjahre auf- zuteilen ist und der Empfänger von Leistungen nach dem PflegeVG seiner Verpflichtung zu den Pflegeeinsätzen

nur dann erfüllt, wenn ein Pflegeein- satz im ersten Kalenderhalbjahr und der zweite Pflegeeinsatz im zweiten Kalenderhalbjahr erfolgt.

Ich halte Ihre diesbezügliche Rechts- auffassung für abwegig. Das PflegeVG selbst enthält keine eigenen Vorschrif- ten über Fristen und deren Berech- nung. Auch im SGB XI und im SGG fehlen entsprechende Sondervorschrif- ten. Deswegen gelten für die Frist- berechnungen die Vorschriften der

§§ 186 f. BGB (vergleiche Entscheidung des Bundessozialgerichts in NJW 1974, 920 ff.). In § 189 I BGB ist normiert, dass „unter einem halben Jahr eine Frist von sechs Monaten“ zu verstehen ist. Der Fristbeginn lässt sich aus § 187 BGB nicht unmittel- bar entnehmen. Fest steht indes, dass vorlie- gend als Zeitpunkt des Fristbeginns entweder das Datum des Lei- stungsbescheides oder aber das Datum des Leistungsbeginns in Betracht kommt.

Ihre Rechtsauffassung (Aufteilung ei- nes Kalenderjahres in zwei Halbjahre) findet im Gesetz keine Stütze. Ich möchte Ihnen und mir künftig weitere Mahnungen ersparen. Ich werde des- wegen entsprechend Ihrer Rechtsauf- fassung verfahren, obwohl ich diese für unvertretbar halte. Um jedes Missver- ständnis zu vermeiden, wiederhole ich:

Nach der von Ihnen vertretenen Rechtsauffassung habe ich für das je- weilige Kalenderjahr meine Verpflich- tung aus § 37 III SGB XI (zum Bei- spiel) dann erfüllt, wenn ich am 30. Juni eines jeden Jahres einen Pflegeeinsatz und am 1. Juli des gleichen Jahres einen weiteren Pflegeeinsatz in Anspruch nehme und Ihnen die entsprechenden Bescheinigungen jeweils zusende. Bit- te, bestätigen Sie mir, dass dem so ist.

Das bestätigte die Pflegekasse dem Rechtsanwalt dann auch. Und weil der immer noch lebt, nimmt er nun jeweils am 30. Juni und am 1. Juli eines jeden Jahres einen Pflegeeinsatz in Anspruch.

Seine Pflegekasse ist jetzt ganz und voll zufrieden mit ihm. Detlev Gudemann

Der Rechtsanwalt und seine Pflegekasse

KOMMENTAR

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Schon jetzt erwächst damit für Deutschland mehr Verantwortung, sich nicht nur bilateral, sondern auch in der europäischen Afrika- politik stärker gestaltend

Im Vorfeld mehren sich die Warnungen, dass die von den Ländern geplanten Minderungsbeiträge für Treibhaus- gasemissionen nicht ausreichen werden, um die Erder- wärmung auf unter 2°

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber ein Weisungs- recht. Er kann Art, Umfang und Ort Ihrer Tätig- keit bestimmen. Das ist noch recht schwammig. Deshalb regelt der Arbeitsvertrag

Dann darf ich Sie aber daran erin- nern, daß Krötenschlucken uns Ärzten noch nie belohnt worden ist und daß das auch in diesem Falle nicht belohnt werden wird, dazu kennen wir

Verbinde die Wörter in den Planeten mit den Vorsilben in den Sonnen, damit sinnvolle Wörter entstehen... Vorsilben „be“

Wenn die Verbrennung der Substanz bis n, Fig. 72, vorgeschritten, also beendigt ist, so enthält das Gas, was den inneren Raum des Apparates einnimmt, noch eine Quantität

Lagos und Ibadan - bereits selbst Ziel der Abwande rung sind und damit wichtige Stufen auf dem Weg nach Ghana gebildet hatten, dienten sie bei der Riick wanderung

Daraus aber folgt, dafi der Durchfuhr verkehr durch die Niederlande grofier ist als durch Belgien (Tabelle I und III); denn neben der grofieren Kiistenerstreckung